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Lohn, Preis und Profit  (Karl Marx)

Aus ProleWiki


Lohn, Preis und Profit
Autor*inKarl Marx
Verfasst in1865
Quellehttps://www.projekt-gutenberg.org/marx/lohnprei/lohnprei.html


Einleitendes

Bürger!

Bevor ich auf unseren Gegenstand eingehe, erlaubt mir einige Vorbemerkungen. Gegenwärtig herrscht auf dem Kontinent eine wahre Epidemie von Streiks, und allgemein wird nach einer Lohnsteigerung gerufen. Die Frage wird auf unserm Kongress zur Sprache kommen. 1361 Ihr als Leiter der Internationalen Assoziation müsst einen festen Standpunkt in dieser überragenden Frage haben. Ich für meinen Teil habe es daher für meine Pflicht gehalten, ausführlich auf die Sache einzugehen – selbst auf die Gefahr hin, eure Geduld auf eine harte Probe zu stellen.

Eine Vorbemerkung noch mit Bezug auf Bürger Weston. Nicht nur hat er vor euch Anschauungen entwickelt, die, wie er weiß, in der Arbeiterklasse äußerst unpopulär sind; er hat diese Anschauungen auch öffentlich vertreten, wie er glaubt im Interesse der Arbeiterklasse. Eine solche Bekundung moralischen Muts müssen wir alle hochachten. Trotz des unverblümten Stils meiner Ausführungen wird er hoffentlich am Schluss derselben finden, dass ich mit dem übereinstimme, was mir als der eigentliche Grundgedanke seiner Sätze erscheint, die ich jedoch in ihrer gegenwärtigen Form nicht umhin kann, für theoretisch falsch und praktisch gefährlich zu halten.

Ich komme nun ohne Umschweife zur Sache.

1. Produktion und Löhne

Bürger Westons Beweisführung beruhte wesentlich auf zwei Voraussetzungen:

  1. dass der Betrag der nationalen Produktion ein unveränderliches Ding ist oder, wie die Mathematiker sagen würden, eine konstante Menge oder Größe;
  2. dass der Betrag des Reallohns, d.h. des Lohns, gemessen durch das Warenquantum, das mit ihm gekauft werden kann, ein unveränderlicher Betrag, eine konstante Größe ist.

Nun, das Irrtümliche seiner ersten Behauptung springt in die Augen. Ihr werdet finden, dass Wert und Masse der Produktion von Jahr zu Jahr zunehmen, dass die Produktivkraft der nationalen Arbeit größer wird und dass die zur Zirkulation dieser gesteigerten Produktion notwendige Geldmenge fortwährend wechselt. Was am Ende des Jahres und für verschiedene miteinander verglichene Jahre gilt, das gilt auch für jeden Durchschnittstag im Jahr. Die Menge oder Größe der nationalen Produktion wechselt fortwährend. Sie ist keine konstante, sondern eine variable Größe, und ganz abgesehen von den Veränderungen des Bevölkerungsstandes kann das nicht anders sein wegen des fortwährenden Wechsels in der Akkumulation des Kapitals und der Produktivkraft der Arbeit. Unleugbar, fände heute eine Steigerung der allgemeinen Lohnrate statt, so würde diese Steigerung, welches immer ihre schließlichen Folgen, an sich nicht unmittelbar den Betrag der Produktion ändern. Sie würde zunächst einmal vom jetzigen Stand der Dinge ausgehen. War aber die nationale Produktion vor der Lohnsteigerung variabel und nicht fix, so wird sie auch nach der Lohnsteigerung fortfahren, variabel und nicht fix zu sein.

Gesetzt aber, der Betrag der nationalen Produktion sei konstant statt variabel. Selbst dann bliebe, was unser Freund Weston für einen Vernunftschluss hält, eine bloße Behauptung. Habe ich eine gegebene Zahl, sage 8, so hindern die absoluten Grenzen dieser Zahl ihre Bestandteile keineswegs, ihre relativen Grenzen zu ändern. Machte der Profit 6 aus und der Arbeitslohn 2, so könnte der Arbeitslohn auf 6 steigen und der Profit auf 2 fallen, und doch bliebe der Gesamtbetrag 8. So würde der fixe Betrag der Produktion keineswegs beweisen, dass der Betrag des Arbeitslohnes fix sei. Wie beweist nun aber unser Freund Weston diese Fazilität? Einfach indem er sie behauptet.

Aber selbst seine Behauptung zugegeben, ergibt sich aus ihr zweierlei, während er nur eins sieht. Ist der Lohnbetrag eine konstante Größe, so kann er weder vermehrt noch vermindert werden. Wenn daher die Arbeiter töricht handeln mögen, indem sie eine vorübergehende Lohnsteigerung erzwingen, so handeln die Kapitalisten nicht minder töricht, indem sie eine vorübergehende Lohnsenkung erzwingen. Unser Freund Weston leugnet nicht, dass die Arbeiter unter gewissen Umständen eine Steigerung des Arbeitslohns durchsetzen können, da aber sein Betrag von Natur fixiert sein soll, müsse ein Rückschlag erfolgen. Andrerseits weiß er auch, dass die Kapitalisten eine Lohnsenkung erzwingen können und dass sie dies in der Tat fortwährend versuchen. Nach dem Prinzip des konstanten Arbeitslohns müsste in dem einen Fall so gut wie in dem andern ein Rückschlag erfolgen. Wenn daher die Arbeiter sich dem Versuch oder der Durchführung einer Lohnsenkung widersetzten, täten sie ganz recht. Sie würden also richtig handeln, indem sie eine Lohnsteigerung erzwingen, weil jede Abwehraktion gegen eine Herabsetzung des Lohns eine Aktion für eine Lohnsteigerung ist. Nach Bürger Westons eigenem Prinzip von konstanten Arbeitslohn sollten sich die Arbeiter daher unter gewissen Umständen zusammentun und für eine Lohnsteigerung kämpfen

Wenn er die Schlussfolgerung ablehnt muss er die Voraussetzung preisgeben woraus sie sich ergibt Statt zu sagen der Betrag des Arbeitslohns sei ein konstantes Quantum musste er sagen, dass, obgleich er weder steigen könne noch müssen, er vielmehr fallen könne und müsse, sobald es dem Kapital gefällt, ihn herabzusetzen. Beliebt es dem

Kapitalisten, euch Kartoffeln an Stelle von Fleisch und Hafer an Stelle von Weizen essen zu lassen, so müsst ihr seinen Willen als Gesetz der politischen Ökonomie hinnehmen und euch ihm unterwerfen. Ist in einem Lande, z.B. den Vereinigten Staaten, die Lohnrate höher als in einem andern, z.B. England, so habt ihr euch diesen Unterschied in der Lohnrate aus einem Unterschied im Willen des amerikanischen und des englischen Kapitalisten zu erklären, eine Methode, die das Studium nicht nur der ökonomischen, sondern auch aller anderen Erscheinungen zweifellos sehr vereinfachen würde.

Aber selbst dann wäre die Frage erlaubt, warum denn der Wille des amerikanischen Kapitalisten von dem des englischen verschieden ist. Und um auf diese Frage zu antworten, müsst ihr über den Bereich des Willens hinausgehen. Ein Pfaffe kann mir weismachen wollen, Gottes Wille sei in Frankreich eines und in England etwas anderes. Wenn ich von ihm verlangte, mir diesen Willenszwiespalt zu erklären, könnte er die Stirn haben, mir zu antworten, es sei Gottes Wille, in Frankreich einen Willen zu haben und in England einen anderen. Aber unser Freund Weston ist sicher der letzte, eine so vollständige Preisgabe alles vernünftigen Denkens als Argument geltend zu machen.

Sicher ist es der Wille des Kapitalisten, zu nehmen, was zu nehmen ist. Uns kommt es darauf an, nicht über seinen Willen zu fabeln, sondern seine Macht zu untersuchen, die Schranken dieser Macht und den Charakter dieser Schranken.

2. Produktion, Lohn, Profit

Der uns von Bürger Weston gehaltene Vortrag hätte in einer Nuss-Schale Raum finden können.

Alle seine Ausführungen liefen auf folgendes hinaus: Wenn die Arbeiterklasse die Klasse der Kapitalisten zwingt, 5 sh statt 4 in Gestalt von Geldlohn zu zahlen, so würde der Kapitalist dafür in Gestalt von Waren einen Wert von 4 statt 5 sh zurückgeben. Die Arbeiterklasse würde das mit 5 sh zu bezahlen haben, was sie vor der Lohnsteigerung für 4 sh kaufte. Aber warum ist dies der Fall? Warum gibt der Kapitalist im Austausch für 5 sh nur einen Wert von 4 sh zurück? Weil der Lohnbetrag fix ist. Warum ist er aber zu einem Warenwert von 4 sh fixiert? Warum nicht zu 3 oder 2 sh oder einer beliebigen anderen Summe? Ist die Grenze des Lohnbetrags durch ein ökonomisches Gesetz bestimmt, das gleich unabhängig ist vom Willen des Kapitalisten wie vom Willen des Arbeiters, so hätte Bürger Weston zunächst einmal dies Gesetz aussprechen und nachweisen müssen. Er wäre dann aber auch den Beweis schuldig gewesen, dass der in jedem gegebenen Zeitpunkt faktisch gezahlte Lohnbetrag immer exakt dem notwendigen Lohnbetrag entspricht und niemals davon abweicht. Andrerseits, beruht die gegebene Grenze des Lohnbetrags auf dem bloßen Willen des Kapitalisten oder den Grenzen seiner Habgier, so ist sie willkürlich. Sie ist aller Notwendigkeit bar. Sie kann durch den Willen des Kapitalisten und kann daher auch gegen seinen Willen geändert werden.

Bürger Weston illustrierte euch diese Theorie damit, dass, wenn eine Schüssel ein bestimmtes Quantum Suppe zur Speisung einer bestimmten Anzahl von Personen enthalte ein Breiterwerden der Löffel kein Größerwerden des Quantums Suppe bewirke. Er muss mir schon gestatten, diese Illustration recht ausgelöffelt zu finden. Sie erinnerte mich einigermaßen an das Gleichnis, zu dem Menenius Agrippa seine Zuflucht nahm. Als die römischen Plebejer gegen die römischen Patrizier in den Streik, traten, erzählte ihnen der Patrizier Agrippa, dass der patrizische Wanst die plebejischen Glieder des Staatskörpers mit Nahrung versehe. Agrippa blieb den Beweis schuldig, wie jemand die Glieder eines Mannes mit Nahrung versieht, indem er den Wanst eines anderen füllt. Bürger Weston für sein Teil hat vergessen, dass die Schüssel, woraus die Arbeiter essen, mit dem ganzen Produkt der nationalen Arbeit gefüllt ist und dass, wenn irgend etwas die Arbeiter hindert, mehr aus der Schüssel herauszuholen, es weder die Enge der Schüssel noch die Dürftigkeit ihres Inhalts ist, sondern einzig und allein die Kleinheit ihrer Löffel.

Durch welchen Kunstgriff ist der Kapitalist imstande, für 5 Schilling einen 4-Schilling-Wert zuruckzugeben? Durch die Erhöhung des Preises der von ihm verkauften Ware. Hängt denn nun aber das Steigen, ja überhaupt der Wechsel der Warenpreise, hängen etwa die Warenpreise selbst vom bloßen Willen des Kapitalisten ab? Oder sind nicht vielmehr bestimmte Umstände erforderlich, um diesen Willen wirksam zu machen? Wenn nicht, so werden die Auf- und Abbewegungen, die unaufhörlichen Fluktuationen der Marktpreise zu einem unlösbaren Rätsel.

Sobald wir unterstellen, dass keinerlei Wechsel stattgefunden, weder in der Produktivkraft der Arbeit noch im Umfang des Kapitals und der angewandten Arbeit, noch im Wert des Geldes, worin die Werte der Produkte geschätzt werden, sondern nur ein Wechsel in der Lohnrate, wie könnte diese Lohnsteigerung die Warenpreise beeinflussen? Doch nur, indem sie das bestehende Verhältnis zwischen der Nachfrage nach diesen Waren und ihrem Angebot beeinflusst.

Es ist sehr richtig, dass die Arbeiterklasse, als Ganzes betrachtet, ihr Einkommen in Lebensmitteln verausgabt und verausgaben muss. Eine allgemeine Steigerung der Lohnrate würde daher eine Zunahme der Nachfrage nach Lebensmitteln und folglich eine Steigerung ihrer Marktpreise hervorrufen. Die Kapitalisten, die diese Lebensmittel produzieren, würden für den gestiegenen Lohn mit steigenden Marktpreisen für ihre Waren entschädigt. Wie aber die anderen Kapitalisten, die nicht Lebensmittel produzieren? Und ihr müsst nicht glauben, dass das eine Handvoll ist Wenn ihr bedenkt, dass 2/3 des nationalen Produkts von 1/5 der Bevölkerung – oder sogar nur von einem Siebtel, wie kürzlich ein Mitglied des Unterhauses erklärte konsumiert werden, so begreift ihr, welch bedeutender Teil des nationalen Produkts in Gestalt von Luxusartikeln produziert oder gegen Luxusartikel ausgetauscht und welche Unmenge selbst von den Lebensmitteln auf Lakaien, Pferde, Katzen usw. verschwendet werden muss, eine Verschwendung, von der wir aus Erfahrung wissen, dass ihr mit steigenden Lebensmittelpreisen immer bedeutendere Einschränkungen auferlegt werden.

Wie wäre nun die Stellung der Kapitalisten, die nicht Lebensmittel produzieren? Für das der allgemeinen Lohnsteigerung geschuldete Fallen der Profitrate könnten sie sich nicht durch eine Steigerung des Preises ihrer Waren schadlos halten, weil die Nachfrage nach diesen Waren nicht gewachsen wäre. Ihr Einkommen wäre geschmälert; und von diesem geschmälerten Einkommen hätten sie mehr zu zahlen für die gleiche Menge im Preise gestiegener Lebensmittel. Aber das wäre noch nicht alles. Da ihr Einkommen vermindert, würden sie weniger auf Luxusartikel zu verausgaben haben, und so würde ihre wechselseitige Nachfrage für ihre respektiven Waren abnehmen. Infolge dieser Abnahme würden die Preise ihrer Waren fallen. Daher würde in diesen Industriezweigen die Profitrate fallen, und zwar nicht bloß im einfachen Verhältnis zu der allgemeinen Steigerung der Lohnrate, sondern im kombinierten Verhältnis zu der allgemeinen Lohnsteigerung, der Preissteigerung der Lebensmittel und dem Preisfall der Luxusartikel.

Welche Folgen hätte diese Differenz in den Profitraten für die in den verschiedenen Industriezweigen angewandten Kapitalien? Nun, dieselben, die gewöhnlich stattfinden, wenn aus irgendeinem Grund die Durchschnittsprofitrate in den verschiedenen Produktionssphären sich ändert. Kapital und Arbeit würden von den weniger gewinnbringenden nach den mehr gewinnbringenden Produktionszweigen abfließen; und dieser Abfluss würde so lange fortdauern, bis das Angebot in der einen Abteilung der Industrie im Verhältnis zu der gewachsenen Nachfrage gestiegen und in den anderen Abteilungen entsprechend der verminderten Nachfrage gesunken wäre. Sobald diese Änderung eingetreten wäre, wäre die allgemeine Profitrate in den verschiedenen Zweigen wieder ausgeglichen. Da der ganze Umschwung ursprünglich herrührte von einem bloßen Wechsel im Verhältnis der Nachfrage nach und dem Angebot von verschiedenen Waren, so würde mit dem Aufhören der Ursache die Wirkung aufhören, und die Preise würden auf ihr vorheriges Niveau und ins Gleichgewicht zurückkehren. Das Fallen der Profitrate, statt auf einige Industriezweige beschränkt zu bleiben, wäre infolge der Lohnsteigerung allgemein geworden. Entsprechend unserer Unterstellung hätte eine Änderung weder in der Produktivkraft der Arbeit stattgefunden noch im Gesamtbetrag der Produktion, wohl aber härte dieser gegebene Betrag der Produktion seine Form geändert. Ein größerer Teil des Produkts existierte in Gestalt von Lebensmitteln, ein kleinerer in Gestalt von Luxusartikeln, oder, was dasselbe, ein geringerer Teil würde für ausländische Luxusartikel eingetauscht und in seiner ursprünglichen Form verzehrt, oder, was wieder auf dasselbe hinauskommt, ein größerer Teil des heimischen Produkts würde für ausländische Lebensmittel statt für Luxusartikel eingetauscht. Die allgemeine Steigerung der Lohnrate würde daher nach einer vorübergehenden Störung in den Marktpreisen nur ein allgemeines Sinken der Profitrate zur Folge haben, ohne dass die Warenpreise auf die Dauer verändert wären.

Wollte man mir einwenden, ich hätte in dieser Beweisführung angenommen, dass der ganze zuschüssige Arbeitslohn auf Lebensmittel verausgabt werde, so antworte ich, dass ich die günstigste Annahme für die Ansicht des Bürgers Weston unterstellt habe. Würde der zuschüssige Arbeitslohn auf Artikel verausgabt, die früher nicht in den Konsum der Arbeiter eingingen, so bedürfte der reale Zuwachs ihrer Kaufkraft keines Beweises. Da diese Zunahme der Kaufkraft sich jedoch nur aus einer Erhöhung des Arbeitslohns herleitet, so muss sie exakt der Abnahme der Kaufkraft der Kapitalisten entsprechen. Die Gesamtnachfrage nach Waren würde daher nicht zunehmen wohl aber wäre in den Bestandteilen dieser Nachfrage eine wechselseitige Änderung eingetreten. Die zunehmende Nachfrage auf der einen Seite würde wettgemacht von der abnehmenden Nachfrage auf der anderen Seite. Indem so die Gesamtnachfrage unverändert bliebe, könnte keinerlei Veränderung in den Marktpreisen der Waren stattfinden.

Ihr seid also vor dies Dilemma gestellt: Entweder wird der zuschüssige Arbeitslohn gleichmäßig auf alle Konsumtionsartikel verausgabt – dann muss die Ausdehnung der Nachfrage auf selten der Arbeiterklasse aufgewogen werden durch die Einschränkung der Nachfrage auf seiten der Kapitalistenklasse-, oder der zuschüssige Arbeitslohn wird nur auf einige Artikel verausgabt, deren Marktpreise vorübergehend steigen werden. Dann wird das nachfolgende Steigen der Profitrate in den einen und, das nachfolgende Fallen der Profitrate in den anderen Industriezweigen einen Wechsel in der Distribution von Kapital und Arbeit hervorrufen, so lange bis das Angebot entsprechend der gestiegenen Nachfrage in der einen Abteilung der Industrie gesteigert und entsprechend der verminderten Nachfrage in den anderen gesenkt wird. Unter der einen Voraussetzung wird keine Änderung in den Warenpreisen eintreten. Unter der anderen Voraussetzung werden die Tauschwerte der Waren nach einigen Schwankungen der Marktpreise auf das frühere Niveau zurückkehren. Unter beiden Voraussetzungen wird das allgemeine Steigen der Lohnrate in letzter Instanz zu nichts anderem führen als zu einem allgemeinen Fallen der Profitrate.

Um eure Einbildungskraft anzuregen, ersuchte euch Bürger Weston, die Schwierigkeiten zu bedenken, die eine allgemeine Steigerung der englischen Landarbeiterlöhne von 9 auf 18 sh hervorrufen würde. Bedenkt, rief er, die ungeheure Steigerung der Nachfrage nach Lebensmitteln und die nachfolgende furchtbare Steigerung ihrer Preise! Nun wisst ihr ja alle, dass der Durchschnittslohn der amerikanischen Landarbeiter sich auf mehr als das Doppelte von dem der englischen beläuft, obgleich die Preise landwirtschaftlicher Produkte in den Vereinigten Staaten niedriger sind als im Vereinigten Königreich, obgleich in den Vereinigten Staaten das gesamte Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit das gleiche ist wie in England und obgleich der jährliche Betrag der Produktion in den Vereinigten Staaten viel geringer ist als in England. Warum läutet unser Freund dann die Sturmglocke? Einfach, um uns von der wirklichen Frage abzubringen. Eine plötzliche Lohnsteigerung von 9 auf 18 sh wäre eine plötzliche Steigerung von 100%. Nun, wir debattieren ja gar nicht die Frage, ob die allgemeine Lohnrate in England plötzlich um 100% erhöht werden könnte. Wir haben überhaupt nichts zu tun mit der Größe der Steigerung, welche in jedem praktischen Fall von den gegebenen Umständen abhängen und Ihnen angepasst sein muss. Wir haben nur zu untersuchen, wie eine allgemeine Steigerung der Lohnrate wirkt, selbst wenn sie sich nur auf 1 Prozent beläuft.

Ich lasse die von Freund Weston erfundene Steigerung von 100% auf sich beruhen und mache euch auf die wirkliche Lohnsteigerung aufmerksam, die in Großbritannien von 1849 bis 1859 stattfand.

Euch allen ist die bekannt, oder vielmehr die Zehneinhalbstundenbill, die seit 1848 in Kraft ist. Dies war eine der größten ökonomischen Veränderungen, die unter unseren Augen vorgegangen. Es war das eine plötzliche und unfreiwillige Lohnsteigerung nicht etwa in einigen lokalen Geschäftszweigen, sondern in den führenden Industriezweigen, durch die England den Weltmarkt beherrscht. Sie brachte eine Lohnsteigerung unter ausnehmend ungünstigen Umständen. Dr. Ure, Professor Senior und all die anderen offiziellen ökonomischen Wortführer der Bourgeoisie bewiesen – und ich muss sagen, mit viel durchschlagenderen Gründen als Freund Weston -, dass sie die Totenglocke der englischen Industrie läuten werde. Sie bewiesen, dass sie nicht bloß auf eine gewöhnliche Lohnsteigerung hinauslaufe, sondern auf eine durch die Abnahme des Quantums der angewandten Arbeit veranlasste und darauf gegründete Lohnsteigerung. Sie behaupteten, dass die 12. Stunde, die man dem Kapitalisten wegnehmen wolle, gerade die einzige Stunde sei, woraus er seinen Profit herleite. Sie drohten mit Abnahme der Akkumulation, Steigerung der Preise, Verlust der Märkte, Schrumpfung der Produktion, daher entspringendem Rückschlag auf die Löhne und schließlichem Ruin. In der Tat erklärten sie Maximilien Robespierres Gesetze über das Maximum für eine Lappalie im Vergleich damit; und in gewissem Sinn hatten sie recht. Schön, was war das Resultat? Steigerung des Geldlohns der Fabrikarbeiter trotz der Verkürzung des Arbeitstags, große Zunahme der Zahl der beschäftigten Fabrikarbeiter, anhaltendes Fallen der Preise ihrer Produkte, wunderbare Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, unerhört fortschreitende Ausdehnung der Märkte für ihre Waren. Zu Manchester, 1861 auf der Tagung der Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft, hörte ich selber Herrn Newman eingestehen, dass er, Dr. Ure, Senior und alle anderen offiziellen Leuchten der ökonomischen Wissenschaft sich geirrt hätten, während der Instinkt des Volks recht behalten habe. Ich nenne Herrn W. Newman – nicht Professor Francis Newman -, weil er eine hervorragende Stellung in der ökonomischen Wissenschaft einnimmt als Mitarbeiter und Herausgeber von Herrn Thomas Tookes »History of Prices«, diesem prächtigen Werk, das die Geschichte der Preise von 1793 bis 1856 verfolgt. Wenn Freund Westons fixe Idee von einem fixen Lohnbetrag, einem fixen Betrag der Produktion, einem fixen Grad der Produktivkraft den Arbeit, einem fixen und immerwährenden Willen der Kapitalisten und alle seine übrige Fixität und Finalität richtig wären, so wären Professor Seniors traurige Voraussagen richtig gewesen, und unrecht hätte Robert Owen gehabt, der bereits 1816 eine allgemeine Beschränkung des Arbeitstags für den ersten vorbereitenden Schnitt zur Befreiung der Arbeiterklasse erklärte und sie, dem landläufigen Vorurteil praktisch zum Trotz, auf eigne Faust in seinen Baumwollspinnerei zu New Lanark durchführte.

Während ebenderselben Periode, in der die Einführung der Zehnstundenbill und die nachfolgende Lohnsteigerung vor sich ging, erfolgte in Großbritannien aus Gründen, die aufzuzählen hier nicht der Ort ist, eine allgemeine Steigerung der Landarbeiterlöhne.

Obgleich es für meinen unmittelbaren Zweck nicht erheischt ist, werde ich dennoch, um bei euch keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, einige Vorbemerkungen machen.

Wenn ein Mann erst 2 sh Wochenlohn erhält und sein Lohn dann auf 4 sh steigt, so ist die Lohnrate um 100% gestiegen. Als Steigerung der Lohnrate ausgedrückt scheint dies eine großartige Sache, obgleich der faktische Lohnbetrag 4 sh die Woche, noch immer ein miserabel niedriger, ein Hungerlohn wäre. Ihr müsst euch daher von den groß klingenden Prozentzahlen der Rate des Arbeitslohns nicht beirren lassen. Ihr müsst immer fragen: Was war der ursprüngliche Betrag?

Ferner werdet ihr verstehen, dass, wenn 10 Mann je 2 sh die Woche, 5 Mann je 5 sh und 5 Mann je 11 sh wöchentlich erhielten, die 20 Mann zusammen 100 sh oder 5 Pfd. St. wöchentlich erhalten würden. Wenn nun eine sage zwanzigprozentige Steigerung der Gesamtsumme ihres Wochenlohns stattfände, so gäbe das eine Zunahme von 5 auf 6 Pfd. St. Zögen wir den Durchschnitt, so könnten wir sagen, dass die allgemeine Lohnrate um 20% gestiegen wäre, obgleich in Wirklichkeit der Arbeitslohn der 10 Mann unverändert geblieben, der der einen Gruppe von 5 Mann nur von 5 auf 6 sh per Mann und der der anderen von 5 Mann von insgesamt 55 auf 70 sh gestiegen wäre. Eine Hälfte der Leute hätte ihre Lage überhaupt nicht verbessert, 1/4 in kaum merklichem Grade, und nur 1/4 hätte sie wirklich verbessert. Indes, im Durchschnitt gerechnet, hätte der Gesamtbetrag jener 20 Mann um 20% zugenommen, und soweit das Gesamtkapital in Betracht kommt, das sie beschäftigt, und die Preise der Waren, die sie produzieren, würde es genau dasselbe sein, als hätten sie alle gleichmäßig an der durchschnittlichem Lohnsteigerung teilgenommen. Was nun den Fall mit der Landarbeit angeht, für die der Lohnstandard in den verschiedenen Grafschaften Englands und Schottlands sehr verschieden ist, so wirkte sich die Steigerung sehr ungleich auf ihn aus.

Endlich waren während der Periode, in der jene Lohnsteigerung stattfand, entgegenwirkende Einflüsse am Werk, wie z.B. die durch den Russischen Krieg hervorgerufenen neuen Steuern, die massenhafte Zerstörung der Wohnhäuser der Landarbeiten usw.

Nachdem ich soviel vorausgeschickt, komme ich nun zu der Feststellung, dass von 1849 bis 1859 die Durchschnittsrate der Landarbeiterlöhne Großbritanniens eine Steigerung von ungefähr 40% erfuhr. Ich könnte weitläufige Einzelheiten zum Beweis meiner Behauptung anführen, aber für vorliegenden Zweck betrachte ich es als ausreichend, auf den gewissenhaften und kritischen Vortrag hinzuweisen, den der verstorbene Herr John C. Morton 1860 über »The Forces used in Agriculture« in der Londoner Society of Arts hielt. Herr Morton führt statistische Angaben aus Quittungen und anderen authentischen Schriftstücken an, die er in 12 schottischen und 35 englischen Grafschaften bei ungefähr 100 dort ansässigen Pächtern gesammelt.

Gemäß Freund Westons Ansicht, und wenn man damit die gleichzeitige Steigerung des Arbeitslohns der Fabrikarbeiter in Zusammenhang bringt, hätten die Preise der landwirtschaftlichen Produkte während den Periode von 1849 bis 1859 gewaltig steigen müssen. Was aber geschah faktisch? Trotz des Russischen Kriegs und der aufeinanderfolgenden ungünstigen Ernten von 1854 bis 1856 fiel der Durchschnittspreis des Weizens – der das wichtigste landwirtschaftliche Produkt Englands ist – von ungefähr 3 Pfd./St. per Quarter in den Jahren 1838 bis 1848 auf ungefähr 2 Pfd. /St. 10 sh per Quarter für die Jahre 1849 bis 1859. Das macht eine Abnahme des Weizenpreises von mehr als 16% in derselben Zeit, wo die Steigerung der Landarbeitenlöhne im Durchschnitt 40% betrug. Während derselben Periode, wenn wir ihn Ende mit ihrem Beginn, 1859 mit 1849 vergleichen, nahm der offizielle Pauperismus von 934419 auf 860470 ab, was eine Differenz von 73949 ausmacht. Ich gestehe, das ist eine sehr kleine Abnahme, die überdies in den folgenden Jahren wieder verloren ging, aber immerhin eine Abnahme.

Es kann gesagt werden, dass infolge der Abschaffung der Korngesetze die Einfuhr von ausländischem Korn in der Periode von 1849 bis 1859 sich mehr als verdoppelt hat, verglichen mit der Periode von 1838 bis 1848. Was folgt aber daraus? Von Bürger Westons Standpunkt würde man erwartet haben, dass diese plötzliche, gewaltige und anhaltend zunehmende Nachfrage auf den ausländischen Märkten die Preise der landwirtschaftlichen Produkte dort furchtbar hinaufgeschraubt haben müsste, da die Wirkung einer vergrößerten Nachfrage die gleiche bleibt, ob sie nun vom Ausland oder vom Inland kommt.

Was geschah faktisch? Mit Ausnahme einiger Jahre schlechten Ernten bildete das ruinöse Fallen des Kornpreises in dieser ganzen Periode das stehende Thema, worüber in Frankreich deklamiert wurde; die Amerikaner sahen sich immer und immer wieder genötigt, ihr überschüssiges Produkt zu verbrennen; und wenn wir Herrn Urquhart glauben sollen, so schürte Russland den Bürgerkrieg in den Vereinigten Staaten, weil seine landwirtschaftliche Ausfuhr auf den Kornmärkten Europas durch die Konkurrenz der Yankees geschmälert würde.

Auf ihre abstrakte Form reduziert, käme Bürger Westons Behauptung auf folgendes hinaus: Jede Steigerung der Nachfrage geht immer auf Basis eines gegebenen Betrags der Produktion von sich. Sie kann daher nie das Angebot der nachgefragten Artikel vergrößern, sondern nur ihre Geldpreise erhöhen. Nun lehrt aber die einfachste Beobachtung, dass eine vergrößerte Nachfrage in einigen Fällen die Marktpreise der Waren durchaus unverändert lasst, in anderen Fällen ein vorübergehendes Steigen der Marktpreise bewirkt, begleitet von vergrößertem Angebot und wiederum von einem Rückgang der Preise auf ihr ursprüngliches Niveau, ja, vielfach sogar darunter. Ob die Steigerung der Nachfrage aus zuschüssigem Arbeitslohn oder einen anderen Ursache entspringt, ändert nichts an den Bedingungen des Problems. Von Bürgern Westons Standpunkt war die allgemeine Erscheinung ebenso schwer zu erklären wie die unter den Ausnahmeumständen einer Lohnsteigerung eintretende Erscheinung. Seine Beweisführung stand daher in keinerlei Zusammenhang mit dem Gegenstand, den wir behandeln. Sie war nun den Ausdruck seiner Hilflosigkeit gegenüber den Gesetzen, wodurch eine Zunahme der Nachfrage, statt eine schließliche Steigerung der Marktpreise hervorzurufen, vielmehr eine Zunahme des Angebots herbeiführt.

3. Löhne und Geldumlauf

Am zweiten Tag der Debatte kleidete Freund Weston seine alte Behauptung in neue Formen. Er sagte: Infolge eines allgemeinen Steigens der Geldlöhne sind mehr Zirkulationsmittel zur Zahlung desselben Arbeitslohns erforderlich. Da der Geldumlauf fix ist, wie sollen mit diesen fixen Zirkulationsmitteln die erhöhten Geldlöhne bezahlt werden können?

Erst ergab sich die Schwierigkeit aus dem fixen Warenquantum, das dem Arbeiter trotz seines vermehrten Geldlohns zukomme; jetzt wird sie trotz des fixen Warenquantums aus dem erhöhten Geldlohn hergeleitet. Lehnt ihr sein ursprüngliches Dogma ab, so verschwinden natürlich seine dadurch verursachten Schwierigkeiten.

Indes werde ich nachweisen, dass diese Frage des Geldumlaufs durchaus nichts mit unserm Gegenstand zu tun hat.

In eurem Land ist der Mechanismus der Zahlungen viel vollkommener als in irgendeinem anderen Land Europas. Dank der Größe und Konzentration des Banksystems sind viel weniger Zirkulationsmittel erforderlich zur Zirkulierung desselben Wertbetrags und zur Vollziehung derselben oder einer größeren Anzahl von Geschäften. Soweit der Arbeitslohn in Betracht kommt, gibt ihn z. B. der englische Fabrikarbeiter allwöchentlich bei dem Krämer aus, der ihn jede Woche dem Bankier zuschickt, der ihn seinerseits jede Woche wieder dem Fabrikanten zukommen lässt, der ihn wieder an seine Arbeiter zahlt usw. Vermöge dieser Einrichtung kann der Jahreslohn eines Arbeiters sage von 52 Pfd. St. mit einem einzigen Sovereign bezahlt werden, der allwöchentlich denselben Zirkel beschreibt. In England ist dieser Mechanismus sogar weniger vollkommen als in Schottland, und er ist nicht an allen Orten gleich vollkommen; und daher finden wir z.B., dass in einigen Ackerbaudistrikten im Vergleich zu den Fabrikdistrikten viel mehr Zirkulationsmittel erforderlich sind, um einen viel kleineren Wertbetrag zu zirkulieren.

Wenn ihr den Kanal überquert, so werdet ihr finden, dass dort der Geldlohn viel niedriger ist als in England, dass er aber in Deutschland, Italien, der Schweiz und Frankreich vermittels einer viel größeren Menge Zirkulationsmittel zirkuliert wird. Derselbe Sovereign wird vom Bankier nicht so rasch aufgefangen oder zum industriellen Kapitalisten zurückgebracht; und daher bedarf es statt eines Sovereigns, der 52 Pfd. St. im Jahr zirkuliert, vielleicht dreier Sovereigns, um einen Jahreslohn in Höhe von 25 Pfd. St. zu zirkulieren. Vergleicht ihr somit die Länder des Kontinents mit England, so werdet ihr sofort einsehen, dass niedriger Geldlohn viel mehr Zirkulationsmittel zu seinem Umlauf erheischen kann als hoher Geldlohn und dass dies in Wirklichkeit eine rein technische Angelegenheit ist, die unserm Gegenstand gänzlich fernliegt.

Gemäß den genauesten Berechnungen, die mir bekannt sind, dürfte das jährliche Einkommen der Arbeiterklasse dieses Landes auf 250 Millionen Pfd. St. zu schätzen sein. Diese gewaltige Summe wird mit ungefähr 3 Millionen Pfd. St. zirkuliert. Unterstellt, es fände eine Lohnsteigerung von 50% statt. Dann wären statt 3 Millionen Pfd. St. Zirkulationsmittel 41/2 Millionen Pfd. St. erforderlich. Da ein sehr bedeutender Teil der täglichen Ausgaben des Arbeiters mit Silber- und Kupfermünze, d.h. mit bloßen Wertzeichen, bestritten wird, deren Wertverhältnis zum Gold durch Gesetz konventionell festgestellt ist, ebenso wie das von nicht einlösbarem Papiergeld, so würde eine fünfzigprozentige Steigerung des Geldlohns im schlimmsten Fall eine zusätzliche Zirkulation von Sovereigns zum Betrag von sage einer Million erheischen. Eine Million, die jetzt in Form von Barren oder gemünztem Gold in den Kellern der Bank von England oder von Privatbanken ruht, würde in Umlauf gebracht. Aber selbst die unbedeutenden Ausgaben, die aus der zusätzlichen Prägung oder dem zusätzlichen Verschleiß jener Million erwachsen, könnten und würden tatsächlich gespart werden, wenn zufolge zuschüssiger Nachfrage nach Zirkulationsmitteln irgendwelche Reibungen entstehen sollten. Ihr alle wisst, dass die Zirkulationsmittel dieses Landes in zwei große Abteilungen zerfallen. Eine Sorte, die in Banknoten verschiedenen Nennwerts geliefert wird dient in den Umsätzen zwischen Geschäftsleuten und bei größeren Zahlungen von Konsumenten an Geschäftsleute, während im Kleinhandel eine andere Sorte Zirkulationsmittel umläuft, das Metallgeld. Obgleich voneinander unterschieden, vertritt jede der beiden Sorten Zirkulationsmittel die Stelle der anderen. So läuft Goldmünze zu einem sehr bedeutenden Betrag selbst bei größeren Zahlungen um, wo es sich bei den zu zahlenden Summen um Überschüsse unter 5 Pfd. St., aber runde Summen handelt. Würden morgen 4- oder 3- oder 2-Pfd.-St.-Noten ausgegeben werden, so würden die Goldmünzen, die diese Kanäle der Zirkulation füllen, sofort aus ihnen vertrieben werden und in diejenigen Kanäle strömen, wo sie infolge der Zunahme des Geldlohns benötigt wären. So würde die zuschüssige Million, durch eine fünfzigprozentige Lohnerhöhung erheischt, geliefert werden, ohne dass ein einziger Sovereign zugesetzt zu werden brauchte. Dieselbe Wirkung könnte ohne eine einzige zusätzliche Banknote hervorgebracht werden vermittels vermehrter Zirkulation von Wechseln, wie dies in Lancashire sehr lange Zeit der Fall war.

Wenn ein allgemeines Steigen der Lohnrate – z. B. von 100%, wie Bürger Weston es bei den Landarbeiterlöhnen annahm – eine große Steigerung der Lebensmittelpreise hervorriefe und – gemäß seiner Ansicht – einen nicht beschaffbaren Betrag zuschüssiger Zirkulationsmittel erheischte, so müsste ein allgemeines Fallen des Arbeitslohns dieselbe Wirkung auf gleicher Stufenleiter in umgekehrter Richtung hervorbringen. Schön! Ihr alle wisst, dass die Jahre 1858 bis 1860 die für die Baumwollindustrie prosperierendsten waren und dass namentlich das Jahr 1860 in dieser Beziehung in den Annalen des Gewerbes einzig dasteht, während zu derselben Zeit auch alle anderen Industriezweige eine hohe Blüte erlebten. Die Löhne der Baumwollarbeiter und aller anderen mit deren Geschäftszweig verknüpften Arbeiter standen 1860 höher als je zuvor. Die amerikanische Krise kam, und diese gesamten Löhne wurden plötzlich ungefähr auf 1/4 ihres früheren Betrags herabgesetzt. In umgekehrter Richtung wäre dies eine Steigerung auf 400% gewesen. Steigt der Arbeitslohn von 5 auf 20, so sagen wir, dass er um 300% gestiegen sei; fällt er von 20 auf 5, so sagen wir, er sei um 75% gefallen; aber der Betrag, um den er in dem einen Fall steigt und in dem anderen fällt, wäre derselbe, nämlich 15 sh. Es war dies nun ein plötzlicher, beispielloser Wechsel in der Lohnrate, der zugleich eine Arbeiterzahl in Mitleidenschaft zog, die um die Hälfte die Zahl der Landarbeiter überstieg, wenn nicht nur sämtliche direkt in der Baumwollindustrie beschäftigten, sondern auch indirekt von ihr abhängigen Arbeiter mitgerechnet werden. Fiel nun etwa der Weizenpreis? Er stieg von einem Jahresdurchschnitt von 47 sh 8d per Quarter während der drei Jahre 1851–1860 auf einen Jahresdurchschnitt von 55 sh 10d per Quarter während der drei Jahre 1861 bis 1863. Was nun die Zirkulationsmittel angeht, so hatte die Münze 1861 8673232 Pfd. St. gegenüber 3378102 Pfd. St. im Jahre 1860 geprägt. Das heißt, 1861 war für 5295130 Pfd. St. mehr geprägt worden als 1860. Allerdings waren 1861 um 1319000 Pfd. St. weniger Banknoten im Umlauf als 1860. Zieht das ab. Bleibt für das Jahr 1861 im Vergleich mit dem Prosperitätsjahr 1860 immer noch ein Überschuss an Zirkulationsmitteln zum Betrag von 3976130 Pfd. St. oder ungefähr 4 Millionen Pfd. St.; aber der Goldvorrat der Bank von England hatte gleichzeitig abgenommen, wenn nicht genau, so doch annähernd im gleichen Verhältnis.

Vergleicht das Jahr 1862 mit 1842. Abgesehen von der gewaltigen Zunahme in Wert und Menge der in Zirkulation gesetzten Waren betrug das zu regulären Bedingungen auf Aktien, Anleihen etc. für die Eisenbahnen in England und Wales eingezahlte Kapital 1862 allein 320 Millionen Pfd. St., eine Summe, die 1842 märchenhaft erschienen wäre. Dennoch waren die Gesamtquanta des 1862 und 1842 umlaufenden Geldes so ziemlich gleich; und überhaupt werdet ihr finden, dass angesichts einer enormen Wertsteigerung nicht nur von Waren, sondern allgemein aller Geldumsätze das umlaufende Geld die Tendenz hat, in wachsendem Maß abzunehmen. Von Freund Westons Standpunkt aus ist dies ein unlösbares Rätsel.

Wäre er etwas tiefer in die Sache eingedrungen, so hätte er gefunden, dass – ganz abgesehen vom Arbeitslohn und ihn als fix unterstellend – Wert und Masse der Waren, die zirkuliert werden sollen, und überhaupt der Betrag der Geldumsätze täglich schwanken; dass die Menge der ausgegebnen Banknoten täglich schwankt; dass der Betrag der Zahlungen, die ohne Dazwischenkunft des Geldes mit Hilfe von Wechseln, Schecks, Buchkrediten, Verrechnungsbanken beglichen werden, täglich schwankt; dass, soweit Bargeld als Zirkulationsmittel erheischt, das Verhältnis zwischen zirkulierender Münze einerseits und andrerseits den Münzen und Barren, die in Reserve gehalten werden oder in den Kellern der Banken ruhen, täglich schwankt; dass die Menge ungemünzten Edelmetalls, das von der nationalen Zirkulation absorbiert, und die Menge, die für die internationale Zirkulation ins Ausland geschickt wird, täglich schwanken. Er hätte gefunden, dass sein Dogma von den fixen Zirkulationsmitteln ein ungeheurer Irrtum ist, unvereinbar mit der tagtäglichen Bewegung. Er würde die Gesetze untersucht haben, die es ermöglichen, dass der Geldumlauf sich Umständen anpasst, die sich so ununterbrochen ändern, statt sein Missverständnis betreffs der Gesetze des Geldumlaufs in ein Argument gegen eine Lohnsteigerung zu verwandeln.

4. Angebot und Nachfrage

Unser Freund Weston hält sich an das lateinische Sprichwort, dass »repetitio est mater studiorum«, d.h., dass die Wiederholung die Mutter des Studiums ist, und demzufolge wiederholte er sein ursprüngliches Dogma unter der neuen Form, dass die Kontraktion des Geldumlaufs, die aus einer Lohnerhöhung resultieren soll, eine Abnahme des Kapitals hervorrufen würde etc. Nachdem seine Geldumlaufsmarotte abgetan, halte Ich es für ganz zwecklos, von den imaginären Folgen Notiz zu nehmen, die seiner Einbildung nach aus seinen imaginären Zirkulationsmissgeschicken entstehen. Ich will nunmehr sein Dogma, das immer ein und dasselbe ist, in wieviel verschiedenen Gestalten es auch wiederholt wird, auf seinen einfachsten theoretischen Ausdruck reduzieren.

Die unkritische Art, in der er seinen Gegenstand behandelt hat, wird aus einer einzigen Bemerkung klar. Er spricht sich gegen eine Lohnsteigerung oder gegen hohen Arbeitslohn als Resultat einer solchen Steigerung aus. Nun frage ich ihn: Was ist hoher und was ist niedriger Arbeitslohn? Warum bedeuten z. B. 5 sh einen niedrigen und 20 sh einen hohen Wochenlohn? Wenn 5 verglichen mit 20 niedrig ist, so ist 20 noch niedriger verglichen mit 200. Wenn jemand, der eine Vorlesung über das Thermometer zu halten hat, damit anfinge, über hohe und niedrige Grade zu deklarieren, so würde er keinerlei Kenntnisse vermitteln. Er müsste mir zunächst einmal sagen, wie der Gefrierpunkt gefunden wird und wie der Siedepunkt und wie diese Festpunkte durch Naturgesetze bestimmt werden, nicht durch die Laune der Verkäufer oder Hersteller von Thermometern. Mit Bezug auf Arbeitslohn und Profit hat Bürger Weston es nun nicht nur unterlassen, solche Festpunkte aus ökonomischen Gesetzen abzuleiten, er hat es nicht einmal für nötig befunden, sich danach umzusehen. Er gab sich damit zufrieden, die landläufigen Vulgärausdrücke »niedrig« und »hoch« als eindeutige Ausdrücke hinzunehmen, obgleich es in die Augen springt, dass Arbeitslöhne nur hoch oder niedrig genannt werden können, wenn man sie mit einem Standard vergleicht, woran ihre Größen zu messen wären.

Er wird nicht imstande sein, mir zu erklären, warum ein bestimmter Geldbetrag für eine bestimmte Arbeitsmenge gegeben wird. Sollte er mir antworten, »dies wurde durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage bestimmt«, so würde Ich ihn zunächst einmal fragen, durch welches Gesetz denn Angebot und Nachfrage selbst reguliert werden. Und dieser Einwand würde ihn sofort außer Gefecht setzen. Die Beziehungen zwischen Angebot und Nachfrage von Arbeit erfahren fortwährend Veränderungen und mit ihnen auch die Marktpreise der Arbeit. Wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, so erhöht sich der Arbeitslohn; wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt, so sinkt der Arbeitslohn, obgleich es unter diesen Umständen notwendig werden könnte, den wirklichen Stand von Nachfrage und Zufuhr durch einen Streik z. B. oder in anderer Weise zu ermitteln. Erkennt ihr aber Angebot und Nachfrage als das den Arbeitslohn regelnde Gesetz an, so wäre es ebenso kindisch wie zwecklos, gegen eine Lohnsteigerung zu wettern, weil eine periodische Lohnsteigerung gemäß dem obersten Gesetz, auf das ihr euch beruft, ebenso notwendig und gesetzmäßig ist wie ein periodisches Fallen des Arbeitslohns. Wenn ihr dagegen Angebot und Nachfrage nicht als das den Arbeitslohn regelnde Gesetz anerkennt, so frage ich nochmals, warum ein bestimmter Geldbetrag für eine bestimmte Arbeitsmenge gegeben wird?

Um aber die Sache umfassender zu betrachten: Ihr wärt sehr auf dem Holzweg, falls ihr glaubtet, dass der Wert der Arbeit oder jeder beliebigen anderen Ware in letzter Instanz durch Angebot und Nachfrage festgestellt werde. Angebot und Nachfrage regeln nichts als die vorübergehenden Fluktuationen der Marktpreise. Sie werden euch erklären, warum der Marktpreis einer Ware über ihren Wert steigt oder unter ihn fällt, aber sie können nie über diesen Wert selbst Aufschluss geben. Unterstellt, dass Angebot und Nachfrage sich die Waage halten oder, wie die Ökonomen das nennen, einander decken. Nun, im selben Augenblick, wo diese entgegengesetzten Kräfte gleich werden, heben sie einander auf und wirken nicht mehr in der einen oder der anderen Richtung. In dem Augenblick, wo Angebot und Nachfrage einander die Waage halten und daher zu wirken aufhören, fällt der Marktpreis einer Ware mit ihrem wirklichen Wert, mit dem Normalpreis zusammen, um den ihre Marktpreise oszillieren. Bei Untersuchung der Natur dieses Werts haben wir daher mit den vorübergehenden Einwirkungen von Angebot und Nachfrage auf die Marktpreise nichts mehr zu schaffen. Das gleiche gilt vom Arbeitslohn wie von den Preisen aller anderen Waren.

5. Löhne und Preise

Auf ihren einfachsten theoretischen Ausdruck reduziert, lösen sich alle Argumente unseres Freundes in das einzige Dogma auf:»Die Warenpreise werden bestimmt oder geregelt durch die Arbeitslöhne. «

Ich könnte mich auf die praktische Beobachtung berufen, um Zeugnis abzulegen gegen diesen längst überholten und widerlegten Trugschluss. Ich könnte darauf hinweisen, dass die englischen Fabrikarbeiter, Bergleute, Schillbauer usw., deren Arbeit relativ hoch bezahlt wird, durch die Wohlfeilheit ihres Produkts alle anderen Nationen ausstechen, während z.B. den englischen Landarbeiter, dessen Arbeit relativ niedrig bezahlt wird, wegen der Teuerkeit seines Produkts fast jede andere Nation aussticht. Durch Vergleichung zwischen Artikeln ein und desselben Landes und zwischen Waren verschiedener Länder könnte ich – von einigen mehr scheinbaren als wirklichen Ausnahmen abgesehen – nachweisen, dass im Durchschnitt hochbezahlte Arbeit Waren mit niedrigem Preis und niedrig bezahlte Arbeit Waren mit hohem Preis produziert. Dies wäre natürlich kein Beweis dafür, dass der hohe Preis der Arbeit in dem einen und ihr niedriger Preis in dem anderen Fall die respektiven Ursachen so diametral entgegengesetzter Wirkungen sind, wohl aber wäre dies jedenfalls ein Beweis, dass die Preise der Waren nicht von den Preisen der Arbeit bestimmt werden. Indes ist es ganz überflüssig für uns, diese empirische Methode anzuwenden.

Es könnte vielleicht bestritten werden, dass Bürger Weston das Dogma aufgestellt hat: »Die Warenpreise werden bestimmt oder geregelt durch die Arbeitslöhne.« Er hat es in der Tat niemals ausgesprochen. Er sagte vielmehr, dass Profit und Rente ebenfalls Bestandteile der Warenpreise bilden, weil es die Warenpreise seien, woraus nicht bloß die Löhne des Arbeiters, sondern auch die Profite des Kapitalisten und die Renten des Grundeigentümers bezahlt werden müssen. Wie stellt er sich aber die Preisbildung vor? Zunächst durch den Arbeitslohn. Sodann wird ein zuschüssiger Prozentsatz zugunsten des Kapitalisten und ein weiterer zugunsten des Grundeigentümers daraufgeschlagen. Unterstellt, der Lohn für die in der Produktion einer Ware angewandte Arbeit sei 10. Wäre die Profitrate 100%, so würde der Kapitalist auf den vorgeschossenen Arbeitslohn 10 aufschlagen, und wenn die Rentrate ebenfalls 100% auf den Arbeitslohn betrüge, so würden weitere 10 aufgeschlagen, und der Gesamtpreis der Ware beliefe sich auf 30. Eine solche Bestimmung der Preise wäre aber einfach ihre Bestimmung durch den Arbeitslohn. Stiege im obigen Fall der Arbeitslohn auf 20, so der Preis der Ware auf 60 usw. Demzufolge haben alle überholten ökonomischen Schriftsteller, die dem Dogma, dass der Arbeitslohn die Preise reguliere, Anerkennung verschaffen wollten, es damit zu beweisen gesucht, dass sie Profit und Rente als bloße prozentuale Aufschläge auf den Arbeitslohn behandelten. Keiner von ihnen war natürlich imstande, die Grenzen dieser Prozentsätze auf irgendein ökonomisches Gesetz zu reduzieren. Sie scheinen vielmehr gedacht zu haben, die Profite würden durch Tradition, Gewohnheit, den Willen des Kapitalisten oder nach irgendeiner anderen gleicherweise willkürlichen und unerklärlichen Methode festgesetzt. Wenn sie versichern, die Konkurrenz unter den Kapitalisten setze sie fest, so sagen sie gar nichts. Zweifellos ist es diese Konkurrenz, wodurch die verschiedenen Profitraten in den verschiedenen Geschäftszweigen ausgeglichen oder auf ein Durchschnittsniveau reduziert werden, aber nie kann sie dies Niveau selbst oder die allgemeine Profitrate bestimmen.

Was ist gemeint, wenn man sagt, dass die Warenpreise durch den Arbeitslohn bestimmt seien? Da Arbeitslohn nur ein anderer Name für den Preis der Arbeit, so ist damit gemeint, dass die Preise der Waren durch den Preis der Arbeit reguliert werden.

Da »Preis« Tauschwert ist – und wo ich von Wert spreche, ist immer von Tauschwert die Rede -, also Tauschwert in Geld ausgedrückt, so läuft der Satz darauf hinaus, dass »der Wert der Waren bestimmt wird durch den Wert der Arbeit« oder dass »der Wert der Arbeit der allgemeine Wertmesser ist«.

Wie aber wird dann der »Wert der Arbeit« selbst bestimmt? Hier kommen wir an einen toten Punkt. An einen toten Punkt natürlich nur, wenn wir logisch zu folgern versuchen. Die Prediger jener Doktrin machen mit logischen Skrupeln allerdings kurzen Prozess. Unser Freund Weston zum Beispiel. Erst erklärte er uns, dass der Arbeitslohn den Warenpreis bestimme und dass folglich mit dem Steigen des Arbeitslohns die Preise steigen müssten. Dann machte er eine Wendung, um uns weiszumachen, eine Lohnsteigerung sei zu nichts gut, weil die Warenpreise gestiegen wären und weil die Löhne in der Tat durch die Preise der Waren, worauf sie verausgabt, gemessen würden. Somit beginnen wir mit der Behauptung, dass der Wert der Arbeit den Wert der Waren bestimme, und enden mit der Behauptung, dass der Wert der Waren den Wert der Arbeit bestimme. So drehen wir uns in einem höchst fehlerhaften Kreislauf und kommen überhaupt zu keinem Schluss.

Alles in allem ist es klar, dass, wenn man den Wert einer Ware, sage von Arbeit, Korn oder jeder anderen Ware, zum allgemeinen Maß und Regulator des Werts macht, man die Schwierigkeit bloß von sich abschiebt, da man einen Wert durch einen anderen bestimmt, der seinerseits wieder der Bestimmung bedarf.

Auf seinen abstraktesten Ausdruck gebracht, läuft das Dogma, dass »der Arbeitslohn die Warenpreise bestimmt«, darauf hinaus, dass »Wert durch Wert bestimmt ist«, und diese Tautologie bedeutet, dass wir in Wirklichkeit überhaupt nichts über den Wert wissen. Halten wir uns an diese Prämisse, so wird alles Räsonieren über die allgemeinen Gesetze der politischen Ökonomie zu leerem Geschwätz. Es war daher das große Verdienst Ricardos, dass er in seinem 1817 veröffentlichten Werk »On the Principles of Political Economy« den alten landläufigen und abgedroschenen Trugschluss, wonach »der Arbeitslohn die Preise bestimmt«, von Grund aus zunichte machte, einen Trugschluss, den Adam Smith und seine französischen Vorgänger in den wirklich wissenschaftlichen Partien ihrer Untersuchungen aufgegeben hatten, den sie aber in den mehr esoterischen und verflachenden Kapiteln dennoch wieder aufnahmen.

6. Wert und Arbeit

Bürger, ich bin jetzt an einen Punkt gelangt, wo ich auf die wirkliche Entwicklung der Frage eingehen muss. Ich kann nicht versprechen, dass ich dies in sehr zufriedenstellender Weise tun werde, weil ich sonst gezwungen wäre, das ganze Gebiet der politischen Ökonomie durchzunehmen. Ich kann, wie die Franzosen sagen würden, bloß »effleurer la question«, die Hauptpunkte berühren.

Die erste Frage, die wir stellen müssen, ist die: Was ist der Wert einer Ware? Wie wird er bestimmt?

Auf den ersten Blick möchte es scheinen, dass der Wert einer Ware etwas ganz Relatives und ohne die Betrachtung der einen Ware in ihren Beziehungen zu allen anderen Waren gar nicht zu Bestimmendes ist. In der Tat, wenn wir vom Wert, vom Tauschwert einer Ware sprechen, meinen wir die quantitativen Proportionen, worin sie sich mit allen anderen Waren austauscht. Aber dann erhebt sich die Frage: Wie werden die Proportionen reguliert, in denen Waren sich miteinander austauschen?

Wir wissen aus Erfahrung, dass diese Proportionen unendlich mannigfaltig sind. Nehmen wir eine einzelne Ware, z.B. Weizen, so finden wir, dass ein Quarter Weizen sich in fast unzähligen Variationen von Proportionen mit den verschiedensten Waren austauscht. Indes, da sein Wert stets derselbe bleibt, ob in Seide, Gold oder irgendeiner anderen Ware ausgedruckt, so muss er etwas von diesen verschiedenen Proportionen des Austausches mit verschiedenen Artikeln Unterschiedliches und Unabhängiges sein. Es muss möglich sein, diese mannigfachen Gleichsetzungen mit mannigfachen Waren in einer davon sehr verschiedenen Form auszudrucken.

Sage ich ferner, dass ein Quarter Weizen sich in bestimmter Proportion mit Eisen austauscht oder dass der Wert eines Quarters Weizen in einer bestimmten Menge Eisen ausgedruckt wird, so sage ich, dass der Weizenwert und sein Äquivalent in Eisen irgendeinem Dritten gleich sind, das weder Weizen noch Eisen ist, weil ich ja unterstelle, dass beide dieselbe Größe in zwei verschiedenen Gestalten ausdrücken. Jedes der beiden, der Weizen und das Eisen, muss daher unabhängig vom anderen reduzierbar sein auf dies Dritte, das ihr gemeinsames Maß ist.

Ein ganz einfaches geometrisches Beispiel veranschauliche dies. Wie verfahren wir, wenn wir die Flächeninhalte von Dreiecken aller erdenklichen Form und Größe oder von Dreiecken mit Rechtecken oder anderen gradlinigen Figuren vergleichen? Wir reduzieren den Flächeninhalt jedes beliebigen Dreiecks auf einen von seiner sichtbaren Form ganz verschiedenen Ausdruck. Nachdem wir aus der Natur des Dreiecks gefunden, dass sein Flächeninhalt gleich ist dem halben Produkt aus seiner Grundlinie und seiner Höhe, können wir nunmehr die verschiedenen Flächeninhalte aller Arten von Dreiecken und aller erdenklichen gradlinigem Figuren miteinander vergleichen, weil sie alle in eine bestimmte Anzahl von Dreiecken zerlegt werden können.

Dieselbe Verfahrensweise muss bei den Werten der Waren stattfinden. Wir müssen imstande sein, sie alle auf einen allen gemeinsamen Ausdruck zu reduzieren und sie nur durch die Proportionen zu unterscheiden, worin sie eben jenes und zwar identische Maß enthalten.

Da die Tauschwerte der Waren nur gesellschaftliche Funktionen dieser Dinge sind und gar nichts zu tun haben mit ihren natürlichen Qualitäten, so fragt es sich zunächst: Was ist die gemeinsame gesellschaftliche Substanz aller Waren? Es ist die Arbeit. Um eine Ware zu produzieren, muss eine bestimmte Menge Arbeit auf sie verwendet oder in ihr aufgearbeitet werden. Dabei sage ich nicht bloß Arbeit, sondern gesellschaftliche Arbeit. Wer einen Artikel für seinen eignen unmittelbaren Gebrauch produziert, um ihn selbst zu konsumieren, schafft zwar ein Produkt, aber keine Ware. Als selbstwirtschaftender Produzent hat er nichts mit der Gesellschaft zu tun. Aber um eine Ware zu produzieren, muss der von ihm produzierte Artikel nicht nur irgendein gesellschaftliches Bedürfnis befriedigen, sondern seine Arbeit selbst muss Bestandteil und Bruchteil der von der Gesellschaft verausgabten Gesamtarbeitssumme bilden. Seine Arbeit muss unter die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft subsumiert sein. Sie ist nichts ohne die anderen Teilarbeiten, und es ist erheischt, dass sie für ihr Teil diese ergänzt.

Wenn wir Waren als Werte betrachten, so betrachten wir sie ausschließlich unter dem einzigen Gesichtspunkt der in ihnen vergegenständlichten, dargestellten oder, wenn es beliebt, kristallisierten gesellschaftlichen Arbeit. In dieser Hinsicht können sie sich nur unterscheiden durch die in ihnen repräsentierten größeren oder kleineren Arbeitsquanta, wie z.B. in einem seidnen Schnupftuch eine größere Arbeitsmenge aufgearbeitet sein mag als in einem Ziegelstein. Wie aber misst man Arbeitsquanta? Nach der Dauer der Arbeitszeit, indem man die Arbeit nach Stunde, Tag etc. misst. Um dieses Maß anzuwenden, reduziert man natürlich alle Arbeitsarten auf durchschnittliche oder einfache Arbeit als ihre Einheit.

Wir kommen daher zu folgendem Schluss. Eine Ware hat Wert, weil sie Kristallisation gesellschaftlicher Arbeit ist. Die Größe ihres Werts oder ihr relativer Wert hängt ab von der größeren oder geringeren Menge dieser in ihr enthalten gesellschaftlichen Substanz; d.h. von der zu ihrer Produktion notwendigen relativen Arbeitsmasse. Die relativen Werte der Waren werden daher bestimmt durch die respektiven in ihnen aufgearbeiteten, vergegenständlichten, dargestellten Quanta oder Mengen von Arbeit. Die korrelativen Warenquanta, die in derselben Arbeitszeit produziert werden können, sind gleich. Oder der Wert einer Ware verhält sich zum Wert einer anderen Ware wie das Quantum der in der einen Ware dargestellten Arbeit zu dem Quantum der in der anderen Ware dargestellten Arbeit.

Ich habe den Verdacht, dass viele von euch fragen werden: Besteht denn in der Tat ein so großer oder überhaupt irgendein Unterschied zwischen der Bestimmung der Werte der Waren durch den Arbeitslohn und ihrer Bestimmung durch die relativen Arbeitsquanta, die zu ihrer Produktion notwendig? Ihr müsst indes gewahr geworden sein, dass das Entgelt für die Arbeit und das Quantum der Arbeit ganz verschiedenartige Dinge sind. Angenommen z. B., in einem Quarter Weizen und einer Unze Gold seien gleiche Arbeitsquanta dargestellt. Ich greife auf das Beispiel zurück, weil Benjamin Franklin es in seinem ersten Essay benutzt hat, der 1729 unter dem Titel »A Modest inquiry into the Nature and Necessity of a Paper Currency« veröffentlicht wurde und worin er als einer der ersten der wahren Natur des Werts auf die Spur kam. Schön. Wir unterstellen nun, dass ein Quarter Weizen und eine Unze Gold gleiche Werte oder Äquivalente sind, weil sie Kristallisationen gleicher Mengen von Durchschnittsarbeit soundso vieler jeweils in ihnen dargestellter Arbeitstage oder -wochen sind. Nehmen wir nun dadurch, dass wir die relativen Werte von Gold und Korn bestimmen, in irgendeiner Weise Bezug auf die Arbeitslöhne des Landarbeiters und des Bergarbeiters? Nicht im geringsten. Wir lassen es ganz unbestimmt, wie ihre Tages- oder Wochenarbeit bezahlt, ja ob überhaupt Lohnarbeit angewandt worden ist. Geschah dies, so kann der Arbeitslohn sehr ungleich gewesen sein. Der Arbeiter, dessen Arbeit in dem Quarter Weizen vergegenständlicht ist, mag bloß 2 Bushel, der im Bergbau beschäftigte Arbeiter mag die eine Hälfte der Unze Gold erhalten haben. Oder, ihre Arbeitslöhne als gleich unterstellt, es können diese in allen erdenklichen Proportionen abweichen von den Werten der von ihnen produzierten Waren. Sie können sich auf die Hälfte, ein Drittel, ein Viertel, ein Fünftel oder jeden anderen aliquoten Teil des einen Quarters Korn oder der einen Unze Gold belaufen. Ihre Arbeitslöhne können natürlich die Werte der von ihnen produzierten Waren nicht überschreiten, nicht größer sein, wohl aber können sie in jedem möglichen Grad geringer sein. Ihre Arbeitslöhne werden ihre Grenzen haben an den Werten der Produkte, aber die Werte ihrer Produkte werden nicht ihre Grenze haben an ihren Arbeitslöhnen. Was indes die Hauptsache: die Werte, die relativen Werte von Korn und Gold z.B., sind ohne jede Rücksicht auf den Wert der angewandten Arbeit, d.h. den Arbeitslohn, festgesetzt worden. Die Bestimmung der Werte der Waren durch die in ihnen dargestellten relativen Arbeitsquanta ist daher etwas durchaus Verschiedenes von der tautologischen Manier, die Werte der Waren durch den Wert der Arbeit oder den Arbeitslohn zu bestimmen. Dieser Punkt wird indes im Fortgang unserer Untersuchung noch näher beleuchtet werden.

Bei Berechnung des Tauschwerts einer Ware müssen wir zu dem Quantum der zuletzt auf sie angewandten Arbeit noch das früher in dem Rohstoff der Ware aufgearbeitete Arbeitsquantum hinzufügen, ferner die Arbeit, die auf Geräte, Werkzeuge, Maschinerie und Baulichkeiten verwendet worden, die bei dieser Arbeit mitwirken. Zum Beispiel ist der Wert einer bestimmten Menge Baumwollgarn die Kristallisation des Arbeitsquantums, das der Baumwolle während des Spinnprozesses zugesetzt worden, des Arbeitsquantums, das früher in der Baumwolle selbst vergegenständlicht worden, des Arbeitsquantums, vergegenständlicht in Kohle, Öl und anderen verbrauchten Hilfsstoffen, des Arbeitsquantums, dargestellt in der Dampfmaschine, den Spindeln, den Fabrikgebäuden usw. Die Produktionsinstrumente im eigentlichen Sinn, wie Werkzeuge, Maschinerie, Baulichkeiten, dienen für eine längere oder kürzere Periode immer aufs neue während wiederholter Produktionsprozesse. Würden sie auf einmal verbraucht wie der Rohstoff, so würde ihr ganzer Wert auf einmal auf die Waren übertragen, bei deren Produktion sie mitwirken. Da aber eine Spindel z.B. nur nach und nach verbraucht wird, so wird auf Grund der Durchschnittszeit, die sie dauert, und ihrer allmählichen Abnutzung oder ihres durchschnittlichen Verschleißes während einer bestimmten Periode, sage eines Tages, eine Durchschnittsberechnung angestellt. Auf diese Weise berechnen wir, wie viel vom Wert der Spindel auf das täglich gesponnene Garn übertragen wird und wie viel daher von der Gesamtmenge der z.B. in einem Pfund Garn vergegenständlichten Arbeit auf die früher in der Spindel vergegenständlichte Arbeit kommt. Für unseren gegenwärtigen Zweck ist – es nicht notwendig, länger bei diesem Punkt zu verweilen.

Es könnte scheinen, dass, wenn der Wert einer Ware bestimmt ist durch das auf ihre Produktion verwendete Arbeitsquantum, je fauler oder ungeschickter ein Mann, desto wertvoller seine Ware, weil die Zeit desto größer, die zur Verfertigung der Ware erheischt. Dies wäre jedoch ein bedauerlicher Irrtum. Ihr werdet euch erinnern, dass ich das Wort »gesellschaftliche Arbeit« gebrauchte, und diese Qualifizierung »gesellschaftlich« schließt viele Momente in sich. Sagen wir, der Wert einer Ware werde bestimmt durch das in ihr aufgearbeitete oder kristallisierte Arbeitsquantum, so meinen wir das Arbeitsquantum, notwendig zu ihrer Produktion in einem gegebenen Gesellschäftszustand, unter bestimmten gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen der Produktion, mit einer gegebenen gesellschaftlichen Durchschnittsintensität und Durchschnittsgeschicklichkeit der angewandten Arbeit. Als in England der Dampfwebstuhl mit dem Handwebstuhl zu konkurrieren begann, ward nur halb soviel Arbeitszeit erforderlich wie früher, um eine gegebene Menge Garn in eine Elle Baumwollgewebe oder Tuch zu verwandeln. Der arme Handweber arbeitete jetzt 17 oder 18 Stunden täglich statt 9 oder 10 Stunden früher. Aber das Produkt seiner zwanzigstündigen Arbeit repräsentierte jetzt nur noch 10 Stunden gesellschaftliche Arbeit oder 10 Stunden Arbeit, gesellschaftlich notwendig, um eine bestimmte Menge Garn in Textilstoffe zu verwandeln. Das Produkt seiner 20 Stunden hatte daher nicht mehr Wert als das Produkt seiner früheren 10 Stunden.

Wenn nun das Quantum der in den Waren vergegenständlichten gesellschaftlich notwendigen Arbeit ihre Tauschwerte reguliert, so muss jede Zunahme des zur Produktion einer Ware erforderlichen Arbeitsquantums ebenso ihren Wert vergrößern, wie jede Abnahme ihn vermindern muss.

Blieben die zur Produktion der respektiven Waren notwendigen respektiven Arbeitsquanta konstant, so wären ihre relativen Werte ebenfalls konstant. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das zur Produktion einer Ware notwendige Arbeitsquantum wechselt ständig mit dem Wechsel in der Produktivkraft der angewandten Arbeit. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto mehr Produkt wird in gegebener Arbeitszeit verfertigt, und je geringer die Produktivkraft der Arbeit, desto weniger. Ergibt sich z.B. durch das Wachstum der Bevölkerung die Notwendigkeit, minder fruchtbaren Boden in Bebauung zu nehmen, so könnte dieselbe Menge Produkt nur erzielt werden, wenn eine größere Menge Arbeit verausgabt würde, und der Wert des landwirtschaftlichen Produkts würde folglich steigen. Andrerseits, wenn ein einzelner Spinner mit modernen Produktionsmitteln in einem Arbeitstag eine vieltausendmal größere Menge Baumwolle in Garn verwandelt, als er in derselben Zeit mit dem Spinnrad hätte verspinnen können, so ist es klar, dass jedes einzelne Pfund Baumwolle vieltausendmal weniger Spinnarbeit aufsaugen wird als vorher und folglich der durch das Spinnen jedem einzelnen Pfund Baumwolle zugesetzte Wert tausendmal kleiner sein wird als vorher. Der Wert des Garns wird entsprechend sinken. Abgesehen von den Unterschieden in den natürlichen Energien und den erworbenen Arbeitsgeschicken verschiedener Völker muss die Produktivkraft der Arbeit in der Hauptsache abhängen:

  1. von den Naturbedingungen der Arbeit, wie Fruchtbarkeit des Bodens, Ergiebigkeit der Minen usw.
  2. Von der fortschreitenden Vervollkommnung der gesellschaftlichen Kräfte der Arbeit, wie sie sich herleiten aus Produktion auf großer Stufenleiter, Konzentration des Kapitals und Kombination der Arbeit, Teilung der Arbeit, Maschinerie, verbesserten Methoden, Anwendung chemischer und anderer natürlicher Kräfte Zusammendrängung von Zeit und Raum durch Kommunikations- und Transportmittel und aus jeder anderen Einrichtung, wodurch die Wissenschaft Naturkräfte in den Dienst der Arbeit zwingt und wodurch der gesellschaftliche oder kooperierte Charakter der Arbeit zur Entwicklung gelangt. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die auf eine gegebene Menge Produkt verwendete Arbeit; desto kleiner also der Wert des Produkts. Je geringer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die auf dieselbe Menge Produkt verwendete Arbeit; desto größer also sein Wert. Als allgemeines Gesetz können wir daher aufstellen: Die Werte der Waren sind, direkt proportional den auf ihre Produktion angewandten Arbeitszeiten – und umgekehrt proportional der Produktivkraft der angewandten Arbeit.

Nachdem ich bis jetzt nur vom Wert gesprochen, werde ich noch einige Worte hinzufügen über den Preis, der eine eigentümliche Form ist, die der Wert annimmt.

Preis ist an sich nichts als der Geldausdruck des Werts. Hierzulande z.B. werden die Werte aller Waren in Goldpreisen, auf dem Kontinent dagegen hauptsächlich in Silberpreisen ausgedrückt. Der Wert von Gold oder Silber wie der aller anderen Waren wird reguliert von dem zu ihrer Erlangung notwendigen Arbeitsquantum. Eine bestimmte Menge eurer einheimischen Produkte, worin ein bestimmter Betrag eurer nationalen Arbeit kristallisiert ist, tauscht ihr aus gegen das Produkt der Gold und Silber produzierenden Länder, in welchem ein bestimmtes Quantum ihrer Arbeit kristallisiert ist. Es ist in dieser Weise, faktisch durch Tauschhandel, dass ihr lernt, die Werte aller Waren, d.h. die respektiven auf sie verwendeten Arbeitsquanta, in Gold und Silber auszudrücken. Den Geldausdruck des Werts etwas naher betrachtet, oder, was dasselbe, die Verwandlung des Werts in Preis, werdet Ihr finden, dass dies ein Verfahren ist, wodurch ihr den Werten aller Waren eine unabhängige und homogene Form verleiht oder sie als Quanta gleicher gesellschaftlicher Arbeit ausdrückt. Soweit der Preis nichts ist als der Geldausdruck des Werts, hat ihn Adam Smith den »natürlichen Preis«, haben ihn die französischen Physiokraten den »prix nécessaire« genannt.

Welche Beziehung besteht nun zwischen Werten und Marktpreisen oder zwischen natürlichen Preisen und Marktpreisen? Ihr alle wisst, dass der Marktpreis für alle Waren derselben Art derselbe ist, wie verschieden. immer die Bedingungen der Produktion für die einzelnen Produzenten sein mögen. Die Marktpreise drücken nur die unter den Durchschnittsbedingungen der Produktion für die Versorgung des Markts mit einer bestimmten Masse eines bestimmten Artikels notwendige Durchschnittsmenge gesellschaftlicher Arbeit aus. Er wird aus der Gesamtheit aller Waren einer bestimmten Gattung errechnet.

Soweit fällt der Marktpreis einer Ware mit ihrem Wert zusammen. Andrerseits hängen die Schwankungen der Marktpreise bald über, bald unter den Wert oder natürlichen Preis ab von den Fluktuationen des Angebots und der Nachfrage. Abweichungen der Marktpreise von den Werten erfolgen also ständig, aber, sagt Adam Smith:

»Der natürliche Preis ist also gewissermaßen das Zentrum, zu dem die Preise aller Waren beständig gravitieren. Verschiedene Zufälle können sie mitunter hoch darüber erheben und manchmal darunter herabdrücken. Welches aber immer die Umstände sein mögen, die sie hindern, in diesem Zentrum der Ruhe und Beharrnis zum Stillstand zu kommen, sie streben ihm beständig zu.«

Ich kann jetzt nicht näher auf diesen Punkt eingehen. Es genügt zu sagen, dass, wenn Angebot und Nachfrage einander die Waage halten, die Marktpreise der Waren ihren natürlichen Preisen entsprechen werden, d.h. ihren durch die respektiven zu ihrer Produktion erheischten Arbeitsquanta bestimmten Werten. Aber Angebot und Nachfrage müssen einander ständig auszugleichen streben, obgleich dies nur dadurch geschieht, dass eine Fluktuation durch eine andere, eine Zunahme durch eine Abnahme aufgehoben wird und umgekehrt. Wenn ihr, statt nur die täglichen Fluktuationen zu betrachten, die Bewegung der Marktpreise für längere Perioden analysiert, wie dies z.B. Tooke in seiner »History of Prices« getan, so werdet ihr finden, dass die Fluktuationen der Marktpreise, ihre Abweichungen von den Werten, ihre Auf- und Abbewegungen einander ausgleichen und aufheben, so dass, abgesehen von der Wirkung von Monopolen und einigen anderen Modifikationen, die ich hier übergehen muss, alle Gattungen von Waren im Durchschnitt zu ihren respektiven Werten oder natürlichen Preisen verkauft werden. Die Durchschnittsperioden, während welcher die Fluktuationen der Marktpreise einander aufheben, sind für verschiedene Warensorten verschieden, weil es mit der einen Sorte leichter gelingt als mit der anderen, das Angebot der Nachfrage anzupassen.

Wenn nun, allgemeiner gesprochen und mit Einschluss etwas längerer Perioden, alle Gattungen von Waren zu ihren respektiven Werten verkauft werden, so ist es Unsinn zu unterstellen, dass die ständigen und in verschiedenen Geschäftszweigen üblichen Profite nicht etwa der Profit in einzelnen Fällen – aus einem Aufschlag auf die Preise der Waren entspringen oder daraus, dass sie zu einem Preis weit über ihrem Wert verkauft werden. Die Absurdität dieser Vorstellung springt in die Augen, sobald sie verallgemeinert wird. Was einer als Verkäufer ständig gewönne, würde er als Käufer ebenso ständig verlieren. Es würde zu nichts führen, wollte man sagen, dass es Menschen gibt, die Käufer sind, ohne Verkäufer zu sein, oder Konsumenten, ohne Produzenten zu sein. Was diese Leute den Produzenten zahlen, müssen sie zunächst umsonst von ihnen erhalten. Wenn einer erst euer Geld nimmt und es dann dadurch zurückgibt, dass er eure Waren kauft, so werdet. Ihr euch nie dadurch bereichern, dass ihr eure Waren diesem selben Mann zu teuer verkauft. Ein derartiger Umsatz könnte einen Verlust verringern, würde aber niemals dazu verhelfen, einen Gewinn zu realisieren.

Um daher die allgemeine Natur des Profits zu erklären, müsst ihr von dem Grundsatz ausgehen, dass im Durchschnitt Waren zu ihren wirklichen Werten verkauft werden und dass Profite sich herleiten aus dem Verkauf der Waren zu ihren Werten. d.h. im Verhältnis zu dem in ihnen vergegenständlichten Arbeitsquantum. Könnt ihr den Profit nicht unter dieser Voraussetzung erklären, so könnt ihr ihn überhaupt nicht erklären. Dies scheint paradox und der alltäglichen Beobachtung widersprechend. Es ist ebenso paradox, dass die Erde um die Sonne kreist und dass Wasser aus zwei äußerst leicht entflammenden Gasen besteht. Wissenschaftliche Wahrheit ist immer paradox vom Standpunkt der alltäglichen Erfahrung, die nur den täuschenden Schein der Dinge wahrnimmt.

7. Die Arbeitskraft

Nachdem wir nun, soweit es in so flüchtiger Weise möglich war, die Natur des Werts, des Werts jeder beliebigen Ware analysiert haben, müssen wir unsere Aufmerksamkeit dem spezifischen Wert der Arbeit zuwenden. Und hier muss ich euch wieder mit einem scheinbaren Paradoxon überraschen. Ihr alle seid fest überzeugt, dass, was ihr täglich verkauft, eure Arbeit sei; dass daher die Arbeit einen Preis habe und dass, da der Preis einer Ware bloß der Geldausdruck ihres Werts, es sicherlich so etwas wie den Wert der Arbeit geben müsse. Indes existiert nichts von der Art, was im gewöhnlichen Sinn des Wortes Wert der Arbeit genannt wird. Wir haben gesehen, dass die in einer Ware kristallisierte Menge notwendiger Arbeit ihren Wert konstituiert. Wie können wir nun, indem wir diesen Wertbegriff anwenden, sagen den Wert eines zehnstündigen Arbeitstags bestimmen? Wieviel Arbeit enthält dieser Arbeitstag? Zehnstündige Arbeit. Vom Wert eines zehnstündigen Arbeitstags auszusagen, dass er zehnstündiger Arbeit oder dem darin enthaltenen Arbeitsquantum gleich sei, wäre ein tautologischer und überdies unsinniger Ausdruck. Nachdem wir einmal den richtigen, aber versteckten Sinn des Ausdrucks »Wert der Arbeit« gefunden, werden wir natürlich imstande sein, diese irrationale und anscheinend unmögliche Anwendung des Begriffs Wert richtig zu deuten, ebenso wie wir imstande sein werden, die scheinbare oder bloß phänomenale Bewegung der Himmelskörper zu erkennen, nachdem wir einmal ihre wirkliche Bewegung erkannt.

Was der Arbeiter verkauft, ist nicht direkt seine Arbeit, sondern seine Arbeitskraft, über die er dem Kapitalisten vorübergehend die Verfügung überlasst. Dies ist so sehr der Fall, dass – ich weiß nicht, ob durch englisches Gesetz, jedenfalls aber durch einige Gesetze auf dem Kontinent – die maximale Zeitdauer, wofür ein Mann seine Arbeitskraft verkaufen darf, festgestellt ist. Wäre es ihm erlaubt, das für jeden beliebigen Zeitraum zu tun, so wäre ohne weiteres die Sklaverei wiederhergestellt. Wenn solch ein Verkauf sich z.B. auf seine ganze Lebensdauer erstreckte, so würde er dadurch auf einen Schlag zum lebenslänglichen Sklaven seines Lohnherrn gemacht.

Einer der ältesten Ökonomen und originellsten Philosophen Englands – Thomas Hobbes – hat in seinem »Leviathan« schon vorahnend auf diesen von allen seinen Nachfolgern übersehenen Punkt hingewiesen. Er sagt: »Der Wert eines Menschen ist wie der aller anderen Dinge sein Preis: das heißt soviel als für die Benutzung seiner Kraft gegeben würde.«

Von dieser Basis ausgehend, werden wir imstande sein, den Wert der Arbeit wie den aller anderen Waren zu bestimmen.

Bevor wir jedoch dies tun, könnten wir fragen, woher die sonderbare Erscheinung kommt, dass wir auf dem Markt eine Gruppe Käufer finden, die Besitzer von Boden, Maschinerie, Rohstoff und Lebensmitteln sind, die alle, abgesehen von Boden in seinem rohen Zustand, Produkte der Arbeit sind, und auf der anderen Seite eine Gruppe Verkäufer, die nichts zu verkaufen haben außer ihre Arbeitskraft, ihre werktätigen Arme und Hirne. Dass die eine Gruppe ständig kauft, um Profit zu machen und sich zu bereichern, während die andere ständig verkauft, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen? Die Untersuchung dieser Frage wäre eine Untersuchung über das, was die Ökonomen »Vorgängige oder ursprüngliche Akkumulation« nennen, was aber ursprüngliche Expropriation genannt werden sollte. Wir würden finden, dass diese sogenannte ursprüngliche Akkumulation nichts anderes bedeutet als eine Reihe historischer Prozesse, die in einer Auflösung der ursprünglichen Einheit zwischen dem Arbeitenden und seinen Arbeitsmitteln resultieren. Solch eine Untersuchung fällt jedoch außerhalb des Rahmens meines jetzigen Themas. Sobald einmal die Trennung zwischen dem

Mann der Arbeit und den Mitteln der Arbeit vollzogen, wird sich dieser Zustand erhalten und auf ständig wachsender Stufenleiter reproduzieren, bis eine neue und gründliche Umwälzung der Produktionsweise ihn wieder umstürzt und die ursprüngliche Einheit in neuer historischer Form wiederherstellt.

Was ist nun also der Wert der Arbeitskraft?

Wie der jeder anderen Ware Ist der Wert bestimmt durch das zu ihrer Produktion notwendige Arbeitsquantum. Die Arbeitskraft eines Menschen existiert nur in seiner lebendigen Leiblichkeit. Eine gewisse Menge Lebensmittel muss ein Mensch konsumieren, um aufzuwachsen und sich am Leben zu erhalten. Der Mensch unterliegt jedoch, wie die Maschine, der Abnutzung und muss durch einen anderen Menschen ersetzt werden. Außer der zu seiner eignen Erhaltung erheischten Lebensmittel bedarf er einer anderen Lebensmittelmenge, um eine gewisse Zahl Kinder aufzuziehen, die ihn auf dem Arbeitsmarkt zu ersetzen und das Geschlecht der Arbeiter zu verewigen haben. Mehr noch, um seine Arbeitskraft zu entwickeln und ein gegebenes Geschick zu erwerben, muss eine weitere Menge von Werten verausgabt werden. Für unseren Zweck genügt es, nur Durchschnittsarbeit in Betracht zu ziehen, deren Erziehungs- und Ausbildungskosten verschwindend geringe Größen sind. Dennoch muss ich diese Gelegenheit zu der Feststellung benutzen, dass, genauso wie die Produktionskosten für Arbeitskräfte verschiedener Qualität nun einmal verschieden sind, auch die Werte der in verschiedenen Geschäftszweigen beschäftigten Arbeitskräfte verschieden sein müssen. Der Ruf nach Gleichheit der Löhne beruht daher auf einem Irrtum, ist ein unerfüllbarer törichter Wunsch. Er ist die Frucht jenes falschen und platten Radikalismus, der die Voraussetzungen annimmt, die Schlussfolgerungen aber umgehen möchte. Auf Basis des Lohnsystems wird der Wert der Arbeitskraft in derselben Weise festgesetzt wie der jeder anderen Ware; und da verschiedene Arten Arbeitskraft verschiedene Werte haben oder verschiedene Arbeitsquanta zu ihrer Produktion erheischen, so müssen sie auf dem Arbeitsmarkt verschiedene Preise erzielen. Nach gleicher oder gar gerechter Entlohnung auf Basis des Lohnsystems rufen ist dasselbe, wie auf Basis des Systems der Sklaverei nach Freiheit zu rufen. Was ihr für recht oder gerecht erachtet, steht nicht in Frage. Die Frage ist: Was ist bei einem gegebenen Produktionssystem notwendig und unvermeidlich?

Nach dem Dargelegten dürfte es klar sein, dass der Wert der Arbeitskraft bestimmt ist durch den Wert der Lebensmittel die zur Produktion, Entwicklung, Erhaltung und Verewigung der Arbeitskraft erheischt sind.

8. Die Produktion des Mehrwerts

Unterstellt nun, dass die Produktion der Durchschnittsmenge täglicher Lebensmittel für einen Arbeitenden 6 Stunden Durchschnittsarbeit erheischt. Unterstellt überdies auch, 6 Stunden Durchschnittsarbeit seien in einem Goldquantum gleich 3 sh vergegenständlicht. Dann wären 3 sh der Preis oder Geldausdruck des Tageswerts der Arbeitskraft jenes Mannes. Arbeitete er täglich 6 Stunden, so würde er täglich einen Wert produzieren, der ausreicht, um die Durchschnittsmenge seiner täglichen Lebensmittel zu kaufen oder sich selbst als Arbeitenden am Leben zu erhalten. Aber unser Mann ist ein Lohnarbeiter. Er muss daher seine Arbeitskraft einem Kapitalisten verkaufen. Verkauft er sie zu 3 sh per Tag oder 18 sh die Woche, so verkauft er sie zu ihrem Wert. Unterstellt, er sei ein Spinner. Wenn er 6 Stunden täglich arbeitet, wird er der Baumwolle einen Wert von 3 sh täglich zusetzen. Dieser von ihm täglich zugesetzte Wert wäre exakt ein Äquivalent für den Arbeitslohn oder Preis seiner Arbeitskraft, den er täglich empfängt. Aber in diesem Fall käme dem Kapitalisten keinerlei Mehrwert oder Mehrprodukt zu. Hier kommen wir also an den springenden Punkt.

Durch Kauf der Arbeitskraft des Arbeiters und Bezahlung ihres Werts hat der Kapitalist, wie jeder andere Käufer, das Recht erworben, die gekaufte Ware zu konsumieren oder zu nutzen. Man konsumiert oder nutzt die Arbeitskraft eines Mannes, indem man ihn arbeiten lässt, wie man eine Maschine konsumiert oder nutzt, indem man sie laufen lässt. Durch Bezahlung des Tages- oder Wochenwerts der Arbeitskraft des Arbeiters hat der Kapitalist daher das Recht erworben, diese Arbeitskraft während des ganzen Tags oder der ganzen Woche zu nutzen oder arbeiten zu lassen. Der Arbeitstag oder die Arbeitswoche hat natürlich bestimmte Grenzen, die wir aber erst später betrachten werden.

Für den Augenblick möchte ich eure Aufmerksamkeit auf einen entscheidenden Punkt lenken.

Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch das zu ihrer Erhaltung oder Reproduktion notwendige Arbeitsquantum, aber die Nutzung dieser Arbeitskraft ist nur begrenzt durch die aktiven Energien und die Körperkraft des Arbeiters. Der Tages- oder Wochenwert der Arbeitskraft ist durchaus verschieden von der täglichen oder wöchentlichen Betätigung dieser Kraft, genauso wie das Futter, dessen ein Pferd bedarf, durchaus verschieden ist von der Zeit, die es dein Reiter tragen kann. Das Arbeitsquantum, wodurch der Wert der Arbeitskraft des Arbeiters begrenzt ist, bildet keineswegs eine Grenze für das Arbeitsquantum, das seine Arbeitskraft zu verrichten vermag. Nehmen wir das Beispiel unseres Spinners. Wir haben gesehen, dass er, um seine Arbeitskraft täglich zu reproduzieren, täglich einen Wert von 3 sh reproduzieren muss, was er dadurch tut, dass er täglich 6 Stunden arbeitet. Dies hindert ihn jedoch nicht, 10 oder 12 oder mehr Stunden am Tag arbeiten zu können. Durch die Bezahlung des Tages- oder Wochenwerts der Arbeitskraft des Spinners hat nun aber der Kapitalist das Recht erworben, diese Arbeitskraft während des ganzen Tags oder der ganzen Woche zu nutzen. Er wird ihn daher zwingen, sage 12 Stunden täglich zu arbeiten. Über die zum Ersatz seines Arbeitslohns oder des Werts seiner Arbeitskraft erheischten 6 Stunden hinaus wird er daher noch 6 Stunden zu arbeiten haben, die ich Stunden der Mehrarbeit nennen will, welche Mehrarbeit sich vergegenständlichen wird in einem Mehrwert und einem Mehrprodukt. Wenn unser Spinner z.B. durch seine täglich sechsstündige Arbeit der Baumwolle einen Wert vor 3 sh zusetzt, einen Wert, der exakt ein Äquivalent für seinen Arbeitslohn bildet, so wird er der Baumwolle in 12 Stunden einen Wert von 6 sh zusetzen und ein entsprechendes Mehr an Garn produzieren. Da er seine Arbeitskraft dem Kapitalisten verkauft hat, so gehört der ganze von ihm geschaffene Wert oder sein ganzes Produkt dem Kapitalisten, dem zeitweiligen Eigentümer seiner Arbeitskraft. Indem der Kapitalist 3 sh vorschießt, realisiert er also einen Wert von 6 sh, weil nun für den von ihm vorgeschossenen Wert, worin 6 Arbeitsstunden kristallisiert sind, ein Wert zurückerstattet wird, worin 12 Arbeitsstunden kristallisiert sind. Durch tägliche Wiederholung desselben Prozesses wird der Kapitalist täglich 3 sh vorschießen und täglich 6 sh einstecken, wovon eine Hälfte wieder auf Zahlung des Arbeitslohns geht und die andere Hälfte den Mehrwert bildet, für den der Kapitalist kein Äquivalent zahlt. Es ist diese Art Austausch zwischen Kapital und Arbeit, worauf die kapitalistische Produktionsweise oder das Lohnsystem beruht und die ständig in der Reproduktion des Arbeiters als Arbeiter und des Kapitalisten als Kapitalist resultieren muss.

Die Rate des Mehrwerts wird, wenn alle anderen Umstände gleich bleiben, abhängen von der Proportion zwischen dem zur Reproduktion des Werts der Arbeitskraft notwendigen Teil des Arbeitstags und der für den Kapitalisten verrichteten Mehrarbeitszeit oder Mehrarbeit. Sie wird daher abhängen von dem Verhältnis, worin der Arbeitstag über die Zeitspanne hinaus verlängert ist, in der Arbeiter durch seine Arbeit nur den Wert seiner Arbeitskraft reproduzieren oder seinen Arbeitslohn ersetzen würde.

9. Der Wert der Arbeit

Wir müssen nun zurückkommen auf den Ausdruck »Wert oder Preis der Arbeit«.

Wir haben gesehen, dass er in der Tat nichts ist als die Bezeichnung für den Wert der Arbeitskraft, gemessen an den zu ihrer Erhaltung notwendigen Warenwerten. Da der Arbeiter aber seinen Arbeitslohn erst nach Verrichtung der Arbeit erhält und außerdem weiß, dass, was er dem Kapitalisten tatsächlich gibt, seine Arbeit ist, so erscheint ihm der Wert oder Preis seiner Arbeitskraft notwendigerweise als Preis oder Wert seiner Arbeit selbst. Ist der Preis seiner Arbeitskraft gleich 3 sh, worin 6 Arbeitsstunden vergegenständlicht, und arbeitet er 12 Stunden, so betrachtet er diese 3 sh notwendigerweise als den Wert oder Preis von 12 Arbeitsstunden, obgleich diese 12 Arbeitsstunden sich in einem Wert von 6 sh vergegenständlichen. Hieraus folgt zweierlei:

Erstens. Der Wert oder Preis der Arbeitskraft nimmt das Aussehen des Preises oder Werts der Arbeit selbst an, obgleich, genau gesprochen, Wert und Preis der Arbeit sinnlose Bezeichnungen sind.

Zweitens. Obgleich nur ein Teil des Tagewerks des Arbeiters aus bezahlter, der andere dagegen aus unbezahlter Arbeit besteht und gerade diese unbezahlte oder Mehrarbeit den Fonds konstituiert, woraus der Mehrwert oder Profit sich bildet, hat es den Anschein, als ob die ganze Arbeit aus bezahlter Arbeit bestünde.

Dieser täuschende Schein ist das unterscheidende Merkmal der Lohnarbeit gegenüber anderen historischen Formen der Arbeit. Auf Basis des Lohnsystems erscheint auch die unbezahlte Arbeit als bezahlt. Beim Sklaven umgekehrt er scheint auch der bezahlte Teil seiner Arbeit als unbezahlt. Natürlich muss der Sklave, um zu arbeiten, leben, und ein Teil seines Arbeitstags geht drauf auf Ersatz des zu seiner eignen Erhaltung verbrauchten Werts. Da aber zwischen ihm und seinem Herrn kein Handel abgeschlossen wird und zwischen beiden Parteien keine Verkaufs- und Kaufakte vor sich gehen, so erscheint alle seine Arbeit als Gratisarbeit.

Nehmt andrerseits den Fronbauern, wie er noch gestern, möchte ich sagen, im ganzen Osten Europas existierte. Dieser Bauer arbeitete z.B. 3 Tage für sich auf seinem eignen oder dem ihm zugewiesenen Felde, und die drei folgenden Tage verrichtete er zwangsweise Gratisarbeit auf dem herrschaftlichen Gut. Hier waren also der bezahlte und der unbezahlte Teil der Arbeit sichtbar getrennt, zeitlich und räumlich getrennt; und unsere Liberalen schäumten über vor moralischer Entrüstung angesichts der widersinnigen Idee, einen Menschen umsonst arbeiten zu lassen.

Faktisch jedoch bleibt es sich gleich, ob einer 3 Tage in der Woche für sich auf seinem eignen Felde und 3 Tage umsonst auf dem herrschaftlichen Gut, oder ob er 6 Stunden täglich in der Fabrik oder Werkstatt für sich und 6 Stunden für den Lohnherrn arbeitet, obgleich in letzterem Fall der bezahlte und der unbezahlte Teil seiner Arbeit unentwirrbar miteinander vermengt sind, so dass die Natur der ganzen Transaktion durch die Dazwischenkunft eines Kontrakts und die am Ende der Woche erfolgende Zahlung völlig verschleiert wird. Die Gratisarbeit erscheint in dem einen Fall als freiwillige Gabe und in dem anderen als Frondienst. Das ist der ganze Unterschied.

Wo ich also das Wort »Wert der Arbeit« gebrauche, werde ich es nun als landläufigen Vulgärausdruck für »Wert der Arbeitskraft« gebrauchen.

10. Profit wird gemacht durch Verkauf einer Ware zu ihrem Wert

Unterstellt, eine Durchschnittsarbeitsstunde sei vergegenständlicht in einem Wert gleich 6 oder 12 Durchschnittsarbeitsstunden in 6 sh. Unterstellt ferner, der Wert der Arbeit sei 3 sh oder das Produkt sechsstündiger Arbeit. Wenn nun in Rohstoff, Maschinerie usw., die bei der Produktion einer Ware aufgebraucht wurden, 24 Durchschnittsarbeitsstunden vergegenständlicht wären, so würde sich ihr Wert auf 12 sh belaufen. Setze darüber hinaus der vom Kapitalisten beschäftigte Arbeiter diesen Produktionsmitteln 12 Arbeitsstunden zu, so wären diese 12 Stunden vergegenständlicht in einem zusätzlichen Wert von 6 sh. Der Gesamtwert des Produkts beliefe sich daher auf 36 Stunden vergegenständlichter Arbeit und wäre gleich 18 sh. Da aber der Wert der Arbeit oder der dem Arbeiter bezahlte Arbeitslohn nur 3 sh betrüge, so würde der Kapitalist für die von dem Arbeiter geleisteten, in dem Wert der Ware vergegenständlichten 6 Stunden Mehrarbeit kein Äquivalent gezahlt haben. Verkaufte der Kapitalist diese Ware zu ihrem Wert von 18 sh. so würde er daher einen Wert von 3 sh realisieren, für den er kein Äquivalent gezahlt hat. Diese 3 sh würden den Mehrwert oder Profit konstituieren, den er einsteckt. Der Kapitalist würde folglich den Profit von 3 sh nicht dadurch realisieren, dass er die Ware zu einem Preis über ihrem Wert, sondern dadurch, dass er sie zu ihrem wirklichen Wert verkauft.

Der Wert einer Ware ist bestimmt durch das in ihr enthaltene Gesamtarbeitsquantum. Aber ein Teil dieses Arbeitsquantums ist in einem Wert vergegenständlicht, wofür in Form des Arbeitslohns ein Äquivalent bezahlt, ein Teil jedoch in einem Wert, wofür kein Äquivalent bezahlt worden ist. Ein Teil der in der Ware enthaltenen Arbeit ist bezahlte Arbeit; ein Teil ist unbezahlte Arbeit. Verkauft daher der Kapitalist die Ware zu ihrem Wert, d.h. als Kristallisation des auf sie verwendeten Gesamtarbeitsquantums, so muss er sie notwendigerweise mit Profit verkaufen. Er verkauft nicht nur, was ihm ein Äquivalent gekostet, er verkauft vielmehr auch, was ihm nichts gekostet, obgleich es die Arbeit seines Arbeiters gekostet hat. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten und ihre wirklichen Kosten sind zweierlei Dinge. Ich wiederhole daher, dass normale und durchschnittliche Profite gemacht werden durch Verkauf der Waren nicht über, sondern zu ihren wirklichen Werten.

11. Die verschiedenen Teile, in die der Mehrwert zerfällt

Den Mehrwert oder den Teil des Gesamtwerts der Ware, worin die Mehrarbeit oder unbezahlte Arbeit des Arbeiters vergegenständlicht ist, nenne ich Profit. Es ist nicht die Gesamtsumme dieses Profits, die der industrielle Kapitalist einsteckt. Das Bodenmonopol setzt den Grundeigentümer in den Stand, einen Teil dieses Mehrwerts unter dem Namen Rente an sich zu ziehen, sei es, dass der Boden für Agrikultur oder Baulichkeiten oder Eisenbahnen, sei es, dass er für irgendeinen anderen produktiven Zweck benutzt wird. Andrerseits, gerade die Tatsache, dass der Besitz der Arbeitsmittel den industriellen Kapitalisten befähigt, einen Mehrwert zu produzieren, oder, was auf dasselbe hinausläuft, sich eine bestimmte Menge unbezahlter Arbeit anzueignen, befähigt den Eigentümer der Arbeitsmittel, die er ganz oder teilweise dem industriellen Kapitalisten leiht – befähigt, in einem Wort, den geldverleihenden Kapitalisten, einen anderen Teil dieses Mehrwerts unter dem Namen Zins für sich in Anspruch zu nehmen, so dass dem industriellen Kapitalisten als solchem nur verbleibt, was man industriellen oder kommerziellen Profit nennt.

Welche Gesetze diese Teilung der Gesamtmenge des Mehrwerts unter die drei Menschenkategorien regulieren, Ist eine Frage, die unserm Gegenstand gänzlich fern liegt. Soviel resultiert indes aus dem bisher Entwickelten.

Rente, Zins und industrieller Profit sind bloß verschiedene Namen für verschiedene Teile des Mehrwerts der Ware oder der in ihr vergegenständlichten unbezahlten Arbeit und leiten sich in gleicher Weise aus dieser Quelle und nur aus ihr her. Sie leiten sich nicht aus dem Baden als solchem her oder aus dem Kapital als solchem, sondern Boden und Kapital setzen ihre Eigentümer in den Stand, ihre respektiven Anteile an dem von dem industriellen Kapitalisten aus seinem Arbeiter herausgepreßten Mehrwert zu erlangen. Für den Arbeiter selbst ist es eine Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung, ob jener Mehrwert, der das Resultat seiner Mehrarbeit oder unbezahlten Arbeit ist, ganz von dem industriellen Kapitalisten eingesteckt wird oder ob letzterer Teile davon unter dem Namen Rente und Zins an dritte Personen weiterzuzahlen hat. Unterstellt, dass der industrielle Kapitalist nur sein eigenes Kapital anwendet und sein eigener Grundeigentümer ist. In diesem Fall wanderte der ganze Mehrwert in seine Tasche.

Es ist der industrielle Kapitalist, der unmittelbar Mehrwert aus dem Arbeiter herauspresst, welchen Teil auch immer er schließlich zu behalten imstande ist. Um dies Verhältnis zwischen industriellem Kapitalisten und Lohnarbeiter dreht sich daher das ganze Lohnsystem und das ganze gegenwärtige Produktionssystem. Einige Bürger, die an unserer Debatte teilnahmen, taten daher unrecht, als sie versuchten, die Dinge zu beschönigen und dies grundlegende Verhältnis zwischen industriellem Kapitalisten und Arbeiter als eine zweitrangige Frage zu behandeln, obgleich sie recht hatten mit der Feststellung, dass unter gegebenen Umständen ein Steigen der Preise in sehr ungleichen Graden den industriellen Kapitalisten, den Grundeigentümer, den Geldkapitalisten und, wenn es beliebt, den Steuereinnehmer berührt.

Aus dem bisher Entwickelten folgt nun noch etwas anderes. Der Teil des Werts der Ware, der nur den Wert der Rohstoffe, der Maschinerie, kurz, den Wert der verbrauchten Produktionsmittel repräsentiert, bildet überhaupt kein Einkommen, sondern ersetzt nur Kapital. Aber abgesehen hiervon ist es falsch, dass der andere Teil des Werts der Ware, der Einkommen bildet oder in Form von Arbeitslohn, Profit, Rente, Zins verausgabt werden kann, sich aus dem Wert des Arbeitslohns, dem Wert der Rente, dem Wert des Profits usw. konstituiert. Wir wollen zunächst einmal den Arbeitslohn aus dem Spiel lassen und nur den industriellen Profit, Zins und Rente behandeln. Eben sahen wir, dass der in der Ware enthaltene Mehrwert, oder der Teil ihres Werts, worin unbezahlte Arbeit vergegenständlicht, sich auflöst in verschiedene Teile mit drei verschiedenen Namen. Aber es hieße die Wahrheit in ihr Gegenteil verkehren, wollte man sagen, dass ihr Wert sich aus den selbständigen Werten dieser drei Bestandteile zusammensetzt oder sich durch deren Zusammenzählung bildet.

Wenn eine Arbeitsstunde sich vergegenständlicht in einem Wert von 6 d, wenn der Arbeitstag des Arbeiters 12 Stunden ausmacht, wenn die Hälfte dieser Zeit aus unbezahlter Arbeit besteht, wird diese Mehrarbeit der Ware einen Mehrwert von 3 sh zusetzen, d.h. einen Wert, für den kein Äquivalent gezahlt worden ist. Dieser Mehrwert von 3 sh konstituiert den ganzen Fonds, den sich der industrielle Kapitalist mit dem Grundeigentümer und dem Geldverleiher, in welchen Proportionen immer, teilen kann. Der Wert dieser 3 sh konstituiert die Grenze des Werts, den sie unter sich zu verteilen haben. Es ist aber nicht der industrielle Kapitalist, der dem Wert der Ware einen willkürlichen Wert zum Zwecke seines Profits zusetzt, dem ein weiterer Wert für den Grundeigentümer angereiht wird usw., so dass die Zusammenzählung dieser drei willkürlich festgestellten Werte den Gesamtwert konstituierte. Ihr seht daher das Trügliche der landläufigen Vorstellung, die die Spaltung eines gegebenen Werts in drei Teile mit der Bildung dieses Werts durch Zusammenzählung dreier selbständiger Werte verwechselt, indem sie so den Gesamtwert, woraus Rente, Profit und Zins sich herleiten, in eine willkürliche Größe verwandelt.

Wenn der von einem Kapitalisten realisierte Gesamtprofit gleich 100 Pfd. St. ist so nennen wir diese Summe, als absolute Größe betrachtet, die Menge des Profits. Berechnen wir aber das Verhältnis, worin diese 100 Pfd. St. zu dem vorgeschossenen Kapital stehen, so nennen wir diese relative Größe die Rate des Profits. Es ist augenscheinlich, dass diese Profitrate auf zweierlei Art ausgedrückt werden kann.

Unterstellt, 100 Pfd. St. seien in Arbeitslohn vorgeschossenes Kapital. Wenn der erzeugte Mehrwert ebenfalls 100 Pfd. St. beträgt – was uns anzeigen würde, dass der halbe Arbeitstag des Arbeiters aus unbezahlter Arbeit besteht – und wir diesen Profit an dem in Arbeitslohn vorgeschossenen Kapital messen, so wurden wir sagen, dass die Profitrate sich auf 100% beliefe, weil der vorgeschossene Wert 100 und der realisierte Wert 200 wäre.

Wenn wir andrerseits nicht bloß das in Arbeitslohn vorgeschossene Kapital betrachten, sondern das vorgeschossene Gesamtkapital, sage z.B. 500 Pfd. St., wovon 400 Pfd. St. den Wert der Rohstoffe, Maschinerie usw. repräsentierten, so würden wir sagen, dass die Profitrate sich nur auf 20% beliefe, weil der Profit von 100 nicht mehr wäre als der fünfte Teil des vorgeschossenen Gesamtkapitals.

Die erste Ausdrucksform der Profitrate ist die einzige, die euch das wirkliche Verhältnis zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit anzeigt, den wirklichen Grad der Exploitation (ihr müsst mir dies französische Wort gestatten) der Arbeit. Die andere Ausdrucksform ist die allgemein übliche, und in der Tat ist sie für bestimmte Zwecke geeignet. Jedenfalls ist sie sehr nützlich zur Verschleierung des Grads, worin der Kapitalist Gratisarbeit aus dem Arbeiter herauspresst.

In den Bemerkungen, die ich noch zu machen habe, werde ich das Wort Profit für die Gesamtmenge des von dem Kapitalisten herausgepressten Mehrwerts anwenden ohne jede Rücksicht auf die Teilung dieses Mehrwerts zwischen den verschiedenen Personen, und wo ich das Wort Profitrate anwende, werde ich stets den Profit am Wert des in Arbeitslohn vorgeschossenen Kapitals messen.

12. Das allgemeine Verhältnis zwischen Profiten, Arbeitslöhnen und Preisen

Zieht man von dem Wert einer Ware jenen Wert ab, der Ersatz ist für den in ihr enthaltenen Wert der Rohstoffe und anderen Produktionsmittel, d.h. den Wert der in ihr enthaltenen vergangenen Arbeit so lost sich der Rest ihres Werts in das Arbeitsquantum auf, das ihr der zuletzt beschäftigte Arbeiter zugesetzt hat Wenn dieser Arbeiter 12 Stunden täglich arbeitet, wenn sich 12 Stunden Durchschnittsarbeit in einer Goldmenge gleich 6 sh kristallisieren so wird dieser zugesetzte Wert von 6 sh der einzige Wert sein den seine Arbeit geschaffen hat. Dieser gegebene, durch seine Arbeitszeit bestimmte Wert ist der einzige Fonds, wovon beide, er und der Kapitalist, ihre respektiven Anteile oder Dividenden ziehen können, der einzige Wert, der in Arbeitslohn und Profit geteilt werden kann. Es ist klar, dass dieser Wert selbst nicht geändert wird durch die variablen Proportionen, worin er zwischen den beiden Parteien geteilt werden mag. Es würde hieran auch nichts geändert, wenn statt eines einzigen Arbeiters die gesamte Arbeiterbevölkerung unterstellt wird, 12 Millionen Arbeitstage an Stelle eines einzigen.

Da Kapitalist und Arbeiter nur diesen begrenzten Wert zu teilen haben, d.h. den durch die Gesamtarbeit des Arbeiters gemessenen Wert, so erhält der eine desto mehr je weniger dem anderen zufällt, und umgekehrt. Sobald ein Quantum gegeben ist, wird der eine Teil davon zunehmen wie umgekehrt der andere abnimmt Wenn der Arbeitslohn sich ändert wird der Profit sich im entgegengesetzter Richtung anderen Wenn der Arbeitslohn fällt, so steigt der Profit und wenn der Arbeitslohn steigt, so fällt der Profit. Wurde der Arbeiter nach unserer früheren Unterstellung 3 sh gleich der Hälfte des von ihm erzeugten Werts erhalten oder sein ganzer Arbeitstag zur Hälfte aus bezahlter, zur Hälfte aus unbezahlter Arbeit bestehen, so würde die Profitrate 100% ausmachen, weil der Kapitalist ebenfalls 3 sh erhielte. Würde der Arbeiter nur 2 sh erhalten oder nur 1/3 des ganzen Tags für sich arbeiten, so erhielte der Kapitalist 4 sh, und die Profitrate wäre 200% Würde der Arbeiter 4 sh erhalten, so erhielte der Kapitalist nur 2, und die Profitrate würde auf 50% sinken, aber alle diese Veränderungen werden nicht den Wert der Ware berühren. Eine allgemeine Lohnsteigerung würde daher auf eine Senkung der allgemeinen Profitrate hinauslaufen, ohne jedoch die Werte zu beeinflussen.

Aber obgleich die Werte der Waren, die in letzter Instanz ihre Marktpreise regulieren müssen, ausschließlich bestimmt sind durch die Gesamtquanta der in ihnen dargestellten Arbeit und nicht durch die Teilung dieses Quantums in bezahlte und unbezahlte Arbeit, so folgt daraus keineswegs, dass die Werte der einzelnen Waren oder Warenmengen, die z.B. in 12 Stunden produziert worden sind, konstant bleiben. Die in gegebener Arbeitszeit oder mit gegebenem Arbeitsquantum erzeugte Zahl oder Masse an Waren hängt ab von der Produktivkraft der angewandten Arbeit und nicht von ihrer Dauer oder Länge. Mit dem einen Grad der Produktivkraft der Spinnarbeit z.B. mag ein Arbeitstag von 12 Stunden 12 Pfund Garn produzieren, mit einem geringeren Grad nur 2 Pfund. Wenn nun zwölfstündige Durchschnittsarbeit sich in dem einen Fall in einem Wert von 6 sh vergegenständlichte, so würden die 12 Pfund Garn 6 sh kosten, in dem anderen Fall die 2 Pfund Garn ebenfalls 6 sh. Ein Pfund Garn würde daher in dem einen Fall 6 d, in dem anderen 3 sh kosten. Diese Differenz des Preises würde resultieren aus der Differenz in den Produktivkräften der angewandten Arbeit. Mit der größeren Produktivkraft würde in 1 Pfund Garn 1 Arbeitsstunde vergegenständlicht, mit der geringeren dagegen 6 Arbeitsstunden. Der Preis von 1 Pfund Garn betrüge in dem einen Fall nur 6 d, obgleich der Arbeitslohn relativ hoch und die Profitrate niedrig wäre; er betrüge in dem anderen Fall 3 sh, obgleich der Arbeitslohn niedrig und die Profitrate hoch wäre. Das wäre der Fall, weil der Preis des Pfundes Garn reguliert wird durch das Gesamtquantum der in ihm aufgearbeiteten Arbeit und nicht durch die Teilung dieses Gesamtquantums in bezahlte und unbezahlte Arbeit Die von mir vorhin erwähnte Tatsache, dass hochbezahlte Arbeit wohlfeile und niedrig bezahlte Arbeit teure Waren produzieren kann, verliert daher Ihren paradoxen Schein. Sie ist nur der Ausdruck des allgemeinen Gesetzes, dass der Wert einer Ware reguliert wird durch das in ihr aufgearbeitete Arbeitsquantum, dass aber das in ihr aufgearbeitete Arbeitsquantum ganz abhängt von der Produktivkraft der angewandten Arbeit und daher mit jedem Wechsel in der Produktivität der Arbeit wechseln wird.

13. Die hauptsächlichsten Versuche, den Arbeitslohn zu heben oder seinem Sinken entgegenzuwirken

Laßt uns nun nacheinander die Hauptfälle betrachten, worin eine Steigerung des Arbeitslohns versucht oder seiner Herabsetzung entgegengewirkt wird.

1. Wir haben gesehen, dass der Wert der Arbeitskraft, oder in landläufigerer Redeweise: der Wert der Arbeit, bestimmt ist durch den Wert der Lebensmittel oder das zu ihrer Produktion erheischte Arbeitsquantum. Wenn nun in einem gegebenen Land der Durchschnittswert der täglichen Lebensmittel eines Arbeiters 6 Arbeitsstunden repräsentierte, die sich in 3 sh ausdrückten, so würde der Arbeiter 6 Stunden täglich zu arbeiten haben, um ein Äquivalent für seinen täglichen Lebensunterhalt zu produzieren Wäre der ganze Arbeitstag 12 Stunden, so würde der Kapitalist ihm den Wert seiner Arbeit bezahlen, indem er ihm 3 sh zahlte. Der halbe Arbeitstag bestünde aus unbezahlter Arbeit, und die Profitrate beliefe sich auf 100%. Unterstellt jedoch nun, dass infolge einer Verminderung der Produktivität mehr Arbeit erforderlich würde, um sage dieselbe Menge landwirtschaftlicher Produkte zu produzieren, so dass der Durchschnittspreis der täglichen Lebensmittel von 3 auf 4 sh stiege. In diesem Fall würde der Wert der Arbeit um 1/3 oder 331/3% steigen. Acht Stunden des Arbeitstags wären erheischt, um ein Äquivalent für den täglichen Lebensunterhalt des Arbeiters entsprechend seinem alten Lebensstandard zu produzieren. Die Mehrarbeit würde daher von 6 auf 4 Stunden und die Profitrate von 100 auf 50% sinken. Bestünde aber der Arbeiter auf einer Steigerung des Arbeitslohns, so würde er bloß darauf bestehen, den gestiegenen Wert seiner Arbeit zu erhalten, genau wie jeder andere Verkäufer einer Ware, der, sobald die Kosten seiner Ware gestiegen, den Versuch macht, ihren gestiegenen Wert bezahlt zu bekommen. Stiege der Arbeitslohn gar nicht oder nicht genügend, um die erhöhten Werte der Lebensmittel zu kompensieren, so würde der Preis der Arbeit unter den Wert der Arbeit sinken, und der Lebensstandard des Arbeiters würde sich verschlechtern.

2. Aber es könnte ein Wechsel auch in umgekehrter Richtung eintreten. Infolge der vermehrten Produktivität der Arbeit könnte dieselbe Durchschnittsmenge der täglichen Lebensmittel von 3 auf 2 sh sinken, oder es wären bloß 4 statt 6 Stunden des Arbeitstags erforderlich zur Reproduktion eines Äquivalents für den Wert der täglichen Lebensmittel Der Arbeiter würde nun befähigt mit 2 sh ebensoviel Lebensmittel zu kaufen wie früher mit 3 sh In der Tat Ware der Wert der Arbeit gesunken aber dieser verminderte Wert wurde dieselbe Lebensmittelmenge kommandieren wie früher Dann wurde der Profit von 3 auf 4 sh steigen und die Profitrate von 100 auf 200%. obgleich der absolute Lebensstandard des Arbeiters derselbe geblieben wäre, wäre sein relativer Arbeitslohn und damit seine relative gesellschaftliche Stellung, verglichen mit der des Kapitalisten, niedriger geworden. Sollte der Arbeiter dieser Herabsetzung des relativen Arbeitslohns widerstreben, so wäre das bloß ein Versuch, sich einen gewissen Anteil an der Vermehrung der Produktivkraft seiner eignen Arbeit zu sichern und seine frühere relative Stellung auf der gesellschaftlichen Stufenleiter zu behaupten. So reduzierten die englischen Fabriklords nach Abschaffung der Korngesetze, und unter offensichtlicher Verletzung der während der Anti-Korngesetzagitation feierlichst gegebenen Versprechungen, den Arbeitslohn allgemein um 1%. Der Widerstand der Arbeiter ward anfangs überwunden, aber infolge von Umständen, auf die ich jetzt nicht eingehen kann, wurden die verlorenen 10% nachträglich wiedererlangt.

Der Wert der Lebensmittel, und darum der Wert der Arbeit, könnte derselbe bleiben, aber sein Geldpreis könnte infolge eines vorhergehenden Wechsels im Wert des Geldes eine Änderung erfahren.

Nach Entdeckung ergiebigerer Minen usw. brauchte z.B. die Produktion von zwei Unzen Gold nicht mehr Arbeit zu kosten als früher die von einer Unze. Der Wert des Goldes hätte sich dann um die Hälfte oder 50% vermindert. Da nun die Werte aller anderen Waren, in ihren früheren Geldpreisen ausgedrückt, verdoppelt wären, so auch der Wert der Arbeit. Zwölf Arbeitsstunden, früher in 6 sh ausgedrückt, wurden sich nun in 12 sh ausdrücken. Bliebe der Lohn des Arbeiters, statt auf 6 sh zu steigen, 3 sh, so wäre der Geldpreis seiner Arbeit bloß gleich dem halben Wert seiner Arbeit, und sein Lebensstandard würde sich furchtbar verschlechtern. Dies fände in größerem oder geringerem Grad auch dann statt, wenn sein Arbeitslohn zwar stiege, aber nicht im Verhältnis zum Sinken des Goldwerts. In diesem Fall hätte sich nichts geändert, weder die Produktivkraft der Arbeit noch Angebot und Nachfrage, noch die Werte. Es hätte sich nichts geändert außer den Geldnamen jener Werte. ,Wird gesagt, dass der Arbeiter in diesem Fall nicht auf einer proportionellen Lohnsteigerung bestehen solle, so heißt das, er solle sich damit zufrieden geben, mit Namen statt mit Sachen bezahlt zu werden. Die bisherige Geschichte beweist, dass, wann immer eine solche Entwertung des Geldes vor sich geht, die Kapitalisten sich diese Gelegenheit, den Arbeiter übers Ohr zu hauen, nicht entgehen lassen. Eine sehr zahlreiche Schule politischer Ökonomen versichert, dass infolge der Entdeckung neuer Goldfelder, der besseren Ausbeute der Silberminen und der wohlfeileren Quecksilberzufuhr der Wert der edlen Metalle wieder gesunken sei. Dies würde erklären, warum auf dem Kontinent allgemein und gleichzeitig Versuche unternommen werden, eine Steigerung der Löhne durchzusetzen.

3. Wir haben bis jetzt die Grenzen des Arbeitstags als gegeben unterstellt. An sich hat aber der Arbeitstag keine konstanten Grenzen. Die Tendenz des Kapitals geht ständig dahin, ihn bis auf die äußerste physisch mögliche Länge auszudehnen, weil in gleichem Maße die Mehrarbeit und folglich der daraus resultierende Profit vermehrt wird. Je erfolgreicher das Kapital in der Verlängerung des Arbeitstags ist, desto größer ist die Menge fremder Arbeit, die es sich aneignen wird. Während des 17. und selbst in den ersten beiden Dritteln des 18. Jahrhunderts war ein zehnstündiger Arbeitstag Normal Arbeitstag in ganz England. Während des Antijakobinerkriegs, der in Wirklichkeit ein von den britischen Baronen geführter Krieg gegen die britischen Arbeitermassen war, feierte das Kapital seine Orgien und verlängerte den Arbeitstag von 10 auf 12, 14, 18 Stunden. Malthus, den ihr keineswegs weinerlicher Sentimentalität verdächtigen werdet, veröffentlichte um 1815 ein Pamphlet, worin er erklärte, dass, wenn dieser Zustand fortdauere, das Leben der Nation unmittelbar an seiner Wurzel angegriffen würde. Einige Jahre vor der allgemeinen Einführung der neuerfundenen Maschinerie, um 1765, erschien in England ein Pamphlet unter dem Titel: »An Essay on trade« Der anonyme Verfasser ein geschworener Feind der arbeitenden Klassen deklamiert über die Notwendigkeit die Grenzen des Arbeitstags auszudehnen Unter anderen Mitteln zu diesem Zweck schlagt er Arbeitshäuser vor die wie er sagt »Häuser des Schreckens« sein mussten Und was ist die Dauer des Arbeitstags die er für diese »Häuser des Schreckens« vorschreibt? Zwölf Stunden, genau dieselbe Zeit die 1832 von Kapitalisten, politischen Ökonomen und Ministern nicht nur als existierende, sondern als notwendige Arbeitszeit eines Kindes unter 12 Jahren erklärt wurde.

Indem der Arbeiter seine Arbeitskraft verkauft, und unter dem gegenwärtigen System muss er das tun, überlässt er dem Kapitalisten die Konsumtion dieser Kraft, aber innerhalb gewisser rationeller Grenzen. Er verkauft seine Arbeitskraft, um sie, abgesehen von ihrem natürlichen Verschleiß, zu erhalten, nicht aber, um sie zu zerstören. Indem er seine Arbeitskraft zu ihrem Tages- oder Wochenwert verkauft, gilt es als selbstverständlich, dass diese Arbeitskraft in einem Tag oder einer Woche nicht einem zweitägigen oder zweiwöchigen Verschleiß ausgesetzt werde. Nehmt eine Maschine, die 1000 Pfd. St. wert ist. Wird sie in 10 Jahren verbraucht, so setzt sie dem Wert der Waren, an deren Produktion sie mitwirkt, jährlich 100 Pfd. St. zu. Würde sie in 5 Jahren verbraucht, so setzte sie jährlich 200 Pfd. St. zu, oder der Wert ihres Jahresverschleißes steht in umgekehrtem Verhältnis zu der Zeitdauer, worin sie konsumiert wird. Aber dies unterscheidet den Arbeiter von der Maschine. Die Maschinerie wird nicht ganz im selben Verhältnis, wie sie genutzt wird, altes Eisen. Der Mensch dagegen wird in stärkerem Verhältnis zerrüttet, als aus der bloß numerischen Zusammenrechnung der geleisteten Arbeit ersichtlich sein würde.

Bei ihren Versuchen, den Arbeitstag auf seine früheren rationellen Ausmaße zurückzuführen oder, wo sie die gesetzliche Festsetzung eines Normalarbeitstags nicht erzwingen können, die Überarbeit durch Steigerung des Lohns zu zügeln, eine Steigerung nicht nur in Proportion zu der verlangten Überzeit, sondern in größerer Proportion, erfüllen die Arbeiter bloß eine Pflicht gegen sich selbst und ihren Nachwuchs. Sie weisen bloß das Kapital mit seinen tyrannischen Übergriffe in seine Schranken zurück. Zeit ist der Raum zu menschlicher Entwicklung. Ein Mensch, der nicht über freie Zeit verfügt, dessen ganze Lebenszeit – abgesehen von rein physischen Unterbrechungen durch Schlaf, Mahlzeiten usw. – von seiner Arbeit für den Kapitalisten verschlungen wird, ist weniger als ein Lasttier. Er ist eine bloße Maschine zur Produktion von fremdem Reichtum, körperlich gebrochen und geistig verroht. Dennoch zeigt die ganze Geschichte der modernen Industrie, dass das Kapital, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird, ohne Gnade und -Kapitalisten die Konsumtion dieser Kraft, aber innerhalb gewisser rationeller Grenzen. Er verkauft seine Arbeitskraft, um sie, abgesehen von ihrem natürlichen Verschleiß, zu erhalten, nicht aber, um sie zu zerstören. Indem er seine Arbeitskraft zu ihrem Tages- oder Wochenwert verkauft, gilt es als selbstverständlich, dass diese Arbeitskraft in einem Tag oder einer Woche nicht einem zweitägigen oder zweiwöchigen Verschleiß ausgesetzt werde. Nehmt eine Maschine die 1000 Pfd St. wert ist. Wird sie in 10 Jahren verbraucht, so setzt sie dem Wert der Waren, an deren Produktion sie mitwirkt, jährlich 100 Pfd St. zu. Wurde sie in 5 Jahren verbraucht so setzte sie jährlich 200 Pfd St zu, oder der Wert ihres Jahresverschleißes steht in umgekehrtem Verhältnis zu der Zeitdauer, worin sie konsumiert wird. Aber dies unterscheidet den Arbeiter von der Maschine. Die Maschinerie wird nicht ganz im selben Verhältnis, wie sie genutzt wird, altes Eisen. Der Mensch dagegen wird in stärkerem Verhältnis zerrüttet, als aus der bloß numerischen Zusammenrechnung der geleisteten Arbeit ersichtlich sein würde.

Bei ihren Versuchen, den Arbeitstag auf seine früheren rationellen Ausmaße zurückzuführen oder, wo sie die gesetzliche Festsetzung eines Normalarbeitstags nicht erzwingen können, die Überarbeit durch Steigerung des Lohns zu zügeln, eine Steigerung nicht nur in Proportion zu der verlangten Überzeit, sondern in größerer Proportion, erfüllen die Arbeiter bloß eine Pflicht gegen sich selbst und ihren Nachwuchs. Sie weisen bloß das Kapital mit seinen tyrannischen Übergriffen in seine Schranken zurück. Zeit ist der Raum zu menschlicher Entwicklung. Ein Mensch, der nicht über freie Zeit verfügt, dessen ganze Lebenszeit – abgesehen von rein physischen Unterbrechungen durch Schlaf, Mahlzeiten usw. – von seiner Arbeit für den Kapitalisten verschlungen wird, ist weniger als ein Lasttier. Er ist eine bloße Maschine zur Produktion von fremdem Reichtum, körperlich gebrochen und geistig verroht. Dennoch zeigt die ganze Geschichte der modernen Industrie, dass das Kapital, wenn ihm nicht Einhalt geboten wird, ohne Gnade und Barmherzigkeit darauf aus ist, die ganze Arbeiterklasse in diesen Zustand äußerster Degradation zu stürzen.

Bei Verlängerung des Arbeitstags mag der Kapitalist höheren Arbeitslohn zahlen und dennoch den Wert der Arbeit senken, falls die Lohnsteigerung nicht der herausgepressten größeren Arbeitsmenge und so herbeigeführten rascheren Zerrüttung der Arbeitskraft entspricht. Dies kann auch in anderer Weise geschehen. Eure Bourgeoisstatistiker werden euch z.B. erklären, dass der Durchschnittslohn der Fabrikarbeiterfamilien in Lancashire gestiegen sei. Sie vergessen, dass statt der Arbeit des Mannes, des Haupts der Familie, jetzt sein Weib und vielleicht drei oder vier Kinder unter die Juggernauträder des Kapitals geschleudert sind und dass die Steigerung ihres Gesamtarbeitslohns der Gesamtmehrarbeit, die aus der Familie herausgepresst worden, durchaus nicht entspricht.

Selbst bei gegebenen Grenzen des Arbeitstags, wie sie jetzt in allen den Fabrikgesetzen unterworfenen Industriezweigen existieren, kann eine Lohnsteigerung notwendig werden, schon um den alten Normalwert der Arbeit aufrechtzuerhalten. Durch Erhöhung der Intensität der Arbeit mag ein Mann dazu gebracht werden, in einer Stunde soviel Lebenskraft zu verausgaben wie früher in zwei. Dies ist in den Geschäftszweigen, die der Fabrikgesetzgebung unterworfen wurden, bis zu gewissem Grade geschehen durch beschleunigten Lauf der Maschinerie und Vermehrung der Zahl der Arbeitsmaschinen, die ein einzelner nun zu überwachen hat. Wenn die Zunahme der Arbeitsintensität oder der in einer Stunde verausgabten Arbeitsmasse der Verkürzung des Arbeitstags einigermaßen angemessen ist, so wird der Arbeiter noch im Vorteil sein. Wird diese Grenze überschritten, so verliert er in der einen Form, was er in der anderen gewonnen, und 10 Arbeitsstunden können dann ebenso ruinierend werden wie früher 12 Stunden. Tritt der Arbeiter dieser Tendenz des Kapitals entgegen, indem er für eine der steigenden Arbeitsintensität entsprechende Lohnsteigerung kämpft, so widersetzt er sich nur der Entwertung seiner Arbeit und der Schwächung seines Nachwuchses.

4. Ihr alle wisst, dass die kapitalistische Produktion aus Gründen, die ich jetzt nicht auseinander zu setzen brauche, sich in bestimmten periodischen Zyklen bewegt. Sie macht nacheinander den Zustand der Stille, wachsenden Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation durch. Die Marktpreise der Waren und die Marktraten des Profits folgen diesen Phasen, bald unter ihren Durchschnitt sinkend, bald sich darüber erhebend. Wenn ihr den ganzen Zyklus betrachtet, werdet ihr finden, dass die eine Abweichung des Marktpreises durch die andre aufgehoben wird und dass, den Durchschnitt des Zyklus genommen, die Marktpreise der Waren durch ihre Werte reguliert werden. Schön! Während der Phase sinkender Marktpreise, ebenso wie während der Phasen der Krise und der Stagnation, ist der Arbeiter, falls er nicht überhaupt aufs Pflaster geworfen wird, einer Herabsetzung des Arbeitslohns gewärtig. Um nicht der Geprellte zu sein, muss er, selbst während eines solchen Sinkens der Marktpreise, mit dem Kapitalisten darüber markten, in welchem proportionellen Ausmaß eine Lohnsenkung notwendig geworden sei. Wenn er nicht bereits während der Prosperitätsphase, solange Extraprofite gemacht werden, für eine Lohnsteigerung kämpfte, so käme er im Durchschnitt eines industriellen Zyklus nicht einmal zu seinem Durchschnittslohn oder dem Wert seiner Arbeit. Es ist der Gipfel des Widersinns, zu verlangen, er solle, während sein Arbeitslohn notwendigerweise durch die ungünstigen Phasen des Zyklus beeinträchtigt wird, darauf verzichten, sich während der Prosperitätsphase schadlos zu halten. Allgemein ausgedruckt: Die Werte aller Waren werden nur realisiert durchs Ausgleichung der ständig wechselnden Marktpreise, die aus den ständigen Fluktuationen von Nachfrage und Zufuhr entspringen. Auf Basis des gegenwärtigen Systems ist die Arbeit bloß eine Ware wie die anderen. Sie muss daher dieselben Fluktuationen durchmachen, um einen ihrem Wert entsprechenden Durchschnittspreis zu erzielen. Es wäre absurd, sie einerseits als Ware zu behandeln und andrerseits zu verlangen, sie solle von den die Warenpreise regelnden Gesetzen ausgenommen werden. Der Sklave erhält eine ständige und fixe Menge zum Lebensunterhalt; der Lohnarbeiter erhält sie nicht. Er muss versuchen, sich in dem einen Fall eine Lohnsteigerung zu sichern, schon um in dem anderen wenigstens für die Lohnsenkung entschädigt zu sein. Wollte er sich damit bescheiden, den Willen, die Machtsprüche des Kapitalisten als ein dauerndes ökonomisches Gesetz über sich ergehen zu lassen, so würde ihm alles Elend des Sklaven ohne die gesicherte Existenz des Sklaven zuteil.

5. In allen Fällen, die ich einer Betrachtung unterzogen habe- und sie machen 99 vom Hundert aus -, habt ihr gesehen, dass ein Ringen um Lohnsteigerung nur als Nachspiel vorhergehender Veränderungen vor sich geht, und das notwendige Ergebnis ist von vorhergehenden Veränderungen im Umfang der Produktion, der Produktivkraft der Arbeit, des Werts der Arbeit, des Werts des Geldes, der Dauer oder der Intensität der ausgepressten Arbeit, der Fluktuationen der Marktpreise, abhängend v6n den Fluktuationen von Nachfrage und Zufuhr und übereinstimmend mit den verschiednen Phasen des industriellen Zyklus – kurz, als Abwehraktion der Arbeit gegen die vorhergehende Aktion des Kapitals. Indem ihr das Ringen um eine Lohnsteigerung unabhängig von allen diesen Umständen nehmt, indem ihr nur auf die Lohnänderungen achtet und alle anderen Veränderungen, aus denen sie hervorgehen, außer acht lasst, geht ihr von einer falschen Voraussetzung aus, um zu falschen Schlussfolgerungen zu kommen.

14. Der Kampf zwischen Kapital und Arbeit und seine Resultate

1. Nachdem wir gezeigt, dass der periodische Widerstand der Arbeiter gegen eine Lohnherabsetzung und ihre periodisch sich wiederholenden Versuche, eine Lohnsteigerung durchzusetzen, untrennbar sind vom Lohnsystem und eine gebieterische Folge eben der Tatsache sind, dass die Arbeit in die Kategorie der Waren versetzt und daher den Gesetzen unterworfen ist, die die allgemeine Bewegurig der Preise regulieren; nachdem wir ferner gezeigt, dass eine allgemeine Lohnsteigerung ein Fallen der allgemeinen Profitrate zur Folge haben, nicht aber die Durchschnittspreise der Waren oder ihre Werte beeinflussen würde, erhebt sich nun schließlich die Frage, inwiefern in diesem unaufhörlichen Ringen zwischen Kapital und Arbeit letztere Aussicht auf Erfolg hat. Ich könnte mit einer Verallgemeinerung antworten und sagen, dass wie bei allen anderen Waren so auch bei der Arbeit ihr Marktpreis sich auf die Dauer ihrem Wert anpassen wird; dass daher der Arbeiter, was er auch tun möge, trotz aller Auf- und Abbewegungen, im Durchschnitt nur den Wert seiner Arbeit erhielte, der sich in den Wert seiner Arbeitskraft auflöst, bestimmt durch den Wert der zu ihrer Erhaltung und Reproduktion erheischten Lebensmittel, deren Wert in letzter Instanz reguliert wird durch das zu ihrer Produktion erforderliche Arbeitsquantum.

Allein es gibt gewisse eigentümliche Merkmale, die den Wert de? Arbeitskraft oder den Wert der Arbeit vordem Wert aller anderen Waren auszeichnen. Der Wert der Arbeitskraft wird aus zwei Elementen gebildet – einem rein physischen und einem historischen oder gesellschaftlichen. Seine äußerste Grenze ist durch das physische Element bestimmt, d.h., um sich zu erhalten und zu reproduzieren, um ihre physische Existenz auf die Dauer sicherzustellen, muss die Arbeiterklasse die zum Leben und zur Fortpflanzung absolut unentbehrlichen Lebensmittel erhalten. Der Wert dieser unentbehrlichen Lebensmittel bildet daher die äußerste Grenze des Werts der Arbeit. Andrerseits ist die Länge des Arbeitstags ebenfalls durch äußerste, obgleich sehr elastische Schranken begrenzt. Ihre äußerste Grenze ist gegeben mit der Körperkraft des Arbeiters. Wenn die tägliche Erschöpfung seiner Lebenskraft einen bestimmten Grad überschreitet, kann sie nicht immer wieder aufs neue, tagaus, tagein, angespannt werden. Indes ist, wie gesagt, diese Grenze sehr elastisch. Eine rasche Folgeschwächlicher und kurzlebiger Generationen wird den Arbeitsmarkt ebenso gut mit Zufuhr versorgen wie eine Reihe robuster und langlebiger Generationen.

Außer durch dies rein physische Element ist der Wert der Arbeit in jedem Land bestimmt durch einen traditionellen Lebensstandard. Er betrifft nicht das rein physische Leben, sondern die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse, entspringend aus den gesellschaftlichen Verhältnissen, in die die Menschen gestellt sind und unter denen sie aufwachsen. Der englische Lebensstandard kann auf den irischen Standard herabgedrückt werden; der Lebensstandard eines deutschen Bauern auf den eines livländischen. Welche bedeutende Rolle in dieser Beziehung historische Tradition und gesellschaftliche Gewohnheit spielen, könnt ihr aus Herrn Thorntons Werk von der »Overpopulation« ersehen, wo er nachweist, dass der Durchschnittslohn in verschiednen Ackerbaudistrikten Englands noch heutigentags mehr oder weniger bedeutende Unterschiede aufweist je nach den mehr oder minder günstigen Umständen, unter denen die Distrikte aus dem Zustand der Hörigkeit herausgekommen sind.

Dies historische oder gesellschaftliche Element, das in den Wert der Arbeit eingeht, kann gestärkt oder geschwächt, ja ganz ausgelöscht werden, so dass nichts übrigbleibt als die physische Grenze. Während der Zeit des Antijakobinerkriegs - unternommen, wie der alte George Rose, dieser unverbesserliche Nutznießer der Steuern und Sinekuren, zu sagen pflegte, um die Tröstungen unserer heiligen Religion vor den Übergriffen der französischen Ungläubigen zu schützen drückten die ehrenwerten englischen Pächter, die in einer unserer früheren Zusammenkünfte so zart angefasst worden sind, die Löhne der Landarbeiter selbst unter jenes rein physische Minimum, ließen aber den für die physische Fortdauer des Geschlechts notwendigen Rest vermittels der Armengesetze aufbringen. Dies war eine glorreiche Manier, den Lohnarbeiter in einen Sklaven und Shakespeares stolzen Freisassen in einen Pauper zu verwandeln.

Vergleicht ihr die Standardlöhne oder Werte der Arbeit in verschiednen Ländern und vergleicht ihr sie in verschiednen Geschichtsepochen desselben Landes, so werdet ihr finden, dass der Wert der Arbeit selber keine fixe, sondern eine variable Größe ist, selbst die Werte aller anderen Waren als gleichbleibend unterstellt.

Ein ähnlicher Vergleich würde zeigen, dass nicht bloß die Marktraten des Profits, sondern auch seine Durchschnittsraten sich ändern.

Was aber die Profite angeht, so gibt es kein Gesetz, das ihr Minimum bestimmte. Wir können nicht sagen, was die äußerste Grenze ihrer Abnahme sei. Und warum können wir diese Grenze nicht feststellen? Weil wir, obgleich wir das Minimum der Arbeitslöhne feststellen können, nicht ihr Maximum feststellen können. Wir können nur sagen, dass mit gegebnen Grenzen des Arbeitstags das Maximum des Profits dem physischen Minimum des Arbeitslohns entspricht und dass mit gegebnem Arbeitslohn das Maximum des Profits einer solchen Verlängerung des Arbeitstags entspricht, wie sie mit den Körperkräften des Arbeiters verträglich ist. Das Maximum des Profits ist daher begrenzt durch das physische Minimum des Arbeitslohns und das physische Maximum des Arbeitstags. Es ist klar, dass zwischen den beiden Grenzen dieser Maximalprofitrate eine unendliche Stufenleiter von Variationen möglich ist. Die Fixierung ihres faktischen Grads erfolgt nur durch das unaufhörliche Ringen zwischen Kapital und Arbeit, indem der Kapitalist ständig danach strebt, den Arbeitslohn auf sein physisches Minimum zu reduzieren und den Arbeitstag bis zu seinem physischen Maximum auszudehnen, während der Arbeiter ständig in der entgegengesetzten Richtung drückt. Die Frage löst sich auf in die Frage nach dem Kräfteverhältnis der Kämpfenden.

2. Was die Beschränkung des Arbeitstags angeht, in England wie in allen anderen Ländern, so ist sie nie anders als durch legislative Einmischung erfolgt. Ohne den ständigen Druck der Arbeiter von außen hätte diese Einmischung nie stattgefunden.

Jedenfalls aber war das Resultat nicht durch private Vereinbarung zwischen Arbeitern und Kapitalisten zu erreichen. Eben diese Notwendigkeit allgemeiner politischer Aktion liefert den Beweis, dass in seiner rein ökonomischen Aktion das Kapital der stärkere Teil ist.

Was die Grenzen des Werts der Arbeit angeht, so hängt seine faktische Festsetzung immer von Angebot und Nachfrage ab, ich meine die Nachfrage nach Arbeit von Seiten des Kapitals und das Angebot von Arbeit durch die Arbeiter. In Kolonialländern begünstigt das Gesetz von Angebot und Nachfrage den Arbeiter. Daher der relativ hohe Lohnstandard in den Vereinigten Staaten. Das Kapital kann dort sein Äußerstes versuchen. Es kann nicht verhindern, dass der Arbeitsmarkt ständig entvölkert wird durch die ständige Verwandlung von Lohnarbeitern in unabhängige, selbstwirtschaftende Bauern. Die Tätigkeit eines Lohnarbeiters ist für einen sehr großen Teil des amerikanischen Volks nur eine Probezeit, die sie sicher sind, über kurz oder lang durchlaufen zu haben. Um diesem Stand der Dinge in den Kolonien abzuhelfen, machte sich die väterliche britische Regierung eine Zeitlang das zu eigen, was die moderne Kolonisationstheorie genannt wird, die darin besteht, den Preis des Kolonialbodens künstlich hochzuschrauben, um die allzu rasche Verwandlung des Lohnarbeiters in den unabhängigen Bauern zu verhindern.

Aber wenden wir uns nun den alten zivilisierten Ländern zu, in denen das Kapital den ganzen Produktionsprozess beherrscht. Nehmt B. das Steigen der Landarbeiterlöhne in England von 1849 bis 1859. Was war seine Folge? Weder konnten die Pächter, wie unser Freund Weston ihnen geraten haben würde, den Wert des Weizens noch auch nur seine Marktpreise erhöhn. Sie hatten sich vielmehr mit ihrem Fallen abzufinden. Aber während dieser 11 Jahre führten sie allerlei Maschinerie ein, wandten wissenschaftlichere Methoden an, verwandelten einen Teil des Ackerlandes in Viehweide, erweiterten den Umfang der Pachtungen und damit die Stufenleiter der Produktion, und da sie durch diese und andre Prozeduren die Nachfrage nach Arbeit verringerten, indem sie deren Produktivkraft steigerten, machten sie die ländliche Bevölkerung wieder relativ überflüssig. Das ist in altbesiedelten Ländern allgemein die Methode, wie eine raschere oder langsamere Reaktion des Kapitals auf eine Lohnsteigerung vor sich geht. Ricardo hat richtig bemerkt, dass die Maschinerie ständig mit der Arbeit konkurriert und oft nur eingeführt werden kann, wenn der Preis der Arbeit eine bestimmte Höhe erreicht hat, doch ist die Anwendung von Maschinerie bloß eine der vielen Methoden, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern. Genau dieselbe Entwicklung, die die ungelernte Arbeit relativ überflüssig macht, vereinfacht andrerseits die gelernte Arbeit und entwertet sie.

Das gleiche Gesetz findet sich noch in andrer Form. Mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wird die Akkumulation des Kapitals beschleunigt, selbst trotz einer relativ hohen Lohnrate. Hieraus könnte man schließen, wie A. Smith, zu dessen Zeit die moderne Industrie noch in den Kinderschuhen steckte, wirklich schloss, dass diese beschleunigte Akkumulation des Kapitals die Waagschale zugunsten des Arbeiters neigen müsste, indem sie ihm eine wachsende Nachfrage nach seiner Arbeit sichert. Von demselben Standpunkt haben viele jetzt lebende Schriftsteller sich darüber gewundert, dass, da das englische Kapital in den letzten zwanzig Jahren so viel rascher als die englische Bevölkerung gewachsen ist, der Arbeitslohn nicht bedeutender gestiegen sei. Allein gleichzeitig mit dem Fortschritt der Akkumulation findet eine fortschreitende Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals statt. Der Teil des Gesamtkapitals, der aus fixem Kapital, Maschinerie, Rohstoffen, Produktionsmitteln in allen erdenklichen Formen – besteht, nimmt stärker zu, verglichen mit dem anderen Teil des Kapitals, der in Arbeitslohn oder im Ankauf von Arbeit ausgelegt wird. Dies Gesetz ist mehr oder weniger präzis festgestellt worden von Barton, Ricardo, Sismondi Professor Richard Jones, Professor Ramsay, Cherbuliez u. a.

Wenn das Verhältnis dieser beiden Elemente des Kapitals ursprünglich 1:1 war, so wird es im Fortschritt der Industrie 5:1 usw. werden. Wenn von einem Gesamtkapital von 600 in Instrumenten, Rohstoffen usw. 300 und 300 in Arbeitslohn ausgelegt ist, so braucht das Gesamtkapital nur verdoppelt zu werden, um eine Nachfrage nach 600 Arbeitern statt nach 300 zu schaffen. Bei einem Kapital von 600, von dem 500 in Maschinerie, Materialien usw. und nur 100 in Arbeitslohn ausgelegt sind, muss dasselbe Kapital von 600 auf 3600 anwachsen, um eine Nachfrage nach 600 Arbeitern wie im vorigen Fall zu schaffen. Im Fortschritt der Industrie hält daher die Nachfrage nach Arbeit nicht Schritt mit der Akkumulation des Kapitals. Sie wird zwar noch wachsen, aber in ständig abnehmender Proportion, verglichen mit der Vergrößerung des Kapitals.

Diese wenigen Andeutungen werden genügen, um zu zeigen, dass die ganze Entwicklung der modernen Industrie die Waagschale immer mehr zugunsten des Kapitalisten und gegen den Arbeiter neigen muss und dass es folglich die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion ist, den durchschnittlichen Lohnstandard nicht zu heben, sondern zu senken oder den Wert der Arbeit mehr oder weniger bis zu seiner Minimalgrenze zu drücken. Da nun die Tendenz der Dinge in diesem System solcher Natur ist, besagt das etwa, dass die Arbeiterklasse auf ihren Widerstand gegen die Gewalttaten des Kapitals verzichten und ihre Versuche aufgeben soll, die gelegentlichen Chancen zur vorübergehenden Besserung ihrer Lage auf die bestmögliche Weise auszunutzen? Täte sie das, sie würde degradiert werden zu einer unterschiedslosen Masse ruinierter armer Teufel, denen keine Erlösung mehr hilft. Ich glaube nachgewiesen zu haben, dass ihre Kämpfe um den Lohnstandard von dem ganzen Lohnsystem unzertrennliche Begleiterscheinungen sind, dass in 99 Fällen von 100 ihre Anstrengungen, den Arbeitslohn zu heben, bloß Anstrengungen zur Behauptung des gegebnen Werts der Arbeit sind und dass die Notwendigkeit, mit dem Kapitalisten um ihren Preis zu markten, der Bedingung inhärent ist, sich selbst als Ware feilbieten zu müssen. Würden sie in ihren tagtäglichen Zusammenstößen mit dem Kapital feige nachgeben, sie würden sich selbst unweigerlich der Fähigkeit berauben, irgendeine umfassendere Bewegung ins Werk zu setzen.

Gleichzeitig, und ganz unabhängig von der allgemeinen Fron, die das Lohnsystem einschließt, sollte die Arbeiterklasse die endgültige Wirksamkeit dieser tagtäglichen Kampfe nicht überschätzen Sie sollte nicht vergessen dass sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen, dass sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt nicht aber ihre Richtung ändert dass sie Palliativmittel an wendet, die das Übel nicht kurieren. Sie sollte daher nicht ausschließlich in diesem unvermeidlichen Kleinkrieg aufgehen, der aus den nie enden wollenden Gewalttaten des Kapitals oder aus den Marktschwankungen unaufhörlich hervorgeht. Sie sollte begreifen, dass das gegenwärtige System bei all dem Elend, das es über sie verhängt, zugleich schwanger geht mit den materiellen Bedingungen und den gesellschaftlichen Formen, die für eine ökonomische Umgestaltung der Gesellschaft notwendig sind. Statt des konservativen Mottos: »Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk!«, sollte sie auf ihr Banner die revolutionäre Losung schreiben : »Nieder mit dem Lohnsystem!«

Nach dieser sehr langen und, wie ich fürchte, ermüdenden Auseinandersetzung, auf die ich mich einlassen musste, um dem zur Debatte stehenden Gegenstand einigermaßen gerecht zu werden, möchte ich mit dem Vorschlag schließen, folgende Beschlüsse anzunehmen:

  1. Eine allgemeine Steigerung der Lohnrate wurde auf ein Fallen der allgemeinen Profitrate hinauslaufen, ohne jedoch, allgemein gesprochen, die Warenpreise zu beeinflussen.
  2. Die allgemeine Tendenz der kapitalistischen Produktion geht dahin, den durchschnittlichen Lohnstandard nicht zu heben, sondern zu senken.
  3. Gewerkschaften tun gute Dienste als Sammelpunkte des Widerstands gegen die Gewalttaten des Kapitals. Sie verfehlen ihren Zweck zum Teil, sobald sie von ihrer Macht einen unsachgemäßen Gebrauch machen. Sie verfehlen ihren Zweck gänzlich, sobald sie sich darauf beschränken, einen Kleinkrieg gegen die Wirkungen des bestehenden Systems zu führen statt gleichzeitig zu versuchen, es zu ändern, statt ihre organisierten Kräfte zu gebrauchen als einen Hebel zur schließeichen Befreiung der Arbeiterklasse, d.h. zur endgültigen Abschaffung des Lohnsystems.

Fußnoten