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Zerstörung der Hoffnung: Bewaffnete Interventionen der USA und der CIA seit dem Zweiten Weltkrieg  (William Blum)

Aus ProleWiki


Zerstörung der Hoffnung: Bewaffnete Interventionen der USA und der CIA seit dem Zweiten Weltkrieg
Autor*inWilliam Blum
Übersetzt vonNicole Seichter, Thomas Dannenberg und Joachim Schäfer from Englisch
VerlagZambon Verlag
Veröffentlicht1995
Frankfurt am Main
ISBN978-3-88975-141-6


Einleitung

Auszüge aus der Einleitung der Ausgabe von 1987

Eine kurze Geschichte des Kalten Krieges und des Antikommunismus

Unsere Angst davor, daß der Kommunismus eines Tages die ganze Welt übernehmen könnte, macht uns blind für die Tatsache, daß der Antikommunismus dies bereits getan hat. - Michael Parenti[1]

Zu Beginn der Kämpfe in Vietnam sagte ein Offizier des Vietcong zu einem amerikanischen Gefangenen: »Nach dem Zweiten Weltkrieg wart ihr unsere Helden. Wir lasen amerikanische Bücher und sahen amerikanische Filme. In jenen Tagen konnte man überall hören ›reich und klug wie ein Amerikaner‹. Was ist geschehen?«[2]

Ein Amerikaner könnte in den zehn Jahren davor eine ähnliche Frage auch von einem Guatemalteken, einem Indonesier oder einem Kubaner gehört haben, oder in den zehn Jahren danach von jemand aus Uruguay, einem Chilenen oder einem Griechen. Das Wohlwollen und die Glaubwürdigkeit, die die Vereinigten Staaten am Ende des Zweiten Weltkrieges auf der ganzen Welt in bemerkenswertem Umfang genossen, wurden Land um Land, Intervention um Intervention, verspielt. Die Gelegenheit, die vom Krieg verwüstete Welt neu zu gestalten, die Grundlagen für Frieden, Wohlstand und Gerechtigkeit zu legen, verschwand unter der schrecklichen »Last« des Antikommunismus.

Diese »Last« hatte sich seit längerer Zeit akkumuliert, genau genommen seit dem ersten Tag der Russischen Revolution. Im Sommer des Jahres 1918 befanden sich etwa 13.000 amerikanische Soldaten auf dem Gebiet der neu gegründeten Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Zwei Jahre und Tausende von Todesopfern später zogen die amerikanischen Truppen ab, nachdem sie ihre Mission, den bolschewistischen Staat schon »bei der Geburt zu erwürgen«, wie Winston Churchill es nannte,[3] verfehlt hatten.

Der junge Churchill war seinerzeit Kriegs- und Luftfahrtminister Großbritanniens. Er war es, der in zunehmendem Maße die Invasion der Sowjetunion durch die Alliierten (Großbritannien, die USA, Frankreich, Japan und etliche andere) auf Seite der konterrevolutionären »Weißen Armee« steuerte. Jahre später hielt Churchill als Historiker seine Sicht dieser einzigartigen Angelegenheit für die Nachwelt fest:

»Standen sie [die Alliierten] im Krieg mit Sowjetrussland? Ganz gewiß nein. Aber sie feuerten aus Sichtweite auf Sowjetrussen. Sie standen als Invasoren auf russischer Erde. Sie bewaffneten die Feinde der Sowjetregierung. Sie blockierten ihre Häfen und versenkten ihre Kriegsschiffe. Sie wünschten und planten allen Ernstes ihren Untergang. Aber Krieg – wie unanständig! Einmischung – wir sollten uns schämen! Sie wiederholten immer wieder, daß es ihnen völlig gleichgültig wäre, wie die Russen ihre inneren Angelegenheiten regelten. Sie waren unparteiisch und – Wumm!«[4]

Was erschreckte die mächtigsten Nationen der Welt eigentlich so an der bolschewistischen Revolution? Was trieb sie dazu, in ein Land einzufallen, dessen Soldaten noch kurz zuvor drei Jahre lang mit ihnen Seite an Seite gekämpft hatten und das größere Verluste als jedes andere am Weltkrieg beteiligte Land erlitten hatte? Die Bolschewisten hatten die Dreistigkeit besessen, mit Deutschland einen Separatfrieden zu schließen, um aus einem Krieg auszusteigen, den sie als imperialistisch betrachteten und der absolut nicht ihr Krieg war, und um zu versuchen, ein entsetzlich er schöpftes und verwüstetes Rußland neu aufzubauen. Und noch schlimmer:

Die Bolschewisten hatten die Frechheit besessen, ein kapitalistisch-feudalistisches System zu stürzen und den ersten sozialistischen Staat der Weltgeschichte auszurufen. Das war eine unglaubliche Anmaßung. Das war das Verbrechen, welches die Alliierten bestrafen mußten, das Virus, welches ausgerottet werden mußte, damit es nicht auf ihre eigenen Völker übersprang.

Die Invasion verfehlte zwar ihren unmittelbaren Zweck, aber sie hatte nichtsdestotrotz ernsthafte Konsequenzen, welche bis zum heutigen Tage andauern. Professor D. F. Fleming, der Historiker des Kalten Krieges an der Vanderbilt University bemerkte:

»Für das amerikanische Volk existiert die kosmische Tragödie der Interventionen in Rußland nicht, oder sie war bloß eine unwichtige Begebenheit, die längst vergessen ist. Aber für die Sowjetvölker und ihre Führer war diese Periode ihrer Geschichte eine Zeit endlosen Tötens, Plünderns und Vergewaltigens, der Seuchen und des Hungers, des maßlosen Leids für viele Millionen – eine Erfahrung, die tief in die Seele einer Nation eingebrannt ist und über Generationen hinweg nicht vergessen werden wird, falls überhaupt jemals. Auch das harte Regiment der Sowjets über viele Jahre ist vollends gerechtfertigt durch die Furcht, daß die kapitalistischen Mächte erneut einfallen würden, um die Arbeit zu Ende zu bringen. Bezeichnenderweise erinnerte uns der Ministerpräsident des ZK der KPdSU Chruschtschow in seiner Rede am 17. September 1959 in New York an die Interventionen, ›die Zeit, als ihr eure Truppen geschickt habt, um die Revolution zu ersticken‹, wie er es ausdrückte.«[5]

Ein Bericht des Pentagons aus dem Jahre 1920 kann als ein böses Omen für den Mangel an Sensibilität bei einer Supermacht gelten. In diesem Bericht heißt es:

»Diese Expedition liefert eines der schönsten Beispiele in der Geschichte für ehrenhaftes, selbstloses Handeln [...] unter sehr schwierigen Umständen, mit dem Ziel, einem Volk bei seinem Kampf um eine neue Freiheit zu helfen.«[6]

Die Geschichte kann uns nicht sagen, wie eine heutige Sowjetunion aussehen würde, hätte man ihr erlaubt, sich »normal« nach ihren eigenen Vorstellungen zu entwickeln. Alles, was wir kennen, ist eine Sowjetunion, die in ihrer Wiege angegriffen wurde, in einer extrem feindlichen Welt allein aufwuchs und, als sie es dennoch geschafft hatte, das Erwachsenenalter zu erreichen, mit dem Segen der Westmächte von der Kriegsmaschinerie der Nazis überrannt wurde. Die daraus resultierenden Unsicherheiten und Ängste führten unausweichlich zu den charakterlichen Deformationen, die man auch bei einem Individuum findet, das unter ähnlich lebensbedrohenden Umständen aufwächst.

Wir hier im Westen werden stets an die – wirklichen oder vorgeblichen – politischen Fehler der Sowjetunion erinnert, aber niemals an die Geschichte, die dazu geführt hat. Der antikommunistische Propagandafeldzug begann sogar schon vor der Militärintervention. Noch bevor das Jahr 1918 zu Ende war, waren Schlagworte wie »die Rote Ge fahr«, »der bolschewistische Angriff auf die Zivilisation« und »die Bedrohung der Welt durch die Roten« zum täglichen Brot auf den Seiten der New York Times geworden.

Im Februar und März 1919 hielt der Rechtsausschuß des US-Senats Anhörungen ab, in denen viele »Bolschewisten-Schauergeschichten« vorgestellt wurden. Der Charakter einiger dieser Aussagen läßt sich gut an der Schlagzeile der normalerweise behäbigen Times vom 12. Februar 1919 ermessen:

Sie beschreiben die Schrecken der roten Herrschaft. R. E. Simons und W. W. Welsh berichten den Senatoren von den brutalen Taten der Bolschewisten – sie ziehen Frauen auf der Straße nackt aus – Menschen aller Klassen außer dem Abschaum sind der Gewalt des Pöbels ausgeliefert.

Der Historiker Frederick Lewis Schuman schrieb:

»Unter dem Strich war das Ergebnis dieser Anhörungen [...] ein Bild von der Sowjetunion, wonach dieses eine Art von Tollhaus war, das von elenden Sklaven bewohnt war, welche auf Gedeih und Verderb einer Organisation von Amokläufern ausgeliefert waren, deren Absicht es war, alle Spuren der Zivilisation zu beseitigen und das Land zurück in die Barbarei zu führen.«[7]

Keine Geschichte über die Bolschewisten war – im wahrsten Sinne des Wortes – zu überspannt, zu bizarr, zu grotesk oder zu pervers, um gedruckt und weithin geglaubt zu werden: Von Frauen, die verstaatlicht wurden, bis hin zu Kleinkindern, die gegessen wurden (so wie die frühen Heiden die Christen beschuldigten, ihre Kinder aufzufressen; dasselbe glaubte man im Mittelalter auch von den Juden). Die Geschichte über verstaatlichte Frauen mit all ihren unterschwelligen blutrünstigen Assoziationen (Zwangsheirat, »Freie Liebe« usw.) »wurde über Tausende von Radiostationen im ganzen Land verbreitet«, schrieb Schuman, »und trug vielleicht mehr als alles andere dazu bei, die russischen Kommunisten in der Meinung der meisten amerikanischen Bürger zu perversen Kriminellen abzustempeln.«[8] Selbst nachdem das Außenministerium hatte zugeben müssen, daß diese Geschichte ein Schwindel war, blieb sie noch lange weithin im Um lauf. (Daß die Sowjets ihre Kinder äßen, erzählte die John Birch Society ihrer großen Zuhörerschaft sogar noch im Jahre 1978.)[9]

Ende des Jahres 1919, als die Niederlage der Alliierten und der Weißen Armee sich abzuzeichnen begann, bearbeitete die New York Times ihre Leser mit Schlagzeilen und Meldungen wir diesen:

  • 30. Dezember 1919: »Die Roten wollen den Krieg mit Amerika.«
  • 9. Januar 1920: »›Offizielle Kreise‹ beschreiben die bolschewistische Bedrohung im nahen Osten als beunruhigend.«
  • 11. Januar 1920: »Alliierte Beamte und Diplomaten [erwarten] eine mögliche Invasion Europas.«
  • 13. Januar 1920: »Alliierte diplomatische Kreise« befürchten eine Invasion Persiens.
  • 16. Januar 1920: Eine achtspaltige Schlagzeile auf der ersten Seite: »Großbritannien befürchte einen Krieg mit den Roten und beruft eine Versammlung in Paris ein.« »›Gewöhnlich gut informierte Diplomaten‹ erwarten sowohl eine Militärinvasion in Europa als auch einen Vormarsch der Sowjets in Ost- und Südasien.«
  • Den nächsten Morgen jedoch konnte man lesen: »Kein Krieg mit Rußland, die Alliierten wollen mit ihnen Geschäfte machen.«
  • 7. Februar 1920: »Die Roten mobilisieren Truppen, um Indien anzugreifen.«
  • 11. Februar 1920: »Befürchtung, daß die Bolschewisten nun auf japanisches Territorium vordringen.«

Die Leser der New York Times sollten glauben, daß alle diese Invasionen von einem Land ausgingen, das zerrüttet war wie kaum eine anderes zuvor in der Geschichte; von einer Nation, die sich noch immer von einem entsetzlichen Weltkrieg erholte und sich in äußerstem Chaos befand infolge einer fundamentalen sozialen Revolution, die bislang kaum in Gang gekommen war; einer Nation, die in einen brutalen Bürgerkrieg gegen Kräfte verwickelt war, die von den Großmächten der Welt unterstützt wurden, und deren Wirtschaft, deren Aufbau noch kaum begonnen hatte, sich in einem totalen Chaos befand; und schließlich von einem Land im Würgegriff einer Hungersnot, die, bevor sie abgeklungen wäre, Millionen von Toten zurücklassen würde.

Im Jahre 1920 brachte die Wochenzeitschrift The New Republic eine längere Analyse der Berichterstattung der New York Times über die russische Revolution und die Intervention. Neben vielen anderen Dingen erbrachte diese Analyse, daß die Times in den zwei Jahren nach der Oktoberrevolution von 1917 nicht weniger als 19 Mal behauptet hatte, »die Sowjets näherten sich dem Ende ihrer Kräfte oder hätten dieses sogar schon erreicht.«[10]

Dies war die Wirklichkeit, wie sie von der »maßgeblichen Zeitung« der Vereinigten Staaten dargeboten wurde, und man kann sich nur mit Schrecken vorstellen, welches Gebräu die anderen Tageszeitungen des Landes ihren Lesern vorsetzten.

Dies also war die erste Erfahrung des amerikanischen Volkes mit einem neuen gesellschaftlichen Phänomen, das die Weltbühne betreten hatte, seine Grundbildung über die Sowjetunion und jene Sache, die sich »Kommunismus« nennt. Die Schüler haben sich nie wieder von dieser Lektion erholt – ebensowenig wie die Sowjetunion. Die Militärintervention wurde zwar beendet, die Propagandaoffensive jedoch ließ – mit der einzigen und auch nur teilweisen Ausnahme der Zeit des Zweiten Weltkriegs – niemals nach. Im Jahre 1943 widmete die Wochenzeitschrift Life ein ganzes Heft den Erfolgen der Sowjetunion und ging dabei weit über das hinaus, was die Solidarität in der Zeit des Krieges erfordert hätte, ja sie ging sogar soweit, Lenin den »vielleicht größten Mann der neueren Zeit« zu nennen.[11] Zwei Jahre später jedoch, als Harry Truman im Weißen Haus saß, hatte solche Brüderlichkeit keine Überlebenschance mehr. Schließlich war es Truman, der am Tag, nachdem die Nazis in die Sowjetunion einmarschiert waren, gesagt hatte:

»Wenn wir sehen, daß Deutschland am gewinnen ist, müssen wir Rußland helfen, und wenn Rußland am gewinnen ist, müssen wir Deutschland helfen, damit sie gegenseitig so viele Menschen wie möglich umbringen, obwohl ich unter keinen Umständen sehen möchte, daß Hitler den Sieg davonträgt.«[12]

Der Vertrag zwischen Deutschland und der Sowjetunion im Jahre 1939 wurde von der amerikanischen Propaganda bis zum Erbrechen ausgeschlachtet. Das war allerdings nur möglich, da man die Augen vor der Tatsache verschloß, daß die Russen dazu gezwungen waren, diesen Vertrag abzuschließen. Die Westmächte (vor allem die Vereinigten Staaten und Großbritannien) hatten sich wiederholt geweigert, sich mit Moskau gegen Hitler zu verbünden.[13] Sie hatten sich ja auch schon geweigert, der linksorientierten spanischen Regierung gegen die Belagerung durch die deutschen, italienischen und spanischen Faschisten seit 1936 zur Hilfe zu kommen. Stalin war klar, daß der Westen, wenn er schon Spanien nicht rettete, ganz sicher erst recht nicht die Sowjetunion retten würde.

Vom Roten Schreckgespenst der 1920er-Jahre über den Terror von Senator McCarthy gegen Andersdenkende in den 1950er-Jahren bis zu Ronald Reagans Kreuzzug gegen das Reich des Bösen in den 1980er-Jahren waren die Amerikaner einer unbarmherzigen antikommunistischen Indoktrinierung ausgesetzt. Sie saugen sie mit der Muttermilch auf, finden sie ihr in ihren Comic-Heften in bunten Bildern wieder und bekommen sie in ihren Schulbüchern vorbuchstabiert. Ihre Tageszeitungen versorgen sie mit Schlagzeilen, die ihnen alles vorsagen, was sie wissen müssen; Priester finden hier das Material für ihre Predigten, Politiker werden daraufhin gewählt und der Reader’s Digest reichert sich damit an.

Das unweigerliche Resultat dieses heimtückischen Angriffs auf den Geist der Menschen ist die grimmige Überzeugung, daß ein großer Fluch auf die Welt losgelassen wurde, möglicherweise sogar vom Teufel selbst, wenn auch in Form von Menschen. Diese Menschen sind nicht von den gleichen Bedürfnissen, Ängsten, Gefühlen und Moralvorstellungen angetrieben, die den Rest der Menschheit leiten. Vielmehr sind dies Menschen, die sich in einer außergewöhnlich raffinierten, monolithischen und internationalen Verschwörung zusammengefunden haben, deren Ziel es ist, die Welt zu unterwerfen und zu versklaven. Ihre Absichten sind vielleicht nicht immer klar, aber das Böse braucht keinen Beweggrund außer dem Bösen selbst. Wenn diese Menschen so tun, als seien sie vernünftige menschliche Wesen, die nach einer besseren Welt oder Gesellschaft streben, ist dies nichts anderes als ein bösartiger Schwindel und eine Verschleierungstaktik, um andere irrezuführen. Es beweist nur ihre Verschlagenheit. Die Unterdrückung und die Grausamkeiten, die in der Sowjetunion stattgefunden haben, sind ein ewiger Beweis für die moralische Verkommenheit und die bösartigen Absichten dieser Menschen, in welchem Land sie sich auch befinden mögen und unter welchem Namen sie auch immer daherkommen. Und das Allerwichtigste: Die einzige Wahl, die allen Menschen in den Vereinigten Staaten offensteht, ist die zwischen der amerikanischen Lebensart und der sowjetischen Lebensart, verbunden mit dem Bewußtsein, daß es keinerlei andere Möglichkeit gibt, die Welt zu gestalten als nach der amerikanischen Lebensart.

Das ist das Bild, das sich der einfache Mensch in Amerika macht. Und wenn man sich die Menschen anschaut, von denen man meint, sie könnten eigentlich etwas differenzierter denken, dann merkt man, daß auch sie haargenau so denken und daß nur durch ihre akademische Sprache zunächst ein anderer Eindruck entsteht.

Für das Bewußtsein der sorgfältig herangezogenen Erwachsenen in den Vereinigten Staaten sind die Wahrheiten des Antikommunismus selbstverständlich, so selbstverständlich, wie es einst für das Bewußtsein der Menschen war, daß die Erde eine Scheibe ist, und wie die russischen Menschen glaubten, daß die Opfer der stalinistischen Säuberungen tatsächlich schuldig waren.

Das vorangegangene Stück der amerikanischen Geschichte muß man berücksichtigen, wenn man in den wunderlichen Extravaganzen der amerikanischen Außenpolitik seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen Sinn erkennen will. Insbesondere in den in diesem Buch vorgelegten Beweisen dafür, was das US-Militär, der CIA und andere Zweige der amerikanischen Staatsmacht den Völkern der Welt angetan haben.

Im Jahre 1918 benötigten die amerikanischen Großkapitalisten keine andere Begründung für den Krieg gegen den Kommunismus als die Bedrohung ihres Reichtums und ihrer Privilegien, auch wenn sie ihre Gegnerschaft in eine Sprache der moralischen Entrüstung verpackten.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen operierten die USA mit ihrer Kanonenbootpolitik in der Karibik, um »Das Amerikanische Meer« sicher zu machen für das Vermögen der United Fruit Company und von W. R. Grace & Co. und begleiteten ihre Aktionen mit sorgfältig erfundenen Warnungen vor der »bolschewistischen Bedrohung«, alles Anständigen durch den nicaraguanischen Revolutionär Augusto Sandino und seinesgleichen.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs war jeder Amerikaner, der älter als 40 Jahre alt war, rund 25 Jahre lang der Verseuchung durch die antikommunistische Strahlung ausgesetzt gewesen, also der durchschnittlichen Inkubationszeit, die ein bösartiger Tumor braucht. Der Antikommunismus hatte sich von seinem kapitalistischen Vater losgelöst und begonnen, ein eigenständiges Leben zu führen. In der Nachkriegszeit betrachteten mehr und mehr Washingtoner Politiker und Diplomaten mittleren Alters die Außenwelt als eine Welt, die sich aus »Kommunisten« und »Antikommunisten« – seien es Völker, Bewegungen oder Individuen – zusammensetzte. Die Comicstrip-Sicht der Welt, in der rechtschaffene amerikanische Supermänner überall das kommunistische Böse bekämpften, hatte sich von einer zynischen Propagandaübung zu einem moralischen Impetus der US-amerikanischen Außenpolitik ausgewachsen.

Sogar der Begriff des »Nichtkommunisten«, der immerhin eine gewisse Neutralität beinhaltete, besaß in diesem Paradigma im Allgemeinen kaum Legitimität. John Foster Dulles, einer der Hauptarchitekten der Nachkriegsaußenpolitik der USA, drückte dies kurz und bündig in der für ihn typischen einfachen und moralischen Art aus:

»Wir kennen in der Welt nur zwei Arten von Menschen: Es gibt diejenigen, die Christen sind und die Marktwirtschaft unterstützen, und es gibt die anderen.«[14]

Etliche der Fallstudien in diesem Buch belegen, daß Dulles diesen Glauben in unnachgiebige Praxis umsetzte.

Das Wort »Kommunist« (wie auch das Wort »Marxist«) wurde von den amerikanischen Führern und den Medien so inflationär gebraucht, daß ihm nahezu keine Bedeutung mehr zukommt. (Die Linke hat mit dem Wort »Faschist« dasselbe angestellt.) Aber al lein die Tatsache, daß man einer Sache einen Namen gibt – Hexen oder Fliegende Untertassen –, verschafft diesem eine gewisse Glaubwürdigkeit.

Wie wir gesehen haben, wurde die amerikanische Öffentlichkeit zugleich gründlich dazu konditioniert, in pawlowscher Weise auf diesen Ausdruck zu reagieren: Er steht bis heute für die schlimmsten Auswüchse Stalins, von Massensäuberungen bis zu den sibirischen Arbeitslagern von Sklaven; er bedeutet, wie Michael Parenti bemerkte, daß »die Prognosen des klassischen Marxismus-Leninismus [betreffend die Weltrevolution] wie Absichts-Erklärungen behandelt werden, nach denen sich alle kommunistischen Handlungen von heute richten.«[15] Es bedeutet schlicht und einfach: »Wir« gegen »Sie.« Und »Sie«, das kann ein Bauer auf den Philippinen sein, ein Wandbildmaler in Nicaragua, ein rechtmäßig gewählter Premierminister in Britisch-Guayana oder ein europäischer Intellektueller, ein kambodschanischer Neutralitätspolitiker oder ein afrikanischer Nationalist – alle sind sie irgendwie Teil einer monolithischen Verschwörung und jeder stellt in irgendeiner Weise eine Bedrohung der amerikanischen Lebensart dar. Kein Land ist zu klein, zu arm oder zu weit entfernt, als daß es nicht eine Bedrohung, die »Kommunistische Bedrohung« darstellen würde.

Die in diesem Buch vorgestellten Fälle machen deutlich, daß es völlig irrelevant war, ob die einzelnen Interventionsziele – seien es Individuen, politische Parteien, Bewegungen oder Regierungen – sich selbst »kommunistisch« nannten oder nicht. Es spielte kaum eine Rolle, ob sie den Dialektischen Materialismus studiert hatten oder niemals von Karl Marx gehört hatten, ob sie Atheisten oder Priester waren, ob eine starke kommunistische Partei eine Rolle spielte, ob die Regierungen durch eine gewaltsame Revolution oder durch friedliche Wahlen zustande gekommen waren ... alle wurden zu Zielen, alle waren »Kommunisten.«

Noch weniger spielte eine Rolle, daß der sowjetische KGB ein Teil des Bildes war. Häufig wurde behauptet, der CIA habe seine schmutzigen Aktionen vor allem als Reaktion auf Operationen der KGB, welche »noch schmutziger« gewesen wären, durchgeführt. Das ist vollkommen erstunken und erlogen. Vielleicht hat es in der Geschichte des CIA einmal einen vereinzelten solchen Fall gegeben, aber er hat sich bis heute gut versteckt. Die Beziehungen zwischen den beiden unheimlichen Diensten ist viel stärker durch Verbrüderung und gegenseitigen beruflichen Respekt gekennzeichnet als durch Nahkampf. Der frühere CIA-Beamte John Stockwell schrieb:

»In der Realität sehen die Einsatzleiter, zumindest bei routinemäßigen Operationen, am stärksten den Botschafter der USA und seine Leute, dann Telegramme aus dem Hauptquartier, welche die Agenten bei ihren Aktionen einschränken, und dann neugierige Nachbarn, die in der Gemeinde herumtratschen, als eine Bedrohung ihrer Operationen an. Dann käme die örtliche Polizei, dann die Presse. Und ganz am Ende steht der KGB – in den zwölf Jahren meiner Tätigkeit als Einsatzleiter habe ich keinen Fall, bei dem der KGB eine Operation des CIA angegriffen oder behindert hätte, selbst erlebt oder von anderen von einem solchen Fall gehört.«[16]

Stockwell fügt hinzu, daß die verschiedenen Nachrichtendienste es gar nicht schätzen, daß ihre Welt durch die Ermordung von Agenten der anderen Seilte »verkompliziert« wird.

»Das gibt es gar nicht. Wenn ein CIA-Beamter im Einsatz mitten in der Nacht auf einer einsamen Straße eine Reifenpanne hat, wird er ohne Zögern das Angebot eines KGB-Agenten akzeptieren, ihn in seinem Auto mitzunehmen – und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die beiden zusammen noch einen kleinen Umweg über eine Bar machen. Es ist eine Tatsache, daß sich CIA- und KGB-Agenten gegenseitig oft nach Hause einladen. Die Akten des CIA sind voll von Berichten über solche Beziehungen in jeder afrikanischen Außenstelle.«[17]

Die Befürworter des »Bekämpfen des Feuers durch Feuer« nähern sich bisweilen gefährlich nahe solchen Argumenten, wie beispielsweise den folgenden: Da der KGB sei ne Finger beim Sturz der tschechoslowakischen Regierung im Jahre 1968 im Spiel hatte, war es in Ordnung, daß der CIA 1973 seine Finger beim Sturz der chilenischen Regierung im Jahre im Spiel hatte. Es hört sich fast so an, als ob durch die Beseitigung der Demokratie durch den KGB ein Bankguthaben entstünde, von dem der CIA dann bei Bedarf abheben könnte.

Was war denn nun tatsächlich die den verschiedenen Opfern der amerikanischen Interventionen gemeinsame Bedrohung, welche den Zorn und oft die geballte Feuerkraft der mächtigsten Nation der Welt auf sie niedergehen ließ? In so gut wie jedem in diesem Buch beschriebenen Fall, bei dem die Dritte Welt betroffen war, war es – in der einen oder anderen Form – eine Politik der »Selbstbestimmung«: Der aus Prinzip und aus wahrgenommener Notwendigkeit erwachsene Wunsch, einen von den Zielen der US Außenpolitik unabhängigen Weg zu gehen. Am Häufigsten manifestierte sich dies in

  1. dem Bestreben, sich von der wirtschaftlichen und politischen Unterwerfung durch die Vereinigten Staaten zu befreien;
  2. der Weigerung, die Beziehungen zum sozialistischen Block auf ein Mindestmaß zu reduzieren bzw. die einheimische Linke zu unterdrücken oder die Einrichtung von amerikanischen Militäranlagen im eigenen Land zu begrüßen – kurz gesagt, die Weigerung, eine Schachfigur im Kalten Krieg zu sein;
  3. dem Versuch, eine Regierung, die keine dieser Bestrebungen verfolgte, also eine Regierung, die von den Vereinigten Staaten unterstützt wurde, abzusetzen.

Man kann nicht eindringlich genug darauf hinweisen, daß zahlreiche Führer und Revolutionäre in der Dritten Welt eine solche Politik der Unabhängigkeit weder als antiamerikanisch noch als prokommunistisch ansahen, sondern sich schlicht und einfach dafür entschieden hatten, eine Position der Neutralität und Blockfreiheit gegenüber den Supermächten einzunehmen. Immer wieder wird jedoch deutlich, daß die Vereinigten Staaten nicht bereit waren, eine solche Haltung hinzunehmen. Arbenz in Guatemala, Mossadegh im Iran, Sukarno in Indonesien, Nkrumah in Ghana, Jagan in Britisch-Guayana, Sihanouk in Kambodscha [...] sie alle, darauf bestand »Uncle Sam«, müßten sich ohne Wenn und Aber auf die Seite »Der Freien Welt« schlagen oder die Konsequenzen tragen. Nkrumah beschreibt die Entscheidung für die Blockfreiheit folgendermaßen:

»Das Experiment, das wir in Ghana durchzuführen versuchten, war nichts anderes, als das Land in Zusammenarbeit mit der ganzen Welt zu entwickeln. Blockfreiheit bedeutete genau das, was der Ausdruck besagt. Wir waren keine Feinde der Länder der sozialistischen Welt, wie dies die Regierungen der alten Kolonialgebiete gewesen waren. Man darf nicht vergessen, daß Großbritannien zu Hause zwar eine Politik der Koexistenz mit der Sowjetunion verfolgte, aber den Kolonial gebieten eine solche Politik niemals gestattete. Bücher über den Sozialismus, die in Großbritannien veröffentlicht wurden und dort frei verkauft werden durften, waren im britischen Kolonialreich verboten, und als Ghana unabhängig wurde, ging man im Ausland davon aus, daß es die gleiche restriktive Politik auch in Zukunft verfolgen würde. Als wir in unseren Beziehungen zu den sozialistischen Ländern so handelten, wie es die Briten selbst taten, wurden wir beschuldigt, wir seinen prorussisch und würden die allergefährlichsten Ideen in Afrika einführen.«[18]

Das erinnert in gewisser Weise an die amerikanischen Südstaaten im 19. Jahrhundert. Viele Südstaatler waren während des Bürgerkriegs tief gekränkt darüber, daß so viele ihrer schwarzen Sklaven davongelaufen waren, um sich den Nordstaaten anzuschließen. Sie hatten allen Ernstes gedacht, die Schwarzen müßten dankbar für alles sein, was ihre weißen Herren für sie getan hätten, und sie wären glücklich und zufrieden mit ihrem Los. Dr. Samuel A. Cartwright, der bedeutende Chirurg und Psychologe aus Louisiana, vertrat die Auffassung, daß viele der Sklaven an einer Form von geistiger Krankheit litten, welche er »Drapetomanie« nannte und als den unkontrollierbaren Drang diagnostizierte, der Sklaverei zu entfliehen. Als diese Krankheit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Dritten Welt auftauchte, wurde sie »Kommunismus« genannt.


Der vielleicht am allertiefsten verwurzelte automatisch Reflex des Antikommunismus ist der Glaube, daß die Sowjetunion (oder Kuba oder Vietnam usw. als Moskaus Vasallen) eine geheime Macht ist, die hinter der Fassade der Selbstbestimmung lauert, die Hydra der Revolution antreibt oder bloß einfach Unruhe stiftet – hier, dort und überall. Es handelt sich um nichts anderes als um eine weitere Inkarnation – wenngleich in größerem Ausmaß – des sprichwörtlichen »ausländischen Aufwieglers«, der regelmäßig seinen Auftritt auf der Bühne der Weltgeschichte hat: König George beschuldigte die Franzosen, sie würden die amerikanischen Kolonien zur Revolution anstacheln [...] enttäuschte amerikanische Bauern und Veteranen, die gegen ihre bedrückende wirtschaftliche Lage nach der Revolution protestierten (die von Daniel Shay angeführte Rebellion in Westmassachusetts von 1786 bis 1787), wurden als britische Agenten gebrandmarkt, welche die neue Republik zerstören wollten [...] im späten 19. Jahrhundert wurden in Amerika »Anarchisten« und »Ausländer« für Streiks verantwortlich gemacht, im ersten Weltkrieg waren es »Deutsche Agenten« und nach dem Krieg die »Bolschewisten.«

Und in den 1960er-Jahren trug John Edgar Hoover, so berichtet die National Commission on the Causes und Prevention of Violence, »innerhalb der Politikerschaft zur Verbreitung der Ansicht bei, für jede Art von Massenprotest sei eine Verschwörung verantwortlich, die von Agitatoren, häufig Kommunisten, ›die ansonsten friedliche Menschen verführen‹, propagiert würde.«[19]

Das letztere ist das Entscheidende, es ist unausrottbar in der Mentalität der Mächtigen verankert – die Vorstellung, daß niemand, außer denjenigen, die unter Feindesherrschaft lebten, so elend und unzufrieden sein könnte, als daß er Zuflucht zur Revolution oder zum Massenprotest nehmen müßte, und daß es lediglich die Agitation Außenstehender sei, welche die Menschen in diese falsche Richtung lenkte.

Hätte Ronald Reagan zugegeben, daß die salvadorianischen Massen ohne jeden Zweifel guten Grund hatten, sich gegen ihre gotterbärmliche Existenz aufzulehnen, dann wäre seine Anschuldigung und die Begründung für die Intervention der USA in diesem Land zusammengebrochen, nämlich die Anschuldigung, es seien hauptsächlich (einzig?) die Sowjetunion und ihre kubanischen und nicaraguanischen Verbündeten, welche die Salvadorianer aufwiegelten. Als gäbe es überall eine kommunistische Zauberkraft, die im Handumdrehen aus glücklichen Menschen wütende Guerilleros machen könnte. Die CIA weiß, was für ein schwieriges Kunststück das ist. Wie wir sehen werden, hat sie mit einzigartiger Erfolglosigkeit versucht, in China, Kuba, der Sowjetunion, Albanien und überall in Osteuropa Massenrevolten zu entfachen. Die Schreiberlinge des Geheimdienstes machten für diese Mißerfolge den »abgeschotteten« Charakter der betroffenen Gesellschaften verantwortlich. Jedoch war die CIA in nichtkommunistischen Ländern stets gezwungen, Zuflucht zu einem Militärputsch oder zu gesetzeswidrigen Täuschungsmanövern zu nehmen, um ihre Leute an die Macht zu bringen. Niemals jedoch war sie fähig, das Feuer von Volksrevolutionen zu entfachen.

Wollte Washington sich das Verdienst für den Erfolg auch nur eines einzelnen Auf stands in der Dritten Welt zuschreiben, müßte es sich auch die Frage gefallen lassen: Warum greifen die Vereinigten Staaten, wenn sie schon intervenieren müssen, nicht auf der Seite der Rebellen ein? Würde dies doch nicht allein der Sache der Menschenrechte und der Gerechtigkeit einen besseren Dienst erweisen, sondern eine solche Handlungsweise würde auch die Russen von ihrer vermeintlichen Rolle ausschließen. Gäbe es eine bessere Möglichkeit die »Verschwörung des Weltkommunismus« zunichte zu machen? Aber dies ist eine Frage, die im Oval Office, dem Büro des amerikanischen Präsidenten, niemals irgend jemand zu stellen wagt, es ist aber eine Frage, die für viele der in diesem Buch behandelten Fälle relevant ist.

Die Vereinigten Staaten halten stattdessen unerbittlich an ihrer allzu bekannten Politik fest, die widerwärtigsten Tyrannen in der Welt an die Macht zu bringen und/oder zu unterstützen, Tyrannen, mit deren Greueltaten gegen ihre eigenen Leute wir Tag für Tag auf den Seiten unserer Zeitungen konfrontiert werden: brutale Massaker, systematische, ausgeklügelte Folter, öffentliche Auspeitschungen, Soldaten und Polizisten, die in Menschenmengen schießen, Todesschwadronen, hinter denen die Regierung steht, Zehntausende von verschwundenen Personen, extremes wirtschaftliches Elend [...] ein »Way of Life«, der nahezu als ein Monopol von Amerikas Verbündeten angesehen werden kann: Von Guatemala über Chile und El Salvador bis hin zur Türkei, zu Pakistan und Indonesien, alles angesehene Mitstreiter im »Heiligen Krieg gegen den Kommunismus«, alles Angehörige der »Freien Welt«, jener Gegend der Welt, von der wir so viel hören und so wenig sehen.

Die Einschränkungen der Bürgerrechte im Ostblock, so gravierend sie auch sein mögen, verblassen im Vergleich zu den Heimarbeit-Auschwitzen der »Freien Welt« und können beim besten Willen – außer in der sonderbaren geistigen Landschaft, die von den »Totalen Antikommunisten« bewohnt wird – kaum etwas oder gar nicht zu tun haben, mit den verschiedenen amerikanischen Interventionen, die angeblich einem höheren Ziel dienen. Es ist interessant zu beobachten, daß ebenso wie die amerikanischen Führer ganz selbst verständlich von Freiheit und Demokratie reden, während sie Diktatoren unterstützen, die russischen Führer von Befreiungskriegen, Antiimperialismus und Antikolonialismus reden, in der Realität aber außerordentlich wenig unternehmen, um diese Anliegen zu befördern, was auch immer die amerikanische Propaganda behaupten mag. Die Sowjets mögen es, wenn man sie für die Vorkämpfer der Dritten Welt hält. Aber sie waren zu wenig mehr fähig, als »Na, na« zu sagen, als daß sie fortschrittliche Bewegungen und Regierungen, ja sogar kommunistische Parteien in Griechenland, Guatemala, Britisch Guayana, Chile, Indonesien, auf den Philippinen und anderswo unter amerikanischer Mittäterschaft an die Wand drückten.


In den frühen 1950er-Jahren zettelte der CIA eine ganze Reihe von militärischen Über fällen ins kommunistische China an. Im Jahre 1960 bombardierten CIA- Flugzeuge ohne jegliche Provokation das souveräne Land Guatemala und 1973 unterstützte der Geheimdienst eine blutige Revolte gegen die irakische Regierung. In den amerikanischen Massenmedien jener Zeit – und dementsprechend im amerikanischen Bewußtsein – fanden diese Dinge nicht statt.

»Wir haben davon nichts gewußt«, wurde zum Klischee, um diejenigen Deutschen lächerlich zu machen, die behaupteten, von den Geschehnissen unter der Naziherrschaft nichts gewußt zu haben. Aber war ihre stereotype Antwort tatsächlich so weit hergeholt, wie wir denken? Es ernüchtert einen, wenn man einmal darüber nachdenkt, daß in unserer Epoche der weltweiten Kommunikation innerhalb weniger Sekundenbruchteile die Vereinigten Staaten bei vielen Gelegenheiten dazu in der Lage waren, eine groß oder klein angelegte militärische Operation oder eine andere, ebenso unverhohlene Form der Intervention durchzuführen, und die amerikanische Öffentlichkeit erst Jahre später, wenn überhaupt, davon erfuhr. Oft bestand die einzige Nachricht über das Ereignis oder die Beteiligung der USA daran in einer beiläufigen Erwähnung der Tatsache, daß eine kommunistische Regierung gewisse Anschuldigungen erhob – genau die Art von »Nachrichten«, die zu ignorieren die amerikanische Öffentlichkeit und die nicht weiterzuverfolgen die amerikanische Presse sorgfältig konditioniert worden war; genauso wie man den Deutschen beigebracht hatte, daß Berichte über die Untaten der Nazis nichts anderes waren als kommunistische Propaganda.

Mit ganz wenigen Ausnahmen gelangten die Interventionen niemals in die Schlagzeilen der Abendnachrichten im Fernsehen. In manchen Fällen wurden Bruchstücke der Ereignisse hier oder dort bekannt, aber niemals ergab sich daraus ein zusammenhängendes und verständliches Gesamtbild. Diese Bruchstücke tauchten gewöhnlich lange nach den Geschehnissen in den Nachrichten auf, wurden still und heimlich in anderen Nachrichten versteckt und genauso still und heimlich wieder vergessen, und nur wenn außergewöhnliche Umstände es erzwangen, platzten sie plötzlich in den Vordergrund. Dies war beispielsweise der Fall, als Iraner in Teheran das Personal der US-Botschaft und andere US-Amerikaner als Geißeln nahmen. Auf einmal gab es eine Flut von Artikeln über die Rolle, welche die Vereinigten Staaten beim Sturz der iranischen Regierung im Jahre 1953 gespielt hatten. Es war so, als hätten die Ereignisse die Herausgeber zu dem Ge danken angeregt: »Nanu, was haben wir denn im Iran gemacht, daß alle Menschen dort uns so sehr hassen?«

In der jüngsten Vergangenheit gab es eine ganze Reihe von »Irans«, ohne daß die New York Daily News oder die Los Angeles Times ihre Leser beim Schlafittchen gepackt und ihnen unmißverständlich das ganze Ausmaß der Folgen dieser Handlungen klargemacht hätten [...] ohne daß der Fernsehsender NBC daraus wirkliche Bilder von wirklichen Menschen für die Zuschauer gemacht hätte [...] ohne all dies werden die Ereignisse für die Mehrzahl der Amerikaner zu Nicht-Ereignissen und sie können mit bestem Gewissen sagen: »Wir haben davon nichts gewußt.«

Der frühere chinesischen Ministerpräsident Zhou Enlai bemerkte einmal: »Eine der angenehmsten Eigenschaften der Amerikaner ist, daß sie über absolut kein historisches Gedächtnis verfügen.«

Es ist wahrscheinlich noch viel schlimmer, als er es sich vorstellen konnte. Während des Unfalls in dem Atomkraftwerk Three Mile Island in Harrisburg in Pennsylvania im Jahre 1979 verbrachte der japanische Journalist Atsuo Kaneko von der japanischen Kioto Nachrichtenagentur mehrere Stunden damit, Menschen, die zeitweise auf einem Hockey-Spielfeld untergebracht waren – zumeist Kinder, schwangere Frauen und junge Mütter – zu interviewen. Er fand heraus, daß keine der interviewten Personen je von Hiroschima gehört hatte. Niemand konnte mit dem Namen etwas anfangen.[20]

Und im Jahre 1982 war ein Richter in Oakland in Kalifornien regelrecht entsetzt, als er mitbekam, daß von den 50 Personen, aus denen die 12 Geschworenen für diesen Prozeß, in welchem dem Angeklagten die Todesstrafe drohte, ausgewählt werden sollten, daraufhin befragt wurden und »keiner von ihnen wußte, wer Hitler war.«[21]

Für die Oligarchie in der Außenpolitik in Washington ist dies mehr als angenehm. Es ist die unabdingbare Voraussetzung für ihre Politik.

Die Informationen über alle amerikanischen Interventionen liegen so sehr im Dunklen, daß der wissenschaftliche Dienst des amerikanischen Kongresses in der Library of Congress, als er im Jahre 1975 gebeten wurde, eine Übersicht über die heimlichen Aktivitäten des CIA bis zum damaligen Zeitpunkt zusammenzustellen, nur einen ganz geringen Teil der Vorgänge in Übersee, die in diesem Buch für dieselbe Zeit vorgestellt werden, zu Tage fördern konnte.[22]

Wenn es in den USA eine strenge Zensur gäbe, hätten von diesen Informationen auch nicht weniger ihren Weg ins öffentliche Bewußtsein, in Schulbücher, Lexika oder andere allgemeine Nachschlagewerke gefunden.

Der Leser mag sich gerne die entsprechenden Abschnitte in den drei führenden amerikanischen Lexika, der Encyclopedia Americana, der Encyclopedia Britannica und Colliers Encyclopedia, anschauen. Für das Bild, das die Lexika als Fundgrube für objektive Informationen abgeben, müßten ihre Herausgeber Prügel beziehen. Was einer Nicht Wahrnehmung der amerikanischen Interventionen gleichkommt, geht mit großer Wahrscheinlichkeit auf diese angesehenen Werke zurück, die ein Kriterium anlegen, das stark an dasjenige erinnert, das die Pentagonpapiere vom Washingtoner Beamtenapparat zeichnen. Die New York Times faßte dieses höchst interessante Phänomen folgendermaßen zusammen:

»Die geheime Kriegsführung beispielsweise gegen Nordvietnam wird nicht [...] als eine Verletzung des Genfer Abkommens aus dem Jahre 1954, das den französischen Indochinakrieg beendete, angesehen oder als ein Widerspruch zu den öffentlichen politischen Äußerungen der verschiedenen amerikanischen Regierungen. Was internationale Verträge und das Verhalten der Politiker gegenüber der Öffentlichkeit betreffen, so gibt es einfach keine geheime Kriegsführung, eben weil sie verdeckt vor sich geht. Und weil sie nicht öffentlich bestätigt werden, werden außerdem geheime Verpflichtungen gegenüber anderen Staaten nicht als eine Verletzung der alleinigen Befugnisse des Senates zum Abschließen von Verträgen angesehen.«[23]

Die De-facto-Zensur, welche so viele Amerikaner in Bezug auf die auswärtigen Beziehungen der USA wie Analphabeten dastehen läßt, ist wahrscheinlich deshalb umso wirksamer, weil sie nicht offiziell, plump und konspirativ vor sich geht, sondern raffiniert in den Stoff der Bildung und der Medien verwoben ist. Es bedarf gar keiner Verschwörung. Die Herausgeber des Reader’s Digest und des U. S. News und World Report brauchen sich gar nicht in verschwörerischer Weise mit den Vertretern des Senders NBC in einem Unterschlupf des FBI zu treffen, um die Berichte und die Programme des nächsten Monats abzusprechen. Denn es ist schlicht und einfach so, daß diese Personen ihre jetzigen Stellungen niemals erreicht hätten, wären sie nicht alle selbst schon durch diesen Tunnel von Irreführung geführt worden und aus diesem mit demselben selektiven Gedächtnis und demselben bestimmungsgemäßen Wissen herausgekommen.

»Wenn wir den Umbruch in China analysieren, sehen wir, daß es sich um eine Revolution handelt, die von genau denselben Ursachen hervorgerufen wurde, wie die Revolutionen in Großbritannien, Frankreich und Amerika.«[24]

Eine bemerkenswert weltoffene und großzügige Meinungsäußerung von Dean Rusk, dem damaligen Staatssekretär für ostasiatische Angelegenheiten und späteren Außenminister. Genau zum gleichen Zeitpunkt, als Rusk im Jahre 1950 seine Rede hielt, waren andere Leute in seiner Regierung damit beschäftigt, den Sturz der chinesischen Revolutionsregierung zu planen.

Dies ist keineswegs ungewöhnlich. In vielen der auf den folgenden Seiten beschriebenen Fälle lassen sich Äußerungen von hohen und mittleren Beamten in Washington fin den, welche die Politik der Interventionen in Frage stellten oder Zweifel äußerten, welche entweder auf Prinzipien (manchmal die bessere Seite des amerikanischen Liberalismus) beruhten oder auf Bedenken, daß die jeweilige Intervention nicht zu dem angestrebten Resultat führen würde oder sogar in einem Desaster enden könnte. Ich habe genausowenig Gewicht auf solche abweichenden Äußerungen gelegt wie dies – das macht die Analyse aus der Rückschau deutlich – die Entscheidungsträger in Washington taten. Denn man konnte ganz sicher sein, daß sie in widersprüchlichen Weltlagen die antikommunistische Karte ausspielen würden. Wenn ich die Interventionen auf diese Weise dar stelle, dann stelle ich damit bloß fest, daß die amerikanische Außenpolitik das ist, was die amerikanische Außenpolitik tut.

Auszüge aus der Einleitung der Ausgabe von 1995

Im Jahre 1993 stieß ich auf die Rezension eines Buches über Menschen, die leugnen, daß die Massenvernichtung der Juden durch die Nazis tatsächlich stattgefunden hätte. Ich schrieb der Autorin, einer Universitätsprofessorin, daß ich mich bei der Lektüre des Buches gefragt hätte, ob sie wohl wüßte, daß auch eine amerikanische Massenvernichtung stattgefunden hätte, und daß deren Leugnung eine noch größere Schande sei als die Leugnung der Massenvernichtung durch die Nazis. Ich schrieb ihr, die Leugnung der amerikanischen Massenvernichtung sei so umfassend und gründlich, daß die Leugner sich noch nicht einmal dessen bewußt wären, daß sie etwas leugneten. Und dennoch starben bei der amerikanischen Massenvernichtung Millionen von Menschen und noch mehr Millionen wurden als Resultat von US-Interventionen, angefangen von China und Griechenland in den 1940er-Jahren bis hin zu Afghanistan und Irak in den 1990er-Jahren, zu einem Leben in Elend und Folter verdammt. Ich fügte dem Brief eine Liste dieser Interventionen bei, welche natürlich der Gegenstand dieses Buches ist.

In meinem Brief bot ich ihr auch an, ihr im Gegenzug zur Überlassung eines Exemplars ihres Buch ein Exemplar einer früheren Auflage meines Buch zu schicken, aber sie schrieb zurück, sie sei dazu nicht in der Lage. Sie machte nicht eine einzige Bemerkung zum Rest meines Schreibens – also zu dem Teil, in dem es um die amerikanische Massenvernichtung ging –, fast so, als hätte sie meinen Brief gar nicht gelesen. Die Ironie, die darin steckt, daß eine Forscherin, die sich mit dem Thema der Leugnung der Massenvernichtung der Juden durch die Nazis beschäftigt, selbst die Massenvernichtung durch die Amerikaner leugnet, ist geradezu klassisch. Ich fragte mich, warum die gute Frau mir überhaupt geantwortet hatte.

Es war mir klar, daß ich und meine These einen schweren Weg – immer steil bergauf – vor uns haben würden, wenn diese Arbeit schon von solch einer Person eine solche Nicht-Resonanz erfuhr. In den 1930er-Jahren und dann erneut nach dem Krieg in den 1940er- und 1950er-Jahren versuchten Antikommunisten der verschiedensten Schattierungen in den Vereinigten Staaten ihr Bestes, um die Verbrechen der Sowjetunion, wie etwa die Säuberungs-Prozesse und die Massenmorde, zu entlarven. Aber es geschah et was Seltsames: Die Wahrheit schien keine Rolle zu spielen. Die amerikanischen Kommunisten und ihre Sympathisanten unterstützen weiterhin den Kreml. Selbst wenn man die Übertreibungen und die bewußten Verfälschungen, welche die Antikommunisten regelmäßig verbreiteten und welche ihre Glaubwürdigkeit beeinträchtigten, in Rechnung stellt, sind die fortgesetzte Ignoranz und/oder Leugnung der Verbrechen durch die amerikanische Linke bemerkenswert.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs, als die siegreichen alliierten Truppen die deutschen Konzentrationslager entdeckten, schafften sie in manchen Fällen deutsche Bürger aus den umliegenden Städten in die Lager, um sie persönlich mit den Einrichtungen, den Leichenhaufen und den fast bis aufs Skelett abgemagerten Überlebenden zu konfrontieren. Einige der respektablen Bürger wurden sogar gezwungen, die Toten zu begraben. Was wären wohl die Auswirkung auf die amerikanische Psyche, wenn die Gut gläubigen und Leugner gezwungen würden, die Konsequenzen der US-Außenpolitik des letzten halben Jahrhunderts aus nächster Nähe zu betrachten? Wenn all die netten, adretten, gesunden amerikanischen Jungen, die unvorstellbare Massen von Bomben auf Dutzende von Ländern und auf Menschen, von denen sie nichts wußten – als wären es Figuren in einem Video-Spiel – abgeworfen haben, auf die Erde heruntersteigen und das verbrennende Fleisch betrachten und riechen müßten?

Im Allgemeinen ist man heute der Ansicht, daß die unbarmherzig brutale antikommunistische Politik der Reaganregierung mit ihrem Anheizen des Rüstungswettlaufs zum Zusammenbruch und zur Umgestaltung der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten geführt hat. Die Autoren der amerikanischen Geschichtsbücher haben möglicherweise schon damit begonnen, diese Behauptung in Marmor zu meißeln. Die Tories in Großbritannien behaupten, auch Margaret Thatcher und ihre unnachgiebige Politik hätten zu dem Wunder beigetragen. Selbst die Ostdeutschen glaubten dies. Als Ronald Reagan Ostberlin besuchte, jubelten die Menschen ihm zu und dankten ihm »für seinen Beitrag bei der Befreiung des Ostens.« Sogar viele linke Analytiker, besonders jene, die Verschwörungstheorien anhängen, glauben es.

Aber diese Ansicht wird nicht auf der ganzen Welt geteilt, und das ist auch richtig so.

Der langjährige sowjetische Experte für die Vereinigten Staaten, Georgi Arbatow, Chef des Forschungsinstituts für die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada bei der Akademie der Wissenschaften der UdSSR in Moskau, schrieb im Jahre 1992 seine Memoiren. In einer Besprechung des Buches durch Robert Scheer in der Los Angeles Times resümierte dieser einen Abschnitt des Buches:

»Arbatow kannte viel zu gut die wirtschaftlichen und politischen Schwächen des sowjetischen Totalitarismus im Vergleich zum Westen. Aus diesen aufrichtigen und nuancierten Memoiren wird deutlich, daß sich die Bewegung für einen Wandel bereits seit dem Tod Stalins unaufhörlich auf den höchsten Ebenen des Machtapparats entwickelt hatte. Arbatow legt nicht nur unwiderlegbare Beweise für die abweichende Meinung vor, daß dieser Wandel auch ohne ausländischen Druck zustandegekommen wäre, er behauptet vielmehr auch nachdrücklich, daß die Aufrüstung des US-Militärs in den Jahren der Reaganregierung diese Entwicklung sogar behindert hat.«[25]

George F. Kennan stimmt dem zu. Der frühere US-Botschafter in der Sowjetunion und geistige Vater der »Eindämmungspolitik« gegenüber diesem Land, bestätigt dies:

»Die Vorstellung, irgendeine Regierung der Vereinigten Staaten hätte die Macht gehabt, den Verlauf eines ungeheuren politischen Umsturzes in einem anderen großen Land auf der anderen Seite des Globus entscheidend zu beeinflussen, ist schlicht kindisch.«

Er behauptet, daß die extreme Militarisierung der amerikanischen Politik die Betonköpfe in der Sowjetunion gestärkt habe:

»Allgemein gesagt war es eher so, daß der Extremismus des Kalten Krieges den großen Wandel, der die Sowjetunion erfaßte, eher verzögert als beschleunigt hat.«[26]

Die Ausgaben für den Rüstungswettlauf haben ohne jeden Zweifel den Grundlagen der zivilen Wirtschaft und der Gesellschaft in der Sowjetunion noch größeren Schaden zu gefügt, als dies in den Vereinigten Staaten der Fall war. Aber dies war schon 40 Jahre lang so gegangen, bevor Michael Gorbatschow an die Macht kam, und nie gab es auch nur den geringsten Hinweis auf den drohenden Untergang. Alexander Jakowlew, der Vertraute Gorbatschows, antwortete, als er gefragt wurde, ob die gesteigerten Militärausgaben der Reaganregierung und die damit verbundenen Rhetorik vom »Reich des Bösen« die Sowjetunion zu einer versöhnlicheren Haltung bewogen hätten:

»Das hat keine Rolle gespielt. Überhaupt keine! Ich nehme für diese Behauptung die volle Verantwortung auf mich. Gorbatschow und ich waren ganz einfach zu Veränderungen in unserer Politik bereit, unabhängig davon, ob der amerikanische Präsident nun Reagan war oder Kennedy oder vielleicht jemand noch liberaler. Es war klar, daß unsere Militärausgaben unwahrscheinlich hoch waren und wir sie reduzieren mußten.«[27]

Man kann zwar gut verstehen, daß einige Russen nur zögernd zugeben würden, daß sie zu den revolutionären Veränderungen von ihrem Erzfeind gezwungen worden waren und den Kalten Krieg verloren hatten. Allerdings sind wird in dieser Frage nicht auf die Ansichten weniger Einzelner angewiesen, seien es Russen oder Amerikaner. Wir brauchen uns nur die geschichtlichen Tatsachen anzusehen.

Von den späten 1940er-Jahren bis etwa Mitte der 1960er-Jahre war es das Ziel der amerikanischen Politik, den Zusammenbruch des Sowjetregimes wie auch einiger osteuropäischer Regimes herbeizuführen. Viele Hunderte von Exilrussen wurden vom CIA organisiert, ausgebildet und ausgerüstet, dann sickerten sie in ihr Heimatland ein, um Spionageringe aufzubauen, den bewaffneten politischen Kampf zu schüren und Morde und Sabotageakte zu verüben: Sie ließen Züge entgleisen, zerstörten Brücken, Waffenfabriken und Kraftwerke und taten noch vieles mehr. Die sowjetischen Behörden, die viele dieser Männer faßten, wußten natürlich ganz genau, wer hinter all diesen Dingen steckte.

Im Vergleich dazu läßt sich die Politik der Reaganregierung quasi als Kapitulation ein stufen. Was aber waren die Früchte dieser extrem brutalen antikommunistischen Politik? Wiederholte ernste Konfrontationen zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion in Berlin, Kuba und anderswo, die sowjetischen Einmärsche in Ungarn und der Tschechoslowakei, die Gründung des Warschauer Paktes (als direkte Antwort auf die Gründung der NATO), keine Glasnost, keine Perestroika, nur umfassender Arg wohn, Zynismus und Feindseligkeit auf beiden Seiten. Es stellte sich heraus, daß auch die Russen bloß Menschen waren – sie beantworteten Härte mit Härte. Und die logische Konsequenz: Viele Jahre hindurch bestand eine enge Korrelation zwischen einem guten Verhältnis der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion zueinander und der Anzahl der Juden, welche die Sowjetunion verlassen durften.[28] Nachgiebigkeit schafft Nachgiebigkeit.

Falls man das Verdienst für die Veränderungen in der Sowjetunion und in Osteuropa – sowohl die positiven als auch die bedenklichen – überhaupt jemandem zuschreiben kann, dann sind dies natürlich Michael Gorbatschow und die Bürgerrechtler, die er inspirierte. Man darf nicht vergessen, daß Reagan schon mehr als vier Jahre und Margaret Thatcher bereits sechs Jahre an der Regierung waren, bevor Gorbatschow an die Macht kam. Aber in diesem Zeitraum geschah nichts wirklich Bedeutsames im Hinblick auf eine Reform der Sowjetunion, trotz Reagans und Thatchers beständiger Heimtücke gegen den kommunistischen Staat.


Es wird oft die Behauptung aufgestellt, im Nachhinein sei es einfach, die amerikanische Besessenheit nach nationaler Sicherheit in der Zeit des Kalten Krieges – mit all ihrer immer größer werdenden Paranoia und ihren Absurditäten, dem Götzen der militärischen Übermacht der NATO, den Frühwarnsystemen und Luftabwehrübungen, den Atomsilos und den U-2-Spionageflugzeugen – ins Lächerliche zu ziehen, aber nach dem Krieg in Europa schienen die Sowjets in der Tat eine ungeheuere weltweite Bedrohung zu sein.

Diese Behauptung bricht sofort in sich zusammen, wenn man sich nur eine einzige Frage stellt: Warum hätten die Sowjets in Westeuropa einmarschieren oder die Vereinigten Staaten bombardieren sollen? Sie hätten dadurch doch absolut nichts zu gewinnen gehabt, außer der nahezu sicheren Zerstörung ihres Landes, das sie nach den Verwüstungen durch den Weltkrieg gerade mühsam wiederaufbauten.

In den 1980er Jahren, als immer noch niemand wagte, diese Frage zu stellen, hatte diese Besessenheit einen 300 Milliarden Dollar umfassenden Militärhaushalt und das Star Wars-Programm hervorgebracht.

In der Tat gibt es zahlreiche interne Dokumente aus dem Außenministerium, dem Verteidigungsministerium und der CIA aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in denen ein politischer Analytiker nach dem anderen seine ernsthafte Skepsis bezüglich der »Sowjetischen Bedrohung« äußert, indem er auf die militärische Schwäche der Russen hinweist und/oder ihre vermeintlich aggressiven Absichten in Frage stellt, während hohe Beamte, einschließlich des Präsidenten, in der Öffentlichkeit eine diametral entgegengesetzte Botschaft verkündeten.[29]

Der Historiker Roger Morris, ein ehemaliges Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats unter den Präsidenten Johnson und Nixon, hat dieses Phänomen beschrieben:

»Die Architekten der US-Politik müßten ihr Anliegen ›klarer als die Wahrheit‹ machen und ›das kollektive Bewußtsein der höchsten Regierungskreise mit Vor schlaghämmern bearbeiten‹, wie Außenminister Dean Acheson [...] sagt. Und sie tun es. Die neu geschaffene Central Intelligence Agency fangt an, die sowjetischen Militärausgaben systematisch zu übertreiben. Wie durch Zauberhand kommt die sklerotische Wirtschaft der Sowjetunion in Schwung, und ihre Wachstumskurven zeigen auf den Schaubildern der US-Regierung auf einmal steil nach oben. Stalins Armee, deren Fahrzeuge von Pferden gezogen werden – samt ihrer wertlosen Ausrüstung, den vom Krieg zerstörten Straßen und ihrer falschen Kampfmoral – fügt das Pentagon Phantomdivisionen hinzu und versieht die neuen Kräfte als Zugabe mit Invasionsszenarien. Eine spätere Untersuchung der Archive kommt zu der Feststellung, daß die US- Beamten das ›Potential und die Absichten der Sowjets in einem solchen Ausmaß übertrieben, daß es überrascht, daß überhaupt irgend jemand sie ernst nahm.‹ Aber die amerikanische Presse und die amerikanische Bevölkerung – von der Regierung mit düsteren Prophezeiungen gefüttert und der dar auf basierenden öffentlichen Angst gesteuert – haben damit kein Problem.«[30]

Die Verfechter obiger Behauptung bestehen darauf, daß es nichtsdestoweniger viele hochrangige Beamte gab, die schlicht und einfach sowie in gutem Glauben die sowjetischen Signale mißverstanden. Immerhin war die Sowjetunion, insbesondere bis zum Tode Stalins im Jahre 1953, eine hochgradig repressive und abgeschottete Gesellschaft. Hierzu bemerkte der konservative Abgeordnete des britischen Parlaments Enoch Powell im Jahre 1983:

»Das Mißverstehen anderer Nationen ist fast immer absichtlich: Schon der Aus druck Mißverstehen anderer Nationen ist ein Widerspruch in sich, denn, wenn man ganz bewußt jemanden mißverstehen will, muß man zumindest eine Ahnung von dem haben, was man mißverstehen will, wenn man es nicht sogar tatsächlich versteht [...]. [Das Mißverstehen der UdSSR durch die USA] dient der Aufrechterhaltung eines Mythos – des Mythos nämlich, daß die Vereinigten Staaten ›die letzte und beste Hoffnung der Menschheit‹ seien. Der Kampf zwischen dem Heiligen Georg und dem Drachen ist ein armseliges Schauspiel, wenn man keinen richtigen Drachen hat, und je größer und schuppiger er ist, desto besser, und noch besser ist es, wenn Flammen aus seinem Mund schlagen. Das Mißverstehen Sowjetrußlands ist unerläßlich geworden für das Selbstwertgefühl der amerikanischen Nation: Derjenige, der sie dieses Gefühls berauben will, wird kein Wohlwollen finden, so unwirksam seine Bemühungen auch sein mögen.«[31]

Genausogut könnte man behaupten, man müsse den Glauben der Nazis an die große Gefahr, welche die »Verschwörung des Weltjudentums« darstellte, berücksichtigen, bevor man die Täter des Holocaust verdammt.

Sowohl die Amerikaner als auch die Deutschen glaubten ihre eigene Propaganda oder taten zumindest so. Liest man MEIN KAMPF, so muß man mit Verblüffung feststellen, daß ein bedeutender Teil dessen, was Hitler über die Juden schrieb, sich genauso anhört, wie das, was ein amerikanischer Antikommunist über die Kommunisten schreiben würde. Er beginnt damit, daß die Juden (Kommunisten) böse sind und die Welt beherrschen wollten, und fährt fort, daß jedes Verhalten, das dem zu widersprechen scheint, bloß eine List ist, um die Menschen zu täuschen und die bösartigen Ziele zu erreichen, wobei dieses Verhalten stets Teil einer Verschwörung ist und tatsächlich viele Menschen täuscht. Er schreibt den Juden die große, ja fast mythische Macht zu, Gesellschaften und Volkswirtschaften zu manipulieren. Er beschuldigt die Juden, für die Übel, welche die Industrielle Revolution hervorgebracht hat, beispielsweise Klassengegensätze und Klassenhaß, verantwortlich zu sein. Er würdigt den Kosmopolitismus der Juden und ihren Mangel an Patriotismus herab.

Natürlich gab es auch Kalte Krieger, die nicht daran glaubten, daß der Generalplan des Kremls für die Beherrschung der Welt in so etwas Plumpem wie der Invasion Westeuropas oder der Bombardierung der Vereinigten Staaten bestünde. Der viel subtilere – man könnte sagen teuflisch kluge – Plan war die Unterwanderung [...] der gesamten Dritten Welt [...] von innen [...] Land um Land [...] um endlich die Erste Welt einzukreisen und ihr die Luft abzuschneiden [...] wahrlich eine Verschwörung des Weltkommunismus, »eine Verschwörung«, so sagte Senator Joseph McCarthy, »von solchem Aus maß, daß sie jedes frühere Unternehmen dieser Art in der Geschichte der Menschheit in den Schatten stellt.«

In diesem Buch geht es vor allem darum, wie die Vereinigten Staaten überall in der Welt intervenierten, um diese Verschwörung zu bekämpfen, wo auch immer und wann auch immer sie ihr häßliches Haupt erhob.

Gab es diese Verschwörung des Weltkommunismus wirklich?

Falls es sie tatsächlich gegeben hätte, warum mußten dann die Kalten Kriegers der CIA und anderer Regierungsstellen Zuflucht zu solch unglaublichen Übertreibungen nehmen? Falls sie wirklich und aufrichtig an eine solche teuflische und monolithische Verschwörung des Weltkommunismus geglaubt hätten, warum mußten sie dann so viel er finden, um die amerikanische Bevölkerung, den Kongreß und die Welt von ihrer bösen Existenz zu überzeugen? Warum mußten sie dann inszenieren, verführen, Beweise manipulieren, manipulierte Geschichten verbreiten und gefälschte Dokumente erfinden? Die folgenden Seiten sind voll von Beispielen der antikommunistischen Sprache der US-Regierung und der Erfindungen der Medien in Hinsicht auf »die sowjetische Bedrohung«, »die chinesische Bedrohung« und »die kubanische Bedrohung«, während man andererseits die ganze Zeit hindurch mit Schauergeschichten auf uns eindrosch: In den 1950er Jahren war es »die Bomberlücke« zwischen den USA und der Sowjetunion und »die Zivilschutzlücke.« Dann kam »die Raketenlücke«, an die sich »die Raketenabwehrsystemlücke« anschloß. In den 1980er Jahren war es dann »die Ausgabenlücke«. Und zum Schluß »die Laserlücke«. Und all diese »Lücken« waren Lügen.

Heute wissen wir, daß die CIA unter Ronald Reagan und William Casey regelmäßig »Einschätzungen der Nachrichtendienste politisierte«, um die antisowjetische Tendenz ihrer Regierung zu stützen, und Berichte – sogar solche ihrer eigenen Analytiker – unterdrückte, die im Gegensatz zu dieser Tendenz standen. Heute wissen wir, daß die CIA und das Pentagon systematisch die wirtschaftliche und militärische Macht der Sowjetunion überbewerteten und das Ausmaß der sowjetischen Atomtests und die Anzahl der »Verletzungen« bestehender Atomteststopp-Verträge aufbauschten, deren Washington dann die Russen beschuldigte.[32] Dies alles diente dazu, einen mächtigeren und nieder trächtigen Feind zu erschaffen, für einen größeren Verteidigungshaushalt zu sorgen und den Arbeitsstellen der Kalten Krieger Sicherheit und Bedeutung zu geben.


Jetzt haben wir die Zeit nach dem Kalten Krieg, eine Zeit der »Neuen Weltordnung«, und es sieht gut aus für den militärisch-industriellen-nachrichtendienstlichen Komplex und seine weltweiten Komplizen, die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds. Sie haben ihr Nordamerikanisches Freihandelsabkommen und ihre Welthandelsorganisation bekommen. Sie diktieren die wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklung überall in der Dritten Welt und Osteuropa. Moskaus Reaktion auf die Ereignisse in der Welt zählt nicht länger. Der Verhaltenskodex der Vereinten Nationen für multinationale Unternehmen, über den seit 15 Jahren verhandelt wurde, ist tot. Alles wird dereguliert und privatisiert. Das Kapital durchstreift den Globus mit einer gefräßigen Freiheit, die es seit der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg nicht mehr gekannt hat, und wird von nichts und niemandem aufgehalten, ja sogar die Schwerkraft scheint für es außer Kraft gesetzt worden zu sein. Für die Multis ist die Welt ein sicherer Platz geworden.[33]

Wird dies für die Masse der Menschen ein besseres Leben mit sich bringen als der Kalte Krieg? Werden die Bedürfnisse der einfachen Leute stärker berücksichtigt werden als bisher, nachdem sie vor Jahrhunderten von der kosmischen Tagesordnung gestrichen wurden? »Aber auf jeden Fall«, sagt das Kapital und wärmt wieder einmal die »Herabriesel«-Theorie auf, das angebliche Naturgesetz, daß den Armen, die sich von den Abfällen an den Tischen der Reichen ernähren müssen, am besten damit gedient ist, wenn man den Reichen größere Mahlzeiten gibt.

Die Handlanger des Kapitals glucksen vergnügt über ihren Martinis über den Tod des Sozialismus. Das Wort wurde aus der höflichen Unterhaltung verbannt. Und sie hoffen, daß niemand bemerkt, daß die Vereinigten Staaten jedes auch noch so unbedeutende sozialistische Experiment im 20. Jahrhundert – ohne jede Ausnahme – zerquetscht, durch einen Umsturz niedergeschlagen, durch eine Invasion beendet, korrumpiert, pervertiert, untergraben oder destabilisiert haben oder ihm auf andere Art das Leben so schwer gemacht haben, so daß es nicht überleben konnte. Keine einzige sozialistische Regierung oder Bewegung – angefangen von der russischen Revolution bis zu den Sandinisten in Nicaragua, vom kommunistischen China bis zur FMLN in El Salvador – keine einzige durfte aufgrund ihrer eigenen Leistungen oder Schwächen aufsteigen oder fallen. Keiner einzigen wurde so viel Sicherheit eingeräumt, daß sie ihre Wachsamkeit gegen die Bedrohung durch den allmächtigen äußeren Feind hätte aufgeben und ihre Überwachung im Inneren ungehindert und vollständig hätte lockern können.

Es ist genauso, als ob die ersten Experimente der Brüder Wright mit Flugapparaten alle deshalb gescheitert wären, weil die Autoindustrie jeden Testflug sabotiert und dann die braven, gottesfürchtigen Menschen in der Welt es sich angesehen hätten, die Konsequenzen bemerkt, weise mit ihren kollektiven Köpfen genickt und feierlich intoniert hätten: Der Mensch wird niemals fliegen.

1: China von 1945 bis in die 1960er-Jahre

War Mao Zedong bloß paranoid?

Vier Jahre lang verbargen zahlreiche Amerikaner sowohl in hohen als auch unbedeuten den Stellungen nur mit Mühe ihre Überzeugung, daß der Zweite Weltkrieg »der falsche Krieg gegen den falschen Feind« gewesen sei. Der Kommunismus, das wußten sie, war der einzige wirkliche Feind auf Amerikas historischer Tagesordnung. War Hitler nicht gerade deshalb ignoriert, toleriert, beschwichtigt und unterstützt worden? Damit die Kriegsmaschinerie der Nazis sich nach Osten wenden und den Bolschewismus ein für alle Mal vom Angesicht der Erde auslöschen würde? Es war bloß Pech, das Adolf sich dann als größenwahnsinnig herausstellte und gegen den Westen wandte.

Aber dieser Krieg war vorbei. Für diese Amerikaner war nun in jedem Winkel der Erde der Tag gekommen. Die Tinte auf dem Kapitulationsvertrag mit Japan war noch nicht ganz trocken, da fingen die Vereinigten Staaten schon an, die japanischen Soldaten, die noch in China standen, Seite an Seite mit amerikanischen Truppen gegen die chinesischen Kommunisten einzusetzen. (Wie wir sehen werden, warteten die USA auf den Philippinen und in Griechenland noch nicht einmal das Ende des Krieges ab, bevor sie den Kampf gegen Japan und Deutschland dem antikommunistischen Kreuzzug unter ordneten.)

Die Kommunisten in China hatten während des Krieges eng mit dem amerikanischen Militär zusammengearbeitet, es mit wichtigen Geheimdienstinformationen über die ja panischen Besatzungstruppen versorgt und abgeschossene amerikanische Flieger gerettet und sich um sie gekümmert.[34] Aber egal! Generalissimus Chiang Kai-shek würde der Mann Washingtons sein. Er war der Chef dessen, was als chinesische Zentralregierung gelten konnte. Das Amt für Strategische Dienste, das Office for Strategie Services (OSS) (der Vorgänger der CIA) kam zu der Einschätzung, daß der Großteil von Chiangs militärischen Anstrengungen gegen die Kommunisten und nicht gegen die Japaner gerichtet gewesen war. Er hatte außerdem sein Bestes getan, um die Zusammenarbeit zwischen den Roten und den Amerikanern zu verhindern. Nun gab es in seiner Armee japanische Einheiten und seine Verwaltung war voll von Beamten, die mit den Japanern kollaboriert und in deren Marionettenregierung gedient hatten.[35] Aber egal! Der Generalissimus war so antikommunistisch, wie es nur ging. Und vor allem: Er war der geborene amerikanische Vasall. Seine Truppen würden angemessen ausgebildet und ausgerüstet werden, um die Männer von Mao Zedong und Zhou Enlai zu bekämpfen.

Präsident Truman war ganz offen bei dem, was er als »den Einsatz der Japaner, um die Kommunisten abzuwehren« bezeichnete:

»Eins war uns vollkommen klar: Würden wir den Japanern befehlen, sofort die Waffen niederzulegen und an die Küste zu marschieren, würde das ganze Land den Kommunisten in die Hände fallen. Wir mußten daher den ungewöhnlichen Schritt tun und den Feind als Garnison benutzen, bis wir [Chiangs] nationalchinesische Truppen über eine Luftbrücke nach Südchina bringen und unsere Marineinfanterie schicken könnten, um die Seehäfen zu sichern.«[36]

Der Einsatz der amerikanischen Marineinfanterie erbrachte rasche und einschneidende Resultate. Zwei Wochen nach dem Ende des Krieges war Peking von kommunistischen Truppen eingekesselt. Nur das Eintreffen der Marineinfanterie in der Stadt hinderte die Roten daran, diese einzunehmen.[37] Und als Maos Streitkräfte in die Vororte von Schanghai eindrangen, setzten Transportflugzeuge der amerikanischen Armee Chiangs Truppen ab, um die Stadt zu erobern.[38]

Beim Wettlauf darum, die entscheidenden Zentren und Häfen vor den Kommunisten zu erreichen, transportierten die USA zwischen 400.000 und 500.000 nationalistische Soldaten mit Schiffen und Flugzeugen über die ungeheuren Weiten Chinas und der Mandschurei zu Orten, die sie anders niemals erreicht hätten.

Als der Bürgerkrieg an Schärfe zunahm, wurden die 50.000 Marineinfanteristen, die Truman geschickt hatte, eingesetzt, um Bahnlinien, Kohlenbergwerke, Häfen, Brücken und andere strategische Einrichtungen zu sichern. Zwangsläufigerweise wurden sie in die Kämpfe hineingezogen und erlitten Dutzende, wenn nicht Hunderte von Todesopfern. Die Kommunisten beschuldigten die US-Truppen, sie hätten von den Roten kontrollierte Gebiete angegriffen, ohne Vorwarnung das Feuer auf sie eröffnet, Offiziere gefangengenommen und Soldaten entwaffnet.[39] Die Amerikaner ertappten sich dabei, wie sie »unbarmherzig« ein chinesisches Dorf unter Beschuß nahmen, ohne zu wissen, »wie viele unschuldige Menschen dabei abgeschlachtet wurden«, schrieb ein Marineinfanterist seinem Kongreßabgeordneten.[40]

Flugzeuge der Vereinigten Staaten unternahmen regelmäßig Aufklärungsflüge über dem Gebiet der Kommunisten, um die Stellungen ihrer Truppen auszukundschaften. Die Kommunisten behaupteten, amerikanische Flugzeuge hätten häufig ihre Truppen beschossen und bombardiert und einmal sogar ein von den Kommunisten gehaltenes Dorf mit Maschinengewehrfeuer belegt.[41] In welchem Umfang diese Angriffe von amerikanischen Fliegern verübt wurden, ist nicht bekannt.

Bei einigen der vielen Abstürze von Flugzeugen der Vereinigten Staaten gab es jedoch amerikanische Überlebende. Überraschenderweise retteten die Roten sie nach wie vor, versorgten ihre Wunden und schickten sie an die US-Stützpunkte zurück. Man kann es heute kaum noch verstehen, aber der geheimnisvolle Nimbus und Mythos »America« hatte damals immer noch die Fantasie der Menschen überall auf der Welt im Griff, und chinesische Bauern, ob sie nun als »Kommunisten« etikettiert wurden oder nicht, bildeten davon keine Ausnahme. Während des Krieges hatten die Roten mitgeholfen, eine große Zahl von amerikanischen Fliegern zu retten, und hatten sie durch die japanischen Linien hindurch in Sicherheit gebracht. »Die Kommunisten«, so schrieb die New York Times, »verloren keinen einzigen Flieger, der unter ihrem Schutz stand, und nahmen aus Prinzip niemals eine Belohnung für die Rettung eines amerikanischen Piloten an.«[42]

Anfang des Jahres 1946 befanden sich immer noch rund 100.000 amerikanische Soldaten in China, und sie unterstützten nach wie vor Chiang Kai-shek. Die offizielle Erklärung der Vereinigten Staaten für die Anwesenheit ihrer Truppen lautete, sie seien dort, um die Japaner zu entwaffnen und in ihre Heimat zurückzubringen. Auch wenn die Truppen diese Aufgabe schließlich tatsächlich erfüllten, so war sie doch nachrangig gegenüber der politischen Funktion des Militärs, wie Trumans oben zitierte Aussage im Überfluß klar macht.

Die amerikanischen Soldaten in China begannen dagegen zu protestierten, daß sie nicht nach Hause geschickt wurden, eine Klage, die überall auf der Welt von GIs zu hören war, die aus politischen (gewöhnlich antikommunistischen) Absichten in Übersee zu rückgehalten wurden. »Auch Sie fragen mich, warum Sie hier sind«, sagte zur Weihnachtszeit des Jahres 1945 ein Leutnant der Marineinfanterie. »Als Offizier erwartet man von mir, daß ich es Ihnen sage, aber du kannst einem Mann nicht erzählen, daß er hier ist, um die Japaner zu entwaffnen, wenn er gemeinsam mit [bewaffneten] Japanern eine Eisenbahnlinie sichert.«[43]

Seltsamerweise versuchten die Vereinigten Staaten, im Bürgerkrieg zu vermitteln, und das, obwohl sie ein aktiver und schlagkräftiger Teilnehmer auf einer der beiden Seiten waren. Als Präsident Truman offenbar erkannte, daß es nötig war, sich mit den Kommunisten zu arrangieren, weil sonst ganz China unter ihren Einfluß geraten würde, schickte er im Januar 1946 General George Marshall, der versuchen sollte, einen Waffenstill stand und eine wie auch immer geartete Form von Koalitionsregierung herbeizuführen. Während dem Waffenstillstand, der aber nie ganz eingehalten wurde, zeitweise ein gewisser Erfolg beschieden war, war die Vorstellung von einer Koalitionsregierung zum Scheitern verurteilt, sie war so unmöglich wie eine Hochzeit zwischen dem Zaren und den Bolschewiki. Der Historiker D. F. Fleming trifft den Punkt, wenn er sagt: »Man kann keine sterbende Oligarchie mit einer aufsteigenden Revolution vereinen.«[44]

Erst 1957 begannen die Vereinigten Staaten damit, einen Teil ihrer Soldaten abzuziehen, der Beistand und die Unterstützung für Chiangs Regierung ging aber noch lange danach in der einen oder anderen Form weiter. Ungefähr zur selben Zeit begannen die Flying Tigers einzugreifen. Diese legendäre amerikanische Fliegerstaffel unter der Führung von General Claire Chennault hatte vor und nach dem Weltkrieg mit den Chinesen gegen die Japaner gekämpft. Nun hatte Chennault, Chiangs ehemaliger Luftwaffenberater, diese Staffel (unter dem Namen Civil Air Transport, CAT) reaktiviert, und ihre Pi loten befanden sich schon bald mitten im Kampf. Sie flogen endlose Versorgungseinsätze in unter Belagerung stehende nationalistische Städte und wichen dem kommunistischem Flakfeuer aus, um Nahrungsmittel, Munition und Versorgungsgüter aller Art ein zufliegen oder Verwundete zu retten.[45] Offiziell war die CAT nur eine private Fluglinie, welche von der Chiangregierung gechartert worden war, aber noch bevor der Bürger krieg zu Ende war, hatte sich die Fluglinie ganz offen mit dem CIA zusammengetan, um die erste Einheit in deren schnell anwachsendem zukünftigen Flugimperium zu bilden, welches am besten unter dem Namen Air America bekannt ist.

Vom Ende des Weltkriegs bis 1949 hatten die Vereinigten Staaten die Nationalisten mit nahezu zwei Milliarden Dollar an Geldmitteln und Militärgütern im Gegenwert von ungefähr einer Milliarde US Dollar unterstützt sowie 39 Divisionen ihrer Armee ausgebildet und ausgerüstet.[46] Und dennoch brach die Chiangdynastie an allen Fronten total zusammen. Das lag nicht allein am Ansturm der kommunistischen Gegner, sondern an der feindseligen Einstellung des gesamten chinesischen Volkes gegen Chiangs Tyrannei, seine rücksichtslose Grausamkeit und die außergewöhnliche Korruption und Dekadenz seines gesamten bürokratischen und sozialen Systems. Im Gegensatz dazu waren die großen Gebiete unter kommunistischer Verwaltung Modelle der Rechtschaffenheit, des Fortschritts und der Anständigkeit. Ganze Divisionen des Generalissimus gingen zu den Kommunisten über. Die politischen und militärischen Führer Amerikas machten sich keinerlei Illusionen bezüglich des Charakters und der Qualität von Chiangs Herrschaft. Die nationalistischen Streitkräfte, so sagte David Barr, Chef der Militärmission der USA in China, standen unter »dem schlechtesten Kommando auf der ganzen Welt.«[47]

Der Generalissimus, seine Spießgesellen und seine Soldaten flohen auf die der chinesischen Küste vorgelagerte Insel Taiwan (Formosa). Sie hatten ihre Ankunft schon zwei Jahre zuvor vorbereitet, indem sie sich die Inselbewohner durch Terror gefügig gemacht hatten – ein Massaker, das mehr als 28.000 Menschen das Leben kostete.[48] Bis zur Flucht der Nationalisten auf die Insel hatte die Regierung der USA niemals angezweifelt, daß Taiwan ein Teil Chinas war. Danach jedoch beschlich die Washingtoner Beamten allmählich Unsicherheit. Die Krise wurde auf bemerkenswert einfache Art gelöst: Die USA kamen mit Chiang überein, daß die richtige Betrachtungsweise der Lage darin bestünde, daß Taiwan nicht zu China gehörte, sondern das Taiwan China war. Und so wurde es von nun an auch genannt.

Der Chinakenner Felix Greene bemerkt: Nach dem Erfolg der Kommunisten »wollten die Amerikaner einfach nicht glauben, daß die Chinesen, so durch und durch korrupt ihre Führung auch war, eine kommunistische Herrschaft vorgezogen hatten.«[49] Es mußte das Werk einer Verschwörung gewesen sein, einer internationalen Verschwörung, die – wer hätte es anders erwartet – von der Sowjetunion gesteuert worden war. Die Beweise dafür waren jedoch bis zur Durchsichtigkeit dünn. Denn seit in den 1920er-Jahren Stalins Überzeugung vom »Sozialismus in einem Land« über Trotzkis Internationalismus gesiegt hatte, hatten die Russen es in der Tat eher mit Chiang als mit Mao gehalten und letzteren wiederholt angewiesen, seine Armee aufzulösen und sich Chiangs Regierung anzuschließen.[50] Besonders in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Sowjetunion unter ihrer eigenen Wiederaufbau-Krise litt, kam ihnen die Aussicht, daß sich die bevölkerungsreichste Nation der Welt ins moderne Zeitalter emporschwingen könnte, ganz und gar nicht gelegen. Im Jahre 1947 verkündete General Marshall öffentlich, er wüßte von keinerlei Beweisen dafür, daß die chinesischen Kommunisten von der UdSSR unterstützt würden.[51]

Aber in den Vereinigten Staaten tat dies dem Aufstieg einer ganzen Mythologie dar über, wie die USA China »verloren« hatten, keinen Abbruch: Sowjetische Intervention, Kommunisten im Außenministerium, Feiglinge im Weißen Haus, militärische und diplomatische Torheit, kommunistische Gimpel und Mitläufer in den Medien [...] Verrat an allen Ecken und Enden ...

Die Trumanregierung, so sagte Senator Joseph McCarthy mit seinem eigentümlichen Charme, setze sich zusammen aus »Scheinliberalen Hosenscheißern«, welche die »Kommunisten und Homos« beschützten, die »China in die atheistische Sklaverei verkauft« hatten.[52]

Aber es ist schwer zu erkennen, was die US-Regierung sonst noch hätte tun können, um Chiangs Untergang zu verhindern, läßt man einmal eine vollständige Invasion des Lan des durch große amerikanische Kampfverbände außer Acht. Selbst nach Chiangs Flucht nach Taiwan führten die Vereinigten Staaten immer noch ihre Kampagne von unerbittlichen Angriffen gegen die kommunistische Regierung fort, obwohl Zhou Enlai um Hilfe und Freundschaft gebeten hatte. Der rote Führer konnte dagegen keine praktischen oder ideologischen Hindernisse erkennen.[53] Aber statt das Angebot anzunehmen, beteiligten die Vereinigten Staaten sich offenbar wiederholt an Verschwörungen zur Ermordung Zhous.[54]

Viele nationalistische Soldaten hatten während des großen Exodus von 1949 in Nordburma Zuflucht gesucht, sehr zum Mißfallen der burmesischen Regierung. Dort begann der CIA nun, diese staatenlose Armee zu einer Kampftruppe umzugruppieren, und während der frühen 1950er-Jahre wurde eine ganze Reihe von großen und kleinen Einfällen nach China durchgeführt. In einem Fall, im April 1951, überschritten mehrere tausend Soldaten, begleitet von CIA-Beratern und unterstützt von Bombardements durch amerikanische C46 und C47, die Grenze zur chinesischen Provinz Yunnan, wurden aber innerhalb einer Woche von den Kommunisten zurückgetrieben. Die Verluste waren hoch, und auch etliche CIA-Berater verloren ihr Leben. Bei einem anderen Angriff, im Sommer des Jahres, gelangten die Invasoren etwa 100 Kilometer nach China hinein, wo sie, wie verlautete, einen 160 Kilometer breiten Streifen des Staatsgebietes hielten.

Während die Angriffe ohne Unterbrechung weitergingen, baute die CIA das Potenzial der Truppe kontinuierlich aus: Amerikanische Ingenieure trafen ein, um beim Bau und der Erweiterung von Landebahnen in Burma zu helfen, aus Taiwan wurden frische Truppen eingeflogen und unter den burmesischen Bergstämmen wurden weitere Truppen rekrutiert. Fliegerstaffeln des CIA wurden für Nachschubaufgaben hinzugezogen und enorme Mengen an amerikanischen schweren Waffen kamen per Schiff. Ein Groß teil der Unterstützung an Männern und Ausrüstung kam über das nahegelegene Thailand.

Die Armee hatte bald eine Stärke von mehr als 10.000 Mann erreicht. Als das Jahr 1952 zu Ende ging, behauptete Taiwan, mehr als 41.000 kommunistische Soldaten seien getötet und mehr als 3000 verwundet worden. Diese Zahlen waren mit großer Wahrscheinlichkeit übertrieben. Aber selbst wenn es nicht so war: Es war klar, daß die An griffe nicht zu Chiangs triumphaler Rückkehr auf das Festland führen würden, auch wenn dies nicht ihr einziger Zweck war. An der Grenze zu China tobten zwei Kriege: In Korea und in Vietnam. Die Vereinigten Staaten hofften, die Chinesen dazu zwingen zu können, ihre Truppen und militärischen Ressourcen von den Grenzen zu diesen beiden Ländern abzuziehen. Die gerade erst aus der Taufe gehobene Volksrepublik China wurde einer entsetzlichen Prüfung unterworfen.

In der Zeit zwischen ihren Angriffen auf China fanden die Nationalchinesen wiederholt Zeit, mit burmesischen Truppen aneinanderzugeraten, sich dem Banditentum zu widmen und die Opiumbarone des Goldenen Dreiecks zu werden, jenes Landstrichs an den Grenzen von Burma, Laos und Thailand, welcher der größte Opium- und Heroinlieferant der Welt war. Um ihren nationalistischen Vasallen einen Gefallen zu tun, ja viel leicht sogar für Geld und ironischerweise als Deckmantel für deren noch illegalere Aktivitäten flogen die Piloten der CIA den Stoff überall hin, um die Kooperation derjenigen in Thailand sicherzustellen, die für die militärischen Operationen wichtig waren.

Die Nationalchinesen in Burma setzten ihre Störmanöver gegen die Kommunisten bis ins Jahr 1961 fort, und der CIA unterstützte sie auch nach wir vor militärisch, aber ab einem ganz bestimmten Punkt zog sich der Geheimdienst nach und nach aus seiner direkten Beteiligung zurück. Als Reaktion auf wiederholte Protestnoten der burmesischen Regierung an die Vereinigten Staaten und die Vereinten Nationen machte der CIA Druck auf die Nationalchinesen, Burma zu verlassen – da drohte Chiang Kai-shek, die verdeckte Unterstützung seiner dortigen Truppen durch den Geheimdienst aufzudecken. Zu einem früheren Zeitpunkt hatte dieser noch gehofft, die Chinesen dazu provozieren zu können, Burma anzugreifen, um das streng neutrale Land in die Arme des Westens zu treiben.[55] Im Januar 1961 taten die Chinesen dies auch, aber zusammen mit burmesischen Truppenverbänden, um den wichtigsten Stützpunkt der Nationalisten einzunehmen und deren burmesisches Abenteuer zu beenden. In der Folge wies Burma amerikanische Hilfsangebote zurück und schloß sich enger an Peking an.[56] Viele der Nationalchinesen blieben nicht lange arbeitslos. Sehr bald verdingten sie sich wieder bei der CIA, diesmal, um mit deren Armee in Laos zu kämpfen.

Burma war nicht der einzige Ausgangspunkt für die von der CIA organisierten Überfälle auf China. Auch etliche Inseln innerhalb der Fünfmeilenzone vor der chinesischen Küste, insbesondere Quemoy und Matsu, wurden als Stützpunkte für kurze Angriffe (oft in Bataillonsstärke) mit schnellem Rückzug, für gelegentliche Bomberüberfalle und für die Blockade der Häfen auf dem Festland genutzt. Chiang wurde seit etwa 1953 von den USA »brutal unter Druck gesetzt«, seine Truppen auf den Inseln zu verstärken, um der Welt Washingtons neue Politik – daß Chiang Kai-shek nicht mehr nach seiner Pfeife tanzte – demonstrieren zu können.[57]

Die Chinesen rächten sich wiederholt mit schweren Artillerieangriffen auf Quemoy, und bei einer Gelegenheit töteten sie zwei amerikanische Offiziere. Die Aussicht auf eine Eskalation des Krieges führte später zu einem Sinneswandel der USA, und sie forderte Chiang auf, die Inseln aufzugeben. Aber jetzt weigerte er sich. Man vermutet oft, Chiang hätte geplant, die Vereinigten Staaten in einen Krieg genau wie seinen eigenen zu verwickeln, um seine Rückkehr auf das Festland zu erreichen.[58]

Viele Einfälle in China wurden von kleineren Kommandogruppen durchgeführt, die von Flugzeugen absprangen, um Spionage zu betreiben und Sabotageakte zu verüben. Im November 1952 wurden zwei CIA-Offiziere, John Downey und Richard Fecteau, die sich darauf eingelassen hatten, diese Kommandos einzufliegen und ihre Ausrüstung ab zuwerfen, von den Kommunisten abgeschossen und gefangengenommen. Es dauerte zwei Jahre, bevor Peking die Gefangennahme bekanntgab und die beiden Männer verurteilte. Das amerikanische Außenministerium brach mit Empörung sein eigenes zweijähriges Schweigen und behauptete, die beiden Männer seien zivile Angestellte des amerikanischen Heeresministeriums in Japan gewesen, die wahrscheinlich bei einem Flug von Korea nach Japan die Orientierung verloren hätten.

»Wie sie in die Hand der chinesischen Kommunisten geraten sind, ist den Vereinigten Staaten unbekannt [...] die fortgesetzte unrechtmäßige Haft dieser amerikanischen Bürger liefert erneut den Beweis für die Mißachtung allgemein anerkannter internationaler Gepflogenheiten durch das Regime der chinesischen Kommunisten.«[59]

Fecteau wurde im Dezember 1971, kurz vor der Reise Präsident Nixons nach China, freigelassen, Downey erst im März 1973, nachdem Nixon öffentlich zugegeben hatte, daß er ein CIA-Agent war.

Durch Pekings Bekanntmachung im Jahre 1954 erfuhr man auch, daß im Januar 1953 elf amerikanische Flieger über China während eines Einsatzes abgeschossen worden waren, dessen Zweck es war, »Spezialagenten in China und der Sowjetunion per Fall schirm abzusetzen.« Diese Leute hatten mehr Glück: Sie wurden schon nach zweieinhalb Jahren freigelassen. Alles in allem hatten die Chinesen nach ihren eigenen Angaben 106 amerikanische und taiwanesische Agenten getötet, die zwischen 1951 und 1954 über China abgesprungen und in Gefangenschaft geraten waren, und 124 weitere gefangengenommen. Obwohl die CIA nur wenig, wenn überhaupt etwas, als Resultat ihrer Kommandoeinsätze vorweisen konnte, sie verfolgte, so wird berichtet, das Programm zumindest bis 1960 weiter.[60]

Weiterhin führte die CIA über China zahlreiche Flüge – mit besonders hochfliegenden U2-Flugzeugen, pilotenlosen »Drohnen« und anderem Fluggerät – zu reinen Spionage zwecken durch. Diese Überflüge begannen etwa Ende der 1950er-Jahre und endeten erst 1971, als Henry Kissinger zum ersten Mal Peking besuchte. Die Einsätze gingen nicht ohne Zwischenfälle vor sich. Etliche U2-Flugzeuge und 19 Drohnen wurden nach chinesischen Angaben zwischen 1964 und 1969 abgeschossen. In Hunderten von Fällen meldete China »ernsthaften Bedenken« wegen der Verletzung seines Luftraums an, und zumindest einmal überflog eine amerikanische Maschine die chinesische Grenze und schoß eine MiG-17 ab.[61]

Es scheint fast so, daß kein noch so großer Mißerfolg oder Mangel an Ergebnissen die CIA davon abhalten konnte, nach neuen Wegen zu suchen, um die Chinesen in dem Jahrzehnt nach ihrer Revolution zu schikanieren. Tibet war ein weiteres typisches Beispiel. Die Regierung in Peking beanspruchte Tibet als Teil von China, genauso wie es frühere chinesische Regierungen mehr als zweihundert Jahre lang getan hatten, auch wenn viele Tibeter ihr Land nach wie vor als autonom und unabhängig ansahen. Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Vereinigten Staaten noch folgenden eindeutigen Standpunkt vertreten:

»Die Regierung der Vereinigten Staaten anerkennt seit langem die Tatsache, daß die chinesische Regierung schon seit langem die Oberhoheit über Tibet beansprucht und daß die chinesische Verfassung Tibet als integralen Bestandteil des Staatsgebiet der Republik China aufführt. Diese Regierung hat zu keinem Zeitpunkt einen dieser Ansprüche in Frage gestellt.«[62]

Nach der kommunistischen Revolution neigten die Beamten in Washington plötzlich zu einer eher zweideutigen Haltung in dieser Angelegenheit, allerdings hatten die Handlungen der USA in Tibet nichts mit den Feinheiten des Völkerrechts zu tun.

Mitte der 1950er-Jahre begann der CIA damit, tibetische Flüchtlinge und Exilanten in den Nachbarstaaten, etwa in Indien und Nepal, zu rekrutieren. Darunter waren auch An gehörige der Leibgarde des Dalai Lama, oft malerisch die »die furchterregenden Khampa-Reiter« genannt, und andere, die sich bereits an Guerillaaktivitäten gegen die Herrschaft Pekings und/oder die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, welche die Revolution hervorgebracht hatte (Leibeigenschaft und Sklaverei waren, im wahrsten Sinn des Wortes, in Tibet noch verbreitet), beteiligt hatten. Die Ausgewählten flog man in die Vereinigten Staaten, auf einen ungenutzten Militärstützpunkt hoch oben in den Bergen von Colorado, also in einer Höhe, die ungefähr den Bergen in ihrem Heimatland entsprach. Dort wurden sie, so weit wie möglich vor den Einheimischen versteckt, in allen Raffinessen der paramilitärischen Kriegsführung ausgebildet.

Nach Beendigung der Ausbildung wurde jede tibetanische Gruppe nach Taiwan oder in ein anderes befreundetes asiatisches Land geflogen, danach sickerten sie zurück nach Tibet oder anderswo in China ein, wo sie solche Handlungen begingen wie etwa Sabotage, Verminung von Überlandstraßen, Zerstörung von Nachrichtenwegen und Überfälle auf kleine kommunistische Armeeeinheiten aus dem Hinterhalt. Ihre Aktionen wurden von der Fluglinie des CIA und hier und da von deren Söldnern unterstützt. Im Nordosten von Indien wurden umfangreiche Nachschubbasen aufgebaut.

Die Operation in Colorado wurde bis irgendwann in den 1960er-Jahren fortgeführt. Wie viel Hunderte von Tibetanern die Ausbildungslehrgänge durchlaufen haben, wird wahrscheinlich niemals bekanntwerden. Und auch nachdem das offizielle Ausbildungsprogramm beendet war, finanzierte und unterstützte die CIA ihre exotischen Vasallen weiterhin und nährte ihren hoffnungslosen Traum von der Rückeroberung ihres Heimatlandes.

Als die New York Times im Jahre 1961 von der Operation in Colorado Wind bekam, gab sie einer Aufforderung des Pentagon nach, der Sache nicht weiter nachzugehen.[63] Die Angelegenheit war deshalb besonders heikel, weil die Operationen des CIA in der Heimat durch seine Satzung aus dem Jahre 1947 und deren Interpretation durch den Kongreß strikt auf die Sammlung von Informationen beschränkt wurden.

Und es war nicht allein die Besessenheit von China um seiner selbst willen, auch der Koreakrieg schwappte auf das chinesische Staatsgebiet über: Es gab unzählige Bombardements und Schießereien durch amerikanische Flugzeuge, die, wie die Chinesen immer wieder berichteten, Zivilisten das Leben kosteten und ihre Wohnstätten vernichteten. Und dann war da auch noch die bakteriologische Kriegsführung.

Die Chinesen verwandten erheblichen Aufwand auf die Publikation ihrer Behauptung, daß die Vereinigten Staaten, insbesondere während der Monate Januar und März 1952, Unmengen von Bakterien und Krankheitskeime tragenden Insekten über Korea und Nordostchina abgeworfen hätten. China legte die Aussagen von 38 gefangenen amerikanischen Piloten vor, die, so hieß es, die Flugzeuge mit dieser todbringenden Fracht geflogen hätten. Viele von diesen Männern berichteten Einzelheiten über die gesamte Operation: Die Art der Bomben und anderer Behälter, die Arten von Insekten, die Krankheiten, die sie trugen usw. Außerdem wurden Fotografien der angeblichen bakteriologischen Bomben und Insekten veröffentlicht. Im August wurde dann ein »Internationaler Wissenschaftlicher Ausschuß« einberufen, der sich aus Wissenschaftlern aus Schweden, Frankreich, Großbritannien, Italien, Brasilien und der Sowjetunion zusammensetzte. Nachdem er mehr als zwei Monate lang in China Untersuchungen vorgenommen hatte, legte der Ausschuß einen rund 600 Seiten starken Bericht mit vielen Fotos vor, dessen Fazit lautete:

»Die Völker Koreas und Chinas sind in der Tat das Ziel bakteriologischer Waffen gewesen. Diese wurden von Einheiten der Streitkräfte der USA eingesetzt. Sie benutzten zu diesem Zweck eine große Bandbreite verschiedener Methoden, von denen einige Weiterentwicklungen derjenigen zu sein scheinen, welche die Japaner während des Zweiten Weltkriegs eingesetzt hatten.«[64]

Der letzte Hinweis bezieht sich auf die Experimente mit bakteriologischer Kriegsführung, welche die Japaner zwischen 1940 und 1942 in China durchgeführt hatten. Die für dieses Programm verantwortlichen japanischen Wissenschaftler wurden von den Vereinigten Staaten im Jahre 1945 gefangengenommen. Man versprach ihnen, sie nicht we gen ihrer Kriegsverbrechen anzuklagen, wenn sie den amerikanischen Wissenschaftlern am Biologischen Forschungszentrum des Heeres in Fort Detrick in Maryland technische Informationen über ihre Experimente übergäben. Die Chinesen wußten darüber zur Zeit der Untersuchungen des Internationalen Wissenschaftlichen Ausschusses Bescheid.[65]

Man sollte allerdings nicht vergessen, daß die Aussagen einiger der amerikanischen Flieger so viele biologische Fachinformation enthielten und so voller kommunistischer Rhetorik waren – »imperialistische, kapitalistische Wall-Street-Kriegstreiber« und Ähnliches –, daß ihre Urheberschaft an diesen Aussagen ernsthaft bezweifelt werden muß. Überdies wurde später auch bekannt, daß die meisten der Flieger erst nach körperlichem Mißhandlungen gestanden hatten.[66]

Wenn man allerdings in Betracht zieht, was wir seither über die amerikanische Verstrickung in chemische und biologische Waffen gelernt haben, kann man die Behauptungen der Chinesen nicht so einfach abtun. So berichtete beispielsweise die New York Times im Jahre 1970: Als während des Koreakrieges die US-Truppen von chinesischen »Menschenwellen« überrannt wurden, »grub die Armee von den Nazis erbeutete Dokumente über chemische Kriegsführung aus, in denen Sarin beschrieben wurde, ein Nervengas, das so tödlich ist, daß ein Paar Pfund innerhalb von Minuten Tausende von Menschen töten können [...]. Mitte der 1950er-Jahre stellte die Armee Tausende Gallonen von Sarin her.«[67]

Und während der 1950er- und 1960er-Jahre führten die Armee und die CIA zahlreiche Experimente mit biologischen Wirkstoffen innerhalb der Vereinigten Staaten durch. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Es gibt überzeugende Beweise dafür, daß die CIA im Jahre 1955 in Florida Keuchhusten-Bakterien freisetzte, worauf in jenem Jahr ein steiler Anstieg beim Auftreten dieser Krankheit in dem Staat zu verzeichnen war.[68] Das folgende Jahr wurde eine andere giftige Substanz in den Straßen und Tunneln von New York freigesetzt.[69]

Auch im Kapitel über Kuba werden wir sehen, wie die CIA chemischen und biologischen Krieg gegen Fidel Castros Herrschaft führte.

Im März 1966 sprach Außenminister Dean Rusk vor einem Ausschuß des Kongresses über die amerikanische Chinapolitik. Rusk, so scheint es, war verblüfft darüber, daß »die Führer der chinesischen Kommunisten zeitweise von dem Gedanken besessen zu sein scheinen, daß sie bedroht und eingekreist werden.« Er sprach von der »eingebildeten, ja fast pathologischen Vorstellung« Chinas, »daß die Vereinigten Staaten und andere Länder an seinen Grenzen nach einer Gelegenheit suchen, in Festlandchina einzufallen und das Regime in Peiping [Peking] zu zerstören.« Der Minister fügte hinzu:

»Wie viel von Peipings ›Angst‹ vor den Vereinigten Staaten authentisch ist und wie viel zu politischen Zwecken im Inland künstlich erzeugt wird, wissen nur die Führer der chinesischen Kommunisten selbst. Ich bin jedoch überzeugt, daß ihr Wunsch, unseren Einfluß und unsere Aktivitäten aus dem Westpazifik und aus Südostasien herauszudrängen, nicht in der Angst vor unserer Bedrohung begründet ist.«[70]

2 : Italien von 1947 bis 1948

Freie Wahlen im Hollywoodstil

»Denjenigen, die nicht an die Ideologie der Vereinigte Staaten glauben, wird man nicht gestatten, in den Vereinigte Staaten zu bleiben«, erklärte der amerikanische Justizminister Tom Clark im Januar 1948.[71]

Im März beschloß das Justizministerium unter Führung von Clark, daß solche Italiener, die nicht an die Ideologie der Vereinigte Staaten glaubten, nicht in die Staaten auswandem oder gar in diese einreisen dürften.

Dies war nur eine Taktik in einer bemerkenswerten amerikanischen Kampagne, um da für zu sorgen, daß denjenigen Italienern, die nicht an die Ideologie der Vereinigte Staaten glaubten, nicht gestatten würde, bei der Wahl im Jahre 1948 eine Regierung mit einer abweichenden Ideologie zu bilden.

Zwei Jahre zuvor hatte die Italienische Kommunistische Partei (PCI), eine der größten in der Welt, und die Italienische Sozialistische Partei (PSI) bei der Wahl zur Verfassungsgebenden Versammlung zusammen mehr Stimmen und mehr Sitze gewonnen als die Christdemokraten. Aber die zwei linken Parteien hatten jeweils eigene Kandidaten ins Rennen geschickt und sich daher mit einigen Ministerposten in einer Koalitionsregierung unter einem christdemokratischen Ministerpräsidenten zufriedengeben müssen. Die Ergebnisse waren dennoch deutlich genug, um der Trumanregierung Furcht vor Marx einzuflößen.

Für die am 18.04.1948 angesetzten Wahlen taten sich der PCI und der PSI zusammen, um die Demokratische Volksfront zu bilden, und schon im Februar gewannen sie die Gemeindewahlen in Pescara mit einem um 10 Prozent höheren Anteil als 1946. Die Christdemokraten kamen auf einen erbärmlichen zweiten Platz. Die Aussicht, daß die Linke in Italien eine Regierung unter ihrer Führung bilden könnte, schien bedrohlicher als je zuvor. Jetzt begannen die USA, ihre großen wirtschaftlichen und politischen Ge schütze gegen das italienische Volk in Stellung zu bringen. Das ganze gute alte Yankee Know-how, die ganze Madison-Avenue-Erfahrung in der Kunst, die öffentliche Meinung zu manipulieren, und die gesamte Hollywoodeffekthascherei würde man in diesen »Zielmarkt« drücken.

Dringend notwendige Veränderungen in Italien, wie etwa eine Agrarreform und eine Wirtschaftsreform, deren Ausbleiben ungeheure Extreme von Reichtum und Armut her vorgebracht hatte, hatten nicht die Themen des Tages zu sein. Die Kampflinie würde entlang des Themas »Demokratie« gegen »Kommunismus« (den Begriff »Kapitalismus« überließ man mit Bedacht einer Seite) gezogen werden. Die Tatsache, daß die Kommunisten während des Krieges die einzige wirklich aktive antifaschistische Gruppe in Italien gewesen und unbarmherzig verfolgt worden waren, während die christdemokratische Regierung des Jahres 1948 und andere Wahlgegner auf der Rechten von Kollaborateuren, Monarchisten und unbelehrbaren Faschisten nur so wimmelten [...] auch das würde man natürlich ignorieren, ja man würde die Tatsachen auf den Kopf stellen. Nun ging es nur noch um eins: Eine »Diktatur« der Kommunisten gegen die Liebe zur »Freiheit« bei ihren Gegenspielern – das war von vorneherein klar. Hier ein Beispiel für diese Masche: Eine Gruppe amerikanischer Kongreßabgeordneter besuchte im Sommer 1947 Italien und zog, ohne sich überhaupt mit den Tatsachen abzugeben, das willkürliche Fazit: »Das Land steht unter großem Druck von innen und von außen, nach links zu schwenken und eine totalitärkollektive Staatsordnung einzuführen.«[72]

Damit überhaupt irgendetwas von diesem ganzen Zeug glaubhaft würde, mußte das ganze Bild in den Rahmen amerikanische Lebensart kontra sowjetische Lebensart gepreßt und gequetscht werden – ein trügerischer Plan, der auf die Linken wie ein Schock wirken mußte, sahen sie sich als Italiener doch nicht als Russen bzw. Amerikaner.

Im Februar 1948 hatten in der Tschechoslowakei die nichtkommunistischen Minister wegen einer Auseinandersetzung über die Einstellung von Polizisten die Kabinettssitzungen boykottiert, woraufhin die kommunistische Regierung die Koalitionsregierung aufgelöst und allein die Macht übernommen hatte. Der Radiosender Voice of America berichtete immer wieder über dieses Ereignis, um das italienische Volk vor dem Schicksal zu warnen, das es erwarten würde, sollte Italien »kommunistisch werden«. (Das Ereignis wurde auch Jahrzehnte danach von Antikommunisten immer wieder als ein besonders treffendes Beispiel für kommunistische Doppelzüngigkeit benutzt). Allerdings hatten die italienische christdemokratische Regierung und die amerikanische Regierung allem Anschein nach das Jahr zuvor miteinander konspiriert, um auf noch himmelschreiendere Weise die Macht an sich zu reißen.

Als der italienische Ministerpräsident Alcide de Gasperi im Januar 1947 auf Einladung der USA Washington besucht hatte, war es sein wichtigstes Anliegen gewesen, um dringend benötigte finanzielle Unterstützung für sein vom Krieg verwüstetes, bitter armes Land zu bitten. Die amerikanischen Beamten hatten aber wohl eine andere Priorität. Drei Tage nach seiner Rückkehr nach Italien löste de Gasperi völlig unerwartet das Kabinett, dem etliche kommunistische und sozialistische Minister angehörten, auf. Die Presse berichtete, daß viele Italiener glaubten, de Gasperis Vorgehen habe mit seinem Besuch in den Vereinigten Staaten in Zusammenhang gestanden und darauf abgezielt, den linken, vorwiegend kommunistischen Einfluß in der Regierung zu verringern. Nach zwei Wochen umständlicher Verzögerung stellte sich die Bildung einer von de Gasperi angestrebten Mitte- oder Mitte-rechts-Regierung als unmöglich heraus. Auch das neue Kabinett umfaßte Kommunisten und Sozialisten, obwohl die Linke einige Schlüsselposition verloren hatte, insbesondere das Außen- und das Finanzministerium.

Von diesem Moment an bis zum Mai, als de Gasperis Vize, Ivan Lombardo, eine Mission nach Washington leitete, um die Bitte um Hilfe zu erneuern, wurden aus Gründen, die nicht recht klar sind, zugesagte Kredite von den Vereinigten Staaten »eingefroren.« Bei mehreren Gelegenheiten äußerte die italienische Linke in dieser Zeit ihren Ver dacht, daß die Hilfe zurückgehalten werde, um die Entfernung der Linken aus dem Kabinett durchzusetzen. Die New York Times sah sich zu der Bemerkung bewogen: »Einige Beobachter hier glauben, daß ein weiterer Linksruck in Italien die Hilfe verzögern würde.« Wie sich dann herausstellte, entließ de Gasperi an dem Tag, an dem Lombardo in Washington ankam, erneut sein gesamtes Kabinett und schlug vor, ein neues Kabinett zu bilden, das nicht auf linke Minister angewiesen sein würde. Und so kam es dann auch. In den folgenden Monaten floß außergewöhnlich großzügige Finanzhilfe nach Italien, und zusätzlich wurden die Schulden in Höhe von einer Milliarde Dollar, die Italien bei den USA hatte, gestrichen.[73]

Zu genau derselben Zeit enthob Frankreich, das ebenso sehr stark auf amerikanische Finanzhilfe angewiesen war, alle seine kommunistischen Minister ihrer Ämter. In diesem Fall gab es einen direkten Grund: Die Weigerung der kommunistischen Minister, Premier Ramadier in einer Vertrauensabstimmung über einen Lohnstopp zu unterstützen. Dennoch wurde die Entlassung in Frankreich als »Überraschung« und als »dreist« angesehen, und die Meinung war weit verbreitet, daß amerikanische Kredite dazu benutzt wurden oder dazu benutzt werden würden, Frankreich dazu zu zwingen, sich den USA anzuschließen. Ramadier sagte:

»Mit jedem Kredit, den wir erhalten, verlieren wir etwas von unserer Unabhängigkeit.«[74]

Als der letzte Monat des Wahlkampfs von 1948 begann, erklärte die Wochenzeitschrift Time den möglichen Wahlsieg der Linken zum »Rand der Katastrophe.«[75]

»Es war vor allem diese Angst«, schrieb William Colby, der frühere Direktor der CIA, »die zur Schaffung des Office of Policy Coordination führte, welches der CIA überhaupt erst die Möglichkeit zu verdeckten politischen, propagandistischen und paramilitärischen Operationen gab.«[76] Aber, soweit bekannt ist, spielten verdeckte Operationen eine relativ untergeordnete Rolle im Feldzug der Amerikaner, um die italienische Linke zugrunde zu richten. Es war die absolute Offenheit und Schamlosigkeit des Unternehmens, durch welche die ganze Sache eine solche Einmaligkeit und Arroganz – ja Großmäuligkeit – erhielt. Mit dem Glück der Demokratischen Volksfront ging es rapide bergab, angesichts einer furchteinflößenden Mobilisierung von Mitteln wie den folgen den:[77]

  • Eine massive Briefkampagne von Amerikanern italienischer Herkunft an ihre Verwandten und Freunde in Italien. Die Briefe waren zunächst von Einzelnen mit ihren eigenen Worten oder nach »Beispielbriefen« in Zeitungen formuliert, aber bald kam es zu einer Massenproduktion von fertig formulierten und bereits frankierten vorgedruckten Briefen, Überseetelegrammen, »pädagogischen Rundbriefen« und Plakaten, die nur noch mit Adresse und Unterschrift versehen werden mußten. Und eine Gruppe, die sich »Komitee zur Unterstützung der Demokratie in Italien« nannte, ließ eine halbe Million Bildpostkarten drucken, die das grausame Schicksal illustrieren sollten, welches die Italiener zu erwarten hätten, falls sie sich bei der Wahl für eine »Diktatur« oder eine »ausländische Diktatur« entscheiden würden. Nach Schätzungen wurden insgesamt 10 Millionen Postsendungen geschrieben und von Zeitungen, Radiosendern, Kirchen, der American Legion, wohlhabenden Einzelpersonen usw. versandt. Und Firmen boten in ihren Geschäftsanzeigen an, Briefe per Luftpost nach Italien zu verschicken, selbst wenn man das beworbene Produkt nicht kaufte.
  • Und all das mit der öffentlich geäußerten Zustimmung des amtierenden Außenministers und der Post, welche spezielle »Freiheitsflüge« einrichtete, um der Versendung der Post nach Italien größere öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen.
  • Die vorgedruckten Briefe enthielten Botschaften wie: »Ein kommunistischer Sieg würde Italien ruinieren. Die Vereinigten Staaten würden ihre Hilfe einstellen, und es würde wahrscheinlich einen Weltkrieg geben.« »Wir flehen Euch an, werft unser schönes Italien nicht dem grausamen und despotischen Kommunismus in die Arme! Amerika hat nichts gegen den Kommunismus in Rußland, aber warum sollte man ihn anderen Völkern, anderen Ländern überstülpen und dadurch die Fackel der Freiheit auslöschen?« »Falls die Kräfte der wahren Demokratie bei den italienischen Wahlen verlieren, wird die amerikanische Regierung kein Geld mehr nach Italien schicken, und auch wir werden Euch, unseren Verwandten, kein Geld mehr schicken.« Dies waren noch keineswegs die primitivsten Botschaften. Andere herausgehobene Themen waren: Die Vorherrschaft der Russen über Italien, der Verlust der Religion und der Kirche, der Verlust des Familienlebens sowie der Verlust von Haus und Land. Der alte Zeitungsmann Howard K. Smith sagte damals: »Für einen italienischen Bauern ist ein Telegramm, von wo auch immer, etwas Wundersames – und eine Telegramm aus dem irdischen Paradies darf man nicht so einfach ignorieren.« Die Briefe, in denen mit der Einstellung von Geschenksendungen gedroht wurde, dürften gleichermaßen einschüchternd gewirkt haben. »Solche Briefe«, schrieb ein christdemokratischer Beamter in einer italienischen Zeitung, »schlugen in süditalienischen und sizilianischen Dörfern wie Blitze ein.« Nach einer Befragung im Jahre 1949 gaben 16 Prozent der Italiener an, sie hätten Verwandte in den Vereinigten Staaten, mit denen sie in Kontakt stünden und dazu kämen noch etliche Freunde.
  • Das Außenministerium unterstützte die Warnungen in den Briefen durch die Ankündigung: »Falls die Kommunisten gewinnen sollten [...] wird es keine Unterstützung von Seiten der Vereinigten Staaten mehr geben.« Die italienische Linke fühlte sich genötigt, den Wählern regelmäßig zu versichern, daß dies nicht geschehen würde, was wiederum amerikanische Beamte einschließlich des Außenministers George Marshall dazu brachte, die Drohung zu wiederholen. (Marshall wurde 1953 der Friedensnobelpreis verliehen.)
  • Eine tägliche Folge von speziellen Kurzwellensendungen nach Italien, die vom Außenministerium und prominenten Amerikanern unterstützt wurde. (Das Außenministerium schätzte, daß es 1946 in Italien rund 1.200.000 Rundfunkgeräte gab, die für den Empfang von Kurzwellensendungen geeignet waren.) Der Justizminister ging selbst auf Sendung und versicherte dem italienischen Volk, daß es sich bei der Wahl um eine »Entscheidung zwischen Demokratie und Kommunismus, zwischen Gott und Gottlosigkeit, zwischen Ordnung und Chaos« handele. William Donovan, der während des Krieges Chef des OSS (Vorläufer der CIA) gewesen war, warnte davor, daß »unter einer kommunistischen Diktatur in Italien«, viele der »Industrieanlagen des Landes demontiert und nach Rußland verschifft sowie Millionen von italienischen Arbeitern zur Zwangsarbeit nach Rußland de portiert würden.« Und als ob dies noch nicht ausgereicht hätte, die italienischen Hörer zu beeindrucken, marschierte eine Reihe von zwar unbekannten, aber leidenschaftlichen osteuropäischen Flüchtlingen vor den Mikrofonen auf, um Horrorgeschichten über das Leben hinter dem »Eisernen Vorhang« zu erzählen.
  • Etliche private Rundfunkstationen übertrugen Sondermessen in amerikanischen katholischen Kirchen, in denen für den Papst in »dieser, seiner kritischsten Stunde« gebetet wurde, nach Italien. Auf einem Sender übermittelten die ganze Woche hindurch Hunderte von Italoamerikanem aus allen Schichten einminütige Botschaften für Italien, die über Kurzwelle übertragen wurden. Der Sender WOV in New York lud italienische Kriegsbräute dazu ein, eine persönliche Botschaft an ihre Familien zu Hause abzuschreiben. Der Sender schickte diese Aufzeichnungen dann per Post nach Italien.
  • Die Rundfunkstation Voice of America vervielfachte ihre Sendungen für Italien und hob darin Nachrichten über amerikanische Hilfe für oder Freundschaftsgesten gegenüber Italien hervor. Ein Himmel voller Stars aus dem Showgeschäft, darunter Frank Sinatra und Gary Cooper, nahm eine Serie von Radiosendungen auf, welche dazu dienen sollten, in Italien Freunde zu gewinnen und die dortige Wahl zu beeinflussen. Fünf Sendungen von italienischen Haufrauen wurden übertragen, und auch Italoamerikaner, die einen gewissen »linken« Ruf hatten, wurden für die Sache eingespannt. Der Gewerkschaftsführer Luigi Antonini forderte die Italiener auf, »die fünfte Kolonne Moskaus zu zerschmettern«, die auf die »Befehle der grausamen Moskauer Tyrannei hört«, ansonsten würde Italien zu einem »feindlichen totalitären Land.«
  • Um kommunistischen Anschuldigen, den Negern würden in den Vereinigten Staaten Aufstiegsmöglichkeiten vorenthalten, zu entkräften, brachte die Voice of America eine Sendung über ein Negerehepaar, das angeblich sein Glück im Altwarenhandel gemacht und ein Krankenhaus für seine Leute in Oklahoma City gebaut hatte. (Es muß daran erinnert werden, daß im Jahre 1948 die amerikanischen Neger noch nicht einmal den Status von Bürgern zweiter Klasse hatten.)
  • Italienische Radiosender übertrugen eine einstündige Show aus Hollywood, in der Geld für die Waisen von im Krieg gefallenen italienischen Piloten gesammelt wurde. (Darüber, daß dasselbe auch für die Waisen von deutschen Piloten getan worden wäre, gibt es keine Berichte.)
  • Amerikanische Beamte in Italien vertrieben in großem Umfang Heftchen, in denen die Wirtschaftshilfe der Vereinigten Staaten gepriesen wurde, und veranstalteten Ausstellungen unter Beziehern niedriger Einkommen. Der US Information Service zeigte eine Ausstellung »Der Arbeiter in Amerika« und setzte in großem Ausmaß Dokumentar- und Spielfilme ein, um den »American Way of Life« zu propagieren. Man schätzt, daß in dem Zeitraum unmittelbar vor der Wahl mehr als fünf Millionen Italiener wöchentlich amerikanische Dokumentarfilme sahen. Der 1939 in Hollywood gedrehte Film Ninotschka, in dem das Leben in Rußland verspottet wurde, wurde als besonders effektiver Spielfilm ausgewählt. Er wurde in Arbeitervierteln gezeigt, und die Kommunisten versuchten verbissen, seine Aufführung zu verhindern. Nach der Wahl soll ein kommunistischer Arbeiter gesagt haben: »Was uns wirklich besiegt hat, war Ninotschka.«
  • Das Justizministerium kündigte an, daß denjenigen Italienern, die der kommunistischen Partei beiträten, der Traum so vieler Italiener, die Auswanderung nach Amerika, verwehrt werden würde. Das Außenministerium entschied, daß keinem Italiener, von dem man wüßte, daß er für die Kommunisten gestimmt hätte, erlaubt würde, das Paradies auf Erden zu betreten. (Ein Telegramm des Ministeriums an einen New Yorker Politiker lautete: »Wenn man für die Kommunisten stimmt, dann bedeutet das nach dem Einwanderungsgesetz, daß man Mitglied der Kommunistischen Partei ist und zwangsläufigerweise nicht in die Vereinigten Saaten hereingelassen wird.«) Es wurde darauf gedrungen, diese Information in Briefen nach Italien besonders hervorzuheben.
  • Präsident Truman beschuldigte die Sowjetunion, ein Komplott zur Unterwerfung Westeuropas zu schmieden, und rief zu umfassender militärischer Ausbildung und Wiedereinführung der Wehrpflicht in den Vereinigten Staaten auf, um eine »drohende kommunistische Machtübernahme und Polizeistaatsherrschaft« zu verhindern. Während dieser Kampagne ankerten häufig amerikanische und britische Kriegsschiffe deutlich sichtbar vor italienischen Häfen. In einer Ausgabe, die in Italien kurz vor der Wahl weit verbreitet und kommentiert wurde, äußerte die Wochenzeitung Time zustimmend: »Die Vereinigten Staaten sollten deutlich machen, daß sie, wenn nötig, Waffengewalt einsetzen werden, um Italien davon abzuhalten, kommunistisch zu werden.«[78]
  • Die Vereinigten Staaten und Italien Unterzeichneten einen Zehnjahresvertrag über »Freundschaft, Handel und Seeschiffahrt.« Dies war der erste Vertrag dieser Art, den die USA seit dem Krieg abschlossen, ein Punkt, der in Italien immer wieder hervorgehoben wurde.
  • In Amerika ging ein »Freundschaftszug« auf Tournee, um Geschenke zu sammeln. Dann fuhr er durch Italien und verteilte diese. Der Zug war rot-weiß-blau gestrichen und trug große Schilder, auf denen die Freundschaft der amerikanischen Bürger gegenüber dem italienischen Volk zum Ausdruck gebracht wurde.
  • Die Regierung der Vereinigten Staaten verkündete, sie befürworte eine italienische Treuhänderschaft über einige ihrer früheren Kolonien, wie Äthiopien und Libyen – ein völlig unrealistischer Vorschlag, der in der Nachkriegswelt niemals durchsetzbar gewesen wäre. (Die Sowjetunion machte einen ähnlichen Vorschlag.)
  • Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich manövrierten die Sowjetunion zum dritten Mal in ein Veto gegen einen Antrag für die Aufnahme Italiens in die Vereinten Nationen. (Das erste Mal hatten die Russen ihren Widerstand da mit begründet, daß es noch keinen Friedensvertrag mit Italien gab. Nach dessen Abschluß im Jahre 1947 sagten sie, sie würden dem Vorschlag zustimmen, falls auch andere Feinde im Zweiten Weltkrieg, wie Bulgarien, Rumänien und Ungarn, Mitglieder würden.)
  • Die drei Alliierten schlugen der Sowjetunion auch Verhandlungen über eine Rückgabe Triests an Italien vor. Triest, dieser wichtige italienische Hafen an der Adriaküste und der Grenze zu Jugoslawien, war nach den Bedingungen des Friedensvertrages zur »Freien Stadt« erklärt worden. Um den Vertrag zu ändern, wäre die Zustimmung der Sowjetunion nötig gewesen. Der westliche Vorschlag diente nun dazu, die Russen in Zugzwang zu bringen. Da das italienische Volk eine starke gefühlsmäßige Bindung an Triest hatte, wäre eine Zurückweisung des Vorschlags durch die Russen dazu geeignet gewesen, die italienischen Kommunisten in ernsthafte Verlegenheit bringen. Eine Zustimmung der Sowjetunion hingegen würde ihr ihre jugoslawischen Verbündeten entfremden. Die USA drängten die Russen zu einer Reaktion, ab. Diese ließ aber auf sich warten. Vom Standpunkt der Sowjetunion wäre es am naheliegendsten und sichersten gewesen, die Antwort bis nach den italienischen Wahlen hinauszuzögern. Dennoch entschieden sie sich, ihre Zurückweisung des Vorschlags nur fünf Tage vor der Wahl zu veröffentlichen, und trieben damit einen weiteren Nagel in den Sarg der Demokratischen Volksfront.
  • Ein »Manifest an alle friedens- und freiheitsliebenden Italiener«, in dem sie aufgefordert wurden, den Kommunismus zurückzuweisen, wurde an Ministerpräsident de Gasperi gesandt. Zu seinen Unterzeichnern zählten zwei frühere amerikanische Außenminister, ein früherer stellvertretender Außenminister, ein früherer Justizminister, ein früherer Richter am Obersten Bundesgericht, ein früherer Gouverneur von New York, die frühere Präsidentengattin Eleanor Roosevelt und viele andere prominente Persönlichkeiten. Diese Botschaft wurde, wie sich leicht vermuten läßt, zum passenden Zeitpunkt in Italien veröffentlicht, was besonders des halb leicht zu bewerkstelligen war, weil geschätzte 82 Prozent der italienischen Zeitungen in den Händen solcher Eigentümer waren, die dem linken Block ablehnend gegenüberstanden.
  • Mehr als 200 amerikanische Gewerkschaftsführer italienischer Herkunft veranstalteten eine Konferenz, die in einem Telegramm endete, das an 23 Tageszeitungen überall in Italien geschickt wurde und in ähnlicher Weise gegen die Roten hetzte. Gleichzeitig überwies der Italian-American Labor Council 50.000 Dollar an antikommunistische Arbeiterorganisationen in Italien. Im Geheimen unterstützte die CIA solche Gewerkschaften schon seit einiger Zeit, um den Einfluß linker Gewerkschaften zurückzudrängen.[79] Dies war aber ohnehin gängige Praxis und nicht von Wahlerwägungen abhängig. (Als die Kommunisten im Jahre 1945, zu nächst in Sizilien, dann in ganz Italien und Südfrankreich, nahe daran waren, die Kontrolle über die Gewerkschaften zu übernehmen, so berichtete ein früherer CIA-Beamter, hätten sich der Geheimdienst und die Mafia zusammengetan, um sich gemeinsam der Flut entgegenzustemmen.)[80]
  • Wie die CIA später zugab, überwies sie eine Million Dollar – im Italien des Jahres 1948 eine unvorstellbare Summe – an italienische »Parteien der Mitte.«[81] Andere Berichte sprechen sogar von 10 Millionen. Die CIA fälschte auch Dokumente und Briefe, die angeblich vom PCI, der Italienischen Kommunistischen Partei, stammten und dazu dienen sollten, die Partei in ein schlechtes Licht zu rücken und ihre Führer zu diskreditierten. Von der CIA finanzierte Bücher und Zeitschriftenartikel schilderten in anschaulichen Einzelheiten angebliche kommunistische Taten in Osteuropa und der Sowjetunion. Und in Flugblättern wurden das Sexual- und Privatleben von PCI-Kandidaten durchgehechelt und ihnen faschistische und/oder kirchenfeindliche Züge angedichtet.[82]
  • Eine amerikanische Gruppe von vorwiegend italoamerikanischen Musikern reiste nach Rom und gab dort eine Reihe von Konzerten.
  • Einen Monat vor den italienischen Wahlen sah Präsident Truman den richtigen Zeitpunkt gekommen, um der italienischen Regierung 29 Handelsschiffe als »Zeichen der Freundschaft und des Vertrauens in ein demokratisches Italien« zu über geben. (Dabei handelte es sich um italienische Schiffe, die im Krieg von den Amerikanern erbeutet worden waren, und um andere, welche die erbeuteten und verlorengegangenen ersetzen sollten.)
  • Vier Tage danach bewilligte der Haushaltsausschuß des Abgeordnetenhauses eiligst 18,7 Millionen Dollar als zusätzliche »Überbrückungshilfe« für Italien.
  • Zwei Wochen danach übergaben die Vereinigten Staaten Italien 4,3 Millionen Dollar als erste Auszahlung von Löhnen für 60.000 ehemalige italienische Kriegs gefangene in den USA, welche »freiwillig« für die Sache der Alliierten gearbeitet hatten. Das war ein Verstoß gegen den Friedensvertrag, in dem vereinbart worden war, daß die italienische Regierung für Zahlungen dieser Art verantwortlich war.
  • Sechs Tage vor dem Wahltag kündigte das Außenministerium öffentlich an, Italien würde bald 31 Millionen Dollar in Gold als Ersatz für das Gold, das die Nazis geraubt hatten, erhalten. (Die Tatsache, daß nur wenige Jahre zuvor Italien noch ein »Feind« gewesen war und an der Seite der Nazis gekämpft hatte, war jetzt nur noch eine vage Erinnerung.)
  • Zwei Tage später bewilligte die US-Regierung zwei weitere große Schiffsladungen von Nahrungsmitteln für Italien, wovon die eine aus Getreide im Wert von acht Millionen Dollar bestand. Etliche der Hilfsschiffe wurden bei der Ankunft in Italien während des Wahlkampfs unter feierlichen Zeremonien und Ansprachen des amerikanischen Botschafters entladen.
  • Ein in ganz Italien berühmtes Plakat lautete: »Das Brot, das wir essen – 40 Prozent italienisches Mehl – 60 Prozent umsonst von den Amerikanern geschicktes Mehl.« Die Plakate vergaßen allerdings mitzuteilen, ob die Einsparungen den Verbrauchern zugutegekommen oder in den Taschen der Brotfirmen gelandet waren.
  • Vier Tage vor dem Wahltag kündigte die Amerikanische Kommission für die Restaurierung italienischer Denkmäler eine zusätzliche Reihe von Zahlungen an das italienische Kultusministerium an.
  • Der 25. April wurde von den Amerikanischen Sympathisanten für ein freies Italien zum »Tag des freien Italien« erklärt und im ganzen Land mit Festen begangen.
  • Der amerikanische Botschafter James Clement Dunn reiste ununterbrochen durch Italien und wies die Bevölkerung »bei jeder nur möglichen Gelegenheit« darauf hin, »was die amerikanische Hilfe für sie und ihr Land bedeutete.« Beim Löschen der letzten Lebensmittelladung erklärte Dunn, das amerikanische Volk würde Italien vor dem Verhungern, vor dem Chaos und vor der möglichen Beherrschung von außen retten. Seine Ansprachen wurden gewöhnlich in der nichtlinken Presse ausführlich wiedergegeben. Im Gegensatz dazu verbot die italienische Regierung etlichen ihrer Botschafter im Ausland die Heimreise, um für die Demokratische Volksfront Wahlkampf zu machen.

In seiner historischen Rede vom 12. März 1947, die später als »Trumandoktrin«-Rede bekannt wurde, hatte der Präsident verkündet:

»Ich glaube, es muß die Politik der Vereinigten Staaten sein, die freien Völker bei ihrem Widerstand gegen die Versklavung durch bewaffnete Minderheiten oder durch äußeren Zwang zu unterstützen. Und ich glaube auch fest daran, daß wir den freien Völkern dabei helfen müssen, ihr eigenes Schicksal auf ihre eigene Weise zu gestalten.«[83]

Es muß wohl kaum betont werden, wie verlogen diese Verheißung war, aber es gab nur wenige Stimmen in den Vereinigten Staaten, die sich gegen den Kreuzzug der Regierung in Italien erhoben, und sie waren unter dem Gebrüll auch kaum zu hören. Das italoamerikanische Komitee für Freie Wahlen in Italien veranstaltete eine Zusammenkunft, um den Propaganda-Blitzkrieg zu verurteilen. Es erklärte, »Tausende von Amerikanern italienischer Herkunft fühlten sich zutiefst beschämt durch den ununterbrochenen Strom von Hinweisen, Ratschlägen und Druck auf die Italiener, als wären diese unfähig, selbst darüber zu entscheiden, wen sie wählen.«[84]

Auch die Progressive Party erhob ihre Stimme und erklärte: »Als Amerikaner lehnen wir die Drohung unserer Regierung ab, den Italienern Nahrungshilfe zu verweigern, wenn die Wahlergebnisse uns nicht gefallen. Hungernde Kinder dürfen nicht ohne Nahrung bleiben, weil ihre Eltern nicht so wählen, wie es ihnen von außen befohlen wird.«[85] Der Präsidentschaftskandidat dieser Partei im Jahre 1948 war Henry Wallace, der frühere Vizepräsident und ein offener Verfechter einer Entspannungspolitik mit der Sowjetunion. Die Geschichte gab uns nicht die Gelegenheit, zu beobachten, was die Reaktion derjenigen, die nichts Falsches dabei sahen, was die Vereinigten Staaten in Italien taten, gewesen wäre, wenn eine ähnliche Kampagne von der Sowjetunion oder der amerikanischen Linken zugunsten von Wallace gestartet worden wäre.

Obwohl einige Italiener damals davon überzeugt gewesen sein müssen, daß Stalin persönlich der Spitzenkandidat der Demokratischen Volksfront war, verdient die tatsächliche Einmischung der Sowjetunion in den Wahlkampf kaum eine Schlagzeile. Die amerikanische Presse erging sich in Vermutungen darüber, daß die Russen erhebliche Geld summen in die Kassen der Kommunistischen Partei fließen lassen würden. Ein vom italienischen Büro der Presseagentur United Press erstellter Bericht deckte jedoch auf, daß allein die antikommunistischen Parteien siebeneinhalb Mal so viel für alle Formen der Propaganda aufwendeten wie die Demokratische Volksfront.[86] Was die Aktivitäten der Sowjets betrifft, so sagt Howard K. Smith:

»Die Russen versuchten eine Zeitlang, darauf mit einer eher schwachen Geste zu antworten: Einige italienische Kriegsgefangene wurden freigelassen, und eine gewisse Menge an Zeitungsdruckpapier wurde nach Italien geschickt und allen Parteien für ihren Wahlkampf angeboten. Aber es gab nichts, was der ungeheuren Flutwelle hätte Widerstand leisten können. Es gibt Beweise dafür, daß die Russen fanden, die Vorstellung werde langsam zu hart für sie, und daß ihnen Bedenken kamen, was die Reaktion der Amerikaner und Briten auf einen kommunistischen Wahlsieg sein würde. (Rußlands Besorgnis vor einem Konflikt mit dem Westen wurde auch innerhalb eines Monats nach der Wahl in Italien in einem der berühmten Briefe der Kominform an Tito zum Ausdruck gebracht. Darin wurden die Jugoslawen beschuldigt, sie hätten versucht, die Sowjets zu einer Zeit, als ›es hätte klar sein müssen, daß [...] die UdSSR nach einem solchen schweren Krieg keinen neuen beginnen könne‹, in einen Konflikt mit den Westmächten zu verwickeln.)«[87]

Der Beweis, auf den Smith verweist, war die Ablehnung des Vorschlags zu Triest durch die Sowjets. Durch die Wahl des Zeitpunkts, so berichtete die New York Times, »veranlaßte das unerwartete Vorgehen einige Beobachter zu der Schlußfolgerung, die Russen hätten die Italienische Kommunistische Partei über Bord geworfen.«[88] Die Parteizeitung tat sich mit der Geschichte ziemlich schwer. Und auch Washington konnte mit der Entscheidung nicht so recht umgehen, unterminierte sie doch die fundamentale Prämisse der Kampagne in Italien, nämlich daß die Italienische Kommunistische Partei und die Sowjetunion in Bezug auf ihre Mittel und Ziele absolut identisch wären und daß man, wenn man das eine kaufte, auch das andere bekäme. Deshalb wurde die Vermutung in die Welt gesetzt, die Ablehnung durch die Sowjets sei möglicherweise nur eine Taktik, um zu demonstrieren, daß die USA ihr Versprechen bezüglich Triests nicht einhalten könnten. Aber die Ankündigung der Sowjetunion war von keinerlei Propagandabotschaft dieser Art begleitet, und die Vermutung würde auch nicht erklären, warum die Russen etliche Wochen – bis kurz vor dem entscheidenden Zeitpunkt – abgewartet hatten, um ihren italienischen Genossen diesen Tiefschlag zu versetzen. Wie man es auch dreht, die Vereinigten Staaten konnten in den Augen der Öffentlichkeit aus dieser Sache jedenfalls nur besser hervorgehen als die Russen.

Als die Broadwayshow der Einmischung in Italien vorbei war, standen die Christdemokraten mit 48 Prozent der Stimmen als klarer Wahlsieger fest. Das linke Wahlbündnis hatte mit einem völlig unerwarteten Ergebnis von 31 Prozent eine Demütigung hinnehmen müssen. Es war ein Kreuzzug gewesen, wie ihn Aneurin Bevan den Torries zugeschrieben hatte: »Alle Kunstgriffe der konservativen Politik im 20.Jahrhundert«, schrieb der Führer der britischen Labourparty, »werden dazu eingesetzt, es den Reichen zu er möglichen, die Armen davon zu überzeugen, daß sie ihre politische Freiheit dazu nutzen müßten, die Reichen an der Macht zu halten.«

3: Griechenland 1947 bis in die frühen 1950er-Jahre

Von der Wiege der Demokratie zum Vasallenstaat

Jorge Semprún ist ein Spanier, ein Franzose, ein Romanautor, Drehbuchschreiber, ehe maliger Kommunist und ehemaliger Insasse von Buchenwald. Er war, zusammen mit anderen Parteimitgliedern, 1944 in dem berüchtigten Konzentrationslager der Nazis, als er die Nachricht hörte:

»Einige Tage lang sprachen wir von nichts anderem [...] Zunächst hatten wir geglaubt, es wäre eine Lüge. Es mußte ganz einfach so sein. Eine Erfindung der Nazipropaganda, um die Moral der Menschen zu heben. Wir lauschten den Nachrichtensendungen im deutschen Radio, die von allen Lautsprechern im Lager übertragen wurden, und wir schüttelten die Köpfe. Es war ein Trick, um die Moral des deutschen Volkes zu heben, es mußte ganz einfach einer sein. Aber bald mußten wir uns den Tatsachen stellen. Einige von uns hatten heimlich alliierte Nachrichtensendungen gehört, in denen die Neuigkeiten bestätigt wurden. Es gab keinen Zweifel mehr: Britische Truppen vernichteten tatsächlich den griechischen Widerstand. In Athen wüteten die Kämpfe und die britischen Truppen eroberten die Stadt, Stadtteil um Stadtteil, von den Kämpfern der ELAS zurück. Es war ein ungleicher Kampf: Die ELAS hatte weder Panzer noch Flugzeuge. Aber Radio Moskau schwieg beharrlich, und dieses Schweigen wurde unterschiedlich interpretiert.«[89]

Die britische Armee war im Oktober und November 1944 in Griechenland gelandet, kurz nachdem der Großteil der Deutschen geflohen war – ein Rückzug, der zu nicht geringem Teil der ELAS, der Griechischen Volksbefreiungsarmee, zu verdanken war. Ge gründet im Verlauf der Jahre 1941 und 1942 auf Initiative der Griechischen Kommunistischen Partei, umfaßten die ELAS und ihr politischer Arm, die Volksbefreiungsfront (EAM), den gesamten linken Flügel des politischen Spektrums und zählten viele Priester und sogar einige Bischöfe zu ihren Anhängern. Die Partisanen hatten große Gebiete des Landes von den deutschen Invasionstruppen befreit, die im Jahre 1941 die Briten vertrieben hatten.

Die Partisanen der ELAS/EAM konnten rücksichtslos und mit Gewalt gegenüber solchen Griechen vorgehen, die nicht mit ihnen zusammenarbeiteten oder der Kollaboration verdächtig waren. Aber sie lieferten auch ein glänzendes Beispiel dafür, welche Wirkungen ein Weltkrieg freisetzen kann: Die alten, rückständigen und verkrusteten Strukturen Griechenlands wurden beiseite geräumt, und an ihrer Stelle entstanden Gemein den, die zumindest eine Ähnlichkeit aufwiesen mit solchen, die von den einheimischen Bewohnern geleitet wurden. Es waren rudimentäre Institutionen und Mechanismen, welche die Vorläufer einer neuen griechischen Gesellschaft nach dem Krieg hätten sein können. Auf einmal gab es Bildung, welche vielleicht auf Propaganda ausgerichtet war, aber für die Analphabeten war es dennoch Bildung. Es gab Kampfverbände aus Frauen, und Hausfrauen wurden zum ersten Mal dazu aufgefordert, unabhängig von der Kon trolle durch ihre Ehemännern zu handeln [...] ein Phänomen, welches sich unkontrollierbar ausbreitete, bis die EAM endlich etwa zwei der sieben Millionen Griechen hinter sich hatte.[90]

Dies war kaum die Gesellschaftsordnung, welche die Magengeschwüre der britischen Reaktionäre, welche Griechenland lange als ihren Privatbesitz betrachtet hatten (wie beispielsweise Winston Churchill), hätten beruhigen können. Der große Mann hatte sich, mit allen Implikationen, die sich daraus ergaben, darauf festgelegt, den griechischen König wieder in seine rechtmäßige Stellung einzusetzen, und das britische Militär in Griechenland verlor keine Zeit, eine Regierung einzusetzen, welche diesem Ziel verpflichtet war. Monarchisten, Kollaborateure, und Konservative aller Schattierungen befanden sich wieder in politischen Machtstellungen, vor allem in der neuen griechischen Armee und Polizei, während Mitglieder der EAM/ELAS sich im Gefängnis wiederfanden oder getötet worden waren.[91]

In den frühen Tagen des Weltkriegs, als der Sieg über die Nazis das alles beherrschende Ziel der Alliierten war, hatte Churchill die ELAS noch als »jene heldenhaften Partisanen« bezeichnet, und die Unterstützer der ELAS hatten Anfang November die Briten mit einem Spruchband begrüßt, auf dem stand: »Wir grüßen die tapfere englische Armee.«[92]

Den darauf folgenden Monat jedoch brachen Kämpfe aus zwischen der ELAS auf der einen Seite und den britischen Truppen und ihren griechischen Waffenbrüdern, von denen viele im Krieg gegen die ELAS gekämpft und dabei mit den Nazis kollaboriert hatten, während andere bloß unter den Deutschen gedient hatten, auf der anderen. (Der britische Außenminister, Emest Bevin, gab im August 1946 zu, daß 228 ehemalige Mitglieder der deutschen Sicherheitsbataillone – deren Hauptaufgabe es gewesen war, Ju den und griechische Widerstandskämpfer aufzuspüren – aktiven Dienst in der neuen griechischen Armee leisteten.)[93] Weitere Unterstützung für den Feldzug gegen die ELAS kam von der US-amerikanischen Luftwaffe und Marine, welche mehr als zwei britische Divisionen nach Griechenland transportierten.[94] Und dies alles, während nach wie vor in Europa der Krieg gegen Deutschland tobte.

Mitte Januar 1945 stimmte die ELAS einem Waffenstillstand zu, der sich in seinem Erscheinungsbild und in seiner Wirkung nicht sehr von einer Kapitulation unterschied. Unter den Historikern ist umstritten, ob die ELAS militärisch besiegt war oder ob die Kommunisten in den Führungsebenen von ELAS und EAM von Stalin angewiesen worden waren, die Waffen niederzulegen. Falls das letztere der Fall gewesen sein sollte, stände dies im Einklang mit dem im Oktober 1944 getroffenen Geheimabkommen zwischen Stalin und Churchill, durch das Osteuropa in Einflußsphären zwischen den beiden Mächten aufgeteilt wurde. In diesem (wie Churchill zugab) zynischen Monopolyspiel waren die Briten in Griechenland an Land gegangen. Später schrieb Churchill:

»Stalin hielt sich strikt und gewissenhaft an unser Abkommen vom Oktober, und während all der langen Wochen, in denen wir die Kommunisten in den Straßen von Athen bekämpften, kam niemals ein Wort des Vorwurfs von der Prawda oder der Iswestija.«[95]

Oder – wie Jorge Semprún bemerkte – von Radio Moskau.

In seiner bedeutenden Geschichte des Kalten Krieges betonte Professor D. F. Fleming:

»Griechenland war der erste der befreiten Staaten, der ganz offen und mit Gewalt dazu gezwungen wurde, das politische System der Besatzungsgroßmacht zu über nehmen. Es war Churchill, der zuerst so handelte, und es war Stalin, der seinem Beispiel folgte: In Bulgarien und dann in Rumänien, wenn auch mit weniger Blut vergießen.«[96]

Es folgte eine ganze Reihe von griechischen Regierungen, die ihr Amt unter dem Wohl wollen der Briten und US-Amerikaner ausübten. Es waren total korrupte Regierungen in der modernen griechischen Tradition, die weiterhin die Linken terrorisierten, sie in den berüchtigten Gefangenenlagern auf den Inseln folterten und nahezu nichts unternahmen, um die tägliche Not des vom Krieg zerrissenen griechischen Volkes zu lindem.[97] »Es gibt nur wenige moderne Parallelen für eine solch schlechte Regierung wie diese«, bemerkte seinerzeit Howard K. Smith, der führende europäische Korrespondent des amerikanischen Senders CBS.[98]

Im Herbst des Jahres 1946 trat das Unausweichliche ein: Die Linken gingen in die Berge, um die zweite Phase des Bürgerkriegs einzuleiten. Die Kommunisten hatten ihren Hals aus Stalins Würgegriff befreit, denn ihr bloßes Überleben und alles, an das sie geglaubt hatten, standen auf dem Spiel.

Die Briten litten unter den Nöten ihres eigenen Nachkriegs-Wiederaufbaus, und im Februar des Jahres 1947 teilten sie den USA mit, daß sie nicht länger die Last auf sich nehmen könnten, eine starke bewaffnete Macht in Griechenland aufrechtzuerhalten, und ebenso wenig, dem Land beträchtliche militärische und wirtschaftliche Hilfe zu leisten. So kam es, daß die historische Aufgabe, all das zu bewahren, was anständig und gut an der Zivilisation des Westens ist, in die Hände der USA überging.

Einige Tage danach bestellte das amerikanische Außenministerium den griechischen Geschäftsträger in Washington ein und informierte ihn darüber, daß seine Regierung die USA, um Hilfe zu bitten habe. Dies habe durch ein offizielles Bittschreiben zu erfolgen: Ein Dokument, so stellte sich heraus, das im Wesentlichen vom Außenministerium selbst verfaßt worden war. Der Text des Briefes, so berichtet der Geschäftsträger, »war mit Blick auf die Mentalität des Kongresses entworfen worden [...] Er würde ebenso dazu dienen, die US-Regierung gegen in- und ausländische Vorwürfe zu schützen, daß sie die Initiative dazu ergriffen habe, in einem fremden Staat zu intervenieren, oder daß sie sich von den Briten dazu hätte dazu überreden lassen, eine schlechte Hinterlassenschaft von ihnen zu übernehmen. Die Note würde auch als Grundlage für die Pflege der öffentlichen Meinung dienen, welche zu beachten sei.«[99]

Im Juli schrieb Außenminister George Marshall in einem Brief an Dwight Griswold, den Chef der American Mission to Aid Greece:

»Es besteht die Möglichkeit, daß Sie und der Botschafter während ihres Aufenthalts in Griechenland zu dem Schluß kommen werden, daß sich durch eine Kabinettsumbildung die Wirksamkeit Ihrer Mission erhöhen läßt. Falls Sie zu einer solchen Schlußfolgerung kommen, besteht die Hoffnung, daß Sie und der Botschafter dazu in der Lage sein werden, eine solche Veränderung indirekt durch dezente Vorschläge zu bewirken, und wenn nicht, dann auf eine solche Art und Weise, daß selbst die politischen Führer der Griechen das Gefühl haben werden, diese Veränderung sei größtenteils aufgrund ihrer eigenen Bemühungen und nicht durch Druck von außen zustandegekommen.«[100]

Der Außenminister gab Griswold, einem Mann, den die New York Times kurz darauf den »mächtigsten Mann in Griechenland«[101] nannte, eine weitere detaillierte Anweisung:

»Im Verlauf Ihrer Arbeit werden Sie und die Mitarbeiter Ihrer Mission von Zeit zu Zeit bemerken, daß bestimmte griechische Beamte – sei es aus Inkompetenz, Nicht-Übereinstimmung mit Ihren Maßnahmen oder verschiedenen anderen Grün den – die Zusammenarbeit, welche erforderlich ist, um die Ziele Ihrer Mission zu erreichen, nicht verstärken. Sie werden es für nötig erachten, diese Beamten zu entfernen.«[102]

Diese Kunstgriffe waren jedoch bei Weitem nicht die zynischsten Aspekte der amerikanischen Bemühungen. Die Beamten in Washington wußten sehr gut, daß die Regierung ihres neuen Vasallen so bestechlich war und sich so wenig um die Menschenrechte scherte, daß sogar eingefleischte amerikanische Antikommunisten entsetzt waren. Dazu zählte auch Stewart Alsop. Am 23.02.1947 hatte der bekannte Journalist in einem Telegramm aus Athen berichtet, die meisten griechischen Politiker hätten »keinen größeren Ehrgeiz, als die einträglichen Wonnen einer freien Wirtschaft auf Kosten der Amerikaner zu kosten.«[103] Im gleichen Jahr fanden Mitglieder einer amerikanischen Untersuchungskommission heraus, daß zu einer Zeit, während der geschätzte 75 Prozent der griechischen Kinder an Unterernährung litten, große Bestände von Lebensmittelhilfslieferungen in Lagerhäusern verdarben.[104]

Es war so schwierig, dieses Bildschönzufarben, daß Präsident Truman in seiner Ansprache an den Kongreß im März 1947, in der er um Hilfe für Griechenland auf der Grundlage der griechischen »Bitte« nachsuchte (der sogenannten »Truman Doktrin-Rede), versuchte, der Kritik zuvorzukommen, indem er zugab, daß die griechische Regierung »nicht vollkommen« wäre und daß »sie ihre Fehler gemacht« hätte. Irgendwie aber – durch eine besondere ideologische Alchemie, die dem Präsidenten bestens vertraut war – wurde das Regime in Athen »demokratisch«, und seine Widersacher wurden zu den bekannten »Terroristen.«[105]

Zwar wurde die Sowjetunion in dieser besonderen Rede nicht erwähnt, jedoch kehrte in der amerikanischen Argumentation die nächsten zweieinhalb Jahre unerbittlich folgen des Muster wieder: Die Russen würden die griechische Linke aufwiegeln, noch ein weiteres »freies« Land zu entführen und es durch Fußtritte und Geschrei hinter den Eisernen Vorhang zu ziehen.

Die kommunistischen Nachbarstaaten Bulgarien, Albanien und insbesondere Jugoslawien, die zum Teil durch alte territoriale Ansprüche gegenüber Griechenland motiviert waren, unterstützten die Aufständischen dadurch, daß sie ihnen wichtige Rückzugsgebiete hinter ihren Grenzen einräumten und sie mit militärischen Hilfsgütern (ob in erheblichem oder eher symbolischem Ausmaß, sei dahingestellt) unterstützten. Die UdSSR jedoch, in der Person Josef Stalins, lehnte es unerbittlich ab, die griechischen »Genossen« zu unterstützen. Auf einem Treffen mit jugoslawischen Führern Anfang des Jahres 1948 (einige Monate vor dem Bruch Jugoslawiens mit der Sowjetunion), so beschrieb Milovan Djilas, der zweite in der Hierarchie nach Tito, wandte sich Stalin an den Außenminister Edvard Kardelj und fragte ihn: »Glauben Sie an den Erfolg des Aufstandes in Griechenland?«

»Kardelj antwortete: ›Falls die ausländischen Interventionen nicht zunehmen und keine ernsthaften politische und militärischen Fehler gemacht werden.‹ Ohne auf Kardeljs Meinung einzugehen, fuhr Stalin fort: ›Falls, Falls! Nein, sie haben nicht die geringste Aussicht auf Erfolg. Ja, glaubst Du denn, daß Großbritannien und die Vereinigten Staaten – die Vereinigten Staaten, der mächtigste Staat in der Welt – euch erlauben werden, ihre Nachschubwege im Mittelmeer zu unterbrechen? Blödsinn! Und wir haben keine Marine. Der Aufstand in Griechenland muß so schnell wir möglich beendet werden.‹«[106]

Die ersten größeren Schiffsladungen mit militärischen Hilfsgütern im Rahmen der neuen amerikanischen Operation kamen im Sommer des Jahres 1947 an. (Bereits zu der Zeit, als die Briten noch das Sagen hatten, hatten die Vereinigten Staaten erhebliche Mengen an die griechische Regierung geliefert.) Als das Jahr zu Ende ging, wurde das griechische Militär ausschließlich durch amerikanische Hilfslieferungen unterstützt, bis hin zu den Uniformen und Nahrungsmitteln. Das Kriegsführungspotential des Landes änderte sich nun: Der Umfang der griechischen Truppen wurde kontinuierlich erhöht [...] dazu kamen Kampfbomber, Transportgeschwader, Flugplätze, Napalmbomben, rückstoßfreie Gewehre, Patrouillenschiffe auf See, Nachrichtennetze [...] Docks, Schienenverbindungen, Straßen, Brücken [...] Hunderte von Millionen Dollar an Vorräten und Ausrüstung, die sich, rechnet man die Beträge seit dem Ende des Krieges zusammen, der Milliardengrenze näherten [...] und viele zusätzliche Millionen zur Schaffung von Kampfverbänden einer »Geheimen Reservearmee«, die sich vor allem aus den ehemaligen Mitliedern der deutschen Sicherheitsbataillone zusammensetzte, von denen schon die Rede war.[107]

Die Militärmission der Vereinigten Staaten nahm den unfähigen griechischen Generälen die Aufstellung von Schlachtplänen aus der Hand. Die Mission, so schrieb der beteiligte britische Militärautor Major Edgar O’Ballance, »schlug einen harten Kurs ein und bestand darauf, daß alle ihre Anordnungen ohne Verzögerung und ohne Ausnahme ausgeführt würden.«[108] Schließlich befanden sich über 250 amerikanische Offiziere im Land, von denen viele griechischen Divisionen zugeordnet waren, um sicherzustellen, daß alle Anweisungen befolgt würden. Andere waren auf Brigadeniveau tätig, und weitere rund 200 Mitglieder der Luftwaffe und der Marine der Vereinigten Staaten übten ihren aktiven Dienst in Griechenland aus.

Alle militärischen Ausbildungsmethoden und Trainigsprogramme wurden unter amerikanischer Aufsicht »überprüft, auf den neuesten Stand gebracht und gestrafft«[109] [...] die Mobilität der Infanterieeinheiten wurde erhöht, und sie wurden mit größerer Feuerkraft ausgestattet. Besondere Kommandoeinheiten wurden in Antiguerillataktik geschult. Dazu kam die Ausbildung in Kriegsführung in den Bergen, zu deren Unterstützung etwa 4.000 Maultiere aus den Vereinigten Staaten nach Griechenland verschifft wurden [...] auf amerikanischen Druck hin wurden ganze Gruppen der Bevölkerung entwurzelt, um die natürlichen Operationsbasen und Rekrutierungsquellen der Partisanen zu zerstören, genau so, wie es 20 Jahre später in Vietnam geschah.

»Sowohl auf dem Boden als auch in der Luft nahm die amerikanische Unterstützung immer mehr zu«, berichtete C. M. Woodhouse, der britische Oberst und Historiker, der Mitte der 1940er Jahre in Griechenland diente, »und die Grenzlinie zwischen Ratschlägen, Aufklärung und Kampfhandlungen war letztlich nur noch theoretisch.«[110]

Die griechischen Linken hielten drei entsetzliche Jahre lang durch. Trotz Verlusten von Zehntausenden ihrer Soldaten konnten sie ihre Reihen immer wieder auffüllen, ja sogar die Truppenstärke noch erhöhen. Aber als im Oktober 1949 abzusehen war, daß angesichts einer gewaltig überlegenen Zerstörungsmaschinerie nur noch ein weiterer Verlust von Leben zu erwarten war, boten die Partisanen über ihren Radiosender einen »Waffenstillstand« an. Damit war der Bürgerkrieg zu Ende.

Das Ausmaß der amerikanischen Hegemonie über Griechenland seit dem Jahr 1947 läßt sich kaum übertreiben. Wir haben Marshalls Anweisungen an Griswold kennengelernt und gesehen, wie die Amerikaner die Kriegshandlungen steuerten. Auch viele weitere Beispiele belegen dies wie etwa die folgenden:

Im September 1947 stimmte der stellvertretende Ministerpräsident Konstantinos Tsaldaris einer Kabinettsauflösung und der Einsetzung einer neuen Regierungskoalition zu. Da mit hatte Tsaldaris, so die New York Times, sich »dem Verlangen Dwight P. Griswolds [...] des [amerikanischen] Botschafters MacVeagh und auch des Königs unterworfen.«[111] Bevor sich Tsaldaris in dieser Angelegenheit in einer Rede an die griechische Legislative wenden konnte, schritt MacVeagh ein und änderte den Text der Rede.[112]

Die ganzen folgenden Jahre hindurch kam keiner der zahlreichen Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten ohne Vorgabe, wenn nicht sogar ohne ausdrücklichen Befehl aus Washington zustande.[113] Ein Beispiel für einen solchen Befehl ist der Brief, den der amerikanische Botschafter Henry Grady im Jahre 1950 an Ministerpräsident Sophokles Venizelos sandte, in dem er mit der Einstellung der amerikanischen Hilfe drohte, falls Venizelos keine Kabinettsumbildung zustandebringen sollte. Venizelos wurde zum Rück tritt gezwungen.[114] Der amerikanische Einfluß wurde auch in Bezug auf andere hohe Stellungen in der griechischen Gesellschaft spürbar. Andreas Papandreou, der später selbst Ministerpräsident werden sollte, schrieb über diese Zeit, »Kabinettsmitglieder und Generäle, die Führer von politischen Parteien und die Mitglieder der Führungsschicht, sie alle bezogen sich ganz offen auf amerikanische Wünsche oder Ansichten, um ihre eigenen Handlungen oder Positionen zu rechtfertigen.«[115]

Vor einer neuen Razzia auf Regimekritiker im Juli 1947 konsultierten die griechischen Behörden zunächst Boschafter MacVeagh. Der Botschafter teilte ihnen mit, die Regierung der Vereinigten Staaten habe keine Einwände gegen »vorbeugende Maßnahmen, wenn sie für nötig erachtet würden.« Diese Versicherung gab den Griechen grünes Licht, und sie verhafteten 4.000 Menschen in einer Woche.[116]

Ein Beispiel dafür, was einen griechischen Bürger ins Gefängnis bringen konnte, ist der Fall eines EAM-Mitglieds, das zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, weil es eine Bemerkung veröffentlicht hatte, die als eine Beleidigung Dwight Griswolds angesehen wurde. Der Mann hatte den Amerikaner als »offiziellen Repräsentanten eines ausländischen Staates« bezeichnet.[117]

»Auf dem Gebiet der Wirtschaft übten« die Vereinigten Staaten »während der frühen Fünfzigerjahre eine fast diktatorische Kontrolle aus. Sie forderten, die Unterschrift des Leiters der amerikanischen Wirtschaftsmission habe auf jedem wichtigen Dokument neben der des griechischen Ministers für Zusammenarbeit zu erscheinen«, wie Andreas Papandreou schrieb.[118]

In den Jahren zuvor war die amerikanische Lenkung des Wirtschaftslebens vielleicht noch strenger. Ein Memorandum aus Athen vom 17.11.1947, das die amerikanische Mission für die Unterstützung Griechenlands an das Außenministerium sandte, lautete in Auszügen:

»Wir haben praktisch die Herrschaft [...] über den Haushalt des Landes, das Steuerwesen, die Ausgabe von Bargeld, die Preis- und Lohnpolitik sowie die staatliche Wirtschaftsplanung, und darüber hinaus über den Import und den Export, die Ausgabe von ausländischen Zahlungsmitteln sowie die Steuerung des militärischen Wiederaufbaus und die Sozialausgaben.«[119]

Außerdem wurde eine neue Behörde für die innere Sicherheit geschaffen, die nach der CIA benannt und nach ihrem Vorbild organisiert wurde, der KYP. Es dauerte nicht lange, und der KYP übte all die liebenswerten Tätigkeiten einer Geheimpolizei aus, ein schließlich systematischer Folter.

Anfang der 1950er-Jahre war Griechenland zu einem äußerst verläßlichen Verbündeten/Vasallen der Vereinigten Staaten geworden. Es war aus Überzeugung antikommunistisch und gut in das System der NATO integriert. Es schickte Truppen nach Korea, um den Anspruch der Vereinigten Staaten, der Krieg dort sei nicht bloß ein amerikanischer Krieg, zu unterstützen.

Man kann mit absoluter Sicherheit sagen, daß Griechenland in bedeutend höherem Maße unabhängig von den Vereinigten Staaten gewesen wäre, wäre die Linke an die Macht gekommen. Griechenland wäre voraussichtlich genau so unabhängig von der Sowjetunion gewesen, der die griechische Linke nichts schuldete. Wie Jugoslawien, das auch keine gemeinsame Grenze mit der UdSSR hatte, wäre Griechenland zwar mit den Russen befreundet, aber unabhängig gewesen.

Als im Jahre 1964 in Griechenland eine Regierung an die Macht kam, die sich der ab sonderlichen Idee hingab, Griechenland sei ein souveräner Staat, machten die Vereinigten Staaten und ihre griechischen Handlanger – wie wir noch sehen werden – schnell und wirksam Schluß mit dieser Häresie.

4: Die Philippinen in den 1940er- und 1950er-Jahren

Die älteste Kolonie Amerikas

„»Nacht für Nacht, bis um Mitternacht, ging ich in den Fluren des Weißen Hauses auf und ab. Und ich schäme mich, wenn ich Euch, meine Herren, erzähle, daß ich in mehr als einer Nacht auf die Knie niederfiel und Gott, den Allmächtigen, um Erleuchtung und Rat anflehte. Und dann, spät eines Nachts, erkannte ich plötzlich – fragen Sie mich bitte nicht, wie dies geschah – folgendes: 1. Daß wir sie [die Philippinen] nicht an Spanien zurückgeben könnten – das würde feige und schändlich sein. 2. Daß wir sie nicht an Frankreich oder Deutschland übergeben könnten – unseren Handelskonkurrenten im Femen Osten –, dann wären wir keine guten Kaufleute und es wäre entehrend. 3. Daß wir sie sich nicht selbst überlassen könnten – sie wären unfähig, sich selbst zu regieren – und es würde dort drüben bald eine schlimmere Anarchie und Mißregierung herrschen als zur Zeit der Spanier. 4. Daß uns nichts übrig bliebe, als sie ganz zu übernehmen, die Philippiner zu erziehen, ihr geistiges Niveau zu heben und sie zu christianisieren sowie mit Gottes Gnade das Beste, was wir für sie, als unseren Mitmenschen, für die Christus gestorben ist, tun können, zu tun.«“

William McKinley, Präsident der Vereinigten Staaten, 1899

William McKinleys Vorstellung davon, das Beste für die Philippiner zu tun, bestand darin, die Armee der Vereinigten Staaten einzusetzen, um sie zu Zehntausenden zu er morden, ihre Dörfer niederzubrennen und die Grundlagen für eine wirtschaftliche Ausbeutung zu legen, welche die amerikanischen Staatsmänner und Zeitungen seinerzeit stolz als »Imperialismus« bezeichneten.[120]

Nachdem die Spanier im Jahre 1898 durch eine gemeinsame Anstrengung der Vereinigten Staaten und der Philippiner von den Philippinen verjagt worden waren, stimmte Spanien einer »Abtretung« (das bedeutet: einem Verkauf) der Inseln an die Vereinigten Staaten für 20 Millionen Dollar zu. Aber die Philippiner, die bereits ihre eigene unabhängige Republik ausgerufen hatten, konnten sich nicht dafür erwärmen, wie ein Stück unbewohntes Bauland behandelt zu werden. Also machte sich eine amerikanische Streitmacht von mindesten 50.000 Mann daran, der Bevölkerung eine angemessene Einstellung zu ihrem Status beizubringen.

So kam es zu jener amerikanischen Kolonie, die Amerika am längsten besitzen sollte und die auch ganz offen als Kolonie erkennbar war.

Nahezu ein halbes Jahrhundert später landete die Armee der Vereinigten Staaten abermals auf den Philippinen und fand eine Volksbewegung vor, die erneut gegen einen gemeinsamen Feind kämpfte, dieses Mal gegen die Japaner. Diese Befreiungsbewegung wurde Huk genannt, eine Kurzform von Hukbalahap, welches selbst wieder eine Abkürzung ist, nämlich von Hukbo ng Bayan Laban sa mga Hapon, das heißt »Volksarmee gegen die Japaner« in Tagalog, der Muttersprache vieler Philippiner. Während das amerikanische Militär das Jahr 1945 hindurch die Japaner bekämpfte, ergriff es viele Maß nahmen, die darauf abzielten, die Widerstandsarmee zu vernichten. Amerikanische Truppen entwaffneten viele Einheiten der Huk, beseitigten die lokalen Selbstverwaltungen, welche die Huk aufgebaut hatte, und verhafteten viele ihrer hochrangigen Mitglieder wie auch die Führer der Kommunistischen Partei der Philippinen und steckten sie ins Gefängnis. Im Wesentlichen von amerikanischen Offizieren organisierte und geführte Guerillatrupps, welche sich aus amerikanischen und philippinischen Soldaten der so genannten US Army Forces in the Far East zusammensetzten, führten Polizeiaktionen durch, welche zu einem regelrechten Terrorregime gegen die Huk und verdächtige Sympathisanten führte. Herabsetzende Gerüchte über die Huk wurden verbreitet, um ihre Unterstützung durch die Bauern zu untergraben. Und den Japanern wurde erlaubt, unbehelligt die Kampfverbände der Huk anzugreifen.

Und dies alles, während die Huk in schwere Kämpfe gegen die japanischen Invasoren und ihre philippinischen Kollaborateure verwickelt war und oft genug den amerikanischen Soldaten zu Hilfe kam.[121]

Bei ihren Kämpfen gegen die Huk griffen die Vereinigten Staaten häufig auf Philippiner zurück, welche mit den Japanern kollaborierten: Grundherren und Großgrundbesitzer sowie viele Polizisten und andere Beamte. In der Nachkriegszeit setzten die USA viele derjenigen, die mit dem Makel der Kollaboration beschmutzt waren, wieder in Macht und Stellung ein – zum großen Abscheu der anderen Philippiner.[122]

Die Guerillatruppen der Huk hatten sich im Jahre 1942 als Reaktion auf die Besetzung der Inseln durch die Japaner organisiert, und zwar im Wesentlichen auf Initiative der Kommunistischen Partei. Unter den amerikanischen Politikern gab es einige, die automatisch zu der Schlußfolgerung kamen, die Huk könne deshalb nicht anderes sein als ein Werkzeug der »Verschwörung des Weltkommunismus«, gegen die man vorgehen müßte, weil man ganz einfach gegen solche Gruppen vorzugehen hatte. Andere in Washington und Manila, deren Reflexe weniger automatisch, dafür aber umso zynischer waren, erkannten, daß die Huk-Bewegung, sollte ihr wachsender Einfluß nicht aufgehalten werden, zu einer grundlegenden Reform der philippinischen Gesellschaft führen würde.

Das Kernstück des politischen Programms der Huk war eine Landreform, eine dringen de Notwendigkeit in dieser weitgehend landwirtschaftlich organisierten Gesellschaft. (Bei manchen Gelegenheiten stimmten die US-Beamten der Idee zwar nach außen hin zu, aber während der 50 Jahre der amerikanischen Besatzung war nichts in dieser Richtung unternommen worden.) Der andere zentrale Programmpunkt der Huk war die Industrialisierung, welche die Vereinigten Staaten lange Zeit hintertrieben hatten, um der amerikanischen Industrie einen regelrechten Spielplatz auf den Philippinen zu bieten. Aus der Sicht der Huk waren solche Veränderungen nichts als ein Vorspiel, um die Inselbewohner von ihrer Rückständigkeit, ihrem Analphabetismus, der drückenden Armut und von den aus der Armut resultierenden Krankheiten wie Tuberkulose und Beriberi zu befreien. »Die kommunistische Huk-balahap-Revolution«, berichtete die New York Times, »wird allgemein als ein Resultat der Not und der Unzufriedenheit der Bauern auf Mittelluzon [der Hauptinsel] angesehen.«[123]

In einer Jahre später für die Armee der Vereinigten Staaten durchgeführten Untersuchung klingt diese Einsicht wieder an. Dort wird feststellt, daß »die Not und die Klagen der Bauern und nicht leninistische Ideen die Haupttriebkraft« der Huk waren.[124]

Nichtsdestoweniger war die Huk-Bewegung unverkennbar eine Bedrohung des neokolonialen Status der Philippinen, der amerikanischen Einflußsphäre und derjenigen philippinischen Interessen, welche vom Status quo profitierten.

Ende des Jahres 1945, also vier Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, waren die Vereinigten Staaten dabei, eine Streitmacht von 50.000 philippinischen Soldaten für den Kalten Krieg auszubilden und auszurüsten.[125] In einer Zeugenaussage vor einem Ausschuß des Kongresses gab Generalmajor William Arnold von der Armee der Vereinigten Staaten ganz offen zu, dieses Programm sei »für die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung und keinesfalls wegen außenpolitsicher Schwierigkeiten notwendig« gewesen.[126] Kein einziges der anwesenden Kongreßmitglieder äußerte öffentlich irgendwelche Vor behalte bezüglich der völkerrechtlichen Angemessenheit einer solchen Außenpolitik.

Andererseits wurden amerikanische Soldaten auf den Philippinen zurückgehalten, und zumindest in einer Infanteriedivision wurde die Gefechtsausbildung wieder aufgenommen. Dies führte zu lautstarken Protesten und Demonstration der GIs, die nichts anders wollten, als nach Hause zu fahren. Die Einführung der Gefechtsausbildung wurde, wie die New York Times enthüllte, »von den Soldaten und einigen philippinischen Zeitungen als Vorbereitung auf die Unterdrückung möglicher Erhebungen verärgerter Gruppen von Landpächtem auf den Philippinen interpretiert.« Weiter heißt es in der Meldung, die Soldaten hätten auch eine Menge zu sagen gehabt »über die amerikanischen bewaffneten Interventionen in China und Niederländisch-Indien [dem heutigen Indonesien]«, welche zur gleichen Zeit stattfanden.[127]

In welchem Ausmaß amerikanische Armeeangehörige nach dem Krieg direkt an der Unterdrückung von regimekritischen Gruppen auf den Philippinen beteiligt waren, ist nicht bekannt.

Obwohl die Huk den philippinischen und amerikanischen Behörden nicht soweit traute, um freiwillig ihre Waffen abzugeben, war sie bereit, die guten Absichten der Regierung einem Test zu unterwerfen. Sie nahm also als Teil einer »Demokratischen Allianz« von liberalen und sozialistischen Bauernparteien an den allgemeinen Wahlen im April des Jahres 1946 teil. (Die Unabhängigkeit der Philippinen war auf einen Termin vier Monate später festgelegt worden – auf den 04.07.1946, den amerikanischen Nationalfeiertag, um genau zu sein.) Wie sich herausstellte, wurde dem Oberbefehlshaber der Huk, Luis Taruc, und etlichen anderen Mitglieder der Allianz sowie reformorientierten Kandidaten, die einen der Sitze im Kongreß (drei im Senat und sieben im Abgeordnetenhaus) errungen hatten, verweigert, ihre Sitze einzunehmen, unter der fadenscheinigen und erfundenen Begründung, ihre Wähler wären durch Zwang beeinflußt worden. In keinem der Fälle war von der zuständigen Körperschaft, dem Wahlgericht, eine Untersuchung oder Überprüfung der Fälle vorgenommen worden.[128] (Zwei Jahre danach gestattete man Taruc zeitweilig, seinen Sitz einzunehmen, als er nach Manila kam, um mit der Regierung über einen Waffenstillstand zu verhandeln.)

Der mit der Maßnahme, diesen Kandidaten ihre Sitze im Parlament zu verweigern, verbundene Zweck war gleichermaßen durchsichtig: Die Regierung war so in der Lage, das umstrittenere Gesetz über das Handelsabkommen zwischen den Philippinen und den USA durch den Kongreß zu peitschen. Es wurde mit zwei Stimmen mehr als nötig vom Abgeordnetenhaus angenommen, und ebenso knapp vom Senat. Das Abkommen über trug den Vereinigten Staaten großzügige Privilegien und Vollmachten in der philippinischen Wirtschaft, einschließlich »gleiche Rechte [...] bei der Erschließung der Boden schätze des Landes und der Leitung der öffentlichen Versorgungsbetriebe.«[129] Diese »Gleichwertigkeits«-Klausel wurde schließlich auf alle Sektoren der philippinischen Wirtschaft ausgeweitet.[130]

Dieser Herabwürdigung des Wahlprozesses folgte eine Welle schwerster Brutalitäten gegen die Bauern, die vom Militär, der Polizei und den Schlägerbanden der Grundherren begangen wurden. Luis Taruc zufolge wurden in den auf die Wahl folgenden Monaten ganze Bauerndörfer zerstört, mehr als 500 Bauern und ihre Anführer ermordet und etwa drei Mal so viele ins Gefängnis geworfen, gefoltert, verkrüppelt oder verschleppt. Die Huk und andere Gruppen sahen keine Alternative für sich, als den bewaffneten Kampf wieder aufzunehmen.[131]

Auch die Unabhängigkeit brachte keine wirklichen Veränderungen. Sogar der amerikanische Historiker George E. Taylor, der auch in der Washingtoner Führungsschicht einen völlig unverdächtigen Ruf genoß, mußte in einem Buch, welches deutliche Anzeichen einer Finanzierung durch die CIA erkennen läßt, zugeben, daß die Unabhängigkeit »gekennzeichnet war von freigiebigen Bekenntnissen gegenseitigen guten Willens, von teilweise erfüllten Versprechungen und von einer Wiederherstellung der alten Beziehungen in jeder Hinsicht, außer im Namen [...] . Den Philippinen wurden von den Ver einigten Staaten wiederholt Handelsvergünstigungen abgefordert, aber es gab keine Forderungen, welche zum sozialen und politischen Vorteil der Philippinen gewesen wären.«[132]

In der Zwischenzeit ging das amerikanische Militär dazu über, sich auf den Philippinen festzusetzen. Durch ein Abkommen aus dem Jahr 1947 wurde dem US-Militär Gelände für 23 Militärstützpunkte überlassen. Das Abkommen sollte 99 Jahre gelten. Es legte fest, daß amerikanische Soldaten, welche außerhalb der Militärstützpunkte im Dienst Verbrechen begingen, nur innerhalb der Stützpunkte vor amerikanische Militärgerichte gestellt werden durften.

Die Bedingungen eines gleichzeitig abgeschlossenen militärischen Beistandspaktes verboten es der philippinischen Regierung, irgendwelche Militärgüter, und sei es eine einzige Kugel, von anderen Waffenlieferanten als den der USA zu kaufen, es war nur mit der amerikanischen Erlaubnis genehmigt. Das schloß auch Ausbildung, Wartung und Ersatzteile mit ein und machte das philippinische Militär in höchstem Maße von seinen amerikanischen Partnern abhängig. Und schließlich wurde keinen Ausländem – außer den Amerikanern selbst – gestattet, ohne Zustimmung der Vereinigten Staaten irgend eine Funktion in der philippinischen Armee auszuüben.[133]

Bis Anfang des Jahres 1950 hatten die Vereinigten Staaten den Philippinen Waffen und andere Militärgüter im Wert von über 200 Millionen Dollar geliefert. Das war für die damalige Zeit eine außergewöhnliche Summe, und dabei sind noch nicht einmal die Kosten für den Bau verschiedenster militärischer Einrichtungen mitgerechnet.[134] Die Joint US Military Advisory Group (JUSMAG) strukturierte den philippinischen Geheimdienst und das Verteidigungsministerium um, setzte den von ihr selbst ausgewählten Ramon Magsaysay an dessen Spitze und gliederte die philippinische Armee in Gefechtseinheiten von Bataillonsstärke, welche für die Bekämpfung von kriegerischen Aufständen ausgebildet wurden.[135] Die Philippinen mußten als Laborexperiment für diesen ungewöhnlichen Typ von Kampfeinsätzen herhalten. Die Methoden und die Terminologie, wie etwa »Aufspüren-und-Zerstören« und »Befriedung«, wurden später in Vietnam berüchtigt.

Als im September Oberstleutnant Edward G. Lansdale auf den Philippinen ankam, zeigte der Bürgerkrieg alle Anzeichen einer langandauemden Angelegenheit, und es war kein Sieg einer der beiden Seiten in Sicht. Nach außen hin war Lansdale nur ein weiterer der JUSMAG zugeordneter amerikanischer Militärberater, aber in Wirklichkeit war er der Chef der geheimen und paramilitärischen Operationen der CIA in diesem Land. Sein scheinbarer Erfolg auf den Philippinen machte ihn später zu einer anerkannten Autorität auf dem Gebiet der Aufstandsbekämpfung.

In seinen späteren Erinnerungen an diese Zeit seines Lebens berichtet Lansdale von seiner Überraschung, als er von philippinischen zivilen Freunden hörte, wie repressiv die Regierung Quirinos war, daß ihre Greueltaten ebenso schlimm waren wie diejenigen der Huk (oder die ihr zugeschriebenen), daß die Regierung »von Korruption zerfressen« war (bis hin zum einfachen Polizisten auf der Straße, wie Lansdale selbst beobachten konnte), daß Quirino selbst im Jahr zuvor nur aufgrund von »umfassendem Betrug« gewählt worden war, daß »die Huk recht hatte«, daß sie die »Woge der Zukunft« war und daß Gewalt die einzige Möglichkeit des Volkes war, eine Regierung nach seinen Wünschen zu bekommen. (Die Polizei, so schrieb ein Korrespondent der Saturday Evening Post, war eine »uniformierte Bande von Dieben und Vergewaltigern, die mehr gefürchtet wurde als die Banditen [...] und die Armee war kaum besser.«)[136]

Aber Lansdale ließ sich davon nicht abschrecken. Er war gekommen, um seinen Job zu machen. Deshalb sagte er sich, wenn die Huk an die Macht käme, würde dies nur zu einer anderen Form von Unrecht durch andere privilegierte Wenige führen, die von einer noch grausameren Macht unterstützt würden. Im nächsten Kapitel lesen wir, daß er sich selbst überredet hatte, er stünde auf der Seite derjenigen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, »die menschliche Freiheit auf den Philippinen zu verteidigen.«[137]

Als früherem Werbemann war Lansdale der Einsatz von Marktforschung, Motivationstechniken, Medien und Täuschung geläufig. Im Jargon der CIA gelten solche Künste als »Psychologische Kriegsführung.« Zu diesem Zweck gründete Lansdale eine Einheit, die er Civil Affairs Office nannte. Deren Aktivitäten basierten auf der Prämisse – die den meisten amerikanischen Offizieren sowohl neu als auch suspekt war –, daß eine populäre Guerillaarmee nicht durch den Einsatz von Militär allein besiegt werden könne.

Lansdales Gruppe untersuchte sorgfältig den Aberglauben der philippinischen Bauern, die im Gebiet der Huk lebten: Ihre Überlieferungen, Tabus und Mythen wurden nach Anhaltspunkten für angemessene Methoden durchgekämmt, um die Bauern von der Unterstützung der Aufständischen abzubringen. Bei einer Operation flogen Lansdales Leute in einem kleinen Flugzeug versteckt durch die Wolkendecke über diese Gebiete und riefen per Lautsprecher auf Tagalog geheimnisvolle Flüche auf jeden Dorfbewohner herab, der es wagte, der Huk Nahrungsmittel und Unterschlupf zu gewähren. Berichten zufolge war die Taktik so erfolgreich, daß einige Huk-Einheiten vor Hunger aufgaben.[138]

Eine weitere von Lansdale initiierte »Psychologische Kriegsführungs«-Operation machte sich die abergläubische Furcht vor dem Asuang, einem mythischen Vampir, unter den philippinischen Landbewohnern zu Nutze. Eine von Lansdales Gruppen drang in eine Stadt ein und verbreitete das Gerücht, ein Asuang lebe in den benachbarten Hügeln, wo die Huk einen ihrer Stützpunkte hatte, aus dem die Regierungstruppen sie unbedingt heraushaben wollte. Zwei Nächte später, nachdem das Gerücht genug Zeit gehabt hatte, unter den Unterstützern der Huk in der Stadt zu zirkulieren und in die Berge vorzudringen, legte Lansdales Gruppe den Rebellen auf einem Pfad, den diese benutzten, einen Hinterhalt. Als eine Huk-Patrouille den Hinterhalt passierte, schnappten sich sie Männer der Gruppe geräuschlos den letzten Mann, punktierten seinen Hals nach Vampirart mit zwei Löchern, hielten seinen Körper mit dem Kopf nach unten, bis das Blut herausfloß, und legten die Leiche auf den Pfad. Als die Huk-Leute, die genau so abergläubig waren wie jeder andere Philippiner, den blutlosen Kameraden entdeckten, verließen sie flucht artig diese Region.[139]

Lansdale veranstaltete regelmäßig »Kaffeeklatsch«-Sitzungen mit philippinischen Be amten und Offizieren, auf denen – nach Art einer Brainstorming-Sitzung in der Madison Avenue, dem Zentrum der amerikanischen Werbeindustrie – neue Ideen ungehindert hin- und hergewälzt wurden. Daraus entstand das Economic Development Corps, das die Kämpfer der Huk mit einem Programm der Wiederansiedlung auf ihrem eigenen Fleckchen Ackerland, einschließlich Werkzeug, Saatgut usw. ködern sollte. Dieses Unternehmen war in keiner Weise dem Landproblem angemessen, und die Anzahl derer, die darauf reagierten, war sehr bescheiden. Aber es ging ja eigentlich, wie bei anderen Techniken der psychologischen Kriegsführung, vor allem auch darum, dem Feind seine überzeugendsten Argumente zu stehlen.[140] Weitere von Lansdale entwickelte oder verfeinerte Taktiken waren: die Produktion von Filmen und Radiosendungen, um die Handlungen der Regierung zu erklären und zu rechtfertigen; das Einschleusen von Agenten der Regierung in die Mannschaftsgrade der Huk, um dort Informationen zu verbreiten und Zwietracht zu säen; Versuche, das Verhalten von Regierungssoldaten zu ändern, um ihre Mißhandlung der Menschen in ländlichen Gebieten einzuschränken (die Huk nämlich folgte schon seit langem einem ausdrücklichen Kodex einwandfreien Verhaltens gegenüber den Bauern, mit Strafen gegen diejenigen, die dagegen verstießen), bei anderen Gelegenheiten jedoch erlaubte man den Regierungssoldaten, als Huk-Soldaten verkleidet in den Dörfern Amok zu laufen.[141]

Wie Leroy Fletcher Prouty enthüllte, war letzteres eine »auf den Philippinen zu höchster Kunst entwickelte« Technik, bei der Soldaten »im Stil des für seine Massenproduktionen bekannten Regisseurs Cecil B. De Mille auf das unvorbereitete Dorf losgelassen wurden.[142] Prouty, ein pensionierter Oberst der amerikanischen Luftwaffe, war neun Jahre lang der zentrale Verbindungsoffizier zwischen dem Pentagon und der CIA. Er beschrieb auch eine andere Art von Szenario, in dem die Huk mit dem Terroristenpinsel angemalt wurde, um den politischen Charakter der Bewegung zu verdunkeln und ihre Glaubwürdigkeit zu untergraben:

»Auf den Philippinen wurden im Interesse der Holz- und der Zuckerindustrie Tau sende von einfachen, rückständigen Dorfbewohnern gezwungen, die Gebiete, in denen ihre Familien schon seit Jahrhunderten lebten, zu verlassen. Jedermann dürfte klar sein, daß diese armen Leute, wenn sie in andere Landesteile fliehen, ihrerseits die Rechte der dort lebenden Dorfbewohner oder Landbesitzer verletzen. Dies erzeugt gewalttätige Unruhen oder zumindest sporadisches Banditentum, das letzte Mittel, das sterbenden und terrorisierten Menschen zur Verfügung steht. Wenn dann die Regierung in der entfernten Hauptstadt von dem Banditentum und den Unruhen Kenntnis erhält, muß sie eine ungefährliche Erklärung dafür haben. Das letzte, was eine Regionalregierung möchte, wäre, den Menschen zu erzählen, daß die gewaltigen Interessen der Holz- oder Papierindustrie sie aus ihrer angestammten Heimat vertrieben haben. Auf den Philippinen ist es üblich, daß die Regional- oder Lokalregierung zehn Prozent des Gewinns aus allen derartigen Geschäften bekommt, und die Politiker der Zentralregierung nochmals weitere zehn Prozent. Deshalb lautet die für sie ungefährliche Erklärung: ›Kommunistisch gesteuerter subversiver Aufstand.‹ Das Wort auf den Philippinen hierfür ist Huk.«[143]

Der hinterlistigste Teil der CIA-Operation auf den Philippinen war die vollständige Manipulation des politischen Lebens in diesem Land, wobei vor allem die inszenierten Wahlen und die Desinformationskampagnen hervorstechen. Der Höhepunkt dieser Bestrebungen war die Wahl von Ramon Magsaysay, dem kooperativen früheren Verteidigungsminister, zum Präsidenten im Jahr 1953.

Lansdale, so heißt es, »erfand« Magsaysay.[144] Seine CIA-Tamorganisationen – wie etwa die Volksbewegung für Freie Wahlen – führten den philippinischen Wahlkampf genau so zügellos, straflos und mit Geld gespickt, wie man es von den Wahlkampforganisationen der Demokraten oder Republikaner in den USA, oder um ein noch treffenderes Bei spiel zu geben, von Bürgermeister Daley in Chicago erwarten würde. Sogar die New York Times bezeichnete in einem Leitartikel die Philippinen als das »Vorzeigeprojekt der Demokratie in Asien.«[145]

Einmal versetzte die CIA die Getränke von Magsaysays Gegner, dem amtierenden Präsidenten Elpido Quirino, vor einer Ansprache mit Drogen, so daß er unzusammenhängendes Zeug redete. Ein anderes Mal, als Magsaysay nicht davon abzubringen war, eine Rede zu halten, die ein Philippiner statt ein Mitarbeiter von Lansdales Mannschaft geschrieben hatte, geriet Lansdale so sehr in Zorn, daß er den Präsidentschaftskandidaten bewußtlos schlug.[146]

Magsaysay gewann die Wahl, aber die CIA hatte dennoch vorgesorgt und Waffen für einen Staatsstreich eingeschmuggelt, für den Fall, daß ihr Mann verlieren sollte.[147]

Sobald Magsaysay im Amt war, schrieb die CIA seine Reden, steuerte bis ins letzte sei ne Außenpolitik und setzte sein Presse-»Vermögen« (bezahlte Herausgeber und Journalisten) ein, um ihn mit einer stets bereitstehenden Gruppe von Claqueuren zu versorgen, welche seine Inlandspolitik und seine Beteiligung an dem von den USA gesteuerten antikommunistischen Kreuzzug in Südostasien unterstützten sowie Zeitungskolumnisten attackierten, die gegen die USA eingestellt waren. Magsaysay war den Vereinigten Staaten dermaßen ergeben, daß er an »Eisenhower schrieb, er würde alles tun, was die Vereinigten Staaten von ihm fordern sollten – sogar dann, wenn sein eigener Außenminister dagegen wäre«, wie Sherman Adams, der Privatsekretär des Präsidenten, enthüllte.[148]

Eine von der CIA zur Unterstützung von Magsaysay ersonnene Praxis wurde später auch von anderen seiner Außenstellen in Ländern der Dritten Welt aufgegriffen. Dieses besondere Täuschungsmanöver bestand darin, von Presseagenten der CIA für Provinzblätter geschriebene Artikel in einem monatlichen Pressedienst mit Auszügen aus der Provinzpresse wiederzuveröffentlichen. Dieser wurde dann an Kongreßabgeordnete und andere Meinungsmacher in Manila geschickt, um sie darüber zu informieren, »was die Provinzen dachten.«[149]

Senator Claro M. Recto, Magsaysays politischer Hauptgegner und ein entschiedener Kritiker der amerikanischen Politik auf den Philippinen, wurde einer besonderen Behandlung unterzogen. Die CIA lancierte das Gerücht, er sei ein Agent des kommunistischen China, und stellte Kondompäckchen her, die den Aufdruck trugen »Mit den besten Empfehlungen von Claro M. Recto – dem Freund des Volkes.« Alle Kondome hatten Löcher an den Stellen, wo man sie am allerwenigsten gebrauchen konnte.[150]

Die CIA plante auch die Ermordung Rectos, bis hin zur Herstellung einer Substanz, um ihn zu vergiften. Die Idee wurde jedoch »aus pragmatischen Überlegungen, nicht wegen moralischer Skrupel« fallengelassen.[151]

Nachdem Magsaysay im Jahre 1957 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen war, suchte die CIA unter den verschiedensten philippinischen Politikern und Parteien nach neuen Handlangern, und etliche boten sich sogar von selbst an. Zu letzteren zählte auch Diosdado Macapagal, der im Jahre 1961 Präsident werden sollte. Macapagal versorgte die CIA etliche Jahre mit politischen Informationen und forderte schließlich, was ihm seiner Ansicht nach zustand: massive finanzielle Unterstützung für seinen Wahlkampf. (Reader’s Digest nannte seine Wahl: »Ohne jeden Zweifel eine Demonstration echter Demokratie.«)[152]

Ironischerweise war Macapagal der schärfste Gegner der amerikanischen Einmischung bei der Wahl Magsaysays im Jahr 1953 gewesen und hatte immer wieder folgende Stelle aus einem philippinischen Gesetz zitiert: »Kein Ausländer darf – direkt oder indirekt – einen Kandidaten unterstützen oder in irgendeiner Weise sich an einer Wahl beteiligen oder sie beeinflussen.«[153]

Und eine noch größere Ironie ist wohl, daß die philippinische Regierung im Jahr 1957 ein Gesetz verabschiedete, das ganz deutlich die Handschrift von Amerikanern trug. Mit diesem Gesetz wurden die Kommunistische Partei und die Huk verboten, und eine der Begründungen hierfür lautete, diese Organisation wollte die Regierung »der Kontrolle und Vorherrschaft einer ausländischen Macht« ausliefem.[154]

Als das Jahr 1953 begann, waren die Kämpfer der Huk auseinandergetrieben und demoralisiert und stellten nicht länger eine ernsthafte Bedrohung dar. Ihr Tod sollte sich je doch noch über die nächsten Jahre hinziehen. Es ist schwer zu sagen, inwieweit das Ende der Bewegung auf den Einsatz traditioneller Truppen zurückzuführen ist, auf Lansdales unorthodoxere Methoden oder auf die endgültige Entkräftung der Huk Kämpfer infolge von Unterernährung und Krankheiten, die durch die Verelendung der Bauernschaft bedingt waren. Schon lange vor dem Ende mangelte es der Huk an Waffen, Munition und angemessener militärischer Ausrüstung, die immer wieder von philippinischen und amerikanischen Behörden erhobene Beschuldigung, die Sowjetunion und China hätten die Huk unterstützt, unglaubwürdig macht.[155] Edward Lachica, ein philippinischer Historiker, schrieb:

»Der Kreml unterstützte die kommunistische Bewegung auf den Philippinen zwar mit Worten und pries die Huk als einen Teil des ›weltweiten Kampfes gegen die USA‹, aber materielle Hilfe bot er ihr nicht an.«[156]

»Seit der Zerstörung der militärischen Macht der Huk«, bemerkte George Taylor, »ist das gesellschaftliche und politische Programm, das ihren Erfolg ermöglicht hatte, weit gehend auf der Strecke geblieben.«[157]

Die Festung Amerika jedoch war nun fest in Südostasien etabliert. Die Philippinen würden zur Basis für amerikanische Luft- und Seeangriffe gegen Korea und China, Vietnam und Indonesien werden. Die philippinische Regierung würde Kampftruppen an der Seite der Vereinigten Staaten nach Korea und Vietnam schicken. Und auf den amerikanischen Stützpunkten in diesem Land würden die Technik und Kunst der Bekämpfung von kriegerischen Aufständen an die Truppen der anderen amerikanischen Verbündeten im Pazifik weitergegeben werden.

5: Korea 1945 bis 1953

War alles so, wie es den Anschein hatte?

„Für eine Idee zu sterben, ist ohne jeden Zweifel edel. Aber wie viel edler wäre es, wenn die Menschen für Ideen stürben, die richtig sind?“

H. L. Mencken, 1919

Wie kommt es, daß der Koreakrieg nicht dieselben Proteste hervorgerufen hat, wie sie den Vietnamkrieg begleiteten? Alles, was wir an Vietnam lieben und schätzen, hatte sei ne Vorläufer in Korea: die Unterstützung eine korrupten Tyrannei, die Greueltaten, die Napalmbomben, der Massenmord an Zivilisten, die verwüsteten Städte und Dörfer, die Nachrichtenmanipulationen, die Sabotage der Friedensgespräche. Aber das amerikanische Volk war davon überzeugt, daß es sich beim Krieg in Korea um einen eindeutigen Fall handelte: Ein Land marschierte ohne Anlaß in eine anderes ein. Es war ein Angriff der bösen Jungs auf die guten Jungs, die von den noch besseren Jungs gerettet wurden. Es gab nicht die historische, politische und moralische Verunsicherung, welche das Dilemma des Vietnamkriegs war. Der Koreakrieg begann nach allgemeiner Sicht mit dem Angriff Nordkoreas auf Südkorea am frühen Morgen des 25.06.1950 – Vietnam hinge gen [...] niemand schien zu wissen, wie, oder wann oder warum alles anfing.

Und der Vorwurf des »Imperialismus« stand dem amerikanischen Vorgehen in Korea auch nicht im Wege. Denn schließlich kämpften die Vereinigten Staaten als Teil einer Armee der Vereinten Nationen. Wie hätte man dagegen protestierten können? Und dann war da ja auch noch der Terror von Senator McCarthy gegen Andersdenkende, der die 1950er Jahre beherrschte, was zusätzlich jeden Protest verhinderte.

Es gab natürlich recht unterschiedliche Meinungen darüber, um was es bei dem Krieg überhaupt ging, wie er geführt wurde und sogar über seinen Ausbruch, aber sie gingen alle im Kriegsfieber unter.

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besetzten die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten Korea, um die besiegten Japaner zu vertreiben. Entlang des 38. Breiten grades wurde eine Demarkationslinie zwischen den russischen und amerikanischen Truppen errichtet. Damit war in keiner Weise die explizite oder implizite Absicht verbunden, zwei getrennte Staaten zu schaffen, aber der Kalte Krieg warf bereits seine Schatten voraus.

Für beide Mächte war die Vereinigung des Nordens mit dem Süden das vordringliche und erwünschte Ziel. Aber beide wollten auch, daß dies nach dem jeweiligen ideologischen Muster geschehe. So begann, großzügig mit Doppelzüngigkeit angereichert, eine Abfolge von Vorschlägen und Gegenvorschlägen, Anschuldigungen und Gegenanschuldigungen, und es kam in den folgenden Jahren zu keiner Übereinkunft. Obwohl sowohl Moskau als auch Washington wie auch ihre jeweiligen handverlesenen koreanischen Führer die Teilung des Landes nicht immer als unerfreulich empfanden (denn ein halbes Land war immerhin besser als gar keins), so riefen doch die Politiker und Bürger auf beiden Seiten beständig und aufrichtig nach einer Vereinigung auf geordneter Grundlage.

Daß Korea bei Kriegsausbruch nach wie vor ein Land und die Vereinigung weiterhin das Ziel war, unterstrich der Chefdelegierte der USA bei den Vereinten Nationen, Warren Austin, in einer kurz darauf erfolgten Erklärung:

»Die künstliche Grenze, welche Nord- und Südkorea bis heute teilt, hat keinerlei Existenzgrundlage, weder eine juristische noch eine von der Vernunft begründete. Weder die Vereinten Nationen, ihre Kommission für Korea, noch die Republik Korea [Südkorea] erkennen eine solche Linie an. Nun haben die Nordkoreaner durch ihren bewaffneten Angriff auf die Republik Korea die Realität einer solchen Linie überhaupt bestritten.«[158]

All die Jahre hindurch waren die beiden Seiten immer wieder über den Breitengrad hin weg aneinander geraten. Was also an jenem schicksalhaften Tag im Juni geschah, könnte man gut als eine Eskalation eines bereits im Gang befindlichen Bürgerkriegs ansehen. Die nordkoreanische Regierung erklärte, daß allein im Jahre 1949 Einheiten der südkoreanischen Armee oder Polizei 2617 bewaffnete Einfalle im Norden verübten, um Mord, Entführungen, Plünderungen und Brandstiftungen zu begehen, mit dem Ziel, soziale Unruhen zu schüren und die Gefechtsfähigkeit der jeweiligen Angreifer zu erhöhen. Einmal, so behauptete die Regierung in Pjöngjang, sollen Tausende von Soldaten an einer einzigen Schlacht beteiligt gewesen sein, bei der es viele Gefallene gab.[159]

Ein Beamter des amerikanischen Außenministeriums, Sonderbotschafter Philip C. Jessup, beschrieb es in einer Rede vom April 1950 so:

»Es herrscht ein ständiger Kampf zwischen der südkoreanischen Armee und Gruppen, die das Land vom Norden her infiltrieren. Es gibt regelrechte Schlachten, an denen vielleicht ein- oder zweitausend Mann beteiligt sind. Wenn Sie diese Grenzlinie besuchen, so wie ich es tat [...] können Sie Truppenbewegungen, Befestigungen und Kriegsgefangene sehen.«[160]

Wenn man diesen Kontext berücksichtigt, verliert die Frage, wer am 25.06.1950 den ersten Schuß abgab, schnell an Bedeutung. Nach der nordkoreanischen Version der Ereignisse jedenfalls war ihre Invasion eine Antwort auf ein zweitägiges Bombardement durch Flugzeuge des Südens, am 23. und 24., denen am 25. ein südkoreanischer Überraschungsangriff über die Grenze hinweg auf die im Westen gelegene Stadt Haeju und andere Orte folgte. Der Angriff des Südens wurde am späten Morgen des 25. über das nordkoreanische Radio bekannt gegeben.

Im Gegensatz zu dem seinerzeit allgemein verbreiteten Glauben war keine Gruppe der Vereinten Nationen – weder die UN-Militärbeobachtergruppe vor Ort noch die UN Kommission für Korea in Seoul – Zeuge des Ausbruchs der Feindseligkeiten bzw. behauptete, deren Zeuge gewesen zu sein. Die Exkursion der Beobachtergruppe zum 28. Breitengrad war bereits am 23.06.1950 zu Ende gegangen. Ihre Aussagen über die Ereignisse beruhen entweder auf Spekulation oder auf Informationen, die sie von der südkoreanischen Regierung oder dem US-Militär erhalten hatte.

Überdies meldete am frühen Morgen des 26.06.1950 das südkoreanische Presseamt, Truppen des Südens hätten in der Tat die nordkoreanische Stadt Haeju erobert. In dieser Meldung wird behauptet, der Angriff hätte erst am selben Morgen stattgefunden, ein Lagebericht des amerikanischen Militärs vom Einbruch der Dunkelheit am 25.06.1950 jedoch besagt, das gesamte südliche Territorium im Westen des Flusses Imjin sei bis zu drei Meilen hinter der Grenze verlorengegangen – außer im Gebiete von Haeju, wo der »Gegenangriff« stattgefunden habe.

Sei es wie es sei, ein solcher militärischer Sieg des Südens läßt sich nur äußert schwierig in Übereinstimmung bringen mit der offiziellen westlichen Version, die bis heute aufrechterhalten wird, nach der die nordkoreanische Armee in einem verheerenden Angriff nach Süden gestürmt sei, die Herrschaft über alles, was vor ihr lag, übernommen und die südkoreanischen Truppen gezwungen habe, sich weiter nach Süden zurückzuziehen.

In der Folge bestritt die südkoreanische Regierung, daß die Einnahme von Haeju überhaupt stattgefunden habe, und gab die Schuld für die ursprüngliche Meldung anscheinend einem etwas zu großmäuligen Offizier. Nach Darstellung eines Historikers beruhte die angeblich unkorrekte Meldung auf »einem Fehler aufgrund von mangelnder Kommunikation und dem Versuch, den südkoreanische Widerstand dadurch zu stärken, daß man einen Sieg für sich beanspruchte.« Was auch immer wirklich hinter dieser Meldung gesteckt haben mag, es ist klar, daß man den Behauptungen der südkoreanischen Regierung über den Beginn des Krieges nur sehr wenig – wenn überhaupt – Glauben schenken darf.[161]

Es gab in der Tat Berichte in der westlichen Presse über den Angriff auf Haeju, in denen die Meldung der südkoreanischen Regierung nicht erwähnt wurde und die das Ereignis aus unabhängiger Feder bestätigen. Der Londoner Daily Herald stellte in seiner Ausgabe vom 26.06.1950 fest:

»Amerikanische Militärbeobachter sagten, die Truppen des Südens hätten einen erfolgreichen entlastenden Gegenangriff in der Nähe der Westküste durchgeführt, wären fünf Meilen auf das Gebiet des Nordens vorgedrungen und hätten die Stadt Haeju erobert.«

Und im Londoner Guardian vom selben Tag konnte man lesen:

»Amerikanische Beamte bestätigten, daß die Truppen des Südens Haeju erobert haben.«

Ähnlich berichtete auch die New York Herald Tribune am 26.06.1950:

»Südkoreanische Truppen überquerten den 38. Breitengrad, der die Grenze bildet, um die Industriestadt Haeju einzunehmen, die direkt nördlich der Linie liegt. Die Truppen der Republik erbeuteten große Mengen an Ausrüstung.«

Keiner der Berichte gibt genau an, wann der Angriff stattfand.

Am 25.06.1950 befand sich der amerikanische Schriftsteller John Gunther in Japan, um eine Biographie von General Douglas MacArthur zu schreiben. Wie er in dem Buch schildert, hielt er sich als Tourist mit »zwei wichtigen Mitgliedern« der amerikanischen Besatzung in der Stadt Nikko auf, als »einer von ihnen unerwartet zum Telefon gerufen wurde. Er kam zurück und flüsterte: ›Gerade ist eine große Sache durchgekommen. Die Südkoreaner haben Nordkorea angegriffen!‹ Diesen Abend kehrten Gunther und seine Mitreisenden nach Tokio zurück, wo »uns etliche Offiziere am Bahnhof abholten, um uns richtig und weitschweifig zu erzählen, was passiert war [...] es gab keinerlei Zweifel, daß Nordkorea der Aggressor war.« Und der Telefonanruf? Gunther erklärt:

»Die Nachricht wurde möglicherweise bei der Übertragung verstümmelt. Niemand im Hauptquartier wußte in den ersten Stunden besonders viel, und wahrscheinlich waren die Menschen von den offensichtlichen, zersetzenden Lügen des nordkoreanischen Radios hereingelegt worden.«[162]

Das Gesamtbild des amerikanischen militärischen und diplomatischen Personals ist irgendwie nicht stimmig: Alle waren sie praktizierende Antikommunisten und hatten sich dennoch in einer solch wichtigen Angelegenheit von kommunistischen Lügen – noch dazu von so offensichtlichen – hereinlegen lassen?

Das Staatsoberhaupt Südkoreas, Syngman Rhee, hatte oft seinen Wunsch und seine Bereitschaft betont, Korea durch Gewalt zu vereinen. Am 26.06.1950 erinnerte die New York Times ihre Leser daran, daß »Dr. Rhee bei etlichen Gelegenheiten darauf hinge wiesen hat, daß seine Armee die Offensive übernommen haben würde, wenn Washington sein Einverständnis gegeben hätte.« Die Zeitung bemerkte auch, daß, bevor der Krieg begann, »das kriegerische Gerede seltsamerweise fast ausschließlich von den südkoreanische Staatsoberhäuptern« ausgegangen war.

Rhee hatte unabhängig von der Frage der Vereinigung gute Gründe, einen richtigen Krieg vom Zaun zu brechen. Am 30.05.1950 hatten im Süden Wahlen für die Nationalversammlung stattgefunden, bei denen Rhees Partei einen herben Rückschlag erlitten und die Mehrheit in der Versammlung verloren hatte. Wie unzählige Staatsmänner vor ihm und nach ihm dürfte Rhee sich dafür entschieden haben, die »Kriegskarte« auszuspielen, um die Unterstützung für seine angeschlagene Herrschaft zurückzugewinnen. Ein der amerikanischen Hilfsmissionen in Südkorea zugeordneter Berater für Arbeitsfragen, Stanley Earl, legte im Juli sein Amt nieder und gab dabei seiner Ansicht Aus druck, daß die südkoreanische Regierung »ein Gewaltregime« sei, welches »sehr wenig dafür tat, den Menschen zu helfen«, und daß »in Südkorea eine Rebellion gegen die Rhee-Regierung stattgefunden haben würde, wenn die Truppen Nordkoreas nicht ein marschiert wären.«[163]

In seinen Erinnerungen stellt das Sowjetoberhaupt Nikita Chruschtschow klar, daß die Nordkoreaner zeitweise an eine Invasion des Südens gedacht hatten, und er berichtet von der tatsächlichen Invasion an diesem Tag ohne einen Hinweis auf eine Provokation. Auf Grund dessen könnte man diese spezielle Frage nun eigentlich fallen lassen. Allerdings ist Chruschtschows Kapitel über Korea insgesamt sehr oberflächlich. Es ist kein Stück seriöser Geschichtsschreibung, und wollte es auch gar nicht sein. Er selbst stellt es folgendermaßen dar:

»Meine Erinnerungen an den Koreakrieg sind wohl unvermeidlicherweise skizzenhaft.« (Er wurde erst zum Staatsoberhaupt der Sowjetunion, als der Koreakrieg schon vorbei war.) Das entsprechende Kapitel enthält keine Diskussion irgend eines vorangehenden Kampfes über die Grenze hinweg, nichts über Rhees aggressive Ankündigungen und noch nicht einmal etwas über die entscheidende Nichtanwesenheit der Sowjetunion, welche, wie wir sehen werden, es erlaubte, die sogenannte Armee der Vereinten Nationen aufzustellen und in dem Konflikt zu intervenieren. Und darüber hinaus sind seine veröffentlichten Erinnerungen eine bearbeitete Kurzfassung der von ihm besprochenen Tonbänder. Eine vergleichende Untersuchung der russischen Übertragung der Bänder in Schriftform und des auf englisch veröffentlichten Buches macht deutlich, daß einige Erinnerungen Chruschtschows über Korea in der Tat skizzenhaft waren, was allerdings in dem Buch nicht deutlich herauskommt. So traf sich beispielsweise das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Il-sung mit Stalin, um Kims Wunsch, »Südkorea mit der Spitze eines Bajonettes zu kitzeln«, zu diskutieren. Im Buch steht dann unzweideutig: »Kim fuhr nach Hause und kam dann wieder, als er alles ausgearbeitet hatte.« In der schriftlichen Übertragung jedoch sagt Chruschtschow: »Meiner Meinung nach wurde entweder der Tag seiner Rückkehr festgelegt oder er sollte uns Bescheid sagen, sobald er alle seine Ideen ausgearbeitet hatte. Dann – ich kann mich nicht daran erinnern, an welchem Tag oder in welchem Jahr das war - kam Kim Il-Sung und legte Stalin seinen Plan dar« [Hervorhebung durch den Verf.].[164]

Am 26.06.1950 legten die Vereinigten Staaten dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine Resolution vor, in der Nordkorea wegen seiner »grundlosen Aggression« ver urteilt wurde. Die Resolution wurde angenommen, trotz einiger Gegenstimmen, daß »dies ein Kampf zwischen den Koreanern« sei und als Bürgerkrieg behandelt werden sollte, und einem Vorschlag des ägyptischen Delegierten, das Wort »grundlos« angesichts der anhaltenden Feindseligkeiten zwischen den beiden Teilen Koreas wegzulassen.[165] Und auch Jugoslawien machte deutlich, es gebe »nicht genug präzise Informationen, die es dem Rat ermöglichten, die Verantwortung einer Seite zuzuschieben«, und schlug deshalb vor, Nordkorea einzuladen, damit es seine Sicht der Dinge darlegen könne.[166] Das geschah aber nicht. (Drei Monate später legte der sowjetische Außenminister den Antrag vor, die UNO sollte Vertreter beider Seiten anhören. Auch dieser Antrag wurde – mit 46 zu 6 Stimmen – wegen Nordkoreas »Aggression« niedergestimmt und man beschloß, nur Südkorea einzuladen.)[167]

Am 27.06.1950 empfahl der Sicherheitsrat, die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sollten Südkorea die Unterstützung gewähren, »die nötig sei, um den bewaffneten An griff zurückzuschlagen.« Präsident Truman hatte bereits die Marine und die Luftwaffe der USA in Marsch gesetzt und damit den Rat vor vollendete Tatsachen gestellt.[168] Dies war eine Taktik, welche die USA bis zum Ende des Krieges immer wieder anwenden sollten. Der Rat traf seine historische Entscheidung auf der Grundlage der geringstmöglichen Informationen, welche noch dazu nur von einer der Konfliktparteien stammten und von dieser gefiltert worden waren. Dies war, wie der Journalist I. F. Stone es nannte, »weder ehrenhaft noch klug.«

Man darf nicht vergessen, daß die Vereinten Nationen im Jahre 1950 keineswegs eine neutrale oder ausgewogene Organisation waren. Die große Mehrheit der Mitgliedstaaten bestand aus Ländern, die in großem Ausmaß von den Vereinigten Staaten wirtschaftlich abhängig waren. Es gaben keinen Block der Dritten Welt, welcher Jahre später dafür sorgte, daß die Politik der UNO sich aus der Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten löste. Nur vier Länder des Ostblocks waren seinerzeit Mitglieder und keines davon im Sicherheitsrat.[169]

Auch UN-Generalsekretär Trygve Lie, ein Norweger, konnte in dieser Kontroverse des Kalten Krieges in keiner Weise als neutral bezeichnet werden. In seinen Memoiren macht er auf bemerkenswerte Weise deutlich, daß er kein objektiver Außenstehender war. Die Kapitel über den Koreakrieg sind reiner reflexartiger Antikommunismus und belegen sein Lavieren in dieser Angelegenheit.[170] Wie später enthüllt wurde, hatte Lie im Jahre 1949 ein geheimes Abkommen mit dem Außenministerium der Vereinigten Staaten getroffen, nach welchem UNO-Beschäftigte, die nach Ansicht von Washington zweifelhafte politische Neigungen besäßen, entfernt werden sollten.[171]

Die Annahme dieser Resolutionen durch den Sicherheitsrat war nur deshalb möglich, weil die Sowjetunion bei den entscheidenden Verhandlungen abwesend war, da sie zu jener Zeit die Vereinten Nationen wegen der Entscheidung, den China zustehenden Sitz statt mit dem der Volksrepublik mit Taiwan zu besetzen, boykottierte. Wären die Sowjets anwesend gewesen, hätten sie ohne jeden Zweifel ihr Veto gegen die Resolution eingelegt. Bis heute stellt ihre Abwesenheit ein schwieriges Problem für diejenigen dar, die darauf bestehen, die Sowjets hätten hinter der nordkoreanischen Invasion gesteckt. Eine der am weitesten verbreiteten Erklärungen hierfür lautet nach einem Memorandum der CIA, die Sowjets wollten »vor allem die USA herausfordern und die Standhaftigkeit des Widerstands der USA gegen die kommunistische Expansion testen.«[172] So lange die Sowjetunion bestand, wurde dieselbe Analyse von politischen Experten in Amerika für jeden, aber auch wirklich jeden Zusammenstoß der Vereinigten Staaten mit linken Bewegungen überall auf der Welt, vor und nach Korea, vorgelegt. Deshalb scheint es, daß dieser Test eine übermäßig lange Zeit dauerte, und man muß sich fragen, warum die Sowjets niemals zu einem Ergebnis kamen.

»Der letzte Schliff«, so schrieb I. F. Stone, »bestand darin, die Streitkräfte der ›Vereinten Nationen‹ MacArthur zu unterstellen, ohne zugleich MacArthur den Vereinten Nationen zu unterstellen. Dies geschah in einer Resolution am 07.07.1950, die gemeinsam von Großbritannien und Frankreich vorgelegt worden war. Gewöhnlich wird davon aus gegangen, dadurch sei ein Oberkommando der Vereinten Nationen errichtet worden. In Wirklichkeit geschah nichts dergleichen.«[173] Die Resolution empfahl, »daß alle Mitgliedstaaten, welche Truppen und andere Unterstützung bereitstellen, diese Truppen und Unterstützung einem Oberkommando unter Leitung den Vereinigten Staaten unterstellen« [Hervorhebung durch den Verf.], Sie forderte außerdem, »die Vereinigten Staaten sollen den Befehlshaber dieser Truppen benennen.«[174] Dies würde der gefürchtete MacArthur sein.

Das Ganze wurde zu einer militärischen Vorstellung der Amerikaner. Es war zwar Militärpersonal aus 16 anderen Ländern in der einen oder anderen Weise beteiligt, aber es konnte, sieht man einmal von den Südkoreanern ab, kaum einen Zweifel an ihrem wirklichen Status und ihrer tatsächlichen Funktion geben. Als Eisenhower, wie er später in seinen Memoiren schrieb, im Jahre 1954 eine militärische Intervention der USA in Vietnam – auch als Teil einer »Koalition« – in Betracht zog, war ihm vollständig klar, daß die Lasten des Unternehmens von den Vereinigten Staaten getragen würden, daß aber »die symbolischen Truppen, die von anderen Staaten, wie in Korea, bereitgestellt würden, einem Unternehmen, das ansonsten als ein brutales Beispiel von Imperialismus an gesehen werden könnte, zu echtem moralischem Ansehen verhelfen würde« [Hervorhebung durch den Verf.].[175]

Der Krieg, der wirklich grausam war, wurde angeblich geführt, um das Regime von Syngman Rhee zu verteidigen. Sieht man von den zahlreichen Büchern ab, welche die südkoreanische Regierung veröffentlichen ließ, so läßt sich nur sehr schwer ein freundliches Wort für den Mann finden, den die Vereinigten Staaten im Jahre 1945 nach Jahr zehnten des Exils in Amerika während der japanischen Besatzung nach Korea zurück brachten. Nach Korea in einem von MacArthurs Flugzeugen eingeflogen, wurde Rhee von der Militärregierung der US-Armee in Korea (US Army Military Government in Korea, USAMGIK) bald in eine wichtige und einflußreiche Position manövriert. Zu diesem Zweck mußten die amerikanischen Beamten eine provisorische Regierung – die Koreanische Volksrepublik – unterdrücken, die aus einer Vielzahl von durch prominente Koreaner ins Leben gerufenen regionalen Regierungskörperschaften hervorgegangen war und bereits begonnen hatte, Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen, wie etwa die Verteilung von Nahrungsmitteln und die Aufrechterhaltung der inneren Ordnung. Das Angebot dieser Regierung, ihre Dienste den ankommenden Amerikanern zur Verfügung zu stellen, wurde ohne Umschweife abgewiesen.

Der Name »Koreanische Volksrepublik« klang zwar kommunistisch, nichtsdestoweniger schloß sie etliche Konservative ein, ja, man hatte sogar Rhee selbst die Führungsposition des Vorsitzenden angetragen. Rhee und die anderen Konservativen, von denen die meisten zum Zeitpunkt ihrer Wahl noch im Ausland waren, mögen diese Ehre nicht begrüßt haben, da die Koreanischen Volksrepublik insgesamt für ihren Geschmack zu links war, was natürlich auch für die höheren Ränge der USAMGIK galt. Aber nach 35 Jahren unter den Japanern hatte jede Gruppe oder Regierung, welche die Auswirkungen des Kolonialismus beseitigen wollte, gewollt oder ungewollt eine linke Note. Es waren die koreanischen Konservativen gewesen, die mit den Japanern kollaboriert hatten, die Linke und andere nationalistische Gruppen dagegen hatten die Japaner bekämpft. Die Zusammensetzung der Regierung spiegelte dies notwendigerweise wider, und sie war allen Berichten zufolge bei weitem populärer als jede andere politische Gruppierung.[176]

Was auch immer die politischen Neigungen oder Absichten der Koreanischen Volksrepublik gewesen sein mögen, dadurch, daß die USAMGIK ihr grundsätzlich »Amtsbefugnis, Status oder Form« verweigerte,[177] lenkte sie das politische Leben so, als wäre Südkorea ein besiegter Feind und nicht ein befreundeter Staat, der von einem gemeinsamen Feind befreit worden war und ein Recht auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung hatte.

Daß die Koreanische Volksrepublik zur Seite gedrückt wurde, hatte jedoch noch eine viel weitergehende Bedeutung. John Gunther, wohl kaum ein Radikaler, faßte die Situation folgendermaßen zusammen: »So wurde die erste – und beste – Gelegenheit vertan, ein vereinigtes Korea zu schaffen.«[178]

Und Alfred Crofts, ein damaliger Mitarbeiter der amerikanischen Militärregierung, schrieb: »Eine potentiell einende Kraft wurde so zu einer der 54 Splittergruppen im politischen Leben Südkoreas.«[179]

Syngman Rhee war der Mann Washingtons. Er war in außergewöhnlichem Maße pro amerikanisch, streng antikommunistisch und hinreichend lenkbar. In seinem Regime fanden die Großgrundbesitzer, die Kollaborateure, die Reichen und andere konservative Elemente eine politische Heimat. Crofts betonte: »Vor der Landung der Amerikaner konnte eine politische Rechte, die im Denken der Bevölkerung ja mit der Kolonialherrschaft verbunden war, nicht existieren; aber kurz darauf mußten wir drei verschiedenen konservative Fraktionen unter stützen.«[180]

Die USAMGIK, die sich der Einführung des freien Unternehmertums verschrieben hatte, verkaufte große Mengen des konfisziertem japanischen Eigentums sowie von konfiszierten Häusern, Firmen, industriellen Rohstoffen und anderen Werten. Diejenigen, die sich am ehesten leisten konnten, diese Dinge zu kaufen, waren die Kollaborateure, die unter den Japanern reich geworden waren, und andere Kriegsprofiteure.

»Da die Hälfte des Reichtums des Landes verschleudert wurde, kam es schnell zu einem Niedergang der Moral.«[181]

Während die Sowjets im Norden eine durchgehende Säuberung unter denjenigen Koreanern durchführten, die mit den Japanern kollaboriert hatten, gestattete es die amerikanische Militärregierung – zur großen Betroffenheit derjenigen Koreaner, die gegen die japanische Besatzung ihres Landes gekämpft hatten – im Süden vielen Kollaborateuren, ja sogar am Anfang selbst Japanern, ihre Verwaltungs- und Machstellungen zu behalten. Sicher spielte dabei in gewissem Ausmaß eine Rolle, daß diese Leute am meisten Erfahrung darin hatten, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Man vermutete jedoch auch einen anderen Grund: Man wollte die Koreanische Volksrepublik daran hindern, Macht zu gewinnen.[182]

Und während der Norden bald eine umfassende und wirksame Landreform durchführte und zumindest offiziell die Gleichberechtigung der Frau einführte, stand das Rhee-Regime diesen Idealen feindlich gegenüber. Zwei Jahre später beschloß es eine Maßnahme zur Landreform, aber diese bezog sich lediglich auf früheres japanisches Eigentum. Ein Gesetz aus dem Jahre 1949, das auch andere Besitztümer einschloß, wurde nicht ausgeführt, und die Willkür der Landeigentümer ging in alter und neuer Form weiter.[183]

Diese Politik wie auch die Unterdrückung der Koreanischen Volksrepublik und einige zweifelhafte Wahlen riefen die Verbitterung der Bevölkerung über das Regime Rhees (bzw. der USA) hervor. Rhee wehrte sich so entschieden gegen eine ehrliche Wahl, daß dies Anfang des Jahres 1950 selbst den Vereinigten Staaten so peinlich geworden war, daß Beamte in Washington damit drohten, ihre Unterstützung einzustellen, falls keine ehrlichen Wahlen durchgeführt würden und nichts dafür getan würde, die Situation der Bürgerrechte zu verbessern. Anscheinend auf Grund dieses Druckes waren die Wahlen am 30.05.1950 so fair, daß auch »gemäßigte« Elemente daran teilnehmen durften. Wie schon erwähnt, erlitt die Rhee-Regierung eine entscheidende Niederlage.[184]

Die Verbitterung äußerte sich in zahlreichen Aufständen, einschließlich eines Guerillakriegs in den Bergen, die vom Jahre 1946 bis zum Beginn des Krieges und selbst noch während des Krieges stattfanden. Die Aufstände wurden von der Regierung als »kommunistisch gesteuert« abgetan und entsprechend unterdrückt, aber wie John Gunther bemerkte:

»Es läßt sich mit Bestimmtheit sagen, daß in den Augen von Hodge [dem Oberbefehlshaber der US-Truppen in Korea] und Rhee, besonders in der Anfangszeit, nahezu jeder Koreaner, der kein Rechtsradikaler war, als Kommunist und potentieller Verräter galt.«[185]

General Hodge erlaubte schließlich den US-Truppen, sich an der Unterdrückung zu beteiligen. Mark Gayn, ein Korrespondent der Chicago Sun in Korea, schrieb, die amerikanischen Soldaten »feuerten auf Menschenmengen, nahmen Massenverhaftungen vor, durchkämmten die Hügel nach Verdächtigen und organisierten Truppen von koreanischen Rechten und verschiedenen Zweigen der Polizei für Großrazzien.«[186] Gayn berichtete, einer der politischen Berater von Hodge habe ihm (Gayn) versichert, Rhee wäre kein Faschist:

»Er hinkt dem Faschismus zwei Jahrhunderte hinterher – ein reiner Absolutist.«[187]

In seiner Beschreibung des Antiguerilla-Feldzuges der Regierung im Jahre 1948 vermerkte der prowestliche Politikwissenschaftler John Kie-Chiang Oh von der Marquette University: »In diesen Feldzügen wurden die Bürgerrechte unzähliger Personen häufig ignoriert. Sehr oft wurden unglückliche Dorfbewohner, die der Unterstützung der Guerilla verdächtigt wurden, ohne Unterschied hingerichtet.«[188] Als ein Jahr später ein Ausschuß der Nationalversammlung eine Untersuchung der Kollaboration einleitete, ließ Rhee die Versammlung von seiner Polizei überfallen: 22 Menschen wurden verhaftet, von denen nach späteren Erkenntnissen 16 entweder gebrochene Rippen, Schädelverletzungen oder zerstörte Trommelfelle davontrugen.[189]

Als im Juni 1950 der Krieg ausbrach, befanden sich nach Schätzungen etwa 14.000 Menschen als politische Gefangene in den südkoreanischen Gefängnissen.[190]

Und auf dem Höhepunkt des Krieges im Februar 1951, so berichtet Professor Oh, geschah der »Koch’ang-Zwischenfall« – auch hier ging es wieder um den Verdacht auf Unterstützung der Guerilla –, »bei dem etwa sechshundert – alte wie junge – Männer und Frauen von einer südkoreanischen Armeeeinheit in einem engen Tal zusammengetrieben und mit Maschinengewehren niedergemäht wurden.«[191]

Den ganzen Krieg hindurch belegte jede Seite die andere mit einem ununterbrochenen Trommelfeuer von Anklagen, beschuldigte den Feind aller Arten von Barbarei und Greueltaten sowohl gegen die Truppen als auch gegen Kriegsgefangene und Zivilisten in jedem Teil des Landes (jede Seite besetzte zu irgendeiner Zeit einen Teil des feindlichen Territoriums), und jede Seite versuchte, die andere in einem verbalen Krieg, der mit einer Schärfe geführt wurde, welche derjenigen der Gefechte kaum nachstand, mit Superlativen zu übertrumpfen. In den Vereinigten Staaten führte dies zu einer Fülle von populären Mythen, nicht unähnlich solchen, die aus anderen Kriegen entstehen und in der Heimat weithin unterstützt werden. (Im Vietnamkrieg dagegen wurde der Neigung zur Mythenbildung regelmäßig durch den Widerspruch zahlreicher gebildeter Personen entgegengewirkt, welche sorgfältig die Entstehung des Krieges untersuchten, die Kriegsführung kritisch verfolgten und Untersuchungen veröffentlichten, die in scharfem Widerspruch zu den offiziellen Versionen standen, was schließlich die Massenmedien veranlaßte, das Gleiche zu tun.)

So bestand beispielsweise Übereinstimmung darüber, daß die Brutalität des Krieges in Korea fast ausschließlich den Nordkoreanern anzulasten sei. Der bereits erwähnte »Koch’ang-Zwischenfall« vermag ein entscheidendes Gegenargument gegen diesen Glauben zu liefern. Zu diesem Zwischenfall bemerkte der britische Koreaforscher Jon Halliday:

»Dieser Bericht zeigt nicht bloß das Ausmaß von Gewalt auf Seiten der UNO an, sondern verleiht auch den Anschuldigungen der DVRK [Nordkorea] und der Opposition des Südens über die Greueltaten und Massenhinrichtungen durch die UNO Truppen und die Rhee-Regierung während der Besetzung der DVRK im Spätjahr 1950 inhärente Glaubwürdigkeit. Denn wenn schon im Süden Zivilisten bloß we gen des Verdachts der Unterstützung der Guerilla (also nicht, weil sie deren Ange hörige gewesen wären) niedergemäht wurden – was dürfte dann erst im Norden los gewesen sein, wo Millionen nicht ohne Grund als Kommunisten oder politisch Militante galten?«[192] [Hervorhebung im Original]

Ohs Darstellung ist nur einer aus einer großen Masse von Berichten darüber, wie die Südkoreaner ihr eigenes Volk während des Krieges abschlachteten. Die New York Times berichtete im Dezember 1950 über eine »Welle von Hinrichtungen durch die [südkoreanische] Regierung in Seoul.«[193] Rene Cutforth, ein Korrespondent der BBC in Korea, schrieb später über »die Erschießung von Zivilisten, die von der Polizei ohne Gerichtsverfahren bezeichnet wurden. Diese Hinrichtungen fanden, gewöhnlich im Mor gengrauen, auf jedem Flecken Ödland statt, auf dem man einen Graben ziehen und eine Reihe von Gefangenen davor aufstellen konnte.«[194] Und Gregory Henderson, ein US-Diplomat, der in den 1940er und 1950er Jahren sieben Jahre in Korea Dienst tat, stellte fest, daß von den Streitkräften und der Polizei des Rhee-Regimes während des Krieges im Süden, »wahrscheinlich über 100.000 Menschen ohne jegliche Gerichtsverhandlung getötet wurden.«[195] Nach einigen dieser Massaker an Zivilisten im Süden versuchte das Rhee-Regime, diese den Truppen des Nordens in die Schuhe zu schieben.

Die Vereinigten Staaten trugen auf eine ganz besondere Weise direkt zur Brutalität des Krieges bei, indem sie eine Waffe einsetzten, die zwar schon im letzten Stadium des Zweiten Weltkriegs und in Griechenland benutzt worden war, aber dennoch fast allen Beobachtern und Beteiligten des Koreakriegs unbekannt war. Sie hieß Napalm. Hier ein Bericht über ihre Auswirkungen aus der New York Times:

»Ein Napalmangriff traf das Dorf vor drei oder vier Tagen, als die Chinesen den Vormarsch aufhielten, und nirgendwo in dem Dorf hat jemand die Toten bestattet, weil niemand übrig ist, der dies tun könnte [...] Im ganzen Dorf und auf den Feldern erwischte es die Bewohner und tötete sie, und diese verharrten exakt in der Haltung, die sei eingenommen hatten, als das Napalm sie traf – ein Mann, der gerade sein Fahrrad besteigen wollte, fünfzig Jungen und Mädchen, die in einem Waisenhaus spielten, eine Hausfrau, die völlig unverletzt schien und eine Seite aus dem Katalog des Versandhauses Sears-Roebuck in der Hand hielt, auf welcher sie ein ›Bettjäckchen – korallenfarben‹ für 2,98 Dollar mit der Bestellnummer 3811294 angestrichen hatte. In diesem kleinen Dorf müssen fast zweihundert Menschen umgekommen sein.«[196]

Vielleicht haben die Vereinigten Staaten sogar biologische Waffen gegen Nordkorea und China eingesetzt, wie wir dies schon im Kapitel über China diskutiert haben.

Zur selben Zeit, so wird berichtet, hatte sich die CIA die Ermordung einer ganz bestimmten Person vorgenommen: des nordkoreanische Staatsoberhaupts Kim Il-sung. Washington schickte einen Cherokee-Indianer mit dem Decknamen »Buffalo« zu Hans V. Tofite, einem in Japan stationierten Beamten der CIA, nachdem sich dieser Buffalo bereiterklärt hatte, die Ermordung Kim Il-sungs zu übernehmen. Buffalo war eine erhebliche Summe Geldes zugesagt worden, falls es ihm gelingen sollte, seinen Auftrag auszuführen. Wie wir wissen, schaffte er es nicht, und in der Folgezeit ist nichts weiter über diesen Vorfall bekanntgeworden.[197]

In den Vereinigten Staaten war während des Krieges auch die Überzeugung weit verbreitet, die amerikanischen Gefangenen in den nordkoreanischen Lagern stürben auf Grund von Vernachlässigung und Grausamkeiten wie Fliegen. Die Flammen dieser sehr gefühlsbeladenen Angelegenheit wurden durch die Neigung der US-Beamten, die Zahl der Toten zu übertreiben, noch angefacht. Während des Novembers 1951 beispielsweise – also lange vor dem Ende des Krieges – gaben die Verlautbarungen des amerikanischen Militärs die Zahl der toten Kriegsgefangenen mit 5000 bis 8000 an.[198] Eine um fangreiche Studie der US-Armee, die zwei Jahre nach dem Ende des Krieges abgeschlossen wurde, kam zu einer Gesamtzahl von 2730 Toten (von 7190, die in Lagern festgehalten wurden. Eine unbekannte Zahl anderer Gefangener schaffte es nicht bis in die Lager, weil sie auf dem Schlachtfeld erschossen wurden, da sich während des Gefechts niemand um sie kümmern konnte. Dies war gängige Praxis auf beiden Seiten).

Die Studie kommt zu dem Schluß: »Es ist bewiesen, daß die hohe Todesrate nicht primär auf kommunistische Mißhandlungen zurückgeführt werden kann [...] sie dürfte vor allem der Unwissenheit und Gleichgültigkeit der Gefangenen selbst zuzuschreiben sein.«[199] »Gleichgültigkeit« bezieht sich hier auf die mangelnde Moral und den mangeln den Gemeinschaftsgeist der Soldaten. Auch wenn dies in der Studie nicht erwähnt wird, machten die Nordkoreaner bei etlichen Gelegenheiten darauf aufmerksam, daß viele amerikanische Kriegsgefangene auch infolge der schweren Bombardements auf die Lager umkamen.

Die Studie hat natürlich niemals den Bekanntheitsgrad erlangt wie die Horrorschlagzeilen, die drei Jahre hindurch auf die westliche Welt niedergegangen waren. Auch verschwieg man die Tatsache, daß ein Vielfaches an nordkoreanischen Gefangenen in südkoreanischen und amerikanischen Lagern umgekommen war – Mitte des Krieges stand die offizielle Anzahl bei 6600[200] –, obwohl sich in diesen Lagern bedeutend mehr Gefangene als in denen des Nordens befanden.

Die amerikanische Öffentlichkeit war ebenso davon überzeugt – und ist es wahrscheinlich noch immer –, daß die Nordkoreaner und die Chinesen US-Soldaten einer »Gehirnwäsche« unterzogen hätten. Diese Geschichte wurde aufgebracht, um die Tatsache er klären zu können, daß 30 Prozent der amerikanischen Kriegsgefangenen mit dem Feind in der einen oder anderen Weise zusammengearbeitet hätten und »einer von sieben Männern bzw. mehr als 30 Prozent sich der schwerwiegenden Kollaboration schuldig gemacht hätten, indem sie vaterlandsverräterische Traktate verfaßten oder sich verpflichteten, nach dem Krieg für die Kommunisten zu spionieren oder Organisationsarbeit zu betreiben.«[201] Ein anderer Grund, warum diese Gehimwäschegeschichte von Washington in Umlauf gebracht wurde, bestand darin, die Aussagen von zurückkehrenden Gefangenen, welche die offizielle Version des Krieges in Frage stellen würden, von vorneherein unglaubwürdig zu machen.

Nach den Worten Robert J. Liftons, eines Psychiaters an der Yale University, hielt man Gehirnwäsche allgemein für eine »allmächtige, unwiderstehliche, unerklärliche und magische Methode, totale Kontrolle über den Geist des Menschen zu erlangen.«[202] Obwohl die CIA seit Anfang der 1950er-Jahre entsprechende Experimente durchführte, um einen solchen Zauber zu entwickeln, besaßen weder sie noch die Nordkoreaner oder die Chinesen ihn jemals. Der Geheimdienst begann seine Experimente zur »Verhaltenssteuerung« bzw. »Bewußtseinssteuerung« mit Testpersonen (wahrscheinlich Menschen, die als Doppelagenten verdächtigt waren) im Juli 1950 in Japan, kurz nach dem Beginn des Koreakrieges, und setzte dabei Drogen und Hypnose ein. Im Oktober scheint die CIA nordkoreanische Kriegsgefangene als Testpersonen benutzt zu haben.[203] Im Jahre 1975 enthüllte Oberstleutnant Thomas Narut, ein Psychologe der US-Marine, es gehöre zu seiner Arbeit in der Marine, herauszufinden, wie man Soldaten, welche keine natürliche Neigung zum Töten hätten, dazu bringt, dies unter bestimmten Bedingungen doch zu tun. Er sprach von diesen Leuten als »Auftragskiller« und als »Meuchelmörder.« Und, so fügte Narut hinzu, man ließ auch verurteilte Mörder aus Militärgefängnissen frei, um sie zu solchen Meuchelmördern auszubilden.[204]

Gehirnwäsche, so die Studie der Armee, »ist inzwischen ein Schlagwort, das für so viele verschiedene Dinge benutzt wird, daß es keine präzise Bedeutung mehr hat« und »eine präzise Bedeutung ist in diesem Fall unabdingbar«.[205]

»Wie Armeepsychiater herausfinden konnten, wurden die Gefangenen keiner Prozedur ausgesetzt, die man wirklich als Gehirnwäsche bezeichnen könnte. Die Behandlung der Gefangenen durch die Kommunisten erfüllte zwar nirgends die Auf lagen der Genfer Konvention, bestand aber tatsächlich kaum aus offener Grausamkeit, vielmehr war es eine in hohem Maße neuartige Mischung aus Nachsicht und Druck. Die Kommunisten setzten nur selten körperliche Folter ein und die Armee hat keinen einzigen nachweisbaren Fall ermitteln können, in dem sie dazu eingesetzt worden wäre, einen Mann zur Kollaboration oder zur Annahme ihrer Überzeugungen zu zwingen.«[206]

Laut dieser Studie wurden allerdings einige amerikanische Flieger von den rund 90, die gefangengenommen worden waren, körperlichen Mißhandlungen ausgesetzt, um Geständnisse über die biologische Kriegsführung zu erzwingen. Das weist entweder auf eine starke Verbitterung der Kommunisten über den Einsatz dieser Waffen hin oder auf die Notwendigkeit, eine Bestätigung einer falschen oder zweifelhaften Behauptung zu erzeugen.

Amerikanische Flieger wurden von ihren Aufsehern auch der politischen Indoktrination unterworfen. Hier die Sicht der US-Armee:

»In den Indoktrinationskursen zeigten die Kommunisten häufig Karten, auf denen unsere Militärstützpunkte überall auf der Welt, von denen natürlich viele den Gefangenen dem Namen nach bekannt waren, genau zu erkennen waren, ›Seht ihr die se Stützpunkte?‹, sagte der Dozent vermutlich, und deutete mit seinem Zeigestock auf die einzelnen Stützpunkte auf der Karte. ›Es sind amerikanische Stützpunkte – voller Kriegsausrüstung. Ihr wißt, daß es amerikanische sind. Und ihr könnt sehen, daß sie Rußland und China wie ein Ring umschließen. Rußland und China haben nicht einen einzigen Stützpunkt außerhalb ihres Territoriums. Es ist also ganz eindeutig, wer hier der Kriegstreiber ist. Würde Amerika diese Stützpunkte besitzen und Millionen dafür ausgeben, um sie aufrechtzuerhalten, wenn es nicht einen Krieg gegen Rußland und China vorbereitete?‹ Dieses Argument schien vielen Gefangenen einsichtig. Gewöhnlich wußten sie nicht, daß diese Stützpunkte nicht den Wunsch der Vereinigten Staaten nach Krieg, sondern nach Frieden ausdrückten, und daß die USA diese Stützpunkte im Rahmen einer Reihe von Verträgen errichtet hatten, um die Aggression der Roten einzudämmen, und nicht, um irgendein Land zu erobern.«[207]

Natürlich hatten die chinesischen Kommunisten dieses Verfahren nicht erfunden. Während des amerikanischen Bürgerkrieges wurden die Kriegsgefangenen sowohl des Südens als auch des Nordens einer Indoktrination ausgesetzt, um sie von den Vorteilen der jeweils anderen Seite zu überzeugen. Und im Zweiten Weltkrieg wurden in den Gefangenenlagern der USA und der Briten »Demokratisierungs-Lehrgänge« für die deutschen Kriegsgefangenen abgehalten, und den Deutschen, die sich umerziehen ließen, wurden Vergünstigungen gewährt. Ja, sogar während des Koreakriegs verkündete die Armee der Vereinigten Staaten stolz, daß sie kommunistische Gefangene in amerikanischen Lagern beibrächten, »was Demokratie bedeutete.«[208]

Die vorhergesagte chinesische Aggression ereignete sich vier Monate nach dem Beginn des Krieges in Korea. Die Chinesen traten in den Krieg ein, nachdem amerikanische Flugzeuge wiederholt den chinesischen Luftraum verletzt sowie chinesisches Staatsgebiet beschossen und bombardiert hatten (immer natürlich »irrtümlicherweise«). Wasserkraftwerke auf der koreanischen Seite der Grenze, die für die chinesische Wirtschaft lebensnotwendig waren, waren in Gefahr. Amerikanische oder südkoreanische Truppen an der chinesische Grenze hatten den Fluß Jalu erreicht oder an verschiedenen Stellen kurz davor gestanden.

Man muß sich die Frage gefallen lassen: Wie lange würden die Vereinigten Staaten zögern, in einen Krieg mit Mexiko eintreten, der von einer überseeischen kommunistischen Macht geführt würde? Die texanischen Grenzstädte beschießen und bombardieren, entlang des Rio Grande aufmarschieren und von einem General geführt würde, der damit drohte, die Vereinigten Staaten selbst anzugreifen?

Die Luftstreitmacht der Amerikaner in Korea bot einen furchterregenden Anblick. Wie später auch in Vietnam, feierte sie ihre Einsätze durch den Massenabwurf von Napalm, die Zerstörung von Dörfern, die »im Verdacht der Unterstützung des Feindes standen«, ein Bombardement von Städten, das keine nützlichen Einrichtungen mehr übrig ließ, die Zerstörung von Dämmen und Rückhaltebecken, um die Bewässerungssysteme funktionsunfähig zu machen, die Vernichtung der Reisernten [...] und durch solche ergreifen den Ausdrücke wie »Politik der verbrannten Erde«, »Bombenteppiche« und »Operation KILLER.«[209]

»All diesen Dörfern könnt ihr auf immer Lebewohl sagen«, rief Hauptmann Everett L. Hundley aus Kansas City nach einem Bombenangriff.[210]

»Ich würde sagen, die ganze – fast die ganze – koreanische Halbinsel ist entsetzlich verwüstet«, sagte Generalmajor Emmett O’Donnell vor dem Senat aus, als der Krieg gerade ein Jahr alt war. »Alles ist zerstört. Nichts, was auch nur noch irgendwie von Nutzen wäre, steht mehr.«[211]

Und hier die Worte des ehrwürdigen britischen Militärjahrbuchs, des BRASSEYS ANNUAL, in seiner Ausgabe von 1951:

»Es ist keine Übertreibung, wenn man feststellt, daß Südkorea als Land nicht mehr existiert. Seine Städte sind zerstört, die Existenzgrundlagen sind vollständig vernichtet und seine Bevölkerung ist zu einer trägen Masse herabgesunken, die von Almosen abhängig und subversiven Einflüssen ausgesetzt ist. Wenn der Krieg zu Ende geht, wird man von den Südkoreanern keine Dankbarkeit erwarten dürfen, aber es bleibt zu hoffen, daß man dann die Lektion gelernt haben wird, daß es schlimmer als nutzlos ist, zu zerstören, um zu befreien. Westeuropa würde ganz sicher eine solche ›Befreiung‹ niemals zulassen.«[212]

Die schlimmste Serie von Bombardements sollte aber erst noch kommen. Sie begann im Sommer des Jahres 1952 und stellte den Versuch Washingtons dar, sich eine bessere Position bei den Verhandlungen mit den Kommunisten zu verschaffen, welche seit einem Jahr im Gange waren, während draußen die Gefechte tobten. Die langwierigen und harten Verhandlungen führten im Westen zu einer weiteren allgemein verbreiteten Überzeugung, nämlich, es wären vor allem die Unnachgiebigkeit, die Doppelzüngigkeit und der Mangel an friedlichen Absichten auf Seiten der Kommunisten, welche die Gespräche so sinnlos erscheinen ließen und den Krieg verlängerten.

Dies ist ein langes und verwickeltes Kapitel in der Geschichte des Koreakrieges, aber man muß nicht sonderlich tief graben, um die kaum zu übersehende Tatsache zu entdecken, daß die Barrieren ebenso von der antikommunistischen Seite errichtet wurden. Syngman Rhee beispielsweise wehrte sich mit solcher Entschiedenheit gegen ein Ergebnis, das in weniger als einem totalen Sieg bestanden hätte, daß sowohl die Truman-Regierung als auch die Eisenhowers Pläne ausarbeiten ließen, um ihn zu stürzen.[213] Das soll aber nicht heißen, die amerikanischen Unterhändler hätten nicht im besten Glauben verhandelt. Das letzte, wessen sie angeklagt werden wollten, war, den Kommunisten erlaubt zu haben, sie wie Trottel dastehen zu lassen. Infolgedessen können wir im November des Jahre 1951 in der New York Times lesen:

»Die ungeschminkte Art und Weise, wie eine anscheinend immer größer werdende An zahl von ihnen [den amerikanischen Soldaten in Korea] die Situation sieht, ist, daß die Kommunisten beträchtliche Zugeständnisse gemacht haben, wohingegen das Oberkommando der Vereinten Nationen, so wie sie es sehen, immer und immer wieder neue Forderungen aufstellt [...] Die Waffenstillstandsgruppe der Vereinten Nationen vermittelt inzwischen den Eindruck, daß sie jedes Mal ihre Position wechselt, wenn die Kommunisten andeuten, daß sie diese akzeptieren könnten.«[214]

Als die Kommunisten an einem bestimmten Punkt den Vorschlag machten, es sollten eine Waffenruhe und ein Rückzug der Truppen von der Gefechtslinie stattfinden, während die Verhandlungen weitergingen, reagierte das Oberkommando der Vereinten Nationen fast so, als ob es sich bei diesem Vorschlag um einen aggressiven und unaufrichtigen Akt handelte. »Der heutige Standpunkt der Kommunisten«, so die Verlautbarung des Oberkommandos, »war praktisch einer Abkehr von ihrer früheren Position, daß die Feindseligkeiten während der Waffenstillstandsverhandlungen weitergehen sollten.«[215]

Es war einmal eine Zeit, da fand in den Vereinigten Staaten ein großer Bürgerkrieg statt, in welchem der Norden versuchte, das geteilte Land durch bewaffnete Gewalt wiederzuvereinen. Schickte damals Korea oder China oder irgendeine andere auswärtige Macht eine Armee, um Amerikaner abzuschlachten, und bezichtigte Lincoln der Aggression?

Was veranlaßte Amerika, das Risiko eines Krieges in Korea einzugehen? Denn erst ein Jahr zuvor, im Jahre 1949, hatten die Vereinten Nationen (mit amerikanischer Unterstützung) im arabisch-israelischen Kampf in Palästina und im indisch-pakistanischen Krieg um Kaschmir interveniert, um einen Waffenstillstand zu vermitteln, statt eine Armee zu schicken, die einseitig Partei ergriff, und die Kämpfe auszuweiten. Und beide Konflikte waren ihrem Charakter nach viel weniger ein Bürgerkrieg, als es in Korea der Fall war. Hätten sich die USA/UNO in den beiden früheren Fällen genauso verhalten, dann wären auch Palästina und Kaschmir am Ende ein solche »Verbrannte Erde«-Wüste gewesen, wie es das Schicksal Koreas war. Was sie rettete, was dafür sorgte, daß die amerikanischen Truppen draußen blieben, war nichts anderes als das Fehlen einer kommunistischen Konfliktpartei.

6: Albanien 1949 bis 1953

Der korrekte englische Spion

»Die gleichzeitige Planung und Sabotage dieses unter einem schlechten Stern stehenden Unternehmens war sicher ein harter Test seiner Energie und seines Einfallsreichtums«, schrieb einer der Biographen Kim Philbys.[216] Das besagte Unternehmen war der bereits im Jahre 1949 begonnene heimliche Versuch der Vereinigten Staaten und Großbritanniens, das prosowjetische Regime Enver Hoxhas durch von Partisanen ausgehende Aufstände zu stürzen.

Es endete in einer Katastrophe, zum Teil, weil die Russen anscheinend von Philby gewarnt worden waren, jenem korrekten Engländer, der die richtigen Schulen besucht und in die höchsten Ränge des britischen und amerikanischen Geheimdienstes aufstieg, ob wohl er schon seit seinem 21. Lebensjahr ein sowjetischer Spion war.

Philby war ein Jahr zuvor nach Washington umgezogen, um dort als Verbindungsoffizier zwischen dem britischen Geheimdienst, dem Secret Intelligence Service (SIS), und der CIA zu fungieren. In dieser Funktion war er Kodirektor der gemeinsamen Einsatz gruppe von CIA und SIS, welche die Operation in Albanien planen sollte. Die Wahl war auf Albanien gefallen, weil es als der verwundbarste und schwächste der sozialistischen Staaten angesehen wurde, keine gemeinsame Grenze mit der Sowjetunion hatte und isoliert zwischen dem von der USA beherrschten Griechenland und Jugoslawien lag, das als Abtrünniger des Ostblocks galt. Und was noch wichtiger war: Ein erst kürzlich ab geschlossenes Abkommen zwischen der Sowjetunion und Albanien gewährte der Sowjetunion im Gegenzug zu der Albanien erwiesenen Unterstützung das Recht, einen U Boot-Stützpunkt mit direktem Zugang zum Mittelmeer zu bauen.[217] Nach den Regeln und der Logik des Kalten-Krieg-Spiels war dies ein Zug, den die Vereinigten Staaten vereiteln mußten.

Die Einsatzgruppe begann ihre Arbeit damit, daß sie in Italien, Griechenland und anderswo verstreut lebende albanische Emigranten rekrutierte. Diese erhielten eine militärische Grundausbildung mit einigen Anteilen an Guerillakriegsführung an speziellen Orten auf der britischen Mittelmeerinsel Malta, in der amerikanischen Besatzungszone in Deutschland und – zu einem geringeren Ausmaß – in England selbst.[218] »Wann auch immer wir irgendwo einen Umsturz durchführen wollen« teilte Frank Wisner, der Chef der Abteilung für Geheimoperationen der CIA, Philby vertraulich mit, »entdecken wir, daß die Briten ganz in der Nähe eine Insel besitzen.«[219]

Innerhalb von dreieinhalb Jahren wurden die Emigranten nach und nach in ihr Heimatland zurückgeschickt: Sie kletterten in die griechischen Berge und schlüpften von dort über die Grenze, sprangen mit Fallschirmen aus Flugzeugen ab, die von Stützpunkten in Westeuropa aufgestiegen waren, oder drangen von Italien aus übers Meer ein. Amerikanische Flugzeuge und Ballons warfen Propagandaflugblätter ab und ebenso Güter, die in Albanien Mangelware waren, wie Mehl, Chalwa, Nähnadeln und Rasierklingen. Zusammen mit den Gütern wurde ein Begleitschreiben abgeworfen, das sie als ein Geschenk der »Nationalen Befreiungsfront Albaniens« kennzeichnete[220] – ein weiteres Bei spiel für den raffinierten Marketingcharakter, welche die in Amerika geborene und auf gezogene CIA vielen ihrer Operationen verleihen sollte.

Kurz gesagt, bestand der Plan – oder die Hoffnung – darin, daß die Partisanen es schaffen würden, ihre alten Heimatregionen zu erreichen, um dort eine antisowjetische Stimmung zu erzeugen, welche dann in Aufstände münden würde. Sie mußten Propaganda verbreiten, politische, wirtschaftliche und militärische Informationen sammeln, Sabotageakte verüben sowie neue Zellen rekrutieren und diese mit Ausrüstung versehen. Durch einen späteren Zufluß von Männern und Material würden diese Zellen dann zu »Widerstandzentren« werden.[221]

Das für den Kalten Krieg charakteristische Denken ging davon aus, daß die Massen in Osteuropa nur auf einen Zündfunken warteten, um zu einer offenen Revolte für ihre Freiheit überzugehen. Selbst wenn es so gewesen wäre, so wäre es doch ein in hohem Maße suspekter Zündfunke gewesen, denn unter den Partisanen befanden sich viele Personen, welche die Wiedererrichtung der albanischen Monarchie unter dem zu dieser Zeit im Exil lebenden reaktionären König Zogu unterstützten, und wieder andere, die während der Besetzung Italiens im zweiten Weltkrieg mit den italienischen Faschisten und den Nazis kollaboriert hatten.

Um sicherzugehen, gab es in den verschiedenen Emigrantengremien auch Menschen mit republikanischen und demokratischen Neigungen. Papiere des amerikanischen Außenministeriums, die später der Öffentlichkeit zugänglich wurden, enthüllen, daß prominente albanische Kollaborateure die führende Rolle bei der Bildung dieser Gruppen spielten. Dies waren nach Einschätzung des Außenministeriums Individuen mit einem »gewissen dubiosen« politischen Hintergrund, die »früher oder später diese Regierung in Verlegenheit bringen könnten.« Sie durften trotz der Bedenken des Ministeriums aus »Geheimdiensterwägungen« in die Vereinigten Staaten einreisen. Einer dieser dubiosen Herren war Xhafer Deva, Innenminister unter der italienischen Besatzung, der für die Deportation von (wie es in einem aufgefangenen Bericht der Nazis hieß) »Juden, Kommunisten, Partisanen und verdächtigen Personen« in Vernichtungslager in Polen verantwortlich gewesen war.[222]

Im Namen des von der CIA finanzierten Nationalkomitees für ein Freies Albanien nahm ein starker Untergrundsender seine Radiosendungen in dem Land auf und rief zur Befreiung des Landes von der Sowjetunion auf. Im Frühjahr des Jahres 1951 kamen aus Albanien Berichte über offenen Widerstand und über Aufstände.[223] Es läßt sich nur schwer sagen, inwieweit diese Ereignisse eine Folge der westlichen Infiltration und Agitation waren. Im Ganzen gesehen hatte diese Kampagne jedoch kaum Erfolge vorzuweisen. Sie wurde durchgehend von logistischen Mißgeschicken heimgesucht, und es war bittere Realität, daß die Masse der Albaner die Emigranten in keiner Weise als Befreier begrüßten, sei es aus Angst vor dem brutalen Hoxha-Regime oder weil sie die stattfindenden gesellschaftlichen Veränderungen unterstützten und dem, was die Emigranten zu bieten hatten, nicht trauten.

Und das Schlimmste war: Die albanischen Behörden schienen fast immer zu wissen, wann und in welchem Teil des Landes die Partisanen eindringen würden. Kim Philby war dabei nicht die einzige Informationsquelle. Die albanischen Gruppen waren mit ho her Wahrscheinlichkeit von Agenten der Regierung unterwandert, und die sorglosen Gespräche, denen sich die zusammengewürfelten Haufen von Emigranten mit Vorliebe hingaben, dürften für das Fiasko mitverantwortlich gewesen sein. Philby bezieht sich auf die Tatsache, daß die Mitglieder der CIA-SIS- Einsatzgruppe die Albaner oft auf die Schippe nahmen, wenn er schreibt:

»Sogar in unseren ernsteren Augenblicken vergaßen wir Angelsachsen nicht, daß unsere Agenten gerade erst von den Bäumen herabgeklettert waren.«[224]

Die Sicherheitsvorkehrungen waren so lax, daß der Korrespondent der New York Times, Cyrus L. Sulzberger, ganze Ordner voll von Depeschen aus dem Mittelmeergebiet anlegen konnte, die so deutlich von der Intervention sprachen, daß es kaum nötig war, zwischen den Zeilen zu lesen.[225] (Seine Artikel hatten keine aufreißerischen Schlagzeilen, es gab keine öffentlichen Kommentare dazu aus Washington, keine Reporter stellten Regierungsbeamten irgendwelche peinlichen Fragen kurz: Es war ein »Nichtereignis« für die Amerikaner.)

Trotz eines Fehlschlags nach dem anderen, und obwohl es keinen vernünftigen Grund gab, für die Zukunft etwas anderes zu erwarten, dauerte die Operation bis in den Frühling des Jahres 1953 an, wobei Hunderte von Männern umkamen oder in Gefangenschaft gerieten. Man kann dies nicht bloß mit der Zwangsvorstellung, Stalins Finger ab hacken zu wollen, erklären. Berufliches Ansehen und Karrieren waren investiert worden, und es wurde ein sichtbarer Erfolg benötigt, um »Verluste in der Vergangenheit wettzumachen« und »frühere Entscheidungen zu rechtfertigen.«[226] Und die Männer, die man verloren hatte, waren ja schließlich bloß Albaner, die kein einziges Wort sauberes Englisch sprachen und noch nicht einmal richtig aufrecht gehen konnten.

Allerdings bestand die Gefahr, daß sich die Aktion zu einem Konflikt mit der Sowjetunion ausweiten könnte. Die Sowjets schickten in der Tat einige neue Kampfflugzeuge nach Albanien, wahrscheinlich in der Hoffnung, diese könnten die ausländischen Flug zeuge abschießen, welche Propagandamaterial abwarfen.[227] Die Operation mußte ganz einfach Stalin, Hoxha und den ganzen Ostblock an eine andere Intervention des Westens dreißig Jahre zuvor erinnern, und sie erreichte nichts anderes, als diese Männer noch »paranoider« in Bezug auf die Absichten des Westens zu machen und sie zu über zeugen, daß die Schraube der inneren Sicherheit noch stärker angezogen werden müßte. In der Tat erwähnte Hoxha in den folgenden Jahren immer wieder einmal die »Invasion« der Amerikaner und Briten, um seine Isolationspolitik zu rechtfertigen.[228]

In den frühen 1960er-Jahren tat Hoxha dann selbst, was die CIA und der SIS nicht geschafft hatten: Er entzog Albanien dem Einflußbereich der Sowjetunion. Alle prosowjetischen Beamten seiner Regierung fielen Säuberungen zum Opfer, und der albanische Führer richtete sein Land nach China aus. Es gab keine militärischen Vergeltungsmaß nahmen durch die UdSSR. Mitte der 1970er-Jahre dann trennte sich Hoxha auch von China.

7: Osteuropa 1948 bis 1956

Operation Sprengsatz

Jozef Swiatlo tauchte auf einer Pressekonferenz am 28.09.1954 in Washington auf. Swiatlo war Pole, und er war eine sehr wichtige Person in Polen gewesen, ein ganz hohe Person im Ministerium für Staatssicherheit, der Geheimpolizei. Es ging das Gerücht, er sei letzten Dezember während einer Einkaufstour in Westberlin übergelaufen, und nun präsentierte das amerikanische Außenministerium ihn der Welt, um das Geheimnis der Fields, der amerikanischen Staatsbürger, die 1949 verschwunden waren, aufzuklären. Swiatlo enthüllte, daß Noel Field und seine Frau Herta in Ungarn festgenommen worden waren, und daß dem Bruder, Hermann Field, dasselbe Schicksal in Polen durch Swiatlos eigene Hand widerfahren war, alles im Zusammenhang mit dem Prozeß gegen einen führenden ungarischen Kommunisten. Das Außenministerium hatte den Regierungen von Ungarn und Polen bereits energische Noten überreicht.[229]

Es gibt allerdings eine bedeutend längere und unheimlichere Version der Geschichte Jozef Swiatlos. Nach dieser Version versuchte Swiatlo schon im Jahre 1948, also zu einer Zeit, als er bereits seine hohe Stellung im Geheimdienst bekleidete, in Warschau zu den Briten überzulaufen. Aus verschiedenen Gründen übergaben die Briten den Fall den Vereinigten Staaten, und auf Ersuchen von Allen Dulles wurde Swiatlo angewiesen, bis auf weiteres auf seinem Posten auszuharren.

Zu dieser Zeit war Dulles noch nicht Direktor des CIA, er war jedoch ein enger Berater des Geheimdienstes, hatte seine Leute in Schlüsselstellungen und wartete nur darauf, daß Thomas Dewey im November die Präsidentschaftswahlen gewinnen und ihn zum Direktor ernennen würde. (Durch Harry Trumans überraschende Wiederwahl verzögerte sich dies auf Jahre hinaus, allerdings wurde Dulles 1951 stellvertretender Direktor.)

Noel Field, ein ehemaliger Beamter des Außenministeriums im diplomatischen Dienst, war ein langjähriger kommunistischer Mitläufer, wenn nicht gar ein Parteimitglied in den Vereinigten Staaten oder Europa. Während des Zweiten Weltkriegs kreuzten sich seine Wege mit denen von Dulles in der von Spionen aller Art durchsetzten Schweiz. Dulles war ein Mann des Amtes für Strategische Dienste, des Office for Strategie Services (OSS), Field der Bevollmächtigte der Unitarischen Kirche in Boston, der Flüchtlingen aus Ländern, die von den Deutschen besetzt waren, half. Fields Hilfsaktionen galten insbesondere kommunistischen Flüchtlingen, von denen es zahlreiche gab, da die Kommunisten direkt nach den Juden auf den Verfolgungslisten der Nazis standen. Das OSS unterstütze seine Aktionen finanziell, die Kommunisten ihrerseits waren wiederum eine hervorragende Informationsquelle über Ereignisse in Europa, die für Washington und seine Verbündeten von Bedeutung waren.

Gegen Ende des Krieges überredete Field Dulles dazu, einem Vorhaben, amerikanische Agenten in verschiedene europäische Länder einzuschleusen, um den vorrückenden alliierten Truppen den Weg zu ebnen, amerikanische Unterstützung zukommen zu lassen. Die von Field ausgewählten Männer waren erwartungsgemäß alles Kommunisten, und die Rückkehr in einige osteuropäische Länder verhalf ihnen dazu, die Zügel der Macht in die Hand zu bekommen, lang bevor nichtkommunistische Kräfte in der Lage waren, sich neu zu gruppieren und zu organisieren.

Daraus ließe sich schließen, Allen Dulles sei ein Licht aufgegangen. Noch dazu, als das OSS, das Amt für strategische Dienste, auch unter Dulles’ Direktorat und der Beteiligung Fields, die Publikation einer Untergrundzeitung in Deutschland finanziert hatte. Es handelte sich um eine antifaschistische, linke Zeitung, das Neue Deutschland, welches unmittelbar nach der Befreiung zur offiziellen Zeitung der Kommunistischen Partei avancierte.

Nach dem Krieg dienten diese Ereignisse als Scherze, an welchen sich die Geheimdienste in Ost und West delektieren konnten. Es dauerte nicht lange, bis der Scherz mit aller Wucht auf Field zurückfiel.

Im Jahre 1949, als Field Polen besuchte, wurde er von den polnischen Behörden mit außergewöhnlichem Mißtrauen beobachtet. Man sah in ihm einen Mann, der während des Krieges in einer Stellung gearbeitet hatte, welche leicht eine Fassade für westliche Spionage hätte gewesen sein können, eine Stellung, die ihm regelmäßig Kontakt mit hohen Funktionären aus der Kommunistischen Parteien brachte. Und er hatte noch dazu eng mit Allen Dulles zusammengearbeitet, der schon damals als Meisterspion galt und der Bruder von John Foster Dulles war, der zu den hohen Kreisen in Washington zählte und bereits zur »Befreiung« der Völker des Ostblocks aufrief.

In der Zeit, als Field nach Polen kam, versuchte Jozef Swiatlo gerade, Jakub Berman, einem hohen Parteifunktionär und Staatsbeamten zu diskreditieren. Swiatlo verdächtige und verabscheute ihn. Sein Fehler, den polnischen Präsidenten zu veranlassen, gegen Berman vorzugehen, war angeblich der Grund dafür, daß Swiatlo sich im Jahr darauf absetzte. Noel Field schrieb Berman einen Brief, in dem er ihn darum bat, ihm zu einem Posten in Osteuropa zu verhelfen. Swiatlo bekam Kenntnis von diesem Brief und sah seine Chance, Berman festzunageln.

Aber zunächst mußte man Noel Field als amerikanischen Spion aufbauen. Auf Grund der vorliegenden Hinweise, die in diese Richtung deuteten, würde dies für einen Mann von Swiatlos hoher Stellung und niedrigem Charakter nicht schwer sein. Wenn Field natürlich tatsächlich mit Geheimdienststellen in den USA zusammenarbeitete, konnte Swiatlo ihn nicht gut bloßstellen, da der polnische Geheimdienstoffizier ja inzwischen selbst ein amerikanischer Agent war. Dementsprechend schickte er seine erste Nach richt an die CIA, beschrieb darin seine Pläne mit Berman und Field sowie den Schaden, den dies der Kommunistischen Partei in Polen zufügen könnte. Er schloß mit: »Irgend welche Bedenken?«

Allen Dulles hatte keine. Seine Reaktion auf Swiatlos Nachricht waren vielmehr Freude und Belustigung. Die Zeit war gekommen, um mit Noel Field abzurechnen. Und was noch wichtiger war: Dulles erkannte, daß Swiatlo dadurch, daß er Noel Field, »den ame rikanischen Spion«, als Knüppel benutze, zahllose führende kommunistische Funktio näre im Ostblock erledigen konnte. Diese Aktion könnte den ganzen Block in einen Zu stand höchster Paranoia versetzen, und eine Welle von Repression und stalinistischer Tyrannei heraufbeschwören, die schließlich zu Aufständen führen würden. Dulles nann te seinen Plan: Operation Sprengsatz.

So kam es, daß Jozef Swiatlo angewiesen wurde, überall in Osteuropa Spione zu finden. Er würde amerikanische und britische Komplotts aufdecken, ebenso wie »trotzkistische« und »titoistische« Verschwörungen. Er würde dem KGB-Chef Lawrentij Berija berichten, daß im Zentrum dieses rieseigen Netzes ein Mann namens Noel Haviland Field stand.

Field wurde verhaftet und endete schließlich in einem Gefängnis in Ungarn, genauso wie seine Frau Herta, als sie nach ihm suchte. Und als sein Bruder Hermann versuchte, eine Spur von den beiden zu finden, ereilte ihn dasselbe Schicksal in Polen.

Swiatlo war in einer einzigartigen Position, um die Operation Sprengsatz durchzuführen. Er hatte nicht allein die Amts- und Befehlsgewalt dazu, sondern er hatte auch die Akten über unzählige Mitglieder von kommunistischen Parteien in den Ländern des Ostblocks. Jegliche Verbindung, die sie mit Noel Field gehabt hatten, und alles, was Field getan hatte, konnte so interpretiert werden, daß sich darin die Hand des amerikanischen Geheimdienstes zeigte oder daß es ein Akt tatsächlicher Unterwanderung der sozialistischen Staaten war. Die Sowjets – und besonders Stalin – waren außergewöhnlich an den »Fieldlingen« interessiert. Noel Field hatte nahezu jeden gekannt, der jetzt im Ostblock eine führende Rolle spielte.

Und für den Fall, daß das Ausmaß der Paranoia unter den jungen, noch unsicheren Regierungen in Osteuropa nicht groß genug wäre, würde ein Doppelagent der CIA eine Information von zentraler Bedeutung »bestätigen« oder das richtige Gerücht zum rechten Zeitpunkt ausstreuen, oder der Radiosender der CIA, Radio Free Europe, würde einige verlockende, anscheinend verschlüsselte Nachrichten senden. Oder auf Anweisung der CIA würden »osteuropäische Exilanten« in den Vereinigten Staaten Briefe an führende Kommunisten in ihren Heimatländern schicken, die exakt das kleine Stück an Information oder eine Redewendung enthalten würden, bei der ein Geheimdienstoffizier sofort aufmerksam würde.

Viele der Opfer von Swiatlos Säuberungen waren Menschen, die den Krieg nicht in der Sowjetunion, sondern im Westen überlebt und dort irgendwann Fields Weg gekreuzt hatten. Diese Menschen neigten einem gewissen Nationalkommunismus zu – sie wollten einen größeren Abstand zwischen ihren Länder und der Sowjetunion schaffen, wie es Tito in Jugoslawien getan hatte – und befürworteten ein liberaleres Regime zu Hause. Dulles wischte das Argument, dies wären Menschen, die man unterstützen und nicht eliminieren sollte, mit einer Handbewegung zur Seite. Er spürte, daß sie dem Westen irgendwann einmal viel gefährlicher werden könnten, denn sollte ihre Form des Kommunismus in Osteuropa Fuß fassen, dann könnte der Kommunismus achtbar und akzeptiert werden. Besonders in Italien und Frankreich, wo die Gefahr bestand, daß die Kommunisten an die Regierung gewählt würden, mußte die schreckliche Fratze des Kommunismus hervorgekehrt werden.

In Hunderten von Prozessen in Osteuropa – »Schauprozessen« wie weniger spektakulären, spielte der Name Noel Field eine wichtige Rolle. Was als Operation Sprengsatz be gann, entwickelte schnell ein Eigenleben: Nach der Verhaftung einer hochgestellten Persönlichkeit fielen weitere Personen unter Verdacht, weil sie diese kannten oder von ihr in ihre Ämter berufen worden waren. Oder es war irgendeine andere Verbindung zu einer der verhafteten Personen, die einen unglücklichen Menschen in den Abgrund reißen konnte.

Wie in Polen Jozef Swiatlo, so gab es auch in der Tschechoslowakei einen Mann, der fest in den höheren Rängen des tschechoslowakischen Sicherheitsdienstes verankert war. Dieser Mann, dessen Name unbekannt geblieben ist, war von General Reinhard Gehlen, dem früheren Geheimdienstchef der Nazis, der nach dem Krieg für die CIA arbeitete, rekrutiert worden.

In der Tschechoslowakei war es am schlimmsten. Bis zum Jahre 1951 war die unglaubliche Zahl von 169.000 eingetragenen Mitgliedern der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei verhaftet worden – zehn Prozent der gesamten Mitgliedschaft. Und es waren weitere in Polen, Ungarn, Ostdeutschland und Bulgarien. Hunderte von Ihnen wurden hingerichtet, andere starben im Gefängnis oder wurden wahnsinning.[230]

Nachdem Swiatlo im Dezember 1953 übergelaufen war, fanden die osteuropäischen Geheimdienste heraus, daß er die ganze Zeit über für die andere Seite gearbeitet hatte. Vier Wochen nachdem Swiatlo in Washington seine Pressekonferenz abgehalten hatte, kündigte die polnische Regierung an, sie werde Hermann Field freilassen, denn Ermittlungen hätten ergeben, daß die gegen ihn von »einem amerikanischen Agenten und Provokateur«, Jozef Swiatlo, erhobenen Anklagen »unbegründet« gewesen seien.[231] Später er hielt Field 50.000 Dollar als Wiedergutmachung für seine Haftzeit, und auch die Genesung in einem Sanatorium wurde bezahlt.[232]

Drei Wochen nach der Freilassung Hermann Fields wurden auch Noel und Herta Field in Ungarn auf freien Fuß gesetzt. Die Regierung in Budapest erklärte, die Anklagen gegen sie seien nicht gerechtfertigt gewesen.[233] Auch sie wurden entschädigt und beschlossen, in Ungarn zu bleiben.

Sobald Noel Field offiziell für unschuldig erklärt worden war, wurden in Osteuropa auch die Fälle zahlreicher anderer Personen überprüft. Zunächst zögerlich, dann aber in schnellerer Folge wurden immer mehr Häftlinge freigelassen, und im Jahre 1956 saß kaum noch jemand im Gefängnis.

Das ganze auf den Zweiten Weltkrieg folgende Jahrzehnt hindurch schürte die CIA die Flammen der Unzufriedenheit in Osteuropa, nicht nur mit der Operation Sprengsatz, sondern auch auf vielfältige andere Weise. Radio Free Europe (vgl. das Kapitel über die Sowjetunion), das von der BRD aus gesendet wurde, ließ keinen (schmutzigen) Trick aus. Als der Sender beispielsweise im Januar der Jahres 1952 erfuhr, daß die Tschechoslowakei plante, ihre Währung abzuwerten, warnte sie die Bevölkerung des Landes und förderte damit landesweite Panikkäufe.[234] Wiesen Cook hat die Kommentare des Senders über verschiedene europäische Kommunisten in ihrer Studie über diese Zeit, THE DECLASSIFIED EISENHOWER, beschrieben. Die Sendungen, schrieb sie

»umfaßten ein breites Spektrum persönlicher Kritik, geschmacklose und verleumderische Anschuldigungen, die von Gerüchten über Brutalitäten und Folter bis hin zu Korruption sowie zu Irrsinn, Perversion und Lasterhaftigkeit reichten. Alles, was man sich nur denken konnte, wurde eingesetzt, um die Kommunisten – ob in England oder Polen – als dumm, würdelos und unbedeutend darzustellen.«[235]

Eine der Stimmen, die häufig über Radio Free Europe über die verhaßten Kommunisten zu vernehmen waren, war niemand anderer als Jozef Swiatlo, dem wegen seines Hangs zur Folter der Beiname »Metzger« gegeben worden war. Man braucht wohl nicht zu betonen, daß der wiedergeborene Menschenfreund weder die Operation Sprengsatz noch seine Doppelrolle dabei erwähnte. Dennoch erschütterten einige seiner Sendebeiträge das polnische Sicherheitssystem so sehr, daß erhebliche Verbesserungen vorgenommen wurden.[236]

Die USA unternahmen alles, was sie konnten, um Probleme und Störungen zu verursachen: Sie unterstützen Oppositionsgruppen in Rumänien,[237] errichteten einen Untergrundsender in Bulgarien,[238] warfen aus Ballons Propagandamaterial über Ungarn, der Tschechoslowakei und Polen ab (an einem Tag im August 1951 waren es allein 11.000 Ballons mit 13 Millionen Flugblättern)[239] und setzten auch Menschen ab: Vier US-amerikanische Flieger, wahrscheinlich Geheimagenten, landeten in Ungarn.[240]

Im Jahre 1955 konnte man in Fort Bragg in North Carolina Osteuropäer finden, die mit den Green Berets ausgebildet wurden und die Taktik der Guerillakriegsführung erlernten, in der Hoffnung, sie in ihren Heimatländern einsetzen zu können.[241]

Im Jahr darauf wurden Hunderte von Ungarn, Rumänen, Polen und andere von Spezia listen des CIA für den paramilitärischen Kampf in einer Geheimeinrichtung in der BRD ausgebildet.

Als im Oktober 1956 der Aufstand in Ungarn stattfand, wurden diese Männer nach Angaben der CIA nicht eingesetzt, weil sie noch nicht bereit waren.[242] Aber der Geheim dienst schickte seine Agenten zu Einsätzen nach Budapest, wo sie sich den Rebellen an schließen und ihnen bei ihrer Organisation helfen sollten.[243] In der Zwischenzeit ermahnte Radio Free Europe das ungarische Volk, seinen Widerstand fortzusetzen, gab taktische Anweisungen und erweckte den Anschein, als sei amerikanische Unterstützung unterwegs. Sie kam nie.

Es gibt keine Beweise dafür, daß die Operation Sprengsatz zum ungarischen Aufstand oder zu früheren in Polen und Ostdeutschland beigetragen hätte. Nichtsdestoweniger konnte die CIA darauf verweisen, daß sie mit ihrer antikommunistischen Kalten-Kriegs Propaganda durchaus Punkte gemacht hatte. Denn schließlich hatte es im Osten ja diese Hexenjagden gegeben, auch wenn dabei viele Menschen umgekommen waren.

8: Deutschland in den 1950er-Jahren

Alles von der Jugendkriminalität bis zum Terrorismus

Innerhalb eines Zeitraums von 30 Jahren und zwei Weltkriegen mit Deutschland beklagte die Sowjetunion mehr als 40 Millionen Tote und Verwundete, eine ungeheure Verwüstung des Landes und die Tatsache, daß ihre Städte dem Erdboden gleichgemacht worden waren. Als der Zweite Weltkrieg dem Ende zuging, waren die Russen dem deutschen Volk nicht sonderlich wohlgesonnen. Da sie erst einmal ihr eigenes Land wiederaufbauen mußten, rangierte der Wiederaufbau Deutschlands ganz unten auf ihrer Prioritätenliste.

Die Vereinigten Staaten hingegen gingen aus dem Krieg mit vergleichsweise geringen Verlusten hervor, und ihr Staatsgebiet war vollkommen unversehrt. Sie waren bereit, gewillt und fähig, sich ihrer Hauptpriorität in Europa zu widmen: Dem Aufbau eines antikommunistischen Bollwerks im Westen, insbesondere am strategisch besonders wichtigen Standort Deutschland.

Im Jahre 1945, so schrieb der ehemalige Außenminister Dean Acheson, war es die offizielle Politik der USA »den Deutschen klarzumachen, daß sie dem Leid, daß sie selbst über sich gebracht hatten, nicht entkommen könnten [und die] deutsche Volkswirtschaft zu lenken, um zu verhindern, daß der Lebensstandard höher würde als in den Nachbarstaaten.«[244]

»Von Anfang an«, setzt Acheson hinzu, glaubten die US-Beamten in Deutschland nicht, daß dieser Plan »durchführbar sein würde.«[244]

Acheson führt nicht aus, was hinter dieser Prognose steckte, aber ihre Richtigkeit wurde schon bald deutlich, und zwar aus drei von einander unabhängigen Gründen:

  1. Einflußreiche führende Geschäfts- und Finanzleute in Amerika, von denen einige wichtige Regierungsposten innehatten. Es bestand ein viel zu großes Interesse – das im allgemeinen auf die Vorkriegszeit zurückging – an einem hochindustrialisierten Deutschland, um zuzulassen, daß das Land so tief sänke, wie es einige amerikanische Politiker als Strafe forderten.
  2. Ein wiederbelebte BRD wurde als unentbehrliches Mittel angesehen, um den sowjetischen Einfluß in der östlichen Besatzungszone des Landes, wenn nicht in ganz Osteuropa, zu bekämpfen. Die BRD sollte »das Schaufenster der westliche Demokratie« werden – ein sinnlicher, lebendiger Beweis für die Überlegenheit des Kapitalismus über den Sozialismus.
  3. Konservative, aber auch einige liberale Kreise Amerikas, in deren Vorstellung eine sowjetische Invasion Westeuropas unmittelbar bevorstand, sahen in der Idee, der BRD auf industriellem Gebiet die Hände zu binden, einen Tatbestand, der gefährlich dem nahekam, was sie »weich gegen den Kommunismus« nannten, wenn nicht noch schlimmeren Dingen.[245]

Auch bei Dwight Eisenhower klingt diese Stimmung an, wenn er schreibt:

»Hätte man gewissen Beamten der Roosevelt-Regierung freie Hand gelassen, ginge es Deutschland jetzt sehr viel schlechter, denn es gab Leute, die verlangten, man solle die Bergwerke im Ruhrgebiet überfluten, die deutschen Fabriken zerstören und aus der Industrienation Deutschland ein Agrarland machen. Auch Harry Dexter White, der später von Justizminister Browneil als einer derjenigen benannt wurde, die tief in einen sowjetischen Spionagering, der innerhalb unseres Regierungsapparates operierte, verstrickt war, schlug genau das vor.«[246]

Somit erlitt also die Entindustrialisierung der BRD dasselbe Schicksal wie die Entmilitarisierung es in einigen Jahre erleiden sollte, denn die Vereinigten Staaten pumpten massive Wirtschaftshilfe in das Land: vier Milliarden Dollar an Marshallplanhilfe und ein Heer von Wirtschaftsexperten und Fachleuten.

Zur selben Zeit zog die Sowjetunion massive Wirtschaftshilfe aus Ostdeutschland ab. Die Sowjets demontierten ganze Fabriken mit großen Mengen an Ausrüstung und Maschinen sowie Tausende Meilen von Eisenbahnschienen und schafften sie zu sich nach Hause. Wenn man diese Güter zu den zu leistenden Kriegsreparationen hinzurechnet, kommt man auf Abermilliarden von Dollar.

Obwohl in den frühen 1950er-Jahren die Sozialeinrichtungen, die Beschäftigung und das kulturelle Leben in Ostdeutschland auf gleichem oder sogar noch höherem Niveau waren, hatte die BRD die Nase vorn auf den Wohlstandssektoren mit dem höchsten Sexappeal: Löhne und Gehälter waren höher, die Ernährung war besser, Konsumgüter waren in größerem Umfang erhältlich und die Neonlichter entlang des Kurfürstendamms schmückten die Nacht.

Einige Kalte Krieger in den Vereinigten Staaten jedoch – als wären sie mit dem Erreichten oder damit, so viel dem Zufall zu überlassen, unzufrieden – eröffneten einen ungehobelten Sabotage- und Unterwanderungsfeldzug gegen die DDR, um die Wirtschafts- und Verwaltungsmaschine dort aus dem Gleis zu bringen. Die CIA und andere US-amerikanische Geheimdienste und Militärstellen in der BRD (mit gelegentlicher Hilfe von ihresgleichen im britischen Geheimdienst und bei der westdeutschen Polizei) rekrutierten Aktivistengruppen und Einzelpersonen aus West und Ost, welche sie ausstatteten, ausbildeten und finanzierten. Freiwillige für einen solchen Kreuzzug zu finden, war nicht schwer, denn im Nachkriegsdeutschland lebte der Antikommunismus als das einzige geachtete Überbleibsel des Nationalsozialismus fort.

Die aktivste dieser Gruppen, die den Namen Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit trug, gab zu, daß sie Geld von der Ford Foundation und dem Westberliner Senat erhalten hatte.[247] Im Anschluß daran veröffentlichte ein Ostberliner Nachrichtenmagazin die Kopie eines Briefes der Ford Foundation, in dem sie einen Zuschuß von 150.000 Dollar an das Nationalkomitee für ein Freies Europa bestätigte, »damit es im Gegenzug die humanitären Aktivitäten der ›Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit‹ unterstützen könnte.«[248] Das Nationalkomitee für ein Freies Europa wiederum war eine Tarnorganisation der CIA, die auch Radio Free Europe betrieb.[249]

Die Vereinigung politischer Ostflüchtlinge und der Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen der Sowjetzone waren zwei weitere der anderen an der Kampagne gegen über der DDR beteiligten Gruppen. Die Aktionen, welche diese Agenten ausführten, deckten das gesamte Spektrum von der Jugendkriminalität bis zum Terrorismus ab – eben alles, was möglich war, damit sie »die Kommunisten schlecht aussehen« ließen. Es kam eine dicke Akte zusammen:[250]

  • Durch Bombenanschläge, Brandstiftung, Kurzschlüsse und andere Methoden zerstörten sie Kraftwerke, Werften, einen Damm, Kanäle, öffentliche Gebäude, Tankstellen, einen Radiosender, Marktstände und öffentliche Verkehrsmittel.
  • Sie brachten Züge zum Entgleisen, wobei etliche Bahnbedienstete ernsthaft verletzt wurden, setzten zwölf Waggons eines Güterzugs in Brand und zerstörten bei anderen die Luftdruckschläuche.
  • Sie sprengten Straßen und Brücken und legten Sprengsätze auf die Bahnlinie Berlin-Moskau. Diese wurden aber rechtzeitig entdeckt – sonst wären Hunderte getötet worden.
  • Sie setzten Spezialsäuren ein, um die Maschinen in lebenswichtigen Fabriken zu beschädigen, streuten Sand in die Turbinen einer Fabrik und brachten sie so zum Stillstand und stahlen Blaupausen und Modelle neuer technischer Entwicklungen.
  • Sie töteten 7.000 Kühe einer Genossenschaftsmolkerei, indem sie den Wachsüberzug der Drähte vergifteten, die dazu dienten, das Vieh vom Futtergetreide fernzuhalten.
  • Sie mischten Seife unter Milchpulver, das für ostdeutsche Schulen bestimmt war.
  • Sie besetzten und zerstörten Büros linker Organisationen in Ost- und Westberlin, stahlen die Mitgliederlisten. Sie überfielen und entführten Linke und in machen Fällen töteten sie diese sogar.
  • Sie warfen Stinkbomben, um politische Versammlungen zu sprengen.
  • Sie ließen Ballons steigen, die in der Luft zerplatzten und dabei Tausende von Propagandaflugblättem auf die Ostdeutschen herunterregnen ließen.
  • Einige, die gefaßt werden konnten, waren im Besitz großer Mengen des Giftes Kantharidin, das zur Herstellung von vergifteten Zigaretten dienen sollte, mit denen ostdeutsche Führungspersönlichkeiten umgebracht werden sollten.
  • Sie versuchten, die Weltfestspiele der Jugend in Ostberlin zu sprengen, indem sie gefälschte Einladungen, falsche Zusagen über freie Unterkunft und Verpflegung und falsche Absagen verschickten. Sie attackierten Teilnehmer mit Sprengstoff und Brandbomben und beschädigten ihre Fahrzeuge. Sie setzten eine Holzbrücke über eine wichtige Autobahn, die zum Festivalgelände führte, in Brand.
  • Sie fälschten und verteilten große Mengen an Lebensmittelmarken – zum Beispiel über 55.000 Kilogramm Fleisch –, um Verwirrung, Engpässe und Verbitterung zu schüren.
  • Sie verschickten gefälschte Steuerbescheide und andere offizielle Anordnungen und Dokumente, um Unordnung und Ineffizienz in der Industrie und bei den Gewerkschaften zu fördern.
  • Sie »leisteten« Ostdeutschen, die am 17.06.1953 einen Aufstand inszenierten, »erheblichen Vorschub.« Während und nach dem Aufstand übertrug der amerikanische Radiosender in Westberlin, RIAS (Radio In the American Sector), Hetzsendungen in die DDR, mit denen die Bevölkerung aufgestachelt wurde, sich der Staatsgewalt zu widersetzen. RIAS sendete auch an Zeugen in mindestens einem Strafverfahren in der DDR, das vom Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen der Sowjetzone verfolgt wurde, die Warnung, sie würden von dem Ausschuß auf seine Liste der »angeklagten Personen« gesetzt, falls sie lögen.

Obwohl Hunderte von amerikanischen Agenten von den Behörden der DDR gefaßt und vor Gericht gestellt wurden, verschaffte doch die Leichtigkeit, mit der sie ohne Sprachbarriere zwischen den Sektoren hin- und herwechseln und viele Unternehmen infiltrieren konnten, der CIA Möglichkeiten, die anderweitig in Osteuropa nicht zu finden waren.

Die ganzen 1950er-Jahre hindurch erhoben die Bürger der DDR und die Sowjetunion wiederholt Klage bei den früheren Verbündeten der Sowjetunion im Westen und bei den Vereinten Nationen wegen einzelner Sabotage- und Spionageaktivitäten und forderten die Schließung von Büros in der BRD, welche nach ihrer Kenntnis dafür verantwortlich waren und deren Namen und Adressen sie beibrachten. Schließlich sahen sich die Ost deutschen gezwungen, die Bedingungen für die Einreise aus dem Westen zu verschärfen.

Der Westen schwächte den Osten auch mit einer gewaltigen Kampagne zur Abwerbung von ostdeutschen Akademikern und Facharbeitern. Dies führte schließlich zu einer ernsten Arbeitskräfte- und Produktionskrise im Osten und im August 1961 zum Bau der berüchtigten Berliner Mauer.

Während sie Kommandountemehmen gegen die DDR durchführten, waren die amerikanischen Behörden und ihre deutschen Agenten offensichtlich davon überzeugt, daß die Sowjetunion aggressive Pläne gegen sie hatte; vielleicht ein Schulbuchbeispiel einer Projektion. Am 08.10.1952 enthüllte der damalige Ministerpräsident Georg August Zinn im hessischen Landtag, daß die Vereinigten Staaten eine zivile Untergrundarmee in seinem Land geschaffen hatten, die einer russischen Invasion Widerstand leisten sollte.

Diese Partisanentruppe mit einer Mitgliederzahl zwischen 1.000 und 2.000 Mann nannte sich »Technischer Dienst des Bundes Deutscher Jugend.« Diese Jugendorganisation wurde später von der New York Times so charakterisiert: »Eine rechtsgerichtete Jugend gruppe, deren Mitglieder häufig wegen extremistischer Aktivitäten vor Gericht gestellt wurden« (eine Anspielung auf die oben geschilderten terroristischen Taktiken). Die Mitglieder des Technischen Dienstes waren jedoch kaum als Jugendliche zu bezeichnen, denn es stellte sich heraus, daß sie alle zwischen 35 und 50 Jahre alt und, wie Zinn sagte, »ehemalige Offiziere der Luftwaffe, des Heeres und der Waffen-SS« waren.

Mehr als ein Jahr lang waren sie in kleinen Gruppen auf einem abgeschiedenen Grund stück im Odenwald und in einer Einrichtung des US-Militärs von Amerikanern im Gebrauch von leichten Infanteriewaffen und in der Handhabung und Anwendung von Sprengmitteln unterwiesen sowie »politisch geschult« worden.

Der »Abwehrdienst« des Technischen Dienstes, so deckte der Ministerpräsident auf, hatte Listen und Karteiblätter über Personen angelegt, welche »kaltgestellt« werden sollten, wenn die sowjetischen Panzer anfingen zu rollen. Diese Unterlagen, welche eine Personalbeschreibung und einen eingehenden politischen Lebenslauf enthielten, betrafen etwa 200 führende Sozialdemokraten (darunter auch Zinn), 15 Kommunisten und etliche andere, die alle als »politisch unzuverlässig« galten und als Gegner der Remilitarisierung der BRD bekannt waren. Anscheinend war bereits die Unterstützung der friedlichen Koexistenz und der Entspannungspolitik gegenüber dem Ostblock ausreichend, damit jemand auf die Todesliste kam, denn auf dem Ausbildungsgelände war ein Mann getötet worden, der beschuldigt worden war, ein »Brückenbauer zwischen dem Osten und dem Westen« zu sein. Dieser Mord war es, der dann die ganze Operation auffliegen ließ.

Die Vereinigten Staaten gestanden ihre Rolle beim Aufbau und der Ausbildung der Partisanenarmee ein, wiesen aber jegliche Beteiligung an den »illegalen, internen und politischen Aktivitäten« der Organisation von sich. Zinn berichtete allerdings, daß die Amerikaner bereits im Mai von der Verschwörung Kenntnis erlangt, die Gruppe jedoch erst im September aufgelöst hatten, als einige Führer der Gruppe festgenommen worden waren. Dem Amerikaner, der die Ausbildungslehrgänge geleitet hatte, waren irgend wann »Durchschläge der Karteiblätter übergeben worden.« Wie es scheint, teilten die US-Behörden den westdeutschen Staatsorganen zu keiner Zeit etwas von diesen Vorgängen mit.

Wie sich herausstellte, wurden die Festgenommenen schnell wieder auf freien Fuß gesetzt und die Vereinigten Staaten verhinderten jede weitere Untersuchung der Angelegenheit in der amerikanischen Besatzungszone. Zinn bemerkte hierzu:

»Die einzige juristische Erklärung für diese Freilassungen ist die Feststellung der Leute in Karlsruhe [Bundesstaatsanwaltschaft], daß sie auf amerikanische Anordnung gehandelt hätten.«[251]

Um das Aufsehen noch zu vergrößern, beschuldigte der Bundesvorsitzende der Sozial demokratischen Partei die Vereinigten Staaten der Finanzierung einer Oppositionsgruppe, welche seine Partei unterwandern und zerstören sollte. Erich Ollenhauer, dessen Name auch auf der Liste des Technischen Dienstes gefunden worden war, äußerte die Vermutung, der amerikanische Geheimdienst habe hinter dieser Verschwörung gestanden, auch wenn hochrangige US-Beamte dies entschieden verneinten.[252]

Die Enthüllungen über diese Untergrundarmee und ihre Todesliste brachten eine wahre Flut von Spott und Verdächtigungen hervor, welche sich aus den verschiedensten Lagern in der BRD über die Vereinigten Staaten ergoß. Insbesondere die feine Ironie, daß die Amerikaner mit »früheren« Nazis unter einer Decke steckten, entging dem hart gestraften deutschen Volk nicht.

Die Operation in der BRD war, wie man Jahre später feststellte, Teil einer größeren Verschwörung – mit Namen »Operation Gladio« – des CIA und anderer europäischer Geheimdienste, mit ähnlichen Untergrundarmeen überall in Westeuropa. (Vgl. das Kapitel über Westeuropa.)

9: Der Iran 1953

Für den König der Könige wird gesorgt

»So werden wir also diesen Irren Mossadegh los«, erklärte John Foster Dulles einer Gruppe von hochrangigen Washingtoner Entscheidungsträgern an einem Tag im Juni 1953.[253] Der Außenminister hielt den von Kermit (Kim) Roosevelt von der CIA erstellten Plan für eine Operation zum Sturz des iranischen Ministerpräsidenten in der Hand. Es gab kaum eine Diskussion unter den mächtigen Männern in dem Raum, keine Nachfragen, keine rechtlichen oder ethischen Bedenken. Später schrieb Roosevelt:

»Dies war eine schwere Entscheidung. Sie war mit enormen Risiken verbunden. Sicher, es bedurfte gründlicher Überlegungen und genauester Abwägungen auf der höchsten Ebene, was auf diese Treffen noch nicht geschehen war. Und in der Tat, hätten die Anwesenden offen sprechen können oder den Mut gehabt, sich zu äußern, würde ich mit Sicherheit fast die Hälfte das Unternehmen aus moralischen Gründen abgelehnt haben.«[254]

Der Blick Roosevelts, eines Enkels von Theodore und entfernten Verwandten von Franklin, den beiden früheren Präsidenten, drückte eher Überraschung als Enttäuschung aus, als er die Elite der für die amerikanische Außenpolitik Zuständigen in ihrer ganzen Erbärmlichkeit betrachtete.

Die ursprüngliche Initiative zur Auslöschung Mossadeghs war von den Briten ausgegangen, da der alte iranische Staatsmann ein Anführer der Gesetzesvorlage für die Verstaatlichung der in britischer Hand befindlichen Anglo-Iranian Oil Company, der einzigen im Iran tätigen Erdölgesellschaft, gewesen war. Im März 1951 wurde das Gesetz über die Verstaatlichung verabschiedet, und Ende April wurde Mossadegh von einer großen Mehrheit im Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Am 01.05.1951 trat die Verstaatlichung in Kraft. Das iranische Volk, so erklärte Mossadegh, »öffnet eine verborgenen Schatzkammer, die von einem Drachen bewacht wird.«[255]

Wie der Ministerpräsident vorausgesehen hatte, nahmen die Briten die Verstaatlichung nicht wie gute Verlierer hin, obwohl diese sowohl aus Gründen der wirtschaftlichen Gerechtigkeit als auch des Nationalstolzes einstimmig vom iranischen Parlament und der überwältigenden Mehrheit des iranischen Volkes unterstützt wurde. Die Regierung Mossadeghs versuchte alles, um die Briten zu besänftigen: Sie bot 25 Prozent der Rein gewinne aus dem Ölgeschäft als Entschädigung an; sie garantierte die Sicherheit und die Arbeitsstellen der britischen Beschäftigten; und sie war willens, ihr Öl ohne Protest an das Kontrollsystem zu verkaufen, das den Ölmultis so sehr am Herzen lag. Aber die Briten wollten nichts davon wissen. Sie wollten schlicht und einfach ihre Erdölgesellschaft zurück. Und sie forderten den Kopf Mossadeghs. Ein Knecht brüskiert seinen Herrn nicht ungestraft!

Einer Demonstration militärischer Stärke durch die britische Marine folgten eine unbarmherzige internationale Wirtschaftsblockade und ein weltweiter Wirtschaftsboykott sowie ein Einfrieren des iranischen Vermögens im Ausland. Dies brachte die Ölexporte des Irans und seinen Außenhandel faktisch zum Stillstand, trieb das bereits verarmte Land an den Rand der Not und machte die Zahlung jeglicher Entschädigungssummen unmöglich. Nichtsdestoweniger forderten die Briten nach einiger Zeit – inzwischen waren sie bereits darangegangen, Mossadegh auszuschalten – eine Entschädigung, und zwar nicht nur für das Sachvermögen der Anglo-Iranian Oil Company, sondern auch den Gegenwert für die Erschließung der Ölfelder. Dieser Forderung konnte unmöglich entsprochen werden, und in den Augen der iranischen Nationalisten war dies durch die riesigen britischen Profite aus den vorangegangen Jahrzehnten bereits um ein Mehrfaches abgegolten.

Der britische Versuch zur wirtschaftlichen Strangulation des Iran hätte nicht ohne die aktive Kooperation und Unterstützung durch die Regierungen von Truman und Eisenhower wie auch der amerikanischen Erdölgesellschaften in Gang kommen können. Andererseits, so hielt die Truman-Regierung den Briten vor, könnte der Sturz Mossadeghs den Weg zur sprichwörtlichen Machtergreifung der Kommunisten ebnen.[256] Als die Briten später aus dem Iran vertrieben wurden, hatten sie jedoch keine andere Alternative, als sich um Unterstützung zum Sturz Mossadeghs an die Vereinigten Staaten zu wen den. Im November 1952 kontaktierte die Churchill-Regierung Roosevelt, den De-facto Leiter der Abteilung des CIA für den Nahen Osten, der den Briten mitteilte, nach seinem Gefühl gebe es »keine Chance, die Zustimmung der aus dem Amt scheidenden Regierung von Truman und Acheson zu gewinnen.

»Die neue republikanische Regierung könnte ganz anders sein.«[257]

John Foster Dulles war mit Sicherheit anders. Der apokalyptische Antikommunist sah in Mossadegh den Inbegriff all dessen, was er an der Dritten Welt verabscheute: die unmißverständliche Neutralität im Kalten Krieg, die Duldung der Kommunisten und die mangelnde Achtung vor der freien Marktwirtschaft, wie sie in der Verstaatlichung von Erdölgesellschaften zum Ausdruck kam. (Ironischerweise hatte Großbritannien in den Jahren zuvor eine Reihe seiner Schlüsselindustrien verstaatlicht, und die Regierung war der Haupteigner der Anglo-Iranian Oil Company.) Für Leute wie John Foster Dulles war der exzentrische Dr. Mohammed Mossadegh in der Tat ein Verrückter. Und als der Außenminister weiter nachdachte und den außergewöhnlichen Ölreichtum des Iran so wie seine gemeinsame Grenze mit der Sowjetunion von mehr als 1.600.000 Kilometer in Betracht zog, quälte er sich nicht länger mit der Entscheidung herum, den iranischen Ministerpräsidenten für immer aus dem staatlichen Leben des Landes zu entfernen.

Wie sich herausstellte, war der Sturz Mossadeghs im August des Jahres 1953 viel eher ein amerikanisches als ein britisches Unternehmen. Sechsundzwanzig Jahre später unternahm Kermit Roosevelt den ungewöhnlichen Schritt, ein Buch darüber zu schreiben, wie er und die CIA die Operation ausführten. Er nannte es COUNTERCOUP, also Gegen putsch, um die Vorstellung durchzusetzen, der Staatsstreich der CIA sei nur deshalb durchgeführt worden, um eine Machtübernahme durch die iranische Kommunistische Partei (die Tudeh-Partei), die hauptsächlich von der Sowjetunion unterstützt wurde, zu verhindern. Roosevelt behauptet also, Mossadegh hätte entfernt werden müssen, um eine Machtübernahme der Kommunisten zu verhindern, während die Truman-Regierung gemeint hatte, Mossadegh sollte an der Macht gehalten werden, um gerade dies zu verhindern.

Es wäre nicht richtig, wenn man sagte, Roosevelt lege wenig Beweismaterial vor, um seine These von einer kommunistischen Gefahr zu stützen. Genauer gesagt, er hatte überhaupt kein Beweismaterial vorlegt. Stattdessen setzte er dem Leser Behauptungen für die These vor, die er immer und immer wiederholte, anscheinend im Glauben, daß eine ausreichende Wiederholung auch den größten Skeptiker überzeugen würde. Wir werden also mit Variationen des Themas wie etwa den folgenden traktiert:

»Die sowjetische Bedrohung [war] in der Tat real, gefährlich und unmittelbar« [...] Mossadegh »hatte eine Allianz geschmiedet« mit der Sowjetunion, um den Schah zu stürzen [...] »die offensichtlich drohende russische Machtergreifung« [...] »das Bündnis zwischen [Mossadegh] und der von Rußland dominierten Tudeh-Partei nahm ein bedrohliches Ausmaß an« [...] Mossadeghs »wachsende Abhängigkeit von der Sowjetunion« [...] »die Hand der Tudeh, und hinter ihr die der Russen, zeigt sich Tag für Tag immer offener« [...] »die russische Unterstützung der Tudeh-Partei und die Unterstützung der Tudeh-Partei für [Mossadegh] wurden immer stärker deutlich« [...] die Sowjetunion war »immer stärker aktiv im Iran. Ihre Kontrolle über die Führer der Tudeh-Partei wurde ständig größer. Sie übte sie wiederholt und, in unseren Augen, mit wohlüberlegter Prahlerei aus.«[258]

Aber anscheinend war keine einzige dieser umstürzlerischen und bedrohlichen Handlungen jemals so offensichtlich, augenfällig oder prahlerisch, um Roosevelt auch nur ein einziges Beispiel zu liefern, das er uns hätte weitergeben können.

Obwohl die Tudeh-Partei mehr oder weniger vertrauensvoll dem wechselhaften Kurs Moskaus gegenüber dem Iran folgte, war die Beziehung der Partei zu Mossadegh in der Realität bedeutend komplexer, als Roosevelt und die anderen Chronisten des Kalten Krieges es wahrhaben wollten. Die Tudeh-Partei hatte sehr gemischte Gefühle gegenüber dem wohlhabenden und exzentrischen Großgrundbesitzer und Ministerpräsidenten, der nichtsdestoweniger gegen den Imperialismus eintrat. Dean Acheson, Trumans Außenminister, beschrieb Mossadegh als einen »im Wesentlichen reichen, reaktionären, feudal gesinnten Perser«,[259] also kaum der typische Mitläufer einer kommunistischen Partei.

Von Zeit zu Zeit hatte die Tudeh-Partei Mossadeghs Politik unterstützt. Viel öfter aber hatte sie ihn scharf angegriffen, und einmal, am 15.07.1951, war sogar eine von der Tudeh-Partei getragene Demonstration brutal von Mossadegh unterdrückt worden, wobei es 100 Tote und 500 Verletzte gegeben hatte. Außerdem war der iranische Führer erfolgreich gegen die andauernde sowjetische Besetzung des iranischen Nordens nach dem Zweiten Weltkrieg vorgegangen und hatte im Oktober 1947 das Parlament angeführt, als es einen Regierungsantrag zurückwies, nach dem eine gemeinsame sowjetisch-iranische Erdölgesellschaft für die Ausbeutung der Ölvorkommen im Norden des Landes geschaffen werden sollte.[260]

Und was hätte Mossadegh eigentlich gewinnen können, wenn er etwas von seiner Macht der Tudeh-Partei und/oder der Sowjetunion überlassen hätte? Auch die Vorstellung, die Sowjets hätten tatsächlich gewünscht, die Tudeh-Partei solle die Macht über nehmen, ist nichts anderes als Spekulation. Es gab genauso viel bzw. genauso wenig Beweismaterial, das darauf schließen läßt, daß die Sowjets auch dieses Mal mehr um ihr Verhältnis zum Westen besorgt waren als um das Schicksal einer kleinen lokalen kommunistischen Partei in einem Land außerhalb des Ostblocks.

In einem Geheimdienstbericht des Außenministeriums vom 09.01.1953, also aus den letzten Tagen der Truman-Regierung, wird festgestellt, daß Mossadegh keinerlei Bündnis mit der Tudeh-Partei gesucht hatte, und daß »der Hauptwiderstand gegen die Nationale Front [Mossadeghs Regierungskoalition] aus der Oberschicht auf der einen und von der Tudeh-Partei auf der anderen Seite stammt.«[261]

Die Tudeh-Partei war im Jahre 1949 verboten worden, und Mossadegh hatte das Verbot nicht aufgehoben, auch wenn er der Partei wegen seiner demokratischen Überzeugungen zumindest bis zu einem gewissen Ausmaß gestattete, offen zu agieren. Auch hatte er einige Sympathisanten der Tudeh auf Posten in seinem Regierungsapparat berufen.

Nach den in dem Bericht des Außenministeriums wiedergegebenen Beobachtungen entsprachen viele Ziele der Tudeh-Partei denen der Nationalen Front, aber der Bericht stellt auch klar:

»Ein offener Schritt der Tudeh-Partei zur Übernahme der Macht würde wahrscheinlich Unabhängige und Antikommunisten aller politischen Strömungen einen und in energische Bemühungen münden, die Tudeh-Partei mit Gewalt zu zerstören.«[261]

Die Nationale Front war selbst eine Koalition extrem unterschiedlicher politischer und religiöser Elemente, mit dem Einschluß von rechtsextremen Antikommunisten, die nur durch die Achtung vor Mossadeghs persönlichem Charakter und seiner Ehrenhaftigkeit sowie durch nationalistische Gefühle, insbesondere in Bezug auf die Verstaatlichung des Erdöls, zusammengehalten wurde. Im Jahre 1979, als man Kermit Roosevelt zu diesem Bericht des Außenministeriums befragte, antwortete er:

»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Loy Henderson [der amerikanische Botschafter im Iran im Jahre 1953] dachte, es bestünde die ernsthafte Gefahr, daß Mossadegh den Iran in der Tat einer sowjetischen Vorherrschaft ausliefern würde.«[262]

Obwohl vor allem er die treibende Kraft hinter dem Staatsstreich war, wollte Roosevelt nun die Schuld einem anderen zuschieben, und zwar einem Mann, der, wie wir im Kapitel über den Nahen Osten sehen werden, zu schwarzseherischen Aussagen über »kommunistische Machtübernahmen« neigte.

Was würde wohl Roosevelt – oder auch jeder andere – mit einer Aussage von John Foster Dulles vor einem Ausschuß des Senats im Juli 1953, als die Operation zur Ausschaltung Mossadeghs bereits im Gange war, angefangen haben. Wie die Presse berichtete, sagte der Außenminister aus, »daß es ›keine wirklichen Belege‹ gab, aus denen man hätte ableiten könnte, der Iran wolle mit der Sowjetunion zusammenarbeiten. Im Großen und Ganzen, so fügte er hinzu, überwiegt die islamische Opposition gegen den Kommunismus, obwohl die iranische Regierung manchmal auf die Unterstützung durch die Tudeh-Partei, welche kommunistisch ist, angewiesen zu sein scheint.«[263]

Der junge Schah von Persien war von Mossadegh und durch die politischen Ereignisse im Iran auf kaum mehr als eine passive Rolle beschränkt worden. Seine Macht war bis zu einem Punkt beschnitten worden, daß er »unfähig zu unabhängigem Handeln« war, stellt der Geheimdienstbericht des Außenministeriums fest. Mossadegh drang darauf, die Kontrolle über die Streitkräfte und größere Entscheidungsgewalt über die Ausgaben des Kaiserhofs zu bekommen, und der unerfahrene und unentschlossene Schah – der »König der Könige« – zögerte wegen dessen Popularität, offen gegen den Ministerpräsidenten Stellung zu beziehen.

Der tatsächliche Ablauf der von Roosevelt angezettelten Ereignisse, die ihren Höhe punkt in der Machtergreifung des Schahs fanden, erscheint im Rückblick ziemlich einfach, ja fast natürlich und hatte in keiner Weise etwas mit Glück zu tun. Der erste Schritt bestand darin, dem Schah zu versichern, daß Eisenhower und Churchill bei seinem Kampf um die Macht mit Mossadegh hinter ihm stünden und gewillt wären, das, was er auch immer an militärischer und politischer Unterstützung brauchen sollte, zur Verfügung zu stellen. Roosevelt wußte nicht wirklich, was Eisenhower in Bezug auf die Operation empfand oder was genau er darüber wußte, und ging deshalb so weit, daß er eine Botschaft des Präsidenten an den Schah fabrizierte, in welcher er ihm seine Unterstützung zum Ausdruck brachte.[264]

Gleichzeit überredet man den Schah dazu, kaiserliche Dekrete zu erlassen, mit denen Mossadegh als Ministerpräsident entlassen und durch einen gewissen Fazlollah Zahedi, einen General, der während des Krieges von den Briten wegen seiner Kollaboration mit den Nazis ins Gefängnis gesteckt worden war, ersetzt wurde.[265] Spät in der Nacht des 14. auf den 15. August 1953 brachte der Emissär des Schahs die kaiserlichen Dekrete zum Haus Mossadeghs, das von Truppen umstellt war. Es überrascht nicht, daß er sehr kühl empfangen wurde und man ihn nicht einließ, damit er den Ministerpräsidenten sprechen konnte. Stattdessen mußte er das Dekret einem Diener übergeben, der eine Empfangsbestätigung für das Stück Papier unterzeichnete, mit welchem sein Herr entlassen werden sollte. Und es überrascht genauso wenig, daß Mossadegh nicht zurücktrat. Der Ministerpräsident, der darauf bestand, daß allein das Parlament das Recht hatte, ihn zu entlassen, erklärte in einer Radioansprache am folgenden Morgen, daß der Schah, von »ausländischen Elementen« ermutigt, einen Staatsstreich versucht hatte. Mossadegh erklärte dann, er sehe sich deshalb gezwungen, selbst die volle Macht zu übernehmen. Erbrand markte Zahedi als Verräter und versuchte, ihn verhaften zu lassen, aber der General war von Roosevelts Mannschaft versteckt worden.

Der Schah, der befürchtete, alles sei verloren, floh mit seiner Kaiserin über Bagdad nach Rom, nachdem er gerade noch einen Koffer hatte packen können. Roosevelt, der sich davon nicht abschrecken ließ, ging in die Offensive und ordnete die Vervielfältigung des kaiserlichen Dekrets an, um es in der Öffentlichkeit verteilen zu lassen. Außerdem schickte er zwei seiner iranischen Agenten zu wichtigen Militärbefehlshabern, um sie um Unterstützung zu ersuchen. Es scheint, daß dieser ausschlaggebende Schritt bis zur letzten Minute hinausgezögert wurde, ja fast ein nachträglicher Einfall war. In der Tat war einer der beiden Iraner erst am gleichen Tag für diese Sache angeworben worden, und er war es erst, der einen iranischen Oberst, der Panzer und Panzerwagen unter seinem Kommando hatte, zur militärischen Unterstützung gewinnen konnte.[266]

Vom 16.08.1953 an fand in der Hauptstadt Teheran eine von der Nationalen Front organisierte Massenkundgebung statt, bei der Mossadegh unterstützt und der Schah und die Vereinigten Staaten angegriffen wurden. Roosevelt nennt die Demonstranten bloß »die Tudeh-Partei, mit starker russischer Unterstützung.« Auch in diesem Fall kann er keinerlei Belege für seine Behauptung anführen. Die New York Times bezeichnete sie als »Tudeh-Partisanen und nationalistische Extremisten«, wobei sich der letztere Ausdruck auf Personen aus einem weiten Spektrum politischer Tendenzen anwenden ließ.[267]

Unter den Demonstranten befanden sich auch etliche Personen, die für die CIA arbeiteten. Nach Richard Cottam, einem amerikanischen Wissenschaftler und Schriftsteller, von dem es heißt, er sei zur jener Zeit für die CIA in Teheran tätig gewesen, wurden diese Agenten »auf die Straßen« geschickt, »um sich so zu verhalten, als gehörten sie der Tudeh-Partei an. Es waren mehr als bloße Provokateure, es waren Stoßtrupps, die sich aufführten, als seien sie Tudeh-Leute und Steine auf Moscheen und Priester warfen«, um die Tudeh-Partei und damit Mossadegh als religionsfeindlich abzustempeln.[268]

Während der Demonstrationen erhob die Tudeh-Partei ihre bekannte Forderung nach Gründung einer demokratischen Republik. Sie appellierten an Mossadegh, eine Volks front zu bilden und sie selbst mit Waffen auszustatten, damit sie sich gegen den Staatsstreich verteidigen könnten, aber der Ministerpräsident weigerte sich.[269] Stattdessen befahl er am 18. August der Polizei und der Armee, die Demonstrationen der Tudeh-Partei zu beenden, was auch unter Einsatz beträchtlicher Gewalt geschah. Nach den Berichten von Roosevelt und Botschafter Henderson unternahm Mossadegh diesen Schritt nach einem Treffen mit Henderson, in welchem der Botschafter darüber geklagt hatte, US Bürger seien von Seiten der Iraner erheblichen Belästigungen ausgesetzt gewesen. Bei de Amerikaner lassen offen, ob es diese Belästigungen tatsächlich gegeben hat oder ob man sie für diese Gelegenheit erfunden hatte. Jedenfalls sagte Henderson zu Mossadegh, er sehe sich gezwungen, alle Amerikaner anzuweisen, den Iran zu verlassen, wenn diese Belästigungen nicht aufhörten. Mossadegh, so Henderson, bat ihn, dies nicht zu tun, weil durch eine Evakuierung der Amerikaner der Anschein erweckt würde, die Regierung sei unfähig, das Land zu regieren, auch wenn der Ministerpräsident andererseits die CIA beschuldigte, hinter den kaiserlichen Dekreten zu stecken.[270] (Die Zeitung der Tudeh-Partei forderte zu dieser Zeit, die Ausweisung der »interventionistischen« amerikanischen Diplomaten.)[271]

Was auch immer Mossadeghs Motivation gewesen sein mag, sein Handeln stand auch dieses Mal in scharfem Gegensatz zu der Behauptung, er sei mit der Tudeh-Partei verbündet gewesen oder die Partei hätte die Möglichkeit gehabt, nach der Macht zu greifen. Und in der Tat ging die Tudeh-Partei nicht wieder auf die Straße.

Am folgenden Tag, dem 19. August, veranstalteten Roosevelts iranische Agenten einen Marsch durch Teheran. Mit einer Kriegskasse von etwa einer Million Dollar, die in einem Safe in der amerikanischen Botschaft deponiert worden war, hatten die »außergewöhnlich fähigen ›Veranstalter‹«, wie Roosevelt sie nannte, keine Schwierigkeiten, sich einen Mob zusammenzukaufen, wobei sie wahrscheinlich nur einen kleinen Teil der Gelder verbrauchten. (Nach den verschiedenen Berichten über die Rolle der CIA im Iran gab der Geheimdienst zwischen 10.000 und neunzehn Millionen Dollar aus, um Mossadegh zu stürzen. Die größeren Summen beruhen auf Berichten, nach denen die CIA in erheblichem Ausmaß Parlamentsabgeordnete und andere einflußreiche Iraner bestach, um ihre Unterstützung gegen den Ministerpräsident zu gewinnen.)

Schon bald konnte man beobachten, wie eine Reihe von Menschen, die von Zirkusleuten und Sportlern angeführt wurden, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu er wecken, aus dem alten Basar kam. Die Marschierer schwenkten Fahnen und riefen »Lang lebe der Schah!« An den Seiten der Marschlinie verteilten Männer iranische Münzen mit dem Porträt des Schahs. Während ihres Marsches erhielten die Demonstranten Zulauf von Menschen, die sich einreihten und in die Sprechchöre einstimmten, zweifellos aus einer Vielzahl von politischen und persönlichen Motiven. Die psychologische Waage hatte sich zu Ungunsten von Mossadegh geneigt.

Entlang des Wegs scherten Menschen aus den Reihen aus und griffen die Büros der mossadeghfreundlichen Zeitungen und politischen Parteien an. Unverzüglich unterbrach eine Stimme Radio Teheran und verkündete: »Die Anordnung des Schahs, Mossadegh zu entlassen, wurde ausgeführt. Der neue Ministerpräsident, Fazlollah Zahedi, ist jetzt im Amt. Und Seine Kaiserliche Hoheit ist auf dem Heimweg!«

Das war eine Lüge oder, wie Roosevelt vorschlug, eine »Vor-Wahrheit.« Erst dann fuhr er los, um Zahedi aus seinem Versteck zu holen. Unterwegs traf er überraschenderweise auf den Befehlshaber der Luftwaffe, der unter der Masse der Marschierer war. Roosevelt befahl dem Offizier, einen Panzer herbeizuschaffen, um Zahedi in angemessener Manier zu Mossadegh schaffen zu können.[272]

Kermit Roosevelt möchte dem Leser gerne weismachen, damit sei alles vorbei gewesen und man habe jetzt nur noch den Champagner entkorken und in Hochrufe ausbrechen müssen: Mossadegh war geflohen, Zahedi hatte die Macht ergriffen und der Schah war angewiesen worden, zurückzukommen – ein dramatischer, freudiger und friedlicher Triumph des Volkswillens. Unerklärlicherweise vergißt er völlig zu erwähnen, daß an diesem Tag in den Straßen Teherans und vor dem Haus Mossadeghs eine neunstündige Schlacht zwischen Soldaten, die loyal zu dem gewählten Ministerpräsidenten standen, und solchen, die Zahedi und den Schah unterstützten, tobte. Rund 300 Personen wurden getötet und weitere Hunderte verwundet, bevor Mossadegh schließlich besiegt war.[273]

Roosevelt vergißt auch völlig den Beitrag der Briten an der ganzen Operation zu erwähnen, was die Leute vom MI6, dem britischen Gegenstück zur CIA, erheblich ärgerte, denn sie machten geltend, auch sie und ebenso Mitarbeiter der Anglo-Iranian Oil Company, örtliche Geschäftsleute und andere Iraner hätten eine Rolle bei den Geschehnissen gespielt. Worin aber genau diese Rolle bestand, darüber wurde Stillschweigen bewahrt.[274]

Auch die amerikanische Militärmission im Iran bestand auf ihrem Anteil an der Aktion, wie Generalmajor George C. Stewart später vor dem Kongreß aussagte:

»Nun, als diese Krise eintrat und die Sache kurz vor dem Scheitern stand, verstießen wir gegen unsere normalen Kriterien, und unter anderem versorgten wir unverzüglich die Armee, wie bei einem Notfall, mit Decken, Stiefeln, Uniformen, Generatoren und medizinischen Geräten und Medikamenten, so daß eine Stimmung entstand, in der sie den Schah unterstützen konnten. Die Gewehre, die sie in Händen hielten, die Lastwagen, mit denen sie fuhren, die Panzerwagen, die sie durch die Straßen lenkten, und die Funkanlagen, mit denen sie die Verbindung untereinander aufrechterhalten konnten, all dies wurde vom militärischen Hilfsprogramm bereitgestellt.«[275]

Der letzte Teil der Aussage des Generals dürfte vermutlich auch für die andere Seite gelten. Kennett Love, ein Reporter der New York Times, der sich während der entscheidenden Tage im August in Teheran aufhielt, schrieb:

»Es ist denkbar, daß die Sache an diesem Tag anders ausgegangen wäre, hätte die Tudeh-Partei auf Seiten der Antiroyalisten eingegriffen. Aber aus irgendeinem Grund hielten sie sich vollständig aus dem Konflikt heraus. Meine persönliche Vermutung ist, daß die Tudeh-Partei von der Sowjetbotschaft gestoppt worden war, weil der Kreml im ersten Jahr nach Stalin nicht gewillt war, die Folgen, die mit einem von Kommunisten gesteuerten Regime in Teheran verbunden gewesen wären, auf sich zu nehmen.«

Loves Ansichten, die in einem Dokument enthalten sind, das er im Jahre 1960 verfaßte, könnten gut auf Informationen aus dem CIA basieren. Wie er selbst zugab, stand er in Teheran in engem Kontakt mit dem Geheimdienst und half ihm sogar bei seiner Operation.[276]

Einige Zeit zuvor hatte die New York Times berichtet:

»Nach übereinstimmender Ansicht von unparteiischen Beobachtern in Teheran ist Mossadegh der populärste Politiker im Land.«

Während eines Zeitraums von mehr als 40 Jahren im öffentlichen Leben hatte Mossadegh »sich den Ruf eines aufrichtigen Patrioten erworben.«[277]

Im Juli hatte der Direktor für iranische Angelegenheiten im Außenministerium bekundet, daß »Mossadegh eine solch unglaubliche Herrschaft über die Volksmassen habe, so daß es sehr schwer sein dürfte, ihn zu entfernen.«[278]

Einige Tage später füllten sich die Straßen von Teheran mit »mindestens 100.000« Menschen, welche ihre starken antiamerikanischen und gegen den Schah gerichteten Gefühle zum Ausdruck bringen wollten. Auch wenn die Demonstrationen von der Tudeh-Partei veranstaltet worden waren, so übertraf ihre Teilnehmerzahl bei weitem die geschätzte Anhängerzahl der Partei.[279]

Aber Popularität und unbewaffnete Massen zählten wenig, denn analysiert man die Ereignisse im Nachhinein, so war Teheran Zeuge einer militärische Machtprobe, die auf beiden Seiten von Soldaten ausgeführt wurde, die gehorsam den Befehlen einer Hand voll Offiziere folgten, von denen einige bei der Wahl der richtigen Seite ihre Karriere und ihre Ambitionen aufs Spiel setzten, während andere stärker ideologisch motiviert waren. Die New York Times charakterisierte die plötzliche Wendung von Mossadeghs Glück als »nichts anderes als eine Meuterei gegen Offiziere, die auf der Seite Mossadeghs standen« durch »die niederen Ränge«, die den Schah verehrten, brutal die Demonstration vom Vortag unterdrückt hatten, sich aber weigerten, dasselbe am 19. August zu tun, und sich stattdessen gegen ihre Offiziere wandten.[280]

Es ist nicht ganz klar, welche Verbindungen zwischen Roosevelt und seinen Agenten auf der einen und den schahtreuen Offizieren auf der anderen Seite schon vor den Ereignissen bestanden. In einem Interview, das Roosevelt etwa zur selben Zeit gab, als er sein Buch veröffentlichte, behauptete er, eine Anzahl von schahtreuen Offizieren hätten zur Zeit, als der Schah nach Rom floh, Zuflucht auf einem CIA-Gelände gefunden, das an die US-Botschaft grenzte.[281] Da Roosevelt aber diese ziemlich wichtige und interessante Entwicklung mit keinem Wort in seinem Buch erwähnt, ist diese Aussage wahrscheinlich nichts als eine weitere seiner Behauptungen, die man mit Vorsicht behandeln muß.

Wie dem auch sei, es scheint so, daß die von Roosevelts Mannschaft organisierte Demonstration am 19. August genau die Bestärkung und der Funke waren, auf welche die se Offiziere gewartet hatten. Falls das der Fall sein sollte, so zeigt sich auch hierin, wie viel Roosevelt dem Zufall überlassen hatte.

Welche Schlußfolgerungen lassen sich bezüglich der amerikanischen Absichten beim Sturz Mossadeghs im Lichte aller der fragwürdigen, widersprüchlichen und doppelzüngigen Aussagen, die immer wieder von John Foster Dulles, Kermit Roosevelt, Loy Henderson und anderen amerikanischen Beamten zu hören waren, ziehen? Die Folgen des Staatsstreichs dürften den besten Leitfaden bieten.

Die nächsten 25 Jahre war der Schah von Persien der engste Verbündete der Vereinigten Staaten in der Dritten Welt, und zwar in einem Ausmaß, daß sich der unabhängige und neutrale Mossadegh im Grabe herumgedreht haben dürfte. Der Schah lieferte sein Land im wahrsten Sinn des Wortes den US-Militärs und den amerikanischen Geheim diensten aus, die es als eine Waffe im Kalten Krieg benutzten, als ein Fenster und Tor zur Sowjetunion: Elektronische Lausch- und Radarstellungen wurden nahe der Grenze zur Sowjetunion errichtet, amerikanische Flugzeuge benutzten den Iran als Stützpunkt für Beobachtungsflüge über die Sowjetunion, Spione wurden über die Grenze eingeschleust, und die iranische Landschaft war von amerikanischen Militäreinrichtungen überzogen. Der Iran wurde als ein lebenswichtiges Glied in der von den Vereinigten Staaten geschmiedeten Kette zur »Eindämmumng« der Sowjetunion angesehen. Im September äußerte Dulles in einem Telegramm an den stellvertretenden britischen Außenminister:

»Ich denke, wir werden die gefährlichste Lücke zwischen Europa und Südasien schließen können, wenn wir gemeinsam schnell und effektiv im Iran vorgehen.«[282]

Im Februar 1955 wurde der Iran Mitglied im Bagdad-Pakt, den die Vereinigten Staaten nach den Worten von Dulles gegründet hatten, »um eine starke Bande des Widerstandes gegen die Sowjetunion zu schaffen.«[283]

Ein Jahr nach dem Staatsstreich schloß die iranische Regierung einen Vertrag mit einem internationalen Konsortium von Erdölfirmen. Unter den neuen Partnern des Iran waren auch wieder die Briten, die aber die exklusiven Rechte verloren, die sie vorher innegehabt hatten, und nun nur noch mit 40 Prozent beteiligt waren. Weitere 40 Prozent gingen an amerikanische Erdölfirmen, der Rest an andere Länder. Die Briten erhielten allerdings eine außerordentlich großzügige Entschädigung für den Verlust ihres früheren Eigentums.[284]

Im Jahre 1958 verließ Kermit Roosevelt die CIA und begann, unverzüglich für die Gulf Oil Company, eine der amerikanischen Erdölfirmen in dem Konsortium, zu arbeiten. Roosevelt wurde Leiter der Abteilung für Verbindungen zur US-Regierung und zu ausländischen Regierungen, und hatte in dieser Stellung die Möglichkeit, mit dem Schah Geschäfte zu machen. Im Jahre 1960 wurde er zum Vizepräsidenten der Gulf Oil Company ernannt. Anschließend gründete Roosevelt eine Beratungsfirma, Downs and Roosevelt, welche Berichten zufolge zwischen 1967 und 1970 pro Jahr 116.000 US-Dollar – Spesen nicht mitgerechnet – von der iranischen Regierung für ihre Dienste erhielt. Ein anderer Kunde, die Northrop Corporation, eine in Los Angeles beheimatete Luft- und Raumfahrtfirma, zahlte Roosevelt 75.000 Dollar im Jahr für seine Hilfe bei Geschäfts abschlüssen im Iran, in Saudi-Arabien und in anderen Ländern.[285] (Zu Roosevelts CIA Verbindungen mit König Saud von Saudi-Arabien vergleiche auch das Kapitel über den Nahen Osten.)

Ein weiteres Mitglied des neuen Konsortium war die Standard Oil Company of New Jersey (jetzt Exxon), ein Kunde von Sullivan and Cromwell, der New Yorker Anwaltskanzlei, bei der John Foster Dulles lange Jahre hindurch Teilhaber war. Auch sein Bruder Allen, der Direktor der CIA, war Mitglied der Kanzlei gewesen.[286] Der für mehrere Zeitungen schreibende Kolumnist Jack Anderson berichtete einige Jahre später, daß die Rockefeller-Familie, welche die Standard Oil und die Chase Manhattan Bank kontrollierte, »der CIA dabei half, den Staatsstreich, durch den Mossadegh gestürzt wurde, zu arrangieren.« Anderson führt eine Reihe von Wegen auf, wie der Schah den Rockefellers seine Dankbarkeit erwies. Dazu zählten bedeutende Depots aus seinem persönlichen Vermögen bei der Chase Manhattan Bank und Siedlungen, die eine Firma der Rockefeller-Familie im Iran bauen durfte.[287]

Die gängige »Schulbuch«-Version dessen, was im Jahre 1953 im Iran stattfand, lautet, die Vereinigten Staaten hätten – unabhängig davon, was man sonst für oder gegen die Operation vorbringen könnte – den Iran vor einer Übernahme der Macht durch die Sowjets/Kommunisten gerettet. Und doch unternahm die Sowjetunion während der zwei Jahre der amerikanischen und britischen Unterwanderung eines ihrer Nachbarländer nichts, das eine solche Prämisse stützen würde. Als die britische Marine die größte Konzentration ihrer Streitmacht seit dem Zweiten Weltkrieg in iranischen Gewässern auffuhr, unternahmen die Sowjets keine aggressiven Schritte. Und auch als Großbritannien harte internationale Sanktionen verhängte, welche den Iran in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzten und extrem verwundbar machten, fielen die Ölfelder der bolschewistischen Bedrohung nicht zum Opfer, obwohl ihr »die gesamte Tudeh-Partei« als Agenten »zur Verfügung stand«, wie Roosevelt behauptete.[288] Nicht einmal angesichts des Staatsstreichs, der den deutlichen Stempel ausländischer Hände trug, unternahm Moskau keinen bedrohenden Schritt, und auch Mossadegh bat zu keinem Zeitpunkt um russische Hilfe.

Dennoch konnte man ein Jahr danach in einem Leitartikel der New York Times lesen: »Moskau verkaufe das Fell des Bären, bevor es ihn hätte, und dachte, Iran würde die nächste ›Volksdemokratie‹.« Gleichzeitig sprach die Zeitung mit überraschender Arroganz folgende Warnung aus:

»Unterentwickelte Länder mit reichen Vorkommen an Bodenschätzen haben jetzt eine Anschauungsstunde über den hohen Preis erhalten, den eines von ihnen zahlen muß, wenn es vor fanatischem Nationalismus durchdrehe.«[289]

Ein Jahrzehnt später erklärte Allen Dulles feierlich, der Kommunismus hätte »die Kontrolle über den Regierungsapparat« im Iran erlangt.[290] Und die Wochenzeitung Fortune, um nur eine Beispiel zu nennen, hielt die Story am Leben, indem sie ein weiteres Jahr zehnt danach schrieb, daß Mossadegh »mit der Kommunistische Partei des Iran, der Tudeh-Partei, ein Komplott geschmiedet hätte, um Schah Mohammed Reza Pahlewi zu stürzen und sich der Sowjetunion anzuschließen«.[291]

Und was war mit dem iranischen Volk? Was brachte ihm die »Rettung vor dem Kommunismus«? Für den überwiegenden Teil der Bevölkerung war das Leben unter dem Schah ein düsteres Gemälde aus bitterer Armut, Polizeiterror und Folter. Tausende wurden im Namen des Kampfes gegen den Kommunismus hingerichtet. Abweichende Meinungen wurden mit amerikanischer Hilfe von der ersten Stunde an von dem neuen Regime unterdrückt. Kennett Love schrieb, daß seiner Überzeugung nach der CIA-Beamte George Carroll, den er persönlich kannte, mit General Farhat Dadsetan, dem neuen Militärgouvemeur von Teheran, »in den ersten beiden Wochen des Novembers 1953 an den Vorbereitungen für die höchst effektive Bekämpfung einer potentiell gefährlichen Widerstandsbewegung, die von den Basaris und der Tudeh-Partei ausging«, arbeitete.[292]

Der berüchtigte iranische Geheimdienst SAVAK, der unter der Anleitung der CIA und Israels geschaffen wurde,[293] streckte seine Fangarme über die ganze Welt aus, um iranische Regimekritiker zu bestrafen. Nach Informationen eines ehemaligen Iranspezialisten der CIA bildete dieser den SAVAK in Foltertechniken aus.[294] Amnesty International faßte die Situation im Jahre 1976 folgendermaßen zusammen: Der Iran hat »die höchste Rate an Todesurteilen in der Welt, kein rechtsgültiges System ziviler Gerichtsbarkeit und eine Geschichte von Folterungen, die man nicht für möglich halten würde. In keinem Land der Welt werden die Menschenrechte schlimmer verletzt als im Iran.«[295]

Wenn man dann noch das Ausmaß an Korruption hinzurechnet, das »sogar die abgebrühtesten Kenner nahöstlicher Diebereien erschreckte«,[296] kann man gut verstehen, daß der Schah eine gewaltige Militär- und Polizeimacht, die durch außergewöhnlich hohe amerikanische Hilfsleistungen und Ausbildungsprogramme am Leben gehalten wurde,[297] brauchte, um den Deckel auf dem Topf zu halten, so lange es ging. Senator Hubert Humphrey sagte, offenbar mit einiger Überraschung:

»Wissen Sie, was der Chef der iranischen Armee zu einem unserer Leute sagte? Er sagte, die Armee sei in guter Verfassung, dank der Hilfe der Vereinigten Staaten – sie wäre nun in der Lage, mit der Zivilbevölkerung fertigzuwerden. Diese Armee soll nicht die Russen bekämpfen. Sie plant, das iranische Volk zu bekämpfen.«[298]

Wo Gewalt nichts ausrichten konnte, griff die CIA zu ihrer zuverlässigsten Waffe: Geld. Um die Unterstützung des Schahs oder zumindest die Abwesenheit von Kritik an sei nem Regime zu sichern, ging die CIA dazu über, den iranischen Religionsführern – immer ein unberechenbarer Haufen – Geld zukommen zu lassen. Die Zahlungen an die Ayatollahs und Mullahs begannen im Jahre 1953 und flossen ununterbrochen bis 1977, als US-Präsident Carter sie plötzlich stoppte. Eine »gut informierte Geheimdienstquelle« schätzte, daß die gezahlte Summe sich auf 400 Millionen Dollar im Jahr belief (ca. 10 Mrd. Dollar insg.). Andere meinten, dieser Betrag sei zu hoch gegriffen, was sicherlich der Fall ist. Man glaubt, daß die Einstellung der Zahlungen an die heiligen Männer einer der Faktoren war, die das Ende des Königs der Könige einleiteten.[299]

10: Guatemala 1953 bis 1954

Und die Welt schaute zu

An wen wendest du dich, wenn dich die Polizei überfällt? Gute Frage.

An wen wendet sich eine arme Bananenrepublik, wenn eine CIA-Armee auf ihr Staats gebiet vordringt und die Flugzeuge der CIA vom Himmel aus das Land bombardieren?

Die Führer Guatemalas versuchten alles – sie wandten sich an die Vereinten Nationen, die Organisation Amerikanischer Staaten, einzelne andere Staaten, die Weltpresse, ja sogar an die Vereinigten Staaten selbst, in der verzweifelten Hoffnung, alles wäre ein großes Mißverständnis und am Ende würde die Vernunft die Oberhand gewinnen.

Nichts half. Dwight Eisenhower, John Foster Dulles und Allen Dulles hatten beschlossen, daß die rechtmäßig gewählte Regierung von Jacobo Arbenz »kommunistisch« war und deshalb verschwinden mußte. Und sie verschwand – im Juni 1954.

Während der amerikanischen Vorbereitungen zum Sturz der Regierung klagte der guatemaltekische Außenminister, Guillermo Toriello, die Vereinigten Staaten stuften »jede Erscheinungsform von Verstaatlichungspolitik oder wirtschaftlicher Unabhängigkeit, je den Wunsch nach gesellschaftlichem Fortschritt, jegliche Wißbegierde und jedes Interesse an fortschrittlichen und freiheitlichen Reformen als ›kommunistisch‹«[300] ein.

Toriello kam der Wahrheit ziemlich nahe, aber die Beamten in Washington hatten noch ausreichend Kontakt zur Realität und zur Weltmeinung, daß ihnen bewußt war, wie unngebracht es wäre, öffentlich gegen Verstaatlichungspolitik, Unabhängigkeit und Re formen aufzutreten. Deshalb behauptete Außenminister Dulles, die Guatemalteken lebten unter einem »kommunistischen Typ von Terrorismus«[301] [...] Präsident Eisenhower warnte vor »der kommunistischen Diktatur«, die »auf diesem Kontinent zu einem Außenposten zum Schaden aller amerikanischen Völker«[302] führen würde. Der US-Botschafter in Guatemala, John Peurifoy, erklärte:

»Wir können nicht erlauben, daß zwischen Texas und dem Panamakanal eine Sowjetrepublik errichtet wird.«[303]

Andere warnten davor, daß Guatemala zu einem Stützpunkt würde, von dem aus die Sowjetunion sogar den Kanal erobern könnte. Die Senatorin Margaret Chase Smith deutete unmißverständlich an, der »ungerechtfertigte Anstieg des Preises von Kaffee«, der aus Guatemala importiert wurde, sei auf die kommunistische Kontrolle des Landes zurück zuführen, und forderte eine Untersuchung,[304] und so kam es dann.

Der Sowjetunion konnte man nicht verdenken, daß sie reichlich verwirrt war von all diesem Geschwätz, denn sie hatte kaum ein Interessen an Guatemala, lieferte dem Land keinerlei Militärhilfe und unterhielt noch nicht einmal diplomatische Beziehungen zu Guatemala, so daß sie nicht über die Botschaft verfügten, die man normalerweise braucht, um solch ruchlose Pläne in die Tat umzusetzen. (Während dieser Zeit, dem Höhepunkt der »Logik« von Senator Joseph McCarthy und seinen Anhängern, gab es unzweifelhaft zahlreiche Amerikaner, die dachten: »Um so besser können sie uns täuschen!«)

Mit Ausnahme einer Begebenheit hatten die Länder Osteuropas genauso wenig mit Guatemala zu tun wie die Sowjetunion. Einen Monat vor dem Staatsstreich, also lange, nachdem Washington mit den Vorbereitungen dazu begonnen hatte, verkaufte die Tschechoslowakei an Guatemala ein einziges Mal gegen sofortige Bezahlung einige Waffen, etwas, daß die Tschechen zweifellos mit jedem anderen Land getan hätten, das bereit gewesen wäre, den entsprechenden Preis zu zahlen. Wie sich herausstellte, waren die Waffen – mit den Worten der New York Times – »wertloser militärischer Plunder.« Die Wochenzeitschrift Time ignorierte beflissen den Bericht der Zeitung und zitierte US-Militärs, welche die Waffen besser bewerteten. Es kann sein, daß weder die Time noch die Militärs sich vorstellen konnten, daß ein Mitglied der »Verschwörung des Weltkommunismus« so etwas einem anderen hätte antun können.[305]

Die amerikanischen Propagandamühlen bauschten diese Waffenlieferung gewaltig auf. Was aber nur an wenigen Stellen an die Öffentlichkeit gelangte, war die Tatsache, daß Guatemala Waffen von der Tschechoslowakei kaufen mußte, weil die Vereinigten Staaten sich wegen des reformorientierten Kurses der dortigen Regierung schon seit 1948 geweigert hatten, Waffen zu liefern, und trotz der wiederholten Appelle von Arbenz, das Embargo aufzuheben, Druck auf andere Länder ausgeübt hatten, das Gleiche zu tun.[306]

Wie die Sowjets, so hatte auch Arbenz guten Grund, sich über die amerikanischen Vor würfe zu wundem. Der guatemaltekische Präsident, der im März 1951, nachdem er mit einer überwältigenden Mehrheit gewählt worden war, sein Amt antrat, hatte keine besonderen Kontakte oder geistige/ideologische Bindungen an die Sowjetunion oder den Rest des Ostblocks. Obwohl amerikanische Politiker und die amerikanische Presse Arbenz oft, sei es ausdrücklich oder in Andeutungen, als Kommunisten bezeichneten, gab es Leute in Washington, die es besser wußten, zumindest in den Augenblicken, in denen sie bereit waren, die Angelegenheit sachlich zu betrachten. Unter der Regierung von Arbenz hatte Guatemala in den Vereinten Nationen bei Themen, die den »Sowjetimperialismus« betrafen, so eng mit den Vereinigten Staaten zusammen gestimmt, daß eine Gruppe des Außenministerium, die den Sturz von Arbenz plante, zu dem Schluß kam, daß eine Propaganda zum Thema des Verhaltens von Guatemala in der UNO »in unserem Fall nicht sonderlich hilfreich sein würde.«[307] Und ein Analysepapier des Außenministeriums berichtete, daß der guatemaltekische Präsident »nicht nur von den kommunistisch gelenkten Gewerkschaften und dem radikalen Rand von Akademiker- und Intellektuellengruppen, sondern ebenso von vielen antikommunistischen Nationalisten in den Großstädten« unterstützt wurde.[308]

Nichtsdestoweniger brachte Washington wiederholt und unerbittlich sein Mißfallen darüber zum Ausdruck, daß im guatemaltekischen Staatsapparat Kommunisten arbeiteten und sie aktiv am politischen Leben des Landes teilnahmen. Arbenz machte deutlich, daß dies in einer Demokratie selbstverständlich sei, während Washington weiterhin darauf insistierte, daß Arbenz zu tolerant gegenüber solchen Leuten sei – nicht etwa, weil diese etwas getan hatten, das die USA oder die Kultur des Westerns wirklich bedroht hätte, sondern bloß weil sie zur Spezies Kommunisten gehörten, die ja für ihre unbeschränkte Fähigkeit zum Verrat bekannt war. Botschafter Peurifoy – ein Diplomat, dessen Anzug sicher Nadelstreifen hatte, dessen Seele jedoch ein grelles Karo war – warnte Arbenz, die Beziehungen zwischen der USA und Guatemala würden angespannt bleiben, so lange auch nur ein einziger Kommunist im Öffentlichen Dienst verbliebe.[309]

Das Kernstück von Arbenz’ Programm war eine Landreform. Ihre Notwendigkeit kam deutlich in der auch aus anderen unterentwickelten Länder bekannten Statistik zum Ausdruck: In dem nahezu vollständig landwirtschaftlich geprägten Land besaßen 2,2% der Landbesitzer 70% des fruchtbaren Landes, während das Jahreseinkommen eines Landarbeiters 87 US-Dollar betrug. Vor der Revolution im Jahre 1944, durch welche die Diktatur von Jorge Ubico beseitigt wurde, »waren Landarbeiter von Armeeeinheiten zusammengebunden und dann an die Gehöfte im Tiefland geliefert worden, wo sie von den Großgrundbesitzern in Schuldknechtschaft gehalten wurden.«[310]

Die Enteignung großer nicht genutzter Anbauflächen, die an rund 100.000 landlose Bauern verteilt wurden, die Verbesserung der gewerkschaftlichen Rechte der Arbeiter sowie andere gesellschaftliche Reformen führten dazu, daß Arbenz die Unterstützung der Kommunisten und anderer Linker gewann, was ja auch nicht anders zu erwarten war. Als man Arbenz die Unterstützung durch die Kommunisten vorwarf, forderte er seine Kritiker auf, ihre ehrlichen Absichten dadurch zu beweisen, daß auch sie ihn unterstützten. Das taten sie jedoch nicht und machten so deutlich, was wirklich hinter ihrer Kritik steckte.[311]

Die von den Kommunisten gegründete Partei, die Guatemaltekische Arbeiterpartei, hatte vier Sitze im Kongreß inne und war damit der kleinste Partner in Arbenz’ Regierungskoalition, die im Parlament der Jahre 1953 bis 1954 über insgesamt 51 Sitze verfügte.[312] Die Kommunisten hatten einige Posten unterhalb der Kabinettsebene, aber keiner von ihnen wurde jemals ins Kabinett berufen. Darüber hinaus waren auch in der Verwaltung Kommunisten beschäftigt, besonders im Rahmen der Landreform.[313]

Da es nichts gab, was man der guatemaltekischen Linke tatsächlich hätte vorwerfen können, mußten die Beamten in Washington Zuflucht zu semantischen Verdrehungen nehmen. Danach waren die Kommunisten, anders als normale Menschen, nicht beim Staat beschäftigt – sie »infiltrierten« ihn. Die Kommunisten befürworteten nicht ein bestimmtes Programm – sie »beuteten es aus.« Die Kommunisten unterstützten Arbenz nicht – sie »benutzten« ihn. Und was noch schlimmer war, die Kommunisten »steuerten« die Arbeiterbewegung und die Landreform – aber was ist es für ein Typ Mensch, der sich in einem unterentwickelten Land der Förderung des Wohls der Arbeiter und Bauern verschrieben hat? Kein anderer, als der Typ, den man in Washington »Kommunist« nennt.

Der Grundgedanke, der hinter der Benutzung einer solchen Sprache – welche gängiger westlicher Sprachgebrauch während des Kalten Kriegs war – stand, war die Verneinung der Vorstellung, Kommunisten könnten Menschen sein, die sich aufrichtig für gesellschaftliche Veränderungen einsetzten. Amerikanische Beamte verneinten dies untereinander und gegenüber der Welt. Deutlich wird dies beispielsweise an folgendem Aus schnitt aus einem Bericht der CIA über Guatemala, der im Jahre 1952 zur Erbauung des Weißen Hauses und der Geheimdienstgemeinde verfaßt wurde:

»Der politische Erfolg der Kommunisten leitet sich gewöhnlich von der Fähigkeit einzelner Kommunisten und Mitläufer her, sich selbst mit den nationalistischen und gesellschaftlichen Bestrebungen der Revolution des Jahres 1944 zu identifizieren. Auf diese Weise haben sie erfolgreich die Regierung und die regierungstreuen Parteien infiltriert und die Kontrolle über die Gewerkschaften erlangt. [Arbenz] ist im Wesentlichen eine Opportunist, dessen Politik größtenteils auf historischen Zu fällen beruht. Die Ausweitung des [kommunistischen] Einflusses wurde durch die Anwendbarkeit marxistischer ›Klischees‹ auf die antikolonialistische und gesellschaftlichen Ziele der guatemaltekischen Revolution erleichtert.«[314]

Der erste Plan zum Sturz von Arbenz war eine CIA-Operation, die Präsident Truman im Jahre 1952 befürwortete. Aber kurz vor seiner Durchführung überredete Außenminister Dean Acheson Truman, sie abzublasen.[315] Als jedoch Eisenhower im Januar 1953 Präsident wurde, wurde der Plan wieder aus der Schublade geholt.

Beide Regierungen wurden von der Geschäftsführung der United Fruit Company unter Druck gesetzt, denn ein großer Teil ihrer ausgedehnten und nicht genutzten Ländereien in Guatemala waren von der Arbenz-Regierung als Teil des Landreform- Programms enteignet worden. Das Unternehmen verlangte fast 16 Millionen Dollar für das Land, die Regierung bot 525.000 Dollar, den Wert, den die United Fruit Company in ihrer Steuerklärung selbst genannt hatte.[316]

Die United Fruit Company agierte in Guatemala wie ein Staat im Staat. Sie besaß das Telefon- und Telegraphennetz des Landes, verwaltete ihren einzigen wichtigen Atlantikhafen und hatte das Monopol auf die Bananenexporte. Eine Tochtergesellschaft des Unternehmens besaß fast das gesamte Schienennetz des Landes. Der Einfluß der Gesellschaft in der Machtelite Washingtons war gleichermaßen beeindruckend. Auf Geschäfts- und/oder persönlicher Ebene unterhielt sie enge Verbindungen mit den Dulles Brüdern, etlichen Beamten des Außenministeriums, Kongreßabgeordneten, dem amerikanischen Botschafter bei den Vereinten Nationen und anderen. Anne Whitman, die Frau des Public-Relations-Direktors der Gesellschaft, war die Chefsekretärin von Präsident Eisenhower. Der Staatssekretär im Außenministerium (und frühere Direktor der CIA), Walter Bedell Smith, strebte zur gleichen Zeit, als er den Staatsstreich planen half, den Führungsposten in der United Fruit Company an. Er wurde später in den Vor stand der Gesellschaft berufen.[317]

Unter Arbenz baute Guatemala einen Atlantikhafen und eine Autobahn, um mit dem Besitz der United Fruit Company zu konkurrieren. Ebenso errichtete er ein Wasserkraft werk, um billigere Energie als das von den USA kontrollierte Energiemonopol liefern zu können. Arbenz’ Strategie war es, die Macht ausländischer Unternehmen durch di rekte Konkurrenz statt durch Verstaatlichung zu beschränken, eine Politik die natürlich an ihre Grenzen stieß, wenn es sich um unbewegliche Güter wie Land handelte. In seiner Antrittsrede sagte Arbenz:

»Ausländisches Kapital wird immer willkommen sein, so lang es sich den lokalen Bedingungen anpaßt, stets an die guatemaltekischen Gesetze hält, sich an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beteiligt und sich strengstens einer Einmischung in das gesellschaftliche und politische Leben des Landes enthält.«[318]

Damit ist wohl kaum die Rolle beschrieben, welche die United Fruit Company in Guatemala spielte. Die Gesellschaft hatte – unter vielen anderen Aktivitäten – beharrliche Anstrengungen unternommen, um Arbenz’ Reformprogramme zu vereiteln, ihn und sei ne Regierung in Mißkredit zu bringen und seinen Sturz herbeizuführen.

Arbenz war dementsprechend auf der Hut vor den Multis, und man kann nicht sagen, daß er sie mit offenen Armen in seinem Land willkommen geheißen hätte. Diese Einstellung, seine Enteignung des Landes der United Fruit Company und seine »Duldung der Kommunisten« waren mehr als genug, um ihn in Washington zu einem Gezeichneten werden zu lassen. Die Vereinigten Staaten sahen in all diesen politischen Schritten einen bestimmten Zusammenhang: Der kommunistische Einfluß und nicht irgendeine wirtschaftliche oder soziale Notwendigkeit des guatemaltekischen Lebens war dafür verantwortlich, wie die Regierung amerikanische Unternehmen behandelte.

Im März des Jahres 1953 nahm die CIA Kontakt zu unzufriedenen rechtsgerichteten Offizieren der guatemaltekischen Armee auf und sorgte dafür, daß sie Waffen erhielten. Die United Fruit Company steuerte 64.000 Dollar in barem Geld bei. Im folgenden Monat brachen in mehreren Städten Aufstände aus, die aber schnell von regierungstreuen Truppen niedergeschlagen wurden. Die Aufständischen wurden vor Gericht gestellt und deckten die Rolle der United Fruit Company, aber nicht die der CIA, an der Verschwörung auf.[319]

Die Eisenhower-Regierung beschloß, beim nächsten Mal ganze Arbeit zu leisten. Der Sturz von Jacobo Arbenz Guzman wurde fast ein Jahr lang mit zynischem Vergnügen sorgfältig und Schritt für Schritt vorbereitet. Kaum eine der wichtigen Unternehmungen der CIA ist so gut dokumentiert wie der Staatsstreich in Guatemala. Nach der Freigabe von bis dato nicht zugänglichen Geheimpapieren hat sich die folgende Geschichte ergeben.[320]

Das Hauptquartier der Operation wurde in Opa Locka in Florida, in den Außenbezirken von Miami, errichtet. Der Diktator von Nicaragua, Anastasio Somoza, stellte sein Land als Einsatzbasis für Luftangriffe zur Verfügung wie auch als Ausbildungsort für Hunderte von guatemaltekischen Flüchtlingen und US- und mittelamerikanischen Söldnern, die dort im Waffengebrauch und Funkverkehr sowie in der feinen Kunst der Sabotage und Zerstörung geschult wurden. Dreißig Flugzeuge wurden für die »Befreiung« ab kommandiert und in Nicaragua, Honduras und Panama stationiert, von wo amerikanische Piloten die Einsätze flogen. Panama wurde als Waffenlager vorgesehen, aus dem die Waffen allmählich an die Rebellen verteilt wurden, die sich unter dem Kommando von Oberst Carlos Castillo Armas in Honduras sammelten, um von dort nach Guatemala einzudringen. Auch wurden Waffen, die mit falschen russischen Aufschriften versehen waren, herbeigeschafft, um sie vor der Invasion in Guatemala zu verteilen und so den Behauptungen der USA, es handele sich um eine sowjetische Intervention, größeres Ge wicht zu geben. Nicht weniger wichtig als die Waffen waren die in und um Guatemala herum versteckten Radiosender, einer davon sogar in der Botschaft der Vereinigten Staaten.

Man versuchte, die Züge mit den tschechischen Waffen auf dem Weg vom Hafen nach der Hauptstadt Guatemala in die Luft zu sprengen, jedoch machte ein Wolkenbruch die Zünder unbrauchbar, woraufhin eine paramilitärische Einheit der CIA das Feuer auf die Züge eröffnete, wobei ein guatemaltekischer Soldat getötet und drei verwundet wurden. Dennoch kamen die Züge unversehrt an ihrem Bestimmungsort an.

Nachdem die tschechischen Schiffe in Guatemala angekommen waren, befahl Eisenhower, »verdächtige Schiffe unter ausländischer Flagge auf hoher See außerhalb der guatemaltekischen Gewässer die Ladung zu überprüfen« und sie anzuhalten.[321] Der Justitiar des Außenministeriums verfaßte einen Schriftsatz, der mit den unmißverständlichen Worten schloß: »Eine solche Handlung würde eine Verletzung des Völkerrechtes dar stellen.« Na und! Mindestens zwei ausländische Schiffe – ein französisches und ein niederländisches – wurden angehalten und durchsucht. Im Jahre 1812 hatten die Vereinigten Staaten genau wegen solcher Handlungen gegen Großbritannien einen Krieg angefangen.

Dem guatemaltekischen Militär ließ man besondere Aufmerksamkeit zukommen. Die USA unterzeichneten in pompösen Zeremonien Beistandsverträge mit Honduras und Nicaragua, beides Länder, die feindlich gegen Arbenz eingestellt waren, und schickte ihnen große Schiffsladungen an Waffen, in der Hoffnung, dies wäre eine ausreichende Drohgebärde, um das guatemaltekische Militär dazu zu bringen, seine Unterstützung für Arbenz aufzugeben. Zusätzlich schickte die US-Marine zwei Unterseeboote von Key West, von denen es lediglich hieß, sie fuhren »nach Süden.« Etliche Tage danach schickte die Luftwaffe mit großem Tamtam drei B-36-Bomber auf einen »Höflichkeitsbesuch« nach Nicaragua.

Die CIA studierte sorgfältig die Unterlagen über die Mitglieder des guatemaltekischen Offizierkorps und bot einigen von ihnen Bestechungsgelder an. Ein Untergrundsender des Geheimdienstes sendete Aufrufe an Militärangehörige und andere Personen, sich der »Befreiungsbewegung« anzuschließen. Der Sender berichtete, Arbenz plane insgeheim, die Truppen aufzulösen oder zu entwaffnen und sie durch eine Volksmiliz zu er setzen. Flugzeuge der CIA warfen über Guatemala Flugblätter ab, welche dieselbe Nachricht enthielten.

Schließlich sprach auf Drängen von US-Botschafter Peurifoy eine Gruppe hochrangiger Offiziere bei Arbenz vor und forderte ihn auf, alle Kommunisten, die in seinem Regierungsapparat eine Stellung bekleideten, zu entlassen. Der Präsident versicherte ihnen, die Kommunisten stellten keine Gefahr dar, sie hätten keinen entscheidenden Einfluß in der Regierung und es wäre außerdem undemokratisch, sie zu entlassen. Bei einem weiteren Treffen forderten die Offiziere dann, Arbenz solle die Pläne zur Schaffung einer »Volksmiliz« fallenlassen. Irgendwann bot die CIA sogar Arbenz selbst eine große Summe an, die dieser natürlich zurückwies. Das Geld, das auf einer Schweizer Bank de poniert worden war, war Arbenz vermutlich angeboten worden, um ihn zu veranlassen, zurückzutreten, oder es sollte dazu dienen, später zu behaupten, er sei korrupt.

Für alle Fälle wurden auch an der ökonomischen Front Einsatzpläne geschmiedet, wie etwa, Guatemala den Kredithahn im Ausland abzudrehen, seine Ölversorgung zu zerstören und einen Ansturm auf seine Devisenreserven herbeizuführen.[322]

Allerdings war es die Propagandafront, wo der Einfallsreichtum Amerikas sein hellstes Licht erstrahlen ließ. Da die guatemaltekische Regierung ja gestürzt werden sollte, weil sie angeblich kommunistisch war, mußte diese »Tatsache« dem Rest Lateinamerikas eingehämmert werden. Also begann der Propagandadienst der USA (US Information Agency, USIA) damit, ungezeichnete Artikel in ausländischen Zeitungen unterzubringen, in denen einzelne guatemaltekische Beamte als Kommunisten und verschiedene Handlungen der guatemaltekischen Regierung als »kommunistisch beeinflußt« bezeichnet wurden. Allein in den wenigen Wochen vor Arbenz’ Sturz verfaßte man mehr als 200 Artikel und platzierte sie in zahlreichen lateinamerikanischen Zeitungen.

Auch setzte man eine Methode ein, die – wie wir sehen werden – später zum Standardrepertoire von CIA und USIA in Lateinamerika und anderweitig gehören sollte. Zeitungsartikel, die in einem Land platziert worden waren, wurden von Zeitungen in anderen Ländern aufgegriffen – sei es als Ergebnis von Schmiergeldzahlungen der CIA oder unwissentlich, weil die Story interessant war. So vervielfältigte sich die potentielle Leserschaft, aber das war nicht der einzige Vorteil dieses Verfahrens. Vielmehr konnte man so auch den Eindruck erwecken, es handelte sich um Stellungnahmen der unabhängigen Weltmeinung, und so die amerikanische Urheberschaft vernebeln.

Der USIA verbreitete in Lateinamerika auch mehr als 100.000 Exemplare eines Pamphlets mit dem Titel »Chronologie des Kommunismus in Guatemala« sowie 27.000 Exemplare von antikommunistischen Karikaturen und Plakaten. Außerdem produzierte der amerikanische Propagandadienst drei Filme über Guatemala, deren Inhalt man sich leicht denken kann, sowie amerikafreundliche Wochenschauen, die den Kinos kostenlos zur Verfügung gestellt wurden.

Der Erzbischof von New York, Kardinal Francis Joseph Spellman, ein vom Antikommunismus besessener Würdenträger, ein Mann, der gesellschaftliche Veränderungen mehr fürchtete als Gott, wurde von der CIA aufgesucht. Würden seine Ehrwürden viel leicht einen Kontakt zwischen der CIA und dem Erzbischof von Guatemala, Mariano Rosseil Arellano, herstellen? Aber ja doch, mit Vergnügen! So kam es, daß in den katholischen Kirchen Guatemalas ein Hirtenbrief verlesen wurde, in dem man die Kirchengemeinden darauf aufmerksam machte, daß in dem Land ein Teufel namens Kommunismus sein Unwesen triebe, und die Menschen dazu aufrief, »wie ein Mann gegen diesen Feind von Gott und Vaterland aufzustehen« oder zumindest, sich nicht hinter Arbenz zu stellen. Um den Wert dieses Hirtenwortes begreifen zu können, muß man sich in Erinnerung rufen, daß die Bauernschaft Guatemalas nicht nur extrem religiös war, sondern auch, daß nur wenige dieser Menschen lesen konnten und ihnen deshalb das Wort Gottes nur auf diese Weise zugänglich war. Für diejenigen, die lesen konnten, wurden überall im Land Tausende von Flugblättern mit der Botschaft des Erzbischofs abgeworfen.

Im Mai organisierte die CIA unter einem Decknamen in Mexiko einen »Kongreß gegen die Sowjetintervention in Lateinamerika.« Im gleichen Monat bestellte Somoza in Nicaragua das Diplomatische Korps ein und erzählte den versammelten Diplomaten mit vor Wut zitternder Stimme, seine Polizei hätte eine geheime sowjetische Schiffsladung mit Waffen (in Wirklichkeit eine Fälschung der CIA) in der Nähe der Pazifikküste entdeckt, und versuchte, den Eindruck zu erwecken, die Kommunisten wollten Nicaragua in »ein neues Korea« verwandeln. Einige Wochen später warf ein Flugzeug ohne Hoheitszeichen an der guatemaltekischen Küste per Fallschirm Waffen ab, die russische Aufschriften trugen.

Solche Kost bekamen die Menschen in Lateinamerika über Jahrzehnte hinweg vorgesetzt. Mit solchen Machenschaften brachte man ihnen bei, was »Kommunismus« war.

Ende Januar 1954 schien es, als habe die Operation einen schweren Rückschlag erlitten, denn Fotokopien von Dokumenten der »Befreiungs«-Vorbereitungen fanden ihren Weg in Arbenz’ Hände. Einige Tage später veröffentlichten die Zeitungen Guatemalas unter dicken Schlagzeilen Briefe, die von Castillo Armas, Somoza und anderen unterzeichnet waren. Durch diese Dokumente wurden etliche der Vorbereitungs-, Ausbildungs- und Invasionspläne enthüllt, wobei mehrfach die »Regierung des Nordens« als Urheber genannt wurde.[323]

Das Außenministerium bezeichnete die Anschuldigungen bezüglich der Rolle der USA als »lächerlich und unwahr« und lehnte einen weiteren Kommentar mit der Begründung ab, man wolle ihnen nicht einen Rang zukommen lassen, der ihnen nicht gebühre. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte:

»Es gehört zu den politischen Grundsätzen der Vereinigten Staaten, daß sie sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einmischten. Diese Grundsätze sind wiederholt von der gegenwärtigen Regierung bekräftigt worden.«

Die Wochenzeitschrift Time glaubte nicht im Geringsten an die Möglichkeit einer amerikanischen Beteiligung an einer solchen Verschwörung und kam zu dem Schluß, der gesamte Plan trage »die Handschrift Moskaus.«[324]

Die New York Times war nicht ganz so zynisch, aber auch in ihrer Version gab es keinen Hinweis darauf, daß die Geschichte vielleicht wahr sein könnte, und berichtete:

»Lateinamerikanische Beobachter in New York sagten, die ›Verschwörungs‹-Beschuldigungen schmeckten nach kommunistischem Einfluß.«

Direkt im Anschluß an diesen Artikel folgte ein weiterer mit der Überschrift:

»Rote Gewerkschaftsbosse kommen zusammen. Der guatemaltekische Gewerkschaftsbund eröffnet seinen Kongreß.«[325]

Und die CIA fuhr mit ihren Vorbereitung fort, als sei nichts passiert.

Am 18.07.1954 begann dann die Offensive: Flugzeuge warfen über Guatemala Flugblätter ab, in denen Arbenz zum sofortigen Rücktritt aufgefordert wurde und damit gedroht wurde, ansonsten würden etliche Einrichtungen bombardiert. Radiosender der CIA verbreiteten ähnliche Botschaften. Am Nachmittag kamen die Flugzeuge zurück und belegten Häuser in der Nähe von Kasernen mit MG-Feuer, warfen Splitterbomben ab und beschossen den Präsidentenpalast. Die Luftangriffe wurden die ganze folgende Woche fortgesetzt. Jeden Tag beschossen oder bombardierten die Flugzeuge Häfen, Benzintanks, Munitionsdepots, Kasernen, den internationalen Flughafen, eine Schule und mehrere Städte. Neun Personen, darunter ein drei Jahre altes Kind, wurden Berichten zufolge verwundet. Eine unbekannte Anzahl von Häusern fing in Folge des Abwurfs von Brandbomben Feuer. Während eines Nachtangriffs wurde eine Tonbandaufnahme eines Bombenangriffs über Lautsprecher, die auf dem Gebäude der US-Botschaft angebracht waren, abgespielt, um die Angst der Hauptstadtbewohner zu vergrößern. Als Arbenz über Radio versuchte, die Bevölkerung zu beruhigen, störten Radiotechniker der CIA die Übertragung.

In der Zwischenzeit war die CIA-Armee von Honduras aus nach Guatemala eingedrungen und hatte einige Städte erobert, aber durch den Widerstand der guatemaltekischen Armee wurde ihr Vormarsch schnell aufgehalten. Die Radiosendungen der »Stimme der Befreiung« der CIA malten ein anderes Bild: Die Aufständischen waren überall und sie waren im Vormarsch. Sie waren zahlreich, und während ihres Marsches stießen Freiwillige zu ihnen. Überall gab es Krieg und Erhebung. Fürchterliche Kämpfe fanden statt und die guatemaltekische Armee mußte schwere Niederlagen hinnehmen. Einige der Sendungen wurden über reguläre öffentliche und sogar über Militärsender übertragen, um einige Beamte und Offiziere der Regierung von ihrer Echtheit zu überzeugen. Auf diese Weise war die CIA auch in der Lage, echte Militärnachrichten mit falschen Meldungen zu kontern. Jede nur denkbare Methode der Desinformation wurde eingesetzt und Gerüchte wurden verbreitet. Und es wurden Fallschirme mit Puppen daran überall im Land abgeworfen, um den Eindruck zu erwecken, es fände eine wirklich große Invasion statt.

Das Pressebüro der United Fruit Company verteilte – als Beispiel für die angeblich von der Arbenz-Regierung verübten Greueltaten – unter Journalisten Aufnahmen von verstümmelten Körpern, die vor einem Massengrab lagen. Die Aufnahmen wurden in vielen Blättern gebracht. Thomas McCann, ein Mitarbeiter des Pressebüros, sagte später aus, er habe keine Ahnung, was wirklich auf den Fotos gewesen wäre:

»Es können Aufnahmen von Opfern auf beiden Seiten gewesen sein – oder sogar von Erdbebenopfern. Das wichtigste war doch, daß man überall glaubte, sie zeigten, was sie zeigen sollten: Opfer des Kommunismus.«[326]

In ähnlicher Weise berichteten die Beamten in Washington über Verhaftungen aus politischen Gründen und Zensur in Guatemala, ohne drauf einzugehen, daß die Regierung unter Belagerungszustand stand (ganz davon zu schweigen, wer die Belagerer waren), daß fast alle Verhafteten Verschwörer und Saboteure waren oder daß Arbenz und seine Regierung im Großen und Ganzen, was die Menschenrechte betraf, einen außergewöhnlich guten Ruf hatten. Was sich die amerikanische Presse in dieser Affäre leistete, war kaum besser.

Die Bombardements und die vielfältigen Formen der Desinformation dienten hauptsächlich dazu, den Anschein zu erwecken, die militärische Verteidigung zerbröckele und Widerstand sei zwecklos, um dadurch Verwirrung und Spaltung in den guatemaltekischen Streitkräften zu erzeugen und einige Elemente dazu zu bringen, sich gegen Arbenz zu wenden. Die psychologische Kriegsführung über das Radio lag in den Händen von E. Howard Hunt, der später durch die Watergateaffäre bekannt wurde, und David Atlee Phillips, ein Neuling in der CIA. Als man Phillips diese Aufgabe anbot, fragte er in aller Unschuld seinen Vorgesetzten, Tracy Barnes:

»Aber Arbenz wurde in freier Wahl zum Präsidenten gewählt. Welches Recht haben wir, jemandem dabei zu helfen, seine Regierung zu stürzen und ihn aus dem Amt zu vertreiben?«

Phillips schrieb später:

»Einen Augenblick lang entdeckte ich in seinem Gesicht ein Aufflackern von Besorgnis, einen Zweifel, die Reaktionen eines empfindsamen Menschen.«

Aber Barnes besann sich schnell und schwenkte auf die herrschende Linie ein, daß die Sowjets in Mittelamerika einen »ein leicht ausbaubaren Brückenkopf« errichten wollten.[327]

Phillips schaute nie zurück. Als er Mitte der 1970er Jahre aus der CIA ausschied, gründete er die Association of Retired Intelligence Officers, eine Organisation, die ihre Aufgabe darin sah, die Flut unvorteilhafter Publicity, die sich damals über den Geheimdienst ergoß, einzudämmen.

Amerikanische Journalisten, die über die Ereignisse in Guatemala berichteten, zeigten die ganze Zeit über keinerlei Neigung, den Dingen auf den Grund zu gehen oder gar ein gesundes Mißtrauen gegen die Propaganda der Verschwörer. Was die US-Presse verschwieg, war umso offensichtlicher für eine große Zahl von Lateinamerikanern. In mindestens elf Ländern brachen während dieser Woche im Juni erbitterte Proteste gegen die Vereinigten Staaten aus. Die Regierungen Ecuadors, Argentiniens, Uruguays und Chiles verurteilten die amerikanische »Intervention« und »Aggression.«

Die Wochenzeitschrift Life erwähnte diese Proteste mit der Bemerkung: »Der Weltkommunismus nutzt die guatemaltekische Vorstellung zu einem Schlag gegen die USA.«

Über die Idee, Washington stünde hinter dem Überfall, spottete die Zeitschrift bloß.[328] Newsweek berichtete, Beamte in Washington hätten den Sturm der Entrüstung »als Zeichen dafür, wie tief die Roten sich schon in Amerika festgesetzt hätten, interpretiert.«[329] In einer vertraulichen Aktennotiz des Außenministeriums aus dieser Zeit wurde jedoch zugegeben, daß ein Großteil der Proteste von nichtkommunistischen und sogar proamerikanischen Gemäßigten ausging.[330]

Am 21. und 22.06.1954 appellierte der guatemaltekische Außenminister Toriello leidenschaftlich an die Vereinten Nationen, bei der Lösung der Krise zu helfen. Der UN-Botschafter der Vereinigten Staaten, Henry Cabot Lodge, versuchte, die Diskussion einer Resolution zur Entsendung eines Untersuchungsausschusses nach Guatemala im Sicherheitsrat zu verhindern, indem er Toriellos Appelle als kommunistische Winkelzüge diffamierte. Unter starkem Druck von UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld trat der Rat jedoch zusammen. Vor der Abstimmung, während Lodge die kleineren im Rat vertretenen Nationen bearbeitete, fielen Eisenhower und Dulles brutal über diejenigen her, welche die Resolution befürworteten. Der Präsident der Vereinigten Staaten sagte zu seinem Außenminister:

»Die Briten erwarten von uns, daß wir ihnen in Zypern freie Hand lassen. Und da bei wollen sie uns noch nicht einmal bei Guatemala unterstützen! Wir wollen ihnen eine Lektion erteilen.«[331]

Und so kam es dann, daß der Resolutionsantrag mit fünf zu vier Stimmen abgewiesen wurde, wobei Frankreich und Großbritannien sich der Stimme enthielten, obwohl ihre Enthaltungen nicht ausschlaggebend waren, denn es wären sieben Stimmen für eine Annahme erforderlich gewesen. Hammarskjöld war so aufgebracht über die amerikanischen Machenschaften, welche seiner Ansicht nach die Stärke der Vereinten Nationen untergruben, daß er vertraulich äußerte, er könnte gezwungen sein, »meine augenblickliche Stellung bei den Vereinten Nationen zu überdenken.«[332]

Zur selben Zeit führte die CIA einen Plan aus, einen »Zwischenfall« zu verursachen, und zwar durch den Abwurf einiger harmloser Bomben auf honduranisches Staatsgebiet. Die Regierung von Honduras beschwerte sich daraufhin bei den Vereinten Nationen und der Organisation der Amerikanischen Staaten und behauptete, das Land wäre von guatemaltekischen Flugzeugen angegriffen worden.[333]

Schließlich stellten einige Offiziere Arbenz ein Ultimatum: Er solle zurücktreten, oder sie würden sich mit den Invasoren einigen. Die CIA und Botschafter Peurifoy hatten einigen Offizieren Geld angeboten, falls sie überlaufen würden. Ein Armeekommandant nahm Berichten zufolge 60.000 Dollar und ergab sich dann mit seinen Truppen. Mit dem Rücken zur Wand machte Arbenz den Versuch, zivile Unterstützer für die Verteidigung der Regierung zu bewaffnen, aber Offiziere verhinderten die Ausgabe von Waffen. Der guatemaltekische Präsident war sich bewußt, daß das Ende nahe war.

In der Zwischenzeit gab die »Stimme der Befreiung« bekannt, zwei große und schwer bewaffnete Marschkolonnen von Invasoren würden sich der Hauptstadt Guatemala nähern. Als die Stunden vergingen, wurde der weitere Vormarsch der sagenhaften Truppen verkündet, obwohl Castillo Armas und seine kleine Gruppe in Wirklichkeit noch immer in der Nähe der honduranischen Grenze festsaßen. Die amerikanische Desinformations- und Gerüchteoffensive ging auch auf anderen Gebieten weiter, und Arbenz, der niemanden hatte, der ihm korrekte Informationen hätte geben können, konnte nicht länger sicher sein, daß an den Radioberichten nicht doch etwas Wahres war.

Man würde nicht zulassen, daß irgendetwas den in so greifbarer Nähe liegenden Sieg bedrohte: Ein britischer Frachter, der in Guatemala angelegt hatte und verdächtigt wurde, Öl für Arbenz’ Militärfahrzeuge zu bringen, wurde von einem Flugzeug der CIA bombardiert und versenkt, nachdem man die Mannschaft aufgefordert hatte, das Schiff zu verlassen. Es stellte sich heraus, daß das Schiff nach Guatemala gekommen war, um eine Ladung Kaffee und Baumwolle aufzunehmen.

Ein verzweifelter Außenminister Toriello sprach wiederholt bei Botschafter Peurifoy vor, um die Einstellung der Bombenangriffe zu erreichen, ja er bot sogar neue Verhandlungen über die Entschädigung der United Fruit Company an. In einem langen Telegramm an John Foster Dulles beschrieb der Minister die Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung, brachte die Wehrlosigkeit seines Landes gegen die Bombenangriffe zum Aus druck und appellierte an die Vereinigten Staaten, ihre guten Dienste einzusetzen, um den Angriffen ein Ende zu machen. Es muß eine zutiefst erniedrigende Aufgabe gewesen sein, daß Toriello all dies tat, ohne auch nur einen Hinweis fallen zu lassen, daß die Vereinigten Staaten an der Sache beteiligt waren oder daran hätten beteiligt sein können. Es war nicht so, daß die Appelle zu spät kamen. Sie wären immer zu spät gekommen.

Die Truppen von Castillo Armas hätten die um ein Vielfaches größere guatemaltekische Armee nie besiegen können, doch die Luftangriffe und der Glaube an die Unbesiegbarkeit des Feindes brachten guatemaltekische Offiziere dazu, Arbenz zum Rücktritt zu zwingen. Kein Kommunist – kein einheimischer und kein ausländischer – kam ihm zu Hilfe. Er bat den Anführer der Offiziere, den Stabschef des Heeres, Oberst Carlos Diaz, nur um sein Wort, daß er nicht mit Castillo Armas verhandeln würde, und Diaz, der den Kommandanten der Aufständischen ebenso verachtete wie Arbenz selbst, stimmte bereitwillig zu. Diaz war sich nicht bewußt, daß die Vereinigten Staaten sich nicht mit dem Sturz von Arbenz zufriedengeben würden. Castillo Armas war bereits als neuer Regierungschef ausersehen, und darüber konnte es keine Verhandlungen geben.

Ein Beamter der CIA, Enno Hobbing, der gerade erst in Guatemala angekommen war, um eine neue Verfassung [!] für das neue Regime ausarbeiten zu helfen, erklärte Diaz, er habe einen »großen Fehler gemacht«, als er die Regierung übernahm. »Herr Oberst«, sagte Hobbing, »sie erfüllen schlicht und einfach nicht die Anforderungen der amerikanischen Außenpolitik.«

Peurifoy konfrontierte Diaz sogleich mit der Forderung, er solle direkt mit Castillo Armas verhandeln. Gleichzeitig zeigte der Botschafter dem guatemaltekischen Obersten eine lange Liste mit den Namen von etlichen führenden Persönlichkeiten und verlangte von Diaz, er solle alle innerhalb von 24 Stunden erschießen lassen.

»Aber warum?« fragte Diaz.

»Weil es Kommunisten sind«, erwiderte Peurifoy.[334]

Obwohl Diaz nicht mit den Kommunisten sympathisierte, wies er beide Forderungen entschieden zurück und deutete an, der Kampf gegen die Eindringlinge würde weitergehen.[335] Peurifoy ging weg, außer sich vor Wut. Er schickte ein einfaches Telegramm an das CIA-Hauptquartier in Florida: »Wir sind betrogen worden. BOMBARDIERT!« Innerhalb von Stunden stieg ein Flugzeug der CIA in Honduras auf, bombardierte einen Militärstützpunkt und zerstörte den Radiosender der Regierung. Oberst Castillo Armas, auf dessen Antikommunismus sich die Vereinigten Staaten verlassen konnten, war bald der neue Führer Guatemalas.

Aber die Propagandavorstellung war noch nicht vorbei. Auf Geheiß der CIA führten Offiziere des neuen guatemaltekischen Regimes ausländische Korrespondenten durch Arbenz’ frühere Wohnung, wo sie mit eigenen Augen Räume voller Schulbücher aus der Sowjetunion sehen konnten. Der Korrespondent der New York Times, Paul Kennedy, der als ausgesprochener Gegner von Arbenz galt, kam zu dem Schluß, die »Bücher sind nachträglich dort platziert worden«, und zögerte nicht, dies auch zu schreiben.[336] Und Time erwähnte die Bücher überhaupt nicht, stieß aber irgendwie auf die Meldung, der Pöbel habe Arbenz’ Haus geplündert und »Stapel von kommunistischer Propaganda und vier Säcke voller Erde, je einen aus Rußland, China, Sibirien und der Mongolei« gefunden.[337] Der Artikel der Time machte deutlich, daß man in der Redaktion nun von der Rolle der USA beim Sturz von Arbenz Bescheid wußte (auch wenn sie sicher nicht die ganze Geschichte kannte), aber die Zeitschrift stellte nicht die Frage, inwiefern es korrekt sei, eine demokratisch gewählte Regierung durch Gewalt zu stürzen.

Castillo Armas feierte die Befreiung Guatemalas auf mehrere Weisen. Allein im Juli wurden Tausende unter dem Verdacht kommunistischer Aktivitäten verhaftet. Viele wurden gefoltert oder ermordet. Im August wurde ein Gesetz verabschiedet und ein entsprechender Ausschuß wurde eingesetzt, der jedermann zum Kommunisten erklären konnte, ohne daß dieser ein Gericht dagegen anrufen konnte. Diejenigen, die man zu Kommunisten erklärte, konnten willkürlich für sechs Monate eingesperrt werden und durften kein Radio besitzen oder ein öffentliches Amt bekleiden. Innerhalb von vier Monaten hatte der Ausschuß 72.000 Namen erfaßt. Ein Mitglied des Ausschusses sagte, das Ziel seien 200.000.[338] Die weitere Umsetzung der Landreform wurde gestoppt und alle bereits durchgeführten Landenteignungen wurden für ungültig erklärt.[339] Die United Fruit Company erhielt nicht nur ihr ganzes Land zurück, sondern die Regierung verbot auch noch die Gewerkschaft der Bananenarbeiter. Außerdem wurden sieben Beschäftigte der Gesellschaft, die sich aktiv gewerkschaftlich betätigt hatten, in der Hauptstadt Guatemala unter mysteriösen Umständen ermordet.[340]

Auch entrechtete das neue Regime drei Viertel der guatemaltekischen Wähler, indem es Analphabeten aus den Wählerverzeichnissen strich sowie alle Parteien, Gewerkschaftern und Bauernorganisationen verbot. Dazu kam die Schließung von Oppositionszeitungen (was Arbenz nie getan hatte) und die Verbrennung »subversiver« Bücher, darunter Victor Hugos DIE ELENDEN, Dostojewskis Romane und die Werke des guatemaltekischen Nobelpreisträgers Miguel Angel Asturias, eines scharfen Kritikers der United Fruit Company [341]

In der Zwischenzeit sorgte sich John Foster Dulles, der von Toriello beschuldigt wurde, er wolle einen »bananernen Vorhang« durch Mittelamerika ziehen,[342] daß einige »Kommunisten« ihrer Strafe entgehen könnten. In Telegrammen, die er mit Botschafter Peurifoy wechselte, bestand Dulles darauf, daß das Regime diejenigen Guatemalteken verhaftete, die in ausländischen Botschaften Zuflucht gesucht hatten, und sie »strafbarer Verbrechen« – wie etwa, »ein Agent Moskaus gewesen zu sein« – beschuldigte, um sie daran zu hindern, das Land zu verlassen. Der Außenminister vertrat die Auffassung, Kommunisten solle automatisch das Recht auf Asyl verweigert werden, da sie in eine internationale Verschwörung verwickelt wären. Sie sollten nur dann das Land verlassen dürfen, darauf bestand er, wenn sie damit einverstanden wären, in die Sowjetunion geschickt zu werden. Aber in diesem einen Fall verweigerte sich Castillo Armas den Wünschen von Dulles, vielleicht weil er sich daran erinnerte, daß ihm – wie auch etlichen seiner Kollegen – schon das eine oder andere Mal in einer Botschaft politisches Asyl gewährt worden war.[343]

Unter denen, die in der argentinischen Botschaft Zuflucht gesucht hatten, war auch ein 25 Jahre alter argentinischer Arzt mit dem Namen Ernesto »Che« Guevara. Guevara, der seit 1953 in Guatemala lebte, hatte versucht, bewaffneten Widerstand gegen die Invasionstruppen zu entfachen, allerdings ohne Erfolg. Guevaras Erfahrung in Guatemala hinterließen einen tiefen Eindruck in seinem politischen Bewußtsein. Seine erste Frau, Hilda Gadea, die er dort kennengelernt hatte, schrieb später:

»Bis zu diesem Zeitpunkt, so sagte er selbst, war er bloß ein Heckenschütze, der vom theoretischen Standpunkt aus das politische Panorama Amerikas kritisierte. Von da an war er überzeugt, daß der Kampf gegen das oligarchische System und den Hauptfeind, den Yankee-Imperialismus, mit Waffen und mit der Unterstützung der Volksmassen geführt werden müßte.«[344]

Im Gefolge des Staatsstreichs beschlagnahmten die Vereinigten Staaten eine große Menge von Dokumenten der guatemaltekischen Regierung, zweifellos in der Hoffnung, endlich die Hand der »Verschwörung des Weltkommunismus« hinter dem Tun von Arbenz beweisen zu können. Falls diese wirklich entdeckt worden sein sollte, so wurde dies nie öffentlich gemacht.

Am 30.06.1954, während der Staub sich immer noch legte, faßte Dulles die Situation in Guatemala in einer Rede zusammen, die ein Monument der die Wirklichkeit in ihr Gegenteil verdrehenden Sprache des Kalten Krieges ist:

»[Die Ereignisse in Guatemala] enthüllen die bösartige Absicht des Kreml, das System der interamerikanischen Beziehungen zu zerstören [...] nachdem sie die Kontrolle über die, wie sie sagen, Massenorganisationen gewonnen hatten, gingen [die Kommunisten] dazu über, die regierungsamtliche Presse und den Radiosender der guatemaltekischen Regierung zu übernehmen. Sie beherrschten das Fürsorgewesen und führten das Programm zur Landreform durch [...] machten dem Parlament Vorschriften und Präsident [...] Arbenz [...] wurde ganz offen von den kommunistischen Anführern beeinflußt [...] Das guatemaltekische Regime hatte die volle Unterstützung Sowjetrußlands [...] [die] Situation wird jetzt von den Guatemalteken selbst in Ordnung gebracht.«[345]

Als man daran ging, die Geschichte umzuschreiben, fand sich in der Rede von Dulles allerdings nichts, das dem entsprochen hätte, was in einem Dokument der CIA vom August 1954, der nur für den inneren Gebrauch bestimmt war, zu lesen war:

»Als die Kommunisten durch äußeren Druck zu dem Versuch gezwungen wurden, Guatemala vollständig zu übernehmen, zwangen sie Arbenz zum Rücktritt (gelöscht). Dann gingen sie dazu über, eine kommunistische Junta unter Oberst Car los Diaz einzusetzen.«[346]

Und im Oktober erzählte John Peurifoy einem Ausschuß des Kongresses:

»Meine Rolle in Guatemala vor der Revolution war peinlich genau die eines diplomatischen Beobachters. Die Revolution, welche die Regierung von Arbenz stürzte, wurde von denjenigen Menschen in Guatemala organisiert und angezettelt, die sich gegen die Politik und die unbarmherzige Unterdrückung der von den Kommunisten gesteuerten Regierung auflehnten.«[347]

Später sollte auch Dwight Eisenhower in seinen Memoiren über Guatemala schreiben. Der frühere Präsident beschloß, auch nicht den allerkleinsten Hinweis darauf zu geben, daß die Vereinigten Staaten irgendetwas mit der Planung und Anzettelung des Staatsstreiches zu tun hatten, und wies darauf hin, seine Regierung habe nur ganz am Rande et was mit seiner Durchführung zu tun gehabt.[348] (Als die Memoiren von Nikita Chruschtschow im Westen veröffentlicht wurden, hielt der Verlag es für angebracht, einen bekannten Kremlkenner mit Anmerkungen zu dem Werk zu beauftragen, in denen dieser auf unbeabsichtigte und absichtliche Auslassungen hinwies.)

So kam es, daß die gebildeten und kultivierten Männer des Außenministeriums, der CIA und der United Fruit Company, die gemütlichen Pfeifenraucher aus Princeton und Harvard sowie von der Wall Street einander schulterklopfend versicherten, daß die bäuerlichen Analphabeten in Guatemala das Land, das sie bekommen hatten, nicht verdienten, daß die dortigen Arbeiter keine Gewerkschaften brauchten und daß Hunger und Folter der nun wirklich nicht hohe Preis seien, den die Menschen in Guatemala bezahlen müßten, wenn sie von der Geißel des Kommunismus befreit werden wollten.

Der Terror, mit dem Castillo Armas das Land überzog, war erst der Anfang. Wie wir sehen werden, sollte er nach kurzer Zeit noch schlimmer werden. Und er dauerte ohne Un terbrechung 40 Jahre lang an.

Im Jahre 1955 berichtete die New York Times aus den Vereinten Nationen:

»Die Vereinigten Staaten haben einen Vorstoß unternommen, um einen Absatz aus dem Entwurf für den Vertrag über die Menschenrechte zu kippen, der eine Bedrohung ihrer ausländischen Geschäftsinteressen darstellt.«

Der anstößige Abschnitt behandelte das Recht der Völker auf Selbstbestimmung und die unbeschränkte Hoheit über ihre natürlichen Reichtümer und Rohstoffe. Die Zeitung schrieb:

»Letztendlich heißt dies nichts anderes, als das jedes Land das Recht hat, seine Rohstoffquellen zu verstaatlichen [...]«[349]

11: Costa Rica Mitte der 1950er Jahre

Der Versuch, einen Verbündeten zu stürzen Teil 1

Sollte die CIA jemals eine Liebe-Haß-Beziehung unterhalten haben, dann zu Jose Figueres, dem dreimaligen Staatsoberhaupt von Costa Rica.

Auf der einen Seite arbeitete Figueres – nach seinem eigenen Eingeständnis aus dem Jahr 1975 – 30 Jahre lang »auf 20.000 Arten überall in Lateinamerika« für die CIA.[350] Er gab zu: »Ich arbeitete mit der CIA zusammen, als sie versuchte, Trujillo zu stürzen«, den Diktator der Dominikanischen Republik.[351]

Auf der anderen Seite berichtete Figueres, daß der Geheimdienst zweimal versucht hatte, ihn zu ermorden.[352] Er behauptete, auch wenn er damals nicht näher darauf einging, er habe zwei Jahre lang versucht, die Invasion in der Schweinebucht zu verhindern. Dies dürfte der Grund für einen der Mordversuche gewesen sein.

Die CIA versuchte auch, die Regierung von Figueres zu stürzen. Im Jahre 1964 enthüllte die erste bedeutende Denkschrift des Geheimdienstes, THE INVISIBLE GOVERNMENT:

»Mitte der 1950er Jahre mischten sich Agenten der CIA tief in die politischen Angelegenheiten Costa Ricas, der stabilsten und demokratischsten Republik Lateinamerikas, ein. Gut unterrichtete Costa Ricaner wußten von der Rolle der CIA. Die CIA hatte vor, den Sturz von Jose (Pepe) Figueres, dem gemäßigten Sozialisten, der im Jahre 1953 in fairen und offenen Wahlen zum Präsidenten gewählt worden war, herbeizuführen.«[353]

In seiner ersten Amtszeit als Präsident blieb Figueres bis 1958 im Amt. Er hatte allerdings schon in den späten 1940er Jahren einer linken Junta vorgestanden.

Das »Haupt-Kümmernis« des Geheimdienstes war es, »daß Figueres ohne Ausnahme – Nichtkommunisten und Kommunisten gleichermaßen – das Recht auf Asyl in Costa Rica gewährte. Der große Zustrom von fragwürdigen Charakteren machte die Überwachungsarbeit des Geheimdienstes komplizierter und zwang ihn, sein Personal aufzustocken.«[354]

Die Probleme der CIA mit Figueres gingen in Wirklichkeit noch etwas tiefer. Costa Rica war ein Zufluchtsort für Hunderte von Flüchtlingen aus verschiedenen lateinameri kanischen rechten Diktaturen, wie etwa der Dominikanischen Republik, Nicaragua und Venezuela, und Figueres unterstütze Gruppen von ihnen in materieller und moralischer Hinsicht bei ihren Plänen, diese Diktaturen zur beseitigen.[355] Für Figueres ging dies völlig konform mit seinen antitotalitären Glaubensgrundsätzen, die sich gleichermaßen gegen linke wie rechte Diktaturen richteten. Das Problem war, daß die Diktatoren, die zum Sturz ausersehen waren, alle angesehene Mitglieder im antikommunistischen »Freie Welt«-Verein der Vereinigten Staaten waren. Die Einstellung der Vereinigten Staaten gegen Trujillo änderte sich später.) Außerdem hatte Figueres bei einigen Gelegenheiten Kritik an der amerikanischen Politik zum Ausdruck gebracht, die auf der einen Seite diese Diktaturen unterstützte, während sie auf der anderen die Augen vor den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen des Kontinents verschloß.

Die Tatsache, daß Figueres seine antikommunistische Einstellung – wenn auch nicht eine von der »extremen« Art – überzeugend demonstriert hatte und er nicht mehr »Sozialist« war als etwa der amerikanische Senator Hubert Humphrey, hätte leicht diese Überlegungen aufwiegen können. Obwohl Figueres von Zeit zu Zeit gegen ausländische Investitionen wetterte, hatte er sich als Präsident ausgezeichnet mit den Schreckgespenstern Mittelamerikas, den multinationalen Obstkonzernen, arrangiert.[356]

Die CIA unterstützte die politischen Gegner von Figueres[357] und versuchte außerdem, wie in THE INVISIBLE GOVERNMENT berichtet wird, »in der kommunistischen Partei Costa Ricas Unruhe zu stiften und Figueres mit den Kommunisten in Verbindung zu bringen. Der Versuch, Beweise dafür zu produzieren, daß Figueres während einer Reise nach Mexiko mit führenden Kommunisten in Kontakt gekommen war, war nicht erfolgreich. Mit dem ersten Teil ihrer Strategie – den Kommunisten Ärger zu bereiten – hatten die Agenten der CIA je doch mehr Glück. Sie konnten einen Brief in eine kommunistische Zeitung einzuschmuggeln. Der Brief, der angeblich von einem führenden costaricanischen Kommunisten stammte, erwähnte seine Gegnerschaft zur Parteilinie in Bezug auf die ungarische Revolution [von 1956]. Die führenden Beamten in der amerikanischen Botschaft, die nicht wußten, daß es sich um eine Fälschung der CIA handelte, hielten eine Dringlichkeitssitzung ab, um seine Bedeutung zu entschlüsseln. Der politische Beamte schickte dann einen langen Geheimbericht nach Washington, in dem er die führenden Politiker warnend auf die Möglichkeit einer alarmierenden Kehrt wende in der Politik der lateinamerikanischen Kommunisten hinwies.«[358]

Im Jahre 1955 führte der Geheimdienst eine Aktion gegen Figueres durch, die eine viel unmittelbarere Bedrohung darstellte. Eine tiefe persönliche und politische Abneigung zwischen Figueres und dem nicaraguanischen Diktator Anastasio Somoza hatte sich bis zur Gewaltanwendung gesteigert: Einen Anschlag auf das Leben von Somoza, der mit Unterstützung von Figueres von Costa Rica aus unternommen worden war, erwiderte Nicaragua mit einer Invasion zu Land und zu Luft. Figueres’ Biograph, Charles Ameringer, berichtet folgendes:

»Figueres beschuldigte den amerikanischen Auslandsgeheimdienst, er habe den Schritt Somozas gegen ihn unterstützt. Er behauptete, die CIA fühle sich in der Schuld Somozas wegen dessen Hilfe beim Sturz der Regierung Arbenz. Er behaup tete weiter, dieselben Piloten und Flugzeuge (F-47-Maschinen), die am Angriff auf Guatemala teilgenommen hatten, ›kamen dann aus Nicaragua und belegten elf wehrlose Städte auf unserem Staatsgebiet mit Maschinengewehrfeuer.‹ Laut Figueres flogen Flugzeuge und Piloten der CIA zur gleichen Zeit, als das amerikanische Außenministerium über den Verkauf von Kampflugzeugen an die Streitkräfte Costa Ricas verhandelte, Einsätze für die Rebellen.«[359]

Es ist interessant, daß damals, als nahezu noch nichts über diese zum Himmel schreien den Geheimaktivitäten der CIA bekanntgeworden war, die Tatsache, daß der Geheim dienst auf frischer Tat dabei ertappt worden war, wie er Figueres’ Telefone abhörte, der Washington Post einen mißbilligenden Leitartikel wert war und auch Senator Mike Mansfield sich zu einer ähnlichen Erklärung auf den Fluren des Senats genötigt sah.[360]

Erst im Jahre 1970 wurde Jose Figueres erneut Präsident von Costa Rica, und abermals versuchte die CIA – aus nicht vielen anderen Gründen – ihn zu stürzen.

12: Syrien 1956 bis 1957

Wir kaufen uns eine neue Regierung

»Neutralität«, so erklärte John Foster Dulles im Jahre 1956, »ist immer mehr zu einem überholten Konzept geworden, und es ist – außer vielleicht unter ganz außergewöhnlichen Umständen – ein unmoralisches und kurzsichtiges Konzept.«[361]

Die Kurzsichtigkeit der neutralen Regierungen bestand möglicherweise in ihrer Unfähigkeit, sich vorzustellen, daß ihre Neutralitätspolitik den Sturz durch John Foster Dulles nach sich ziehen könnte.

Syrien benahm sich nicht, wie ein Land der Dritten Welt sich nach den Vorstellungen Washingtons zu benehmen hatte. So war es, um nur ein Beispiel zu nennen, der einzige Staat in der Region, der alle Wirtschafts- und Militärhilfe der USA zurückwies. Damaskus hatte kein Interesse an den Folgen, die mit einer solchen Hilfe einhergingen: Die Annahme von Militärhilfe war gewöhnlich mit der Anwesenheit von amerikanischen Militärberatern und Technikern verbunden. Außerdem bestimmte der amerikanische Mutual Security Act aus dem Jahre 1955, daß das Empfängerland sich damit einverstanden erklären mußte, einen Beitrag zur »Verteidigungskraft der freien Welt« zu leisten, und machte es zur erklärten Politik der USA, »die Anstrengungen aller freien Länder zu ermutigen, Privatinitiative und Wettbewerb [d.h. Kapitalismus] zu fördern.«[362]

Ein anderes Problem mit Syrien war, daß US-Beamte, die unter dem litten, was man als antikommunistische Paranoia bezeichnen könnte und die Opfer ihrer eigenen Propaganda waren, beständig die höchstbedenkliche Schrift an der Wand sahen, auch wenn die Regierung des Landes in den letzten Jahren mehr oder wenig konservativ gewesen war und solche linken Spinnereien wie die Verstaatlichung amerikanischer Firmen unterlassen hatte. Um dies verstehen zu können, muß man einige der vormals als geheim eingestuften und inzwischen freigegebenen Dokumente des Nationalen Sicherheitsrats lesen, die zum Teil auf Berichten beruhen, die er von der amerikanische Botschaft in Damaskus in den Jahren 1955 und 1956 bekommen hatte. Hier einige Kostproben:

»Falls sich der populäre Linkstrend in Syrien über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg fortsetzten sollte, besteht die reale Gefahr, daß Syrien vollständig unter linke Kontrolle gerät, sei es durch einen Staatsstreich oder eine Machtergreifung« [...] »die tiefe antiamerikanische und antiwestliche Einstellung der Syrer wird angeheizt durch das unvermeidliche theatralische Getue der Politiker um das Palästinaproblem« [...] »Vier aufeinanderfolgende kurzlebige Regierungen in Syrien haben fortgesetzte und immer stärker werdende kommunistische Aktivitäten zugelassen« [...] »die Kommunisten unterstützen die linken Banden [in] der Armee« [...] »Teilnahmslosigkeit gegenüber dem Kommunismus auf Seiten der Politiker und Offiziere« ist eine Bedrohung für die Sicherheit [...] »die Sozialistische Partei der Arabischen Wiedergeburt (Baath-Partei)« und »die Syrische Kommunistische Partei sind in der Lage, die Zerstörung der inneren Sicherheit in Syrien herbeizuführen« [...] die Gefahr eines »Staatsstreichs« der Baath-Partei und »die vermehrte kommunistische Durchdringung von Regierung und Armee« [...] »Von allen arabischen Staaten widmet sich Syrien zur Zeit am rückhaltslosesten einer Neutralitätspolitik mit starken antiwestlichen Beiklängen« [...] »Sollte die augenblickliche Tendenz sich fortsetzten, besteht die starke Möglichkeit, daß es zu einem kommunistisch beherrschten Syrien kommt, das den Frieden und die Stabilität der Region bedroht und die Erreichung unserer Ziele im Nahen Osten gefährdet« [...] wir »sollten Überlegungen Priorität einräumen, im Nahen Osten Vorgehensweisen zu entwickeln, die dazu dienen können, die Situation in Syrien zu beeinflussen, und empfehlen besondere Schritte, um die kommunistische Unterwanderung zu bekämpfen.«[363]

Man muß annehmen, daß die Idee, es gäbe linke bzw. den Kommunisten gleichgültig gegenüberstehende Militärs, für das Denken eines amerikanischen Beamten wahrlich eine unvereinbare Erscheinung gewesen sein muß. Aber nirgends wird in einem der Dokumente erwähnt, daß Linke bzw. Kommunisten bzw. die Baath-Partei tatsächlich et was Illegales oder Schlimmes getan hätten, auch wenn die Sprache, die in den Dokumenten benutzt wird, fatal dem ähnelt, was wir im Kapitel über Guatemala schon gehört haben: Diese Menschen schließen sich nicht etwas an, sie »infiltrierten« es, sie »unter wandern«, sie »steuern« und sie sind »opportunistisch.« In Wirklichkeit ist das beschriebene Verhalten das typische Verhalten von Politkern: Sie versuchen, Schlüsselbereiche der Gesellschaft zu beeinflussen und Verbündete zu gewinnen. Aber für die Männer, die verantwortliche Stellungen im Nationalen Sicherheitsrat und im Außenministerium innehatten, waren die böse Absicht und die Gefahr, die von solchen Menschen ausging, so offensichtlich, daß sich diese gar nicht erst zu äußern brauchten.

Es gibt eine Ausnahme, möglicherweise um eine unbehagliche Wahrnehmung wegzuerklären:

»In der Tat scheint die kommunistische Partei nicht das unmittelbare Ziel zu haben, die Macht zu ergreifen. Sie versucht vielmehr, die nationale Einheit zu zerstören, die Unterstützung für die sowjetische Politik gegenüber dem Western zu verstärken und Spannungen in der arabischen Welt anzuheizen. Sie hat hierbei bereits deutliche Fortschritte gemacht.«[364]

Es gibt keinen Hinweis darauf, was der Autor mit »nationaler Einheit« meinte. Eine linksorientierte oder kommunistisch beherrschte syrische Regierung, folgerte der US Botschafter in Syrien, James Moose, könnte sicherlich die amerikanischen Interessen in der benachbarten Türkei bedrohen, welche dann alle Natostaaten ausmanövrieren könnten, und so weiter und so fort.[365] Da man sich nicht darauf verlassen konnte, daß die syrische Regierung etwas gegen diese drohende Katastrophe tun würde, war es klar, daß et was mit der syrischen Regierung geschehen müßte.

Wir fugen die übliche nahöstliche Intrige hinzu: In diesem Fall verschwört sich der Irak mit den Briten, die Regierungen in Syrien und in Nassers Ägypten zu stürzen, die Briten setzen die Amerikaner unter Druck, bei der Verschwörung mitzumachen,[366] die CIA sucht nach einem Kompromiß: Laßt Nasser, zumindest für den Augenblick, in Ruhe – und wir werden etwas wegen Syrien unternehmen.[367]

Ein unwahrscheinliches Szenario, empörend, aber in der altehrwürdigen Tradition des Nahen Ostens. Die Briten waren alte Hasen in solchen Dingen. Dulles und die Amerikaner, die noch darüber jubelten, wie sie im Iran einen Kaiser gemacht hatten, waren begierig darauf, auch den Rest der Ölregion nach ihren Vorstellungen neu zu ordnen.

Wilbur Crane Eveland war ein Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats, der hochrangigen ämterübergreifenden Gruppe in Washington, die – in der Theorie – die Geheimaktivitäten der CIA überwacht und steuert. Wegen seines Hintergrundes und seiner Erfahrung im Nahen Osten hatte die CIA gefordert, ihm Eveland für einige Aufträge auszuleihen.

Archibald Roosevelt war, wie sein Cousin Kermit Roosevelt, ein hochrangiger Beamter der CIA. Beide waren Enkel des früheren Präsidenten Theodore Roosevelt. Kermit hatte den Sturz der iranischen Regierung im Jahre 1953 geleitet. Archie hegte die kühne Hoffnung, dasselbe in Syrien zu tun.

Michail Ilian Bey war einmal Außenminister Syriens gewesen. Im Jahre 1956 war er der Führer der konservativen Volkspartei.

Bei einem Treffen dieser drei Männer am 01.07.1956 in Damaskus, so berichtet Eveland in seinen Memoiren, fragte Roosevelt Ilian »was nötig sein würde, um den syrischen Konservativen ausreichend Macht zu geben, damit sie die Kommunisten und ihre linken Sympathisanten eliminieren könnten. Ilian antwortete, indem er Namen und Plätze abhakte: Die Radiosender in Damaskus und Aleppo, einige wenige hochrangige Be amte und genug Geld, um die jetzt noch in ägyptischer und die in saudi-arabischer Hand befindlichen Zeitungen zu kaufen.«

»Roosevelt forschte weiter, ließen sich diese Dinge, so fragte er Ilian, allein mit amerikanischem Geld und Vermögen erledigen, ohne daß ein anderes westliches oder nahöstliches Land einbezogen würde?«

»Ohne Frage«, antwortete Ilian, und nickte ernst.

Am 26.07.1956 verkündete der ägyptische Präsident Gamal Abdul Nasser, sein Land werde den Betrieb des Suezkanals übernehmen. Die Briten und Franzosen reagierten schnell und wutentbrannt. Die Vereinigten Staaten verhielten sich nach außen hin nicht ganz so feindselig, obwohl sie Bedenken äußerten und ägyptische Regierungsgelder in den USA eingefroren wurden. Dieser unerwartete Vorfall behinderte die Pläne der CIA, weil – wie Ilian Eveland voller Verzweifelung erklärte – Nasser jetzt der Held der arabischen Welt war und eine Zusammenarbeit mit einer der Westmächte zum Sturz einer arabischen Regierung politisch nicht zu durchzusetzen war.

Schließlich wurde der Staatsstreich für den 25.10.1956 angesetzt. Die Logistik, wie Ilian sie skizziert hatte, erforderte, daß hochrangige Obristen in der syrischen Armee

»die Kontrolle über Damaskus, Aleppo, Homs und Hama übernähmen. Auch die Grenzübergänge zu Jordanien, dem Irak und dem Libanon würden besetzt werden, um die Grenzen Syriens so lange abzuriegeln, bis die Radiosender verkündet hätten, daß eine neue Regierung unter der Leitung von Oberst Kabbani, der bewaffnete Einheiten an Schlüsselstellungen überall in Damaskus aufmarschieren lassen würde, die Macht übernommen hätte. Sobald die Kontrolle hergestellt sei, würde Ilian die Zivilisten, die er für die Bildung einer neuen Regierung ausgesucht hatte, informieren. Um aber undichte Stellen zu vermeiden, würden diese erst eine Woche vor dem Staatsstreich informiert werden.«

Für diese Operation würde Geld die Hände wechseln müssen. Ilian forderte und erhielt eine halbe Million syrische Pfund (ungefähr 167.000 US-Dollar). Um die Teilnahme der syrischen Verschwörer garantieren zu können, verlangte der Syrer außerdem eine Zusicherung der höchsten Ebenen der amerikanischen Regierung, daß die USA sowohl den Staatsstreich unterstützen als auch unverzüglich die neue Regierung anerkennen würden. Dieses, so erklärte Ilian, könnte folgendermaßen mitgeteilt werden: Im April 1956 hatte Präsident Eisenhower erklärt, die Vereinigten Staaten würden – allerdings nicht ohne Zustimmung des Kongresses – einem militärischen Angriff im Nahen Osten entgegentreten. Könnte der Präsident, so frage er sich, diese Erklärung angesichts der Suezkrise an einem vorher festgelegten Datum wiederholen, das man Ilians Kollegen mitteilen würde? Eisenhowers Worte würden dann die Garantie sein, die sie forderten.

Eine zustimmende Antwort auf Ilians Plan aus Washington erreichte Damaskus am folgenden Tag. Man würde eine passende Gelegenheit für die geforderte Erklärung finden müssen, und Außenminister Dulles würde sie abgeben. Es war geplant, daß Dulles zwischen dem 16. und dem 18.10.1956 öffentlich auf Eisenhowers Erklärung Bezug nehmen und damit Ilian die Woche geben würde, die er brauchte, um seine Mannschaft von Zivilisten zusammenzubekommen.

Kurz danach hielt John Foster Dulles eine Pressekonferenz ab. Angesichts der jüngsten israelischen Angriffe auf Jordanien fragte einer der anwesenden Reporter, ob die Vereinigten Staaten Jordanien auf der Grundlage »unserer Erklärung vom 9. April« zu Hilfe kommen würden.

Ja, erwiderte der Außenminister, und wiederholte den Hinweis auf die Erklärung vom April. Das war am 16.10.1956.

Unverzüglich sandte Ilian aus Damaskus eine Nachricht an Eveland in Beirut, in der er den Termin des Staatsstreichs um fünf Tage, auf den 30.10.1956, verschob, denn Oberst Kabbani hatte ihm mitgeteilt, seine Leute seien noch nicht bereit.

Diese Verschiebung war entscheidend. Früh am Morgen des 30.10.1956 erschien ein hochgradig bestürzter Ilian an Evelands Tür, und schrie:

»Letzte Nacht sind die Israelis in Ägypten einmarschiert und befinden sich gerade jetzt auf dem Vormarsch auf den Suezkanal! Wie konnten Sie von uns verlangen, genau dann eine arabische Regierung zu stürzen, wenn Israel einen Krieg gegen ein arabisches Land anfängt?«[368]

In Washington schrillte weiterhin ununterbrochen die Linkstrend-in-Syrien-Glocke. Im Januar 1957, so schrieb Präsident Eisenhower später, reichte der CIA-Direktor Allen Dulles »Berichte ein, nach denen das neue syrische Kabinett linksorientiert sei.«[369] Zwei Monate später schrieb Dulles in einem »Situationsbericht über Syrien« über eine »zu nehmenden Tendenz hin zu einer ausgesprochen linken, sowjetfreundlichen Regierung.« Dulles war beunruhigt über »eine Gruppe von linken Beamten, die zur Sozialistischen Partei der arabischen Wiedergeburt gehörten.«[370] Im selben Monat wurde in einem internen Dokument des Außenministeriums Folgendes ausgeführt:

»Anscheinend wollen die Briten aktiv auf eine Ablösung der gegenwärtigen syrischen Regierung hinwirken, um eine prowestliche Ausrichtung auf Seiten der zu künftigen syrischen Regierung zu gewährleisten. Die Vereinigten Staaten teilten die Sorge der britischen Regierung hinsichtlich der Situation in Syrien.«[371]

Im Juni 1957 dann hieß es in einem internen Papier des Verteidigungsministeriums, ein »linker Staatsstreich« sei möglich. Dieser würde, so das Papier, gegen »die linke syrische Regierung« gerichtet sein.[372]

So kam es, daß CIA-Beamte in Beirut und Damaskus erneut versuchten, einen Staatsstreich in Syrien zu inszenieren. Diesmal zog Kermit Roosevelt und nicht sein Cousin Archibald die Fäden. Er sorgte dafür, daß ein gewisser Howard (»Rocky«) Stone aus dem Sudan nach Damaskus versetzt wurde, um sicherzugehen, daß die Sache von einem »Profi gedeichselt« würde. Stone war mit zweiunddreißig Jahren wegen seiner Unter grundtätigkeit bereits eine Legende in der CIA. Er galt als der Mann, der Kim Roosevelt vier Jahre zuvor geholfen hatte, die iranische Regierung zu stürzen, auch wenn nicht be kannt geworden ist, worin Stones Beitrag eigentlich genau bestanden hatte.

Als Nutznießer dieser speziellen Verschwörung war Adib Schischakli ausersehen, ein früherer rechter Diktator Syriens, der insgeheim im Libanon lebte. Der frühere Sicherheitschef Schischaklis und augenblickliche syrische Militärattaché in Rom, Oberst Ibrahim Husseini, wurde mit einem von der CIA gefälschten Paß heimlich in den Libanon eingeschleust. Husseini sollte dann im Kofferraum eines amerikanischen Diplomatenfahrzeugs über die syrische Grenze geschmuggelt werden, um die wichtigsten syrischen Agenten der CIA zu treffen und sicherzustellen, daß Schischakli, sobald die syrische Regierung gestürzt worden wäre, zurückkommen würde, um die Regierung zu übernehmen.

Aber der Staatsstreich wurde aufgedeckt, bevor er überhaupt begonnen hatte. Syrische Offiziere, denen man eine führende Rolle bei der Operation zugedacht hatte, marschierten ins Büro des syrischen Geheimdienstchefs, Oberst Sarradsch, lieferten ihre Schmiergelder ab und machten die CIA-Beamten namhaft, von denen sie das Geld bekommen hatten. Oberstleutnant Robert Molloy, der amerikanische Heeresattaché, Francis Jeton, ein CIA-Beamter, der seine Karriere im Geheimdienst gemacht hatte und offiziell der Vizekonsul der US-Botschaft war, sowie der legendäre Howard Stone, der den Titel eines Legationsrats für politische Angelegenheiten führte, wurden zu personae non gratae erklärt und im August 1957 des Landes verwiesen.

Oberstleutnant Molloy sollte Syrien auf stilechte Weise verlassen. Als sein Auto sich der libanesischen Grenze näherte, drängte er seine syrische Motorradeskorte von der Straße ab und schrie dem gestürzten Fahrer zu, er solle »Oberst Sarradsch und seinen roten Freunden« ausrichten, er, Molloy, würde »mit einer auf den Rücken gebundenen Hand die Scheiße aus ihnen herausprügeln, falls sie jemals wieder seinen Weg kreuzen sollten.«

In der Bekanntmachung, die den Ausweisungsbefehl begleitete, erklärte die syrische Regierung, Stone habe zuerst zur verbotenen Syrischen Sozial-Nationalistischen Partei und dann zu den Offizieren Kontakt aufgenommen. Als die Offiziere die Verschwörung anzeigten, befahl man ihnen, ihre Kontakte mit den Amerikanern nicht abzubrechen, und etwas später trafen sie in den Wohnungen von Angehörigen der US-Botschaft mit Schischakli und Husseini zusammen. Berichten zufolge erzählte Husseini den Offizieren, die Vereinigten Staaten wären bereit, einer neuen syrischen Regierung zwischen 300 und 400 Millionen Dollar an Unterstützung zu geben, falls diese mit Israel Frieden schlössen.

Eine erheiternde Nebenbemerkung über die Angelegenheit fiel, als der syrische Verteidigungsminister und der syrische Botschafter in Italien darüber diskutierten, ob Husseini etwas mit der Verschwörung zu tun gehabt hätte. Der Botschafter wies darauf hin, daß Husseini seit dem 20.07.1957 nicht in Syrien gewesen wäre und sein Paß keinerlei Hinweis darauf enthielte, daß er Italien seit diesem Zeitpunkt verlassen hätte.

Das amerikanische Außenministerium stufte die syrischen Anschuldigungen als »voll ständig erfunden« ein und rächte sich dadurch, daß es den syrischen Botschafter und den syrischen Legationsrat auswies sowie den amerikanischen Botschafter aus Syrien abberief. Bemerkenswerterweise was dies das erste Mal seit 1915, daß die Vereinigten Staaten den Missionschef eines fremden Landes auswiesen.[373] Im Gefolge der Kontro verse berichtete die New York Times:

»Es gibt zahlreiche Theorien darüber, warum die Syrer auf die Vereinigten Staaten einschlugen. Eine davon lautet, sie handelten auf Veranlassung der Sowjetunion. Eine andere, die Regierung habe eine antiamerikanische Spionagestory fabriziert, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den Verhandlungen Syriens mit Moskau abzulenken.«[374]

Der Leitartikel derselben Ausgabe erging sich in Spekulationen über andere plausibel klingende Erklärungen.[375] Anscheinend zogen die Redakteure der New York Times weder auf den Nachrichtenseiten noch im Leitartikel überhaupt die Möglichkeit in Betracht, daß die syrischen Anschuldigungen zutreffen könnten. Präsident Eisenhower, der in seinen Memoiren auf den Vorfall zu sprechen kam, bestritt die Anschuldigungen nicht. Sein einziger Kommentar zu den Ausweisungen war:

»Die ganze Aktion war von einem Geheimnis umgeben, es bestand jedoch der starke Verdacht, daß die Kommunisten die Herrschaft über die Regierung übernommen hätten. Außerdem lagen uns aktuelle Berichte vor, daß Waffen aus dem Ost block unterwegs nach Syrien waren.«[376]

Die Besessenheit der Vereinigten Staaten über Syriens Neutralismus bzw. »Linksgerichtetheit« gab sich nicht. Fünf Jahre danach, als John F. Kennedy im Weißen Haus saß, traf er sich mit dem britischen Premierminister Macmillan, und die beiden Führer kamen einem Bericht der CIA nach darin überein »die syrischen Streitkräfte zu unterwandern und sich spalterische Elemente, insbesondere im syrischen Heer, heranzuziehen, damit Syrien vom Westen gelenkt werden kann.«[377]

Noch Jahrzehnte danach war Washington besorgt, obwohl Syrien immer noch nicht »kommunistisch geworden« war.

13: Der Nahe Osten 1957 bis 1958

Die Eisenhower-Doktrin erhebt Anspruch auf einen neuen Hinterhof für Amerika

Am 09.03.1957 nahm der Kongreß der Vereinigten Staaten auf Antrag des Präsidenten eine Resolution an, die unter dem Namen Eisenhower-Doktrin bekannt werden sollte. Es war, wie zuvor die Truman-Doktrin und die Monroe-Doktrin, ein Stück Papier, mit dem die Regierung der Vereinigten Staaten der Regierung der Vereinigten Staaten das bemerkenswerte und beneidenswerte Recht übertrug, in anderen Ländern militärisch zu intervenieren. Mit einem Federstrich wurde der Nahe Osten Europa und der westlichen Hemisphäre als Spielfeld Amerikas zugeschlagen. In der Resolution hieß es:

»Die Vereinigten Staaten betrachten die Bewahrung der Unabhängigkeit und Unversehrtheit der Nationen des Nahen Ostens als lebenswichtig für das nationale Interesse und den Weltfrieden.«

Und dennoch ließ, wie wir gesehen haben, die CIA zu jener Zeit ihre Operation zum Sturz der syrischen Regierung anlaufen.

Der geschäftliche Teil der Resolution war in der lakonischen Erklärung enthalten, daß die Vereinigten Staaten »bereit sind, bewaffnete Streitkräfte einzusetzen, um« jedes Land des Nahen Ostens »zu unterstützen, das Hilfe gegen eine bewaffnete Aggression durch irgendein Land, das vom Weltkommunismus beherrscht wird, erbittet.« Von einer Aggression eines nichtkommunistischen oder antikommunistischen Landes, welche den Weltfrieden bedrohen könnte, war nicht die Rede.

Wilbur Crane Eveland, der seinerzeitige Nahost-Spezialist der CIA, hatte zwei Monate zuvor an einem Treffen im Außenministerium teilgenommen, bei dem die Resolution diskutiert werden sollte. Eveland las den Entwurf, in dem es hieß, »viele, wenn nicht alle« Staaten des Nahen Ostens »sind sich der Gefahr bewußt, die vom Weltkommunismus ausgeht.« Später schrieb er:

»Ich war schockiert. Wer, so fragte ich mich, hatte in dieser Weise darüber entschieden, was die Araber als Gefahr ansahen? Die israelische Armee war gerade in Ägypten einmarschiert und hielt immer noch die Sinaihalbinsel und den Gazastreifen besetzt. Und hätte es nicht die russische Drohung, auf Seiten der Ägypter einzugreifen, gegeben, könnten die britischen, französischen und israelischen Truppen jetzt in Kairo stehen und Nassers schmachvollen Sturz feiern.«[378]

Das vereinfachende und polarisierende Weltbild der Eisenhower-Doktrin ignorierte nicht bloß die israelfeindliche Stimmung, sondern auch die in vielen einflußreichen Kreisen des Nahen Ostens weitverbreiteten Strömungen des Nationalismus, Panarabismus, Neutralismus und Sozialismus. Die Leute, welche die Resolution entworfen hatten, sahen nur ein Schlachtfeld des Kalten Krieges, welches jedoch ihre eigene Schöpfung war.

Im April 1957 entließ König Hussein von Jordanien seinen Ministerpräsidenten, Sulei man Nabulsi, inmitten von anscheinend wohlfundierten Gerüchten über einen von Ägypten und Syrien sowie von in Jordanien lebenden Palästinensern unterstützten Staatstreich gegen den König. Es war der Wendepunkt in einem bereits längere Zeit schwelenden Konflikt zwischen der prowestlichen Politik Husseins und den neutralistischen Neigungen der Regierung Nabulsi. Nabulsi hatte angekündigt, daß Jordanien im Einklang mit seiner neutralistischen Politik engere Beziehungen zur Sowjetunion an bahnen und sowjetische Hilfe annehmen würde, falls diese angeboten würde. Andererseits wies er die amerikanische Hilfe zurück, weil, wie er sagte, die Vereinigten Staaten ihn davon unterrichtet hätten, daß die Wirtschaftshilfe so lange zurückgehalten würde, bis Jordanien »seine Beziehungen zu Ägypten löst« und »der Ansiedlung von palästinensischen Flüchtlingen in Jordanien zustimmt«, eine Beschuldigung, die vom amerikanischen Außenministerium zurückgewiesen wurde. Nabulsi fügte noch hinzu: »Der Kommunismus stellt für die Araber keine Gefahr dar.«

Hussein dagegen warf dem »Weltkommunismus und seinen Anhängern« vor, sie trügen die direkte Verantwortung für »die Versuche, mein Land zu zerstören.« Als man ihn drängte, seine Beschuldigungen zu beweisen, wies er dieses Ansinnen zurück.

Als in etlichen jordanischen Städten Unruhen ausbrachen und ein Bürgerkrieg nicht mehr ausgeschlossen schien, zeigte sich Hussein der Bedrohung seiner Herrschaft gewachsen. Er verhängte das Kriegsrecht, säuberte die Regierung und das Militär von nasserfreundlichen und linken Elementen und verbot alle Oppositionsparteien. In Jordanien kehrte bald wieder ein Zustand relativer Ruhe ein.

Die Vereinigten Staaten jedoch ergriffen die Gelegenheit beim Schopf, daß Hussein den Ausdruck »Weltkommunismus« benutzt hatte, und setzten in aller Eile Verbände der Sechsten Flotte ins östliche Mittelmeer in Marsch – einen Flugzeugträger, zwei Kreuzer und 15 Zerstörer, denen eine Reihe von anderen Kriegsschiffen und ein Bataillon Marieninefanteristen folgten. Diese gingen im Libanon an Land, um sich auf eine »mögliche zukünftige Intervention in Jordanien vorzubereiten.«[379]

Trotz der Tatsache, daß nichts stattgefunden hatte, das auch nur im geringsten einer »bewaffneten Aggression durch ein vom Weltkommunismus gesteuertes Land« glich, forderte das amerikanische Außenministerium den König öffentlich auf, sich auf die Eisenhower-Doktrin zu berufen.[380] Aber Hussein, der noch nicht einmal die Demonstration der Stärke verlangt hatte, lehnte ab, wohl wissend, daß solch ein Schritt nur Öl in die Feuer, die bereits im politischen Leben Jordaniens wüteten, gießen würde. Er überlebte ohne sie.

Irgendwann in diesem Jahr begann die CIA damit, König Hussein heimlich jährliche Zahlungen zukommen zu lassen, die sich anfangs auf Millionen von US-Dollar im Jahr beliefen, ein Brauch, der 20 Jahre lang währen sollte. Zusätzlich versorgte der Geheim dienst Hussein mit weiblicher Gesellschaft. Die CIA rechtfertigte diese Zahlungen später mit der Behauptung, Hussein hätte amerikanischen Geheimdiensten erlaubt, frei in seinem Land zu operieren. Hussein seinerseits versorgte die CIA mit Geheiminformationen und gab Teile der an ihn gezahlten Gelder an Regierungsbeamte weiter, die wie er Geheiminformationen lieferten oder mit dem Geheimdienst zusammenarbeiteten.[381]

Einige Monate später sollte Syrien in Washingtons Melodrama vom »Weltkommunismus« die Hauptrolle einnehmen. Die Syrer hatten auf den Gebieten Handel und Wirtschaftshilfe sowie Waffenkäufe und militärische Ausbildung Beziehungen zur Sowjetunion angeknüpft. Die Vereinigten Staaten beschlossen, darin etwas Verdächtiges zu sehen, obwohl die Lage der Dinge, wie wir im vorangegangenen Kapitel sehen konnten, in nicht geringem Ausmaß durch John Foster Dulles selbst herbeigeführt worden war. Die amerikanische Abneigung gegen Syrien steigerte sich noch im August, nachdem die syrische Regierung die vom CIA gesteuerte Verschwörung zu ihrem Sturz entlarvt hatte.

Die Beamten in Washington und die amerikanischen Medien gewöhnten sich schnell daran, Syrien als einen »sowjetischen Satelliten« oder »Quasisatelliten« zu bezeichnen. Dabei handelte es sich keineswegs um eine objektive oder spontane Berichterstattung. Kennett Love, ein Korrespondent der New York Times, der in engem Kontakt mit der CIA gestanden hatte (vgl. das Kapitel über den Iran), enthüllte später einiges von dem, was dahinter stand:

»Die US-Botschaft in Syrien duldete stillschweigend falsche Berichte, die durch diplomatische und durch Pressekanäle von Washington und London kamen, nach denen russische Waffen in den syrischen Hafen Latakia strömten, ›nicht mehr als 123 MiG‹ in Syrien angekommen seien und Oberstleutnant Abdel Hamid Sarradsch, der Chef des syrischen Geheimdienstes, durch einen von den Kommunisten angezettelten Staatstreich die Macht übernommen habe. Ich bereiste im November und Dezember [1956] ohne jegliche Behinderung ganz Syrien und fand heraus, daß es in der Tat ›nicht mehr als 123 MiG‹ in Syrien gab. Es gab nämlich überhaupt keine. Und es waren auch schon seit Monaten keine russischen Waffen mehr ins Land gekommen. Und es hatte keinen Staatsstreich gegeben, auch wenn einige Korrespondenten in Beirut, das gerade einmal zwei Autostunden von Damaskus entfernt ist, ohne die Quelle zu nennen, falsche Berichte schickten, die sie von Botschaftsbesuchem in Damaskus und einem umherstreifenden CIA-Mann, der unter dem Deckmantel eines Beamten des Finanzministerium der USA arbeitete, erhalten hatten. Sarradsch, der ein entschiedener Antikommunist war, hatte gerade erst die tollpatschige Verschwörung von Briten, Amerikanern und Irakern [zum Sturz der syrischen Regierung] aufgedeckt. In Syrien war alles ruhig, aber man war besorgt über Propaganda-Voraussagungen, daß es einen neuen Staatsstreichs oder eine vom Westen unterstützte Invasion geben würde.«[382]

Um diejenigen, die immer noch skeptisch waren, zu überzeugen, sandte Eisenhower einen persönlichen Abgesandten, Loy Henderson, auf eine Reise durch den Nahen Osten. Henderson kam mit dem niemanden überraschenden Ergebnis zurück, »man befürchtet in allen Ländern des Nahen Ostens, daß die Sowjets die Krise in Syrien dazu benutzen könnten, die Regierungen in jedem Land zu stürzen.«[383] Er machte keine Andeutung darüber, ob die Syrer selbst dachten, in ihrem Land gebe es eine Krise.

Als Indiz, wie künstlich die Krisen waren, die das Weiße Haus meldete, und wie unbegründet die Untergangsszenarien über die Rolle der Sowjetunion waren, genügt ein Blick auf die folgende interne Aktennotiz des Verteidigungsministerium vom Juni 1957, also etwa zwei Monate, bevor Henderson in den Nahen Osten reiste:

»Die UdSSR hat bisher keinerlei Absicht durchblicken lassen, sich direkt in irgendeine der zuvor erwähnten Krisen im Nahen Osten einzumischen, und wir halten es auch für unwahrscheinlich, daß sie sich direkt einmischen würde, um den Erfolg eines linken Staatsstreichs in Syrien sicherzustellen.«[384]

Anfang September, am Tag, nachdem Henderson zurückgekehrt war, kündigten die Vereinigten Staaten ihre Absicht an, erneut die Sechste Flotte ins Mittelmeer zu schicken und auf dem schnellsten Weg Waffen und andere militärische Ausrüstung an Jordanien, den Libanon, den Irak und die Türkei zu liefern. Einige Tage später setzten sie auch Saudi-Arabien noch auf diese Liste. Die Sowjetunion antwortete mit Waffensendungen nach Syrien, Ägypten und dem Jemen.

Die syrische Regierung beschuldigte die USA, sie schicke in einer »offenen Kampf ansage« Kriegsschiffe in die Nähe der Küste des Landes, und teilte mit, unbekannte Flug zeuge überflögen seit vier Tagen und vier Nächten ununterbrochen das Gebiet von Latakia, dem Hafen, in dem die sowjetischen Schiffe festmachten.

Syrien behauptete weiterhin, die USA hätten die Türkei »angestiftet«, eine geschätzte Streitmacht von 50.000 Soldaten an der Grenze zu Syrien zu konzentrieren. Über die Erklärung, die türkischen Truppen seien nur zu Manöverzwecken dort, konnten die Syrer bloß lachen. Eisenhower schrieb später, die Truppen hätten sich mit der »Bereitschaft zum Handeln« an der Grenze befunden und die Vereinigten Staaten hätten den Führern der Türkei, des Irak und Jordaniens bereits versichert, sie würden, falls diese »es für nötig hielten, Maßnahmen gegen einen syrischen Angriff zu ergreifen, für die Länder des Nahen Ostens vorgesehene Schiffslieferungen mit Waffen beschleunigen und außerdem Verluste so schnell wie möglich ersetzen.« Der Präsident hatte keine Probleme damit, daß irgendjemand eine solche Handlung nicht als Abwehr des, nach seinen eigenen Worten, »vorhergesagten Angriffs« Syriens ansehen könnte, denn sie würde »ihrem Charakter nach im Wesentlichen defensiv sein« sein [Hervorhebung durch den Verfasser].[385]

Die Rolle der Amerikaner war möglicherweise aktiver, als Eisenhower uns glauben machen wollte. Einer seiner Berater, Emmet John Hughes, beschrieb einmal, wie der Staatssekretär im Außenministerium, Christian Herter, der später den kränkelnden John Foster Dulles als Außenminister ablösen sollte, »umständlich und mit reumütiger Stimme einige [...] ungeschickte heimliche Versuche der Amerikaner aus letzter Zeit kritisierte, türkische Truppen zu einer nicht näher bezeichneten Art von Kampf mit den Syrern anzustiften.«[386]

Bei öffentlichen Äußerungen vermittelte Dulles den Eindruck, die Vereinigten Staaten seien bemüht, irgendwie die Eisenhower-Doktrin ins Spiel zu bringen, vermutlich als eine »Rechtfertigung«, um weitere Schritte gegen Syrien ergreifen zu können. Aber er konnte beim besten Willen nicht erklären, wie dies zu bewerkstelligen wäre. Denn die Syrer würden ganz sicher nicht die in dem entsprechenden Dokument vorgesehen Hilfeersuchen aussprechen.

Die einzige Lösung läge darin, daß Syrien ein anderes arabisches Land angriffe, welches dann amerikanische Hilfe erbitten würde. Dies scheint die einzige vernünftige Erklärung zu sein, wenn man sich die rastlosen militärischen und diplomatischen Aktivitäten der USA gegen Syrien ansieht. Eine Untersuchung, die einige Jahre danach für das Pentagon durchgeführt wurde, kam zu dem Schluß, in »der syrischen Krise des Jahres 1957 versuchte Washington anscheinend zu erreichen, daß die Anwendung von Gewalt vom Ziel ausging«.[387] [Hervorhebung durch den Verfasser. »Das Ziel« bezieht sich auf Syrien.]

Die ganze Zeit hindurch bemühten sich Beamte in Washington abwechselnd, Zeugnisse aus anderen arabischen Ländern dafür beizubringen, daß Syrien tatsächliche eine Art sowjetischer Satellit wäre und eine Bedrohung für die Region darstellte, und der Welt zu versichern, daß die Vereinigten Staaten solche Zeugnisse im Überfluß hätten. Aber sowohl Jordanien als auch der Irak und Saudi-Arabien verneinten, daß sie sich von den Syrern bedroht fühlten. Ägypten, der engste Verbündete Syriens, stimmte dem natürlich zu. Auf dem Höhepunkt der »Krise« verließ König Hussein von Jordanien sein Land, um eine Reise nach Europa anzutreten. Der irakische Ministerpräsident erklärte, sein Land und Syrien befänden sich in »vollem Einvernehmen.« Und König Saud von Saudi Arabien nannte in einer Botschaft an Eisenhower, daß die USA die Besorgnis wegen Syrien »übertrieben« hätten und bat den Präsidenten um die »erneute Zusicherung, daß die Vereinigten Staaten es unterlassen würden, sich in die inneren Angelegenheiten der arabischen Staaten einzumischen.« Saud fugte hinzu, daß »Versuche, das syrische Regime zu stürzen, höchstens dazu führen würden, daß die Syrer dem sowjetischen Einfluß gegenüber zugänglicher würden«, eine Ansicht, die viele Beobachter auf allen Seiten teilten. Zur selben Zeit berichtete die New York Times:

»Seit Beginn der Krise wegen Syriens Linksruck herrschte unter seinen arabischen Nachbarn weniger Aufgeregtheit als in den Vereinigten Staaten. Ausländische Diplomaten in der Region, zu denen auch viele amerikanische zählen, meinten, die Aufregung, die in Washington erzeugt würde, stünde in keinerlei Verhältnis zu der Sache selbst.«

Daß Dulles nirgends Unterstützung für die amerikanische These fand, dürfte letzten En des nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben sein, denn als er direkt aufgefordert wurde, »die Beziehung zwischen den sowjetischen Zielen in der Region und der Rolle, die Syrien dabei spielt, zu konkretisieren«, war er nur zu folgender Antwort in der Lage: »Die Situation in Syrien ist nicht klar und ändert sich beständig.« Syrien, so deutete er an, befand sich noch nicht im Griff des Weltkommunismus.

Am nächsten Tag mäßigte auch Syrien, das keinen Wunsch hatte, sich vom Westen zu isolieren, in ähnlicher Weise seinen Ton, indem es erklärte, die amerikanischen Kriegs schiffe seien bereits 15 Meilen außerhalb der Küstengewässer und setzten »ruhig ihren Weg« fort.[388]

Es scheint, daß die Vereinigten Staaten in diesem unruhigen Jahr – 1957 – auch an einer Verschwörung beteiligt waren, um Nasser und seinen lästigen Nationalismus zu stürzen, obwohl darüber nur ziemlich skizzenhafte Einzelheiten bekannt sind. Im Januar des Jahres, als König Saud und der irakische Kronprinz Abdul Illah sich in New York bei den Vereinten Nationen aufhielten, machten sich der CIA-Direktor Allen Dulles und einer seines Spitzenbeamten, Kermit Roosevelt, mit dem Angebot an sie heran, die CIA könne heimlich den Sturz des ägyptischen Führers planen und finanzieren, dessen radikale Rhetorik, so primitiv sie auch war, von den königlichen Besuchern als eine Bedrohung der Monarchie an sich angesehen wurde. Nasser und andere Offiziere der ägyptischen Armee hatten im Jahre 1952 König Faruk durch einen Militärputsch zur Abdankung gezwungen. Ironischerweise schrieb man Kermit Roosevelt und der CIA traditionellerweise den Verdienst zu, diesen Staatsstreich irgendwie geplant zu haben. Es ist allerdings in keiner Weise sicher, daß sie daran dann auch wirklich beteiligt waren.[389] Eveland schrieb:

»Abdul Illah bestand darauf, daß an einer Geheimoperation die Briten beteiligt werden müßten, aber die Saudis lehnten dies ab, da ihre Beziehungen zu Großbritannien nicht gut waren. Infolgedessen verfuhr die CIA zweigleisig: Sie vereinbarte mit König Saud, ihn für seine Beteiligung an einem neuen Plan, Nasser zu bekämpfen und dessen Einfluß in Syrien zu beseitigen, mit Geld zu versorgen. Mit demselben Ziel koordinierte die CIA in Beirut eine geheime Arbeitsgruppe aus Bevollmächtigten des britischen, des irakischen, des jordanischen und des libanesischen Geheimdienstes.«[390]

Mitte Frühling stießen wir im Haus von Ghosn Zogby in Beirut erneut auf das Komplott. Zogby war libanesischer Abkunft und leitete das CIA-Büro in Beirut. Er und Ker mit Roosevelt, der bei ihm wohnte, veranstalteten etliche Treffen der geheimen Planungsgruppe. Eveland fuhr fort:

»So offenkundig waren ihre ›geheimen‹ Runden mit britischem, irakischem, jordanischem und libanesischem Verbindungspersonal, welche Tag und Nacht ein und aus gingen, so daß der ägyptische Botschafter im Libanon wiederholt darauf wettete, wann und wo der nächste Staatsreich der USA stattfindend würde.«

Bei einem dieser Treffen informierte der Mann vom britischen Geheimdienst, dem Secret Intelligence Service (SIS), die Runde, man habe Mannschaften ausgeschickt, die Nasser ermorden sollten.

Kurz danach erfuhr Eveland von einem CIA-Beamten, John Foster Dulles und sein Bruder Allen hätten Roosevelt angewiesen, mit den Briten zusammenzuarbeiten, um Nasser zu stürzen. Roosevelt sprach von diesem Moment an von einer »Palastrevolution« in Ägypten.[391]

Von diesem Zeitpunkt an fischen wir in trüben Gewässern, denn die Ereignisse, die folgten, werfen mehr Fragen als Antworten auf. Angesichts der sechs bereits erwähnten Länder, zu denen sich anscheinend auch noch die Türkei und Israel gesellt hatten, und der Tatsache, daß zwischen deren Regierungen nichts weniger als vollständiges Ver trauen und Liebe zueinander herrschte, schossen die Verschwörungen, Unterverschwörungen und Nebenverschwörungen wie Pilze aus dem Boden. Manchmal glich das Ganze eher einem Schmierentheater, auch wenn manche behaupten würden, so gehe es in der »Diplomatie« des Nahen Ostens nun einmal zu.

Zwischen Juli 1957 und Oktober 1958 verkündeten die ägyptischen und die syrischen Regierungen und Medien die Aufdeckung von mindestens acht verschiedenen Verschwörungen zum Sturz der einen oder anderen Regierung, zur Ermordung Nassers und/oder zur Verhinderung der erwarteten Vereinigung der beiden Länder.

Saudi-Arabien, der Irak und die Vereinigten Staaten wurden am häufigsten als Verschwörer genannt, aber angesichts des verwickelten Intrigengeflechts, das zutage trat, ist es schlechterdings unmöglich, diejenigen Fäden zu identifizieren, welche die USA in der Hand hielten.[392]

Es ist typisch für das Possenhafte der ganzen Vorgänge, daß zumindest eine der Verschwörungen zur Ermordung Nassers darauf zurückging, daß die Brüder Dulles eine Bemerkung Eisenhowers, er hoffe »das Problem Nasser könne beseitigt werden« als Aufforderung zu einem Mord auffaßten, während der Präsident, so wird erzählt, bloß an verbesserte Beziehungen zwischen den USA und Ägypten dachte. Als sie ihren Irrtum bemerkten, befahl Außenminister Dulles, die Operation sofort einzustellen.[393] (Drei Jahre danach sollte Allen Dulles erneut eine Bemerkung Eisenhowers als einen Befehl »mißverstehen«, diesmal zur Ermordung Patrice Lumumbas im Kongo.)

Offizielle amerikanische Äußerungen aus dieser Zeit wollten die Welt glauben machen, die Sowjetunion wäre die Graue Eminenz hinter den Unruhen in Jordanien, der »Krise« in Syrien und dem allgemeinen Unfrieden im Nahen Osten, und das sowjetische Ziel wäre es, die Region zu beherrschen, wohingegen es das einzige Ziel der US-Politik wäre, diesen sowjetischen Vorstoß zurückzuwerfen und die »Unabhängigkeit« der arabischen Staaten zu bewahren. Allerdings forderte die Sowjetunion dreimal während des Jahres 1957 – im Februar, April und September – eine Viermächte-Erklärung (durch die USA, die UdSSR, Großbritannien und Frankreich) zum Verzicht auf Gewalt und Einmischung in die inneren Angelegenheiten der nahöstlichen Länder. In ihrem Aufruf vom Februar hatte die Sowjetunion außerdem Folgendes gefordert: ein Embargo der vier Mächte gegen Schiffslieferungen mit Waffen in die Region, den Rückzug aller ausländischen Truppen, die Auflösung aller ausländischen Stützpunkte und eine Konferenz mit dem Ziel, eine allgemeine Einigung über den Nahen Osten zu erreichen.

Die Strategie der Sowjetunion zielte eindeutig darauf hin, den Nahen Osten zu neutralisieren und damit die seit langem empfundene Bedrohung zu beseitigen, welche die potentiell feindliche Beherrschung der Ölregion zunächst durch Frankreich und Großbritannien und nun durch die Vereinigten Staaten darstellte, welche versuchten, das »Machtvakuum« zu füllen, das durch den Niedergang der zwei europäischen Nationen als Machtfaktoren im Nahen Osten entstand war.

Die Geschichte hat es uns leider nicht gestattet zu sehen, wie ein Naher Osten ohne die Machenschaften der Großmächte ausgesehen hätte, denn weder Frankreich und Großbritannien noch die Vereinigten Staaten waren offen gegenüber dem sowjetischen »Bluff«, wenn es denn ein solcher war. Die New York Times faßte die Haltung der drei Westmächte gegenüber den beiden ersten Angeboten folgendermaßen zusammen:

»Sie lehnten die sowjetischen Vorschläge ab, weil sie darin einen Versuch sahen, die Anerkennung eines direkten Mitspracherechts der Sowjetunion in Angelegenheiten des Nahen Osten durchzusetzen. Sie erklärten den Russen, sie sollten sich an die Vereinten Nationen wenden.«

Nach dem Vorschlag vom September 1957 sagte Foster Dulles auf einer Pressekonferenz in Beantwortung einer Frage:

»Die Vereinigten Staaten sind skeptisch gegenüber diesen Vereinbarungen mit der Sowjetunion über ein ›Händeweg‹. Denn was meinen sie damit? Sie meinen, wir sollen unsere Hände raushalten, während sie ihre Hände unter dem Tisch behalten.«

Dies scheint der einzige offizielle Kommentar zu sein, den die US-Regierung in dieser Angelegenheit zu äußern im Stande war.[394]

Es ist vielleicht erhellend sich vorzustellen, wie die Westmächte reagiert hätten, hätte die Sowjetunion eine »Chruschtschow-Doktrin« verkündet, mit der sie sich denselben Handlungsspielraum im Nahen Osten eingeräumt hätte, wie es die Eisenhower-Doktrin auf der anderen Seite tat.

Im Januar 1958 gaben Syrien und Ägypten ihren Plan zur Vereinigung der beiden Länder bekannt, durch den die Vereinigte Arabische Republik (VAR) entstand. Die Initiative für den Zusammenschluß war von Syrien ausgegangen, und sie war in nicht geringem Ausmaß durch seine Furcht vor weiteren amerikanischen Machtdemonstrationen gegen das Land motiviert. Ironischerweise wurde durch die Vereinigungsvereinbarung die kommunistische Partei, die bereits in Ägypten verboten war, auch in Syrien aufgelöst, ein Ziel, das eineinhalb Jahre Geheimaktivitäten der CIA nicht hatten erreichen können.

Zwei Wochen nach der Geburt der VAR, und als direkte Antwort darauf, gründeten der Irak und Jordanien die Arabische Föderation, mit den Vereinigten Staaten in der Rolle der Hebamme. Diese Föderation war nur von kurzer Lebensdauer, denn durch einen blutigen Militärputsch wurde im Irak die Monarchie gestürzt. Das neue Regime rief die Republik aus und beendete umgehend die Verbindung. Im Oval Office, dem Büro des amerikanischen Präsidenten, waren wieder einmal die Trompeten von Armaggedon deutlich zu vernehmen. In seinen Memoiren schrieb Eisenhower:

»Diese düstere Wendung der Dinge hätte ohne eine energische Antwort unserer Seite zur vollständigen Beseitigung des westlichen Einflusses im Nahen Osten führen können.«[395]

Obwohl der Präsident nicht so primitiv gewesen wäre, seine Besorgnis ums Öl zu er wähnen, wurde seine Angstattacke wahrscheinlich durch die Tatsache herbeigeführt, daß eines der größten Erdölvorkommen auf der Welt nun unter Herrschaft eines Regimes stand, von dem sich herausstellen konnte, daß es kein so gefügiger Verbündeter wie die frühere Regierung und zu unabhängig von Washington war.

Die Zeit für eine bloße Machtdemonstration war vorbei. Am nächsten Tag wurde umgehend die Marineinfanterie zusammen mit der amerikanischen Marine und Luftwaffe los geschickt – aber nicht in den Irak, sondern in den Libanon.

Von allen arabischen Ländern war der Libanon sicher der engste Verbündete der Vereinigten Staaten. Nur dieses Land hatte überhaupt die Eisenhower-Doktrin mit einigem Enthusiasmus unterstützt und unmißverständlich Verständnis für Washingtons Panik wegen Syrien gezeigt. Um genauer zu sein, es waren der Präsident des Libanon, Kamil Schamun, und der Außenminister, Charles Malik, der an der Harvard-Universität seinen Doktor in Philosophie gemacht hatte, die im Kalten Krieg alles auf die amerikanische Karte setzten. Schamun hatte mehr als genug Gründe, sich den Vereinigten Staaten verpflichtet zu fühlen. Anscheinend hatte die CIA eine Rolle bei seiner Wahl im Jahre 1952 gespielt,[396] und 1957 hatte der Geheimdienst Schamun großzügig mit Geld ausgestattet, um solchen Kandidaten bei der Wahl zur Deputiertenkammer, dem Parlament des Landes, im Juni des Jahres zu helfen, die ihn, und voraussichtlich auch die Politik der USA, unterstützen würden. Insbesondere wurden Gelder zur Bekämpfung – und da mit Bestrafung – derjenigen Kandidaten bereitgestellt, die aus Protest gegen die Befolgung der Eisenhower-Doktrin durch Schamun zurückgetreten waren.

Wie üblich bei solchen Operationen, schickte die CIA einen »Wahlfachmann« zusammen mit dem Geld nach Beirut, um bei der Planung zu helfen. Amerikanische Beamte in Washington und im Libanon handelten, so erklärten sie einander, entsprechend der Vermutung, daß auch Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien sich mit Geld in den Wahlkampf einmischen würden. Der amerikanische Botschafter im Libanon, Donald Heath, erklärte auch, wie es scheint, ohne ironische Absicht: »Wenn sowohl der Präsident als auch die neue Deputiertenkammer die amerikanischen Grundsätze unterstützten, hätten wir außerdem einen Beweis für das Funktionieren der repräsentativen Demokratie« im Nahen Osten.

Es ist nicht bekannt, inwieweit das amerikanische Geld half oder wie es ausgegeben wurde. Das Resultat war jedoch ein überwältigender Sieg der regierungsnahen Abgeordneten, ein Sieg in solchem Ausmaß, das er beträchtliche Proteste im Libanon auslöste. Unter anderem wurde die Beschuldigung laut, Schamun habe sich ein Parlament geschaffen, in dem er eine Verfassungsänderung durchbringen konnte, die ihm eine ansonsten ausdrücklich verbotene Kandidatur für eine zweite Amtszeit im folgenden Jahr erlauben würde.[397]

Gegen Ende April 1958 hatten die Spannungen im Libanon den Siedepunkt erreicht. Die übermäßig amerikafreundliche Ausrichtung der Regierung Schamuns und seine Weigerung, den Gerüchten, er strebe eine zweite Amtszeit an, entgegenzutreten, erzürnten sowohl die libanesischen Nationalisten als auch die Verfechter des arabischen Nationalismus, den Nasser im ganzen Nahen Osten förderte. Die Kritiker forderten, die Regierung solle zu einer strikten Neutralitätspolitik zurückkehren, wie sie im Nationalpakt aus dem Jahre 1943, als der Libanon seine Unabhängigkeit von Frankreich erklärte, festgelegt worden war.

Es kam zu einem Ausbruch von gewaltsamen Demonstrationen, Bombenanschlägen und Zusammenstößen mit der Polizei, und als Anfang Mai der Herausgeber einer regierungskritischen Zeitung ermordet wurde, brachen bewaffnete Aufstände in einigen Teilen des Landes aus und die Bibliotheken der Amerikahäuser in Tripolis und Beirut wurden geplündert. Der Libanon steuerte auf einen Bürgerkrieg zu. Eisenhower schrieb:

»Abgesehen von allem anderen war es unsere fest verankerte Überzeugung, daß die Kommunisten grundsätzlich für die Unruhen verantwortlich waren und Präsident Schamun einzig aus einem tiefen Gefühl des Patriotismus heraus handelte.«

Der Präsident machte nicht deutlich, wen oder was er mit »Kommunisten« meinte. Im Nächsten Abschnitt jedoch bezeichnet er – ohne eine weitere Erklärung – die Sowjetunion als den »Unruhestifter« im Nahen Osten. Und auf der folgenden Seite schreibt der alte Soldat: »Wir hatten keinerlei Zweifel« an Schamuns Beschuldigung, daß »Ägypten und Syrien die Revolte angezettelt und die Rebellen bewaffnet hatten.«[398]

Während der Kämpfe verkündigte John Foster Dulles, er habe den »Weltkommunismus« als die Quelle des Konflikts ausgemacht, und zum dritten Mal in diesem Jahr wurde die Sechste Flotte in das östliche Mittelmeer in Marsch gesetzt. Polizeiausrüstung zur Bekämpfung von Ausschreitungen sowie Panzer und andere schwere Waffen wurden in den Libanon eingeflogen.

Bei einer darauffolgenden Pressekonferenz erklärte Dulles, selbst ohne eine Verwicklung des Weltkommunismus in die Sache wäre die Eisenhower-Doktrin anwendbar, da eine ihrer Klauseln bestimmte:

»Die Unabhängigkeit dieser Länder ist lebenswichtig für den Frieden und das nationale Interesse der Vereinigten Staaten.«

»Wenn wir der Ansicht sind, daß unser Friede und unsere Lebensinteressen aus irgend einem Winkel der Welt bedroht werden, dann ist das mit Sicherheit ein Auftrag zum Handeln«, sagte er.[399] Damit hatte einer der Verfasser der Doktrin sich selbst eine Vollmacht erteilt.

Allen Berichten zufolge unterstützten Ägypten und Syrien die Sache der Aufständischen mit Waffen, Männern und Geld. Dazu kamen die Hetzsendungen von Radio Kairo. Allerdings ist das Ausmaß der materiellen Unterstützung schwer festzustellen. Eine Beobachtergruppe der Vereinten Nationen bereiste auf Ersuchen von Außenminister Malik im Juni 1958 den Libanon und berichtete, sie hätte keine stichhaltigen Beweise für eine Einmischung der VAR finden können. Ein zweiter Bericht der UNO vom Juli 1958 bestätigte diesen Befund. Es ist jedoch fraglich, inwieweit diese Berichte verläßlich waren. Denn einerseits ging es um eine heikle Bewertung und zum anderen wurden sie von einer Körperschaft veröffentlicht, die ihre Aufgabe darin sah, einen Kompromiß herbeizuführen.

Ohnehin ging es darum, ob der Konflikt im Libanon ein legitimer, einheimischer Bürgerkrieg war oder das Resultat der Einmischung des sprichwörtlichen »ausländischen Aufwieglers.« Dazu bemerkte der Historiker Richard Barnet:

»Zweifellos spielten die Beobachter die Beteiligung der VAR herunter. Aber im Wesentlichen hatten sie Recht. Auch wenn Nasser versuchte, die politischen Unruhen zu seinen Gunsten auszunützen, war er doch nicht deren Urheber. Der Libanon verfügte nun schon lange genug über geheime Waffenlager und Waffenmärkte, als daß er auf ausländische Waffen für seine inneren Kämpfe angewiesen gewesen wäre. Die Einmischung der Ägypter war weder der Anlaß noch die Hauptstütze der inneren Unruhen. Wieder einmal schob eine Regierung, welche die Regierungsgewalt verloren hatte, die Verantwortung für ihr Versagen auf ausländische Agenten ab.«[400]

Präsident Eisenhower gab wieder einmal eine Kostprobe seiner Sprunghaftigkeit, als er schrieb, Nasser würde nun »gleichermaßen erfreut sein über ein zeitweiliges Ende der Kämpfe und er wandte sich an unsere Regierung mit dem Angebot, seinen Einfluß für eine Beendigung der Unruhen einzusetzen.«[401]

Kamil Schamun hatte die Unabhängigkeit und die Neutralität des Libanon auf dem Altar seines persönlichen Ehrgeizes und der umfassenden amerikanischen Hilfe, die er für seine Unterwerfung unter die Eisenhower-Doktrin erhalten hatte, geopfert. Und die libanesischen Muslime, die den Großteil der Opposition gegen Schamun ausmachten, waren darüber verbittert, daß der christliche Präsident das Land erneut an den Rand der arabischen Welt gerückt hatte, wie schon einmal im Jahre 1956, als er sich geweigert hatte, die diplomatischen Beziehung zu Frankreich und Großbritannien nach deren Invasion in Ägypten abzubrechen.

In einer aufschlußreichen Bemerkung gegenüber Wilbur Crane Eveland hatte Schamun selbst auf die Bedeutung seiner amerikafreundlichen Haltung hingewiesen. Eveland schrieb: Ende April 1958

»schlug ich vor, er könnte die Spannungen durch die Abgabe einer Erklärung verringern, er würde sich nicht um eine Wiederwahl bewerben. Schamun schnaubte verächtlich und empfahl mir, auf den Kalender zu schauen: Der 23.03.1958 lag schon einen Monat hinter uns, und nach diesem Datum hätte keine Verfassungsänderung, die eine Wiederwahl erlaubt hätte, in rechtsgültiger Weise mehr verabschiedet werden können. Offensichtlich, darauf wies er hin, war die Präsidentschaft nicht das, worum es eigentlich ging – die Abkehr von der Eisenhower-Doktrin war das, was seine Gegner wollten.«[402]

Aber statt sich von der Doktrin abzuwenden, berief sich Schamun darauf. Obwohl es im Libanon nach wie vor vereinzelte und teilweise sogar heftige Kämpfe gab, war es doch der irakische Staatsstreich vom 14.07.1958, der den Ausschlag dafür gab, daß Schamun das formelle Ersuchen um Militärhilfe stellte und die Vereinigten Staaten diese sofort gewährten. Ein Bericht der CIA über eine Verschwörung gegen König Hussein von Jordanien aus derselben Zeit sorgte dafür, daß sich Washingtons anscheinend nicht zur Ruhe kommendes Gefühl der Dringlichkeit in Bezug auf den Nahen Osten noch weiter verstärkte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Schamun bereits bekanntgegeben, wenn seine Amtszeit im September ausliefe, würde er sein Amt niederlegen. Nun aber war er besorgt, ob die amerikanischen Truppen ihm helfen würden, bis zu diesem Datum am Leben zu bleiben, und ob sie gegen die Aufständischen vorgehen würden. Denn seit zwei Monaten hatte er aus Angst vor einem Mordanschlag den Präsidentenpalast nicht mehr verlassen, ja er hatte noch nicht einmal gewagt, sich einem Fenster zu nähern. Die Ermordung des Königs und des Ministerpräsidenten des Irak waren nicht dazu angetan, seine Furcht zu verringern.

Die Eisenhower-Doktrin wurde nicht nur trotz der weitverbreiteten Opposition dagegen im Libanon in Gang gesetzt, sondern auch in Mißachtung der Tatsache, daß – sogar nach den zweifelhaften Bestimmungen der Doktrin selbst – die Situation im Libanon sich gar nicht dazu eignete: Man konnte beim besten Willen nicht behaupten, der Libanon wäre das Opfer eines »bewaffneten Angriffs durch irgendein Land, das vom Weltkommunismus beherrscht wird« gewesen. Sollten weitere Beweise dafür nötig sein, so findet man sie bei dem altgedienten Diplomaten Robert Murphy, der von Eisenhower, wenige Tage nach der Landung der US-Truppen, in den Libanon gesandt wurde. Murphy kam zu dem Schluß, so schrieb er später, daß der »Kommunismus keine direkte oder wesentliche Rolle bei dem Aufstand spielte.«[403]

Eisenhower hatte jedoch kein Problem damit zu schreiben, die amerikanische Regierung »ging im Einklang mit den Bestimmungen der Nahost-Resolution [Eisenhower-Doktrin] vor. Wäre der Konflikt so weit expandiert, daß er von der Resolution nicht mehr gedeckt gewesen wäre, dann hätte ich mir zu gegebener Zeit weitergehende Ermächtigungen vom Kongreß geholt.«[404] Anscheinend vertraute der Präsident nicht so sehr darauf, daß John Foster Dulles bereits bestimmt hatte, daß das Mandat der Resolution offen wäre.

Infolgedessen wurden amerikanische Truppen in den Libanon geschickt. Etwa 70 Kriegsschiffe und Hunderte von Flugzeugen nahmen an der Operation teil, von denen viele als Teil der sichtbaren amerikanischen Präsenz in dem Land blieben. Am 25.07.1958 betrug die Zahl der US-Soldaten an Land mindestens 10.600, am 13.08.1958 beliefen sie sich bereits auf 14.000. Das waren mehr Leute, als die gesamte libanesische Armee und Polizei zusammen umfaßten.[405] Eisenhower schrieb:

»Bei meiner [Radio-/Fernseh-] Ansprache war ich sorgfältig darauf bedacht gewesen, den Ausdruck ›stationiert im‹ Libanon und nicht ›Invasion‹ zu benutzen.«[406]

Dies war wohl eine Unterscheidung, die vielen Libanesen entgangen war – hochgestellten Persönlichkeiten ebenso wie einfachen Leuten, Unterstützern der Aufständischen ebenso wie Unterstützern der Regierung, einschließlich den Panzertruppen der Regierung, die bereitstanden, um den Einmarsch der US-Truppen in Beirut zu verhindern. Nur die Vermittlung des amerikanischen Botschafters vor Ort dürfte in letzter Minute einen bewaffneten Zusammenstoß verhindert haben.[407]

Bei einem Treffen zwischen Robert Murphy und dem libanesischen Oberbefehlshaber, General Faud Schihab, wurde der amerikanische Diplomat nach dem Bericht von Eveland, der hinterher von Murphy unterrichtet worden war, gewarnt. Das libanesische Volk sei »unruhig, aufgebracht und entschieden der Meinung, Schamun solle zurücktreten und die US-Truppen sollten das Land sofort verlassen. Ansonsten könnte der General die Verantwortung für die Folgen nicht übernehmen. Fünfzehn Jahre lang hätten sei ne Offiziere nach seinem Befehl gehandelt, nun fürchtete er, sie könnten sich gegen ihn auflehnen und die amerikanischen Truppen angreifen. Murphy hatte geduldig zugehört, so Eveland, und hatte dann

»den General an ein Fenster geführt, von dem aus man das Meer überblicken konnte. Der Abgesandte des Präsidenten deutete auf den riesigen Flugzeugträger Saratoga, der am Horizont vor Anker lag, und erklärte dem General ruhig, daß ein einziges mit Atombomben bewaffnetes Flugzeug Beirut und seine Umgebung vom Angesicht der Erde ausradieren könnte. Murphy fügte dem rasch hinzu, er sei geschickt worden, um sicherzustellen, daß es nicht nötig sein würde, daß die amerikanischen Truppen auch nur einen Schuß abgäben. Er wäre sich sicher, Schihab würde dafür sorgen, daß es keine Provokationen von libanesischer Seite gäbe. Da mit endete die Unterhaltung, wie es schien, und damit hatte der General die ›Macht‹ über seine Truppen ›zurückgewonnen‹.«[408]

Keiner der Beteiligten scheint über das mögliche Schicksal der Tausenden von amerikanischen Militärangehörigen in einem vom Angesicht der Erde ausradierten Beirut nach gedacht zu haben.

In den zwei Wochen nach der amerikanischen Intervention nahmen die Bürgerkriegsauseinandersetzungen im Libanon an Intensität zu. Währenddessen waren CIA-Sender im Nahen Osten damit beschäftigt, Propagandasendungen verdeckten Ursprungs zu übertragen, eine Taktik, die der Geheimdienst häufig anwandte. Im Falle einer Sendung, über den berichtet wurde, war es anscheinend das Ziel, antiamerikanische Gefühle auf die Sowjetunion und andere Ziele umzuleiten. Aber durch die Falschsendung wurden nicht nur die Bewohner des Nahen Ostens getäuscht, denn sie wurde auch von der amerikanischen Presse aufgegriffen und an eine ahnungslose amerikanische Öffentlichkeit weitergegeben. Das Folgende erschien in US-amerikanischen Zeitungen:

BEIRUT, den 23.07.1958 (UPI) – Ein zweiter mysteriöser arabischer Radiosender ging gestern auf Sendung. Er nennt sich »Stimme der Gerechtigkeit« und behauptet, er sende von Syrien aus. Sein hier abgehörtes Programm bestand aus scharfer Kritik an Rußland und dem sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow. Schon vorher war die »Stimme des Irak« mit Angriffen gegen die irakische Revolutionsregierung auf Sendung gegangen. Die »Stimme der Gerechtigkeit« nannte Chruschtschow den ›Henker von Ungarn‹ und warnte die Menschen im Nahen Osten, sie würden dasselbe Schicksal erleiden wie die Ungarn, falls die Russen im Nahen Osten Fuß fassen sollten.[409]

Am 31.07.1958 wählte die Deputiertenkammer anstandslos General Schihab zum Nachfolger von Schamun im Präsidialamt, ein Ereignis, das schon bald die Kämpfe im Libanon abflauen ließ und den Anfang vom Ende des Konflikts markierte, welcher – zieht man eine endgültige Bilanz – wohl eher ein gewalttätiger Protest als ein Bürgerkrieg war. Die Spannung wurde auch dadurch reduziert, daß die USA kurz danach ihre Absicht ankündigten, ein Bataillon Marineinfanterie als Einleitung zu einem vollständigen Rückzugs abzuziehen.

Die letzten amerikanischen Truppen verließen den Libanon Ende Oktober 1958, ohne einen Schuß im Zorn abgegeben zu haben. Was war durch ihre Anwesenheit erreicht worden? Die Verfasser der Untersuchung des Pentagon, auf die bereits Bezug genommen wurde, kamen zu dem Schluß:

»Eine ausgewogene Bewertung des Verhaltens der USA in der Libanonkrise wird durch den Verdacht erschwert, daß das Ergebnis kaum anders gewesen wäre, wenn die Vereinigten Staaten nichts getan hätten. Sogar Eisenhower drückte in dieser Hinsicht einige Zweifel aus.«[410]

Die amerikanische Intervention gegen die neue irakische Regierung war weniger offen. Ein geheimer Plan für eine gemeinsame Invasion der USA und der Türkei im Irak, unter dem Deckname Operation CANNON-BONE, wurde von den Vereinigten Stabschefs der USA kurz nach dem Staatstreich im Jahre 1958 entworfen. Berichten zufolge zwang nur die sowjetische Drohung, auf Seiten des Iraks einzugreifen, Washington zur Zurückhaltung. Im Jahre 1960 begannen die Vereinigten Staaten jedoch mit der Finanzierung der kurdischen Partisanen im Irak, die für ein gewisses Maß an Autonomie kämpften.[411]

Gleichzeitig begannen die Iraker unter Brigadegeneral Abd al-Karim Kassem damit, auf die Schaffung einer internationalen Organisation als Gegengewicht gegen die Macht der westlichen Erdölkonzeme hinzuarbeiten. Daraus sollte dann die OPEC entstehen, ein Ereignis, das im Westen nicht gerade mit Freude aufgenommen wurde. Im Februar 1960 forderte die Nahostabteilung der CIA, der Geheimdienst solle einen Weg finden, um Kassem wegen seiner »Förderung von Ostblockinteressen im Irak außer Gefecht zu setzen.« Die Nahostabteilung sagte:

»Wir streben nicht bewußt die dauerhafte Entfernung der Zielperson vom Schau platz an. Wir werden aber auch nichts dagegen unternehmen, wenn sich diese Komplikation ergeben sollte.«

Wie sich herausstellte, schickte die CIA per Post aus einem asiatischen Land ein mit einem Monogramm versehenes Taschentuch, das mit einer »kampfunfähig machenden Substanz« präpariert war, an Kassem. Falls der irakische Führer es tatsächlich erhalten hat, so hat es ihn sicherlich nicht umgebracht. Das sollte seinen eigenen Landsleuten überlassen bleiben, die ihn drei Jahre später hinrichteten.[412]

Die Bedeutung der Intervention im Libanon wie auch der Machdemonstrationen gegen über Jordanien und Syrien reicht weit über die unmittelbaren Ergebnisse hinaus. In der Zeit vor und nach der Intervention präsentierten Eisenhower, Dulles und andere Beamte in Washington zahlreiche unterschiedliche Rechtfertigungen für die amerikanische Militäraktion im Libanon:

  • Schutz amerikanischen Lebens;
  • Schutz amerikanischen Eigentums;
  • die Eisenhower-Doktrin mit verschiedenen Auslegungen
  • die libanesische Souveränität, Unversehrtheit und Unabhängigkeit usw.;
  • nationale Interessen der USA;
  • den Weltfrieden;
  • kollektive Selbstverteidigung;
  • Völkerrecht;
  • Recht und Ordnung;
  • Bekämpfung des »Nassertums«;
  • die Notwendigkeit »irgendetwas zu tun.«[413]

Als Präsident Eisenhower in seinen Memoiren ein Resümee der Angelegenheit zog, entschied er sich vor allem für eine Begründung, und diese kommt wahrscheinlich auch der Wahrheit am nächsten. Es ging darum, die Welt – und besonders die Sowjetunion und Nasser – wissen zu lassen, daß die Vereinigten Staaten praktisch unbegrenzte militärische Macht besaßen, daß diese mit großer Geschwindigkeit in jeden Winkel der Erde transportiert werden konnte und daß sie zur Bewältigung jeder Situation, mit der die Vereinigten Staaten, aus welchen Gründen auch immer, unzufrieden waren, eingesetzt werden würde.[414]

Zum anderen war es eine Botschaft an die Briten und die Franzosen, daß es nur eine westliche Supermacht in der Nachkriegswelt gab und daß ihre Tage als Großmächte im Land des Erdöls vorbei waren.

14: Indonesien 1957 bis 1958

Krieg und Pornographie

»Ich denke, es wird Zeit, daß wir Sukarnos Füße ins Feuer halten«, sagte Frank Wisner, der stellvertretende Direktor der CIA-Planungsabteilung (für verdeckte Operationen), an einem Tag im Herbst 1956.[415] Wisner sprach von dem Mann, der Indonesien seit dessen Unabhängigkeitskampf gegen die Holländer nach dem Zweiten Weltkrieg führte. Einige Monate zuvor, im Mai, hatte Sukarno im US-Kongreß eine leidenschaftliche Rede gehalten, in der er mehr Verständnis für die Probleme und Bedürfnisse der Entwicklungsländer wie des seinen gefordert hatte.[416]

Die folgende amerikanische Kampagne, um den großpurigen Führer der fünft-bevölkerungsreichsten Nation der Welt abzusetzen, sollte das ganze Spektrum von großangelegten militärischen Manövern bis hin zu schäbigen sexuellen Intrigen umfassen.

Das Jahr zuvor hatte Sukarno die Bandungkonferenz organisiert. Diese galt als Antwort auf den Südostasienpakt (Southeast Asia Treaty Organization, SEATO), die von den USA aus Staaten der Region gebildete politisch-militärische Allianz zum Zweck der »Eindämmung des Kommunismus.« In der indonesischen Stadt Bandung war die Doktrin des Neutralismus als das Glaubensbekenntnis der unterentwickelten Welt ausgerufen worden. Für die Leute des CIA-Büros in Indonesien war diese Konferenz eine Ketzerei, und zwar so sehr, daß sich ihre Gedanken auf Mord als Mittel zur Sabotage dieser Konferenz richteten.

Im Jahre 1975 vernahm der Senatsausschuß zur Untersuchung der CIA-Aktivitäten Zeugenaussagen, wonach im Jahre 1955 in einem ostasiatischen Land stationierte Agenten des Geheimdienstes vorgeschlagen hatten, einen ostasiatischen Führer zu ermorden, »um eine bevorstehende kommunistische [!] Konferenz zu sprengen.«[417] (Aller Wahrscheinlichkeit nach war der Führer, von dem die Rede war, entweder Sukarno oder Zhou Enlai aus China.) Allerdings, so der Ausschuß, hatten kühlere Köpfe im CIA Hauptquartier in Washington die Oberhand behalten und den Vorschlag mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen.

Nichtsdestoweniger stürzte ein Flugzeug mit acht Mitgliedern der chinesischen Delegation, einem Vietnamesen und zwei bei der Bandungkonferenz akkreditierten europäischen Journalisten unter mysteriösen Umständen ab. Die chinesische Regierung behauptete, es habe sich um einen Sabotageakt der USA und Taiwans gehandelt, um einen mißlungenen Versuch, Zhou Enlai zu ermorden. Die gecharterte Air-India-Maschine war am 11.04.1955 in Hongkong gestartet und über dem Südchinesischen Meer abgestürzt. Zhou Enlai sollte planmäßig einen anderen Air-India-Charterflug am nächsten oder übernächsten Tag nehmen. Die chinesische Regierung, die nach ihrer eigenen Darstellung Presseberichte aus der Times of India zitierte, behauptete, der Absturz sei durch zwei anscheinend in Hongkong an Bord gebrachte Zeitbomben herbeigeführt worden. Später wurde aus dem Wrack des Flugzeugs ein Zeitzünder geborgen, und die Polizei von Hongkong nannte es einen Fall von »sorgfältig geplantem Massenmord.« Monate danach gab die britische Polizei in Hongkong bekannt, sie suche nach einem Nationalchinesen wegen der Verschwörung, den Absturz herbeizuführen, dieser sei jedoch nach Taiwan geflohen.[418]

Im Jahre 1967 erschien in Indien ein seltsames Büchlein von John Discoe Smith, einem Amerikaner, mit dem Titel I WAS A CIA AGENT IN INDIA [Ich war ein CIA-Agent in Indien]. Es war von der Kommunistische Partei Indiens herausgegeben worden und beruhte auf Artikeln, die Smith für die Literatumaja Gaseta in Moskau verfaßt hatte, nach dem er sich um das Jahr 1960 herum in die Sowjetunion abgesetzt hatte. Smith, der 1926 in Quincy in Massachusetts geboren war, schrieb, er sei 1955 Fernmeldetechniker und Dechiffrierungsangestellter in der US-Botschaft in Neu-Delhi gewesen und habe auch Aufgaben für die CIA erledigt. Eine dieser Aufgaben habe darin bestanden, einem Nationalchinesen ein Päckchen zu übergeben. Dieses, so habe er später erfahren, hätte die zwei Zeitbomben enthalten, die dazu benutzt worden waren, die Air-India-Maschine in die Luft zu sprengen. Der Wahrheitsgehalt von Smith’ Bericht läßt sich nicht bestätigen, aber seine Beschäftigung an der US-Botschaft in Neu-Delhi von 1954 bis 1959 geht aus dem State Department Biographie Register hervor.[419]

An anderer Stelle berichtet des Senatsausschuß, er habe »einige Beweise für die Beteiligung der CIA an Plänen zur Ermordung von Präsident Sukarno von Indonesien erhalten«, und dafür, daß die Planung bereits so weit fortgeschritten war, daß man nach einem Agenten suchte, den man mit dem Auftrag würde betrauen können.[420] (Der Ausschuß bemerkte, die bei der CIA mit möglichen Mordanschlägen und den entsprechen den Methoden befaßten Leute seien intern einmal als »Gesundheitsveränderungsausschuß« bekannt gewesen.)

Um die Besorgnis der amerikanischen Verantwortlichen noch zu vergrößern, hatte Sukarno die Sowjetunion und China (allerdings auch das Weiße Haus) besucht, Waffen von osteuropäischen Ländern gekauft (aber erst, nachdem seine Kaufwünsche von den Vereinigten Staaten zurückgewiesen worden waren)[421] und eine große Menge holländischen Privatbesitzes verstaatlicht. Was aber vielleicht am beunruhigsten von allem war: Die Kommunistische Partei Indonesiens (Partai Komunis Indonesia, PKJ) hatte beeindruckende Zugewinne bei Wahlen und bei der Organisierung von Gewerkschaftsmitgliedern erzielt und sich damit eine wichtige Rolle in der Koalitionsregierung erworben.

Es war ein vertrautes Dritte-Welt-Szenario, und die Reaktion der verantwortlichen Politiker in Washington war ebenso vertraut. Wieder einmal waren sie unfähig – oder unwillig –, Nationalismus von Prokommunismus zu unterscheiden und Neutralismus von Verruchtheit. Sukarno war kein Kommunist, welche Definition des Wortes man auch zugrundelegen mag. Er war ein indonesischer Nationalist und ein »Sukarnoist«, der die Truppen der PKI 1948, nachdem der Unabhängigkeitskampf gewonnen war, vernichtet hatte.[422] Er verfolgte vor allem seine eigenen Interessen, wobei er sowohl der PKI als auch der Armee Zugeständnisse machte und die einen gegen die anderen aus spielte. Was den Ausschluß der PKI mit ihren mehr als einer Million Mitgliedern von der Regierung betraf, erklärte Sukarno: »Ich kann und ich werde kein dreibeiniges Pferd reiten.[423]

Für die Vereinigten Staaten jedoch war Sukarnos Balanceakt zu gefährlich, als daß man ihn den Launen des politischen Prozesses in Indonesien hätte überlassen können. Für Washington spielte es keine Rolle, daß die kommunistische Partei den legalen, friedlichen Weg eingeschlagen hatte oder daß es in Indonesien weder eine »Krise« noch ein »Chaos« gab, Wörter, die man gerne benutzte, um eine Intervention zu rechtfertigen. Es würde dort ganz einfach eine Intervention geben.

Es sollte nicht die erste sein. Im Jahre 1955, während des Wahlkampfs für das nationale Parlament in Indonesien, hatte die CIA der Masjumi-Partei, einer gemäßigte Koalition von muslimischen Organisationen, eine Million Dollar gegeben, mit dem nicht näher beschriebenen Auftrag, Sukarnos Partei, der Nationalen Partei Indonesiens, und der PKI einen Strich durch die Rechnung zu machen. Nach Angaben des ehemaligen CIA-Beamten Joseph Burkholder Smith sah das Projekt »die vollständige Abschreibung der Gelder vor, das heißt, es gab keine Verpflichtung zu einer detaillierten Abrechnung dar über, wie die Mittel verwendet wurden. Ich konnte keinerlei Hinweis darauf finden, was die Masjumi mit der Million Dollar gemacht hatte.«[424]

Im Jahre 1957 entschied die CIA, die Situation verlange nach direkteren Aktionen. Indonesische Waffenbrüder zu finden, war nicht schwer, denn es gab schon eine Clique von Armeeoffizieren und anderen, die aus persönlichem Ehrgeiz und weil sie gegen die einflußreiche Stellung der PKI waren, Sukarno überhaupt – oder zumindest von ihren jeweiligen Inseln – weghaben wollten. (Indonesien ist das größte Inselreich der Welt, bestehend aus rund 3.000 Inseln.)

Die ins Auge gefaßte Militäroperation der CIA war so umfangreich, daß sie der erheblichen Unterstützung des Pentagon bedurfte. Diese konnte für eine politische Aktion nur mit Unterstützung der »Sondergruppe« des Nationalen Sicherheitsrats gewonnen wer den (der kleinen Gruppe von hochrangigen Beamten des Rats, die im Namen des Präsidenten handelten, um ihn und das Land zu schützen, indem sie geplante verdeckte Aktionen bewerteten und dafür sorgten, daß die CIA nichts unüberlegt riskierte; die Gruppe hatte zu verschiedenen Zeiten jeweils unterschiedliche Namen: 5412-Ausschuß, 303 Ausschuß, 40-Ausschuß oder Operations Advisory Group).

Die Art und Weise, wie der Geheimdienst vorging, um diese Genehmigung zu bekommen, ist ein Lehrstück dafür, wie die CIA manchmal die amerikanische Außenpolitik bestimmt. Joseph Burkholder Smith, der von Mitte 1956 bis Anfang 1958 in Washington für Indonesien zuständig war, hat diesen Prozeß in seinen Memoiren beschrieben: Statt den Plan in Washington zur Genehmigung vorzulegen, wo

»eine vorzeitige Erwähnung [...] dazu hätte führen können, daß er abgeschossen würde. [...] begannen wir damit, das Außen- und das Verteidigungsministerium mit Geheimdienstinformationen zu füttern, die – das konnte keiner bestreiten – einen nützlichen Beitrag zum Verständnis Indonesiens darstellten. Wenn sie genügend alarmierende Berichte bekommen hatten, wollten wir mit dem Vorschlag kommen, wir sollten den Plan der Obersten, Sukarnos Macht zu beschränken, unterstützen. Dies war eine Vorgehensweise, die zur Grundlage für viele abenteuerliche politische Aktionen der 1960er- und 1970er Jahre wurde. Mit anderen Worten: Es stimmt nicht, daß die CIA sich erst dann in die Angelegenheiten anderer Länder – wie Chile – eingemischt hätte, nachdem es ihm von der Sondergruppe befohlen worden war. In vielen Fällen entwarfen wir die Aktionspläne selbst, nachdem wir genügend Geheiminformationen zusammengetragen hatten, daß wir sie so präsentieren konnten, als würden sie durch die Umstände erzwungen. Unsere Aktion in Indonesien in den Jahren 1957 und 1958 war einer dieser Fälle.« [Hervorhebung im Original][425]

Als die Kommunistische Partei bei den Gemeindewahlen im Juli erneut erfolgreich war, war dies

»eine große Hilfe für uns [die CIA], die Ministerialen in Washington davon überzeugen, wie ernst die Lage in Indonesien war. Die einzige Person, die wegen des Siegs der PKI nicht entsetzlich alarmiert war, war Botschafter Allison. Das war alles, was wir brauchten, um John Foster Dulles endgültig davon zu überzeugen, daß er den falschen Mann nach Indonesien geschickt hatte. Die Räder kamen in Gang, um dieses letzte Hindernis, das unserer Operation im Wege stand, zu beseitigen.«[426]

John Allison, so schrieb Smith, der ohnehin kein großer Bewunderer der CIA war, wurde Anfang 1958, nach weniger als einem Jahr auf dem Posten, als Botschafter durch Howard Jones ersetzt, eine Auswahl, die den CIA-Leute in Indonesien »gefiel.«

Am 30.11.1957 wurden mehrere Handgranaten auf Sukarno geworfen, als dieser eine Schule verließ. Er selbst entkam zwar einer Verwundung, aber zehn Menschen wurden getötet und 48 Schulkinder verletzt. Die CIA in Indonesien wußte nicht, wer dafür verantwortlich war. Dennoch brachte sie umgehend das Gerücht in Umlauf, die PKI stecke hinter der Sache »auf Anregung ihrer sowjetischen Verbindungen, um den Eindruck zu erwecken, die Gegner Sukarnos seien wilde und verzweifelte Männer.« Wie sich her ausstellte, waren die Schuldigen eine Gruppe von Muslimen, die nichts mit der PKI oder den Verschwörern der CIA unter den Militärs zu tun hatten.[427]

Das Thema von Sukarnos angeblich enger Beziehung zu den Kommunisten wurde bei jeder sich bietenden Gelegenheit genutzt. Die CIA hatte beschlossen, aus Berichten Kapital zu schlagen, nach denen sich überall, wo Sukarno während seiner Reise durch die Sowjetunion hinflog, eine gutaussehende blonde Stewardeß an Bord von Sukarnos Flugzeug gewesen war und daß dieselbe Frau mit dem Präsidenten der Sowjetunion, Kliment Woroschilow, nach Indonesien gekommen war. Bei mehreren Gelegenheiten soll sie in der Begleitung Sukarnos gesehen worden sein. Die Idee war, die Sache so hinzustellen, als wäre Sukarno, der als Schürzenjäger bekannt war, durch den Zauber einer Sowjetagentin in die Falle getappt und hätte sich infolge ihres Einflusses oder von Erpressung, oder beidem, der Kontrolle der Sowjets ausgeliefert. Smith schrieb:

»Dies ließ unsere Einbildungskraft in bislang nicht gekannte Höhen schießen. Wir hatten tatsächlich beträchtlichen Erfolg mit dieser Sache. Die Berichte wurden von Zeitungen auf der ganzen Welt gebracht, und als die seriöse britische Zeitschrift für internationale Angelegenheiten, Round Table, den indonesischen Aufstand in ihrer Ausgabe vom März 1958 analysierte, führte sie die Tatsache, daß Sukarno von einer Sowjetspionin erpreßt worden war, als einen der Gründe an, die den Aufstand hervorgerufen hatten.«

Anscheinend inspirierte der Erfolg dieser Operation die CIA-Beamten in Washington dazu, das Thema noch weiter auszuschlachten. Es wurden beträchtliche Anstrengungen unternommen, um mit einem Film oder zumindest mit einigen Fotos aufwarten zu können, die angeblich Sukarno und seine russische Freundin bei »ihrer Lieblingstätigkeit« zeigten. Als bei einer sorgfältigen Durchsicht von vorhandenen Pornofilmen (zur Verfügung gestellt vom Polizeipräsidenten von Los Angeles) kein Pärchen aufzutreiben war, das als Sukarno (dunkelhäutig und glatzköpfig) und eine schöne blonde Russin hätte durchgehen können, beschloß die CIA, ihre eigenen Filme zu produzieren, »exakt die Filme, mit denen die Sowjets Sukarno erpreßten.« Der Geheimdienst ließ eine Maske vom Gesicht des indonesischen Präsidenten anfertigen und schickte sie nach Los Angeles, wo die Polizei irgendeinen Pornofilmdarsteller dafür bezahlen sollte, sie während seines großen Auftritts zu tragen. Dieses Projekt erbrachte zumindest einige Fotos, die aber anscheinend nie benutzt wurden.[428]

Ein anderes Ergebnis der Erpressungsgeschichte war ein Film, der von Robert Maheu, einem ehemaligen FBI-Agenten und Vertrauten von Howard Hughes, gedreht worden war. In Maheus Film sollte ein Schauspieler, dem Sukarno ähnelte, die Hauptrolle über nehmen. Über das endgültige Schicksal des Films, der den Titel »Glückliche Tage« trug, ist nichts bekannt geworden.[429]

In anderen Teilen der Welt und zu anderen Zeiten hatte die CIA mehr Erfolg mit diesen Methoden. Sie produzierte Pornofilme, die Zielpersonen, die von Agentinnen in Unter schlupfe des Geheimdienstes gelockt worden waren, beim Sex zeigten. Truman Smith, ein pensionierter Oberst der US-Armee, schrieb im Reader’s Digest über den KGB und erklärte:

»Es fällt vielen von uns schwer, die von ihm ausgehende Gefahr richtig einzuschätzen, weil seine Methoden so verkommen sind, daß sie die Vorstellungskraft eines normalen Menschen, der sich einen Sinn für richtig und falsch bewahrt hat, über schreiten.«

Eine der KGB-Methoden, die der gute Oberst für so verkommen hielt, war die Herstellung von Sexfilmen für Erpressungszwecke. Er schrieb:

»Menschen, die entartet genug sind, solche Methoden einzusetzen, finden auch an gewalttätigeren Methoden nichts Widerliches.«[430]

Sex konnte auch zu Hause für die Förderung der Ziele der amerikanischen Außenpolitik eingesetzt werden. Unter dem Deckmantel des Entwicklungshilfeprogramms der USA, das damals Economic Cooperation Administration hieß, wurden indonesische Polizisten ausgebildet und dann dafür angeworben, Informationen über die Aktivitäten der Sowjetunion, Chinas und der PKI in ihrem Land zu sammeln. Einige der Männer, die als Anwärter für diese Arbeit ausgewählt wurden, schickte man zu einer Spezialausbildung nach Washington, wo sie zugleich für die Anwerbung als Spitzel weichgekocht wurden. Die Polizisten waren – darin Sukarno ähnlich – ausnahmslos alle zwanghaft davon besessen, mit einer weißen Frau zu schlafen. Dementsprechend führte man sie während ihres Aufenthalts in das Rotlichtviertel von Baltimore, in dem sie sich austoben konnten.[431]

Die Zustimmung der Sondergruppe zu der politischen Mission war für den November 1957 vorgesehen,[432] und die paramilitärische Maschine der CIA wurde angeworfen. Bei diesem Unternehmen kam wie bei anderen der Geheimdienst in den Genuß des weit verstreuten militärischen Imperiums der Vereinigten Staaten. Das Hauptquartier für die Operation wurde mit freundlicher Erlaubnis der Briten im benachbarten Singapur eingerichtet. Auf den Philippinen wurden Ausbildungslager errichtet. Auf verschiedenen Inseln des Pazifischen Ozeans wurden Rollfelder für Bomber und Transportflugzeuge angelegt. In Okinawa und auf den Philippinen wurden Indonesier sowie Philippiner, Taiwanesen, Amerikaner und andere Söldner, sogenannte »Soldiers of Fortune«, zusammen mit großen Massen an Waffen und Ausrüstung versammelt.

Für diese bis heute anspruchsvollste militärische Operation der CIA wurden Zehntausende von Aufständischen von der US-Armee bewaffnet, ausgerüstet und ausgebildet. Unterseeboote der Marine, die vor der Küste von Sumatra, der Hauptinsel Indonesiens, patrouillierten, setzten Truppen zusammen mit Nachschub und Fernmeldeausrüstung an Land. Die US-Luftwaffe richtete eine ansehnliche Lufttransportstreitmacht ein, die viele Tausende von Waffen tief im indonesischen Hinterland abwarf. Und es wurde eine Flotte von 15 B-26-Bombem für den Konflikt bereitgestellt. Die Flugzeuge wurden aber erst »gereinigt«, um sicherzugehen, daß sie »nichtzuordenbar« waren und daß alle über die Luft transportierte Ausrüstung »ableugbar« war.

Der Aufstand brach in den Anfangsmonaten des Jahres 1958 aus, zuerst in einem Teil der indonesischen Inselkette, dann in einem anderen. Flugzeuge der CIA stiegen auf, um Ziele in Indonesien zu bombardieren und zu beschießen und so die Aufständischen zu unterstützen. In Washington wurde der indonesische Militärattaché, Oberst Alex Kawilarung, von der CIA dazu überredet, »überzulaufen«. Er tauchte kurz danach in Indonesien auf, um die Führung über die Truppen der Aufständischen zu übernehmen. Als sich jedoch die Kämpfe in den Frühling hineinzogen, zeigte sich, daß die Aufständischen nicht in der Lage waren, entscheidende Siege zu erringen oder die Offensive zu übernehmen, wenn auch die Bombenangriffe der CIA ihren Tribut forderten. Sukarno behauptete später, an einem Sonntagmorgen im April habe ein Flugzeug ein Schiff im Hafen der Insel Ambon bombardiert, wobei alle, die sich an Bord befanden, getötet worden seien. Auch habe das Flugzeug eine Bombe auf eine Kirche geworfen, die das Gebäude zerstört und jeden, der sich darin befand, getötet hätte. Nach seiner Behauptung hatte es allein bei dieser Aktion 700 Opfer gegeben.

Am 15.05.1958 bombardierte ein Flugzeug der CIA den Marktplatz von Ambon und tötete dabei eine große Anzahl von Zivilisten auf ihrem Weg zum Himmelfahrtsgottes dienst. Die indonesische Regierung mußte Maßnahmen ergreifen, um öffentliche Demonstrationen zu unterdrücken.

Drei Tage danach wurde Allen Lawrence Pope, ein Pilot der CIA, während eines anderen Bombenagriffes auf Ambon abgeschossen und gefangengenommen. Er war dreißig Jahre alt und stammte aus Perrine in Florida. Pope hatte für die Luftwaffe 55 Nachteinsätze über der kommunistischen Linie in Korea geflogen. Später hatte er zwei Monate damit zugebracht, für die CIA durch kommunistisches Flakfeuer zu fliegen, um Nachschub für die Franzosen in Dien Bien Phu abzuwerfen. Nun war seine Glückssträhne zu Ende. Er sollte vier Jahre als Gefangener in Indonesien zubringen, bevor Sukarno ihn auf Bitten von Robert Kennedy freiließ.

Bei seiner Gefangennahme führte Pope eine Reihe von belastenden Dokumenten mit sich, darunter auch solche, aus denen hervorging, daß er ein Pilot der US-Luftwaffe und der Fluglinie der CIA, der CAT, war. Wie alle Männer, die in geheimem Auftrag flogen, hatte Pope – wie sein Flugzeug – eine ausgeklügelte Prozedur durchlaufen, um ihn vor seinem Abflug zu »reinigen.« Anscheinend hatte er jedoch die Papiere an Bord des Flugzeugs schmuggeln können, weil er wußte, daß er, wenn er als »namenloser, staatenloser Zivilist« gefangengenommen würde, dies nichts anderes hieße, als daß er praktisch keinerlei Rechte hätte und Gefahr liefe, nach den international anerkannten Gepflogenheiten als Spion erschossen zu werden. Ein gefangener Angehöriger des US-Militärs dagegen ist, solange er am Leben bleibt, eine wertvolle Ware für die, die ihn gefangengenommen haben.

Als Resultat des Vorfalls erfuhr die indonesische Regierung erhebliche Zugeständnisse von den Vereinigten Staaten. Ob die Indonesier dabei auch versprochen hatten, über Pope Stillschweigen zu bewahren, ist nicht bekannt. Aber am 27.05.1958 wurden der Pilot und seine Dokumente auf einer Pressekonferenz der Weltöffentlichkeit vorgestellt und damit einige der jüngeren Erklärungen von hochrangigen Beamten und Politikern in Washington widerlegt,[433] unter denen vor allem die Erklärung Präsident Eisenhowers zu Indonesien vom 30.04.1958 bemerkenswert ist:

»Unsere Politik ist immer von sorgsam gewahrter Neutralität und korrektem Verhalten geprägt, das heißt, wir ergreifen nicht dort Partei, wo es uns nichts an geht.«[434]

Und am 09.05.1958 war in einem Leitartikel der New York Times behauptet worden:

»Es ist bedauerlich, daß hochrangige Beamte der indonesischen Regierung einen Bericht weiterverbreitet haben, wonach die Regierung der Vereinigten Staaten den indonesischen Rebellen Unterstützung gewährt. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat ihre Haltung immer und immer wieder deutlich gemacht. Unser Außenminister hat in seiner Erklärung mit Nachdruck betont, daß unser Land nicht von einer strikten Neutralität abweichen wird. Die Vereinigten Staaten sind nicht bereit, einzugreifen, um eine rechtmäßige Regierung zu stürzen. Dies sind die nackten Tatsachen. Jakarta erweist seiner Sache keinen Dienst, wenn es diese ignoriert.«

Nachdem Pope aufgeflogen war und auch die Rebellen im Feld keine Erfolge vorweisen konnten, beschloß die CIA, daß es der Sache nicht länger wert wäre, und begann ihre Unterstützung einzuschränken. Ende Juni 1958 hatten sukarnotreue Truppen der indonesischen Armee erfolgreich die Revolte der rebellierenden Militärs beendet.

Der indonesische Präsident setzte seinen geschickten Balanceakt zwischen den Kommunisten und der Armee bis zum Jahre 1965 fort, als letztere – mit ein wenig Hilfe der CIA – seine Regierung stürzten.

15: Westeuropa 1950er- und 1960er Jahre

Fronten innerhalb von Fronten innerhalb von Fronten

Auf dem Parteitag der britischen Labourpartei im Jahre 1960 wurde Michael Foot, der künftige Parteiführer und ein Mitglied des linken Flügels, vom damaligen Parteichef Hugh Gaitskell beschuldigt, ein »Mitläufer« zu sein. Foot antwortete mit einer Anspielung auf Ford und andere vom rechten Parteiflügel: »Aber mit wem«, frage er »laufen die da mit«?[435]

Wie sich herausstellte, waren sie schon einige Jahre mit der CIA mitgelaufen. Dessen Mitläufer waren Franzosen, Deutsche, Niederländer, Italiener und eine ganze Heerschar anderer Europäer. Und alle nahmen teil an einer Operation der CIA, um die Herzen und die Köpfe von Liberalen, Sozialdemokraten und allerlei Sozialisten zu gewinnen und sie vor den Klauen des russischen Bären zu bewahren.

Es war ein Unternehmen von großem Maßstab. Zwanzig Jahre lange benutze der Geheimdienst Dutzende von amerikanischen Stiftungen, wohltätigen Treuhandgesellschaften und ähnlichen Einrichtungen, von denen einige seine eigenen Schöpfungen waren, als Kanäle für Zahlungen an eine ganze Reihe verschiedener Organisationen in den Vereinigten Staaten und im Ausland, von denen viele wiederum andere Gruppen finanzier ten. Die beteiligten Institutionen waren so zahlreich, es gab so viele Überschneidungen und Überlappungen, daß es unwahrscheinlich ist, daß irgendjemand bei der CIA das Gesamtbild überblickte, ganz zu schweigen von der Ausübung einer umfassenden Kontrolle oder einer ordentliche Buchführung. (Vgl. Anhang I für eine Teilkarte der Organisationen.)

Die endgültigen Empfänger dieses Geldflusses waren Parteien, Zeitschriften, Nachrichtenagenturen, Journalistenverbände, Gewerkschaften und andere Arbeitnehmerverbände, Studenten- und Jugendgruppen, Anwaltskammern und andere Unternehmen, die sich bereits der »Freien Welt« verpflichtet fühlten und von denen man vertrauensvoll annehmen konnte, daß sie das Evangelium weiterverbreiten würden, wenn man ihnen nur genug Geld zukommen ließe.

Die wichtigste Tarnorganisation der CIA in dieser Zeit war der pompös betitelte Kongreß für die Freiheit der Kultur (Congress for Cultural Freedom, CCF). Im Juni 1950 versammelten sich prominente Schriftsteller und Wissenschaftler aus den Vereinigten Staaten und Europa im Titiana-Palast, einem Theater im amerikanischen Sektor von Berlin, vor einer großen Zuhörerschaft, um eine Organisation ins Leben zu rufen, deren Zweck es war, »Freiheit und Demokratie gegen die neue Tyrannei zu verteidigen, die sich über die Welt ausbreitet.« Der CCF erstreckte sich bald in alle Himmelsrichtungen mit Seminaren, Konferenzen und einem weitgefächerten Programm von politischen und kulturellen Aktivitäten in Westeuropa wie auch in Indien, Australien, Japan, Afrika und anderswo. Er hatte darüber hinaus mehr als 30 Zeitschriften unter seinen finanziellen Fittichen, darunter in Europa:

Socialist Commentary, Censorship, Science and Freedom, Minerva, Soviet Survey (or Survey), China Quarterly, und Encounter in Großbritannien; Preuves, Censure Contre les Arts et la Pensée, Mundo Nuevo, und Cuadernos in Frankreich (die beiden letzten auf Spanisch; sie waren für Lateinamerika bestimmt); Perspektiv in Dänemark, Argumenten in Schweden, Irodalmi Ujsag in Ungarn, Der Monat in Deutschland, Forum in Österreich, Tempo Presente in Italien und Vision in der Schweiz. Außerdem gab es Verbindungen des CCF zu The New Leader, Africa Report, East Europe und Atlas in New York.[436]

Im Allgemeinen handelte es sich bei den Blättern des CCF um gutgeschriebene politische Magazine und Kulturzeitschriften, die, nach den Worten von Ray Cline, einem ehemaligen stellvertretenden Direktor der CIA, »ohne die Gelder der CIA nicht in der Lage gewesen wären zu überleben.«[437]

Unter den anderen Organisationen auf dem Mediensektor in Europa, die zu jener Zeit von der CIA subventioniert wurden, befanden sich auch die westdeutsche Presseagentur DENA (die spätere DPA),[438] der internationale PEN-Club mit Sitz in Paris, einige französische Zeitungen,[439] die Internationale Journalistenföderation und Forum World Features, eine auf Dokumentationen spezialisierte Presseagentur in London, deren Storys von 140 Zeitungen rund um die Welt angekauft wurden. Allein in den Vereinigten Staaten waren es etwa 30, darunter die Washington Post und vier andere der größten Tageszeitungen. Der Church-Ausschuß des US-Senats berichtete, »einige der größten Tageszeitungen der USA« seien darüber informiert gewesen, daß Forum World Features von der »CIA gesteuert« wurde. Auch der Guardian und die Sunday Times in Großbritannien nutzen den Dienst, der vorher Forum Service geheißen hatte. Im Jahre 1967 war der Nachrichtendienst, laut eines der führenden Schreiber von Forum, vielleicht »das Hauptmedien unternehmen der CIA in der Welt« geworden, keine geringe Leistung, wenn man bedenkt, daß die CIA auf ihrem Höhepunkt 29 Prozent der Gelder ihres Haushalts auf Medien und Propaganda verwandte.[440]

Ein anderer wichtiger Empfänger der Wohltaten der CIA war Axel Springer, der west deutsche Pressezar, der bereits Anfang der 1950er Jahre heimlich sieben Millionen Dollar zum Aufbau seines gewaltigen Medienimperiums erhalten hatte. Bis zu seinem Tod im Jahre 1985 war Springer Besitzer eines der größten Pressekonzerne in Westeuropa und ein Bollwerk prowestlicher und antikommunistischer Geisteshaltung. Der Verleger des Spiegel, Rudolph Augstein, bemerkte einmal:

»Kein einzelner Mensch in Deutschland vor und nach Hitler – vielleicht mit Ausnahme von Bismarck und den beiden Kaisern – hatte jemals soviel Macht wie Springer.«

Seine Beziehungen zur CIA dauerten Berichten zufolge mindestens bis Anfang der 1970er Jahre an.[441]

Der Begründer des amerikanischen Programms, der Chef der CIA-Abteilung für internationale Organisationen, Tom Braden, schrieb später, einen Agenten habe der Geheim dienst im CCF untergebracht, während ein anderer zum Herausgeber der wichtigsten Zeitschrift des CCF, des Encounter, wurde.[442]

Vermutlich gab es zumindest einen Agenten oder Beamten der CIA in jeder der vom ihm finanzierten Gruppen. Braden stellte fest:

»Die Agenten konnten [...] den offiziellen Verantwortlichen der Organisationen antikommunistische Programme vorschlagen.«

Er fügt jedoch hinzu, es sei ein Grundsatz gewesen, »die Integrität der Organisationen dadurch zu schützen, daß man von ihnen nicht verlangte, jeden Aspekt der offiziellen amerikanischen Politik zu unterstützen.«[79]

Die Zeitschriften des CCF wandten sich an die nichtmarxistische Linke (Das Forum da gegen war konservativ), die im Allgemeinen den Klassenkampf und die Verstaatlichung der Wirtschaft ablehnte. Sie hielten sich an die These vom »Ende der Ideologie« von Daniel Bell, die da lautete: Da niemand dazu aufrufen konnte, für den Kapitalismus zu sterben, ohne das Gesicht zu verlieren, mußte die Idee, für den Sozialismus oder irgend eine andere Ideologie zu sterben, diskreditiert werden. Auf der anderen Seite vertraten die Zeitschriften einen reformierten Kapitalismus, einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz.

Für die Kalten Krieger in Washington, welche die Rechnungen bezahlten, war die Idee eines reformierten Kapitalismus von untergeordnetem Interesse. Was zählte, waren die folgenden Dinge:

  • das Eintreten der Zeitschriften für einen starkes, gut bewaffnetes und vereintes Europa an der Seite der Vereinigten Staaten, das als Bollwerk gegen den Ostblock diente;
  • die Unterstützung des Gemeinsamen Marktes und der NATO;
  • eine kritische Analyse dessen, was als intellektuelle Komponente der Unterwanderung durch den Weltkommunismus angesehen wurde;
  • eine skeptische Haltung gegenüber Abrüstung, Pazifismus und Neutralismus, wie sie in der bekannten Kampagne für Nukleare Abrüstung (Campaign for Nuclear Disarmament, CND) in Großbritannien zum Ausdruck kamen.

Die Kritik an der Außenpolitik der USA fand im Rahmen der im Kalten Krieg üblichen Argumentationen statt. So war es beispielsweise erlaubt zu schreiben: Eine bestimmte amerikanische Intervention ist nicht geeignet, den Kommunismus wirksam zu bekämpfen. Schreiben durfte man dagegen nicht: Interventionen an sich sind falsch, oder: Die Vereinigten Staaten unterstützen die falsche Seite.

»Private« Publikationen wie diese konnten Ansichten verfechten, welche sich offizielle Organe der US-Regierung, wie etwa die Voice of America nicht leisten konnten, und trotzdem glaubwürdig bleiben. Das Gleiche galt für die vielen anderen privaten Organisationen, die seinerzeit auf der Lohnliste der CIA standen.

Im Jahre 1960 konnten die CND und andere Gruppen des linken Flügels der Labourpartei den Parteitag für eine Politik der vollständigen und einseitigen atomaren Abrüstung sowie der Neutralität im Kalten Krieg gewinnen. Außerdem wurden zwei Anträge zur Unterstützung der NATO niedergestimmt. Auch wenn die Labourpartei seinerzeit nicht an der Regierung war, hatten diese Aktionen bedeutendes psychologisches und propagandistisches Gewicht. Washington betrachtete diese Wendung der Dinge mit erheblicher Besorgnis, denn solche Stimmungen konnten leicht auf die wichtigsten Parteien anderer Nato-Länder übergreifen.

Der rechte Flügel der Labourpartei, der eine enge, um nicht zu sagen, eine intime, Beziehung zum Kongreß für die Freiheit der Kultur unterhielt, die Zeitschriften Encounter, New Leader sowie andere »Trümpfe« und Tarnorganisationen der CIA begannen einen Feldzug, um die Abrüstungsresolution rückgängig zu machen. Das zu diesem Zweck gegründete Komitee veröffentlichte einen Spendenaufruf und konnte bald vermelden, es habe viele kleine Spenden erhalten, aber auch eine große Summe von einer Organisation, die anonym bleiben wolle. Das nächste Jahr hindurch war genug Geld vorhanden, um ein ständiges Büro zu unterhalten, einen fest angestellten Vorsitzenden, feste Mitarbeiter und Außendienstmitarbeiter zu bezahlen sowie Reisespesen, Berge von Veröffentlichungen, die an eine lange Verteilerliste von Mitgliedern der Bewegung verschickt wurden, ein regelmäßig erscheinendes Mitteilungsblatt usw. zu finanzieren.

Ihre Gegner konnten mit einem solchen Propagandablitzkrieg nicht Schritt halten. Auf dem Parteitag im Jahre 1961 wurden die Entscheidungen für einseitige Abrüstung und Neutralität mit großer Mehrheit zurückgenommen und die Labourpartei kehrte in die Herde der NATO zurück.[443]

Die Befürworter der CIA haben ausnahmslos die verschiedenen Aktivitäten des Geheimdienstes in Westeuropa mit dem Hinweis verteidigt, die Russen hätten sich als erste dort getummelt und man hätte ihnen nicht das Feld überlassen dürfen. Selbst wenn an dieser Behauptung etwas Wahres dran wäre, bleibt es doch eine Tatsache, wie Tom Braden bemerkt hat, daß der amerikanische Versuch sich auf einige Felder erstreckte, »auf denen sie [die Russen] noch nicht einmal mit ihren Operationen begonnen hatten.«[444] Braden gibt nicht näher an, welche Felder er damit meint, aber es scheint, daß die Parteien dazugehörten: Die CIA unterhielt Arbeits- und Finanzbeziehungen zu führenden Mitgliedern der westdeutschen Sozialdemokratischen Partei, zwei Parteien in Österreich, den Christdemokraten in Italien, zu den Liberalen und der Labourpartei in Großbritannien[445] sowie wahrscheinlich zu mindestens einer Partei in allen anderen westeuropäischen Ländern, wobei alle diese Parteien so taten, als wären sie von beiden Supermächten unabhängig, etwas, mit dem die kommunistischen Parteien, ob sie nun von der Sowjetunion unterstützt wurden oder nicht, nicht aufwarten konnten.

Auch die Medien sind ein gutes Beispiel. Weder Braden noch, soweit zu sehen ist, irgend jemand sonst hat Beispiele von – prokommunistischen, natofeindlichen usw. – Publikationen oder Nachrichtendiensten in Westeuropa angeführt, die nach außen hin im Kalten Krieg unabhängig zu sein schienen, aber insgeheim von der Sowjetunion finanziert wurden.

Und vor allem sollte man nicht vergessen, daß all die verschiedenen Arten von Unternehmen und Institutionen, wie sie die CIA in Westeuropa finanzierte, von ihr auch über all in der Dritten Welt über Jahrzehnte hinweg regelmäßig unterstützt wurden, ohne daß ein russisches Gegenstück in Sicht gewesen wäre. Die zunehmende Stärke der Linken im Europa der Nachkriegszeit war Motivation genug für die CIA, ihre verdeckten Programme zu entwickeln, und es war ein Sachverhalt, der sich aus dem Zweiten Weltkrieg und den wirtschaftlichen Tatsachen des täglichen Lebens herleitete, nicht von der Propaganda oder den Machenschaften der Sowjetunion.

Die Operation Gladio

Die Begründung für diese Operation war die normale Paranoia des Kalten Krieges: Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, daß die Russen ohne jeden Grund eine Invasion beginnen würden. Und wenn sie die westlichen Armeen besiegen und in die Flucht treiben, dann müssen bestimmte Leute zurückbleiben, welche die Russen mit Partisanen krieg und Sabotage belästigen und Verbindung zu denen halten, die im Ausland sind. Die »Zurückgebliebenen« würden man mit Geldmitteln, Waffen, Fernmeldeeinrichtun gen und Ausbildung versehen. Die Planung für dieses verdeckte paramilitärische Netz mit dem Decknamen »Operation Gladio« (das italienische Wort für »Schwert«) begann im Jahre 1949 unter der anfänglichen Beteiligung der Briten, Amerikaner und Belgier. Am Ende umfaßte dieses Netz Verbände in jedem nichtkommunistischen Land Europas – einschließlich der Türkei sowie den neutralen Ländern Schweden und der Schweiz. Lediglich Finnland und Irland scheinen nicht dazugehört zu haben. Die Frage, ob diese Verbände eher den Regierungen der einzelnen Länder oder der NATO unterstanden, ist bis heute unklar geblieben. Wenn man die Sache von einem funktionalen Standpunkt aus betrachtet, dann scheint es jedoch wahrscheinlich, daß die CIA und verschiedene andere Geheimdienste das Sagen hatten.

Allerdings blieben die russischen Invasionen aus, und so diente die Operation, wie sich herausstellte, fast ausschließlich dazu, einheimischen linken Bewegungen politischen Schaden zuzufügen.

Die Operation Gladio fand im Herbst 1990 in Italien ihr Ende, als bei der gerichtlichen Untersuchung eines Autobombenanschlags aus dem Jahre 1972 herauskam, daß der Sprengstoff aus einem der 139 geheimen Waffenlager stammte, die für die Truppen von Gladio in Italien angelegt worden waren. Anschließend enthüllte der Vorsitzendes des entsprechenden parlamentarischen Untersuchungsausschusses Folgendes:

»Als Gladio ins Leben gerufen wurde, bestanden die Amerikaner wiederholt dar auf, daß die Organisation auch zur Bekämpfung jeder Form von Aufstand eingesetzt würde.«

Der pensionierte griechische General Nikos Kouris erzählte eine ähnliche Geschichte. Er erklärte, die griechische Truppe des Netzes sei im Jahre 1955 mit CIA-Hilfe geschaffen worden, um im Fall einer kommunistischen Bedrohung, sei es von außen oder im eigenen Land, einzugreifen.

»Es gab ehemalige Militärs, Soldaten mit einer Spezialausbildung und auch Zivilisten. Was sie zusammenhielt, war ein gemeinsamer ideologischer Nenner: Rechtsextremismus.«

Wie in Deutschland (vgl. das entsprechende Kapitel), unterhielt auch die Operation in Italien enge Verbindungen zu Terroristen. Ein früherer Gladio-Agent, Roberto Cavallero, ging an die Öffentlichkeit und behauptete, es habe eine direkte Verbindung zwischen Gladio und der Welle von terroristischen Bombenanschlägen in den 1970er- und frühen 1980er Jahre gegeben, bei denen mindesten 300 Menschen ihr Leben verloren. Er sagte, Gladio hätte ihn und viele andere dazu ausgebildct, »Gruppen aufzubauen, welche im Fall eines Vormarschs der linken Kräfte in unserem Land die Straßen füllen und damit eine Situation von solcher Spannung schaffen sollten, daß ein Eingreifen des Militärs erforderlich würde.« Cavallero bezog sich natürlich auf Zugewinne der kommunistischen Partei bei Wahlen, nicht auf eine Invasion der Sowjetunion.

Die schlimmste terroristische Aktion war der Bombeanschlag im Bahnhof von Bologna im August 1980, der 86 Todesopfer forderte. Der Observer in London berichtete später:

»Daß die Bombenanschläge auf die Züge der extremen Linken angelastet wurden, war Teil einer Strategie, um die Wähler davon zu überzeugen, daß das Land sich in einem Zustand höchster Gefahr befände und sie keine Alternative hätten, als bei der Wahl auf die sichere christdemokratische Karte zu setzen. Alle Spuren deuten daraufhin, daß in Wirklichkeit Gladio hinter den Anschlägen steckte.«

Roberto Fiore, einer der Männer, die wegen des Bombenanschlags in Bologna gesucht wurden, lebt sei damals in London, und die britische Regierung hat sich bisher geweigert, ihn auszuliefem. Anscheinend hält der MI6 (das britische Gegenstück zur CIA), dem er wichtige Geheiminformationen geliefert hat, seine schützende Hand über ihn.

Wie es heute scheint, waren auch die den Roten Brigaden zugeschriebene Entführung und Ermordung von Aldo Moro, dem Führer der italienischen Christdemokraten, im Jahre 1978 das Werk von Provokateuren, die in die Organisation eingeschleust worden waren. Noch kurz vor seiner Entführung hatte Moro nämlich angekündigt, er wolle eine Koalitionsregierung mit der kommunistischen Partei eingehen.

Im Jahre 1983 veranstalteten in Belgien Agenten des Gladio und Polizeibeamte eine Serie von scheinbar ziellosen Schießereien in Supermärkten, bei denen es – absichtlich oder unbeabsichtigt – zu einigen Todesopfern kam. Das Ziel der Aktionen war es, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß es in dem Land eine Sicherheitskrise gebe. Ein Jahr danach sprang eine Einheit von amerikanischen Marineinfanteristen über Belgien ab und griff eine Polizeiwache an. Ein belgischer Bürger wurde getötet und einer der Marineinfanteristen verlor ein Auge bei dieser Operation, welche dazu dienen sollte, die örtliche belgische Polizei in einen erhöhten Alarmzustand zu versetzen und der zufriedenen Bevölkerung insgesamt den Eindruck zu vermitteln, das Land stünde am Rand einer roten Revolution. Die bei dieser Aktion verwendeten Gewehre wurden später in Brüssel in ein Haus eingeschmuggelt, das von einer kommunistischen Splittergruppe benutzt wurde.

Bis in die 1990er Jahre hinein tauchten noch große Bestände an Waffen und Sprengstoffen, die für die Operation Gladio gedacht waren, in einigen Mitgliedstaaten auf, und der italienischen Ministerpräsident Giulio Andreotti enthüllte, daß in Italien immer noch mehr als 600 Personen auf der Lohnliste von Gladio standen.[446]

16: Britisch-Guayana 1953 bis 1964

Die internationale Gewerkschaftsmafia der CIA

Über einen Zeitraum von elf Jahre hinweg scheuten sich zwei der ältesten Demokratien der Welt, nämlich Großbritannien und die Vereinigten Staaten, nicht, einen demokratisch gewählten Präsidenten am Antritt seines Amtes zu hindern.

Dieser Mann war Dr. Cheddi Jagan. Der Enkel von Indern, die als Vertragsarbeiter nach Guayana eingewandert waren, hatte in den Vereinigten Staaten Zahnmedizin studiert und war dann in sein Heimatland Guayana zurückgekehrt. Im Jahre 1953, im Alter von 35 Jahren, wurden er und seine Fortschrittliche Volkspartei (People’s Progressive Party, PPP) von einer großen Mehrheit gewählt, die Regierung der britischen Kolonie zu bilden. Jagans Sieg beruhte zum Teil darauf, daß die Inder rund 46 Prozent der Bevölkerung ausmachten, die Bürger afrikanischer Abstammung dagegen nur 36 Prozent.

Das Programm, das die PPP in die Tat umsetzte, als sie dann im Amt war, kann man beim besten Willen nicht als revolutionär bezeichnen. Sie förderte ausländische Investitionen im Bergbausektor und versuchte zum anderen, liberale Reformen durchzuführen, wie etwa die Stärkung der Rechte der Gewerkschaften und der Pachtbauern, die Schaffung eines öffentlichen Schulsystems, um die Macht der Kirchen im Bildungswesen zu reduzieren, und die Aufhebung des Verbots der Einfuhr von »unerwünschten« Veröffentlichungen, Filmen und Schallplatten. Die konservative Regierung in Großbritannien jedoch war nicht geneigt, eine solche Politik hinzunehmen, die von einem Mann vertreten wurde, der verdächtigt wie ein Sozialist klang. Die Regierung und die britischen – und ebenso die amerikanischen – Medien starteten eine Kampagne gegen die Jagan-Regierung, indem sie – nach Art von Senator McCarthy, dessen Terror gegen Andersdenkende seinerzeit in den Vereinigten Staaten gerade voll im Gange war – das Schreckgespenst des Kommunismus an die Wand malten und glatte Lügen verbreiteten.

Viereinhalb Monate nach dem Amtsantritt von Jagan warf die Regierung von Winston Churchill ihn raus. Die Briten schickten Marinetruppen und Heeresverbände, setzten die Verfassung außer Kraft und entließen die gesamte guyanische Regierung. Und die Juristen entwarfen einige Papiere, welche die Königin unterzeichnete, und so war alles hübsch legal.[447]

»Die Regierung Ihrer Majestät«, sagte der britische Kolonialminister bei einer Parlamentsdebatte, »ist nicht bereit, die Schaffung eines kommunistischen Staates im britischen Commonwealth hinzunehmen.«[448]

Die amerikanische Haltung gegenüber diesem Schlag ins Gesicht der Demokratie läßt sich aus der Weigerung der US-Regierung erschließen, Jagan die Durchreise zu erlauben, als er versuchte, einen Flug nach London zu buchen, wo er einer Parlamentsdebatte beiwohnen wollte. Laut Jagan wollte ihm die Pan Am noch nicht mal ein Flugticket verkaufen. (Pan Am arbeitete schon lange mit der CIA zusammen, eine Zusammenarbeit, die vom Präsidenten der Luftlinie, Juan Trippe, dem Schwiegersohn von Franklin D. Roosevelts Außenminister Edward R. Stettinius, begonnen worden war).[449]

Zu jener Zeit hatte die CIA fast schon seinen Fuß in der Tür der britisch-guayanischen Arbeiterbewegung, und zwar durch die »Heirat« des Geheimdienstes mit dem Gewerkschaftsbund der USA, der American Federation of Labor. Einer der ersten Sprößlinge dieser Verbindung war die Interamerikanische Regionale Arbeiterorganisation (Organización Regional Interamericana de Trabadores, ORIT). In den frühen 1950er Jahren war die ORIT dabei behilflich, aus dem führenden Gewerkschaftsbund von Guayana, dem Trades Union Council, einer bislang militanten Arbeiterorganisation, ein Werkzeug des Antikommunismus zu machen. Serafino Romualdi, ein ehemaliger Präsident des American Institute for Free Labor Development und ein langjähriger Kollaborateur der CIA, schrieb:

»Seit meinem ersten Besuch in Britisch-Guayana im Jahre 1951 tat ich alles, was in meiner Macht stand, um die demokratischen [d.h. antikommunistischen] Gewerkschaften zu stärken, die gegen ihn [Jagan] waren.«[450]

Dies sollte in späteren Jahren schwerwiegende Folgen für Jagan haben.

Im Jahre 1957 gewann Jagan erneut die Wahlen, zu denen er mit einem ähnlichen Programm wie vier Jahre zuvor angetreten war. Dieses Mal hielten die Briten es für schlau er, subtilere Methoden einzusetzen, um ihn zu beseitigen, und brachten die CIA ins Spiel. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen dem Geheimdiensts offiziell gestattet wurde, auf britischem Territorium zu operieren. Inoffiziell hat die CIA dies natürlich bei vielen Gelegenheiten getan, sehr zum Mißfallen der britischen Behörden.

Die CIA machte sich sogleich daran, jene Gewerkschaften zu stärken, die bereits Jagans führenden politischen Gegner, Forbes Burnham vom Nationalen Volkskongreß (People’s National Congress, PNC), unterstützten. Eine der wichtigsten davon war die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes, die von Schwarzen dominiert war.

Folglich wandte sich die CIA an das Public Services International (PSI) in London, ein internationales Sekretariat der Gewerkschaften der Beschäftigen im öffentlichen Dienst, das sich als internationales Netzwerk die Aufgabe gestellt hatte, die Erfahrungen der Gewerkschaften in den Industrienationen an die in den Entwicklungsländern weiterzugeben.

Nach einer Untersuchung des PSI durch die Sunday Times in London im Jahre 1958 waren »seine Finanzen gering, und seine Aktien standen bei der eigenen Mutterorganisation, dem Internationalen Bund Freier Gewerkschaften (International Confederation of Free Trade Unions) [einer Schöpfung der CIA aus dem Jahre 1949 als Gegenspieler zu dem von der Sowjetunion beeinflußten Weltgewerkschaftsbund (World Federation of Trade Unions)], nicht hoch im Kurs. Das PSI benötigte dringend irgendeinen Erfolg. Die Finanzkrise wurde ziemlich schnell durch den größten Partner des PSI in den USA behoben, den Amerikanischen Bund der Landes-, Kreis- und Gemeindebeschäftigten (American Federation of State, County und Municipal Employees, AFSCME).« Deren Boss, Dr. Arnold Zander, teilte dem Direktor des PSI mit, er sei »einkaufen gegangen« und habe einen Spender gefunden.

»Zunächst war die Ausbeute gering – lediglich ein paar tausend Pfund im Jahre 1958. Das Geld war, so hatte es der gütige Spender bestimmt, für Lateinamerika bestimmt. Es wanderte in eine ›Rekrutierungskampagne‹ des PSI in den nördlichen Ländern Lateinamerikas, die ein gewisser William Doherty durchführte, ein Mann, der bereits von früher her Beziehungen zur CIA hatte.«

(Doherty sollte später Geschäftsführer des American Institute for Free Labor Development, der wichtigsten Gewerkschaftsorganisation der CIA in Lateinamerika, werden.)

»Wie es schien, war der Spender erfreut, denn im Jahr darauf, 1959, konnte Zander dem PSI mitteilen, seine Gewerkschaft werde im Namen des PSI eine ständige lateinamerikanische Abteilung eröffnen. Das PSI war entzückt.«

Zander sagte, der Bevollmächtigte des PSI würde William Howard McCabe sein (ein Neuling in Gewerkschaftsdingen bei der CIA). Die Times schrieb weiter:

»McCabe, ein stämmiger, rundköpfiger Amerikaner, schien keinerlei Vergangenheit als Gewerkschafter zu haben, aber das PSI mochte ihn. Wenn er zu den Besprechungen kam, verteilte er Feuerzeuge und Fotos von sich, auf denen er Lebensmittelpakete an die Bauern ausgab. Sowohl die Feuerzeuge als auch die Pakete trugen die Aufschrift ›Mit den besten Wünschen des PSI‹.«[451]

Im Jahre 1967 – im Gefolge einer ganzen Reihe von Enthüllungen über die geheimen Finanzierungsgeschäfte der CIA – gab der neue Vorsitzende des AFSCME zu, daß seine Gewerkschaft seit 1964 erhebliche Geldmittel von der CIA auf dem Umweg über eine Stiftung erhalten hatte (vgl. Anhang I). Aufgedeckt wurde auch, daß die Abteilung des AFSCME für internationale Angelegenheiten, die für die Operation in Britisch-Guayana verantwortlich war, in Wirklichkeit von zwei »Hilfskräften« aus der CIA geleitet wurde.[452]

Die Arbeit der CIA in der Dritten Welt ist üblicherweise von beträchtlichem erzieherischen Aufwand begleitet, dessen grundlegende Prämisse lautet: Alle Probleme der arbeitenden Menschen lassen sich in einem marktwirtschaftlichen System durch das Mit einander der Klassen und Tarifverhandlungen lösen, wie auch durch die Bekämpfung des Kommunismus in Zusammenarbeit mit der Geschäftsleitung und der Regierung, außer natürlich, wenn die Regierung – wie in diesem Fall – selbst »kommunistisch« ist. Die vielversprechendsten Schüler, also solche, in denen man schon die zukünftigen Führer erkennen kann, werden ausgewählt und zur Weiterbildung auf Schulen der CIA in den Vereinigten Staaten geschickt.

Auch konnte die CIA, so die Sunday Times, »erhebliche Erfolg dabei erzielen, Politiker dazu zu bringen, sich von Jagans Partei und Regierung abzuwenden. Ihre Technik der Finanzierung von verständnisvollen Personen bestand darin, hochdotierte Versicherungspolicen für sie abzuschließen.«[453]

Während des Wahlkampfs im Jahre 1961 wurde das laufende Programm der CIA durch Ad-hoc-Operationen anderer amerikanischer Stellen ergänzt. Der Propagandadienst der USA (US Information Service) unternahm den höchst ungewöhnlichen Schritt, seine Filme, in denen die Übel des Castrismus und des Kommunismus aufgezeigt wurden, auf den Straßen von Britisch-Guayana vorzuführen. Und der Christian Anti-Communist Crusade brachte seine reisende Informationstruppe in das Land und verwandte nach Be richten 76.000 Dollar für eine Wahlpropaganda, welche dem Namen der Organisation alle Ehre machte.[454] Ein Historiker beschrieb dies als »eine fragwürdige Handlung für eine private Organisation. Und das Außenministerium unternahm nichts, um sie davon abzubringen.«[455] Allerdings waren auch die Handlungen der offiziellen Vertreter der US Regierung in Britisch-Guayana nicht weniger fragwürdig.

Trotz der konzertierten Kampagne gegen ihn errang Jagans Partei erneut eine komfortable Mehrheit der Sitze im Parlament, wenn auch nur eine relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Im Oktober wurde Jagan auf eigenen Wunsch hin im Weißen Haus empfangen. Er war gekommen, um über Unterstützung für sein Entwicklungsprogramm zu verhandeln. Präsident Kennedy und seine Berater wollten jedoch zunächst herausfinden, wo Jagan auf dem politischen Spektrum einzuordnen war, bevor sie irgendwelche Hilfe gewähren würden. Nach der Beschreibung von Kennedys Berater, Arthur Schlesinger, der bei dem Treffen anwesend war, taten die Kennedy-Leute dabei seltsamerweise so, als wären sie vollständig unwissend, was die amerikanische Destabilisierungstätigkeit in Britisch Guayana anging.

Als Jagan seine Hochachtung vor der der britischen Labourpartei, Aneurin Bevan, zum Ausdruck brachte, »antworteten alle gefällig.« Zum Bekenntnis Jagans zum Sozialismus versicherte Kennedy: »Wir fuhren keinen Kreuzzug gegen die Politik des Vorsitzenden, um die Marktwirtschaft mit Gewalt in Teilen der Welt durchzusetzen, wo es keine Rolle spielt.«

Als Jagan aber – vielleicht etwas naiv – seine Bewunderung für die akademische linke Zeitschrift Monthly Review erwähnte, schien er eine ideologische Linie überschritten zu haben, wodurch das Schicksal seines Landes stillschweigend und nachhaltig besiegelt wurde. »Jagan», schrieb Schlesinger später, »war unbestreitbar irgendeine Art Marxist.«[456]

Solange Jagan an der Regierung war, wurde Britisch-Guayana keine Wirtschaftshilfe gewährt, und die Kennedy-Regierung übte Druck auf die Briten aus, das Land vorerst nicht in die Unabhängigkeit zu entlassen, was eigentlich innerhalb der nächsten zwei Jahre vorgesehen war.[457] Erst im Jahre 1966, als Jagan nicht länger im Amt war, wurde aus Britisch-Guayana das unabhängige Land Guyana.

Im Februar 1962 half die CIA dabei, gegen Jagan gerichtete Proteste zu organisieren und zu finanzieren, wobei der soeben verkündete neue Haushalt des Landes als Vor wand diente. Die daraus resultierenden Streiks, Aufstände und Brandstiftungen standen absolut in keinem Verhältnis zu dem angeblichen Anlaß. Eine Untersuchungskommission des britischen Commonwealth kam später zu folgendem Schluß (vielleicht zum Leidwesen des britischen Kolonialministeriums, das den Auftrag erteilt hatte):

»Auch wenn die Gewerkschaftsführer lauthals das Gegenteil beteuerten, so gibt es kaum einen Zweifel daran, daß politische Affinitäten und Bestrebungen eine große Rolle bei der Entwicklung ihrer Politik spielten und bei der Formulierung ihrer Programme, Widerstand gegen den Haushalt zu leisten und einen entschiedenen Versuch zur Ablösung der im Amt befindlichen Regierung zu leisten.«[458]

Wie vorher schon bei anderer Gelegenheiten, sorgte auch hier die CIA dafür, daß nord- und lateinamerikanische Gewerkschaften, mit denen sie enge Verbindungen unterhielt, die Streikenden mit Solidaritätsbotschaften und Lebensmitteln unterstützten, um den Anschein eines richtigen Arbeitskampfes zu erwecken. Der Geheimdienst sorgte auch dafür, daß Radiosender, von denen man vorher noch nie etwas gehört hatte, auf Sendung gingen und daß Zeitungen Falschmeldungen über sich nähernde kubanische Kriegsschiffe veröffentlichten.[459]

Das Kernstück des CIA-Programms in Britisch-Guayana war der Generalstreik (so genannt, obwohl er bei weitem nicht von allen unterstützt wurde), der im April 1963 begann. Er dauerte 80 Tage und soll der längste Streik der Geschichte gewesen sein.[460]

Dieser Streik wurde, wie bereits der im Jahre 1962, vom Gewerkschaftsbund Trades Union Council (TUC) ausgerufen, der, wie wir gesehen haben, ein angesehenes Mitglied der internationalen Gewerkschaftsmafia der CIA war. Der Vorsitzende des TUC war ein gewisser Richard Ishmael, der zusammen mit anderen guayanischen Gewerkschaftsfunktionären in den USA am American Institute for Free Labor Development der CIA ausgebildet worden war.

Die Streikwochen waren von wiederholten Gewaltakten und Provokationen gekennzeichnet, wozu auch Angriffe auf Jagans Ehefrau und einige seiner Minister gehörten. In einem geheimen Bericht der britischen Polizei konnte man später lesen, das Ishmael selbst Teil einer Gruppe von Terroristen gewesen war, welche während des Streiks Bomben- und Brandanschläge gegen Regierungsgebäude verübt hatten.[461]

Die britischen Behörden unternahmen nichts gegen Ishmael und seine Leute, sie nutzten vielmehr die Gelegenheit, um die explosive Situation noch anzuheizen, in der Hoffnung, dies würde zu Jagans Sturz führen.

Wie die New York Times später berichtete, gaben derweil CIA-Agenten »örtlichen Gewerkschaftsführern Ratschläge für die Organisation und die Aufrechterhaltung« des Streiks.

»Sie stellten auch Gelder und Lebensmittel für die Streikenden bereit sowie medizinische Versorgung für diejenigen bei den Tumulten verwundeten Arbeiter, welche Anhänger von Forbes Burnham waren. Einmal war ein Agent sogar Mitglied des Verhandlungskomitees der guayanischen Deicharbeitergewerkschaft bei ihren Verhandlungen mit Dr. Jagan.«

Dieser Agent wurde später von Jagan öffentlich angeprangert und für immer des Landes verwiesen.[462] Wahrscheinlich handelte es sich um Gene Meakins, einer der wichtigsten Gewerkschaftsagenten der CIA, der als Berater für Öffentlichkeitsarbeit und als Bildungsfunktionär der TUC tätig gewesen war. Meakins gab eine Wochenzeitung heraus und sendete ein tägliches Radioprogramm. Er war so in der Lage, einen Großteil der gegen Jagan gerichteten Propaganda zu erzeugen.[463] In der Untersuchung der Sunday Times heißt es:

»Jagan schien zu denken, daß die Gewerkschaften noch nicht einmal einen Monat durchhalten könnten. Aber McCabe stellte den größten Teil der Streikgelder bereit wie auch weitere Mittel für den Notfonds, für die 15 täglichen Minuten der Streiken den im Radio, für ihre Propaganda und für beträchtliche Reisespesen. Es schien, als würden sich überall auf der Welt die Schwestergewerkschaften zusammenlegen. Der aus London geschickte Vermittler, Robert Willis, der Generalsekretär der Druckergewerkschaft London Typographical Society, ein Mann, der bekannt war für seine Nachgiebigkeit bei Verhandlungen mit den Zeitungsbossen, war schockiert: ›Es wurde mir rasch klar, daß es sich um einen rein politischen Streik handelte‹, sagte er. ›Jagan gab bei allen Forderungen der Streikenden nach, aber so bald er dies tat, stellten sie neue Forderungen.‹«[464]

Allein die finanzielle Unterstützung des Streiks durch die CIA, die auf dem Umweg über das PSI und andere Gewerkschaftsorganisationen abgewickelt wurde, erreichte den Betrag von mindestens einer Million Dollar.

Ein weiteres Beispiel dafür, welch eine Vielzahl von Ressourcen die USA aufbieten können, wenn es darum geht, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, bieten die amerikanischen Erdölgesellschaften. Die Unternehmen unterstützten die Streikenden dadurch, daß sie die Öllieferungen einstellten und Jagan damit zwangen, sich deswegen an Kuba zu wenden. Während der verbleibenden Jahre im Amt wandte sich Jagan angesichts eines allgemeinen Embargos durch die USA zunehmend dem Ostblock zu. Das lieferte natürlich den Kritikern Jagans in Britisch-Guayana sowie den Vereinigten Staaten und Großbritannien neue Munition. Sie behaupteten, er wäre ein Kommunist und von ihm gingen die Gefahren aus, die nun einmal von Kommunisten ausgingen.

Der Streik wurde hauptsächlich von den Unterstützern Forbes Burnhams unter den Schwarzen und von den Arbeitgebern geführt, die viele von Jagans Gefolgsleuten aus sperrten. Dies verschärfte unvermeidlich die Spannungen zwischen den Rassen, die es bereits gab, auch wenn die Sunday Times versicherte, »das Verhältnis der Rassen zueinander war eher freundlich, bis der Streik von 1963 das Land spaltete.« Schließlich glitten die Spannungen in ein Blutvergießen ab, welches Hunderte von Toten und Verwundeten und »ein Vermächtnis der Bitterkeit zwischen den Rassen« hinterließ.[464]

Jagan war sich – zumindest bis zu einem gewissen Punkt – sicher bewußt, was um ihn herum während des Generalstreiks vorging. Nachdem er vorbei war, stellte er fest:

»Trotz der gegenteiligen Behauptungen einiger ihrer Führer sind die Vereinigten Staaten nicht bereit, die Existenz einer sozialistischen Regierung oder eine Regierung, die durchgreifende und grundlegenden Reformen auf ihre Fahne geschrieben hat, in diesem Teil der Welt hinzunehmen, sogar wenn diese Regierung aus freien Wahlen hervorgegangen ist [...] Es ist allzu deutlich, daß die Vereinigten Staaten nur dann eine demokratische Regierung unterstützen, wenn diese ein System der klassischen Markwirtschaft befürwortet.«[465]

In einem Versuch, die Hürde der Zwangsvorstellungen der USA bezüglich der Sowjetunion und »eines weiteren Kubas in der westliche Hemisphäre», zu überwinden, schlug Jagan vor, Britisch-Guayana solle durch einen Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion »neutralisiert« werden, wie die beiden Mächte dies im Falle von Österreich vereinbart hatten. Aus Washington kam auf diesen Vorschlag keinerlei Reaktion.[466]

Cheddi Jagans Regierung schaffte es trotz aller Provokationen und Demütigungen zu überleben. Als für 1964 Wahlen anberaumt wurden, kehrten die Briten und ihre amerikanischen Vettern wieder zu feinsinnigeren Methoden zurück.

Der britische Kolonialminister, Duncan Sandys, einer der Hauptakteure bei den Jagan betreffenden Abmachungen zwischen den Briten und der CIA, führte den Streik und die allgemeinen Unruhen als Beweis dafür an, daß Jagan das Land nicht führen bzw. nicht die Stabilität garantieren könnte, welche die britische Regierung als Voraussetzung forderte, um Britisch-Guayana in die Unabhängig zu entlassen. (Sandys hatte im Jahre 1948 die »Europäische Bewegung« gegründet, eine von der CIA finanzierte Organisation des Kalten Krieges.)[467]

Das war natürlich reine Erfindung. Der für mehrere Zeitungen schreibende amerikanische Kolumnist Drew Pearson stellte in seinem Artikel über das Treffen zwischen Präsident Kennedy und dem britischen Premierminister Macmillan im Sommer 1963 fest:

»Die beiden vereinbarten vor allem, die Briten sollten sich weigern, Guayana wegen eines Generalstreiks gegen den prokommunistischen Ministerpräsidenten Cheddi Jagan in die Unabhängigkeit zu entlassen. Dieser Streik wurde unter der Hand vom britischen Geheimdienst mit Geldern des amerikanischen Geheimdienstes angezettelt. Er verschaffte London die Ausrede, die es haben wollte.«[468]

Die Ausrede diente außerdem zur Rechtfertigung eines Zusatzes zur Verfassung von Britisch-Guayana, wonach ein Verhältniswahlrecht eingeführt wurde – ein System, welches die Garantie dafür bieten würde, daß aus Jagans Mehrheit der Parlamentssitze eine bloße Mehrheit der Stimmen würde. Anschließend gab der von den Briten ernannte Gouverneur von Britisch-Guayana bekannt, er würde sich nicht daran gebunden fühlen, den Führer der stärksten Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, falls dieser nicht die Mehrheit der Sitze hätte, ein Verfahren, das im schreienden Gegensatz zu dem stand, was selbst in Großbritannien üblich war.

Als im Oktober 1964 die Labourpartei die Konservativen an der Regierung in Großbritannien ablösten, hoffte Jagan darauf, daß die Verschwörung gegen ihn beendet würde, hatten doch etliche hochrangige Führer der Labourpartei öffentlich und auch persönlich gegenüber Jagan ihrer Opposition gegen die hinterhältige und undemokratische Politik ihrer konservativen Gegner Ausdruck gegeben. Innerhalb von wenigen Tagen nach der Regierungsübemahme machte die Labourpartei diese Hoffnungen zunichte.[469]

Die Labourpartei »beugte sich den Wünschen der Vereinigten Staaten», so enthüllte die New York Times, und »schloß eine frühe Unabhängigkeit für Britisch-Guayana aus.« Außerdem hielt sie am Verhältniswahlrecht fest. Außenminister Dean Rusk, so wurde berichtet, hatte den neuen britischen Außenminister, Patrick Gordon-Walker, »nicht im Zweifel darüber gelassen, daß die Vereinigten Staaten einem Aufstieg Britisch-Guayanas als eines unabhängigen Staates nach der Art Kubas nicht tatenlos zusehen würden.«[470] Bei einer früheren Gelegenheit hatte Rusk Gordon-Walkers konservativen Vorgänger, Lord Home, gedrängt, die Verfassung von Britisch-Guayana wieder auszusetzen und »zu einer direkten Kolonialherrschaft zurückzukehren.«[471]

Die intensive amerikanische Lobbyarbeit gegen Britisch-Guayana (die eigentliche Umsturzarbeit wollen wir an dieser Stelle außen vor lassen) veranlaßte den konservativen Parlamentsabgeordneten und früheren Kolonialminister Iain Macleod im Unterhaus zu der Bemerkung:

»Es steckt eine Ironie, die wir alle bemerken, in der Tatsache, daß Amerika uns überall auf der Welt zur Befreiung von der Kolonialherrschaft drängt, es sei denn, diese nähert sich seiner eigenen Haustür.«[472]

Am Tag vor der Wahl vom 07.12.1964 erschien in einer der Zeitungen von Britisch Guayana ein Brief – ein gefälschter prokommunistischer Brief, eine Methode, welche die CIA bis heute auf der ganzen Welt anwendet. Der Brief war, wie es hieß, von Jagans Ehefrau Janet an Mitglieder der Kommunistischen Partei geschrieben worden, und es hieß darin: »Wir können uns beruhigt zurücklehnen bei dem Gedanken, daß der PNC [Burnhams Partei] nicht fähig sein wird, lange im Amt zu bleiben. Unsere kommunistischen Genossen im Ausland werden uns auch in Zukunft dabei helfen, letzten Endes einen vollständigen Sieg zu erringen.«

Frau Jagan entgegnete umgehend, sie wäre wohl kaum so dumm, einen Brief wie diesen zu schreiben, aber wie immer in solchen Fällen erschien der Widerruf irgendwo im Innern der Zeitung und außerdem zu spät nach der Anschuldigung.[473]

Wie erwartet, gewann Jagan nur eine relative Mehrheit der Parlamentssitze: 24 von 53. Der Gouverneur betraute daraufhin Forbes Burnham, der nur Zweiter geworden war, mit der Bildung einer neuen Regierung. In dem geheimen Bericht der britischen Polizei, auf den schon verwiesen wurde, war Burnham auch als Terrorist bezeichnet worden, und das Gleiche galt für etliche seiner Minister.

Jagan weigerte sich zurückzutreten. Britische Heerestruppen in der Hauptstadt Georgetown wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Eine Woche später setzte der Gouverneur Ihrer Majestät mit einem Federstrich einen weiteren Zusatz zur Verfassung von Britisch-Guayana in Kraft und schloß damit ein Schlupfloch, das es Jagan gestattet hätte, auf Zeit zu spielen. Er schickte sich schließlich in das Unvermeidliche.[474]

Bei einer Konferenz in New York im Jahre 1990, bei der auch Cheddi Jagan anwesend war, entschuldigte sich Arthur Schlesinger öffentlich bei diesem. Schlesinger sagte, es sei seine Empfehlung an die Briten gewesen, die zu dem Trick mit dem Verhältniswahl recht geführt habe. Der frühere Berater Kennedys bekannte:

»Ich fühlte mich absolut elend wegen meiner Rolle dreißig Jahre zuvor. Ich halte es für ein großes Unrecht, was wir Cheddi Jagan angetan haben.«[475]

Vier Jahre danach, als Jagan erneut Präsident war – er hatte im Jahre 1992 die ersten freien Wahlen des Landes seit seinem Sturz gewonnen – beschloß die Clinton-Regierung, einen neuen Botschafter für Guyana zu ernennen: William Doherty. Jagan war entgeistert und gab seinen Gefühlen in einer Art und Weise Ausdruck, daß Doherty nicht länger in Betracht gezogen wurde.[476]

Als im Jahre 1994 der Zeitpunkt näherkam, daß die US-Regierung unter der 30-Jahres Vorschrift ihre Dokumente über Britisch-Guayana freigeben sollte, weigerten sich das Außenministerium und die CIA, dies zu tun, wie die New York Times berichtete, weil »es nicht der Peinlichkeit wert ist.« Die Zeitung fügte hinzu:

»Noch nicht freigegebene Dokumente beschreiben in ungewöhnlicher Detailgenauigkeit eine direkte Anweisung des Präsidenten, Dr. Jagan abzusetzen, sagten Regierungsbeamte, die mit den Geheimpapieren vertraut sind. Auch wenn viele Präsidenten die CIA angewiesen hätten, ausländische Führer zugrunde zu richten, so seien die Jagan-Papiere ausnahmsweise einmal ein schlagender Beweis, wie sie sagten: Es gäbe einen unmißverständlich geschriebenen Bericht, ohne verschleiernde Sprache oder glaubhafte Dementis, über den Befehl eines Präsidenten, einen ausländischen Ministerpräsidenten abzusetzen.«[477]

Im Rückblick auf das Ganze sagte Janet Jagan:

»Sie haben einen Fehler begangen, als sie Burnham einsetzten. Am bedauerlichsten dabei ist, daß das Land zurückgeworfen wurde.«

Und so war es tatsächlich: Guyana, ein Land, das 30 Jahre zuvor zu den wohlhabendsten in der Region gezählt hatte, befand sich im Jahre 1994 unter den ärmsten. Sein Hauptexportgut waren jetzt Menschen.[476]

17: Sowjetunion späte 1940er- bis 1960er Jahre

Alles von Spionageflugzeugen bis zur Veröffentlichung von Büchern

Informationen. Hunderte von jungen Amerikanern und russischen Emigranten gaben ihr Leben, damit die Vereinigten Staaten so viele Informationen wie möglich über die Sowjetunion sammeln konnten, ja, nahezu alle Informationen, die sie nur bekommen konnten über das Land, das Churchill als »ein Rätsel, das in einem Geheimnis in einem Buch mit sieben Siegeln verborgen ist« beschrieben hatte.[478]

Es gibt allerdings keinerlei Beweise dafür, daß irgendeine der gesammelten Informationen jemals ein Leben gerettet oder der Welt irgendeinen nützlichen Dienst erwiesen hätte. Heute liegen in Lagerhäusern in den Vereinigten Staaten und in der BRD Tonnen von Ordnern voller Berichte sowie Berge von Computerausdrucken, Tonbändern, Fotografien usw. in Aktenschränken herum und setzten Staub an. Wahrscheinlich ist ein Gutteil des Materials bereits durch den Reißwolf gelaufen und vieles davon ist sicher nie angeschaut worden und wird es auch nie werden.

Seit Ende der 1940er Jahre schickten das US-Militär, die CIA und der Nationale Sicherheitsdienst regelmäßig Flugzeuge entlang der Grenzen der Sowjetunion, um optische, fotografische und elektronische Daten militärischer oder wirtschaftlicher Natur, insbesondere über das Raketen- und Atomwaffenpotential der Sowjets, zu sammeln. Die immer höher entwickelten Flugzeuge und Apparaturen, wie auch die Satelliten, Unterseeboote und elektronischen Lauschanlagen in der Türkei und dem Iran produzierten riesige Mengen von Daten für die Computer der Dienste. Manchmal überflogen die Flug zeuge unbeabsichtigt sowjetisches Territorium. Zu anderen Zeiten taten sie es mit der Absicht, ein bestimmtes Ziel zu fotografieren, Radaranlagen zu aktivieren, damit sie deren Signale auffangen konnten, oder die Reaktion der sowjetischen Bodenabwehr auf Angriffe zu testen. Es war ein gefährliches Spiel von »Mutproben« in der Luft, und bei vielen Gelegenheiten gerieten die Flugzeuge ins Feuer der sowjetischen Flugabwehr oder Abfangjäger.

In den beiden Jahren 1950 und 1951 wurde ein Spionageflugzeug mit einer Besatzung von zehn Personen abgeschossen, wobei es keine Überlebenden gab. Im Jahre 1969 wurde eine Maschine mit 31 Leuten Besatzung über dem Japanischen Meer abgeschossen, dieses Mal von einem nordkoreanischen Kampfflugzeug. In den Jahren dazwischen gab es Dutzende von Luftzwischenfällen zwischen amerikanischen Flugzeugen und kommunistischer Feuerkraft, die durch Hunderte, wenn nicht Tausende von Spionageflügen verursacht wurden. Einige der Spionageflugzeuge schafften es sicher zurück auf ihre Stützpunkte (in der Türkei, dem Iran, in Griechenland, Pakistan, Japan oder Norwegen) zu gelangen, nachdem sie angegriffen oder sogar getroffen worden waren. Andere wurden von den Sowjets abgeschossen und ihre Besatzungsmitglieder kamen ums Leben oder wurden gefangengenommen.

Es gab beträchtliche Verwirrung bezüglich der Anzahl und des Schicksals von US-Piloten, die von den Sowjets in den 1950er- und 1960er Jahren gefangengenommen wurden, nachdem ihre Flugzeuge zur Landung gezwungen oder abgeschossen worden waren. Der russische Präsident Boris Jelzin erklärte im Jahre 1992, in den frühren 1950er Jahren seien neun amerikanische Flugzeuge abgeschossen und zwölf überlebende Amerikaner gefangengesetzt worden, über deren endgültiges Schicksal bis dato nichts bekannt sei. Fünf Monate später teilte Dimitrij Wolkogonow, ein früherer Sowjetgeneral und stellvertretender Vorsitzender einer russisch-amerikanischen Kommission, die das gesamte Fragebündel der vermißten Amerikaner untersuchte, einem Ausschuß des US-Senats mit, während des Kalten Krieges seien 730 Flieger bei Spionageflügen gefangengenommen worden und deren Schicksal sei ebenso unklar.[479]

Der sensationellste dieser Vorfälle war natürlich der Abschuß einer U-2 am 01.05.1960, die von Francis Gary Powers geflogen wurde. Die extrem hoch fliegenden U-2-Flug zeuge waren entwickelt worden, weil Flugzeuge, die auf normaler Höhe flogen, zu sehr der Gefahr eines Abschusses ausgesetzt waren. Das Verschwinden von Powers und seiner U-2 in den Tiefen der Sowjetunion verstrickte die Regierung der Vereinigten Staaten öffentlich in das Gewirr einer falschen Anfangsgeschichte, auf die Dementis und Nachträge zu Dementis folgten. Als die Russen schließlich Powers und sein Flugzeug der Welt präsentierten, hatte Präsident Eisenhower keine Alternative, als die Wahrheit zuzugeben. Anzüglich fügte er jedoch hinzu, Flüge wie die der U-2 seien »zwar widerlich«, angesichts des russischen »Fetisches von Geheimnistuerei und Verschleierung aber lebensnotwendig.«[480] Einer der Berater von Eisenhower, Emmet John Hughes, sollte später bemerken, es habe die Regierung nur sechs Tage gekostet, »eine unwahrscheinliche Lüge in eine unumschränkte Wahrheit zu verwandeln.«[481]

Bei verschiedenen Gelegenheiten beschwerten sich die Vereinigten Staaten bei der Sowjetunion wegen deren Angriffe auf amerikanische Flugzeuge, die sich nicht wirklich über sowjetischem Staatsgebiet, sondern – beispielsweise – über dem Japanischen Meer befanden. Obwohl es sich natürlich um Spionage handelte, scheinen solche Flüge nach dem Völkerrecht tatsächlich zulässig gewesen zu sein.

Die ernsthafteste Nachwirkung der gesamten U-2-Affäre war allerdings, daß dadurch das Gipfeltreffen zwischen Eisenhower und Chruschtschow, das zwei Wochen später in Paris stattfand und auf dem so viel Hoffnung auf Frieden und Entspannung von Menschen auf der ganzen Welt ruhten, zum Scheitern verurteilt war.

War die U-2-Affäre das unglückliche zeitliche Zusammentreffen, das die Geschichte daraus gemacht hat? Oberstleutnant Fletcher Prouty, ein Veteran der US-Luftwaffe, lieferte eine andere Interpretation. Von 1955 bis 1963 diente Prouty als Verbindungsmann zwischen der CIA und dem Pentagon für Angelegenheiten, welche die Unterstützung von »Sonderoperationen« durch das Militär betrafen. In seinem Buch THE SECRET TEAM äußert Prouty die Vermutung, der CIA und bestimmte Leute des militärischen Geheimdienstes hätten diesen speziellen Flug der U-2 – den letzten vor dem geplanten Gipfel treffen – wahrscheinlich sabotiert, um ein Nachlassen des den Kalten Krieg prägenden Spannungen, die ihr ganzer Lebensinhalt waren, zu verhindern.

Die Methode, die dabei benutzt wurde, war, so vermutet Prouty, bemerkenswert simpel. Der Motor der U-2 benötigte die Zufuhr von flüssigem Wasserstoff, um die unglaubliche Flughöhe halten zu können, durch die das Flugzeug außer Reichweite der sowjetischen Luftabwehr und Abfangjäger blieb. Wenn der Wasserstoffbehälter beim Start in der Türkei nur zum Teil mit einer genau berechneten Menge gefüllt würde, wäre es nur eine Sache der Zeit, bis die U-2 über sowjetischem Territorium gezwungen wäre, auf eine niedrigere Flughöhe herunterzugehen. Bis heute ist nicht geklärt, ob das Flugzeug abgeschossen wurde oder ob Powers absprang, um einen Absturz des Flugzeugs herbei zuführen. Die Sowjetunion behauptete jedenfalls, sie habe die U-2 auf ihrer normalen Flughöhe mit einer Rakete abgeschossen, aber dies war vermutlich eine Lüge, die aus vier Jahren vergeblicher Versuche, auch nur eine einzige U-2 vom Himmel zu holen, geboren worden war. Auf jeden Fall waren die Russen in der Lage, der Welt ein teilweise intaktes Spionageflugzeug zusammen mit einem völlig intakten Spionagepiloten mit samt verschiedenster belastender Papiere und einer ungebrauchten Giftspritze zu präsentieren. Daß auch Ausweispapiere gefunden wurden, war wie Prouty schrieb, kein Versehen: Mit Absicht waren »weder der Pilot noch das Flugzeug für diesen Flug gesäubert worden, wie es bei solchen Flügen Vorschrift war.«[482]

Powers, der auch ein Buch über die Sache schrieb, geht auf den flüssigen Wasserstoff überhaupt nicht ein. Er glaubte, sein Flugzeug sei durch die Stoßwellen eines Beinahezusammenstoßes mit einem sowjetischen Flugzeug beeinträchtigt und gezwungen worden, tiefer zu gehen. Allerdings berichtet er auch, er habe bereits vor dem Beinahezusammenstoß technische Probleme bemerkt.[483]

Wenn man an den Aufruhr denkt, den der Abschuß eines südkoreanischen Passagierflugzeuges – von dem die Russen behaupteten, es sei ein Spionageflugzeug – durch die Sowjetunion im Jahre 1983 verursachte, dann ist erwähnenswert, daß Prouty auch berichtet, die Vereinigten Staaten hätten bei einer Gelegenheit »eine scheinbar saubere nationale Handelsfluglinie« eines nicht näher bezeichneten ausländischen Landes für »Spionageaufnahmen oder andere Geheimaufträge« benutzt.[484]

Für die Russen waren die Spionageflugzeuge mehr als bloß eine Verletzung ihres Luftraumes, und sie wiesen entschieden die von den USA vertretene Auffassung zu rück, die Flüge wären bloß eine andere Art von Spionage, das heißt eine »Sammlung von Geheimdienstinformationen, wie sie alle Länder praktizieren.«[485] (Bis zu jener Zeit gab es keinerlei Hinweise auf sowjetische Flüge über den Vereinigten Staaten.)[486] Die Russen betrachteten diese Flüge als besondere Provokationen, weil Flugzeuge ein Mittel der Kriegsführung waren und die Flüge daher der Beginn von Feindseligkeiten hätten sein und die Flugzeuge sogar Bomben an Bord gehabt hätten können. Die Russen konnten nicht vergessen, daß die Nazis ihre Invasion der Sowjetunion durch zahlreiche Aufklärungsflüge über ihr Land vorbereitet hatten. Ebenso wenig konnten sie vergessen, daß im April 1958 US-Flugzeuge mit Atombomben an Bord die Arktis Richtung UdSSR überflogen hatten, weil das amerikanische Radar falsche Warnsignale angezeigt hatte. Die Flugzeuge waren erst zurückbefohlen worden, als sie nur noch zwei Flugstunden von der Sowjetunion entfernt waren.[487]

Kein amerikanisches Flugzeug warf Bomben auf die Sowjetunion ab, aber viele von ihnen setzten Männer ab, die den Auftrag hatten, feindliche Missionen auszuführen. Die Männer, die vom Himmel fielen, waren Russen, die in den Westen geflohen waren, wo sie vom der CIA und anderen westlichen Geheimdiensten angeworben wurden.

Die führende Emigrantenorganisation war unter dem Namen Bund Russischer Solidariten oder Volksbund der Schaffenden (Narodno-Trudovoj Sojuz Rossijskich Solidaristov bzw. Nacional’no Trudovoj Sojuz, NTS) bekannt. Sie setzte sich vor allem aus zwei unterschiedlichen Gruppen zusammen: aus den Söhnen solcher Russen, die nach der Oktoberrevolution in den Westen gegangen waren, und aus solchen Russen, die auf Grund der Umstände oder ihrer eigenen Entscheidung am Endes des Zweiten Weltkriegs nach Westeuropa gegangen waren. Mitglieder beider Gruppen hatten während des Krieges mit den Nazis kollaboriert. Obwohl der NTS im Allgemeinen dem rechten Flügel der verschiedenen Emigrantenorganisationen zugerechnet wurde, war seine Kollaboration eher durch antistalinistische als durch nazifreundliche Einstellung motiviert gewesen.

Der Hauptstützpunkt des NTS war in den 1950er Jahren in der BRD, und die CIA war der Hauptgönner, ja bisweilen sogar der einzige Unterstützer der Organisation, z.B. durch eine Schule der CIA in München, die den eindrucksvollen Namen Institut zur Erforschung der UdSSR trug. Die Mitglieder des NTS und der CIA wurden in Schulen in Großbritannien und den Vereinigten Staaten umfassend ausgebildet, bevor sie auf sowjetischem Territorium abgesetzt wurden. Wenn die Männer auf ihrer Heimaterde landeten, waren sie bis in alle Einzelheiten ausgerüstet: angefangen von Waffen bis hin zu zusammenklappbaren Fahrrädern, Taucheranzügen und Gummimatten zum Übersteigen von elektrisch geladenen Stacheldrahtzäunen.

Die Russen wurden zu den verschiedensten Zwecken in ihr Heimatland zurückgebracht: Um Geheiminformationen über militärische und technische Anlagen zu sammeln, um Mordanschläge auszuführen, um Beispiele aktueller Ausweispapiere zu beschaffen, um westlichen Agenten zur Flucht zu verhelfen, um Sabotageakte zu verüben, für die sie ausgebildet worden waren (Züge zum Entgleisen zu bringen und Brücken zu sprengen, Anschläge auf Waffenfabriken und Kraftwerke auszuführen usw.), oder um einen bewaffneten politischen Kampf gegen die Herrschaft der Kommunisten auszulösen, indem sie sich mit Widerstandsbewegungen zusammentaten – ein völlig unrealistisches Ziel, wenn man den kläglichen Zustand solcher Bewegungen bedenkt. Es war aber eins, auf das einige fanatische Mitglieder des NTS schworen.

Man wird wohl nie genau wissen, wie viele Männer der CIA tatsächlich die Sowjetuni on auf dem Luftweg wie auch zu Fuß und mit Booten infiltrierten, aber es waren auf je den Fall viele Hunderte. Was ihr Schicksal betrifft, so veröffentlichte die Sowjetunion im Jahre 1961 ein Buch unter dem Titel CAUGHT IN THE ACT (= CIA) [AUF FRISCHER TAT ERTAPPT], in dem die Namen und weitere Einzelheiten von ungefähr zwei Dutzend Eindringlingen aufgelistet worden waren, von denen die Russen behaupteten, sie hätten sie – oftmals fast sogleich nach ihrer Ankunft – gefaßt. Einige wurden hingerichtet, andere erhielten Gefängnisstrafen. Einer von ihnen hatte angeblich an Massenhinrichtungen von Juden in dem von den Deutschen besetzten Teil der UdSSR teilgenommen. In dem Buch wird versichert, daß noch viele andere gefangengenommen wurden, die nicht im Einzelnen aufgeführt worden waren. Dies mag zwar eine eigennützige Aussage gewesen sein, dennoch war es für die Russen eine ziemlich einfache Angelegenheit, die führenden Kreise der Emigranten in Westeuropa zu infiltrieren und ihre sämtlichen Operationen auszukundschaften.

Die CIA war ganz gewiß nicht naiv, was dies alles betraf. Sie ging soweit, vermutliche Überläufer in München zu foltern, wobei sie die abartigsten Methoden einsetzte. Beispielweise übergoß man die Hoden eines Mannes mit Terpentin, oder man schloß jemanden in einen Raum ein und spielte indonesische Musik in einer taubmachenden Lautstärke ab, bis er durchdrehte.[488]

Außerdem behaupteten die Russen, einige der Eingeschleusten seien mit besonderen Funkleitstrahlen ausgerüstet gewesen, um Flugzeuge dorthin zu lenken, wo sie weitere Agenten absetzten sollten, welche aber im Kriegsfall ebenso US-Bomber hätten lenken können.

Nachdem sie versucht hatten, ihre Aufträge auszuführen oder einige Informationen beschaffen konnten, gelang es einigen der Emigranten, wieder zurück nach Westeuropa zu kommen. Andere, die mit einem vollständigen Satz der benötigten Papiere ausgestattet worden waren, hatte man angewiesen, sich wieder in die Sowjetgesellschaft einzuglie dem und »Agenten vor Ort« zu werden. Wieder andere wurden ein Opfer ihres Gefühls, wieder in der »Heimat« zu sein, und stellten sich den sowjetischen Behörden. Wieder einmal kam der »menschliche Faktor« zum Tragen, der sich durch keine noch so scharfe Ausbildung oder Indoktrination ausschalten läßt.[489]

Keine amerikanische Operation gegen die Sowjetunion wäre ohne die dazugehörige Propaganda vollständig gewesen: Danach ging es darum, über eine Unzahl von Wegen, welche die Kreativität der CIA und ihrer Emigrantengruppen offenbarten, den Heiden das Evangelium zu bringen.

Die Flugzeuge und Ballons wurden mit neu entwickelten Vorrichtungen ausgestattet, um antikommunistische Literatur über der Sowjetunion abzuwerfen. Wenn der Wind richtig stand, wurden unzählige Flugblätter und Broschüren über das Land verstreut, oder man ließ große Mengen an Literatur in wasserdichten Verpackungen flußabwärts treiben.

Sowjetbürger, die in den Westen kamen, stießen auf Schritt und Tritt auf die Leute des NTS, die ihnen Zeitungen und Zeitschriften in russischer und ukrainischer Sprache auf drängten. Um den Kontakt zu erleichtern, befaßte der NTS sich bisweilen auch mit Schwarzmarktaktivitäten und eröffnete kleine Geschäfte, in denen Russen besonders günstig einkaufen konnten. Von Nordafrika bis Skandinavien machte sich das Netz der CIA an sowjetische Seeleute, Touristen, Beamte, Athleten und sogar an Sowjetsoldaten in der DDR heran, um ihnen die »Wahrheit« aus der Sicht der »Freien Welt« nahezu bringen, sie nach Informationen auszuholen, sie dazu zu überreden, sich abzusetzen, oder sie als Spione anzuwerben. Um diese Ziele zu erreichen, wurden Hotelzimmer durchsucht, Telefone abgehört und Schmiergelder angeboten oder es wurde mit Erpressung gedroht. Man unternahm auch Versuche, sowjetische Diplomaten zu verführen oder zu provozieren, um ihre Ausweisung zu erreichen und/oder die Sowjetunion in Verlegenheit zu bringen.[490]

Die Propagandaoffensive führte dazu, daß die US-Regierung auch im Verlagsgeschäft tätig wurde. Unter einer Vielzahl von Abmachungen mit amerikanischen und ausländischen Verlegern, Buchvertrieben, Literaturagenten und Autoren produzierten, subventionierten oder förderten die CIA und der Propagandadienst der USA (US Information Agency, USIA) bis zum Jahr 1967 »gut tausend Bücher«, von denen man annahm, daß sie zu Propagandazwecken geeignet wären.[491] Viele dieser Bücher wurden sowohl in den Vereinigten Staaten als auch im Ausland verkauft. Aus keinem ging hervor, daß die US Regierung ihre Hand dabei im Spiel hatte. Über einige sagte der USIA:

»Wir steuern die Dinge von der Idee bis zur endgültigen Druckvorlage.«[492]

Einige der Bücher wurden erst dann veröffentlicht, manchmal sogar erst dann geschrieben, wenn der USIA oder die CIA zugesagt hatten, eine große Zahl von Exemplaren an zukaufen. Es gibt keine Möglichkeit herauszufinden, welche Auswirkungen dieser finanzielle Anreiz auf einen Verleger oder Autor hinsichtlich der politischen Färbung oder Richtung eines Buchs hatte. In einigen Fällen überließ Washington einem Autor vertrauliche Informationen, um ihm oder ihr bei der Abfassung eines bestimmten Buches behilflich zu sein. Im Jahre 1967 wurde diese Praxis infolge von Enthüllungen über die Inlandsaktivitäten der CIA angeblich in den USA eingestellt, im Ausland hin gegen wurde sie fortgesetzt. Ein Senatsausschuß stellte im Jahre 1976 fest, die CIA habe während der vorangegangenen Jahre mit der Veröffentlichung von rund 250 Büchern, meistens in Fremdsprachen, zu tun gehabt.[493] Einige von ihnen wurden höchst wahrscheinlich später in den Vereinigten Staaten nachgedruckt.

Um welche Bücher es sich handelte, wird in den meisten Fällen bis heute unter Verschluß gehalten. Unter denen, die bekannt geworden sind, waren:

  • Rostow, Walt: THE DYNAMICS OF SOVIET SOCIETY [Die Dynamik der Sowjetgesellschaft]
  • Djilas, Milovan: THE NEW CLASS [Die neue Klasse]
  • Burton, Robert A.: CONCISE HISTORY OF THE COMMUNIST PARTY [Eine kurzgefaßte Geschichte der Kommunistischen Partei]
  • Müller, Kurt: DIE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE KONZEPTION DES SOWJETBLOCKS UND CHINAS
  • Gardner, Richard N.: IN PURSUIT OF WORLD ORDER [Das Streben nach einer Weltordnung]
  • Griffith, Sam (Generalmajor): PEKING UND PEOPLEʼS WARS [Peking und die Volkskriege]
  • Ravines, Eudocio: THE YENAN WAY [Der Weg nach Jenan]
  • Gonzalez, Valentin: LA VIE ET LA MORT EN URSS [Leben und Tod in der UdSSR]
  • Labin, Suzanne: THE ANTHILL [Der Ameisenhügel]
  • Atkinson, James David: THE POLITICS OF STRUGGLE: THE COMMUNIST FRONT UND POLITICAL WARFARE [Die Politik des Kampfes. Die kommunistische Front und die politische Kriegsführung]
  • Van Chi, Hoang: FROM COLONIALISM TO COMMUNISM [Vom Kolonialismus zum Kommunismus]
  • Träger, Frank: WHY VIETNAM? [Warum Vietnam?]
  • Mallin, Jay: TERROR IN VIETNAM

Außerdem finanzierte die CIA die Produktion und den weltweiten Vertrieb der Trickverfilmung von George Orwells Farm der Tiere.[494]

Das durchschlagkräftigste Eindringen von Propaganda erfolgte allerdings über den Äther. Zahllose Sendeanlagen, enorme Wattleistungen und oftmals Programme rund um die Uhr brachten Radio Liberty und Radio Free Russia in die Sowjetunion, Radio Free Europe und RIAS nach Osteuropa und die Voice of America in alle Winkel der Erde. Mit Ausnahme des letzteren waren alle Sender angeblich Privatfirmen, die offiziell aus »Geschenken« amerikanischer Körperschaften, mit winzigen Geldspenden der amerikanischen Öffentlichkeit und aus anderen privaten Quellen finanziert wurden. In Wirklichkeit aber übernahm die CIA bis 1971 insgeheim nahezu alle Kosten. Als im Jahre 1967 die Rolle, die der Geheimdienst spielte, aufgedeckt wurde (Vermutungen darüber hatten allerdings schon lange zuvor weithin die Runde gemacht), führte dies schließlich dazu, daß der Kongreß einer offenen Finanzierung der Sender durch die Regierung zustimmte.

Die Sender dienten zwar dem Zweck, einige der Lücken der kommunistischen Medien zu füllen und deren Unwahrheiten zu korrigieren, aber sie zeichneten andererseits ein Bild der – östlichen wie der westlichen – Welt, das mit ihren eigenen Auslassungen und Entstellungen durchsetzt war. Ihre Lebensaufgabe bestand darin, alles hervorzuheben, was die kommunistischen Regimes schlecht dastehen ließ. Victor Marchetti, ein ehemaliger leitender Beamter des Geheimdienstes, schrieb:

»Für viele in der CIA bestand der Wert der Radiosender vor allem darin, daß man in Osteuropa Unzufriedenheit säen und dadurch die kommunistischen Regierungen schwächen konnte.«[495]

Viele der Russen, die für die verschiedenen Sender arbeiteten, welche sich ausführlich über Freiheit, Demokratie und humanitäre Belange ausließen, wurden später vom Justizministerium der USA als Mitglieder der berüchtigten Einsatzgruppen von der deutschen Wehrmacht identifiziert, die zahlreiche Juden in der Sowjetunion zusammengetrieben und getötet hatten. Einer dieser »Helden« war Stanislaw Stankiewitsch, unter dessen Kommando in Weißrußland ein Massenmord an Juden stattgefunden hatte, bei dem Kleinkinder zusammen mit den Toten lebendig begraben worden waren, wahrscheinlich um Munition zu sparen. Stankiewitsch landete als Mitarbeiter bei Radio Liberty. Außer dem setzte die CIA deutsche Kriegsverbrecher bei einer Vielzahl von Operationen gegen die Sowjetunion ein.[496]

Man kann es betrachten, wie man will: Die diversen Programme zur Gewinnung von strategischen Informationen über die Sowjetunion – vor allem durch das Infiltrieren des Landes und die Kontaktaufnahme zu Sowjetbürgen im Westen – waren ein einziges Fiasko. Die gelieferten Informationen waren gewöhnlich banal, widersprüchlich, entstellt oder veraltet, und was noch schlimmer war, sie waren oftmals geschönt, wenn nicht sogar durch und durch erfunden. In der Nachkriegszeit verdienten viele Emigranten in Westeuropa ihren Lebensunterhalt durch das Geschäft mit Informationen, diese waren ihre am besten verkäufliche Ware. Aus einer tatsächlichen oder erfundenen Begegnung mit einem Sowjetbürger konnten sie einen Bericht machen, der oftmals nur aus alltäglichen Fakten mit einem Schuß Politik bestand. Bisweilen wurden bis zu vier Versionen des Berichts produziert, die sich in der Darstellung und dem Umfang der »Tatsachen« unterschieden. Die einzelnen Berichte waren von vier verschiedenen Personen verfaßt worden und wurden unabhängig voneinander an den amerikanischen, britischen, französischen und deutschen Geheimdienst verkauft. Die Version für die Amerikaner enthielt alles, was auch in den drei anderen stand, welche von den anderen Ländern schließlich an die CIA weitergeleitet wurden, ohne die Quellen offenzulegen. Die Ana lyse aller Berichte verführte die CIA zu der Schlußfolgerung, daß der NTS ihr das voll ständigste Bild von allen lieferte und daß alle Informationen übereinstimmten. Der NTS stand gut da, und die Aktenberge wuchsen.[497]

Durch die Unmengen von Daten, die aus dem Öffnen der Post zwischen der Sowjetuni on und den Vereinigten Staaten resultierten – einer Praxis, die bereits in den frühen 1950er Jahren begonnen hatte und zumindest bis in die 1970er Jahre dauerte –, erreichten die russischen Akten der CIA in Washington in der Zwischenzeit gewaltige Ausmaße.[498] Ein Jurist der US-Post erklärte im Jahre 1979:

»Gäbe es das geheime Postprogramm der nationalen Sicherheitsdienste nicht, könnte dies das FBI daran hindern herauszufinden, ob ein anderes Land einen Krieg gegen uns plant.«[499]

Der frühere CIA-Beamte Harry Rositzke, der eng in die antisowjetischen Operationen nach dem Zweiten Weltkrieg eingebunden war, schrieb später, mit der Infiltration der Sowjetunion durch die Emigranten – und dasselbe ließe sich wahrscheinlich auch von den Spionageflugzeugen sagen – sei in den frühen Jahren die Absicht verbunden gewesen, »Frühwarnungen« vor einer sowjetischen Militäroffensive gegen den Westen zu er halten, vor einer Invasion, welche in den Köpfen der Kalten Krieger in der amerikanische Regierung fortwährend »unmittelbar bevorzustehen« schien. Diese Befürchtung erinnerte an das Alarmgeschrei, das der Oktoberrevolution folgte (vgl. die Einleitung zur Erstausgabe) und ähnlich wie damals florierte, trotz der Tatsache, daß Rußland noch vor kurzem durch einen großen Krieg verwüstet worden war und sich kaum in der Lage befand, ein militärisches Unternehmen von einer solchen Größenordnung durchzuführen. Aber das kümmerte niemand, wie Rositzke schrieb:

»Nach offiziellen Schätzungen konnten die Sowjettruppen innerhalb von wenigen Wochen den Ärmelkanal erreichen. In Washington herrschte der unverrückbare Glaube, daß Stalin einen Krieg plante. Wann würde er kommen?«

Er wies allerdings auch auf Folgendes hin:

»Die bloße Tatsache, daß die mit Funk ausgerüsteten Agenten auf sowjetischem Gebiet keinerlei Frühwarnungen liefern konnten, brachte es mit sich, daß die Kriegsfurcht unter den militärischen Fachleuten auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs zurückging.«[500]

Ein Geheimbericht an das National Security Resources Board vom Januar 1951 warnte:

»So wie die Dinge sich im Moment entwickeln, werden die sowjetischen Aggressoren 1953, wenn nicht sogar schon 1952, die vollständige Kontrolle über die Weltlage gewonnen haben.«[501]

Obwohl Rositzke ein glühender Antikommunist war, war ihm die Realitätsferne eines solchen Denkens bewußt. Er gehörte jedoch, wie er erklärte, mit seiner Position im offiziellen Washington zu einer Minderheit:

»Die sogar schon zu jener Zeit zugänglichen Tatsachen legten die weit größere Wahrscheinlichkeit nahe, daß Moskaus Nachkriegstrategie, einschließlich der Umwandlung Osteuropas in eine Pufferzone gegenüber dem Westen, grundlegend defensiv war. Ich diskutierte diese These mit einigen der CIA-Analytiker, die an der Bewertung der Sowjetunion arbeiteten, und mit einigen Leuten im Pentagon, aber diese Sichtweise war zu jener Zeit nicht beliebt. Nichtsdestoweniger bleibt es eine simple Tatsache, daß weder damals noch in der Zwischenzeit jemals ein Szenario verfaßt wurde, welches hätte erklären können, warum die Russen Westeuropa mit Gewalt erobern oder die Vereinigten Statten hätten bombardieren sollen. Keine dieser Handlungen hätte erkennbar zu den nationalen Interessen der Sowjetunion beigetragen, vielmehr wäre damit die Gefahr einer Zerstörung des Sowjetstaats verbunden gewesen. Diese grundlegende Frage stellte sich nie, denn das Prisma des Kalten Krieges erzeugte im Bewußtsein der diplomatischen und militärischen Strategen eine eindeutige Welt aus Schwarz und Weiß – Grau gab es dabei nicht.«[502]

Etliche Jahre mußten vergehen, so betonte Rositzke, bevor Washington klar wurde, daß es keine – frühen oder anderen – Warnmeldungen geben würde. Dies hatte jedoch keine erkennbaren Auswirkungen auf die militärische Aufrüstung der USA oder die Kalte Kriegs-Propaganda.

18: Italien 1950er- bis 1970er-Jahre

Die Unterstützung der Waisenkinder des Kardinals und der Technikfaschismus

Nach dem facettenreichen Ausstattungsstück, das die Vereinigten Staaten im Jahre 1948 inszeniert hatten, um das Gespenst des Kommunismus, das Italien heimsuchte, zu ban nen, ließ sich die CIA am Ort nieder, um eine auf lange Sicht angelegte Operation durchzuführen, die zwar weniger großspurig, dafür aber umso hinterlistiger war. In einer nach der Wahl des Jahres 1953 verfaßten Aktennotiz aus dem Weißen Haus hieß es:

»Bei dieser Wahl bekamen die Wähler weder die Peitsche der russischen Kriegslüsternheit noch das Zuckerbrot der amerikanische Wirtschafshilfe deutlich genug zu schmecken.«[503]

Das Spiel hieß verdeckte Finanzierung. Victor Marchetti, der ehemalige geschäftsführende Assistent des stellvertretenden Direktors der CIA enthüllte, daß der Geheimdienst in den 1950er-Jahren »etwa 20 bis 30 Millionen Dollar im Jahr, und vielleicht sogar noch mehr, für die Finanzierung seiner Programme in Italien aufwendete.« In den 1960er-Jahren beliefen sich die Ausgaben auf etwa zehn Millionen jährlich.[504]

Die CIA selbst gab zu, zwischen 1948 und 1968 insgesamt 65.150.000 Dollar an die Christdemokraten und andere Parteien sowie an Gewerkschaften und ein breites Spektrum anderer Organisationen in Italien gezahlt zu haben.[505] Sie wandte außerdem eine ungenannte Summe zur Unterstützung von Zeitschriften und Buchverlagen sowie anderen Trägern der Nachrichten- und Meinungsmanipulation auf. So schmuggelten ihre Leute beispielsweise rund um die Welt Meldungen an nichtamerikanische Medien, die ein ungünstiges Licht auf den Kommunismus warfen, und sorgten dann dafür, daß diese Stories in befreundeten italienischen Publikationen nachgedruckt wurden.[506]

Es ist nicht bekannt, wann – oder ob – die CIA aufhörte, antikommunistische Gruppen in Italien zu finanzieren. Aus internen Dokumenten des Geheimdienstes aus dem Jahre 1972 geht hervor, daß in diesem Jahr rund zehn Millionen Dollar an Parteien, parteinahe Organisationen und 21 einzelne Kandidaten bei den Parlamentswahlen flossen.[507] Bei den Wahlen im Juni 1976 gingen mindestens sechs Millionen Dollar an führende Politiker.[508] Und in den 1980er Jahren sorgte der damalige CIA-Direktor William Casey dafür, daß Saudi-Arabien zwei Millionen Dollar zahlte, um Zugewinne der Kommunisten bei italienischen Wahlen zu verhindern.[509]

Außerdem gab die größte Erdölgesellschaft der USA, die Exxon Corporation, zu, die Christdemokraten und andere Parteien zwischen 1963 und 1972 mit insgesamt 46 bis 49 Millionen Dollar unterstützt zu haben. Auch die Mobil Oil Corporation trug von 1970 bis 1973 mit durchschnittlich 500.000 Dollar jährlich zum Wahlgeschehen in Italien bei. Es gibt keine Unterlagen darüber, daß diese Zahlungen aus der Privatwirtschaft auf Drängen der CIA oder des Außenministeriums zustandekamen. Es erscheint jedoch ziemlich unwahrscheinlich, daß diese Firmen sich völlig aus eigenem Antrieb in so verschwenderischer Weise diesem außergewöhnlichen Nebenjob gewidmet hätten.[510]

Nach Aussagen eines ehemaligen hochrangigen Regierungsbeamten landete ein Groß teil des Geldes, das die CIA seit dem zweiten Weltkrieg an italienische Parteien zahlte, »in Villen, in Ferienhäusem und auf Bankkonten der Politiker in der Schweiz.«[511]

In die Wahlen im Jahre 1976 griffen die Amerikaner viel direkter ein, und zwar auf dem Feld der Propaganda. Weil politische Werbung im italienischen Fernsehen nicht erlaubt ist, ließ der US-Botschafter in der Schweiz, Nathaniel Davis, große Blöcke von Sende zeit im Monte Carlo TV kaufen, in denen ein täglicher »Nachrichten«-Kommentar der Redaktion der eng mit der CIA verbundenen Mailänder Tageszeitung Il Giornale Nuovo gesendet wurde. Diese Tageszeitung setzte im Mai 1981 auch das Stück internationale Desinformation in die Welt, das unter dem Titel »Die Verschwörung des KGB zur Ermordung des Papstes« bekannt wurde.

Eine andere italienische Zeitung, der Daily American in Rom, der über Jahrzehnte hin weg die führende englischsprachige Zeitung des Landes war, war von den 1950er bis zu den 1970er Jahren lange Zeit im Besitz und/oder unter der Leitung der CIA. »Wir hatten die ganze Zeit hindurch mindestens eine Zeitung in jeder ausländischen Hauptstadt«, gab die CIA im Jahre 1977 zu und bezog sich damit auf Zeitungen, die vollständig in ihrem Besitz waren bzw. weitgehend von ihr finanziert wurden oder zumindest so weit unterwandert waren, daß sie Berichte abdruckten, die dem Geheimdienst nützlich waren, und solche, die er für schädlich hielt, unterdrückten.[512]

Botschafter Davis sorgte außerdem dafür, daß von der CIA in verschiedenen Zeitungen platzierte Meldungen im Monte Carlo TV und im Schweizer Fernsehen – beides Sender, die in Italien empfangen werden konnten – verlesen wurden. Die Sendungen wurden von Franklin J. Tonnini, einem Angehörigen des diplomatischen Korps der USA, und Michael Ledeen, einem Reporter des Giornale Nuovo, in Mailand produziert.[513] Ledeen, ein Amerikaner, gehörte später zu den Beratern der Reagan-Regierung und zu den führenden Wissenschaftlern der konservativen Ideenschmiede an der Georgetown University in Washington, des Center for Strategie und International Studies.

Der unerbittliche Kampf gegen die Italienische Kommunistische Partei gebar einige neue Tricks. Einer davon, in den 1950er Jahren, war das geistige Produkt der amerikanischen Botschafterin Clare Booth Luce. Die gefeierte Mrs. Luce (eine Stückeschreiberin und die Frau von Henry Luce, dem Herausgebers der Wochenzeitschrift Time) gab bekannt, daß keine Beschaffungsverträge des amerikanischen Verteidigungsministeriums an solche italienischen Firmen vergeben würden, deren Beschäftigte sich dafür entschieden hatten, sich von der kommunistischen Gewerkschaft vertreten zu lassen. Im Fall von Fiat hatte dies einschneidende Folgen: Der Anteil der Kommunisten bei den Gewerkschaftswahlen fiel umgehend von 60 auf 38 Prozent.[514]

Dann gab es auch noch den Fall des Kardinals Giovanni Battista Montini, eines weiteren Nutznießers der Freigiebigkeit der CIA. Die Zahlungen an ihn lassen etwas von dem mechanistischen Denkens des Geheimdienstes darüber, warum Menschen zu Radikalen werden, deutlich werden. Wie es scheint, förderte der gute Kardinal in den 1950er- und 1960er Jahren Waisenhäuser in Italien. Victor Marchetti sagt dazu:

»Die Idee, die dahinter stand, war, daß viele junge Menschen nicht eines Tages den Kommunisten in die Hände fallen sollten, wenn sie in die Lage wären, gut dort zu leben, weil solche Einrichtungen angemessen unterstützt würden.«[515]

Der Kardinal war als Monsignore daran beteiligt gewesen, als der Vatikan nach dem zweiten Weltkrieg Nazis außer Landes und in die Freiheit schmuggelte. Seine Verbindungen zu ausländischen Regierungen und Geheimdiensten hatten bereits eine lange Geschichte. Im Jahre 1963 wurde er Papst Paul VI.[516]

In einem Interview im Jahre 1954 berichtete Marchetti auch über die Ausbildung von Mitarbeitern des italienischen Staatssicherheitsdiensts durch die CIA:

»Sie werden beispielsweise darin ausgebildet, gegen Unruhen und Studentendemonstrationen vorzugehen, Dossiers anzulegen, die Bankdaten und die Steuererklärungen der Bürger auf ihre Verwendungsmöglichkeiten durchzugehen usw., mit anderen Worten: Die Bevölkerung ihres Landes mit technischen Mitteln zu über wachen. Das heißt für mich Technikfaschismus.«[515]

William Colby, der spätere Direktor der CIA, kam im Jahre 1953 als Leiter der dortigen Außenstelle nach Italien und widmete sich die folgenden fünf Jahre seines Lebens der Finanzierung und Beratung von Mitte-Rechts-Organisationen mit dem ausdrücklichen Zweck, das italienische Volk zu veranlassen, sich von den Linken, vor allem von der Kommunistischen Partei abzuwenden, und diese daran zu hindern, bei den Wahlen des Jahres 1958 an die Regierung zu kommen. In seiner Darstellung dieser Zeit rechtfertigt er dieses Programm mit der Begründung, es sei darum gegangen, die »Demokratie« bzw. die »Demokratie der Mitte« zu unterstützen und Italien davor zu bewahren, ein Satellit der Sowjetunion zu werden. Nach Colbys Wahrnehmung bündelte sich alle Rechtschaffenheit und Wahrheit in der Mitte des politischen Spektrums und war die Italienische Kommunistische Partei eine extremistische Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hatte, die Demokratie zu beseitigen und eine Gesellschaft nach dem Vorbild der Exzesse des stalinistischen Rußland zu schaffen. Er legte keine Beweise für diese Behauptung über die Kommunisten vor, wahrscheinlich, weil sie seiner Ansicht nach – sowohl in den Augen des Lesers als auch in seinen eigenen – offensichtlich war. Und ebenso wenig erklärte er, was denn diese »Demokratie« gewesen sein sollte, welche er so schätzte und welche die Kommunisten angeblich mit aller Gewalt beseitigen wollten.[517]

Colby begegnet uns als ein Technokrat, der die Befehle seiner »Seite« ausführte und die offizielle Linie ohne ernsthafte Überprüfung nachbetete. Als Oriana Fallaci, eine italienische Journalistin, ihn im Jahre 1976 interviewte, stellte sie am Ende eines frustrieren den Gesprächs fest: »Wären Sie auf der anderen Seite der Barrikade geboren worden, wären Sie ein lupenreiner Stalinist gewesen.« Colby antwortete darauf: »Ich weise diese Aussage zurück. Aber [...] na ja [...] es hätte sein können. Nein, nein. Das hätte es nicht.«[518]

Führende amerikanische Politiker, die sich in den auf Colbys Zeit in Italien folgenden Jahrzehnten mit diesem Land beschäftigten, litten nicht weniger als er unter der Erstarrung der Standpunkte. Colby bemühte sich immerhin, seine liberalen Neigungen hervor zuheben. Diese Leute waren nicht fähig, die Italienische Kommunistische Partei in ih rem einheimischen politischen Kontext wahrzunehmen, für sie war sie nur eine Bedro hung der »nationalen Sicherheit« der Vereinigten Staaten und der NATO. Und das, ob wohl die Partei einen revisionistischen Weg eingeschlagen hatte, der Lenin dazu hätte bringen können, sich im Grab umzudrehen. Dieser Weg war gekennzeichnet durch Plakatwände, von denen der »demokratische Übergang zum Sozialismus« und der »nationale Weg zum Sozialismus« verkündet wurden sowie durch die Preisgabe »der Diktatur des Proletariats« und die Verurteilung der sowjetischen Invasion in der Tschechoslowakei. Die Partei betonte ihre »nationale« Rolle als verantwortungsbewußte Opposition, engagierte sich für »die Steigerung der Produktivität«, bekräftigte ihre Unterstützung für das Mehrparteiensystem sowie den Verbleib Italiens im gemeinsamen Markt und in der NATO und ließ sich in ihrer Verdammung jeglicher Formen des Terrorismus von niemandem übertreffen. Wiederholt war sie die führende politische Kraft in den Stadt verwaltungen von Rom, Florenz, Venedig usw., ohne daß sich eine Rückkehr zur Bar barei hätte beobachten lassen. Und nicht zuletzt war sie de facto an der Regierung Italiens beteiligt. Die Sozialistische Partei, die bei den Wahlen von 1948 ein Hauptangriffs ziel der Vereinigten Staaten gewesen war, war offizielle Regierungspartei in vielen Regierungen von den 1960er- bis zu den 1990er Jahren.

Unter den Akten des Außenministeriums und der CIA befinden sich zahllose von anonymen Analytikern verfaßte interne Berichte, welch die Ernsthaftigkeit des »Historischen Kompromisses« der Kommunistischen Partei und ihre als »Eurokommunismus« bekannte Entfremdung von der Sowjetunion bezeugen.

Ungeachtet dessen – ja, ungeachtet von allem – verharrte die amerikanische Politik je doch auf der Stelle und war fixiert auf eine Zeit, die es nicht mehr gab, ja wahrscheinlich nie gegeben hat. Es war eine Politik, die nichts mit Demokratie – welche Definition man auch immer zugrundelegen mag – zu tun hatte, aber dafür umso mehr mit der Überzeugung, daß eine kommunistische Regierung in Italien nicht der höchst geschmeidige Partner im Kalten Krieg gewesen wäre, wie es die vielen aufeinanderfolgenden christdemokratischen Regierungen über Jahrzehnte hinweg waren. Es hätte nicht ausgereicht, daß eine solche Regierung von Moskau unabhängig gewesen wäre. Das Problem mit einer kommunistischen Regierung war, daß sie wahrscheinlich versucht haben würde, dieselbe Haltung auch gegenüber Washington einzunehmen.

19: Vietnam 1950 bis 1973

Der Zirkus der Herzen und Gedanken

Entgegen der offiziellen Behauptungen, die während der 1960er Jahre von Washington verbreitet wurden, die Vereinigten Staaten hätten erst dann und nur deshalb in Vietnam interveniert, weil »Nordvietnam in Südvietnam eingedrungen« wäre, waren die USA bereits seit 1950 tief und dauerhaft in dieses geschundene Land verstrickt.

Der erste und schicksalhafte Schritt war die Entscheidung, im Frühling und im Sommer 1950 große Schiffslieferungen von militärischen Gütern (Panzer, Transportflugzeuge usw.) an die Franzosen in Vietnam zu liefern. Im April hatte Außenminister Dean Acheson französischen Beamten mitgeteilt, die Regierung der Vereinigten Staaten sei gegen Verhandlungen zwischen Frankreich und den vom Norden aus operierenden vietnamesischen Gegnern, der Vietminh[519] (auch Viet Minh oder Viet-Minh geschrieben; der Name ist eine Kurzform von Viet Nam Doc Lap Dong Minh Hoi, Allianz der Vereinigungen für ein unabhängiges Vietnam, einer breitgefächerten nationalistischen Bewegung unter Führung der Kommunisten). Washington stand Frankreichs Bemühungen, die Herrschaft über das Land wiederzugewinnen, das seit 100 Jahre seine Kolonie gewesen war, nicht besonders wohlwollend gegenüber und hatte in dieser Sache bis dahin keinen festen Standpunkt vertreten. Als jedoch im Herbst zuvor die Kommunisten in China an die Macht kamen, gab dies den Ausschlag zugunsten einer Unterstützung der Franzosen. Für die Truman-Regierung war die Aussicht einer weiteren kommunistischen Regierung in Asien nicht hinnehmbar. Zu jener Zeit spielte außerdem auch eine untergeordnete Erwägung eine Rolle, und zwar die Notwendigkeit, ein zögerndes Frankreich dazu zu bringen, den amerikanischen Plan einer Einbeziehung der BRD in ein westeuropäisches Verteidigungsbündnis zu unterstützten.

Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Japaner die Franzosen verdrängt. Nach der Niederlage Japans übernahm die Vietminh die Macht im Norden, während die Briten den Süden besetzten, ihn jedoch bald wieder an die Franzosen übergaben. Im September 1945 sagte der französische General Jean Leclerc:

»Ich bin nicht nach Indochina zurückgekommen, um Indochina an die Indochinesen zurückzugeben.«[520]

Anschließend betonten die Franzosen, sie kämpften für die »freie Welt« gegen den Kommunismus. Diese Behauptung diente vor allem dazu, die Vereinigten Staaten davon zu überzeugen, sie müßten ihre Hilfe für die Franzosen aufstocken.

Hunderte von amerikanischen Bombern, Militärberatern und Technikern folgten den Erste-Hilfe-Schiffsladungen. Die direkte amerikanische Militärhilfe für die Kriegsanstrengungen der Franzosen machte in den folgenden Jahren bis zu einer Milliarde Dollar pro Jahr aus. Bis zum Jahre 1954 hatte die genehmigte Unterstützung den Betrag von 1,4 Milliarden erreicht und machte 78% des französischen Verteidigungsetats aus.[521]

Die umfangreiche historische Darstellung der Rolle der Amerikaner in Indochina, die das Verteidigungsministerium verfaßte und die später unter dem Namen »Die Pentagonpapiere« bekannt wurden, kam zu dem Schluß, die Entscheidung, Frankreich zu unter stützen, habe die Vereinigten Staaten direkt in das Geschehen in Vietnam verwickelt und die Richtung für die zukünftige amerikanische Politik vorgezeichnet.[522]

Es hätte auch einen anderen Weg gegeben. In den Jahren 1945 und 1946 hatte der Vor sitzende der Vietminh, Ho Chi Minh, mindesten acht Briefe an Präsident Truman und das Außenministerium geschrieben und darin um die Hilfe Amerikas bei der Erringung der vietnamesischen Unabhängigkeit von den Franzosen gebeten. Er schrieb, der Welt frieden sei durch die französischen Versuche, Indochina zurückzuerobern, gefährdet und er forderte die »Vier Mächte« (USA, UdSSR, China und Großbritannien) dazu auf, sich einzuschalten und eine gerechte Einigung zu vermitteln sowie die indochinesische Angelegenheit vor die Vereinten Nationen zu bringen.[523] (Dabei handelte es sich um eine bemerkenswerte Wiederholung der Geschichte. Im Jahre 1919 hatte Ho Chi Minh im Gefolge des Ersten Weltkriegs an den damaligen US-Außenminister Robert Lansing appelliert und um Amerikas Hilfe bei der Durchsetzung der bürgerlichen Grundrechte und einer Verbesserung der Lebensbedingungen für die Bürger der französischen Kolonie Indochina gebeten. Auch diese Bitte war nicht beachtet worden.)[524]

Trotz der Tatsache, daß Ho Chi Minh und seine Anhänger während des gerade zu Ende gegangenen Weltkriegs eng mit dem amerikanischen Amt für Strategische Dienste, dem OSS (dem Vorläufer der CIA) zusammengearbeitet hatten, während die französischen Behörden in Indochina mit den Japanern kollaboriert hatten, beantworteten die Vereinigten Staaten keinen einzigen der Briefe, gaben nicht bekannt, daß sie diese erhalten hatten und ergriffen schließlich für die Franzosen Partei. Im Jahre 1950 bestand die öffentlich geäußerte Begründung für die amerikanische Position zum Teil in der Behauptung, Ho Chi Minh sei kein wirklich »aufrichtiger Nationalist«, sondern vielmehr ein Werkzeug des »Weltkommunismus«, eine Schlußfolgerung, zu der man nur kommen konnte, wenn man sein gesamtes Lebenswerk ignorierte. Denn in Wirklichkeit hatten er und die Vietminh lange Zeit zu den Bewunderern der Vereinigten Staaten gezählt. Ho vertraute den USA mehr als der Sowjetunion und hatte angeblich ein Bild George Washingtons und ein Exemplar der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung auf seinem Tisch. Nach den Aussagen eines früheren OSS-Beamten hatte Ho ihn gebeten, ihm bei der Abfassung der Unabhängigkeitserklärung der Vietminh zu helfen. Die schließlich veröffentlichte Erklärung aus dem Jahre 1945 beginnt mit den vertrauten Sätzen:

»Alle Menschen sind gleich geschaffen. Sie sind von ihrem Schöpfer mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet, zu denen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören.«[525]

Aber es waren die Franzosen, die Amerikas Segen erhalten sollten. Denn Ho Chi Minh war schließlich irgendeine Art von Kommunist.

Die Vereinigten Staaten sahen den französischen Kampf in Vietnam und ihre gleichzeitige Intervention in Korea als zwei Glieder einer Kette an, die die Chinesen »eindämmen« sollte. Washington lehnte rigoros die französischen Verhandlungen über ein Ende des Krieges ab, die dazu führen würden, daß die Vietminh im Norden des Landes an der Macht blieben, und gleichzeitig den Chinesen freie Hand gäbe, sich auf ihre Grenze zu Korea zu konzentrieren. Im Jahre 1952 übten die USA enormen Druck auf Frankreich aus, den Friedensfühlern der Vietminh nicht nachzukommen, und eine französische Delegation, die sich mit Verhandlungsführern der Vietminh in Burma treffen sollten, wurden eiligst nach Paris zurückgerufen.

Bernard Fall, der bekannte französische Indochinaforscher, glaubte, die abgesagten Verhandlungen »hätten vielleicht zu einem Waffenstillstand auf einer bedeutend annehmbareren Grundlage« für die Franzosen geführt »als diejenige, die zwei Jahre später im Schatten der zusammenbrechenden militärischen Verteidigung noch möglich war.«[526]

Um die Franzosen von Verhandlungen mit der Vietminh abzuhalten, drohten die Vereinigten Staaten anschließend mit der Einstellung ihrer umfangreichen Militär- und Wirtschaftshilfe.[527] Sie veranlaßten eine französische Zeitung zu der Bemerkung:

»Was das Verdienen von Dollars betrifft, ist der Indochinakrieg Frankreichs Exportartikel Nummer eins geworden.«[528]

Im November 1953 half die CAT, die allgegenwärtige Fluglinie der CIA, den Franzosen dabei, 16.000 Mann in den befestigten Stützpunkt Dien Bien Phu, den sie in einem Tal im Norden errichtet hatten, einzufliegen. Als die Garnison später von den Vietminh ein gekesselt und von der Außenwelt abgeschnitten wurde, brachten Piloten der CAT mit Transportmaschinen der US-Luftwaffe vom Typ C 119 – oftmals unter dem Feuer der vietnamesischen Luftabwehr – den belagerten französische Truppen Nachschub in ihr Waterloo.[529] Im Jahre 1954 konnte die New York Times dann berichten:

»Die französische Luftwaffe ist inzwischen nahezu vollständig mit amerikanischen Flugzeugen ausgerüstet.«[530]

Um die Kriegsbemühungen zu erleichtern, hatten die Vereinigten Staaten außerdem eine Reihe von Flugplätzen, Häfen und Landstraßen in Indochina angelegt, von denen einige später von den amerikanischen Truppen in ihren verschiedenen Kriegen in der Region genutzt wurden.

Im April 1954, als eine Niederlage des französischen Militärs absehbar war und man Verhandlungen in Genf anberaumte, drängte der Nationale Sicherheitsrat Präsident Eisenhower dazu, »Paris davon in Kenntnis zu setzen, daß eine Einwilligung der Franzosen in eine Übernahme Indochinas durch die Kommunisten Auswirkungen auf den Status ihres Landes als eines der Großen Drei haben würde« – und daß die »Hilfe der USA für Frankreich automatisch eingestellt würde.«[531]

Ein Dokument des Sicherheitsrates empfahl, »die USA sollten nichts weniger als einen militärischen Sieg in Indochina akzeptieren« und »aktiv Widerstand gegen jegliche vertragliche Einigung über Indochina in Genf leisten.« Weiterhin hieß es, »die USA sollten erwägen, den Krieg, wenn nötig, ohne französische Teilnahme weiterzuführen.[532]

Die Eisenhower-Regierung hatte einige Zeit lang sehr ernsthaft erwogen, amerikanische Kampftruppen nach Vietnam zu schicken. Wie es scheint, wurde dies nur deshalb unter lassen, weil nicht sicher war, daß der Kongreß dem zustimmen würde, und weil andere Länder sich weigerten, wenigstes eine symbolische Truppe wie in Korea zu schicken, um den Anschein einer rein amerikanischen Operation zu vermeiden.[533] Im Jahre 1954 jammerte Außenminister John Foster Dulles auf einer Kabinettssitzung:

»Wir sind mit der bedauerlichen Tatsache konfrontiert, daß die meisten Länder der Welt nicht mit uns der Ansicht sind, die kommunistische Kontrolle irgendeiner Regierung in irgendeinem Teil der Erde stelle an sich schon eine Gefahr und eine Bedrohung dar.«[534]

Im Mai 1954 schickte der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs der USA, Admiral Arthur Radford, ein Memorandum über »Untersuchungen in Bezug auf mögliche Handlungen der USA hinsichtlich Indochinas« an Verteidigungsminister Charles Wilson, in dem es hieß:

»Der Einsatz von Atomwaffen wird erwogen, sollte sich herausstellen, daß eine solches Vorgehen von militärischem Nutzen ist.«[535]

General Charles Willoughby, MacArthurs Geheimdienstchef, faßte sich ein wenig poetischer, als er dafür plädierte, Atombomben einzusetzen, »um einen Gürtel von verbrannter Erde über die Zugangsstraßen des Kommunismus zu legen und damit die asiatischen Horden abzuhalten.«[536]

Zu diesem Zeitpunkt waren bereits zwei amerikanische Flugzeugträger mit Atomwaffen an Bord in den Golf von Tongking im Norden Vietnams beordert worden,[537] und Dulles soll tatsächlich seinem französischen Kollegen, Georges Bidault, Atombomben zur Rettung von Dien Bien Phu angeboten haben. Bidault sah sich gezwungen, Dulles darauf hinzuweisen, daß der Einsatz von Atombomben in einem Krieg, bei dem sich die gegnerischen Truppen derart nah gegenüberstanden, die französischen Verbände genauso wie die Vietminh vernichten würde.[538]

In der extrem scheinheiligen Art, für die er bekannt war, warf Dulles China vor, es unterstütze die Vietminh, so als ob die Chinesen keinen Grund gehabt hätten oder nicht das Recht hätten, über einen antikommunistischen militärischen Kreuzzug nur wenige Meilen von ihrer Grenze entfernt alarmiert zu sein. Als die Konferenz in Genf näher rückte, begann eine Propagandagruppe der CIA in Singapur damit, gefälschte Nachrichten in die Welt zu setzen, um die Vorstellung zu nähren, daß »die Chinesen den Vietminh volle bewaffnete Unterstützung geben« würden und die Vietminh mit der »Bewegung des Weltkommunismus« zu »identifizieren« würden. Die CIA glaubte, solche Meldungen würden die nichtkommunistische Seite bei den Genfer Gesprächen stär ken.[539]

Joseph Burkholder Smith war ein in Singapur stationierter CIA-Beamter. Sein wertvollster Pressekontakt war ein gewisser Li Huan Li, ein erfahrener örtlicher Journalist. Es ist lehrreich, sich die Methode näher anzusehen, die bei der Herstellung und Verbreitung solcher Zeitungsberichte über die Chinesen eingesetzt wurde. Nachdem Smith und Li sich ihre Geschichte ausgedacht hatten, besuchte Li die regelmäßigen Pressekonferenzen des britischen Hochkommissars in Singapur, Malcolm MacDonald. Auf der Konferenz erwähnte Li den Bericht und fragte dann den Hochkommissar, ob er dazu einen Kommentar abzugeben habe. Wie zu erwarten, hatte MacDonald nichts dazu zu sagen, er bestätigte den Bericht nicht, dementiert ihn aber auch nicht. Das Ergebnis war die folgende Meldung:

Weitere chinesische Hilfsgüter und Truppen auf dem Weg nach Haiphong entdeckt. Auf der heutigen Pressekonferenz des britischen Hochkommissars in Singapur wurden erneut Berichte erwähnt, wonach chinesische Flotten- und Transportschiffe auf dem Weg von Hainan nach Haiphong im Golf von Tongking gesichtet wurden. Nach diesen Berichten ereignete sich der jüngste dieser Fälle vor einer Woche, als ein Geleitzug von zehn Schiffen entdeckt wurde. Darunter befanden sich zwei chinesische Kampfschiffe, was darauf schließen läßt, daß der Geleitzug sowohl aus Truppen als auch aus Nachschubgütern bestand. Hochkommissar Malcolm MacDonald wollte auf diese Berichte nicht näher eingehen.[540]

Die Meldung ging am nächsten Morgen über Telegramm hinaus. Bis zum Abend war sie um die ganze Welt gegangen und kam schließlich von Europa nach Asien und damit auch nach Singapur zurück.

Am 20.07.1954 setzte die Genfer Konferenz dem Krieg in Vietnam offiziell ein Ende. Allein die Vereinigten Staaten weigerten sich, die Abschlußerklärung zu unterzeichnen, und das nur aus dem einen Grund, daß sie über das ausgehandelte Abkommen, das alle weiteren militärischen Versuche zur Vernichtung der Vietminh verbot, verärgert waren. Bereits vor dem Ende der Konferenz hatte es hinreichende Anzeichen dafür gegeben, daß die Amerikaner mit dem gesamten Ablauf unzufrieden waren. So hatte beispielsweise zwei Wochen zuvor Präsident Eisenhower auf einer Pressekonferenz erklärt:

»Ich werde mich nicht an einem Vertrag beteiligen, der irgendjemanden zum Sklaven macht. Damit ist alles gesagt.«[541]

Allerdings veröffentlichten die USA eine »einseitige Erklärung«, in der sie sich damit einverstanden erklärten, »die Drohung mit oder den Einsatz von Gewalt zu unterlassen, welche« die Abmachungen »stören würden.«[542]

Buchstabe und Geist der Waffenstillstandserklärung und der Abschlußerklärung sahen ein Vietnam vor, in dem sich nur noch vietnamesische und französische Truppen auf halten durften und in dem auf jegliche aggressive Handlungen verzichtet würde. Den noch begannen die Vereinigten Staaten bereits im Juni, als die Konferenz noch tagte, damit, eine paramilitärische Truppe in Vietnam zusammenzustellen. Im August – nur wenige Tage nach dem Ende der Konferenz – war die Mannschaft einsatzbereit. Unter der Führung der CIA-Leuchte Edward Lansdale, der von seinen frischen Erfolgen auf den Philippinen angereist kam, begann ein Feldzug in militärischer und psychologischer Kriegsführung gegen die Vietminh. (Lansdales Taten in Vietnam wurden später in zwei halbfiktionalen Werken für die Nachwelt bewahrt: THE UGLY AMERICAN [Der häßliche Amerikaner] und THE QUIET AMERICAN [Der stille Amerikaner].) Die nächsten sechs Monate hindurch führte Lansdales Untergrundtruppe Operationen aus wie die folgenden:

  • Sie unterstützten die Abwanderung von Vietnamesen aus dem Norden in den Süden durch »eine außergewöhnlich intensive, gut koordinierte und in Bezug auf ihren Zweck sehr erfolgreiche [...] Operation in psychologischer Kriegsfuhrung. Auf strenggläubige Katholiken machten wir Eindruck durch Propagandasprüche und Flugblätter mit solchen Themen wie »Christus ging nach Süden« und »Die Jungfrau Maria verließ den Norden«.[543]
  • Sie verbreiteten auch gefälschte Flugblätter, die vermeintlich von den Vietminh stammten, um im Bewußtsein der Menschen im Norden Angst vor dem angeblichen Leben unter kommunistischer Herrschaft zu erzeugen. Den Tag darauf verdreifachte sich die Zahl der registrierten Flüchtlinge aus dem Norden in den Süden. Die Abwanderung von Vietnamesen in den Süden während der »Umgruppierungs«-Periode, die dem Genfer Indochina-Abkommen folgte, wurde in den 1960er Jahren, aber auch schon früher, von amerikanischen Beamten oft als Beweis für die Tatsache vorgebracht, daß die Menschen nicht unter dem Kommunismus leben wollten – »Sie stimmten mit den Füßen ab« lautete das Schlagwort. Auch andere »Vietminh«-Flugblätter zielten darauf, Menschen im Süden davon abzuhalten, in den Norden zurückzukehren.
  • Angehörige der paramilitärischen Truppe sickerten in den Norden ein und gaben sich als Personen aus, die dort leben wollten.
  • Sie verunreinigten die Ölvorräte der Busgesellschaft von Hanoi, was zur Zerstörung der Omnibusmotoren führte.
  • Sie »unternahmen erste Schritte zur späteren Sabotage der Eisenbahn. Dies erforderte die Mitwirkung einer technischen Spezialeinheit der CIA aus Japan, die ihren Teil hervorragend erledigte«.
  • Sie zettelten eine Gerüchtekampagne an, um Haß auf die Chinesen zu hervorzurufen. Wie üblich handelten die Gerüchte von Vergewaltigungen.
  • Sie produzierten und vertrieben einen astrologischen Kalender, dessen Vorhersagen sorgfältig auf die Ängste und den Aberglauben der Vietnamesen abgestimmt waren, um das Leben im Norden zu untergraben und die Zukunft des Südens umso verführerischer erscheinen zu lassen.
  • Sie veröffentlichten antikommunistische Artikel und angebliche Nachrichtenmeldungen in Zeitungen und Flugblättern und brachten diese in Umlauf.
  • Sie versuchten – allerdings vergeblich – die größte Druckerei im Norden zu zerstören, weil diese beabsichtigte, in Hanoi zu bleiben und mit den Vietminh Geschäfte zu machen.
  • Durch folgende Maßnahmen legten sie einige der Grundlagen für den zukünftigen Krieg der Amerikaner in Vietnam: Sie schickten einige Vietnamesen zur Guerillaausbildung auf Stützpunkte der USA im pazifischen Raum. Sie bildeten die Truppen des Südens aus, die zusammen mit den Franzosen gekämpft hatten. Sie errichteten etliche Stützpunkte für den militärischen Nachschub auf den Philippinen. Sie schmuggelten große Mengen von Waffen und Militärgütern nach Vietnam, wo diese an geheimen Orten gelagert wurden. Sie stellten Pläne für die »Befriedung der Gebiete der Vietminh und der Andersdenkenden« auf.[544]

Gleichzeitig begannen die Vereinigten Staaten mit einem Wirtschaftsboykott gegen die Nordvietnamesen und drohten französischen Firmen, die Geschäfte mit dem Norden machten, damit, sie auf eine schwarze Liste zu setzen.

Eine andere Entwicklung dieser Zeit, die tiefgreifende Auswirkungen auf die kommen de Tragödie hatte, war die Absetzung der Wahlen, durch die Nord- und Südvietnam wiedervereinigt werden sollten.

Nach den Bestimmungen des Genfer Indochina-Abkommens sollten im Juli 1956 Wahlen unter internationaler Aufsicht stattfinden, und diese sollten durch »am 20.07.1955 beginnende Beratungen« vorbereitet werden. Die Vereinigten Staaten hatten in ihrer einseitigen Erklärung dieses Versprechen bekräftigt:

»Im Falle von Völkern, die zur Zeit gegen ihren Willen geteilt sind, werden wir nicht in unserem Streben nachlassen, ihre Einheit durch freie Wahlen herbeizuführen, welche von den Vereinten Nationen beaufsichtigt werden, um sicherzustellen, daß sie ordnungsgemäß durchgeführt werden.«[545]

Die Wahlen fanden nie statt. Am 16.07.1955, also vier Tage, bevor die Beratungen beginnen sollten, gab der südvietnamesische Präsident Ngo Dinh Diem eine Erklärung ab, aus der klar hervorging, daß er nicht beabsichtigte, an den Beratungen, geschweige denn an den Wahlen teilzunehmen.[546] Drei Tage danach schickte Nordvietnam eine offizielle Note an Diem mit der Aufforderung, sich an den Gesprächen zu beteiligen, aber Diem blieb bei seiner Haltung. Versuche Frankreichs und Großbritanniens, Diem zu überreden, blieben ohne Erfolg.

Der Grund für Diems Unnachgiebigkeit ist wohlbekannt. Wie Präsident Eisenhower und John Foster Dulles wußte auch Diem, daß Ho Chi Minh der sichere Gewinner jeglicher gesamtvietnamesischer Wahlen sein würde. Ein Lagebericht von CIA-Mitarbeitern vor Ort vom Herbst kam zu dem Schluß, das Regime von Diem (welches sogar Lansdale als »faschistisch« bezeichnete)[547] »wäre nahezu mit Sicherheit nicht in der Lage, die Kommunisten bei landesweiten Wahlen zu schlagen.«[548] Später sollte Eisenhower in seinen Memoiren schreiben:

»Ich habe niemals mit einer Person, die sich in indochinesischen Angelegenheiten auskannte, gesprochen oder korrespondiert, die nicht der Ansicht zugestimmt hätte, daß vielleicht 80 Prozent der Bevölkerung für den Kommunisten Ho Chi Minh und nicht für Staatschef Bao Dai [den Vorgänger Diems] als Führer des Landes gestimmt hätten, wenn zur Zeit der Kämpfe die Wahlen abgehalten worden wären.«[549]

Die Untersuchung der Pentagonpapiere zitierte »Telegramme des Außenministeriums und Aktennotizen des Nationalen Sicherheitsrats, aus denen hervorgeht, daß die Eisenhower-Regierung die Wahlen so lange wie möglich hinauszuzögern wünschte und ihre Ansicht auch Mr. Diem wissen ließ.«[550] Ohne diese Unterstützung hätte sich Diem nicht gegen die Wahlen stellen können. Die Historiker des Pentagon betonen:

»Ohne die Drohung der USA mit einer Intervention hätte Südvietnam noch nicht einmal die Gespräche über die von der Genfer Vereinbarung für 1956 festgesetzten Wahlen ablehnen können, ohne sofort von der Armee der Vietminh überrannt zu werden.«[551]

In ihren öffentlichen Erklärungen sprachen Diem und Dulles hingegen nur von ihrer Besorgnis, die Wahlen würden nicht »frei« sein, womit die Tatsache vernebelt werden sollte, daß Ho Chi Minh es nicht nötig hatte, zu Betrug Zuflucht zu nehmen, um die Wahlen zu gewinnen. Auch ignorierten sie die Ankündigung sowohl der Vereinten Nationen als auch der Internationalen Kontrollkommission (die durch das Genfer Indochina-Abkommen in Vietnam eingesetzt worden war), und daß sie bereit waren, die Wahlen zu überwachen.

Was Diem in Wirklichkeit von freien Wahlen hielt, läßt sich leicht erkennen, wenn man sich eine Volksabstimmung anschaut, die er im Oktober 1955 in Südvietnam abhalten ließ, um seinem Regime einen Anschein von Legalität zu geben, und bei der er 98,2 Prozent der Stimmen erhielt. Die Wochenzeitschrift Life berichtete später, Diems amerikanische Berater hätten ihm gesagt, ein Stimmenvorsprung von 60 Prozent würde aus reichen und besser aussehen, »aber Diem bestand auf 98 Prozent.«[552]

Wegen der Absage der Wahlen, der andauernden Teilung des Landes und Diems »Man dat«, seine bedrückende und tyrannische Herrschaft ungehindert fortzusetzen, wurde der Ausbruch von Gewalt in Südvietnam unvermeidlich.

Als hätten sie dies bereits gewußt und sich darauf vorbereitet, schickten die Vereinigten Staaten im Mai 1956 zusätzliche 350 Militärmitarbeiter nach Saigon, ein »Beispiel für die Mißachtung« des Genfer Indochina-Abkommens »durch die USA«, wie die Untersuchung des Pentagon feststellte.[553] Kurz danach teilte Dulles einem Kollegen vertraulich mit:

»Jetzt haben wir dort eine klare Grundlage, ohne einen Makel des Kolonialismus. Dienbienphu erweist sich im Nachhinein als Segen.«[554]

Die spätere Phase

»Wenn du sie erst bei den Eiern hast, werden ihre Herzen und Gedanken schon folgen.«

»Gebt uns eure Herzen und Gedanken, oder wir werden euer gottverdammtes Dorf niederbrennen.«

Das war das Endergebnis von Amerikas antikommunistischer Politik in Vietnam, aber auch ihr Anfang und ihr Zwischenergebnis.

Es gab kaum ernsthafte Versuche, die Herzen und Gedanken des vietnamesischen Volkes zu gewinnen, und noch weniger gab es eine Erfolgschance, denn der Preis des Erfolgs wären gesellschaftliche Veränderung gewesen, wie sie Diem in Vietnam nicht zu lassen wollte und wie die Vereinigten Staaten sie nirgendwo auf der Welt zugelassen hätten. Wäre Washington gewillt gewesen, solche Veränderungen – die es immer routinemäßig und abschätzig als »sozialistisch« abtat – zuzulassen, hätte es keine Notwendigkeit gegeben, die Wahlen zu verhindern oder Diem zu unterstützen, und schon gar nicht die Notwendigkeit einer Intervention. Unter diesen Bedingungen konnten die Vereinigten Staaten es auf keine Weise vermeiden, daß das vietnamesische Volk sie als die neuesten imperialistischen Besatzer ansah, die in den Fußstapfen zuerst der Chinesen, dann der Franzosen, dann der Japaner, und dann wieder der Franzosen folgten.

Wir wollen nicht all die entsetzlichen Vorkommnisse, all die Täuschungen, die Zerstörung einer Gesellschaft und das Panorama von Absurditäten und Ironien im Detail auf zählen, jedoch eine Auswahl, eine Bildmontage soll vorgestellt werden, damit wir es nicht vergessen.

  • Für die Männer, welche die Flure der Macht in Washington bevölkerten, wie für die Soldaten im Feld war Indochina – nein, ganz Südostasien – ein einziges, riesiges Schlachtfeld.
  • Südvietnamesische Truppen wurden in Laos und Kambodscha eingesetzt.
  • Thailändische Truppen wurden in Laos, Kambodscha und Südvietnam eingesetzt.
  • Thailand und die Philippinen dienten als Stützpunkte für die Bombardierung der drei Länder in Indochina.
  • Offiziere der Streitkräfte von Südvietnam, Thailand und Taiwan wurden an amerikanischen Schulen auf den Philippinen ausgebildet.
  • Von der CIA unterstützte Truppen fielen von Laos, Burma und Taiwan aus in China ein.
  • Als es eine (groß publizierte) Pause bei der Bombardierung Nordvietnams gab, waren mehr amerikanische Flugzeuge vorhanden, um Laos zu bombardieren.
  • Und so ging es immer weiter.

Von 1955 bis 1959 führte die Michigan State University im Auftrag der US-Regierung ein geheimes Programm zur Ausbildung von südvietnamesischen Polizisten durch. Mit vollem Wissen bestimmter Amtsträger der Universität wurden fünf CIA-Agenten in das Personal des Programms eingeschleust und auf den Gehaltslisten der Universität als deren Angestellte geführt. Nach den Bestimmungen eines Gesetzes aus dem Jahre 1957, das von der Michigan State University entworfen worden war, mußte jeder Vietnamese im Alter von 15 Jahren und darüber sich bei den Meldebehörden registrieren lassen und Ausweispapiere mit sich führen. Jeder, der ohne einen ordnungsgemäßen Ausweis auf gegriffen wurde, galt der Mitgliedschaft in der Nationalen Befreiungsfront, dem Vietcong, als verdächtig und wurde ins Gefängnis geworfen oder erlitt ein noch schlimmeres Schicksal. Bei der Registrierung wurden von jeder Person ein vollständiger Satz von Fingerabdrücken abgenommen und Informationen über ihre politischen Einstellungen erfaßt.[555]

Als der Volkswiderstand gegen Ngo Dinh Diem ein solches Ausmaß erreichte, daß er eher als eine Belastung denn als ein Aktivposten empfunden wurde, wurde er geopfert. Am 01.11.1963 stürzten ihn einige seiner Generäle und ermordeten dann ihn und seinen Bruder, nachdem diese aufgegeben hatten. Der Putsch, schrieb die Wochenzeitschrift Time,

»wurde mit Wissen von Dean Rusk und Averill Harriman im Außenministerium, Robert S. McNamara und Roswell Gilpatrick im Verteidigungsministerium und dem kürzlich verstorbenen Edward R. Murrow vom Informationsdienst der USA geplant.«[556]

Offensichtlich hatte Washington die Ermordung der beiden Politiker bei dem Putsch nicht geplant, aber wie General Maxwell Taylor, Präsident Kennedys wichtigster Militärberater, treffend bemerkte:

»Die Durchführung eines Staatsstreichs ist etwas anderes als die Veranstaltung eines Kaffeekränzchens, es ist eine sehr gefährliche Angelegenheit. Deshalb denke ich nicht, daß wir überrascht sein durften, [...] als Diem und sein Bruder ermordet wurden.«[557]

Donald Duncan war Angehöriger der Green Berets, der Einsatzgruppen der amerikanischen Armee, in Vietnam. Er hat später über seine Ausbildung geschrieben, zu der auch etwas gehörte, das »Gegenmaßnahmen gegen feindliche Verhöre« genannt wurde; dabei ging es angeblich darum, wie von den Kommunisten gefangengenommenen Amerikaner mit Folter umgehen konnten. Übersetzungen eines angeblich sowjetischen Verhörhandbuchs wurden in der Klasse verteilt. Das Handbuch beschrieb im Detail solche Methoden wie den »Airplane Ride« (das Aufhängen an den Daumen), die Kalt-und-Heiß-Wasser-Behandlung und das Einspannen der Hoden eines Mannes in einen Juwelierschraub stock, und der Ausbilder, ein gewissen Feldwebel Lacey, erläuterte einige Abwandlungen dieser Methoden. Dann hatte einer der Schüler eine Frage:

»Feldwebel Lacey, diese Unterrichtseinheit heißt ›Gegenmaßnahmen gegen feindliche Verhöre‹, aber Sie haben die meiste Zeit damit zugebracht, uns zu erzählen, es gäbe keine Gegenmaßnahmen. Wenn das stimmt, dann ist, wie mir scheint, der einzige Grund dafür, diese [die Foltermethoden] zu unterrichten, der, daß wir lernen, sie anzuwenden. Wollen Sie uns zu verstehen geben, daß wir diese Methoden an wenden sollen?« – Die Klasse lacht, und Lacey schaut auf den Boden, um eine Kunstpause einzulegen. Als er seinen Kopf wieder hebt, hat sein Gesicht einen feierlichen Ausdruck, aber seine tiefliegenden Augen tanzen. »Wir können Ihnen das nicht sagen, Feldwebel Harrison. Die Mothers of America [die Organisation der Frauen, deren Kinder in der Armee dienen, Anm. d. Übersetzers] würden dies nicht billigen.« Angesichts dieses sarkastischen Zynismus brach die ganze Klasse in Lachen aus. »Außerdem«, sagte er mit einem verschwörerischen Augenzwinkern, »werden wir strikt abstreiten, daß irgend etwas in dieser Art gelehrt wird oder beabsichtigt ist.«[558]

An den Schulen der US-Marine in San Diego und Maine hatte der Kurs während der 1960er- und 1970er Jahre einen anderen Namen. Dort lernten die Schüler angeblich et was über Methoden »des Überlebens, des Entkommens, des Widerstands und der Flucht«, die sie als Kriegsgefangene würden gebrauchen können. In dem Kurs wurde wohl etwas über das Überleben in der Wüste gelernt, wobei die Schüler gezwungen wurden, Eidechsen zu essen, aber die Marineoffiziere und Kadetten wurden ebenso Schlägen, erschütternden Judostößen, »Tigerkäfigen« ausgesetzt – sie mußten 22 lange Stunden vermummt in einer Kiste von einem halben Kubikmeter mit einer Kaffeekanne für ihre Exkremente verbringen – und einem Folterapparat, der »Wasserbett« genannt wurde, unterworfen. Bei letzterem wurde die Versuchsperson mit dem Kopf nach unten auf einem geneigten Brett festgeschnallt, ein Handtuch wurde über ihr Gesicht gelegt, und dann wurde kaltes Wasser über das Handtuch gegossen. Die Person sollte das Ge fühl haben, zu ertrinken, und dabei Erstickungsanfälle bekommen, würgen und Wasser schlucken, gerade so wie es mit Vietcong-Gefangenen in den Tigerkäfigen in Vietnam gemacht wurde.

Ein ehemaliger Schüler, der Marineflieger Leutnant Wendell Richard Young, behauptete, er habe sich während des Kurses das Rückgrat gebrochen und die Schüler seien durch Folter dazu gebracht worden, auf die amerikanische Flagge zu spucken, zu urinieren und zu koten sowie vor den Augen des Wachpersonals zu masturbieren, und einer von ihnen sei sogar zum Sex mit einem Ausbilder gezwungen worden.[559]

Das Außenministerium mußte zu Fälschungen Zuflucht nehmen, um die unterschiedlichen Behauptungen über den Charakter des Kriegs und die Gründe für die amerikanischen Militäraktionen zu stützten. Philip Liechty, ein ehemaliger CIA-Beamter, sagte im Jahre 1982 aus, er habe in den frühem 1960er Jahren schriftliche Pläne gesehen, nach denen vorgesehen war, große Mengen von Waffen aus dem Ostblock zu nehmen, sie auf ein vietnamesisches Schiff zu laden, eine Schlacht vorzutäuschen, bei der das Schiff in flachem Wasser versenkt würde, und dann westliche Reporter herbeizuholen, um ihnen die erbeuteten Waffen als Beweis dafür zu präsentieren, daß der Vietcong Hilfe aus dem Ausland erhielt. Das ist genau das, was im Jahre 1965 passierte. In einem Weißbuch des Außenministeriums mit dem Titel AGGRESSION FROM THE NORTH [Angriff aus dem Norden], das Ende Februar 1965 erschien, wird berichtet, ein »verdächtiges Schiff« sei nach einem Angriff südvietnamesischer Truppen am 16.02.1965 vor der Küste von Vietnam »in flachem Wasser« gesunken. Das Schiff hatte angeblich mindestens 100 Tonnen Militärgüter geladen, die »fast ausschließlich aus kommunistischen Ländern stammten, größtenteils aus dem kommunistischen China, der Tschechoslowakei und Nordvietnam.« Im dem Weißbuch heißt es weiter:

»Vertreter der freien Presse besichtigten das gesunkene nordvietnamesische Schiff und prüften seine Ladung.«

Liechty sagte, er habe auch Dokumente gesehen, in denen von einer raffinierten Operation die Rede war. Danach sollten große Mengen von Briefmarken gedruckt werden, auf denen zu sehen war, wie Vietnamesen einen amerikanischen Armeehubschrauber ab schossen. Der ehemalige CIA-Beamte erklärte, es habe sich dabei um eine besonders fachmännische Arbeit gehandelt, und allein schon die Tatsache, daß für den Druck der mehrfarbigen Briefmarken große Fachkenntnisse nötig waren, sollte zeigen, daß sie in Nordvietnam hergestellt worden waren, denn der Vietcong habe nicht die entsprechen den Spezialisten gehabt. Liechty behauptete, es seien Briefe auf Vietnamesisch geschrieben und mit dieser Briefmarke darauf in die ganze Welt verschickt worden, »und die CIA habe dafür gesorgt, daß sie in den Besitz von Journalisten gelangten.« Und tat sächlich brachte die Wochenzeitschrift Life in ihrer Ausgabe vom 26.02.1965 eine ganz seitige farbige Vergrößerung der Briefmarke auf dem Titelblatt mit der Bildunterschrift »Eine nordvietnamesische Briefmarke.« Dies geschah genau zwei Tage, bevor das Weißbuch des Außenministeriums erschien.

In ihrem Bericht über Liechtys Aussage schreibt die Washington Post:

»Die Veröffentlichung des Weißbuchs erwies sich als das entscheidende Ereignis bei der Dokumentation der Tatsache, daß die Kämpfer im Süden von Nordvietnam und anderen kommunistischen Ländern unterstützt wurden, wie auch bei der Vorbereitung der amerikanischen öffentlichen Meinung auf das, was sehr bald folgen sollte: das großangelegte Eingreifen von US-Truppen in die Kämpfe.«[560]

Die bezeichnendste Fälschung war wohl die Meldung von einem Angriff auf zwei Zerstörer der US-Marine im Golf von Tongking, vor der Küste von Nordvietnam, im August 1964. Präsident Johnson benutzte den Vorfall dazu, eine Resolution des Kongresses herbeizuführen, nach der »alle notwendigen Schritte, einschließlich des Einsatzes der Streitkräfte« unternommen werden sollten, um weitere nordvietnamesische Angriffe zu verhindern. Es war eine Blankoermächtigung dazu, Eskalation auf Eskalation zu häufen. Zwar wurden schon seinerzeit ernste Zweifel geäußert, ob dieser Angriff tatsächlich stattgefunden habe, aber erst mit den Jahren sind Informationen ans Tageslicht gekommen, durch welche die offizielle Geschichte in der Luft zerfetzt wurde.[561]

Und die vielleicht dümmste Fälschung war der Ausbildungsfilm der US-Armee aus dem Jahre 1966 mit dem Titel »Country Fair«, in dem gezeigt wird, wie die bösen Vietcong auf einer Lichtung im Dschungel Benzin und Seifenstücke erhitzen, um die teuflische kommunistische Erfindung namens Napalm zusammenzubrauen.[562]

Hier die Meinung eines Psychiaters zu der Methode, welche die Johnson-Regierung ein setzte, um das öffentliche Interesse an der Eskalation des Krieges gering zu halten:

»Erster Schritt: Außerordentlich beunruhigende Gerüchte über eine Eskalation werden durch eine ›undichte Stelle‹ verbreitet.

Zweiter Schritt: Der Präsident beschwichtigt offiziell und dramatisch die beunruhigten Gemüter durch die Ankündigung eines viel langsameren Eskalationstempos und begleitet diese Ankündigung mit der Versicherung, die Regierung hege friedliche Absichten.

Dritter Schritt: Nach dem allgemeinen Aufatmen wird die ursprünglich durch Gerüchte verbreitete Eskalation Schritt für Schritt durchgeführt.

Die Abfolge von ›undichten Stellen‹, Dementis dieser undichten Stellen und Dementis der Dementis bringt die Menschen völlig durcheinander. Sie bleiben verwirrt, hilflos und apathisch zurück.

Das Endergebnis ist, daß die Menschen sich tief in einen großen Krieg verwickelt finden, ohne fähig zu sein, zu sagen, wie es überhaupt dazu gekommen ist und wann und wie alles angefangen hat.«[563]

Der Senator von Ohio, Stephen Young, soll gesagt haben, während einer Reise durch Vietnam sei ihm von der CIA gesagt worden, der Geheimdienst verkleide Menschen als Vietcong und lasse sie dann Greueltaten, einschließlich Mord und Vergewaltigung, begehen, um die Kommunisten in Mißkredit zu bringen. Nachdem dieser Bericht in Washington für Aufregung gesorgt hatte, sagte Young, er sei falsch zitiert worden, daß die CIA der Urheber dieser Geschichte sei. Der Kongreßabgeordnete Cornelius Gallagher, der Young auf seiner Reise begleitet hatte, deutete an, »er [Young] hat vielleicht mit einem Vietcong, der als CIA-Agent verkleidet war, gesprochen.«[564]

Zitieren wir aus der Rede von Carl Oglesby, dem Vorsitzenden des amerikanischen SDS, der Students for a Democratic Society, während des Marschs auf Washington am 27.11.1965:

»Das ursprüngliche Engagement in Vietnam ging von Präsident Truman, einem Durchschnittsliberalen, aus. Es wurde dann von Präsident Eisenhower, einem gemäßigten Liberalen, unterstützt und schließlich vom verstorbenen Präsidenten Kennedy, einem leidenschaftlichen Liberalen, verstärkt. Und nun schaut euch die Leute an, die jetzt den Krieg organisieren, diejenigen, welche die Karten studieren, die Befehle geben, die Knöpfe drücken und die Toten zählen: Bundy, McNamara, Rusk, Lodge, Goldberg und der Präsident [Johnson] selbst. Sie sind keine moralischen Ungeheuer. Alle sind ehrenhafte Männer. Alle sind Liberale.«[565]

Die Verschwörung des Weltkommunismus in Aktion

Auf dem Höhepunkt der Kämpfe in den Jahre 1966 und 1967 verkaufte die Sowjetunion den Vereinigten Staaten Magnesium – ein Metall, das beim Bau von Flugzeugen unbedingt benötigt wird – im Werte von über 2 Millionen Dollar, als dieses Metall in den Vereinigten Staaten knapp war. Dies geschah zur selben Zeit, als Washington ein Embargo gegen die Belieferung von kommunistischen Ländern mit bestimmten Legierungen dieses Metalls verhängt hatte.[566] Ungefähr zur selben Zeit verkaufte China, als kein anderes Land den dringenden Bedarf der amerikanischen Militärs befriedigen konnte, den Vereinigten Staaten in Südvietnam etliche tausend Tonnen Stahl, die beim Bau von neuen Luftwaffen- und Armeestützpunkten eingesetzt wurden, und das, obwohl Washington einen Boykott gegen chinesische Waren verhängt hatte. Sogar bei Perücken, die aus Hongkong in die USA importiert wurden, mußte ein Herkunftsnachweis mitgeliefert werden, aus dem hervorging, daß kein chinesisches Haar verwendet worden war. Möglicherweise war der Verkauf von Stahl nur die Spitze des Eisbergs der chinesischen Verkäufe an die Vereinigten Staaten während des Krieges.[567]

Während einer Reise nach China im Januar 1972 traf der Abgesandte des Weißen Hauses mit Ministerpräsident Zhou Enlai zusammen. Jahre danach schrieb Haig:

»Obwohl er seinen Standpunkt zu keinem Zeitpunkt mit so vielen Worten deutlich machte, berichtete ich Präsident Nixon, die Bedeutung dessen, was Zhou zu mir gesagt hätte, sei gewesen: Verliert nicht in Vietnam, zieht euch nicht aus Südostasien zurück!«[568]

Im Jahre 1975 begann ein Untersuchungsausschuß des Senats damit, Behauptungen zu überprüfen, wonach die CIA während des Vietnamkrieges amerikanisches Geld nachgemacht hatte, um Geheimoperationen zu finanzieren.[569]

»Zwei Vietcong-Gefangene wurden in einem Flugzeug auf dem Weg nach Saigon verhört. Der erste weigerte sich, auf die Fragen zu antworten, und wurde aus einer Höhe von 1000 Metern aus dem Flugzeug geworfen. Der zweite beantwortete sofort alle Fragen. Aber auch er wurde hinausgeworfen.«

Auch verschiedene Spielarten der Wasserfolter wurden eingesetzt, um die Zungen zu lösen oder auch einfach nur, um Menschen zu quälen.

»Andere Techniken, die gewöhnlich dazu gedacht waren, zuschauende Gefangene zum Reden zu bringen, waren das Herausziehen der Fingernägel oder das Ab schneiden von Fingern, Ohren und Geschlechtsteilen anderer Gefangener.«[570]

Es ist nicht bekannt, ob es sich bei diesen Vietnamesen tatsächlich um Kriegsgefangene handelte, also um Personen, die bei Kampfhandlungen gefangen worden waren, oder ob sie zu den Tausenden von Zivilsten gehörten, die im Rahmen des berüchtigten Phoenix Programms verhaftet wurden. Phoenix war die unausweichliche Folge der Bekämpfung einer einheimischen Bevölkerung: Man wußte nie, wer ein Freund und wer ein Feind war. Jeder war ein potentieller Informant, Bombenleger oder Mörder. Sicherheitsüberlegungen machten es notwendig, jedermann als einen Feind, als Teil der – wie es die CIA nannte – Vietconginfrastruktur (VCI) zu behandeln, solange nicht das Gegenteil bewiesen war.

Im Jahre 1971 wurde der CIA-Beamte William Colby, der Direktor des Phoenix-Programms, von einem Kongreßabgeordneten gefragt:

»Sind Sie sicher, daß wir einen Angehörigen der VCI von einem loyalen südvietnamesischen Bürger unterscheiden können?«

»Nein, Herr Abgeordneter«, antwortete Colby, »das bin ich nicht.«[571]

Phoenix war ein gemeinsamer Versuch der Vereinigten Staaten und der Südvietnamesen, diese Infrastruktur zu vernichten. Im Rahmen dieses Programms wurden vietnamesische Bürger verhaftet und ins Gefängnis geworfen, viele wurden in Tigerkäfige eingesperrt, gefoltert und getötet, sei es während der Verhaftung oder danach. Nach Colbys Unterlagen fanden im Zeitraum vom Beginn des Jahres 1968 bis zum Mai 1971 als Ergebnis des Phoenix-Programms 20.587 vermeintliche Vietcongkader den Tod.[572] Ein ähnliches Programm gab es – unter verschiedenen Namen – bereits seit 1965 und wurde von den Vereinigten Staaten durchgeführt.[573]

Colby behauptet, mehr als 85 Prozent der 20.587 Personen seien tatsächlich während militärischer Kampfhandlungen getötet und erst danach als Angehörige der VCI identifiziert worden.[574] Es bedarf allerdings großer Naivität zu glauben, man hätte die Zehntausende von Vietcong, die während dieser Zeit im Kampf fielen, Mann um Mann auf den Schlachtfeldern umgedreht, um sie zu identifizieren und ihre Verbindung zur VCI fest zustellen.

Die südvietnamesische Regierung behauptete, im Rahmen des Phoenix-Programms sei en 40.994 Angehörige der VCI getötet worden.[575] Die wirkliche Zahl werden wir wahrscheinlich niemals erfahren.

Ein in Vietnam stationierter ehemaliger Offizier des militärischen Geheimdienstes, K. Barton Osbom, beschwor vor einem Ausschuß des Repräsentantenhauses, daß Verdächtigte, die im Rahmen von Phoenix festgenommen worden waren, in Hubschraubern verhört und manchmal hinausgeworfen wurden. Er berichtete auch von Elektroschockfolter und der Einführung eines 15 cm langen Holzstabes ins Ohr, der dann bis ins Gehirn durchgestoßen wurde, bis das Opfer starb.[576]

Osborns Kollege Michael J. Uhl bezeugte, daß die meisten Verdächtigen während groß angelegter Razzien gefangen und daß alle festgenommenen Personen als Vietcong ein gestuft wurden. Nach Aussagen von Osborn hatte kein einziger derjenigen, die zum Verhör festgehalten worden waren, dieses überlebt.[577]

Arthur Sylvester, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Ministerialdirektor im Verteidigungsministerium, war der Mann, der am meisten Verantwortung für »die Verbreitung, die Steuerung und den Umgang mit Kriegsnachrichten aus Vietnam« trug. Eines Tag im Juli des Jahres 1965 sagte Sylvester zu amerikanischen Journalisten, es sei ihre patriotische Pflicht, nur solche Informationen zu verbreiten, welche die Vereinigten Staaten in gutem Licht dastehen ließen. Als einer der Presseleute rief: »Aber Arthur, du erwartest doch sicher nicht von der amerikanischen Presse, daß sie sich zum Handlanger der Regierung macht«, antwortete Sylvester, »Genau das erwarte ich«, und er fügte hin zu: »Schaut her, wenn ihr glaubt, irgendein amerikanischer Beamter wird euch die Wahrheit erzählen, dann seid ihr bescheuert. Habt ihr das gehört: bescheuert?« Und als der Korrespondent einer New Yorker Zeitung zu einer Frage ansetzte, wurde er von Sylvester mit den Worten unterbrochen: »Aber, aber. Wer interessiert sich in New York schon für Vietnam?«[578]

Unterdessen wurden Hunderte von US-Soldaten in Asien und Europe das Opfer von falschen amerikanischen Autohändlem, die auftauchten, um Anzahlungen auf Autos zu kassieren, welche sie nie lieferten. Ein Kongreßabgeordneter aus Illinois meinte dazu: »Wir können von unseren Soldaten nicht verlangen, daß sie das System der Marktwirtschaft verteidigen, wenn genau dieses System, für dessen Verteidigung sie kämpfen, sie übers Ohr haut.«[579]

Am 27.01.1973 Unterzeichneten die Vereinigten Staaten in Paris das »Abkommen über die Beendigung des Krieges und die Wiederherstellung des Friedens in Vietnam.« Unter den Grundsätzen, zu denen sich die Vereinigten Staaten verpflichteten, befand sich der folgende in Artikel 21:

»In Verfolgung ihrer hergebrachten Politik werden die Vereinigten Staaten zur Heilung der Wunden des Krieges und zum Nachkriegsaufbau in der Demokratischen Republik Vietnam [Nordvietnam] und ganz Indochina beitragen.«

Fünf Tage später, am 01.02.1973, übermittelte Präsident Nixon dem Ministerpräsidenten von Nordvietnam eine Botschaft, in der er dieses Versprechen wiederholte und sogar noch erweiterte. Die beiden ersten Grundsätze der Botschaft des Präsidenten lauteten:

»(1) Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wird zum Nachkriegsaufbau in Nordvietnam beitragen, ohne irgendwelche politischen Bedingungen zu stellen.

(2) Vorläufige Untersuchungen der Vereinigten Staaten haben ergeben, daß der an gemessene Beitrag der Vereinigten Staaten zum Nachkriegsaufbau in die Größenordnung von 3,25 Milliarden Dollar Beihilfe über einen Zeitraum von fünf Jahren fallen wird. Über andere Formen der Hilfe werden zwischen den beiden Parteien noch Vereinbarungen getroffen. Diese Schätzung unterliegt einer möglichen Korrektur und detaillierten Verhandlungen zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und der Regierung der Demokratischen Republik Vietnam.«[580]

Die nächsten zwei Jahrzehnte hindurch sah kein einziger Vietnamese jemals etwas von der Hilfe der Vereinigten Staaten, außer denjenigen, die Vietnam verließen, und denjenigen, die wieder eingeschleust wurden, um Unruhe zu stiften. Zugleich verhängten die USA ein lückenloses Embargo auf Handelsgüter und Hilfslieferungen über das Land, das bis 1994 andauerte.

Gibt es auch unter den ungeborenen Generationen Opfer des Vietnamkrieges? Mehrere zehn Millionen Gallonen von Herbiziden wurden über dem Land freigesetzt. Dazu gehörten große Mengen von Dioxin, das als die giftigste aller von Menschenhand geschaffenen Substanzen bezeichnet wurde. Würden dem Wasserhaushalt von New York 85 Gramm Dioxin zugesetzt, soll dies ausreichen, die gesamte Bevölkerung der Stadt auszulöschen. Untersuchungen in Vietnam seit dem Krieg weisen auf ungewöhnlich hohe Raten an Krebserkrankungen (insbesondere an Leberkrebs), Chromosomenschäden, Geburtsfehlern, dauerhaften Funktionsstörungen der Nerven usw. in denjenigen Gegenden hin, über denen besonders viele Giftstoffe ausgebracht wurden. Andere Opfer waren Amerikaner. Tausende von Vietnamveteranen kämpften über Jahre hinweg um ihre Invalidenrente und machten dabei geltend, sie hätten irreparable Schäden vom bloßen Umgang mit den giftigen Herbiziden davongetragen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg trat in Nürnberg der Internationale Militärgerichtshof zusammen. Der von den siegreichen Alliierten eingesetzte Gerichtshof verurteilte zahlreiche Nazis, die sich darauf beriefen, sie hätten »bloß Befehle befolgt«, zu Gefängnisstrafen oder zum Tode. In der Begründung seines Urteils vom 01.10.1946 erklärte der Internationale Gerichtshof:

»Es ist ja gerade der Wesenskern des Statuts [des Gerichtshofs], daß Einzelpersonen internationale Pflichten haben, die über die nationalen Gehorsamspflichten hinausgehen, die ein Einzelstaat auferlegt hat.«

Während des Vietnamkrieges verweigerten etliche junge Amerikaner den Kriegsdienst mit der Begründung, die Vereinigten Staaten begingen in Vietnam Kriegsverbrechen und sie selbst würden sich nach den Grundsätzen, die in Nürnberg niedergelegt worden waren, der Teilnahme an Kriegsverbrechen schuldig machen, wenn sie an dem Krieg teilnähmen.

Einer der bekanntesten dieser Fälle war der von David Mitchell aus Connecticut. Bei seinem Prozeß im September 1965 lehnte Richter William Timbers seine Verteidigung als »Mumpitz« und »entartete Subversion« ab und erklärte die Grundsätze von Nürnberg für in diesem Fall »irrelevant.« Mitchell wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Der konservative Kolumnist William F. Buckley, der beim besten Willen nicht als Verfechter der Kriegsdienstverweigerung bezeichnet werden kann, bemerkte kurz darauf:

»Ich bin glücklich, daß ich nicht die Arbeit von Richter Timbers zu verrichten hatte. Oh, ich hätte Mr. Mitchell zusammen mit den besten von ihnen schelten können. Aber bei dem Abschnitt in meiner Belehrung, in dem ich Mr. Mitchell erklärte, inwiefern er die Grundsätze von Nürnberg ganz offensichtlich nicht zu seiner Verteidigung heranziehen konnte, hätte ich husten und schnaufen und mich räuspern müssen.«[581]

Im Jahre 1971 stellte Telford Taylor, der Chefankläger der USA in Nürnberg, nachdrücklich fest, nach den Rechtsgrundsätzen, die in Nürnberg niedergelegt worden waren, könnte man General William Westmoreland und hochrangige Beamte der Johnson Regierung, wie Robert McNamara und Dean Rusk, der Verübung von Kriegsverbrechen schuldig befinden.[582] Und dennoch wies jedes amerikanische Gericht und jeder amerikanische Richter, wenn sie mit einer Verteidigung konfrontiert wurden, die sich auf die Urteile in den Nürnberger Prozessen berief, diese ab, ohne die Argumente auch nur ernsthaft in Betracht zu ziehen.

Der Westen darf bis heute den Massenmord der Nazis an den Juden nicht vergessen. Seit 55 Jahres gibt es einen unaufhörlichen Strom von Darstellungen, Erinnerungen und Romanen sowie Filmen, Dokumentationen und Fernsehserien, die in jeder westlichen Sprache aufgeführt und wiederholt werden. Es gibt Museen, Gedenkstätten, Photoausstellungen, Erinnerungsfeiern. Nie wieder! Aber wer vernimmt die Stimme des vietnamesischen Bauern? Wer hat Zugang zu den Schriften der vietnamesischen Intellektuellen? Welches Schicksal hatte die vietnamesische Anne Frank? Und der junge Amerikaner fragt: Wo ist Vietnam?

20: Kambodscha 1955 bis 1973

Prinz Sihanouks Balanceakt auf dem Hochseil der Neutralitätspolitik

Literaturverzeichnis

  1. Michael Parenti, THE ANTI-COMMUNIST IMPULSE, (Random House, New York, 1969) S. 4
  2. Washington Post, 24.10.1965, ein Artikel von Stanley Karnow
  3. Winston Churchill, THE SECOND WORLD WAR, Band 4: The Hinge of Fate (London, 1951), S. 428
  4. Winston Churchill, THE WORLD CRISIS: THE AFTERMATH (London, 1929), S. 235
  5. D. F. Fleming, »The Western Intervention in the Soviet Union, 1918-1920«, New World Review (New York) Herbst 1967; vergleiche auch: Fleming, THE COLD WAR AND ITS ORIGINS, 1917-1960, (New York, 1961) S. 16-35
  6. Los Angeles Times, 02.09.1991, S. 1
  7. Frederick L. Schuman, AMERICAN POLICY TOWARD RUSSIA SINCE 1971 (New York, 1928), S. 125
  8. Frederick L. Schuman, AMERICAN POLICY TOWARD RUSSIA SINCE 1971 (New York, 1928), S. 154
  9. San Francisco Chronicle, 04.10.1978, S. 4
  10. New Republic, 04.08.1920. Eine 42-seitige Analyse von Walter Lippmann und Charles Merz
  11. Life, 29.03.1943, S. 29
  12. New York Times, 24.06.1941. Ein interessanter Bericht darüber, wie US-Beamte sofort nach dem Zweiten Weltkrieg die Grundlagen für den Kalten Krieg legten, findet sich in den beiden ersten Kapiteln von Blanche Wiesen Cook, THE DECLASSIFIED EISENHOWER (New York, 1981), eine Untersuchung der bis dahin nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Dokumente in der Eisenhower Library.
  13. Dies wurde ausführlich dokumentiert und wäre heute auch »Allgemeinwissen«, gäbe es nicht die beschämenden Verwicklungen. Vgl. z.B. die Dokumente des britischen Kabinetts aus dem Jahr 1939 in ihrer Zusammenfassung im Manchester Guardian vom 01.01.1970. Ebenso Fleming, THE COLD WAR, S. 49-97
  14. Berichtet vom früheren französischen Außenminister Christian Pineau in einem für das Dulles Oral History Project der Princeton University aufgezeichneten Interview, zitiert bei Roger Morgan, THE UNITED STATES AND WEST GERMANY, 1945-1973: A STUDY IN ALLIANCE POLITICS (Oxford University Press, London 1974), S. 54. Übersetzung des Autors aus dem Französischen
  15. Parenti, S. 35
  16. John Stockwell, IN SEARCH OF ENEMIES: A CIA STORY (Norton, New York, 1978), S. 101. Der Ausdruck »CIA-Beamter« wird in diesem Buch benutzt, um einen festangestellten Mitarbeiter des Geheimdienstes zu bezeichnen. »CIA-Agent« steht dagegen für eine Person, die zu einem bestimmten Zweck für bestimmte Zeit vom CIA bezahlt wird. Andere der hier zitierten Quellen benutzen das Wort »Agent« bisweilen für beide Kategorien von Personen.
  17. John Stockwell, IN SEARCH OF ENEMIES: A CIA STORY (Norton, New York, 1978), S. 238
  18. Kwame Nkrumah, DARK DAYS IN GHANA, (London, 1968), S. 71-72
  19. Das vollständige Zitat stammt aus der New York Times vom 11.01.1969, Seite 1. Das Zitat innerhalb des Zitats stammt von der National Commission.
  20. Mother Jones (San Francisco), April 1981, S. 5
  21. San Francisco Chronicle, 14.01.1982, S. 2
  22. Richard F. Grimmet, Reported Foreign and Domestic Convert Activities of the United States Central Intellincy Agency: 1950-1974 (Library of Congress, Washington, DC), 18.02.1975
  23. THE PENTAGON PAPERS (New York Times Edition, 1971), S. XIII
  24. Rede vor dem World Affairs Council an der University of Pennsylvania am 13. Januar 1950, zitiert in Republican Congressional Committee Newsletter, 20.09.1965
  25. Robert Scheer, Los Angeles Book Review, 27.09.1992, Rezension von Georgi Arbatov, THE SYSTEM: AN INSIDERʼS LIFE IN SOVIET POLITICS (Times Books, New York 1992)
  26. International Herald Tribune, 29.10.1992, S. 4
  27. The New Yorker, 02.11.1992, S. 6
  28. Los Angeles Times, 02.12.1988: Die Zahl der aus der Sowjetunion ausgewanderten Juden erreichte ihren Höhepunkt im Jahre 1979 mit 51.330 und fiel während der Reagan-Regierung (1981-1989) Mitte der 1980er Jahre auf ungefähr 1000 pro Jahr. Im Jahre 1988 betrug sie 16.572.
  29. a) Frank Kofsky, HARRY S. TRUMAN AND THE WAR SCARE OF 1948: A SUCCESSFUL CAMPAIGN TO DECEIVE THE NATION (St. Martinʼs Press, New York, 1993), passim, bes. Anhang A. Das Buch birst von Teilen von Dokumenten, die in den 1940er Jahren von Diplomaten, Geheimdienstleuten und Militäranalytikern verfaßt wurden. Die Kriegsangst wurde eingesetzt, um das außenpolitische Programm der Regierung durchzupeitschen, eine enorme Aufrüstung durchzusetzen und der nahezu bankrotten Luftfahrtindustrie aus der Patsche zu helfen; b) DECLASSIFIED DOCUMENTS REFERENCE SYSTEM (Arlington, VA): Register, Zusammenfassungen und Dokumente auf Mikrofiche, Bände für einzelne Jahre, nach einzelnen Regierungsbehörden und dem Datum der Freigabe geordnet; c) FOREIGN RELATIONS OF THE UNITED STATES (Department of State, Washington, DC), Bände für einzelne Jahre, interne Dokumente, veröffentlicht zwischen 25 und 35 Jahren nach den Ereignissen.
  30. Los Angeles Times, 29.12.1991, S. M1
  31. The Guardian (London), 10.10.1983, S. 9
  32. a) Anne H. Cahn, »How We Got Oversold and Overkill«, Los Angeles Times, 23.07.1993, beruht auf einer Aussage über eine Untersuchung des Rechnungshofs von Eleanor Chelimsky, der stellvertretenden Präsidentin des Rechnungshofs, am 10.06.1993 vor dem Kongreß; vgl. die entsprechende Dokumentation in der New York Times, 28.06.1993, S. 10; b) Los Angeles Times, 15.09.1991, S. 1; 26.10.1991; c) The Guardian (London), 04.03.1983; 20.01.1984; 03.04.1986; d) Arthur Macy Cox, »Why the U.S., Since 1977, Has Been Misperceiving Soviet Military Strength«, New York Times, 20.10.1980, S. 19. Cox war früher Beamter im Außenministerium und bei der CIA.
  33. Zu einer ausführlichen Darstellung dieser Punkte vgl. a) Walden Bello, DARK VICTORY: THE UNITED STATES, STRUCTURAL ADJUSTMENT AND GLOBAL POVERTY (Institute for Food and Development Policy, Oakland, CA, 1994), passim; b) Multinational Monitor (Washington, DC), Juli-August 1994, ein Sonderheft über die Weltbank; c) Doug Henwood, »The U.S. Economy: The Enemy Within«, Convert Actoin Quarterly, H. 41, Summer 1992, S. 45-49; d) Joel Beifuss, »The Death of Nations«, In These Times (Chicago, 27.06.1994 bis 10.07.1994, S. 12 (zum UNO-Code)
  34. David Barrett, DIXIE MISSION: THE UNITED STATES ARMY OBSERVER GROUP IN YENAN, 1944 (Center for Chines Studies, University of California, Berkeley, 1970), passim; R. Harris Smith, OSS: THE SECRET HISTORY OF AMERICAʼS FIRST CIA (University of Cali fornia Press, Berkeley, 1972, S. 262-263); New York Times, 09.12.1945, S. 24
  35. Zu Chiangs Politik während des und nach dem Krieg vgl. Smith, S. 259-282; New York Times, 19.12.1945, S. 2
  36. Harry S. Truman, MEMOIRES, BD. 2, YEARS OF TRIAL AND HOPE, 1946-1953 (Hodder & Stoughton, London, 1956), S. 66
  37. Smith, S. 282
  38. D. F. Fleming, THE COLD WAR AND ITS ORIGINS, 1917-1960 (New York, 1961), S. 570
  39. New York Times, September bis Dezember 1945, passim; Barbara W. Tuchman, STILWELL AND THE AMERICAN EXPERIENCE IN CHINA 1911-1945 (New York, 1972), S. 666-677
  40. CONGRESSIONAL RECORD, Appendix, Bd. 92, T. 9. 24.01.1946, S. A225, ein Brief an den Kongreßabgeordneten des Bundesstaates Washington Hugh de Lacy
  41. New York Times, 06.11.1945, S. 1; 19.12.1945, S. 2
  42. New York Times, 09.12.1945, S. 24; 26.12.1945, S. 5
  43. New York Times, 26.12.1945, S. 5
  44. Fleming, S. 587
  45. Christoper Robbins, AIR AMERICA (Putnam, New York 1979), S. 46-57; Victor Marchetti und John Marks, THE CIA AND THE CULT OF INTELLIGENCE (New York, 1975), S. 149
  46. Hearings held in executive session before the US Senate Foreign Relations Committee during 1949-1950: Economic Assistance to China and Korea, 1949-1950, Aussage von Dean Acheson, S. 23. Im Januar 1974 als Teil der HISTORICAL SERIES veröffentlicht.
  47. Tuchman, S. 676
  48. Zu näheren Einzelheiten bezüglich der Unterdrückung und der Greueltaten des Chiang-Regimes gegenüber den Taiwanesen vgl. Scott Anderson und Jon Lee Anderson, INSIDE THE LEAGUE (New York, 1986), S. 47-49, in dem prominente amerikanische Generäle und ein Beamter des Außenministeriums, der zu dieser Zeit in Taiwan war, zitiert werden. Vgl. auch Fleming, S. 578-579. Im Jahre 1992 gab die Regierung von Taiwan zu, ihre Armee habe bei dem Massaker im Jahre 1947 ungefähr 18.000 bis 28.000 eingeborene Taiwanesen getötet (Los Angeles Times, 24.02.1992).
  49. Felix Greene, A Curtain of Ignorance: How the American Public Has Been Misinformed about China (Doubleday, Garden City, NY, 1964)
  50. Tuchman, S. 676; Fleming, S. 572-574, 577, 584-585; Milovan Djilas, CONCERSATIONS WITH STALIN (London, 1962), S. 164; New York Times, 07.11.1945, S. 12; 14.11.1945, S. 1; 21.11.1945, S. 2; 28.11.1945, S. 1; 30.11.1945, S. 3; 01.12.1945, S. 34
  51. New York Times, 12.01.1947, S. 44
  52. William Manchester, AMERCIAN CAESAR: DOUGLAS MACARTHUR 1880-1964 (London, 1979), S. 535
  53. FOREIGN RELATIONS OF THE UNITED STATES, 1949, BD. 8, THE FAR EAST: CHINA (U.S. Government Printing Office, Washington, 1978), passim zwischen S. 357 und 399 sowie 768 und 799-780. Eine Veröffentlichung dieses Bandes in der Reihe des Außenministeriums wurde aus dem Grund zurückgehalten, weil er Berichte über Zhou Enlais Bitte enthielt (San Francisco Chronicle, 27.09.1978, S. F1).
  54. Vgl. das Kapitel über Indonesien 1957-1958 und The Guardian (London), 24.08.1985
  55. New York Times, 25.04.1966, S. 20
  56. Zu Burma vgl. David Wise und Thomas Ross, THE INVISIBLE GOVERNMENT (New York, 1965, Taschenbuchausgabe), S. 138-144; Joseph Burhkolder Smith, PORTRAIT OF A COLD WARRIOR (New York, 1976), S. 77-78; New York Times, 28.07.1951; 28.12.1951; 22.02.1952; 08.04.1952;30.12.1952. Zum Opium vgl. Robbins, S. 84-87
  57. Washington Post, 20.08.1958. Joseph Alsop, ein Kolumnist, war unter General Chennault Stabsoffizier und hatte gute Beziehungen zu Taiwan. Über die Jahre führe er – wie auch sein Bruder Steward Alsop – die verschiedensten verdeckten Aktionen für die CIA durch (vgl. Carl Bernstein, »The CIA and the Media«, Rolling Stone, 20.10.1977)
  58. Zu Quemoy und Matsu vgl. Stewart Alsop, »The Story Behind Quemoy: How We Drifted Close to War«, Saturday Evening Post, 13.12.1958; Andrew Tulley, CIA: THE INSIDE STORY (New York, 1962), S. 162-165; Fleming, S. 930-931; Wise und Ross, S. 116; New York Times, 27.04.1966, S. 28
  59. Wise und Ross, S. 114
  60. Zu den Fallschirmspringern vgl. Wise und Ross, S. 112-115; Thomas Powers, THE MAN WHO KEPT THE SECRETS (New York, 1979), S. 43-44; Newsweek, 26.03.1973
  61. Zu den Überflügen vgl. Marchetti und Marks, S. 150, 287; Washington Post, 27.05.1966; New York Times, 28.03.1969, S. 40
  62. FOREIGN RELATIONS OF THE UNITED STATES, 1943, CHINA (U.S. Government Printing Office, Washington, 1957), S. 630
  63. Zu Tibet vgl. David Wise, THE POLITICS OF LYING (New York, 1973, Taschenbuchausgabe), S. 239-254; Robbins, S. 94-101; Marchetti und Marks, S. 128-131 sowie 97 der Ausgabe von 1983.
  64. Peopleʼs China, (eine englischsprachige Zeitschrift, Foreign Languages Press, Peking). 17.09.1952, S. 28
  65. Callum A. MacDonald, Korea: The War Before Vietnam (New York, 1986), S. 161-162, zitiert etliche Quellen für diesen bekannten Vorfall.
  66. Zur bakteriologischen Kriegsführung vgl. People’s China, 1952, passim ab 16.03.1952
  67. New York Times, 09.08.1970, Section IV, S. 3.
  68. Washington Post, 17.12.1979, S. A18: »die in Florida aufgezeichneten Keuchhustenfälle stiegen sprunghaft von 339 und einem Toten im Jahre 1954 auf 1080 und 12 Tote in 1955.« Die CIA erhielt die Bakterien vom Biologischen Forschungszentrum des Heeres in Fort Detrick in Maryland.
  69. San Francisco Chronicle, 04.12.1979, S. 12. Ein detaillierter Bericht über die Experimente der US-Regierung mit biologischen Krankheitserregern innerhalb der Vereinigten Saaten findet sich bei Leonard A. Cole, CLOUDS OF SECRECY: THE ARMYʼS GERM WARFARE TESTS OVER POPULATED AREAS (Maryland, 1990), passim.
  70. Department of State Bulletin, 02.05.1966
  71. Rede vor dem Cathedral Club of Brooklyn am 15.01.1948. Zitiert bei David Caute, THE GREAT FEAR: THE ANTI-COMMUNIST PURGE UNDER TRUMAN AND EISENHOWER (Simon and Schuster, New York, 1979), S. 15.
  72. Robert T. Holt und Robert W. van de Velde, STRATEGIE PSYCHOLOGICAL OPERATIONS AND AMERICAN FOREIGN POLICY (University of Chicago Press, 1960), S. 169.
  73. Zur Entlassung des Kabinetts: New York Times, 21.01.1947, S. 5; 26.01.1947, S. 31; 03.02.1947, S. 1; 05.05.1947, S. 13; 13.05.1947; 14.05.1947; 29.05.1947, S. 3; 02.06.1947, S. 24.
  74. New York Times, 05.05.1947, S. 1; 11.05.1947, Section IV, S. 5; 14. 05.1947, S. 14 und 24; 17.05.1947, S. 8; 18.05.1947, Section IV, S. 4; 20.05.1947, S. 2; Howard K. Smith, THE STATE OF EUROPE (London, 1950), S. 151 (enthält das Zitat von Ramadier; ein ähnliches Zitat findet sich in der New York Times vom 20.05.1947).
  75. Time, 22.05.1948, S. 35.
  76. William Colby, HONORABLE MEN: MY LIFE IN THE CIA (New York, 1978), S. 109.
  77. Falls nicht anderes vermerkt, basieren die Einträge in der folgenden Liste auf: a) New York Times, 16.03.1948 bis 18.04.1948, passim; b) Smith, S. 198-219; c) William E. Daugherty und Morris Janowitz, A PSYCHOLOGICAL WARFARE CASEBOOK (Johns Hopkins Press, Baltimore, 1958), S. 319-326; d) Holt und van de Velde, S. 159-205; e) E. Edda Martinez und Edward A. Suchman, »Letters from America and the 1948 Elections in Italy«, The Public Opinion Quarterly, Frühjahr 1950, S. 111-125.
  78. Zitiert bei Smith, S. 202 ohne Angabe zum Erscheinungstag der Originalquelle.
  79. 79,0 79,1 Tom Braden, »I’m Glad the CIA is ›‹Immoral‹«, Saturday Evening Post, 20. Mai 1967. Braden war vorher ein hochrangiger CIA-Beamter.
  80. Miles Copeland, WITHOUT CLOAK AND DAGGER (New York, 1974), S. 235-236; auch unter dem Titel THE REAL SPY WORLD erschienen.
  81. CIA-Memorandum an den Aussschuß der Vierzig (Nationaler Sicherheitsrat), dem Sonderausschuß des Repräsentantenhauses (Pike-Ausschuß) während der nichtöffentlichen Anhörungen im Jahre 1975 vorgelegt. Der größte Teil des Ausschußberichts, der dieses Memorandum einschloß, wurde im Februar 1976 heimlich an die Presse weitergegeben und erschien in Buchform als CIA – THE PIKE REPORT (Spokesman Books for the Bertrand Russell Peace Foundation, Nottingham, 1977). Das Memorandum findet sich im Buch auf S. 204-205. (Vgl. auch die Anmerkungen zum Kapitel »Der Irak 1972 bis 1975«.)
  82. Stephen Goode, THE CIA (Franklin Watts, New York, 1982), S. 45; William R. Corson, THE ARMIES OF IGNORANCE: THE RISE OF THE AMERICAN INTELLIGENCE EMPIRE (The Dial Press, New York, 1977), S. 298-299. Corson hatte eine lange Laufbahn im militärischen Geheimdienst hinter sich und war der geschäftsführende Sekretär des Special Group Joint DOD-CIA Committee on Counterinsurgency R&D des Präsidenten.
  83. PUBLIC PAPERS OF THE PRESIDENTS OF THE UNITED STATES: HARRY S. TRUMAN, 1947 (U. S. Government Printing Office, Washington, 1963), S. 178-179.
  84. New York Times, 08.04.1948.
  85. New York Times, 12.04.1948.
  86. Smith, S. 200.
  87. Smith, S. 202.
  88. New York Times, 15.04.1948.
  89. Jorge Semprún, WHAT A BEAUTIFUL SUNDAY! (Secker & Warburg, London, 1983, Übersetzung aus dem Französischen), S. 26-27. Semprun schrieb die Drehbücher für Z und La Guerre est finie.
  90. Ein Zusammenfassung der Literatur über die ELAS und die EAM findet sich bei Todd Gitlin, »Counter-Insurgency: Myth and Reality in Greece« in David Horowitz (Hrsg.), CONTAINMENT AND REVOLUTION (Boston, 1967), S. 142-147. Vgl. auch D. F. Fleming, THE COLD WAR AND ITS ORIGINS, 1917-1960 (New York, 1961), S. 183-185; Howard K. Smith, THE STATE OF EUROPE (London, 1950), S. 225-230; William Hardy McNeill, THE GREEK DILEMMA: WAR AND AFTERMATH (Lippincott, Philadelphia, 1947), passim.
  91. Berichte über die durch und durch prinzipienlose Politik der Briten in Griechenland und ihren Umgang mit Kollaborateuren in den Jahren 1944 bis 1946 finden sich bei Fleming, S. 174-187; Smith, S. 227-131, 234; Lawrence S. Wittner, AMERICAN INTERVENTION IN GREECE, 1943-1949 (Columbia University Press, New York, 1982), passim.
  92. Churchill-Zitat nach Kati Marton, THE POLK CONSPIRACY: MURDER AND COVER-UP IN THE CASE OF CBS NEWS CORRESPONDENT GEORGE POLK (New York, 1990), S. 23. Zum Spruchband der EAM vgl. Hearst Metrotone News, New York, Film vom 03.11.1944, Kopie im Besitz des Autors.
  93. PARLIAMENTARY DEBATES, HOUSE OF COMMONS, 16. Oktober 1946, Sp. 887 (Hier wird auf die Rede Bevins vom 10.08.1946 Bezug genommen). Vgl. auch Christopher Simpson, BLOWBACK: AMERICA’S RECRUITMENT OF NAZIS AND ITS EFFECTS ON THE COLD WAR (New York, 1988), S. 81.
  94. Gitlin, S. 157; Wittner, S. 25.
  95. Winston Churchill, THE SECOND WORLD WAR, BD. 6, TRIUMPH AND TRAGEDY (London, 1954), S. 198, 255. Weitere Belege für das Nichteingreifen der Sowjets finden sich bei Wittner, S. 26-27.
  96. Fleming, S. 182; vgl. auch Smith, S. 228.
  97. Vgl. die in Anm. 2 und 3 genannten Quellen sowie James Becket, BARHARISM IN GREECE (New York, 1970), S. 6; Richard Barnet, INTERVENTION AND REVOLUTION (London, 1970), S. 99-101; Edgar O’Ballance, THE GREEK CIVIL WAR, 1944-1949 (London, 1966), S. 155, 167.
  98. Smith, S. 232. Um einen vollständigen Eindruck davon zu erhalten, wie erbärmlich die griechische Regierung jener Zeit war, vgl. Marton, passim. In diesem Buch wird darüber berichtet, wie die griechischen Behörden mit Zustimmung der USA einen Fall konstruierten, um zu beweisen, dass der CBS- Nachrichtenreporter George Polk von den Kommunisten ermordet worden wäre, und nicht von der Regierung deshalb, weil er dabei war, die gravierende Korruption des Ministerpräsidenten aufzudecken.
  99. Stephen G. Xydis, GREECE AND THE GREAT POWERS, 1944-1947 (Institute for Balkan Stu dies, Thessaloniki, 1963), S. 479 sowie Informationen aus dem Archiv der griechischen Botschaft in Washington.
  100. Foreign Relations of the United States, 1947, Bd. 5 (U. S. Government Printing Office, Washington, 1971), S. 222.
  101. New York Times Magazine, 12.10.1947, S. 10.
  102. Foreign Relations, a. a. O., S. 222-223.
  103. Zitiert bei Fleming, S. 444.
  104. Barnet, S. 109.
  105. PUBLIC PAPERS OF THE PRESIDENTS OF THE UNITED STATES: HARRY S. TRUMAN, 1947 (U. S. Government Printing Office, Washington, 1963), S. 177.
  106. Milovan Djilas, CONVERSATIONS WITH STALIN (London, 1962), S. 164. Djilas wurde 1962 ins Gefängnis gesteckt, weil er in diesem Buch Staatsgeheimnisse preisgegeben hatte.
  107. Zu Einzelheiten über die militärischen Anstrengungen der Amerikaner vgl. a) O’Ballance, passim; b) Wittner, S. 242; c) CIA REPORT TO THE PRESIDENT, März 1948, Anhänge D und F, Declassified Documents Reference System, Band 1977, Dokument 168A; d) Interne Aktennotiz des Heeresministeriums vom 15. Juni 1954, DDRS, Band 1980, Dokument 253C; e) Simpson, S. 81-82 (zur Geheimen Reservearmee).
  108. O’Ballance, S. 156.
  109. O’Ballance, S. 173.
  110. Christopher M. Woodhouse, THE STRUGGLE FOR GREECE, 1941-1949 (London, 1976), S. 260-261.
  111. New York Times, 28.08.1947, S. 1; 05.09.1947, S. 1.
  112. Foreign Relations, a. a. O., S. 327.
  113. John O. Iatrides, »American Attitudes Toward the Political System of Postwar Greece« in Theodore A. Couloumbis und John O. Iatrides (Hrsg.), GREEK-AMERICAN RELATIONS: A CRITICAL REVIEW (New York, 1980), S. 64-65; Lawrence Stern, THE WRONG HORSE: THE POLITICS OF INTERVENTION AND THE FAILURE OF AMERICAN DIPLOMACY (New York Times Books, 1977), S. 16-17.
  114. Philip Deane, I SHOULD HAVE DIED (Atheneum, New York, 1977), S. 102, 103; Andreas Papandreou, DEMOCRACY AT GUNPOINT (Doubleday, Garden City, NY, 1970), S. 84-85.
  115. Papandreou, S. 80.
  116. New York Times, 13.07.1947, S. 11.
  117. New York Times, 11.09.1947, S. 19; 17.10.1947, S. 11.
  118. Papandreou, S. 5.
  119. Der Absender war Horace Smith von der AMAG. U. S. National Archives, Record Group 59, zitiert bei Michael M. Amen, AMERICAN FOREIGN POLICY IN GREECE 1944/1949: ECONOMIC, MILITARY AND LNSTITUTIONAL ASPECTS (Peter Lang, Frankfurt a. M., 1978, S. 114-115.
  120. Charles S. Olcott, THE LIFE OF WILLIAM MCKINLEY, Bd. 2 (Boston, 1916), S. 110-111. Aus einer Ansprache vor einer Besuchergruppe der Methodist Episcopal Church.
  121. Zu den Aktionen der USA gegen die Huk während des Zweiten Weltkriegs vgl. a) D. M. Condit u. a., CHALLENGE AND RESPONSE IN INTERNAL CONFLICT, BD. I, THE EXPERIENCE IN ASIA (Center for Research in Social Systems, The American University, Washington, DC, 1968), S. 481, eine Forschungsarbeit für das Heeresministerium; b) Luis Taruc, BORN OF THE PEOPLE (New York, 1953, aber bereits im Juni 1949 fertiggestellt), S. 147-162, 186 211, die Autobiographie des Huk-Oberbefehlshabers, der sich 1954 der Regierung ergab; c) William J. Pomeroy, AN AMERICAN MADE TRAGEDY (New York, 1974), S. 74-77; Pomeroy, ein Amerikaner, diente während des Krieges auf den Philippinen und stand dort mit Mitgliedern der Huk in Verbindung. Nach dem Krieg kehrte er zurück, um sie zu bekämpfen, bis er im Jahre 1952 gefangengenommen wurde; d) George E. Taylor, THE PHILIPPINES AND THE UNITED STATES: PROBLEMS OF PARTNERSHIP (New York, 1964), S. 122 (vgl. unten Anm. 13); e) Eduardo Lachica, HUK: PHILIPPINE AGRARIAN SOCIETY IN REVOLT (Manila, 1971), S. 112-113, 116-117; f) PHILIPPINES: A COUNTRY STUDY (Foreign Area Studies, The American University, Washington, DC, 1983-84), S. 43, für das Heeresministerium erarbeitet.
  122. Taruc, Kap. 22; Pomeroy, S. 77-78; Taylor, S. 116-120.
  123. New York Times, 19.13.1952, S. 13
  124. Philippines: A Country Study, S. 44
  125. New York Times, 05.01.1946, S. 26
  126. Hearings before the House Committee on Foreign Affairs in executive session, 7. Juni 1946, released in 1977, S. 31. Arnold war stellvertretender Ministerialdirektor der Einsatzabteilung des Generalstabs im Kriegsministerium.
  127. Zum Protest der amerikanischen Soldaten vgl. New York Times, 08.01.1946, S. 3; 11.01.1946, S. 4. Zu weiteren Informationen vgl. Mary-Alice Waters, G.I.’S AND THE FIGHT AGAINST WAR (New York, 1967), eine von der Zeitschrift Young Socialist veröffentlichte Flugschrift.
  128. New York Times, 20.05.1946, S. 8; 02.06.1946, S. 26; 04.06.1946, S. 22, ein Brief von Tomas Confessor, einer bekannten politischen Figur auf den Philippinen, in dem im Detail die Rechtswidrigkeit des Vorgangs, daß den Männem ihre Sitze vorenthalten wurden, behandelt wird; 18.09.1946, S. 4; 19.09.1946, S. 18; Pomeroy, S. 20; Taruc, S. 214-227; Lachica, S. 120-121.
  129. New York Times, 12.03.1947, S. 15 (die Worte sind diejenigen der Times); Lachica, S. 121.
  130. Pomeroy, S. 28, erläutert, wie es dazu kam.
  131. Taruc, Kap. 23 und 24; Pomeroy, S. 78. Die philippinische Armee berichtete, ihr Einfall in das Gebiet der Huk im Monat nach der Wahl hätte 600 Todesopfer gefordert (New York Times, 20.05.1946, S. 8), jedoch wurde in dem Artikel keine Aufschlüsselung zwischen militärischen und zivilen Opfem mitgeliefert; vgl. auch Lachica, S. 121.
  132. Taylor, S. 114, 115. Das Buch wurde vom Verlag Praeger für den Rat für Auswärtige Beziehungen, die extrem hochrangige Denkfabrik, zu deren Mitarbeitern und Direktoren seinerzeit Allen Dulles, David Rockefeller und John J. McCloy gehörten, veröffentlicht. Wie sich später herausstellte, veröffentlichte Praeger in den 1960er-Jahren eine ganze Reihe von Büchern, die die CIA bezahlt hatte. Dieses Buch, das in den meisten Belangen recht vernünftig daherkommt, sinkt dort auf ein kindisches und halbhysterisches Niveau ab, wo die Huk oder »der Kommunismus« behandelt werden.
  133. Department of State, TREATIES AND OTHER INTERNATIONAL AGREEMENTS OF THE UNITED STATES OF AMERICA, 1776-1949 (Washington, 1974), S. 84-89; Pomeroy, S. 21-23; Taylor, S. 129.
  134. New York Times, 01.07.1946: 50 Millionen Dollar; 11.02.1950, S. 6: 163,5 Millionen Dollar im Rahmen des Ankommens vom Jahre 1947.
  135. Edward G. Lansdale, IN THE MIDST OF WARS (New York, 1972), passim; Stephen Shalom, »Counter- Insurgency in the Philippines« in Daniel Schirmer und Stephen Shalom (Hrsg.), THE PHILIPPINE READER (Boston, 1987), S. 112-113.
  136. William Worden, »Robin Hood of the Islands«, Saturday Evening Post, 12.01.1952, S. 76.
  137. Lansdale, S. 24-30, 47.
  138. Joseph Burkholder Smith, PORTRAIT OF A COLD WARRIOR (New York, 1976), S. 95 (vgl. Anm. 30 zum Hintergrund von Smith).
  139. Lansdale, S. 72-73.
  140. Lansdale, S. 47-59.
  141. Lansdale, S. 70-71, 81-83, 92-93; Smith, S. 106; Taruc, S. 68-69. Eine weitere Beschreibung dieses Propagandafeldzugs findet sich bei Shalom, S. 115-116.
  142. Leroy Fletcher Prouty, THE SECRET TEAM: THE CIA AND ITS ALLIES IN CONTROL OF THE WORLD (Ballantine Books, New York, 1974, Taschenbuchausgabe), S. 38-39. Prouty war ein pensionierter Oberst der US- Luftwaffe.
  143. Leroy Fletcher Prouty, THE SECRET TEAM: THE CIA AND ITS ALLIES IN CONTROL OF THE WORLD (Ballantine Books, New York, 1974, Taschenbuchausgabe), S. 102-103. Prouty war ein pensionierter Oberst der US- Luftwaffe.
  144. S. 95, zitiert hier den CIA-Beamten Paul Lineberger.
  145. New York Times, 16.10.1953, S. 26.
  146. Interviews des Schriftstellers Thomas Buell mit Ralph Lovett, dem Leiter der CIA-Außenstelle auf den Philippinen in den frühen 1950er-Jahren, und mit Lansdale, zitiert bei Raymond Bonner, WALTZING WITH A DICTATOR: THE MARCOSES AND THE MAKING OF AMERICAN POLICY (New York, 1987), S. 39-40. Vgl. auch New York Times, 31.03.1997, S. 1.
  147. Bonner, S. 41.
  148. Adams, FIRSTHAND REPORT (New York, 1961), S. 123.
  149. Für eine umfassende Beschreibung der Manipulation des politischen Lebens auf den Philippinen und insbesondere Magsaysays durch die CIA vgl. Smith, Kap. 7, 15, 16 und 17. Smith war ein CIA-Beamter, der in den frühen 1950er-Jahren in der Abteilung für den Fernen Osten, zu der auch die Philippinen zählten, arbeitete und mit politischen Angelegenheiten und der psychologischen Kriegsführung befaßt war.
  150. Smith, S. 280.
  151. Buells mit Lovett (vgl. Anm. 27), zitiert bei Bonner, S. 42.
  152. Reader's Digest, April 1963, ein Artikel mit dem Titel »Democracy Triumphs in the Philippines«.
  153. Smith, S. 290.
  154. House Bill Nr. 6584, Republic Act Nr. 1700, approved 20.06.1957.
  155. Zustand der Huk vgl. New York Times, 03.04.1949, S. 20; 30.06.1950, S. 4.
  156. Lachica, S. 131.
  157. Taylor, S. 192.
  158. New York Times, 01.10.1950, S. 3.
  159. The U. S. Imperialists Started the Korean War (Pyongyang, 1977), S. 109-110.
  160. Radioansprache vom 13.04.1950, abgedruckt in The Department of State Bulletin, 24.04.1950, S. 627.
  161. Zu einer Darstellung der unmittelbaren Kriegsursachen vgl. a) Karunakar Gupta, »How Did the Korean War Begin?«, The China Quarterly, Oktober-Dezember 1972, H. 52, S. 699-716; b) »Comment: The Korean War«, The China Quarterly, April-Juni 1973, H. 54, S. 354-368 (eine Erwiderung auf Guptas vorgenannten Artikel sowie eine Gegenantwort Guptas); c) New York Times, 26.06.1950, S. 1: Südkoreas Bekanntmachung zu Haeju; S. 3: Nordkoreas Bekanntmachung zu Haeju; d) Glenn D. Paige, THE KOREAN DECISION (June 24-30, 1950) (New York, 1968), passim, bes. S. 130; e) I. F. Stone, THE HIDDEN HISTORY OF THE KOREAN WAR (New York, 1952), Kap. 7 und passim.
  162. John Gunther, THE RIDDLE OF MACARTHUR (London, 1951), S. 151-152.
  163. New York Times, 25.07.1950, S. 4; 30.07.1950, S. 2.
  164. KHRUSHCHEV REMEMBERS (London, 1971), Kap. 11. Zur vergleichenden Untersuchung der russischen Übertragung der Bänder in Schriftform und des auf englisch veröffentlichten Buches vgl. John Merrill, BOOK REVIEWS, Journal of Korean Studies, Bd. 3, 1981, S. 181-191.
  165. Joseph C. Goulden, KOREA: THE UNTOLD STORY OF THE WAR (New York, 1982), S. 64.
  166. New York Times, 26.06.1950.
  167. New York Times, 01.10.1950, S. 4.
  168. Goulden, S. 87-88; Stone, S. 75, 77.
  169. Zu einer ausführlichen Darstellung der Voreingenommenheit der UNO zu jener Zeit vgl. Jon Halliday, »The United Nations and Korea«, in Frank Baldwin (Hrsg.), WITHOUT PARALLEL: THE AMERICAN-KOREAN RELATIONSHIP SINCE 1945 (New York, 1974), S. 109-142.
  170. Trygve Lie, IN THE CAUSE OF PEACE (New York, 1954), Kap. 18 und 19.
  171. Shirley Hazzard, COUNTENANCE OF TRUTH: THE UNITED NATIONS AND THE WALDHEIM CASE (New York, 1990), S. 13-22. In seinem Buch (vgl. Anm. 13) behauptet Lie auf Seite 389, er habe diese Praxis ins Leben gerufen.
  172. Aktennotiz der CIA vom 28.06.1950, Declassified Documenls Reference System, Retrospektiver Sammelband, Dokument 33C.
  173. Stone, S. 77-78.
  174. Der vollständige Text der Resolution des Sicherheitsrates vom 07.07.1950 findet sich in der New York Times vom 08.07.1950, S. 4.
  175. Dwight Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: MANDATE FOR CHANGE, 1953-1956 (New York, 1963), S. 340.
  176. Zur Darstellung der Nachkriegspolitik in Südkorea vgl. a) Bruce Cumings, THE ORIGINS OF THE KOREAN WAR: LIBERATION AND THE EMERGENCE OF SEPARATE REGIMES, 1945-1947 (Princeton University Press, 1981), passim; b) E. Grant Meade, AMERICAN MILITARY GOVERNMENT IN KOREA (King’s Crown Press, Columbia University, New York, 1951), Kap. 3 bis 5; c) George M. McCune, KOREA TODAY (Institute of Pacific Relations, New York, 1950), passim und S. 46-50 zur Koreanischen Volksrepublik. Professor McCune arbeitete während des Zweiten Weltkriegs für die US-Regierung über koreanische Fragen; d) D. F. Fleming, THE COLD WAR AND ITS ORIGINS, 1917-1960 (Doubleday, Garden City, NY, 1961), S. 589-597; e) Alfred Crofts, »The Case of Korea: Our Falling Ramparts«, The Nation (New York), 25.06.1960, S. 544-548. Crofts war seit 1945 Mitglied der amerikanischen Militärregierung in Korea.
  177. Crofts, S. 545.
  178. Gunther, S. 165.
  179. Crofts, S. 545.
  180. Crofts, S. 545.
  181. Crofts, S. 546.
  182. Zu den Kollaborateuren vgl. Cumings, S. 152-156; Meade, S. 61; McCune, S. 51 sowie an anderen Stellen dieser Quellen und ebenso bei Fleming und Crofts. Über Japaner und Kollaborateure, die ihre Stellungen zurückerhielten, um die Koreanische Volksrepublik zu bekämpfen vgl. Cumings, S. 138-139.
  183. McCune, S. 83-84, 129-139, 201-209.
  184. Zu den Wahlen von 1946 vgl. Mark Gayn, JAPAN DIARY (New York, 1948), S. 398; zu den Wahlen von 1948 vgl. Crofts, S. 546; Halliday, S. 117-122; zu den Wahlen von 1950 und der Warnung der USA vgl. Fleming, S. 594. Zur Darstellung der Unterdrückung ehrlicher Wahlen durch Rhee im Jahre 1952 und danach und seiner permanenten tyrannischen Herrschaft vgl. William J. Lederer, A NATION OF SHEEP (Norton, New York, 1961), Kap. 4.
  185. Gunther, S. 166-167.
  186. Gayn, S. 388.
  187. Gayn, S. 352.
  188. John Kie-Chiang Oh, KOREA: DEMOCRACY ON TRIAL (Comell University Press, Ithaca, NY, 1968), S. 35.
  189. Nation (New York), 13.08.1949, S. 152.
  190. Gunther, S. 171.
  191. Oh, S. 206. Vgl. auch New York Times, 11.04.1951, S. 4 zu einem Bericht über das Massaker an 500 bis 1000 Menschen im März am gleichen Ort, der sich anscheinend auf dasselbe Ereignis bezieht.
  192. Jon Halliday, »The Political Background«, in Gavan McCormack und Mark Seiden (Hrsg.), KOREA, NORTH AND SOUTH: THE DEEPENING CRISIS (New York, 1978), S. 56.
  193. New York Times, 11.04.1951, S. 4.
  194. Rene Cutforth, »On the Korean War«, The Listener (London), 11.09.1969, S. 343.
  195. Gregory Henderson, KOREA: THE POLITICS OF THE VORTEX (Harvard University Press, Cambridge, Mass., 1968), S. 167.
  196. York Times, 09.02.1951, George Barrett.
  197. Cutforth, S. 471-472. Diese Information entstammt dem Interview Gouldens mit Tofte.
  198. New York Times, 27.11.1951, S. 4.
  199. Eugene Kinkead, WHY THEY COLLABORATED (London, 1960), S. 17, in den USA 1959 in leicht abgeänderter Form unter dem Titel IN EVERY WAR BUT ONE veröffentlicht. Die Untersuchung der Armee ist kein eigenes Buch, sondern ist über eine ganze Reihe von Be richten verstreut. Kinkeads Buch, das in Zusammenarbeit mit der Armee verfaßt wurde, besteht aus einer Zusammenfassung einiger dieser Berichte und Interviews mit vielen Be amten der Regierung und des Militärs, die direkt in die Sache verwickelt oder gut darüber unterrichtet waren. Aus Gründen der Vereinfachung habe ich auf das Buch verwiesen, als handelte es sich um die Untersuchung selbst. – Es ist der Armee hoch anzurechnen, daß viele Ergebnisse der Untersuchung veröffentlicht wurden. Nichtsdestoweniger enthält die Untersuchung einige antikommunistische Behauptungen krudester Art, wie etwa: In China wird das Lügen oft mit der Todesstrafe geahndet [...] Kommunisten leben ihre ganzes Leben lang wie Tiere [...] (S. 190, 193).
  200. Keesings Contemporary Archives, 05.-12.01.1952, S. 11931, eine Meldung aus dem Hauptquartier General Ridgeways vom 31.12.1951.
  201. Kinkead, S. 34.
  202. Robert J. Lifton, Thought Reform and the Psychology of Totalism: A Study of »Brainwashing« in China (London, 1961), S. 4.
  203. John Marks, THE SEARCH FOR THE MANCHURIAN CANDIDATE: THE CIA AND MIND CONTROL (New York, Taschenbuchausgabe, 1988), S. 25. Stützt sich auf CIA-Dokumente.
  204. The Sunday Times (London), 06.07.1975, S. 1. Narut, der zu jener Zeit in einem Kranken haus der US- Marine in Neapel arbeitete, machte diese Bemerkungen eine Woche zuvor auf einer von der NATO finanzierten Konferenz in Oslo.
  205. Kinkead, S. 31.
  206. Kinkead, S. 17, 34.
  207. Kinkead, S. 105-106.
  208. Kinkead, S. 197.
  209. Für eine kurze Beschreibung des »Bombenterrors« der Jahre 1952 bis 1953 vgl. John Gittings, »Talks, Bombs and Germs: Another Look at the Korean War«, Journal of Contemporary Asia, Bd. 5, H. 2, 1975, S. 212-216.
  210. Ein Kommunique der Luftwaffe vom 02.02.1951, zitiert bei Stone, S. 259.
  211. MILITARY SITUATION IN THE FAR EAST, Hearings Before the Senate Committees on Armed Services and Foreign Relations, 25.06.1951, S. 3075.
  212. Louis Heren, »The Korean Scene«, BRASSEY 'S ANNUAL: THE ARMED FORCES YEAR-BOOK (London), Bd. 62, 1951, S. 110.
  213. San Francisco Chronicle, 15.12.1977, S. 11. Basiert auf Dokumenten, die unter dem Freedom of Information-Gesetz veröffentlicht wurden.
  214. New York Times, 12.11.1951, S. 3.
  215. New York Times, 14.11.1951, S. 1.
  216. Douglas Sutherland, THE FOURTH MAN (London, 1980), S. 88.
  217. Thomas Powers, The Man Who Kept the Secrets: Richard Helms and the CIA (New York, 1979), S. 54.
  218. Nicholas Bethell, The Great Betrayal: The Untold Story of Kim Philby’s Biggest Coup (London, 1984, in New York unter dem Titel Betrayed veröffentlicht), passim. Dies ist die detaillierteste Darstellung der Anwerbung, der Ausbildung und des Schicksals der Emigranten. Vgl. auch Bruce Page, David Leitch und Philip Knightly, The Philby Conspiracy (New York, 1968), S. 196-203.
  219. Kim Philby, MY SILENT WAR (MacGibben & Kee, London, 1968), S. 117.
  220. E. Howard Hunt, Undercover: Memoirs of an American Secret Agent (London, 1975), S. 93.
  221. Vgl. Anm. 3.
  222. Zum politischen Hintergrund der Emigraten vgl. New York Times, 20.06.1982, S. 22; Bethell, passim; Christopher Simpson, BLOWBACK: AMERICAʼS RECRUITMENT OF NAZIS AND ITS EFFECTS ON THE COLD WAR (New York, 1988), S. 123 (zu Xhafer Deva).
  223. Zum Untergrundsender und zu den Aufständen vgl. New York Times, 31.03.1951, S. 5; 09.04.1951, S. 1; 26.09.1951.
  224. Philby, S. 118.
  225. New York Times, 27.03.1950; 09.04.1951, S. 1.
  226. Bethell, S. 183.
  227. New York Times, 09.04.1951, S. 1.
  228. Bethell, S. 200.
  229. New York Times, 29.09.1954.
  230. Die Geschichte der Operation Sprengsatz beruht auf dem von Stewart Steven verfaßten Buch OPERATION SPLINTER FACTOR (Hodder and Stoughton, London 1974; deutsch: SPRENGSATZ: DIE OPERATION SPLINTER FACTOR DER CIA, Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 1975). Steven, ein altgedienter britischer Journalist und Chefredakteur der Mail on Sunday (London), behandelt die Angelegenheit natürlich bedeutend detaillierter, als dies in dieser Zusammenfassung möglich ist. Er vertritt einen überzeugenden Fall, und man muß das ganze Buch lesen, um dies würdigen zu können. Nichtsdestoweniger belegt er seine zentrale Behauptung nicht. Steven gibt an, seine Behauptung, Allen Dulles habe Jozef Swiatlo dazu angestiftet, Noel Field in dieser Weise zu benutzen, beruhe auf persönlichen Gesprächen mit früheren Mitarbeitern der CIA, des britischen Geheimdienstes Secret Intelligence Service und anderen Personen, die in das Komplott verwickelt waren, aber anonym bleiben wollten. – Flora Lewis, die Korrespondentin der Washington Post und Autorin von RED PAWN: THE STORY OF NOEL FIELD (New York, 1965, im gleichen Jahr in London unter dem Titel THE MAN WHO DISAPPEARED: THE STRANGE HISTORY OF NOEL FIELD erschienen), behauptet in diesem Buch, sie sei selbst bei »einfachen Fragen zu Zeit und Ort« auf eine »amtliche Mauer des Schweigens« gestoßen, als sie die amerikanischen, schweizerischen, französischen, britischen und deutschen Geheimdienste um Informationen bat. Und sie stellte noch nicht einmal Fragen zur Operation Sprengsatz selbst, von der sie gar nichts wußte, sondern nur zu Noel Field, und das ein Jahrzehnt nach dessen Freilassung. Auch die US-Regierung verweigerte ihr ohne jegliche Erklärung rundweg den Zugang zu Jozef Swiatlo. – Richard Harris Smith, OSS: THE SECRET HISTORY OF AMERICA'S FIRST CENTRAL INTELLIGENCE AGENCY (University of California Press, Taschenbuchausgabe, 1972), S. 238, Fußnote, schreibt: »Später kam die Vermutung auf, Fields Verhaftung sei eigentlich Teil eines britischen Komplotts zur Spaltung der osteuropäischen Kommunisten gewesen, wie es in John Le Carres Buch DER SPION, DER AUS DER KÄLTE KAM geschildert wird.« – Thomas Powers, THE MAN WHO KEPT THE SECRETS: RICHARD HELMS AND THE CIA (Pocket Books, New York, 1979), S. 405-406, vermutet, Stewart Stevens »Hauptprämisse stammte von jemandem im britischen SIS, der Dulles nicht leiden konnte.«
  231. New York Times, 25.10.1954, S. 1.
  232. New York Times, 19.02.1955, S. 1.
  233. New York Times, 17.11.1954, S. 1.
  234. Blanche W. Cook, THE DECLASSIFIED EISENHOWER (New York, 1981), S. 129.
  235. Blanche W. Cook, THE DECLASSIFIED EISENHOWER (New York, 1981), S. 129.
  236. Cord Meyer, FACING REALITY: FROM WORLD FEDERALISM TO THE CIA (New York, 1980, S. 120; Steven, S. 208-209; Lewis, S. 238 (zur Folter).
  237. New York Times, 23.07.1948, S. 5; Robert Bishop und E. S. Crayfield, RUSSIA ASTRIDE THE BALKANS (New York, 1948), S. 264-271.
  238. New York Times, 09.04.1951, eine Kolumne von C. Sulzberger.
  239. Cook, S. 130-131; George Clay, »Balloons for a Captive Audience«, The Reporter (New York), 18.11.1954; Robert T. Holt und Robert W. van de Velde, STRATEGIC PSYCHOLOGICAL OPERATIONS AND AMERICAN FOREIGN POLICY (University of Chicago Press, 1960), Kap. 7.
  240. New York Times, 24.01.1952, S. 4.
  241. New York Times, 30.08.1955, S. 1.
  242. New York Times, 30.11.1976.
  243. Stephen Ambrose, IKE'S SPIES (Doubleday, Garden City, NY, 1981), S. 235, 238.
  244. 244,0 244,1 Dean Acheson, Present at the Creation: My Years in the State Department (New York, 1969), S. 260.
  245. Zu einer detaillierten Darstellung des Scheiterns der Entindustrialisierung vgl. Richard J. Barnet, ALLIES: AMERICA, EUROPE AND JAPAN SINCE THE WAR (London, 1984), S. 33-39.
  246. Dwight Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: MANDATE FOR CHANGE, 1953-1956 (New York, 1963), S. 79-80.
  247. New York Times, 06.11.1952, S. 3.
  248. Democratic German Report, 13.02.1953. Näheres zu dieser Publikation vgl. Anm. 8.
  249. Victor Marchetti und John Marks, THE CIA AND THE CULT OF INTELLIGENCE (New York, 1975), S. 147.
  250. Zum Sabotage- und Unterwanderungsfeldzug vgl. a) Democratic German Report, verschiedene Ausgaben von 1952 bis 1957 (im jeweiligen Jahresregister unter »Sabotage«, »Espionage« zu finden). Es handelte sich um ein kleines, vierzehntätig erscheinendes englischsprachiges Nachrichtenmagazin, das von John Peet, einem Briten, der früher Chefkorrespondent der Nachrichtenagentur Reuters in Westberlin gewesen war, heraus gegeben wurde; b) Die Zeitschrift Nationʼs Business (veröffentlicht von der Handelskammer der Vereinigten Staaten), April 1952, S. 25-27, 68-69, erörtert etliche der benutzten Taktiken; c) Sanche de Gramont, THE SECRET WAR (New York, 1963), S. 479-480; d) The New Yorker, 08.09.1951, ein Artikel über den Untersuchungsausschu- Freiheitlicher Juristen der Sowjetzone; e) The Nation (New York), 24.06.1961, S. 551-552; f) Andrew Tully, CIA: THE INSIDE STORY (Fawcett, New York, 1962), S. 133-134 (zu den Aktivitäten der CIA beim Aufstand vom 17. Juni in Ostdeutschland); g) Saturday Evening Post, 06.11.1954, S. 64. Der Artikel bezieht sich auf das von der CIA unterstützte Entgleisen lassen von Zügen und die Sprengung einer Eisenbahnbrücke in Ostdeutschland sowie die Förderung von Fabriksabotage in nicht näher bezeichneten osteuropäischen Ländern. Der Artikel war Teil einer Serie über die CIA, die in Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst entstand. [Vgl. Jonathan Kwitny, ENDLESS ENEMIES: THE MAKING OF AN UNFRIENDLY WORLD (New York, 1984), S. 165.]
  251. Zur Untergrundarmee, zur Todesliste usw. vgl. a) Newsweek, 20.10.1952, S. 42; b) New York Times, 09.10.1952, S. 8; 10.10.1952, S. 3, unter der bemerkenswerten Schlagzeile: »German Saboteurs Betray U. S. Trust« [Deutsche Saboteure mißbrauchen das Vertrauen der USA]; 12.10.1952, S. 14; c) Der Spiegel, 15.10.1952, S. 6-8; d) Democratic German Report, 15. und 24.10.1952; 21.11.1952.
  252. New York Times, 14.10.1952, S. 13
  253. Roosevelt, S. 8.
  254. Roosevelt, S. 18-19.
  255. Anthony Eden, The Memoirs of Ihe Right Honourable Sir Anthony Eden: Full Circle (London, 1960), S. 194.
  256. Dean Acheson, PRESENT AT THE CREATION: MY YEARS IN THE STATE DEPARTMENT (New York, 1969), S. 679-685; Eden, S. 201-202: Nirumand, S. 73-74.
  257. Roosevelt, S. 107
  258. Roosevelt, S. II, 2, 3, 91-92, 119, 126, 134, 164.
  259. Acheson, S. 504.
  260. Zu den Beziehungen zwischen Mossadegh, der Tudeh-Partei und der Sowjetunion vgl. a) Manfred Halpern, »Middle East and North Africa«, in C. E. Black und T. P. Thornton (Hrsg.), COMMUNISM AND REVOLUTION (Princeton University Press, 1964), S. 316-319; b) Donald N. Wilber, IRAN: PAST AND PRESENT (Princeton University Press, 1955, 3. Aufl.), S. 115. Wilber ist ein Historiker, der nach eigenem Eingeständnis auch CIA-Agent war. ln einem späteren Buch behauptete er, die Operation zum Sturz Mossadeghs (bekannt als Operation AJAX) habe in der Hauptsache er geplant, lieferte jedoch keine Belege für die se Behauptung. Er stellt außerdem fest, Roosevelts Buch sei voller sachlicher Fehler. Vgl. Donald N. Wilber, ADVENTURES IN THE MIDDLE EAST: EXCURSIONS AND INCURSIONS (Darwin Press, Princeton, NJ, 1986), S. 187-188; c) Nirumand, a.a.O.; d) Rubin, a.a.O.
  261. 261,0 261,1 Declassified Documents Reference System, Band 1979, Dokument 79E.
  262. Ein Interview Roosevelts durch Robert Scheer in Los Angeles Times vom 29.03.1979, S. I.
  263. New York Times, 10.07.1953, S. 4.
  264. Roosevelt, S. 168.
  265. Fitzroy Maclean, EASTERN APPROACHES (London, 1949), S. 266, 274. Maclean war im Zweiten Weltkrieg britischer Offizier. Er entführte Zahedi (oder Zahidi), um ihn an einer weiteren Zusammenarbeit mit den Deutschen zu hindern.
  266. Einzelheiten über die letzten Tage der Mossadegh-Regierung finden sich bei Roosevelt, Kap. 11 und 12; Wilber, IRAN, S. 124-127 (der CIA wird hier mit Absicht ausgeklammert, vgl. Anm. 8); Ambrose, Kap. 15 und außerdem in anderen in diesem Teil erwähnten Büchern.
  267. Zu der Demonstration vgl. Wilber, S. 125; Roosevelt, S. 179; New York Times, 19.08.1953.
  268. Brian Lapping, END OF EMPIRE (Granada, London, 1985), S. 220. Das Buch basiert auf einer im Jahre 1985 in Großbritannien ausgestrahlten gleichnamigen Fernsehserie von Granada Television.
  269. Halpern, S. 318; Wilber, S. 125.
  270. Zum Treffen Hendersons mit Mossadegh vgl. Ambrose, S. 208-209; ein Interview des Verfassers mit Henderson; Roosevelt, S. 183-185.
  271. New York Times, 19.08.1953.
  272. Roosevelt, S. 191-192.
  273. New York Times, 20.08.1953, S. 1: The Times (London), 20.08.1953
  274. David Leigh, The Wilson Plot: How the Spycatchers and Their American Allies Tried to Overthrow the British Government (New York, 1988), S. 14-15.
  275. Hearings in 1954 before the House Foreign Affairs Committee on »The Mutual Security Act of 1954«, S. 503, 569-570. Stewart war Direktor des Büros für Militärhilfe im Verteidgingsministerium.
  276. Kennett Love, THE AMERICAN ROLE IN THE PAHLEVI RESTORATION ON 19 AUGUST 1953 (Pahlevi war der Familienname des Schah). Unveröffentlichtes Manuskript im Allen-Dulles-Archiv an der Universität Princeton. Ein Auszug davon findet sich bei Jonathan Kwitny, ENDLESS ENEMIES: THE MAKING OF AN UNFRIENDLY WORLD (New York, 1984), S. 164-177.
  277. New York Times, 18.01.1953, Section IV, S. 8.
  278. Aussage von Arthur L. Richards, dem Direktor des Büros für griechische, türkische und iranische Angelegenheiten vor dem Auswärtigen Ausschuß des Repräsentantenhauses auf seiner Geheimsitzung am 17.07.1953, freigegeben 1981, S. 148.
  279. New York Times, 21.07.1953.
  280. New York Times, 23.08.1953, Section IV, S. 1.
  281. Scheer-Interview (vgl. Anm. 11).
  282. The Guardian (London), 02.01.1984, Dokumente der britischen Regierung aus dem Jahr 1953, freigegeben am 1. Januar 1984.
  283. »Hearings on the Situation in the Middle East«, Senate Committee on Foreign Relations, 24.02.1956, S. 23.
  284. Nirumand, S. 100-108, erläutert den Vertrag im Detail.
  285. Zu Roosevelt Laufbahn nach dem Ausscheiden aus der CIA vgl. Scheer-Interview (Anm. 11); Wise und Ross, S. 116-117; Kwitny, S. 183.
  286. Robert Engler, The Politics of Oil: A Study of Private Power and Democratic Directions (New York, 1961), S. 310.
  287. San Francisco Chronicle, 26.12.1979.
  288. Roosevelt, S. 145.
  289. New York Times, 06.08.1954.
  290. Allen Dulles, THE CRAFT OF INTELLIGENCE (New York, 1965), S. 216.
  291. Fortune (New York), Juni 1975, S. 90.
  292. Love, a.a.O., zitiert bei Kwitny, S. 175.
  293. Roosevelt, S. 9.
  294. Jesse J. Leaf, die letzten fünf Jahre vor dem Ende seiner Laufbahn CIA-Chefanalytiker für den Iran, in einem Interview mit Seymour Hersh in der New York Times vom 07.01.1979.
  295. Martin Ennals, Generalsekretärin von Amnesty International, zitiert in einem Artikel von Reza Baraheni in Matchbox (einer in New York erscheinenden Zeitschrift von Amnesty), Herbst 1976.
  296. Tully, S. 76.
  297. Vgl. z.B. Michael Klare, WAR WITHOUT END (New York, 1972), S. 375, 379, 382. Das Buch basiert auf offiziellen Tabellen der US-Regierung, die die 1950er- und 1960er-Jahre abdecken.
  298. Cook, S. 550.
  299. San Francisco Chronicle, 03.03.1980, S. 15.
  300. Schlesinger und Kinzer, S. 143-144.
  301. New York Times, 16.06.1954.
  302. New York Times, 20.05.1954, S. 18.
  303. Time, 11.01.1954.
  304. Congressional Record, 08.02.1954, S. 1475.
  305. Time, 19. 06.1954, S. 34.
  306. Cook, S. 274; Schlesinger und Kinzer, S. 148.
  307. Cook, S. 234.
  308. Cook, S. 240-241.
  309. Schlesinger und Kinzer, S. 12.
  310. Cook, S. 242-243. Der Autor zitiert den früheren guatemaltekischen Außenminister Raul Oesegueda.
  311. Schlesinger und Kinzer, S. 61.
  312. Washington Post, 15.11.1953, S. 3B.
  313. Schlesinger und Kinzer, S. 58-59.
  314. CIA National Intelligence Estimate, 11.03.1952, S. 1-3, Declassified Documents Reference System, Band 1982, Dokument 6.
  315. Immerman, S. 118-122.
  316. Thomas P. McCann, AN AMERICAN COMPANY: THE TRAGEDY OF UNITED FRUIT (New York, 1976), S. 49. McCann war bei der United Fruit Company beschäftigt gewesen. Nahezu alle Quellen weichen bezüglich des Betrags, den die guatemaltekische Regierung angeboten hatte, voneinander ab. Die Bandbreite reicht von McCanns Zahl bis zu 1.200.000 Dollar.
  317. Schlesinger und Kinzer, S. 106-107 und passim; McCann, Kap. 4.
  318. Schlesinger und Kinzer, S. 52.
  319. Schlesinger und Kinzer, S. 102-103.
  320. Im Wesentlichen nach Schlesinger und Kinzer, in geringerem Umfang auch nach den anderen am Anfang des Abschnitts genannten sowie den weiter unten einzeln aufgeführten Quellen.
  321. Dwight Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: MANDATE FOR CHANGE, 1953-1956 (New York, 1963), S. 424.
  322. Cook, S. 270-271.
  323. Cook, S. 249-252.
  324. Time, 08.02.1954, S. 36.
  325. New York Times, 30.01.1954, S. 1,6.
  326. McCann, S. 60.
  327. David Atlee Phillips, THE NIGHT WATCH: TWENTY-FIVE YEARS OF PECULIAR SERVICE (Atheneum, New York, 1977), S. 34-35.
  328. Life, 05.07.1954, S. 8.
  329. Newsweek, 05.07.1954, S. 46.
  330. Aktennotiz des Außenministeriums vom 23. Juni 1954, zitiert nach Schlesinger und Kinzer, S. 189.
  331. James Hagerty, Pressesekretär des Weißen Hauses, TAGEBÜCHER 1954 (Eisenhower Library), 24. Juni 1954, zitiert nach Schlesinger und Kinzer, S. 181.
  332. Brian Urquhart, HAMMARSKJOLD (Knopf, New York, 1972), S. 91-94.
  333. New York Times, 24.06.1954; Schlesinger und Kinzer, S. 175.
  334. Guillermo Toriello, LA BATALLA DE GUATEMALA (Mexico, 1955), S. 189. Der guatemaltekische Außenminister gibt wieder, was er von Oberst Diaz gehört hatte. Zitiert nach Schlesinger und Kinzer, S. 207.
  335. Cook, S. 285; Wise und Ross, S. 192-193.
  336. Paul Kennedy, THE MIDDLE BEAT (Teachers College Press, Columbia University, New York, 1971), S. 142; Schlesinger und Kinzer, S. 219-220.
  337. Time, 12.07.1954, S. 31.
  338. Wise und Ross, S. 194-195; John Gerassi, THE GREAT FEAR IN LATIN AMERICA (New York, 1965, überarb. Aufl.), S. 183.
  339. Melville, S. 93.
  340. Schlesinger und Kinzer, S. 218-219.
  341. Schlesinger und Kinzer, S. 60, 221-222; Cook, S. 231; Gerassi, S. 183.
  342. Wise und Ross, S. 187.
  343. Schlesinger und Kinzer, S. 222-223.
  344. Hilda Gadea, ERNESTO: A MEMOIR OF CHE GUEVARA (London, 1973, aus dem Spanischen übersetzt), S. 54.
  345. New York Times, 01.07.1954.
  346. Internes Dokument der CIA vom 16.08.1954, Declassified Documents Reference System, Band 1983, Dokument 32.
  347. Aussage vor dem Subcommittee on Latin America, House Select Committee on Communist Aggression, 08.10.1954, nach dem Abdruck im Department of State Bulletin vom 8. November 1954, S. 690.
  348. Eisenhower, S. 421-427.
  349. New York Times, 28.10.1955.
  350. Los Angeles Times, 10.03.1975.
  351. Miami Herald, 10.03.1975.
  352. Christian Science Monitor, 11.03.1975. Die Anmerkungen 1 bis 3 beziehen sich all auf dasselbe Fernsehinterview mit Figueres in Mexiko Stadt am 09.03.1975. Vielleicht gab Figueres seine Beziehungen zur CIA in jener Zeit deshalb zu, weil gerade Philip Agees Buch INSIDE THE COMPANY: CIA DIARY (New York, 1975, in Großbritannien im Jahre 1974 veröffentlicht) erschienen war, in dem dieser (S. 244) Figueres als »langjähriger Kollaborateur des Geheimdienstes« bezeichnet.
  353. David Wise und Thomas Ross, THE INVISIBLE GOVERNMENT (New York, 1965, Taschenbuchausgabe), S. 127.
  354. David Wise und Thomas Ross, THE INVISIBLE GOVERNMENT (New York, 1965, Taschenbuchausgabe), S. 127-128.
  355. Charles D. Ameringer, DEMOCRACY IN COSTA RICA (Praeger, New York/Hoover Institution Press, Stanford University, 1982), S. 83-85.
  356. John Gerassi, THE GREAT FEAR IN LATIN AMERICA (New York, 1965, überarb. Aufl.), S. 208.
  357. Miami Herald, 13. 02.1971.
  358. Wise und Ross, S. 128.
  359. Charles D. Ameringer, DON PEPE: A POLITICAL BIOGRAPHY OF JOSE FIGUERES OF COSTA RICA (University of New Mexico Press, 1978), S. 124-125.
  360. Washington Post, 09.01.1953; Wise und Ross, S. 127.
  361. Department of State Bulletin (Washington), 18.06.1956, S. 999-1000.
  362. U. S. Mutual Security Act of 1955, Sections 142(a)(4) and 413.
  363. Declassified Documents Reference System: a) Band 1992: Dokument 2326, 10.05.1955; Nr. 2663, 21.09.1955; Nr. 2973, 09.01.1956; Nr. 2974, 16.01.1956; b) Band 1993: Dokument 2953, 14.12.1955; Nr. 2954, 26.01.1956; H. 2955, 27.01.1956. – Mit Ausnahme von Nr. 2663 tragen alle Dokumente am Kopf des Titelblattes den Eintrag »Operations Coordinating Board«. Dies war ein Gremium des Nationalen Sicherheitsrates, der die verdeckten Aktionen koordinierte.
  364. Ebd., Band 1993: H. 2953, 14.12.1955, S. 4.
  365. Wilbur Crane Eveland, ROPES OF SAND: AMERICA'S FAILURE IN THE MIDDLE EAST (Norton, New York, 1980), S. 122.
  366. Patrick Seale, THE STRUGGLE FOR SYRIA: A STUDY OF POST-WAR ARAB POLITICS, 1945-1958 (London, 1965), S. 283-306: Eveland, S. 135, 169-173.
  367. Eveland, S. 182.
  368. Zum Staatsstreich von 1956 und den Hintergründen vgl. Eveland, Kap. 11 bis 20; New York Times, 10.04.1956; 17.10.1956.
  369. Dwight D. Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: WAGING PEACE, 1956-1961 (New York, 1965), S. 196.
  370. Declassified Documents Reference System, Band 1981, Dokument 26E, 22.03.1957.
  371. Declassified Documents Reference System, Band 1985, Dokument 283, März 1957.
  372. Declassified Documents Reference System, Band 1981, Dokument 471B, 17.06.1957.
  373. Zum Staatsstreich von 1957 vgl. Eveland, S. 253-254; New York Times, 14.08.1957, S. 1, 6; 15.08.1957, S. 1,4.
  374. New York Times, 17.08.1957, S. 3.
  375. New York Times, 17.08.1957, S. 14.
  376. Eisenhower, S. 196.
  377. Interne Aktennotiz der CIA (Name des Verfassers gelöscht) vom 18.06.1962, Bericht über Gespräche mit »westlichen Diplomaten« bezüglich des Treffens zwischen Kennedy Macmillan, Declassified Documents Reference System, Band 1975, Dokument 240A.
  378. Wilbur Crane Eveland, ROPES OF SAND: AMERICA’S FAILURE IN THE MIDDLE EAST (Nor ton, New York, 1980), S. 240. Was Eveland die »russsiche Bedrohung« nennt, war wahrscheinlich nicht das, was es zu sein schien. Kennett Love, SUEZ: THE TWICE-FOUGHT WAR (Longman, London, 1969), S. 615, berichtete später, die CIA habe etliche Berichte über die militärischen Aktivitäten der Russen fabriziert, denen keine Tatsachen entsprachen, um Frankreich und Großbritannien dazu zu bringen, einen Waffenstillstand auszurufen.
  379. Zu den Ereignissen in Jordanien vgl. New York Times, 05.04.1957, S. 1; 25.04.1957, S. 13; 26.04.1957, S. 1. Die Worte in dem Zitat über die »Intervention« sind die der Times vom 26.04.1957.
  380. Richard Barnet, INTERVENTION AND REVOLUTION, (London, 1972), S. 149.
  381. Washington Post, 18.02.1977.
  382. Love, S. 655.
  383. Dwight D. Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: WAGING PEACE, 1956-1961 (New York, 1965), S. 201.
  384. Declassified Documents Reference System, Band 1981, Dokument 471B, 17.06.1957.
  385. Eisenhower, S. 198.
  386. Emmet John Hughes, THE ORDEAL OF POWER (London, 1963), S. 253-254. Die Bemerkung gegenüber Hughes fiel »einige Monate, nachdem Herter ins Amt gekommen war«, am 22.02.1957.
  387. Barry Blechman und Stephen Kaplan, FORCE WITHOUT WAR: U. S. ARMED FORCES AS A POLITICAL INSTRUMENT (The Brookings Institution, Washington, 1978), S. 84. Obwohl die Untersuchung auf Bestellung des und in vollständiger Zusammenarbeit mit dem Pentagon durchgeführt wurde, wird der Eindruck erweckt, die zum Ausdruck gebrachten Ansichten seien allein die der Autoren.
  388. Zu den Ereignissen in Syrien vgl. New York Times, 06.09.1957, S. 1, 2; 08.09.1957, S. 3; 10.09., S. 1, 8, 9; 11.09.1957, S. 10; 12.09.1957, S. 1; 13.09.1957, S. 1, 3; Barnet, S. 149-151; Eisenhower, S. 196-203; Patrick Seale, THE STRUGGLE FOR SYRIA: A STUDY OF POST-WAR ARAB POLITICS, 1945-1958 (London, 1965), S. 303.
  389. Normalerweise verlief die Sache so, daß die CIA der Beteiligung an einem Staatsstreich beschuldigt wurde, und der Geheimdienst und seine Schreiberlinge dies dann dementier ten. In diesem Fall scheint es aber so gewesen zu sein, daß die noch junge CIA es für nötig erachtete, ihr Eigenlob zu singen, und daher dafür sorgte, daß die Behauptung, sie sei die treibende Kraft hinter dem ägyptischen Putsch gewesen, die Runde machte. Jedoch geht mit dieser häufig in der Literatur anzutreffenden Behauptung niemals eine Beschreibung dessen einher, wie das vor sich gegangen sein soll, noch gar eine Erklärung, warum die CIA Faruk entthront und die Armee an seine Stelle hatte sehen wollen. Miles Copeland, einer der ersten Beamten des Geheimdienstes und ein großer Bewunderer von Ker mit Roosevelt, widmet einen erheblichen Teil seines Buches THE GAME OF NATIONS (Weidenfeld & Nicolson, London, 1969) der Verbreitung der Geschichte, aber sein Bericht ist reines Geheimdienst-Kauderwelsch. Im selben Buch behauptet Copeland auch, die CIA habe unter ihrer eigenen Beteiligung einen Staatsstreich in Syrien geleitet. Auch diese Erzählung ist auf Grund der Darstellung nicht glaubhaft. Vielleicht sollte man lieber seinem CIA-Kollegen Wilbur Crane Eveland (S. 148) glauben, der schrieb »Ich hatte schon damals Beweise dafür, daß Copeland zur Übertreibung neigt.«
  390. Zu Saud, Illah und dem Komplott gegen Nasser vgl. Eveland, S. 243-244.
  391. Zu Saud, Illah und dem Komplott gegen Nasser vgl. Eveland, S. 246-248.
  392. Zu den Verschwörungen vgl. a) New York Times, 08. und 13. bis 15.08.1957; 21.10.1957; 24. und 28.12.1957; 14.02.1958; 6., 7., 8., 14. und 29.03.1958; 08.10.1958; b) Eveland, S. 273; c) Eisenhower, S. 263-264; d) The Times (London), viele Hinweise zwischen Juli 1957 und Oktober 1958. Vgl. den Index der Zeitung unter den Stichworten »Egypt« und »Syria«, und dort jeweils unter »espionage« und »political Situation«.
  393. Eveland, S. 292, Fußnote.
  394. Zu den Vorschlägen der Sowjets vgl. New York Times, 06.09.1957, S. 2; 11.09.1957, S. 10.
  395. Eisenhower, S. 269.
  396. David Wise und Thomas Ross, THE INVISIBLE GOVERNMENT (New York, 1965, Taschenbuchausgabe), S. 337.
  397. Zu den Wahlen im Jahre 1957 und ihren Nachwirkungen vgl. Eveland, S. 248-253, 256; Eisenhower, S. 265; Barnet, S. 143-148.
  398. Eisenhower-Zitate: Eisenhower, S. 266-267.
  399. Zur Pressekonferenz von Dulles am 20.05.1958: Department of State Bulletin, 09.06.1958, S. 945.
  400. Barnet, S. 147-148.
  401. Eisenhower, S. 268.
  402. Eveland, S. 276.
  403. Robert Murphy, DIPLOMAT AMONG WARRIORS (Pyramid Books, New York, 1965), S. 450.
  404. Eisenhower, S. 273.
  405. Murphy, S. 445,455.
  406. Eisenhower, S. 275.
  407. Eveland, S. 294-295. Eisenhower, S. 277, bezieht sich auf ähnliche Situationen.
  408. Eveland, S. 295-296.
  409. Wise und Ross, S. 337-338. Ein Artikel aus der St. Louis Post Dispatch, 23.07.1958, zitiert auf S. 338.
  410. Blechman und Kaplan, S. 253.
  411. Claudia Wright, New Statesman (London), 15.07.1983, S. 20. Sie erklärt nicht, wie die Sowjets Kenntnis von dem Plan erhielten.
  412. INTERIM REPORT: ALLEGED ASSASSINATION PLOTS INVOLVING FOREIGN LEADERS, The Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities (US Senate), 20.11.1975, S. 181, Fußnote. In dem Bericht heißt es von Kassem, er sei »ein irakischer Oberst«. Vgl. auch Thomas Powers, THE MAN WHO KEPT THE SECRETS: RICHARD HELMS AND THE CIA (New York, 1979), S. 161, 163 dazu, daß Präsident Eisenhower seine Zustimmung zur Aktion gegen Kassem hätte geben müssen.
  413. Vgl. z.B. Eisenhower, S. 274-275.
  414. Vgl. z.B. Eisenhower, S. 290-291.
  415. Joseph Burkholder Smith, PORTRAIT OF A COLD WARRIOR (Putnam, New York, 1976), S. 205.
  416. New York Times, 18.05.1956.
  417. SUPPLEMENTARY DETAILED STAFF REPORTS ON FOREIGN AND MILITARY INTELLIGENCE, Book 4, Final Report of The Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities (U.S. Senate), April 1976, S. 133.
  418. New York Times, 12. und 30.04.1955; 3 und 04.08.1955; 03.09.1955; 22.11.1967, S. 23.
  419. John Discoe Smith, I WAS A CIA AGENT IN INDIA (Communist Party of India, New Del hi, 1967), passim; New York Times, 25.10.1967, S. 17; 22.11.1967, S. 23; 05.12,1967, S. 12; Harry Rositzke, THE KGB: THE EYES OF RUSSIA (New York, 1981), S. 164.
  420. INTERIM REPORT: ALLEGED ASSASSINATION PLOTS INVOLVING FOREIGN LEADERS, The Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities (U.S. Senate), 20.11.1975, S. 4, Fußnote.
  421. David Wise und Thomas Ross, THE INVISIBLE GOVERNMENT (New York, 1965, Taschenbuchausgabe), S. 149-150.
  422. Julie Southwood und Patrick Flanagan, INDONESIA: LAW, PROPAGANDA AND TERROR (London, 1983), S. 26- 27.
  423. Wise und Ross, S. 148.
  424. J. B. Smith, S. 210-211.
  425. J. B. Smith, S. 228-229.
  426. J. B. Smith, S. 240.
  427. J. B. Smith, S. 243.
  428. Zu den Sex-Erpressungen vgl. ebd., S. 238-240, 248. Was Smiths Kommentar zum Artikel in der Zeitschrift Round Table betrifft, so irrt er ein wenig. Der einzige (offensichtliche) Hinweis auf die Frau aus der Sowjetunion findet sich in dem Kommentar auf Seite 133: »Für die Neigung des Präsidenten zur Kommunistischen Partei wurden andere, skandalösere Gründe vorgebracht.«
  429. New York Times, 26.01.1976.
  430. Truman Smith, »The Infamous Record of Soviet Espionage«, Readers Digest, August 1960.
  431. J. B. Smith, S. 220-221.
  432. Aus einer Mitteilung von Allen Dulles an das Weiße Haus am 07.04.1961. Diese Mitteilung faßt die Hauptgesichtspunkte der US-Intervention zusammen. Declassified Documents Reference System, freigegeben am 18.12.1974.
  433. Zur Militäroperation und zur Pope-Affäre vgl. a) Wise und Ross, S. 145-156; b) CHRISTOPHER ROBBINS, AIR AMERICA (Putnam, New York, 1979), S. 88-94; c) Leroy Fletcher Prouty, THE SECRET TEAM: THE CIA AND ITS ALLIES IN CONTROL OF THE WORLD (Ballantine Books, New York, 1974), S. 155, 308, 363-366; d) New York Times, 23.03.1958, S. 2; 19.04.1958; 28.05.1958, S. 9; e) Sukarno, AN AUTOHIOGRAPHY, nacherzählt von Cindy Adams (Hong Kong, 1966, zuerst gedruckt in den USA 1965), S. 267 271. Auch wenn es sich um ein jämmerliches Stück Literatur handelt, ist das Buchlesens wert wegen Sukamos Ansichten darüber, warum er kein Kommunist war, darüber, wie er als ein Führer der Dritten Welt, der sich nicht anpassen wollte, abgesehen von der Intervention auch sonst wiederholt von der Eisenhower-Regierung brüskiert wurde, und wie amerikanische Sexzeitschriften sich über ihn lustig machten; J. B. Smith, S. 246-247. Was den Bombenanschlag auf die Kirche betrifft, scheint ein wenig Verwirrung zu herrschen. Smith behauptet, Pope habe ihn am 18.05.1958 begangen, bevor er niedergeschossen wurde. Entweder er oder die Chronisten haben die Ereignisse im April und im Mai durcheinander gebracht.
  434. Wise und Ross, S. 145.
  435. Richard Fletcher, »How CIA Money Took the Teeth Out of British Socialism«, in Philip Agee und Louis Wolf, eds. DIRTY WORK: THE CIA IN WESTERN EUROPE (New Jersey, 1978), S. 200
  436. Zum CCF, seinen Aktivitäten und seinen Veröffentlichungen vgl. a) Eine detaillierte, positiv eingefärbte Darstellung des CCF ist: Peter Coleman, THE LIBERAL CONSPIRACY: THE CONGRESS FOR CULTURAL FREEDOM AND THE STRUGGLE FOR THE MIND OF POSTWAR EUROPE (New York, 1989), passim. Zu den Zeitschriften des CCF: Kap. 5 und 11, zu den Büchern: Anhang D sowie passim; b) Russell Warren Howe, »Asset Unwitting: Covering the World for the CIA«, MORE (Zeitschrift der Journalismusschule der Columbia University in New York), Mai 1978, S. 20-27; c) New York Times, 26.12.1977, S. 37; 27.04.1966, S. 28; 08.05.1967 und 09.05.1967 und andere Ausgaben des Jahres 1967; d) Commentary (New York), September 1967; e) Fletcher, S. 188-200. – Weitere CCF Zeitschriften außerhalb Europas waren: Thought und Quest in Indien, Aportes, Cadernos Brasileiros und Informes de China in Lateinamerika, Black Orpheus und Transition in Afrika, Horison, Social Science Review, Jiyu und Solidarity in Asien und Hiwar in Bei rut.
  437. Ray Cline, SECRETS, SPIES AND SOLDIERS (Acropolis Books, Washington, 1976), S. 129.
  438. New York Times, 26.12.1977, S. 37.
  439. Washington Post, 15.05.1967, S. 1.
  440. Zu Forum World Features vgl. Howe. Howe war der Schreiber von Forum, der zitiert wurde. Zum CIA-Haushalt: House Committeereport, zitiert bei Howe, S. 27. Zu einer detaillierten Untersuchung darüber, wie die CIA amerikanische Presseorgane benutzte, vgl. Carl Bernstein, »The CIA and the Media«, Rolling Stone, 20.10.1977, New York Times, 26.12.1977, S. 1 und 37.
  441. The Nation (New York), 19.06.1982, S. 738. Der Artikel berichtet, einige CIA-Beamte seien Anfang der 1950er Jahre der Ansicht gewesen, Springer sei ziemlich liberal, und er sei finanziert worden, um Neonazis und rechtsextremen Elementen in Deutschland entgegenzutreten. Das sollte man nicht für bare Münze nehmen, denn die Politik der amerikanischen Besatzungsmacht dieser Zeit richtete sich – unabhängig von den persönlichen Ansichten einzelner amerikanischer Beamter – hauptsächlich darauf, den Einfluß von Personen und Gruppen links von der Mitte zu unterdrücken: Kommunisten, Linksradikale und Sozialdemokraten gleichermaßen. Zur gleichen Zeit beschäftigten die US-Behörden »frühere« Nazis in allen Bereichen der Verwaltung und des Geheimdienstes (vgl. das Kapitel über Deutschland).
  442. Tom Braden, »I’m Glad the CIA is ›Immoral‹«, Saturday Evening Post, 20.05.1967.
  443. Zur Labourpartei und zur CND vgl. Fletcher, S. 196-197; The Times (London), 05.10.1961.
  444. Braden, S. 14.
  445. Zu den Parteien und zur CIA vgl. a) New York Times, 07.01.1976 und 09.01.1976; b) Jack Anderson im San Francisco Chronicle, 11.11.1981 und 12.11.1981; c) Coleman, S. 183-185; d) Chapman Pincher, INSIDE STORY: A DOCUMENTARY OF THE PURSUIT OF POWER (London, 1979), S. 28.
  446. Zur Operation Gladio vgl. a) The Observer (London), 07.06.1992; b) The Guardian (London), 05.12.1990, S. 5, ein Artikel aus Mailand, der das italienische Nachrichtenmagazin Panorama, Agence France Presse und andere europäische Quellen zitiert; c) Washington Post, 14.1.1990, S. A19; d) Die Welt, 14.11.1990, S. 7; e) Los Angeles Times, 15.11.1990, S. A6.
  447. Zu den Ereignissen des Jahres 1953 vgl. The Guardian (London), 28.12.1984, wegen einer Beschreibungen des brutalen Zynismus hinter den Handlungen der Briten, auf der Grundlage von 1984 freigegebenen Dokumenten; vgl. auch The Times (London), 07.10.1953 und 10.10.1953; Cheddi Jagan, THE WEST ON TRIAL (London, 1966), Kap. 7 und 8; »The Ordeal of British Guiana«, Monthly Review, (New York). Juli-August 1964, S. 16-19.
  448. PARLIAMENTARY DEBATES, House of Commons, 22.10.1953, Sp. 2170, Rede von Oliver Lyttleton.
  449. Zu dem Flugticketvorfall vgl. New York Times, 16.10.1953; Jagan, S. 149. Zur Pan Am: Morton Halperin u. a., THE LAWLESS STATE (Penguin Books, New York, 1976), S. 47; Christopher Robbins, AIR AMERICA (Putnam, New York, 1979), S. 58; CounterSpy (Washington), Dezember 1983-Februar 1984, S. 21. Trippe war Angehöriger zweier lang jähriger Tarnorganisationen der CIA: Des American Institute for Free Labor Development und der Asia Foundation (früherer Name: National Committee for a Free Asia).
  450. Zur ORIT vgl. Jagan, S. 296-297; Philip Agee, INSIDE THE COMPANY: CIA DIARY (New York, 1975), vgl. das Register; SURVEY OF THE ALLIANCE FOR PROGRESS: LABOR POLICIES AND PROGRAMS, Staff Report of the US Senate Foreign Relations Committee, Subcommittee on American Republics Affairs, 15.06.1968, S. 8-9; Serafino Romualdi, PRESIDENTS AND PEONS: RECOLLECTIONS OF A LABOR AMBASSADOR IN LATIN AMERICA (New York, 1967), S. 346.
  451. Zu den Ereignissen der Jahre 1957 bis 1959 vgl. The Sunday Times (London), 16.04.1967 und 23.04.1967.
  452. New York Times, 22.02.1967, S. 1, 17.
  453. The Sunday Times, a. a. O.
  454. Jagan, S. 304.
  455. Richard Barnet, INTERVENTION AND REVOLUTION (London, 1972), S. 244.
  456. Arthur Schlesinger, A THOUSAND DAYS: JOHN F. KENNEDY IN THE WHITE HOUSE (Houghton Mifflin, Boston, 1965), S. 774-779.
  457. San Francisco Chronicle, 21.03.1964, S. 27; New York Times, 31.10.1964, S. 7; The Times (London), 29.06.1963, S. 8.
  458. Jagan, S. 255.
  459. Zum Streik des Jahres 1962 vgl. New York Times, 22.02.1967, S. 17; 30.10.1994, S. 4. Zu den Medien: Barnet, S. 245; Agee, S. 293-294; Jagan, S. 252-269; The Times (London), 13.03.1962, S. 10.
  460. Zum Streik des Jahres 1963, allgemeine Darstellung vgl. Jagan, Kap. 13 und 14.
  461. PARLIAMENTARY DEBATES, House of Commons, 04.05.1966, Sp. 1765-1767. Vgl. auch 29.04.1966, Sp. 1133-1134.
  462. New York Times, 22.02.1967, S. 17.
  463. Thomas J. Spinner, A POLITICAL AND SOCIAL HISTORY OF GUYANA, 1945-1983 (London, 1984), S. 115-116; Agee, S. 406; New York Times, 04.01.1964, S. 10.
  464. 464,0 464,1 The Sunday Times, a. a. O.
  465. New York Times, 11.08.1963, S. 28.
  466. New York Times, 11.09.1963, S. 1.
  467. The Sunday Times (London), 25.05.1975, S. 4.
  468. San Francisco Chronicle, 21.03.1964, S. 27.
  469. Jagan, S. 372-375.
  470. New York Times, 31.10.1964, S. 7.
  471. The Times (London), 29.06.1963, S. 8; die Worte sind diejenigen der Times.
  472. PARLIAMENTARY DEBATES, House of Commons, 27.04.1964, Sp. 109.
  473. The Times (London), 07.12.1964, S. 8.
  474. Zu den Ereignissen vom Dezember 1964 vgl. The Times (London), 04.12.1964 bis 15.12.1964.
  475. The Nation, 04.06.1990, S. 763-764.
  476. 476,0 476,1 New York Times, 30.10.1994, S. 4.
  477. New York Times, 30.10.1994, S. 1 und 4.
  478. Zu den Spionageflugzeugen vgl. a) James Bamford, THE PUZZLE PALACE (Penguin Books, Harmondsworth, 1983), S. 136-139, 180-185; b) Leroy Fletcher Prouty, THE SECRET TEAM: THE CIA AND ITS ALLIES IN CONTROL OF THE WORLD (Ballantine Books, New York, 1974), S. 167-172, 187-199, 369-379, 419-429; c) Sanche de Gramont, THE SECRET WAR (New York, 1963), Kap. 9; d) Harry Rositzke, THE CIAʼS SECRET OPERATIONS (New York, 1977), S. 23; e) New York Times, 06.05.1960, S. 7, enthält eine Liste der Ereignisse bis zu diesem Datum.
  479. Zu Jelzin vgl. Los Angeles Times, 13.06.1992. Zu Wolkogonow: ebd., 12.11.1992. Um die Verwirrung vollständig zu machen, berichtete die New York Times am 12.11.1992, Wolkogonow habe gesagt, alle 730 Flieger seien, nachdem sie in russischen Gefangenen lagern inhaftiert gewesen waren, »nach Hause geschickt worden«. Alle Versuche des Autors, Wolkogonows exakte Aussage zu lokalisieren, blieben erfolglos. Wie es scheint, wurde diese Aussage nie veröffentlicht.
  480. New York Times, 12.05.1960.
  481. Emmet John Hughes, ORDEAL OF POWER (London, 1963), S. 301.
  482. Prouty, S. 399, 421-424, 427.
  483. Francis Gary Powers, OPERATION OVERFLIGHT (New York, 1970), S. 81 -85, 113 und passim.
  484. Prouty, S. 189.
  485. New York Times, 08.05.1960, S. 29.
  486. New York Times, 10.05.1960. Der Artikel bezieht sich auf das US-amerikanische Festland. Ob es sowjetische Flüge über Alaska, das 1959 Bundesstaat wurde, gab, wird nicht erwähnt.
  487. CAUGHT IN THE ACT: FACTS ABOUT U. S. ESPIONAGE AND SUBVERSION AGAINST THE U.S.S.R. (Foreign Languages Publishing House, Moscow, 1963, 2., überarb. Aufl.), S. 95.
  488. Thomas Powers, THE MAN WHO KEPT THE SECRETS: RICHARD HELMS AND THE CIA (New York, 1979), 155, 157.
  489. Zu Infiltration der Sowjetunion durch Emigranten vgl. a) De Gramont, S. 185-189, 480 486; b) Konstantin Cherezov, NTS, A SPY RING UNMASKED (Moscow, 1965), passim; der Verfasser arbeitete mehrere Jahre eng mit dem NTS in Westeuropa zusammen, bevor er in die Sowjetunion zurückkehrte; c) Rositzke, S. 18-50; d) CAUGHT IN THE ACT, passim; e) Wilbur Crane Eveland, ROPES OF SAND: AMERICA’S FAILURE IN THE MIDDLE EAST (New York, 1980, S. 263; f) Kim Philby, MY SILENT WAR (MacGibben & Kee, London, 1968), S. 199-202; g) Victor Marchetti und John Marks, THE CIA AND THE CULT OF INTELLIGENCE (New York, 1975), S. 204-206; h) Louis Hagen, THE SECRET WAR FOR EUROPE (London, 1968), S. 163-164; i) New York Times, 30.08.1955, S. 1, zur Ausbildung von Osteuropäern in Fort Bragg in Nordkarolina in der Technik des Guerillakriegs; j) Nationʼs Business (veröffentlicht von der Handelskammer der Vereinigten Staaten), April 1952, S. 25-27, 68-69, diskutiert viele der Sabotage- und anderen Akte in der Sowjetunion und Osteuropa.
  490. Cherezov, passim; de Gramont, S. 480-486; Marchetti und Marks, S. 165.
  491. FOREIGN AND MILITARY INTELLIGENCE, Book 1, Final Report of The Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities (U. S. Senate), April 1976, S. 193.
  492. Book Week (Washington Post), 05.02.1967.
  493. FOREIGN AND MILITARY INTELLIGENCE, a.a.O., S. 194.
  494. Zu einer ausführlichen Darstellung über die Bücher von CIA und USIA und der Quelle von diesem und anderen Titeln vgl. Anm. 14 und 15; ebenso Washington Post, 28.09.1966; New York Times, 22.03.1967 und 22.12.1977; Peter Coleman, THE LIBERAL CONSPIRACY: THE CONGRESS FOR CULTURAL FREEDOM AND THE STRUGGLE FOR THE MIND OF POSTWAR EUROPE (New York, 1989), Anhang D und passim; Alexander Kendrick, PRIME TIME: THE LIFE OF EDWARD R. MURROW (London, 1970), S. 478; Marchetti und Marks, S. 180-181; E. Howard Hunt, UNDERCOVER: MEMOIRS OF AN AMERICAN SECRET AGENT (London, 1975), S. 70, 132.
  495. Marchetti und Marks, S. 174-178; de Gramont, S. 486,488-492.
  496. Washington Post, 17.05.1982 und 20.05.1982; 04.11.1982. Zu einer umfassenden Darstellung des Einsatzes von Nazis und ihren Kollaborateuren durch die US-Regierung bei ihrem Feldzug gegen den Kommunismus vgl. Christopher Simpson, BLOWBACK: AMERICAʼS RECRUITMENT OF NAZIS AND ITS EFFECTS ON THE COLD WAR (New York, 1988), passim, und John Loftus, THE BELARUS SECRET (New York, 1982), passim.
  497. Vgl. Anm. 12.
  498. HEARINGS BEFORE THE SELECT COMMITTEE TO STUDY GOVERNMENTAL OPERATIONS WITH RESPECT TO INTELLIGENCE ACTIVITIES (U. S. Senate), Bd. 4, 1975; Washington Post, 16.01.1975, S. 18; Rositzke, S. 62.
  499. Washington Post, 25.04.1979.
  500. Rositzke, S. 21,33,37.
  501. San Francisco Chronicle, 09.10.1978.
  502. Rositzke, S. 15.
  503. Ohne Verfasserangabe, datiert 19.06.1953; abgedruckt in DECLASSIFIED DOCUMENTS REFERENCE SYSTEM, Band 1977, Dokument 137A.
  504. Philip Agee und Louis Wolf (Hrsg.), DIRTY WORK: THE CIA IN WESTERN EUROPE (Lyle Stuart, Secaucus, NJ, 1978), S. 168-169 (englische Übersetzung eines Interviews mit Victor Marchetti in Panorama (Mailand), 02.05.1974, unter dem Titel »Le mani sull’Italia«.)
  505. CIA-Memorandum an den Aussschuß der Vierzig (Nationaler Sicherheitsrat), dem Sonderausschuß des Repräsentantenhauses (Pike-Ausschuß) während den nichtöffentlichen Anhörungen im Jahre 1975 vorgelegt. Der größte Teil des Ausschußberichts, der dieses Memorandum einschloß, wurde im Februar 1976 heimlich an die Presse weitergegeben und erschien in Buchform als: CIA - THE PIKE REPORT (Spokesman Books for the Bertrand Russell Peace Foundation, Nottingham, 1977). Das Memorandum findet sich im Buch auf S. 204-205. (Vgl. auch die Anmerkungen zum Kapitel »Der Irak 1972 bis 1975«.)
  506. Victor Marchetti und John D. Marks, THE CIA AND THE CULT OF INTELLIGENCE (New York, 1975), S. 172; William Colby, HONORABLE MEN: MY LIFE IN THE CIA (New York, 1978), S. 119.
  507. CIA - THE PIKE REPORT, S. 193.
  508. New York Times, 07.01.1976, S. 1.
  509. Bob Woodward, VEIL: THE SECRET WARS OF THE CIA, 1981-1987 (New York, 1987), S. 398.
  510. New York Times, 07.01.1976, S. 4.
  511. New York Times, 07.01.1976, S. 1.
  512. Zum CIA-Zitat vgl. New York Times, 26.12.1977, S. 37; Daily American, 26.12.1977; Carl Bernstein, »The CIA and the Media«, Rolling Stone, 20.10.1977, S. 59; Thomas Powers, THE MAN WHO KEPT THE SECRETS: RICHARD HELMS AND THE CIA (New York, 1979, Taschenbuchausgabe), S. 414. Einer der Besitzer der Zeitung war Robert Cunningham, ein Mitarbeiter der CIA von 1956 bis 1964 (vgl. Washington Post, 19.09.1985, S. A18).
  513. Fred Landis, »Robert Moss, Arnaud de Borchgrave and Right-Wing Disinformation«, Covert Action Information Bulletin, August-September 1980, S. 43.
  514. Colby, S. 124. Colby erwähnt nicht, auf welches Jahr er sich bezieht, aber im Jahre 1955 fiel der Stimmenanteil der Kommunisten bei einer Betriebsratswahl bei Fiat von 63% im Vorjahr auf 39%. Vgl. New York Times, 30.03.1955, S. 9. In dem Artikel wird behauptet, die Vorherrschaft der kommunistischen Gewerkschaft habe Fiats Wert für die Verteidigung des Westens erheblich geschmälert und verhindert, daß die Firma entsprechende Auslandsaufträge aus den USA bekam.
  515. 515,0 515,1 Agee und Wolf, S. 171.
  516. Mark Aarons und John Loftus, UNHOLY TRINITY: THE VATICAN, THE NAZIS AND SOVIET INTELLIGENCE (New York, 1991), passim.
  517. Colby, Kap. 4.
  518. The Sunday Times (London), 21.03.1976, S. 34.
  519. Le Monde, 13.04.1950, zitiert bei R. E. M. Irving, THE FIRST INDOCHINESE WAR (London, 1975), S. 101.
  520. Zitiert bei Hans Askenasy, ARE WE ALL NAZIS? (Lyle Stuart, Secaucus, NJ, 1978), S. 64.
  521. New York Times, 21.03.1954, S. 3; 11.04.1954, Section IV, S. 5. Laut Bemard Fall, THE TWO VIETNAMS (Praeger, New York, 1967, 2., überarb. Aufl.), S. 472 wurden nur 954 Millionen Dollar von den 1,4 Milliarden zur Zeit des Waffenstillstands ausgegeben.
  522. THE PENTAGON PAPERS (New York Times Edition/Bantam Books, 1971), S. XI.
  523. THE PENTAGON PAPERS (New York Times Edition/Bantam Books, 1971), S. 4, 5, 8, 26.
  524. Washington Post, 14.09.1969, S. A25. Lansing war der Onkel von John Foster und Allen Dulles. Er berief beide in die amerikanische Delegation auf der Versailler Friedenskonferenz in den Jahren 1918 und 1919, wo Ho Chi Minh seinen Appell übergab.
  525. Zur Zusammenarbeit von Ho Chi Minh und der Vietminh mit dem OSS und ihrer Bewunderung der USA vgl. Archimedes L. A. Patti, WHY VIETNAM? PRELUDE TO AMERICAʼS ALBATROSS (University of California Press, Berkeley, 1980), passim. Patti war der frühere OSS-Beamte, an den sich Ho wandte; Chester Cooper, THE LOST CRUSADE: THE FULL STORY OF US INVOLVEMENT IN VIETNAM FROM ROOSEVELT TO NIXON (MacGibbon & Kee, London, 1971), S. 22, 25-27, 40. Cooper war ein altgedienter amerikanischer Diplomat im Femen Osten, der unter Johnson als Assistent für asiatische Angelegenheiten im Weißen Haus diente. Außerdem war er, ohne daß es bekannt gewesen wäre, seine ganze Lauf bahn hindurch CIA- Beamter. – Zur Kollaboration der Franzosen mit den Japanern vgl. Fall, S. 42-49. – Zu Ho Chi Minh als aufrichtigem Nationalisten vgl. Department of State Bulletin (Washington), 13.02.1950, S. 244, Dean Acheson; 10.04.1950, Botschafter Loy Henderson; 22.05.1950, Dean Acheson. – Zu Ho Chi Minhs Schreibtisch vgl. Blanche W. Cook, THE DECLASSIFIED EISENHOWER (New York, 1981), S. 184. – Zur Unabhängigkeitserklärung: Der vollständige Text findet sich in Ho Chi Minh, SELECTED WORKS, Bd. 3 (Hanoi, 1961), S. 17-21.
  526. Fall, S. 122, 124.
  527. THE PENTAGON PAPERS, S. 5; Fall, S. 473.
  528. Fall, S. 473.
  529. Christopher Robbins, AIR AMERICA (Putnam, New York, 1979), S. 59-60.
  530. New York Times, 11.04.1954, Section IV, S. 5.
  531. The Pentagon Papers, S. 11.
  532. The Pentagon Papers, S. 36.
  533. The Pentagon Papers, S. 5, 11; Dwight Eisenhower, THE WHITE HOUSE YEARS: MANDATE FOR CHANGE, 1953-1956 (New York, 1963), S. 340-341; Cooper, Kap. 4; Sherman Adams, FIRSTHAND REPORT (New York, 1961), S. 122; Adams war Eisenhowers Stabschef im Weißen Haus.
  534. Adams, S. 124.
  535. THE PENTAGON PAPERS, S. 46.
  536. The Times (London), 02.06.1954, Zitat aus einem Artikel von Willoughby.
  537. Cooper, S. 72.
  538. Bemard Fall, HELL IN A VERY SMALL PLACE: THE SIEGE OF DIEN BIEN PHU (Great Britain, 1967), S. 307; Parade (Washington Post), 24.04.1966; Roscoe Drummond und Gaston Coblentz, DUEL AT THE BRINK (New York, 1960), S. 121-122.
  539. Joseph Burkholder Smith, PORTRAIT OF A COLD WARRIOR (New York, 1976), S. 172-174.
  540. Joseph Burkholder Smith, PORTRAIT OF A COLD WARRIOR (New York, 1976), S. 173-174.
  541. Zu Eisenhower vgl. Time, 12.07.1954.
  542. Zur Politik der USA gegenüber der Genfer Konferenz vgl. Cooper, Kap. 4. Cooper war Mitglied der amerikanischen Konferenzdelegation.
  543. Fall, THE TWO VIETNAMS, S. 153-154.
  544. Zu allen anderen Handlungen vgl. THE PENTAGON PAPERS, Dokument 15: »Lansdale Team’s Report on Covert Saigon Mission in 1954 and 1955«, S. 53-66.
  545. C. L. Sulzberger, New York Times, 22.01.1955, S. 10.
  546. New York Times, 17.07.1955.
  547. US Department of Defense, UNITED STATES – VIETNAM RELATIONS, 1945-67 (die regierungsamtliche Ausgabe der PENTAGON-PAPIERE), Book 2, IV, A. 5, Tab. 4, S. 66, zitiert bei Noam Chomsky und Edward Herman, THE WASHINGTON CONNECTION AND THIRD WORLD FASCISM (Boston, 1979), S. 370.
  548. J. B. Smith, S. 199.
  549. Eisenhower, S. 372.
  550. THE PENTAGON PAPERS, S. 22.
  551. THE PENTAGON PAPERS, S. 25.
  552. Life, 13.05.1957.
  553. THE PENTAGON PAPERS, S. 23.
  554. Emmet John Hughes, THE ORDEAL OF POWER (London, 1963), S. 208. Hughes war einer der Redeschreiber von Präsident Eisenhower.
  555. Michael Klare, WAR WITHOUT END (Random House/Vantage Books, New York, 1972), S. 261-263; David Wise und Thomas B. Ross, THE ESPIONAGE ESTABLISHMENT (Random House, New York, 1967), S. 152.
  556. Time (European edition), 30.06.1975, S. 32.
  557. David Wise, »Colby of CIA – CIA of Colby«, New York Times Magazine, 01.07.1973, S. 9.
  558. Donald Duncan, THE NEW LEGIONS (London, 1967), S. 156-159.
  559. Newsweek, 22.03.1976, S. 28, 31.
  560. Washington Post, 20.03.1982, S. A19.
  561. An vielen Stellen belegt. Vgl. z.B. I. F. Stone’s Weekly (Washington), 04.03.1968; »The ›Phantom Battle‹ that Led to War«, U.S. News & World Report, 23.07.1984, S. 56 67; Joseph. C. Goulden, TRUTH IS THE FIRST CASUALTY: THE GULF OFTONKIN AFFAIR – ILLUSION AND REALITY (Rand McNally, Chicago, 1969), passim.
  562. Covert Action Information Bulletin, H. 10, August-September 1980, S. 43.
  563. Washington Post, 24.03.1967.
  564. Chicago Daily News, 20.10.1965; Washington Post, 21.10.1965.
  565. Ein Kopie der Rede von Oglesby befindet sich im Besitz des Verfassers.
  566. Washington Post, 12.02.1967.
  567. Washington Post, 18.12.1966.
  568. Alexander M. Haig, CAVEAT: REALISM, REAGAN UND FOREIGN POLICY (New York, 1984), S. 202.
  569. New York Times, 28.07.1975, S. 19.
  570. New York Herald Tribune, 25.04.1965, S. 18.
  571. U.S. ASSISTANCE PROGRAM IN VIETNAM, Hearings before a subcommittee of the House Committee on Government Operations, 19.07.1971, S. 189.
  572. U.S. ASSISTANCE PROGRAM IN VIETNAM, Hearings before a subcommittee of the House Committee on Government Operations, 19.07.1971, S. 183.
  573. Victor Marchetti und John Marks, THE CIA AND THE CULT OF INTELLIGENCE (New York, 1975), S. 236-237.
  574. William Colby, HONORAHLE MEN: MY LIFE IN THE CIA (New York, 1978), S. 272, 275-276.
  575. Marchetti und Marks, S. 237.
  576. Wise, S. 33.
  577. New York Times, 03.08.1971, S. 10.
  578. CONGRESSIONAL RECORD, House, 12.05.1966, S. 9977-9978 (Abdruck eines Artikels von Morley Safer von CBS News.)
  579. Washington Post, 25.11.1966.
  580. U.S. AID TO NORTH VIETNAM, Hearings Before the Subcommittee on Asian and Pacific Affairs, House Committee on International Relations, 19.07.1977, Anhang 2.
  581. Atlanta Journal, 25.09.1965.
  582. San Francisco Chronicle, 09.01.1971. Vgl. auch Telford Taylor, NUREMBERG AND VIETNAM: AN AMERICAN TRAGEDY (New York, 1970).
Inhaltsverzeichnis