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Das Elend der Philosophie - Antwort auf Proudhons »Philosophie des Elends«  (Karl Marx)

Aus ProleWiki


Das Elend der Philosophie - Antwort auf Proudhons »Philosophie des Elends«
Autor*inKarl Marx
Verfasst in1847
Quellehttps://www.projekt-gutenberg.org/marx/elendphi/titlepage.html


Vorbemerkung

»Das Elend der Philosophie« wurde im Jahre 1847 in französischer Sprache geschrieben und war als Verteidigung der Theorie des wissenschaftlichen Kommunismus gegen die Angriffe des französischen Anarchisten Proudhon, eines kleinbürgerlichen Philosophen und Ökonomen, gedacht, der im Jahre 1846 das Werk »System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends« veröffentlicht hatte.

Proudhon dachte nicht an die Vernichtung des Kapitalismus und seiner Grundlage, der Warenerzeugung, sondern träumte nur davon, den Kapitalismus zu reformieren, zu vervollkommnen. Proudhon hielt das Privateigentum an den Produktionsmitteln und den Tausch für ewige unveränderliche Grundlagen jeder Gesellschaft und erklärte sie für »gerecht in ihrer Idee«. Durch Überwindung der »schlechten« Seiten und Folgen der kapitalistischen Produktionsweise und Erhaltung der »guten«, »vorteilhaften« Seiten hoffte Proudhon, den allgemeinen Wohlstand zu beschleunigen und das Elend auf friedlichem, reformistischem Wege, ohne Klassenkampf und soziale Revolution, zu beseitigen.

Diese durch und durch trügerische, philisterhafte und reaktionäre Utopie unterzog Marx im »Elend der Philosophie« einer vernichtenden Kritik. Marx entlarvte die völlige Wissenschaftsfeindlichkeit und Unsinnigkeit der »dialektischen« Phraseologie Proudhons, indem er aufzeigte, daß sich Proudhon nicht über den bürgerlichen Horizont erhoben hatte, daß seine »Methode« der Untersuchung und seine scheinbare »Lösung« der ökonomischen Widersprüche des Kapitalismus nichts anderes darstellen als »wissenschaftlichen Charlatanismus und politische Akkommodation«.

Proudhon mißverstand völlig die Rolle und Bedeutung des Proletariats in der heutigen Gesellschaft. Marx schreibt, daß Proudhon und seine Anhänger »in dem Elend nur das Elend erblicken, statt darin die revolutionäre, zerstörende Seite zu erblicken, welche die alte Gesellschaft umstürzen wird«. Indem Marx die Methode der materialistischen Dialektik anwandte, gab er eine wissenschaftliche Analyse des antagonistischen Charakters der kapitalistischen Produktionsweise. Er zeigte die Ausbeutung der Arbeit durch das Kapital als die Grundursache des Elends der Volksmassen, der Unterdrückung und Armut der Werktätigen. Aber im Schoß der kapitalistischen Gesellschaft keimt, organisiert sich, wächst und wird gestählt eine neue Klasse – das Proletariat, der Totengräber des Kapitalismus und Schöpfer einer neuen Gesellschaft. »Inzwischen ist der Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie ein Kampf von Klasse gegen Klasse, ein Kampf, der, auf seinen höchsten Ausdruck gebracht, eine totale Revolution bedeutet ... Nur bei einer Ordnung der Dinge, wo es keine Klassen und keinen Klassengegensatz gibt, werden die gesellschaftlichen Revolutionen aufhören, politische Revolutionen zu sein.

Im »Elend der Philosophie« sind mit großer Vollständigkeit die historische Rolle und die Aufgaben des Klassenkampfes des Proletariats aufgezeigt. Im »Manifest der Kommunistischen Partei« (1847-1848), dem auf das »Elend der Philosophie« folgenden bedeutendsten gemeinsamen Werk von Marx und Engels, wird bereits eine erschöpfende Kritik aller Strömungen des bürgerlichen und kleinbürgerlichen Sozialismus gegeben.

Die vorliegende Neuausgabe fußt auf der von Engels 1884 eingeleiteten deutschen Ausgabe. Zum weiteren Verständnis der Kritik an Persönlichkeit und Lehre Proudhons wurde noch ein Brief von Marx an Annenkow vom 28. Dezember 1846 aufgenommen, der als Wiedergabe des Eindrucks, den Marx bei der ersten flüchtigen Lektüre der Proudhonschen Schrift hatte, im Kern bereits die Kritik seines Systems und wertvolle materialistische Erkenntnisse enthält.

Im übrigen wurden nur unwesentliche Änderungen vorgenommen. Die veraltete Rechtschreibung wurde der heutigen angepaßt, weiter wurden einige offensichtliche Fehler im Vergleich mit dem in der Marx-Engels-Gesamtausgabe nachgedruckten französischen Original berichtigt, die Anmerkungen ergänzt, sowie Namenverzeichnis und Fremdworterklärung hinzugefügt.

Der Verlag

Vorwort

London, 23. Oktober 1884

Friedrich Engels

Die vorliegende Schrift entstand im Winter 1846/47, zu einer Zeit, wo Marx über die Grundzüge seiner neuen historischen und ökonomischen Anschauungsweise mit sich ins reine gekommen war. Proudhons eben erschienenes: » Système des Contradictions économiques ou Philosophie de la Misère«[Anmerkung 1] gab ihm Gelegenheit, diese Grundzüge zu entwickeln im Gegensatz zu den Ansichten des Mannes, der von nun an unter den lebenden französischen Sozialisten die bedeutendste Stelle einnehmen sollte. Seit der Zeit, wo die beiden in Paris oft ganze Nächte lang ökonomische Fragen diskutiert, waren ihre Wege mehr und mehr auseinander gegangen; Proudhons Schrift bewies, daß jetzt schon eine unüberbrückbare Kluft zwischen beiden lag; ignorieren war damals nicht möglich; und so konstatierte Marx den unheilbaren Riß in dieser seiner Antwort.

Das Gesamturteil Marx' über Proudhon findet sich in dem diesem Vorwort folgenden Aufsatz niedergelegt, der im Berliner »Sozialdemokrat« Nr. 16, 17 und 18 von 1865 erschien. Es war der einzige Artikel, den Marx in jenes Blatt schrieb; die alsbald zutage tretenden Versuche des Herrn von Schweitzer, es ins feudale und Regierungsfahrwasser zu lenken, zwangen uns, unsere Mitarbeiterschaft schon nach wenigen Wochen öffentlich zu kündigen.

Für Deutschland hat die vorliegende Schrift gerade im jetzigen Augenblick eine Bedeutung, die Marx selbst nie geahnt hat. Wie konnte er wissen, daß, indem er auf Proudhon losschlug, er den ihm damals selbst dem Namen nach unbekannten Rodbertus, den Strebergott von heute, traf?

Es ist hier nicht der Ort, auf das Verhältnis von Marx und Rodbertus einzugehn; dazu wird sich mir wohl demnächst Gelegenheit bieten. Hier nur so viel, daß, wenn Rodbertus Marx anklagt, dieser habe ihn »geplündert« und seine Schrift »Zur Erkenntnis« »in seinem ›Kapital‹ ganz hübsch benutzt, ohne ihn zu zitieren«, er sich zu einer Verleumdung hinreißen läßt, die nur erklärlich wird durch die Verdrießlichkeit des verkannten Genies und durch seine merkwürdige Unwissenheit über Dinge, die außerhalb Preußens vorgehn, und namentlich über die sozialistische und ökonomische Literatur. Marx sind weder diese Anklagen noch die erwähnte Rodbertussche Schrift je zu Gesicht gekommen; er kannte von Rodbertus überhaupt nur die drei »Sozialen Briefe«, und auch diese keinesfalls vor 1858 oder 1859.

Mit mehr Grund behauptet Rodbertus in diesen Briefen, den »konstituierten Wert Proudhons« bereits vor Proudhon entdeckt zu haben; wobei er sich freilich wieder irrigerweise schmeichelt, der erste Entdecker zu sein. Jedenfalls ist er also in unsrer Schrift mitkritisiert, und dies nötigt mich, auf sein »grundlegendes« Werkchen: »Zur Erkenntnis unsrer staatswirtschaftlichen Zustände«, 1842, kurz einzugehn, soweit dies nämlich außer dem ebenfalls darin (wieder unbewußt) enthaltnen Weitlingschen Kommunismus auch Antizipationen von Proudhon zutage fördert.

Soweit der moderne Sozialismus, einerlei welcher Richtung, von der bürgerlichen politischen Ökonomie ausgeht, knüpft er fast ausnahmslos an die Ricardosche Werttheorie an. Die beiden Sätze, die Ricardo 1817 gleich am Anfang seiner »Principles«[Anmerkung 2] proklamiert: 1. daß der Wert jeder Ware bestimmt wird einzig und allein durch die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitsmenge, und 2. daß das Produkt der gesamten gesellschaftlichen Arbeit verteilt wird unter die drei Klassen der Grundbesitzer (Rente), Kapitalisten (Profit) und Arbeiter (Arbeitslohn), diese beiden Sätze wurden schon seit 1821, in England zu sozialistischen Konsequenzen verwertet, und zwar teilweise mit solcher Schärfe und Entschiedenheit, daß diese jetzt fast verschollene, von Marx großenteils erst wieder entdeckte Literatur bis zum Erscheinen des »Kapital« unübertroffen blieb. Darüber ein andermal. Wenn also Rodbertus 1842 seinerseits sozialistische Konsequenzen aus obigen Sätzen zog, so war das für einen Deutschen damals sicherlich ein sehr bedeutender Schritt vorwärts, konnte aber höchstens für Deutschland als neue Entdeckung gelten. Wie wenig neu solche Anwendung der Ricardoschen Theorie war, beweist Marx gegen Proudhon, der an ähnlicher Einbildung litt.

»Wer nur einigermaßen mit der Entwicklung der politischen Ökonomie in England vertraut ist, weiß jedenfalls, daß fast alle Sozialisten dieses Landes, zu verschiedenen Zeiten, die egalitäre (d. h. sozialistische) Anwendung der Ricardoschen Theorie vorgeschlagen haben. Wir könnten dem Herrn Proudhon anführen: ›Die politische Ökonomie‹ von Hodgskin, 1822; William Thompson, › An Inquiry into the Principles of the Distribution of Wealth, most conducive to Human Happiness‹,[Anmerkung 3] 1824; T. R. Edmonds, › Practical, Moral and Political Economy‹,[Anmerkung 4] 1828, etc. etc., und noch vier Seiten Etceteras. Wir lassen nur einen englischen Kommunisten sprechen: Bray, in seiner bemerkenswerten Schrift: › Labour's Wrongs and Labour's Remedy‹,[Anmerkung 5] Leeds 1839.« Und allein die hier gegebenen Zitate aus Bray beseitigen ein gutes Stück der von Rodbertus beanspruchten Priorität.

Damals hatte Marx noch nie das Lesezimmer des Britischen Museums betreten. Er hatte, außer Pariser und Brüsseler Bibliotheken, außer meinen Büchern und Auszügen, während einer sechswöchentlichen Reise nach England, die wir zusammen im Sommer 1845 machten, nur die in Manchester aufzutreibenden Bücher durchgesehn. Die betreffende Literatur war also in den vierziger Jahren noch keineswegs so unzugänglich wie etwa heutzutage. Wenn sie trotzdem Rodbertus stets unbekannt blieb, so war das lediglich seiner preußischen Lokalborniertheit geschuldet. Er ist der eigentliche Begründer des spezifisch preußischen Sozialismus und wird jetzt endlich als solcher anerkannt.

Indes auch in seinem geliebten Preußen sollte Rodbertus nicht ungestört bleiben. 1859 erschien in Berlin Marx': »Zur Kritik der politischen Ökonomie, erstes Heft.« Darin wird unter den Einwürfen der Ökonomen gegen Ricardo als zweiter Einwand hervorgehoben S. 40:

»Wenn der Tauschwert eines Produkts gleich ist der in ihm enthaltnen Arbeitszeit, ist der Tauschwert eines Arbeitstags gleich seinem Produkt. Oder der Arbeitslohn muß dem Produkt der Arbeit gleich sein. Nun ist das Gegenteil der Fall.« Dazu die folgende Note: »Dieser von ökonomischer Seite gegen Ricardo beigebrachte Einwand ward später von sozialistischer Seite aufgegriffen. Die theoretische Richtigkeit der Formel vorausgesetzt, wurde die Praxis des Widerspruchs gegen die Theorie bezichtigt und die bürgerliche Gesellschaft angegangen, praktisch die vermeinte Konsequenz ihres theoretischen Prinzips zu ziehen. In dieser Weise wenigstens kehrten englische Sozialisten die Ricardosche Formel des Tauschwerts gegen die politische Ökonomie.« In derselben Note wird verwiesen auf Marx' »Misère de la Philosophie«,[Anmerkung 6] die damals noch überall im Buchhandel zu haben war.

Rodbertus hatte also Gelegenheit genug, sich selbst zu überzeugen, ob seine Entdeckungen von 1842 wirklich neu waren. Statt dessen verkündet er sie immer wieder und hält sie für so unvergleichlich, daß ihm nicht einmal einfällt, Marx könne seine Konsequenzen aus Ricardo ebensogut selbständig gezogen haben, wie er, Rodbertus, selbst. Rein unmöglich! Marx hat ihn »geplündert« – ihn, dem derselbe Marx jede Gelegenheit bot, sich zu vergewissern, wie lange vor ihnen beiden diese Schlußfolgerungen, wenigstens in der rohen Form, die sie noch bei Rodbertus haben, in England bereits ausgesprochen waren!

Die einfachste sozialistische Nutzanwendung der Ricardoschen Theorie ist nun die oben gegebene. Sie hat in vielen Fällen zu Einsichten in den Ursprung und die Natur des Mehrwerts geführt, die weit über Ricardo hinausgehn; so unter andern bei Rodbertus. Abgesehn davon, daß er in dieser Beziehung nirgendwo etwas bietet, das nicht schon vor ihm mindestens ebensogut gesagt, leidet seine Darstellung wie die seiner Vorgänger daran, daß er die ökonomischen Kategorien: Arbeit, Kapital, Wert usw. in der ihm von den Ökonomen überlieferten eruden, an der Erscheinung haftenden Form unbesehn übernimmt, ohne sie auf ihren Gehalt zu untersuchen. Hierdurch schneidet er sich nicht nur jeden Weg weiterer Entwicklung ab – im Gegensatz zu Marx, der erst aus diesen seit jetzt 64 Jahren oft wiederholten Sätzen etwas gemacht hat –, sondern eröffnet sich auch den geraden Weg in die Utopie, wie sich zeigen wird.

Die obige Nutzanwendung der Ricardoschen Theorie, daß den Arbeitern, als den alleinigen wirklichen Produzenten, das gesamte gesellschaftliche Produkt, ihr Produkt, gehört, führt direkt in den Kommunismus. Sie ist aber, wie Marx in der obigen Stelle auch andeutet, ökonomisch formell falsch, denn sie ist einfach eine Anwendung der Moral auf die Ökonomie. Nach den Gesetzen der bürgerlichen Ökonomie gehört der größte Teil des Produktes nicht den Arbeitern, die es erzeugt haben. Sagen wir nun: das ist unrecht, das soll nicht sein, so geht das die Ökonomie zunächst nichts an. Wir sagen bloß, daß diese ökonomische Tatsache unserm sittlichen Gefühl widerspricht. Marx hat daher nie seine kommunistischen Forderungen hierauf begründet, sondern auf den notwendigen, sich vor unsren Augen täglich mehr und mehr vollziehenden Zusammenbruch der kapitalistischen Produktionsweise; er sagt nur, daß der Mehrwert aus unbezahlter Arbeit besteht, was eine einfache Tatsache ist. Was aber ökonomisch formell falsch, kann darum doch weltgeschichtlich richtig sein. Erklärt das sittliche Bewußtsein der Masse eine ökonomische Tatsache, wie seinerzeit die Sklaverei oder die Fronarbeit, für unrecht, so ist das ein Beweis, daß die Tatsache selbst sich schon überlebt hat, daß andre ökonomische Tatsachen eingetreten sind, kraft deren jene unerträglich und unhaltbar geworden ist. Hinter der formellen ökonomischen Unrichtigkeit kann also ein sehr wahrer ökonomischer Inhalt verborgen sein. Näher auf die Bedeutung und Geschichte der Mehrwertstheorie einzugehn, ist hier nicht der Ort.

Daneben kann man aber aus der Ricardoschen Werttheorie noch andre Folgerungen ziehen und hat sie gezogen. Der Wert der Waren wird durch die zu ihrer Erzeugung erheischte Arbeit bestimmt. Nun aber findet sich, daß in dieser schlechten Welt die Waren bald über, bald unter ihrem Wert verkauft werden, und zwar nicht nur infolge von Konkurrenzschwankungen. Die Profitrate hat ebensosehr die Tendenz, sich für alle Kapitalisten auf dasselbe Niveau auszugleichen, wie die Warenpreise die Tendenz haben, vermittels Nachfrage und Angebot sich auf den Arbeitswert zu reduzieren. Die Profitrate aber berechnet sich auf das in einem industriellen Geschäft angelegte Gesamtkapital. Da nun in zwei verschiednen Geschäftszweigen das Jahresprodukt gleiche Arbeitsmengen verkörpern, also gleiche Werte darstellen kann, auch der Arbeitslohn in beiden gleich hoch, die vorgeschossenen Kapitale aber in dem einen Geschäftszweig doppelt oder dreimal so groß sein können, und oft sind, wie im andren, so kommt hier das Ricardosche Wertgesetz, wie schon Ricardo selbst entdeckte, in Widerspruch mit dem Gesetz der gleichen Profitrate. Werden die Produkte beider Geschäftszweige zu ihren Werten verkauft, so können die Profitraten nicht gleich sein; sind aber die Profitraten gleich, so können die Produkte beider Geschäftszweige nicht durchweg zu ihren Werten verkauft werden. Wir haben hier also einen Widerspruch, eine Antinomie zweier ökonomischen Gesetze; die praktische Lösung macht sich nach Ricardo (Kap. I, Sektion 4 u. 5) in der Regel zugunsten der Profitrate auf Kosten des Werts.

Nun hat aber die Ricardosche Wertbestimmung, trotz ihrer ominösen Eigenschaften, eine Seite, die sie dem braven Bürger lieb und teuer macht. Sie appelliert mit unwiderstehlicher Gewalt an sein Gerechtigkeitsgefühl. Gerechtigkeit und Gleichheit der Rechte, das sind die Grundpfeiler, auf die der Bürger des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts sein Gesellschaftsgebäude errichten möchte über den Trümmern der feudalen Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Privilegien. Und die Bestimmung des Warenwerts durch Arbeit und der nach diesem Wertmaß sich vollziehende freie Austausch der Arbeitsprodukte zwischen gleichberechtigten Warenbesitzern, das sind, wie Marx schon nachgewiesen, die realen Grundlagen, auf denen die gesamte politische, juristische und philosophische Ideologie des modernen Bürgertums sich aufgebaut hat. Einmal die Erkenntnis gegeben, daß die Arbeit das Maß des Warenwertes ist, muß sich auch das bessere Gefühl des braven Bürgers tief verletzt fühlen durch die Schlechtigkeit einer Welt, die dies Grundgesetz der Gerechtigkeit zwar dem Namen nach anerkennt, aber der Sache nach jeden Augenblick ungeniert beiseite zu setzen scheint. Und namentlich der Kleinbürger, dessen ehrliche Arbeit – wenn sie auch nur die seiner Gesellen und Lehrlinge ist – täglich mehr und mehr entwertet wird durch die Konkurrenz der Großproduktion und der Maschinen, namentlich der Kleinproduzent muß sich sehnen nach einer Gesellschaft, worin der Austausch der Produkte nach ihrem Arbeitswert endlich einmal eine volle und ausnahmslose Wahrheit wird; in andern Worten: er muß sich sehnen nach einer Gesellschaft, in der ein einzelnes Gesetz der Warenproduktion ausschließlich und unverkürzt gilt, aber die Bedingungen beseitigt sind, unter denen es überhaupt gelten kann, nämlich die übrigen Gesetze der Warenproduktion und weiterhin der kapitalistischen Produktion.

Wie tief diese Utopie in der Denkweise des modernen – wirklichen oder ideellen – Kleinbürgers begründet ist, beweist die Tatsache, daß sie schon 1831 von John Gray systematisch entwickelt, in den dreißiger Jahren in England praktisch versucht und theoretisch breitgetreten, 1842 von Rodbertus in Deutschland, 1846 von Proudhon in Frankreich als neueste Wahrheit proklamiert, noch 1871 von Rodbertus abermals als Lösung der sozialen Frage und gleichsam als sein soziales Testament verkündet wurde, und 1884 wieder Anhang findet bei dem Streberheer, das auf den Namen Rodbertus hin den preußischen Staatssozialismus auszubeuten sich anschickt.

Die Kritik dieser Utopie ist von Marx so erschöpfend sowohl gegen Proudhon wie gegen Gray (siehe den Anhang dieser Schrift) geliefert, daß ich mich hier beschränken kann auf einige Bemerkungen über die speziell Rodbertussche Form ihrer Begründung und Ausmalung.

Wie schon gesagt: Rodbertus übernimmt die herkömmlichen ökonomischen Begriffsbestimmungen ganz in der Form, in der sie ihm von den Ökonomen überliefert worden. Er macht nicht den geringsten Versuch, sie zu untersuchen. Wert ist ihm »die Geltung einer Sache gegen die übrigen nach Quantität, diese Geltung als Maß aufgefaßt«. Diese, gelind gesagt, höchst loddrige Definition gibt uns im besten Fall eine Vorstellung davon, wie der Wert ungefähr aussieht, aber sagt absolut nicht, was er ist. Da dies aber alles ist, was Rodbertus uns vom Wert zu sagen weiß, ist es begreiflich, daß er nach einem außerhalb des Werts liegenden Wertmaßstab sucht. Nachdem er auf dreißig Seiten Gebrauchswert und Tauschwert mit der von Herrn Adolph Wagner so unendlich bewunderten Kraft des abstrakten Denkens kunterbunt durcheinander geworfen, kommt er zu dem Resultat, daß es ein wirkliches Wertmaß nicht gibt und man sich mit einem Surrogatmaß begnügen müsse. Ein solches könne die Arbeit abgeben, aber nur dann, wenn Produkte gleicher Arbeitsquantitäten sich stets gegen Produkte gleicher Arbeitsquantitäten austauschten; sei es, daß dies »an sich schon der Fall ist, oder daß Vorkehrungen getroffen werden«, die dies sicherstellen. Wert und Arbeit bleiben also ohne irgendwelchen sachlichen Zusammenhang, trotzdem daß das ganze erste Kapitel darauf verwendet wird, uns auseinanderzusetzen, daß und warum die Waren »Arbeit kosten« und nichts als Arbeit.

Die Arbeit nun wird wieder unbesehn in der Form genommen, in der sie bei den Ökonomen vorkommt. Und nicht einmal das. Denn wenn auch mit zwei Worten auf die Intensitätsunterschiede der Arbeit hingewiesen wird, so wird die Arbeit doch ganz allgemein als »kostend«, also wertmessend, angeführt, einerlei, ob sie unter den normalen gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen verausgabt wird oder nicht. Ob die Produzenten zehn Tage auf die Herstellung von Produkten verwenden, die in einem Tage hergestellt werden können, oder nur einen, ob sie die besten oder die schlechtesten Werkzeuge anwenden, ob sie ihre Arbeitszeit auf Herstellung gesellschaftlich nötiger Artikel und in der gesellschaftlich erheischten Quantität verwenden, oder ob sie ganz unbegehrte Artikel oder begehrte Artikel über oder unter Bedarf anfertigen – von alledem ist keine Rede: Arbeit ist Arbeit, Produkt gleicher Arbeit muß ausgetauscht werden gegen Produkt gleicher Arbeit. Rodbertus, der sonst jederzeit, ob angebracht oder nicht, bereit ist, sich auf den nationalen Standpunkt zu stellen und von der Höhe der allgemein gesellschaftlichen Warte die Verhältnisse der Einzelproduzenten zu überschauen, vermeidet dies hier ängstlich. Und zwar nur deshalb, weil er schon von der ersten Zeile seines Buches an direkt auf die Utopie des Arbeitsgelds lossteuert und jede Untersuchung der Arbeit in ihrer wertbildenden Eigenschaft ihm unpassierbare Felsblöcke ins Fahrwasser schleudern müßte. Sein Instinkt war hier bedeutend stärker als seine Kraft des abstrakten Denkens, die beiläufig nur vermittels der konkretesten Gedankenlosigkeit bei Rodbertus zu entdecken ist.

Der Übergang zur Utopie ist nun im Handumdrehen gemacht. Die »Vorkehrungen«, die den Warenaustausch nach Arbeitswert als ausnahmslose Regel sicherstellen, machen keine Schwierigkeit. Die übrigen Utopisten dieser Richtung, von Gray bis Proudhon, plagen sich damit ab, gesellschaftliche Einrichtungen auszuklügeln, die diesen Zweck verwirklichen sollen. Sie versuchen wenigstens, die ökonomische Frage auf ökonomischem Wege, durch Aktion der austauschenden Warenbesitzer selbst, zu lösen. Rodbertus hat es viel leichter. Als guter Preuße appelliert er an den Staat: ein Dekret der Staatsgewalt befiehlt die Reform.

Damit ist denn der Wert glücklich »konstituiert«, aber keineswegs die von Rodbertus beanspruchte Priorität dieser Konstituierung. Im Gegenteil, Gray wie Bray – neben vielen andren – haben diesen Gedanken: den frommen Wunsch nach Vorkehrungen, vermittels deren die Produkte unter allen Umständen stets und nur zu ihrem Arbeitswert sich austauschen, lange und oft vor Rodbertus bis zum Überdruß wiederholt.

Nachdem der Staat den Wert – wenigstens eines Teils der Produkte, denn Rodbertus ist auch bescheiden – dermaßen konstituiert, gibt er sein Arbeitspapiergeld aus, macht den industriellen Kapitalisten Vorschüsse davon, mit denen diese die Arbeiter lohnen, worauf die Arbeiter mit dem erhaltnen Arbeitspapiergeld die Produkte kaufen und so den Rückfluß des Papiergelds an seinen Ausgangspunkt vermitteln. Wie wunderschön sich dies abwickelt, das müssen wir von Rodbertus selbst hören.

»Was die zweite Bedingung betrifft, so wird die nötige Vorkehrung, daß der im Zettel bescheinigte Wert wirklich im Verkehr vorhanden ist, dadurch getroffen, daß nur derjenige, der ein Produkt wirklich abgibt, einen Zettel erhält, in welchem genau die Arbeitsquantität bemerkt ist, durch welche das Produkt hergestellt worden. Wer ein Produkt von zwei Tagen Arbeit abgibt, erhält einen Zettel, auf dem ›zwei Tage‹ bemerkt stehn. Durch die genaue Beobachtung dieser Regel bei der Emission muß notwendig auch diese zweite Bedingung erfüllt werden. Denn da nach unsrer Voraussetzung der wirkliche Wert der Güter immer mit derjenigen Arbeitsquantität zusammenfällt, welche ihre Herstellung gekostet hat, und diese Arbeitsquantität ihren Maßstab in der gewöhnlichen Zeiteinteilung besitzt, so hat jemand, der ein Produkt hingibt, auf das zwei Tage Arbeit verwandt sind, wenn er zwei Tage bescheinigt erhält, auch nicht mehr oder weniger Wert bescheinigt oder angewiesen erhalten, als er in der Tat abgeliefert hat; – und da ferner nur derjenige eine solche Bescheinigung erhält, der wirklich ein Produkt in den Verkehr geliefert hat, so ist es auch gewiß, daß der im Zettel bemerkte Wert zur Befriedigung der Gesellschaft vorhanden ist. Denkt man sich nun den Kreis der Teilung der Arbeit auch noch so weit, so muß wenn genau diese Regel befolgt wird, die Summe des vorhandenen Wertes der Summe des bescheinigten Wertes genau gleich sein. Da aber die Summe des bescheinigten Wertes genau auch die Summe des angewiesenen Wertes ist, so muß auch diese mit dem vorhandenen Wert notwendig aufgehn, alle Ansprüche werden befriedigt und die Liquidation richtig vermittelt sein.« (S. 166, 167.)

Wenn bisher Rodbertus stets das Unglück hatte, mit seinen neuen Entdeckungen zu spät zu kommen, so hat er diesmal wenigstens das Verdienst einer Art Originalität: in dieser kindlich naiven, durchsichtigen, ich möchte sagen echt pommerschen Form hat keiner seiner Konkurrenten die Torheit der Arbeitsgeld-Utopie auszusprechen gewagt. Da für jeden Papierschein ein entsprechender Wertgegenstand geliefert worden und kein Wertgegenstand wieder abgegeben wird außer gegen einen entsprechenden Papierschein, so muß die Summe der Papierscheine stets durch die Summe der Wertgegenstände gedeckt sein; die Rechnung geht auf ohne den geringsten Rest, es stimmt bis auf die Arbeitssekunde, und kein im Dienst noch so ergrauter Regierungs-Hauptkassen-Rentamtskalkulator kann den geringsten Rechenfehler nachweisen. Was will man mehr?

In der heutigen kapitalistischen Gesellschaft produziert jeder industrielle Kapitalist auf eigne Faust, was, wie und wieviel er will. Der gesellschaftliche Bedarf aber bleibt ihm eine unbekannte Größe, sowohl was die Qualität, die Art der bedurften Gegenstände wie deren Quantität angeht. Was heute nicht rasch genug geliefert werden kann, mag morgen weit über Bedarf ausgeboten werden. Trotzdem wird schließlich der Bedarf so oder so, schlecht oder recht, befriedigt, und die Produktion richtet sich im ganzen und großen schließlich auf die bedurften Gegenstände. Wie wird diese Ausgleichung des Widerspruchs bewirkt? Durch die Konkurrenz. Und wie bringt die Konkurrenz diese Lösung fertig? Einfach, indem sie die nach Art oder Menge für den augenblicklichen gesellschaftlichen Bedarf unbrauchbaren Waren unter ihren Arbeitswert entwertet und es auf diesem Umwege den Produzenten fühlbar macht, daß sie entweder überhaupt unbrauchbare oder an sich brauchbare Artikel in unbrauchbarer, überflüssiger Menge hergestellt haben. Es folgte hieraus zweierlei:

Erstens, daß die fortwährenden Abweichungen der Warenpreise von den Warenwerten die notwendige Bedingung sind, unter der und durch die allein der Warenwert zum Dasein kommen kann. Nur durch die Schwankungen der Konkurrenz und damit der Warenpreise setzt sich das Wertgesetz der Warenproduktion durch, wird die Bestimmung des Warenwerts durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit eine Wirklichkeit. Daß dabei die Erscheinungsform des Werts, der Preis, in der Regel etwas anders aussieht als der Wert, den er zur Erscheinung bringt, dies Schicksal teilt der Wert mit den meisten gesellschaftlichen Verhältnissen. Der König sieht meist auch ganz anders aus als die Monarchie, die er vorstellt. In einer Gesellschaft austauschender Warenproduzenten die Wertbestimmung durch Arbeitszeit herstellen wollen, dadurch, daß man der Konkurrenz verbietet, diese Wertbestimmung durch Druck auf die Preise in der einzigen Weise herzustellen, in der sie überhaupt hergestellt werden kann, heißt also nur beweisen, daß man die übliche utopistische Mißachtung der ökonomischen Gesetze sich wenigstens auf diesem Gebiete angeeignet hat.

Zweitens: Indem die Konkurrenz innerhalb einer Gesellschaft austauschender Warenproduzenten das Wertgesetz der Warenproduktion zur Geltung bringt, setzt sie ebendadurch die unter den Umständen einzig mögliche Organisation und Ordnung der gesellschaftlichen Produktion durch. Nur vermittels der Entwertung oder Überwertung der Produkte werden die einzelnen Warenproduzenten mit der Nase darauf gestoßen, was und wieviel davon die Gesellschaft braucht oder nicht braucht. Gerade diesen einzigen Regulator aber will die von Rodbertus mitvertretene Utopie abschaffen. Und wenn wir dann fragen, welche Garantie wir haben, daß von jedem Produkt die nötige Quantität und nicht mehr produziert wird, daß wir nicht an Korn und Fleisch Hunger leiden, während wir im Rübenzucker ersticken und im Kartoffelschnaps ersaufen, daß wir nicht Hosen genug haben, um unsere Blöße zu bedecken, während die Hosenknöpfe millionenweise umherwimmeln – so zeigt uns Rodbertus triumphierend seine famose Rechnung, wonach für jedes überflüssige Pfund Zucker, für jedes unverkaufte Faß Schnaps, für jeden unannähbaren Hosenknopf der richtige Schein ausgestellt worden ist, eine Rechnung, die genau »aufgeht«, nach der »alle Ansprüche befriedigt werden und die Liquidation richtig vermittelt« ist. Und wer's nicht glaubt, der wende sich an den Regierungs-Hauptkassen-Rentamtskalkulator X in Pommern, der die Rechnung revidiert und richtig befunden, und der als noch nie im Kassendefekt ertappt durchaus glaubwürdig ist.

Und nun betrachte man die Naivität, mit der Rodbertus die Industrie- und Handelskrisen vermittels seiner Utopie beseitigen will. Sobald die Warenproduktion Weltmarktsdimensionen angenommen hat, erledigt sich die Ausgleichung zwischen den für Privatrechnung produzierenden Einzelproduzenten und dem ihnen nach Quantität und Qualität des Bedarfs mehr oder weniger unbekannten Markt, für den sie produzieren, durch ein Weltmarktsungewitter, eine Handelskrise.[Anmerkung 7]

Verbietet man nun der Konkurrenz, den Einzelproduzenten durch Steigen oder Fallen der Preise mitzuteilen, wie der Weltmarkt steht, so verbindet man ihnen die Augen vollständig. Die Warenproduktion so einrichten, daß die Produzenten gar nichts mehr erfahren können über den Stand des Markts, für den sie produzieren – das ist allerdings eine Kur für die Krisenkrankheit, um die der Doktor Eisenbart Rodbertus beneiden könnte.

Man begreift jetzt, warum Rodbertus den Wert der Waren durch »Arbeit« kurzweg bestimmt und höchstens verschiedene Intensitätsgrade der Arbeit zuläßt. Hätte er untersucht, wodurch und wie die Arbeit Wert schafft und daher auch bestimmt und mißt, so kam er auf die gesellschaftlich notwendige Arbeit, notwendig für das einzelne Produkt sowohl gegenüber andern Produkten derselben Art wie auch gegenüber dem gesellschaftlichen Gesamtbedarf. Damit kam er vor die Frage: wie die Anpassung der Produktion der einzelnen Warenproduzenten an den gesellschaftlichen Gesamtbedarf sich vollzieht; und damit war seine ganze Utopie unmöglich gemacht. Er zog es diesmal in der Tat vor, zu »abstrahieren«, nämlich von dem, worauf es gerade ankam.

Jetzt endlich kommen wir zu dem Punkt, in dem Rodbertus uns wirklich etwas Neues bietet; etwas, das ihn von allen seinen zahlreichen Mitgenossen der Arbeitsgeld-Tauschwirtschaft unterscheidet. Sie alle verlangen diese Tauscheinrichtung zum Zweck der Abschaffung der Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital. Jeder Produzent soll den vollen Arbeitswert seines Produktes erhalten. Darin sind sie alle einig, von Gray bis Proudhon. Keineswegs, sagt Rodbertus. Die Lohnarbeit und ihre Ausbeutung bleibt.

Erstens kann der Arbeiter in keinem denkbaren Gesellschaftszustand den ganzen Wert seines Produkts zum Verzehren erhalten; es müssen stets aus dem produzierten Fonds eine Reihe wirtschaftlich unproduktiver, aber notwendiger Funktionen mit bestritten, also auch die betreffenden Leute mit erhalten werden. – Dies ist nur richtig, solange die heutige Teilung der Arbeit gilt. In einer Gesellschaft mit Verpflichtung zu allgemeiner produktiver Arbeit, die doch auch »denkbar« ist, fällt dies weg. Bleiben aber würde die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds, und daher würden auch dann zwar die Arbeiter, d. h. alle, im Besitz und Genuß ihres Gesamtproduktes bleiben, nicht aber jeder einzelne seinen »vollen Arbeitsertrag« genießen. Die Erhaltung ökonomisch unproduktiver Funktionen aus dem Arbeitsprodukt ist auch von den andern Arbeitsgeld-Utopisten nicht übersehn worden. Aber sie lassen die Arbeiter sich zu diesem Zweck auf üblichem demokratischem Wege selbst besteuern, während Rodbertus, dessen gesamte Sozialreform von 1842 auf den damaligen preußischen Staat zugeschnitten ist, die ganze Sache in das Befinden der Bürokratie legt, die dem Arbeiter seinen Anteil an seinem eignen Produkt von oben herab bestimmt und in Gnaden zukommen läßt.

Zweitens aber soll auch Grundrente und Profit unverkürzt fortbestehn. Denn auch die Grundbesitzer und industriellen Kapitalisten üben gewisse, gesellschaftlich nützliche oder sogar nötige, wenn auch wirtschaftlich unproduktive Funktionen aus und erhalten in Grundrente und Profit gewissermaßen Gehalt dafür – eine bekanntlich selbst 1842 keineswegs neue Auffassung. Eigentlich bekommen sie jetzt viel zuviel für das Wenige, das sie, und schlecht genug, leisten, aber Rodbertus hat nun einmal, wenigstens für die nächsten 500 Jahre, eine privilegierte Klasse nötig, und so soll die gegenwärtige Rate des Mehrwerts, um mich korrekt auszudrücken, bestehn bleiben, aber nicht gesteigert werden dürfen. Diese gegenwärtige Rate des Mehrwerts nimmt Rodbertus an zu 200 Prozent, d. h. bei zwölfstündiger Arbeit täglich soll der Arbeiter nicht zwölf Stunden bescheinigt erhalten, sondern nur vier, und der in den übrigen acht Stunden produzierte Wert soll zwischen Grundbesitzer und Kapitalist verteilt werden. Die Rodbertusschen Arbeitsbescheinigungen lügen also direkt. Man muß aber eben wieder ein pommerscher Rittergutsbesitzer sein, um sich einzubilden, eine Arbeiterklasse würde sich das gefallen lassen, zwölf Stunden zu arbeiten, um vier Arbeitsstunden bescheinigt zu erhalten. Übersetzt man den Hokuspokus der kapitalistischen Produktion in diese naive Sprache, wo er als unverhüllter Raub erscheint, so macht man ihn unmöglich. Jeder dem Arbeiter gegebene Schein wäre eine direkte Aufforderung zur Rebellion Und fiele unter § 110 des Deutschen Reichsstrafgesetzbuches. Man muß nie ein andres Proletariat gesehen haben als das noch tatsächlich in halber Leibeigenschaft befangne Taglöhnerproletariat eines pommerschen Ritterguts, wo Stock und Peitsche herrschen und wo alle hübschen Frauenzimmer des Dorfes zum Harem des gnädigen Herrn gehören, um sich vorzustellen, solche Unverschämtheit dürfe man den Arbeitern bieten. Aber unsre Konservativen sind nun einmal unsre größten Revolutionäre.

Wenn aber unsre Arbeiter sanftmütig genug sind, sich aufbinden zu lassen, sie hätten während ganzer zwölf Stunden harter Arbeit in Wirklichkeit nur vier Stunden gearbeitet, so soll ihnen dafür zum Lohne garantiert werden, daß in alle Ewigkeit ihr Anteil an ihrem eignen Produkt nicht unter ein Drittel fallen soll. Dies ist in der Tat Zukunftsmusik auf der Kindertrompete und nicht wert, daß man ein Wort darüber verliert. Soweit also in der Arbeitsgeld-Tauschutopie Rodbertus etwas Neues bietet, ist dies Neue einfach kindisch und steht tief unter den Leistungen seiner zahlreichen Genossen vor wie nach ihm.

Für die Zeit, wo Rodbertus': »Zur Erkenntnis usw.« erschien, war es unbedingt ein bedeutendes Buch. Seine Fortführung der Ricardoschen Werttheorie in der einen Richtung war ein vielversprechender Anfang. War sie auch nur für ihn und für Deutschland neu, so steht sie doch im ganzen auf gleicher Höhe wie die Leistungen seiner bessern englischen Vorgänger. Aber es war eben nur ein Anfang, aus dem nur durch gründliche und kritische weitere Arbeit ein wirklicher Gewinn für die Theorie zu erlangen war. Diese Weiterführung jedoch schnitt er sich selbst ab dadurch, daß er gleich von vornherein auch die Weiterführung Ricardos in der zweiten Richtung, der Richtung auf die Utopie, mit in Angriff nahm. Damit verlor er die erste Bedingung aller Kritik – die Unbefangenheit. Er arbeitete los« auf ein vorher bestimmtes Ziel, er wurde Tendenzökonom. Einmal gefangengenommen von seiner Utopie, hatte er sich alle Möglichkeit des Fortschreitens in der Wissenschaft versperrt. Von 1842 bis zu seinem Tode dreht er sich im Kreise, wiederholt stets dieselben bereits in der ersten Schrift ausgesprochenen oder angedeuteten Gedanken, fühlt sich verkannt, findet sich geplündert, wo nichts zu plündern war, und verschließt sich zuletzt nicht ohne Absicht gegen die Erkenntnis, daß er im Grunde doch nur schon längst Entdecktes wieder entdeckt hat.

*

An einigen Stellen weicht die Übersetzung vom gedruckten französischen Original ab. Es beruht dies auf handschriftlichen Änderungen von Marx, die auch in der vorbereiteten neuen französischen Ausgabe ihren Platz finden werden.

Es ist wohl kaum nötig, darauf aufmerksam zu machen, daß die in dieser Schrift gebrauchte Ausdrucksweise nicht ganz mit der des »Kapital« stimmt. So wird hier noch von der Arbeit als Ware, von Kauf und Verkauf der Arbeit gesprochen, statt der Arbeits kraft.

Als Ergänzung sind in dieser Ausgabe noch zugefügt: 1. eine Stelle aus der Marxschen Schrift: » Zur Kritik der politischen Ökonomie«, Berlin 1859, über die erste Arbeitsgeld-Austauschutopie von John Gray, und 2. eine Übersetzung der Brüsseler Rede (1847) von Marx über Freihandel, die derselben Entwicklungstheorie des Verfassers angehört wie die » Misère«[Anmerkung 6]

Karl Marx an Annenkow

Brüssel, den 28. Dezember 1846

Aus dem »Sozialdemokrat« Nr. 16, 17 und 18, Jahrgang 1865

Sie hätten meine Antwort auf Ihren Brief vom 1. November schon längst erhalten, wenn mein Buchhändler mir das Buch des Herrn Proudhon »Die Philosophie des Elends« nicht erst vorige Woche zugesandt hätte. Ich habe es in zwei Tagen durchgeblättert, um Ihnen sofort meine Meinung mitteilen zu können. Da ich das Buch sehr eilig gelesen habe, kann ich auf Einzelheiten nicht eingehen und kann Ihnen nur den allgemeinen Eindruck sagen, den es auf mich gemacht hat. Wünschen Sie es, so werde ich in einem zweiten Brief auf die Einzelheiten eingehen können.

Ich will Ihnen offen bekennen, daß ich das Buch im allgemeinen schlecht, ja sehr schlecht finde. Sie selbst scherzen in Ihrem Brief »über das Gepräge der deutschen Philosophie«, mit dem Herr Proudhon in diesem formlosen und anmaßenden Werk Parade macht, nehmen aber an, daß die ökonomische Entwicklung durch das philosophische Gift nicht vergiftet worden ist. Ich bin denn auch weit davon entfernt, die Fehler der ökonomischen Entwicklung der Philosophie des Herrn Proudhon zuzuschreiben. Herr Proudhon gibt uns nicht deswegen eine falsche Kritik der politischen Ökonomie, weil er im Besitz einer lächerlichen Philosophie ist, sondern er gibt eine lächerliche Philosophie, weil er den sozialen Zustand in seiner Verkettung – um ein Wort zu gebrauchen, das Herr Proudhon gleich vielen anderen Dingen Fourier entlehnt – nicht begriffen hat.

Warum spricht Herr Proudhon von Gott, von der universalen Vernunft, von der unpersönlichen Vernunft der Menschheit, die sich nie irrt, die stets sich selbst gleich war, von der man nur das richtige Bewußtsein haben muß, um die Wahrheit zu besitzen? Warum macht er in schwachem Hegelianismus, um sich als starken Geist aufzuspielen?

Er selbst gibt Ihnen den Schlüssel des Rätsels. Herr Proudhon erblickt in der Geschichte eine Reihe sozialer Entwicklungen; er findet den Fortschritt in der Geschichte verwirklicht; er findet endlich, daß die Menschen, als Individuen genommen, nicht wußten, was sie taten, daß sie sich in bezug auf ihre eigene Bewegung täuschten, d. h. daß ihre soziale Entwicklung auf den ersten Blick als etwas von ihrer individuellen Entwicklung Unterschiedenes, Getrenntes, Unabhängiges erscheint. Er kann diese Tatsachen nicht erklären, und die Annahme der sich offenbarenden Universalvernunft ist rein erfunden. Nichts leichter, als mystische Ursachen zu erfinden, d. h. Phrasen, denen der gesunde Menschenverstand abgeht.

Indem Herr Proudhon jedoch zugibt, daß er von der historischen Entwicklung der Menschheit nichts versteht – und er gibt es zu, indem er sich der tönenden Worte Universalvernunft, Gott usw. bedient –, gesteht er nicht gleichzeitig und notwendig, daß er unfähig ist, die ökonomischen Evolutionen zu begreifen?

Was ist die Gesellschaft, welches ihre Form auch sei? Das Produkt der gegenseitigen Aktion der Menschen. Steht es den Menschen frei, diese oder jene, soziale Form zu wählen? Keineswegs. Nehmen Sie einen bestimmten Stand der Entwicklung der Produktivkräfte der Menschen an, und Sie haben eine entsprechende Form des Handels und der Konsumtion. Setzen Sie bestimmte Stufen der Entwicklung der Produktion, des Handels, der Konsumtion, und Sie haben eine entsprechende Form der sozialen Verfassung, eine entsprechende Organisation der Familie, der Stände oder der Klassen, mit einem Wort: eine entsprechende bürgerliche Gesellschaft. Setzen Sie eine solche bürgerliche Gesellschaft, und Sie haben einen entsprechenden politischen Zustand, der nur der offizielle Ausdruck der bürgerlichen Gesellschaft ist. Das ist es, was Herr Proudhon nie verstehen wird; denn er glaubt etwas Großes zu tun, wenn er vom Staat an die Gesellschaft, d. h. vom offiziellen Resümee der Gesellschaft an die offizielle Gesellschaft appelliert.

Es erübrigt sich, hinzuzufügen, daß die Menschen nicht freie Herren ihrer Produktivkräfte – der Grundlage ihrer ganzen Geschichte – sind; denn jede Produktivkraft ist eine erworbene Kraft, das Produkt einer vorherigen Tätigkeit. So sind die Produktivkräfte das Resultat der praktischen Energie der Menschen, doch diese Energie selbst ist bedingt von den Umständen, in welche die Menschen sich durch die bereits erworbenen Produktivkräfte, durch die vor ihnen bestehende soziale Form, die sie nicht schaffen, die das Produkt der vorhergehenden Generation ist, versetzt finden. Durch die einfache Tatsache, daß jede spätere Generation durch die frühere Generation erworbene Produktivkräfte vorfindet, die ihr als Rohmaterial für neue Produktion dienen, bildet sich ein Zusammenhang in der Geschichte der Menschen, bildet sich eine Geschichte der Menschheit, die um so mehr die Geschichte der Menschheit ist, als die Produktivkräfte der Menschen und infolgedessen ihre sozialen Beziehungen sich vergrößert haben. Die notwendige Folge: die soziale Geschichte der Menschen ist stets nur die Geschichte ihrer individuellen Entwicklung, ganz gleich, ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht. Ihre materiellen Beziehungen bilden die Grundlage aller ihrer Beziehungen. Diese materiellen Beziehungen sind nur die notwendigen Formen, in denen ihre materielle und individuelle Tätigkeit sich realisiert.

Herr Proudhon verwechselt Ideen und Dinge. Die Menschen verzichten nie auf das, was sie erworben haben, aber das bedeutet nicht, daß sie nie auf die soziale Form verzichten, in der sie gewisse Produktivkräfte erworben haben. Ganz im Gegenteil. Um des erzielten Resultats nicht verlustig zu gehen, um die Früchte der Zivilisation nicht zu verlieren, sind die Menschen von dem Augenblick an, wo die Art und Weise ihres commerce[Anmerkung 8] den erworbenen Produktivkräften nicht mehr entspricht, gezwungen, alle ihre überlieferten sozialen Formen zu ändern. – Ich nehme das Wort »commerce« hier im weitesten Sinn, wie wir im Deutschen » Verkehr« sagen. Zum Beispiel: das Privileg, die Errichtung von Zünften und Korporationen, die Reglementierung des Mittelalters waren soziale Beziehungen, die allein den erworbenen Produktivkräften und dem vorhergehenden sozialen Zustand, aus dem diese Einrichtungen hervorgegangen sind, entsprachen. Unter dem Schutze des Korporations- und Reglementenwesens wurden die Kapitalien akkumuliert, entwickelte sich ein Seehandel, wurden Kolonien gegründet – und die Menschen hätten die Früchte selbst verloren, wenn sie versucht hätten, die Formen, unter deren Schutz diese Früchte reif geworden waren, zu bewahren. So gab es denn auch zwei Donnerschläge: die Revolution von 1640 und die von 1688. Alle alten ökonomischen Formen, die sozialen Beziehungen, die ihnen entsprachen, der politische Zustand, der der offizielle Ausdruck der alten bürgerlichen Gesellschaft war, wurden in England zerschlagen. So sind die ökonomischen Formen, unter denen die Menschen produzieren, konsumieren, austauschen, vorübergehend und historisch. Mit neuen erworbenen Produktivkräften ändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Produktionsweise ändern sie alle ökonomischen Beziehungen, die bloß die notwendigen Beziehungen dieser bestimmten Produktionsweise waren.

Das ist es, was Herr Proudhon nicht begriffen und noch viel weniger bewiesen hat. Unfähig, die wirkliche Bewegung der Geschichte zu verfolgen, gibt Herr Proudhon eine Phantasmagorie, die Anspruch darauf erhebt, eine dialektische Phantasmagorie zu sein. Er empfindet nicht das Bedürfnis, vom 17., 18., 19. Jahrhundert zu sprechen, denn seine Geschichte spielt sich im nebelhaften Bereich der Einbildung ab und ist hoch über Zeit und Ort erhaben. Mit einem Wort: das ist Hegelscher alter Kram, das ist keine Geschichte. Das ist keine weltliche Geschichte – die Geschichte von Menschen –, es ist eine heilige Geschichte – Geschichte von Ideen. In seiner Betrachtungsweise ist der Mensch bloß das Instrument, dessen sich die Idee oder die ewige Vernunft bedient, um sich zu entwickeln. Die Evolutionen, von denen Herr Proudhon spricht, werden als solche Evolutionen aufgefaßt, die sich im mystischen Schoß der absoluten Idee abspielen. Zerreißt man den Vorhang dieser mystischen Sprache, so heißt dies, daß Herr Proudhon uns die Ordnung gibt, in der die ökonomischen Kategorien sich im Innern seines Kopfes ordnen. Es wird meinerseits keiner großen Mühe bedürfen, Ihnen zu beweisen, daß diese Ordnung die eines sehr ungeordneten Kopfes ist.

Herr Proudhon eröffnet sein Buch mit einer Betrachtung über den Wert, was sein Steckenpferd ist. Diesmal werde ich auf eine Prüfung dieser Betrachtung nicht eingehen.

Die Reihe der ökonomischen Evolutionen der ewigen Vernunft beginnt mit der Teilung der Arbeit. Für Herrn Proudhon ist die Teilung der Arbeit eine ganz einfache Sache. War aber das Kastenwesen nicht eine gewisse Teilung der Arbeit? Und war das Regime der Korporationen nicht eine andere Arbeitsteilung? Und die Arbeitsteilung des Manufaktursystems, das Mitte des 17. Jahrhunderts beginnt und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in England endet, war es nicht ebenfalls ganz unterschieden von der Teilung der Arbeit in der großen Industrie, der modernen Industrie?

Herr Proudhon versteht so wenig das Wesen der Sache, daß er selbst das vernachlässigt, was sogar die irdischen Ökonomen tun. Um von der Teilung der Arbeit zu sprechen, braucht man nicht vom Weltmarkt zu reden. Gut. Mußte sich die Teilung der Arbeit im 14. und 15. Jahrhundert, wo es noch keine Kolonien gab, wo Amerika für Europa noch nicht existierte, wo Ostasien nur durch Vermittlung von Konstantinopel existierte, nicht von Grund auf unterscheiden von der Teilung der Arbeit des 17. Jahrhunderts, das bereits entwickelte Kolonien hatte? Das ist nicht alles. Die ganze innere Organisation der Völker, alle ihre internationalen Beziehungen – sind sie etwas anderes als der Ausdruck einer gewissen Teilung der Arbeit? Müssen sie sich nicht zusammen mit der Änderung der Arbeitsteilung ändern?

Herr Proudhon hat die Frage der Arbeitsteilung so wenig verstanden, daß er von der Trennung zwischen Stadt und Land, die sich z. B. in Deutschland vom neunten bis zum zwölften Jahrhundert vollzog, nicht einmal spricht. So muß für Herrn Proudhon diese Trennung ein ewiges Gesetz sein, weil er weder ihren Ursprung noch ihre Entwicklung kennt. Er wird in seinem ganzen Buch so sprechen, als ob diese Schöpfung einer bestimmten Produktionsweise bis ans Ende der Tage dauern würde. Alles, was Herr Proudhon von der Teilung der Arbeit sagt, ist bloß eine Zusammenfassung und dazu noch eine sehr oberflächliche, sehr unvollständige dessen, was vor ihm Adam Smith und tausend andere gesagt haben.

Die zweite Evolution sind die Maschinen. Der Zusammenhang zwischen der Teilung der Arbeit und den Maschinen ist bei Herrn Proudhon ganz mystisch. Jede Art und Weise der Teilung der Arbeit hatte spezifische Produktionsinstrumente. So machten z. B. die Menschen von der Mitte des 17. Jahrhunderts bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts nicht alles mit der Hand. Sie besaßen Instrumente, und zwar sehr komplizierte Instrumente, wie die Webstühle, die Schiffe, die Hebel usw. usw.

Es gibt daher nichts Lächerlicheres, als die Maschine als Folge der Arbeitsteilung überhaupt hinzustellen.

Ich will Ihnen noch nebenbei sagen, daß Herr Proudhon, da er den Ursprung der Maschinen nicht begriffen hat, noch weniger ihre Entwicklung begriff. Man kann sagen, daß bis 1825 – der Epoche der ersten allgemeinen Krise – die Bedürfnisse der Konsumtion im allgemeinen sich schneller entwickelten als die Produktion und daß die Entwicklung der Maschinen die notwendige Folge der Bedürfnisse des Marktes war. Seit 1825 ist die Erfindung und Anwendung der Maschinen nur das Resultat des Krieges zwischen Unternehmern und Arbeitern. Und das gilt nur für England. Was die europäischen Nationen anbelangt, so wurden sie zur Anwendung der Maschinen durch den Konkurrenzkampf gezwungen, den die Engländer sowohl auf ihrem eigenen Markt als auch auf dem Weltmarkt gegen sie führten. Endlich was Nordamerika anbelangt, so wurde die Einführung der Maschinen sowohl durch die Konkurrenz mit den anderen Völkern als auch die Seltenheit der Arbeitskräfte, d. h. durch das Mißverhältnis zwischen der Bevölkerungszahl und den industriellen Bedürfnissen Nordamerikas, herbeigeführt. Aus diesen Tatsachen können Sie schließen, welchen Scharfsinn Herr Proudhon entwickelt, wenn er das Gespenst der Konkurrenz als dritte Evolution, als Antithese der Maschine, beschwört.

Schließlich ist es überhaupt eine wahre Absurdität, aus den Maschinen eine ökonomische Kategorie neben der Arbeitsteilung, der Konkurrenz, dem Kredit usw. zu machen.

Die Maschine ist ebensowenig eine ökonomische Kategorie wie der Ochs, der den Pflug zieht. Die gegenwärtige Anwendung der Maschinen ist eine der Beziehungen unserer gegenwärtigen Wirtschaftsordnung, doch die Art und Weise der Benutzung der Maschinen ist etwas, was von den Maschinen selbst durchaus unterschieden ist. Das Pulver bleibt das gleiche, ob man sich seiner zur Verwundung eines Menschen oder zur Heilung der Wunden des Verwundeten bedient.

Herr Proudhon übertrifft sich selbst, wenn er im Innern seines Kopfes die Konkurrenz, das Monopol, die Steuer oder die Polizei, die Handelsbilanz, den Kredit, das Eigentum in der Ordnung, wie ich sie anführe, schafft. Fast alle Krediteinrichtungen waren in England zu Anfang des 18. Jahrhunderts vor Erfindung der Maschine bereits entwickelt. Der öffentliche Kredit war bloß eine neue Art, die Steuern zu erhöhen und die durch den Übergang der Regierung an die Bourgeoisklasse geschaffenen neuen Bedürfnisse zu befriedigen. Das Eigentum bildet schließlich die letzte Kategorie im System des Herrn Proudhon. In der realen Welt hingegen sind die Teilung der Arbeit und alle übrigen Kategorien des Herrn Proudhon soziale Beziehungen, deren Gesamtheit das bildet, was man gegenwärtig das Eigentum nennt; außerhalb dieser Beziehungen ist das bürgerliche Eigentum nichts als eine metaphysische oder juristische Illusion. Das Eigentum einer anderen Epoche, das feudale Eigentum, entwickelt sich in einer Reihe von sozialen Beziehungen ganz anderer Art. Indem Herr Proudhon das Eigentum als eine selbständige Beziehung festlegt, begeht er mehr als einen methodologischen Fehler; er beweist klar, daß er das Band nicht erkannt hat, das alle Formen der bürgerlichen Produktion verbindet, daß er den historischen und vorübergehenden Charakter der Produktionsformen in einer bestimmten Epoche nicht begriffen hat. Herr Proudhon, der in unseren sozialen Einrichtungen keine historischen Produkte erblickt, der weder ihren Ursprung noch ihre Entwicklung versteht, kann nur eine dogmatische Kritik an ihnen üben.

Herr Proudhon ist denn auch gezwungen, zu einer Fiktion Zuflucht zu nehmen, um die Entwicklung klarzumachen. Er bildet sich ein, daß die Teilung der Arbeit, der Kredit, die Maschinen usw., daß alles im Dienste seiner fixen Idee, der Idee der Gleichheit erfunden wurde. Seine Erklärung ist äußerst naiv. Man hat diese Dinge für die Gleichheit erfunden, doch haben sie sich unglücklicherweise gegen die Gleichheit gewandt. Das ist seine ganze Argumentation. Das heißt, er macht eine völlig haltlose Annahme, und da die wirkliche Entwicklung und seine Fiktion sich auf Schritt und Tritt widersprechen, schließt er daraus, daß es einen Widerspruch gibt. Er leugnet Ihnen, daß nur ein Widerspruch zwischen seinen fixen Ideen und der wirklichen Bewegung besteht.

So hat Herr Proudhon, hauptsächlich wegen des Mangels an historischen Kenntnissen, nicht gesehen, daß die Menschen, indem sie ihre Produktivkräfte entwickeln, d. h. indem sie leben, gewisse Beziehungen untereinander entwickeln, und daß die Art dieser Beziehungen sich mit der Veränderung und dem Wachstum dieser Produktivkräfte ändert. Er hat nicht gesehen, daß die ökonomischen Kategorien nur Abstraktionen dieser realen Beziehungen, nur insofern Wahrheiten sind, soweit diese Beziehungen bestehen. So verfällt er in den Irrtum der bürgerlichen Ökonomen, die in diesen ökonomischen Kategorien ewige Gesetze und nicht historische Gesetze erblicken, die nur für eine gewisse, bestimmte Entwicklung der Produktivkräfte Gesetze sind. Statt daher die politisch-ökonomischen Kategorien als etwas von den wirklichen, vorübergehenden, historischen, sozialen Beziehungen Abstrahiertes zu betrachten, erblickt Herr Proudhon infolge einer mystischen Umkehrung in den wirklichen Beziehungen nur Verkörperungen dieser Abstraktionen. Diese Abstraktionen selbst sind Formeln, die seit Weltbeginn im Schoße Gottes geschlummert haben.

Doch hier verfällt der gute Herr Proudhon in starke geistige Krämpfe. Sind alle diese ökonomischen Kategorien Ausströmungen des Herzens Gottes, sind sie das verborgene und ewige Leben der Menschen, wie kommt es dann, erstens, daß es eine Entwicklung gibt, und zweitens, daß Herr Proudhon nicht ein Konservativer ist? Er erklärt diese offenbaren Widersprüche durch ein ganzes System des Antagonismus.

Nehmen wir, um dieses System des Antagonismus zu klären, ein Beispiel.

Das Monopol ist gut, denn es ist eine ökonomische Kategorie, also eine Ausströmung Gottes. Die Konkurrenz ist gut, denn sie ist ebenfalls eine ökonomische Kategorie. Was aber nicht gut ist, das ist die Wirklichkeit des Monopols und die Wirklichkeit der Konkurrenz. Was noch schlimmer ist, das ist der Umstand, daß das Monopol und die Konkurrenz sich gegenseitig auffressen. Was tun? Da diese beiden ewigen Gedanken Gottes sich widersprechen, scheint es ihm offensichtlich, daß es im Schoße Gottes gleicherweise eine Synthese dieser beiden Gedanken gibt, in der die Übel des Monopols durch die Konkurrenz wettgemacht werden und umgekehrt. Der Kampf zwischen den beiden Ideen wird dazu führen, daß nur ihre schöne Seite in die Erscheinung tritt. Man muß Gott diesen geheimen Gedanken entreißen, ihn dann anwenden, und alles wird in schönster Ordnung sein. Man muß die in der Nacht der unpersönlichen Vernunft der Menschheit verborgene synthetische Formel entdecken. Herr Proudhon zögert keinen Augenblick, sich zum Entdecker zu machen.

Aber werfen Sie für einen Augenblick einen Blick auf das wirkliche Leben. Im gegenwärtigen ökonomischen Leben werden Sie nicht nur die Konkurrenz und das Monopol, sondern auch ihre Synthese finden, die keine Formel, sondern eine Bewegung ist. Das Monopol erzeugt die Konkurrenz, die Konkurrenz erzeugt das Monopol.

Doch hat diese Gleichung, weit davon entfernt, die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Lage, wie die bürgerlichen Ökonomen sich das vorstellen, zu beheben, eine schwierigere und verworrenere Lage zum Resultat. Indem Sie also die Grundlage, auf die sich die gegenwärtigen ökonomischen Beziehungen stützen, ändern, die gegenwärtige Produktionsweise vernichten, vernichten Sie nicht nur das Monopol, die Konkurrenz und ihren Antagonismus, sondern auch ihre Einheit, ihre Synthese, die Bewegung, die das wirkliche Gleichgewicht der Konkurrenz und des Monopols ist.

Nun will ich Ihnen ein Beispiel der Dialektik des Herrn Proudhon geben.

Die Freiheit und die Sklaverei bilden einen Antagonismus. Ich habe es nicht notwendig, von den guten noch von den schlechten Seiten der Freiheit zu sprechen. Was die Sklaverei betrifft, so habe ich es nicht notwendig, von ihren schlechten Seiten zu sprechen. Die einzige Sache, die erklärt werden muß, ist die schöne Seite der Sklaverei. Es handelt sich nicht um die indirekte Sklaverei, um die Sklaverei des Proletariers; es handelt sich um die direkte Sklaverei, um die Sklaverei der Schwarzen in Surinam, Brasilien, den südlichen Teilen Nordamerikas.

Die direkte Sklaverei ist die Achse unseres gegenwärtigen Industrialismus, genau so wie die Maschinen, der Kredit usw. Ohne Sklaverei gibt es keine Baumwolle, ohne Baumwolle keine moderne Industrie. Die Sklaverei verlieh den Kolonien Wert, die Kolonien haben den Welthandel geschaffen, der Welthandel ist die notwendige Bedingung der großen Maschinenindustrie. So haben denn auch vor dem Handel mit Negern die Kolonien nur sehr wenig Produkte geliefert für die alte Welt und das Gesicht der Welt nicht sichtbar geändert. Die Sklaverei ist also eine ökonomische Kategorie von der höchsten Bedeutung. Ohne die Sklaverei würde sich Nordamerika, das fortschrittlichste Volk, in ein patriarchalisches Land verwandeln. – Streichen Sie bloß Nordamerika aus der Karte der Völker, und Sie werden die Anarchie, den völligen Verfall des Handels und der modernen Zivilisation haben. Doch die Sklaverei verschwinden lassen, hieße Amerika aus der Karte der Völker streichen. So findet sich denn die Sklaverei, weil sie eine ökonomische Kategorie ist, seit Beginn der Welt bei allen Völkern. Die modernen Völker vermochten nur die Sklaverei bei sich zu Hause zu bemänteln und sie offen nach der neuen Welt einzuführen. Was soll nun der gute Herr Proudhon nach diesen Betrachtungen über die Sklaverei tun? Er wird die Synthese der Freiheit und der Sklaverei, das wahre juste milieu (goldene Mitte), mit anderen Worten: das Gleichgewicht zwischen Sklaverei und Freiheit suchen.

Herr Proudhon hat sehr gut begriffen, daß die Menschen das Tuch, das Leinen, die Seidenstoffe machen, und es ist ein großes Verdienst von ihm, diese einfache Sache verstanden zu haben! Was Herr Proudhon nicht verstanden hat, ist, daß die Menschen ihren Fähigkeiten gemäß auch die sozialen Beziehungen produzieren, in denen sie das Tuch und das Leinen produzieren. Noch weniger hat Herr Proudhon begriffen, daß die Menschen, die die sozialen Beziehungen, ihrer materiellen Produktion gemäß, produzieren, auch die Ideen, die Kategorien, d. h. die ideellen abstrakten Ausdrücke dieser selben sozialen Beziehungen hervorbringen. Demnach sind die Kategorien genau so wenig ewig wie die Beziehungen, deren Ausdruck sie sind. Sie sind historische und vorübergehende Produkte. Für Herrn Proudhon sind ganz im Gegenteil die Abstraktionen, die Kategorien die primäre Ursache. Seiner Meinung nach sind sie es und nicht die Menschen, die die Geschichte machen. Die Abstraktion, die Kategorie, als solche genommen, d. h. getrennt von den Menschen und ihrer materiellen Aktion, ist natürlich unsterblich, unveränderlich, unwandelbar, sie ist nicht nur ein Sein der reinen Vernunft, was bloß heißt, daß die Abstraktion, als solche genommen, abstrakt ist. Bewundernswerte Tautologie! So sind denn auch die ökonomischen Beziehungen, in der Form von Kategorien gesehen, für Herrn Proudhon ewige Formeln, die weder Ursprung noch Fortschritt haben.

Sagen wir es in anderer Weise: Herr Proudhon behauptet nicht direkt, daß das bürgerliche Leben für ihn ewige Wahrheit ist. Er sagt es indirekt, indem er die Kategorien vergöttlicht, die die bürgerlichen Beziehungen in der Form des Gedankens ausdrücken. Er nimmt die Produkte der bürgerlichen Gesellschaft für selbständige, mit eigenem Leben ausgestattete, ewige Wesen, sobald sie sich ihm in der Form von Kategorien, in der Form des Gedankens, darbieten. So erhebt er sich nicht über den bürgerlichen Horizont. Weil er mit bürgerlichen Gedanken operiert, indem er sie als ewig wahr voraussetzt, sucht er die Synthese seiner Gedanken, ihr Gleichgewicht, und sieht nicht, daß ihre gegenwärtige Art und Weise, sich das Gleichgewicht zu halten, die einzig mögliche Art und Weise ist.

In Wirklichkeit tut er das, was alle guten Bourgeois tun. Sie alle sagen Ihnen, daß die Konkurrenz, das Monopol usw. im Prinzip, d. h. als abstrakte Gedanken genommen, die einzigen Grundlagen des Lebens sind, daß sie aber in der Praxis viel zu wünschen übriglassen. Sie alle wollen die Konkurrenz ohne die traurigen Folgen der Konkurrenz. Sie alle wollen das Unmögliche, d. h. die bürgerlichen Lebensverhältnisse ohne die notwendigen Folgen dieser Verhältnisse. Sie alle verstehen nicht, daß die bürgerliche Produktionsform eine historische und vorübergehende Form ist, genau so, wie es die feudale Form war. Dieser Irrtum stammt daher, daß für sie der bürgerliche Mensch die einzig mögliche Grundlage aller Gesellschaft ist, daher, daß sie sich keinen Gesellschaftszustand vorstellen, in dem der Mensch aufhört, Bourgeois zu sein.

Herr Proudhon ist also notwendig doktrinär. Die historische Bewegung, die die gegenwärtige Welt umwälzt, löst sich für ihn in das Problem auf, das richtige Gleichgewicht, die Synthese zweier bürgerlicher Gedanken zu entdecken. So entdeckt der geschickte Junge durch Pfiffigkeit den verborgenen Gedanken Gottes, die Einheit der zwei isolierten Gedanken, die nur deswegen zwei isolierte Gedanken sind, weil Herr Proudhon sie vom praktischen Leben isoliert hat, von der gegenwärtigen Produktion, die die Verbindung der Wirklichkeit ist, die sie ausdrücken. An Stelle der großen historischen Bewegung, die aus dem Konflikt zwischen den bereits erworbenen Produktivkräften der Menschen und ihren sozialen Beziehungen, die diesen Produktivkräften nicht mehr entsprechen, entsteht; an Stelle der schrecklichen Kriege, die sich zwischen den verschiedenen Klassen einer Nation, zwischen den verschiedenen Nationen vorbereiten; an Stelle der praktischen und gewaltsamen Aktion der Massen, die allein diese Zusammenstöße wird auflösen können; an Stelle dieser ungeheuer weiten, dauernden und komplizierten Bewegung setzt Herr Proudhon die grillenhafte Bewegung seines Kopfes. So machen die Gelehrten, die Menschen, die imstande sind, Gottes intime Gedanken zu erlauschen, die Geschichte. Die kleinen Leute haben bloß ihre Offenbarungen anzuwenden. Sie verstehen jetzt, warum Herr Proudhon erklärter Feind jeder politischen Bewegung ist. Die Lösung der gegenwärtigen Probleme besteht für ihn nicht in der öffentlichen Aktion, sondern in den dialektischen Drehungen seines Kopfes. Da für ihn die Kategorien die treibenden Kräfte sind, braucht man das praktische Leben nicht zu ändern, um die Kategorien zu ändern. Ganz im Gegenteil: man muß die Kategorien ändern, und die Änderung des wirklichen Lebens wird die Folge davon sein. Von dem Wunsch beseelt, die Widersprüche auszusöhnen, fragt sich Herr Proudhon gar nicht, ob nicht die Grundlage dieser Widersprüche selbst umgestürzt werden muß. Er gleicht in allem dem doktrinären Politiker, der den König und die Abgeordnetenkammer und das Oberhaus als integrierende Teile des sozialen Lebens, als ewige Kategorien will. Nur sucht er nach einer neuen Formel, um diese Mächte ins Gleichgewicht zu bringen (deren Gleichgewicht gerade in der gegenwärtigen Bewegung besteht, wo die eine dieser Mächte bald der Besieger, bald der Sklave der anderen ist). So kommt es, daß im 18. Jahrhundert eine Menge mittelmäßiger Köpfe damit beschäftigt war, die wahre Formel zu finden, um die gesellschaftlichen Stände, den Adel, den König, die Parlamente usw. ins Gleichgewicht zu bringen, und am nächsten Tag gab es weder König noch Parlament noch Adel. Das richtige Gleichgewicht in diesem Antagonismus war der Sturz aller sozialen Verhältnisse, die diesen feudalen Existenzen und dem Antagonismus dieser feudalen Existenzen als Grundlage dienten.

Da Herr Proudhon auf der einen Seite die ewigen Ideen, die Kategorien der reinen Vernunft setzt, auf der anderen Seite die Menschen und ihr praktisches Lehen, das nach ihm die Anwendung dieser Kategorien ist, finden Sie bei ihm von Anfang an einen Dualismus zwischen dem Leben und den Ideen, zwischen der Seele und dem Körper – einen Dualismus, der sich in vielen Formen wiederholt. Sie sehen jetzt, daß dieser Antagonismus nur die Unfähigkeit des Herrn Proudhon ist, den weltlichen Ursprung und die weltliche Geschichte der Kategorien, die er vergöttlicht, zu begreifen.

Mein Brief ist bereits zu lang, um noch von dem lächerlichen Prozeß zu sprechen, den Herr Proudhon dem Kommunismus macht. Jedenfalls werden Sie mir zugeben, daß ein Mensch, der den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft nicht begriffen hat, noch weniger die Bewegung, die diesen Zustand stürzen will, und die literarischen Äußerungen dieser revolutionären Bewegung verstehen kann.

Der einzige Punkt, in dem ich vollständig mit Herrn Proudhon einverstanden bin, ist sein Widerwille gegen die sozialistische Gefühlsduselei. Bereits vor ihm habe ich durch die Persiflagen des schafsköpfigen, sentimentalen, utopistischen Sozialismus viel Feindseligkeit hervorgerufen. Doch gibt sich Herr Proudhon nicht sonderbaren Illusionen hin, wenn er seine Sentimentalität eines Kleinbürgers, ich meine seine Deklamationen über den Haushalt, die eheliche Liebe und alle diese Banalitäten, der sozialistischen Sentimentalität gegenüberstellt, die z. B. bei Fourier viel tiefer ist als die anmaßenden Plattheiten unseres guten Proudhon? Er selbst fühlt so gut die Nichtigkeit seiner Beweisgründe, seine völlige Unfähigkeit, von diesen Dingen zu sprechen, daß er sich kopfüber in Wut, Ausrufe, in den Zorn des rechtschaffenen Mannes stürzt, daß er schäumt, daß er flucht, daß er anklagt, daß er über Infamie schreit, daß er schimpft, daß er sich in die Brust wirft und sich vor Gott und den Menschen rühmt, von den sozialistischen Infamien rein zu sein! Er kritisiert nicht ernsthaft die sozialistischen Sentimentalitäten oder das, was er für Sentimentalitäten hält. Er exkommuniziert als Heiliger, als Papst die armen Sünder und singt den Ruhm der Kleinbourgeoisie und der elenden Liebesund patriarchalischen Illusionen des häuslichen Herds. Und das ist keineswegs ein Zufall. Herr Proudhon ist vom Scheitel bis zur Sohle Philosoph, Ökonom der Kleinbourgeoisie. Der Kleinbürger wird in einer fortgeschrittenen Gesellschaft, und notwendig durch seine Lage, einerseits Sozialist, andererseits Ökonom, d. h. er ist geblendet durch die Großartigkeit der großen Bourgeoisie und durch das Mitgefühl für die Leiden des Volkes. Im Innern seines Bewußtseins ist er stolz darauf, unparteiisch zu sein, das richtige Gleichgewicht gefunden zu haben, das Anspruch darauf erhebt, sich vom juste milieu[Anmerkung 9] zu unterscheiden. Ein solcher Kleinbürger vergöttlicht den Widerspruch, denn der Widerspruch ist die Grundlage seines Seins. Er ist bloß der in Aktion gesetzte soziale Widerspruch. Er muß das, was er in der Praxis ist, durch die Theorie rechtfertigen, und Herr Proudhon hat das Verdienst, das wissenschaftliche Sprachrohr der französischen Kleinbourgeoisie zu sein, was ein wirkliches Verdienst ist, da die Kleinbourgeoisie ein integrierender Bestandteil aller sich vorbereitenden sozialen Revolutionen sein wird.

Ich hätte Ihnen gerne zusammen mit diesem Brief mein Buch über die politische Ökonomie geschickt, doch war es mir bisher unmöglich, dieses Werk und die Kritik an den deutschen Philosophen und Sozialisten, von der ich Ihnen in Brüssel gesprochen habe, drucken zu lassen. Sie würden niemals glauben, auf welche Schwierigkeiten eine solche Veröffentlichung in Deutschland stößt, einesteils von Seiten der Polizei, andernteils von seiten der Buchhändler, die die interessierten Vertreter aller Richtungen sind, die ich angreife. Und was unsere eigene Partei anbelangt, so ist sie nicht nur arm, sondern ein großer Teil der deutschen kommunistischen Partei ist auch böse auf mich, weil ich mich ihren Utopien und ihren Deklamationen widersetze.

Karl Marx über Proudhon

London, 24. Januar 1865

Sehr geehrter Herr!

Ich erhielt gestern einen Brief, worin Sie von mir ausführliche Beurteilung Proudhons verlangen. Zeitmangel erlaubt mir nicht, Ihren Wunsch zu befriedigen. Zudem habe ich keine seiner Schriften bei der Hand. Um Ihnen jedoch meinen guten Willen zu zeigen, werfe ich rasch eine kurze Skizze hin. Sie können dann nachholen, zusetzen, auslassen, kurz und gut damit machen, was Ihnen gutdünkt. (»Wir hielten es für das beste«, setzte die Redaktion in einer Note hinzu, »das Schreiben unverändert zu geben.«)

Proudhons erster Versuche erinnere ich mich nicht mehr. Seine Schularbeit über die »Langue universelle«[Anmerkung 10] zeigt, wie ungeniert er sich an Probleme wagte, zu deren Lösung ihm noch die ersten Vorkenntnisse fehlten.

Sein erstes Werk: »Qu'est ce que la Propriété?«[Anmerkung 11] ist unbedingt sein bestes Werk. Es ist epochemachend, wenn nicht durch neuen Inhalt, so doch durch die neue und kecke Art, alles zu sagen. In den Werken der ihm bekannten französischen Sozialisten und Kommunisten war natürlich die »propriété«[Anmerkung 12] nicht nur mannigfach kritisiert, sondern auch utopistisch » aufgehoben« worden. Proudhon verhält sich in jener Schrift zu St. Simon und Fourier ungefähr wie sich Feuerbach zu Hegel verhält. Verglichen mit Hegel ist Feuerbach durchaus arm. Dennoch war er epochemachend nach Hegel, weil er den Ton legte auf gewisse, dem christlichen Bewußtsein unangenehme und für den Fortschritt der Kritik wichtige Punkte, die Hegel in einem mystischen clair-obscur[Anmerkung 13] gelassen hatte.

Wenn ich mich so ausdrücken darf, herrscht in jener Schrift Proudhons noch starke Muskulatur des Stils. Und ich halte den Stil derselben für ihr Hauptverdienst. Man sieht, daß selbst da, wo nur Altes reproduziert wird, Proudhon selbständig findet; daß das, was er sagt, ihm selbst neu war und als neu gilt. Herausfordernder Trotz, der das ökonomische »Allerheiligste« antastet, geistreiche Paradoxie, womit der gemeine Bürgerverstand gefoppt wird, zerreißendes Urteil, bittere Ironie, dann und wann durchschauend ein tiefes und wahres Gefühl der Empörung über die Infamie des Bestehenden, revolutionärer Ernst – durch alles das elektrisierte » Qu'est ce que la Propriété?« und gab einen großen Anstoß bei seinem ersten Erscheinen. In einer streng wissenschaftlichen Geschichte der politischen Ökonomie wäre die Schrift kaum erwähnenswert. Aber solche Sensationalschriften spielen in den Wissenschaften ebenso ihre Rolle wie in der Romanliteratur. Man nehme z. B. Malthus' Schriftüber » Population«.[Anmerkung 14] In ihrer ersten Ausgabe ist sie nichts als ein »sensational pamphlet«,[Anmerkung 15] dazu Plagiat von Anfang zu Ende. Und doch, wieviel Anstoß gab dies Pasquill auf das Menschengeschlecht!

Läge Proudhons Schrift vor mir, so wäre an einigen Beispielen seine erste Manier leicht nachzuweisen. In den Paragraphen, die er selbst für die wichtigsten hielt, ahmt er Kants Behandlung der Antinomien nach – es war dies der einzige deutsche Philosoph, den er damals aus Übersetzungen kannte – und läßt den starken Eindruck zurück, daß ihm, wie Kant, die Lösung der Antinomien für etwas gilt, das » jenseits« des menschlichen Verstandes fällt, d. h. worüber sein eigner Verstand im unklaren bleibt.

Trotz aller scheinbaren Himmelsstürmerei findet man aber schon in »Qu'est ce que la Propriété?« den Widerspruch, daß Proudhon einerseits die Gesellschaft vom Standpunkt und mit den Augen eines französischen Parzellenbauern (später petit bourgeois[Anmerkung 16] kritisiert, andererseits den von den Sozialisten ihm überlieferten Maßstab anlegt.

Das Ungenügende der Schrift war schon in ihrem Titel angedeutet. Die Frage war so falsch gestellt, daß sie nicht richtig beantwortet werden konnte. Die antiken »Eigentumsverhältnisse« waren untergegangen in den feudalen, die feudalen in den » bürgerlichen«. Die Geschichte selbst hatte so ihre Kritik an den vergangenen Eigentumsverhältnissen ausgeübt. Das, worum es sich für Proudhon eigentlich handelte, war das bestehende modernbürgerliche Eigentum. Auf die Frage, was dies sei, konnte nur geantwortet werden durch eine kritische Analyse der » Politischen Ökonomie«, die das Ganze jener Eigentumsverhältnisse nicht in ihrem juristischen Ausdruck als Willensverhältnisse, sondern in ihrer realen Gestalt, d. h. als Produktionsverhältnisse, umfaßte. Indem Proudhon aber die Gesamtheit dieser ökonomischen Verhältnisse in die allgemeine juristische Vorstellung: » das Eigentum« »la propriété« verflocht, konnte er auch nicht über die Antwort hinauskommen, die Brissot mit denselben Worten in einer ähnlichen Schrift schon vor 1789 gegeben hatte: »La Propriété c'est le vol«.[Anmerkung 17]

Im besten Fall kommt dabei nur heraus, daß die bürgerlich juristischen Vorstellungen vom » Diebstahl« auch auf des Bürgers eigenen » redlichen« Erwerb passen. Andererseits verwickelte sich Proudhon, da der » Diebstahl« als gewaltsame Verletzung des Eigentums das Eigentum voraussetzt, in allerlei ihm selbst unklare Hirngespinste über das wahre bürgerliche Eigentum. Während meines Aufenthaltes in Paris, 1844, trat ich zu Proudhon in persönliche Beziehung. Ich erwähne das hier, weil ich zu einem gewissen Grad mit schuld bin an seiner » Sophistication«, wie die Engländer die Fälschung eines Handelsartikels nennen. Während langer, oft übernächtiger Debatten infizierte ich ihn zu seinem großen Schaden mit Hegelianismus, den er doch bei seiner Unkenntnis der deutschen Sprache nicht ordentlich studieren konnte. Was ich begann, setzte nach meiner Ausweisung aus Paris Herr Karl Grün fort. Der hatte als Lehrer der deutschen Philosophie noch den Vorzug vor mir, daß er selbst nichts davon verstand.

Kurz vor Erscheinen seines zweiten bedeutenden Werkes: » Philosophie de la Misère etc.«[Anmerkung 18] kündigte mir Proudhon dieses selbst in einem sehr ausführlichen Brief an, worin u. a. die Worte unterlaufen: »J'attends votre férule critique«.[Anmerkung 19] Indes fiel diese bald in einer Weise auf ihn (in meiner Schrift: »Misère de la Philosophie etc.« Paris 1847), die unserer Freundschaft für immer ein Ende machte.

Aus dem hier Gesagten ersehen Sie, daß Proudhons: » Philosophie de la Misère ou Système des Contradictions économiques«[Anmerkung 20] eigentlich erst die Antwort enthielt auf die Frage: » Qu'est ce que la Propriété?«[Anmerkung 21] Er hatte in der Tat erst nach dem Erscheinen dieser Schrift seine ökonomischen Studien begonnen; er hatte entdeckt, daß die von ihm aufgeworfene Frage nicht beantwortet werden konnte mit einer Invektive, sondern nur durch Analyse der modernen » Politischen Ökonomie«. Er versuchte zugleich das System der ökonomischen Kategorien dialektisch darzustellen. An die Stelle der unlösbaren »Antinomien« Kants sollte der Hegelsche » Widerspruch« als Entwicklungsmittel treten.

Zur Beurteilung seines zweibändigen, dickleibigen Werkes muß ich Sie auf meine Gegenschrift verweisen. Ich zeigte darin u. a., wie wenig er in das Geheimnis der wissenschaftlichen Dialektik eingedrungen; wie er andererseits die Illusionen der spekulativen Philosophie teilt, indem er die ökonomischen Kategorien statt als theoretische Ausdrücke historischer, einer bestimmten Entwicklungsstufe der materiellen Produktion entsprechender Produktionsverhältnisse zu begreifen, sie in präexistierende, ewige Ideen verfaselt und wie er auf diesem Umwege wieder auf dem Standpunkt der bürgerlichen Ökonomie ankommt.[Anmerkung 22] Ich zeige weiter noch, wie durchaus mangelhaft und teilweise selbst schülerhaft seine Bekanntschaft mit der »Politischen Ökonomie«, deren Kritik er unternahm, und wie er mit den Utopisten auf eine sogenannte » Wissenschaft« Jagd macht, wodurch eine Formel für die »Lösung der sozialen Frage« a priori herausspintisiert werden soll, statt die Wissenschaft aus der kritischen Erkenntnis der geschichtlichen Bewegung zu schöpfen, einer Bewegung, die selbst die materiellen Bedingungen der Emanzipation produziere. Namentlich aber wird gezeigt, wie Proudhon über die Grundlage des Ganzen, den Tauschwert, im Unklaren, Falschen und Halben bleibt, ja die utopistische Auslegung der Ricardoschen Wert-Theorie für die Grundlage einer neuen Wissenschaft versieht. Über seinen allgemeinen Standpunkt urteile ich zusammenfassend wie folgt:

»Jedes ökonomische Verhältnis hat eine gute und eine schlechte Seite, das ist der einzige Punkt, in dem Herr Proudhon sich nicht selbst ins Gesicht schlägt. Die gute Seite sieht er von den Ökonomen hervorgehoben. Die schlechte von den Sozialisten angeklagt. Er entlehnt den Ökonomen die Notwendigkeit der ewigen Verhältnisse; er entlehnt den Sozialisten die Illusion, in dem Elend nur das Elend zu erblicken (statt darin die revolutionäre, zerstörende Seite zu erblicken, welche die alte Gesellschaft umstürzen wird). Er ist mit beiden einverstanden, wobei er sich auf die Autorität der Wissenschaft zu stützen sucht. Die Wissenschaft reduziert sich für ihn auf den zwerghaften Umfang einer wissenschaftlichen Formel; er ist der Mann auf der Jagd nach Formeln. Demgemäß schmeichelt sich Herr Proudhon, die Kritik sowohl der politischen Ökonomie als des Kommunismus gegeben zu haben – er steht tief unter beiden. Unter den Ökonomen, weil er als Philosoph, der eine magische Formel bei der Hand hat, sich erlassen zu können glaubt, in die rein ökonomischen Details einzugehen; unter den Sozialisten, weil er weder genügend Mut noch genügend Einsicht besitzt, sich, und wäre es nur spekulativ, über den Bourgeoishorizont zu erheben.«

»... Er will als Mann der Wissenschaft über Bourgeois und Proletariern schweben, er ist nur der Kleinbürger, der beständig zwischen dem Kapital und der Arbeit, zwischen der politischen Ökonomie und dem Kommunismus hin und her geworfen wird.« (Seite 141,142 der vorliegenden und pag. 119,120 der französischen Ausgabe. Die Übersetzer.)

Hart, wie das vorstehende Urteil klingt, muß ich noch heute jedes Wort desselben unterschreiben. Zugleich aber bedenke man, daß zur Zeit, wo ich Proudhons Buch für den Kodex des Sozialismus des Petit Bourgeois erklärte und dies theoretisch nachwies, Proudhon noch als Ultra-Erzrevolutionär von politischen Ökonomen und von Sozialisten zugleich verketzert war. Deshalb habe ich später auch nie eingestimmt in das Geschrei über seinen » Verrat« an der Revolution. Es war nicht seine Schuld, wenn er, von anderen wie von sich selbst ursprünglich mißverstanden, unberechtigte Hoffnungen nicht erfüllt hat.

In der » Philosophie de la Misère« springen alle Mängel der Proudhonschen Darstellungsweise im Kontrast zu »Qu'est ce que la Propriété?« sehr ungünstig hervor. Der Stil ist oft, was die Franzosen ampoulé[Anmerkung 23] nennen. Hochtrabend spekulatives Kauderwelsch, deutsch-philosophisch sein sollend, tritt regelrecht ein, wo ihm die gallische Verstandesschärfe ausgeht. Ein marktschreierischer, selbstlobhudelnder, ein renommistischer Ton, namentlich das stets so unerquickliche Gesalbader von und falsches Geprunke mit » Wissenschaft«, gellt einem fortwährend ins Ohr. Statt der wirklichen Wärme, welche die erste Schrift durchleuchtet, wird sich hier an gewissen Stellen systematisch in eine fliegende Hitze hineindeklamiert. Dazu das unbeholfenwidrige Gelehrttun des Autodidakten, dessen naturwüchsiger Stolz auf originelles Selbstdenken bereits gebrochen ist, und der nun als Parvenu der Wissenschaft mit dem, was er nicht ist und nicht hat, sich spreizen zu müssen wähnt. Dann die Gesinnung des Kleinbürgers, der etwa einen Mann wie Cabet, respektabel wegen seiner praktischen Stellung zum Proletariat, unanständig brutal – weder scharf noch tief, noch selbst richtig – angreift, dagegen z. B. einem Dunoyer (allerdings »Staatsrat«) gegenüber artig tut, obgleich die ganze Bedeutung jenes Dunoyer in dem komischen Ernst bestand, womit er drei dicke, unerträglich langweilige Bände hindurch den Rigorismus predigte, den Helvetius so charakterisiert: »On veut que les malheureux soient parfaits«.[Anmerkung 24]

Die Februar-Revolution[Anmerkung 25] kam Proudhon in der Tat sehr ungelegen, da er just einige Wochen zuvor unwiderleglich bewiesen hatte, daß » die Ära der Revolutionen« für immer vorüber sei. Sein Auftreten in der Nationalversammlung, so wenig Einsicht in die vorliegenden Verhältnisse es bewies, verdient alles Lob. Nach der Juni-Insurrektion[Anmerkung 26] war es ein Akt großen Mutes. Es hatte außerdem die günstige Folge, daß Herr Thiers in seiner Gegenrede gegen Proudhons Vorschläge, die dann als besondere Schrift veröffentlicht ward, ganz Europa bewies, auf welchem Kleinkinderkatechismus-Piedestal dieser geistige Pfeiler der französischen Bourgeoisie stand. Herrn Thiers gegenüber schwoll Proudhon in der Tat zu einem vorsintflutlichen Kolosse auf.

Proudhons Entdeckung des »Crédit gratuit«[Anmerkung 27] und die auf ihn basierte » Volksbank« (banque du peuple) waren seine letzten ökonomischen »Taten«. In meiner Schrift »Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Heft 1. Berlin 1859« (p. 59-64) findet man den Beweis, daß die theoretische Grundlage seiner Ansicht aus einer Verkennung der ersten Elemente der bürgerlichen »Politischen Ökonomie«, nämlich des Verhältnisses der Waren zum Geld, entspringt, während der praktische Überbau bloße Reproduktion viel älterer und weit besser ausgearbeiteter Pläne war. Daß das Kreditwesen, ganz wie es z. B. im Anfang des achtzehnten und später wieder des neunzehnten Jahrhunderts in England dazu diente, das Vermögen von einer Klasse auf die andere zu übertragen, unter bestimmten ökonomischen und politischen Umständen zur Beschleunigung der Emanzipation der arbeitenden Klasse dienen kann, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, ist selbstverständlich. Aber das zinstragende Kapital als die Hauptform des Kapitals betrachten, aber eine besondere Anwendung des Kreditwesens, angebliche Abschaffung des Zinses, zur Basis der Gesellschaftsumgestaltung machen wollen, ist eine durchaus spießbürgerliche Phantasie. Man findet diese Phantasie daher in der Tat auch des weiteren ausgepatscht bereits bei den ökonomischen Wortführern der englischen Kleinbürgerschaft des siebzehnten Jahrhunderts. Proudhons Polemik mit Bastiat (1850) bezüglich des zinstragenden Kapitals steht tief unter der » Philosophie de la Misère«. Er bringt es fertig, selbst von Bastiat geschlagen zu werden, und bricht in burleskes Gepolter aus, wo sein Gegner ihm Gewalt antut.

Vor wenigen Jahren schrieb Proudhon eine Preisschrift – ich glaube von der Lausanner Regierung veranlaßt – über die » Steuern«. Hier erlischt auch die letzte Spur von Genialität. Es bleibt nichts als der petit bourgeois tout pur.[Anmerkung 28]

Was Proudhons politische und philosophische Schriften angeht, so zeigt sich in allen derselbe widerspruchsvolle, zwieschlächtige Charakter wie in den ökonomischen Arbeiten. Dabei haben sie nur lokal-französischen Wert. Seine Angriffe gegen Religion, Kirche usw. besitzen jedoch ein großes lokales Verdienst zu einer Zeit, wo die französischen Sozialisten es passend hielten, dem bürgerlichen Voltairianismus des achtzehnten und der deutschen Gottlosigkeit des neunzehnten Jahrhunderts durch Religiosität überlegen zu sein. Wenn Peter der Große die russische Barbarei durch Barbarei niederschlug, so tat Proudhon sein Bestes, das französische Phrasenwesen durch die Phrase niederzuwerfen.

Als nicht nur schlechte Schriften, sondern als Gemeinheiten, jedoch dem kleinbürgerlichen Standpunkt entsprechende Gemeinheiten, sind zu bezeichnen seine Schrift über den »Coup d'etat«,[Anmerkung 29] worin er mit L. Bonaparte kokettiert, ihn in der Tat den französischen Arbeitern mundgerecht zu machen strebt, und seine letzte Schrift gegen Polen, worin er dem Zaren zur Ehre kretinartigen Zynismus treibt.

Man hat Proudhon oft mit Rousseau verglichen. Nichts kann falscher sein. Eher hat er Ähnlichkeit mit Nic. Linguet, dessen » Théorie des Lois Civiles«[Anmerkung 30] übrigens ein sehr geniales Buch ist. Proudhon neigte von Natur zur Dialektik. Da er aber nie die wirklich wissenschaftliche Dialektik begriff, brachte er es nur zur Sophistik. In der Tat hing das mit seinem kleinbürgerlichen Standpunkt zusammen. Der Kleinbürger ist wie der Geschichtschreiber Raumer zusammengesetzt aus einerseits und andererseits. So in seinen ökonomischen Interessen, und daher in seiner Politik, seinen religiösen, wirtschaftlichen und künstlerischen Anschauungen, So in seiner Moral, so in everything.[Anmerkung 31] Er ist der lebendige Widerspruch. Ist er dabei, wie Proudhon, ein geistreicher Mann, so wird er bald mit seinen eigenen Widersprüchen spielen lernen und sie je nach Umständen zu auffallenden, geräuschvollen, manchmal skandalösen, manchmal brillanten Paradoxen ausarbeiten. Wissenschaftlicher Charlatanismus und politische Akkommodation sind von solchem Standpunkt unzertrennlich. Es bleibt nur noch ein treibendes Motiv, die Eitelkeit des Subjekts, und es fragt sich, wie bei allen Eiteln, nur noch um den Erfolg des Augenblicks, um das Aufsehen des Tages. So erlischt notwendig der einfache sittliche Takt, der einen Rousseau z. B. selbst jedem Scheinkompromiß mit den bestehenden Gewalten stets fern hielt.

Vielleicht wird die Nachwelt die jüngste Phase des Franzosentums dadurch charakterisieren, daß Louis Bonaparte sein Napoleon war und Proudhon sein Rousseau-Voltaire.

Sie müssen nun selbst die Verantwortlichkeit dafür übernehmen, daß Sie, sobald nach dem Tode des Mannes, die Rolle des Totenrichters mir aufgebürdet.

Ihr ganz ergebener Karl Marx

Vorrede

Herr Proudhon genießt das Unglück, auf eigentümliche Art verkannt zu werden. In Frankreich hat er das Recht, ein schlechter Ökonom zu sein, weil man ihn für einen tüchtigen deutschen Philosophen hält; in Deutschland dagegen darf er ein schlechter Philosoph sein, weil er für einen der stärksten französischen Ökonomen gilt. In unserer Doppeleigenschaft als Deutscher und Ökonom sehen wir uns veranlaßt, gegen diesen doppelten Irrtum Protest einzulegen.

Der Leser wird begreifen, daß wir bei dieser undankbaren Arbeit mehrfach die Kritik des Herrn Proudhon über die der deutschen Philosophie in den Hintergrund treten lassen und nebenbei uns einige Bemerkungen über die politische Ökonomie überhaupt gestatten mußten.

Brüssel, den 15. Juni 1847

Karl Marx

Das Werk des Herrn Proudhon ist nicht ganz einfach eine Abhandlung über politische Ökonomie, ein gewöhnliches Buch, es ist eine Bibel: »Mysterien«, »Geheimnisse, dem Busen Gottes entrissen«, »Offenbarungen«, nichts davon fehlt. Aber da heutzutage die Propheten gewissenhafter geprüft werden als die profanen Autoren, muß sich der Leser schon darein ergeben, mit uns die trockene und dunkle Gelehrsamkeit der »Genesis« zu durchwandern, um sich dann mit Herrn Proudhon in die ätherischen und fruchtbaren Gefilde des »Übersozialismus« zu erheben (vgl. Proudhon, Philosophie de la misère, Prolog S. III, Zeile 20).

Erstes Kapitel: Eine wissenschaftliche Entdeckung

§1 Gegensatz von Gebrauchswert und Tauschwert

»Die Eigenschaft aller Produkte, seien sie industrielle oder Naturprodukte: dem Unterhalt des Menschen zu dienen, wird im besonderen Gebrauchswert genannt, ihre Eigenschaft, sich gegeneinander auszutauschen, Tauschwert ... Wie wird der Gebrauchswert Tauschwert? ... Die Erzeugung der Idee des (Tausch-) Wertes ist von den Ökonomen nicht mit hinreichender Sorgfalt gekennzeichnet worden, wir haben daher hier haltzumachen. Da nämlich unter den Dingen, deren ich bedarf, eine große Zahl nur in mäßiger Menge oder selbst gar nicht in der Natur sich vorfindet, so bin ich gezwungen, der Produktion dessen, was mir fehlt, nachzuhelfen, und da ich nicht an so viele Dinge selbst Hand anlegen kann, so werde ich anderen Menschen, meinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, den Vorschlag machen, mir einen Teil ihrer Produkte im Austausch gegen meines abzutreten.« (Proudhon, Bd. 1, Kap. 2.)

Herr Proudhon nimmt sich vor, uns vor allen Dingen die doppelte Natur des Wertes, » die Unterscheidung des Wertes in sich«, das Hervorgehen des Tauschwertes aus dem Gebrauchswerte, auseinanderzusetzen. Mit Herrn Proudhon müssen auch wir bei diesem Transsubstantiationsakt haltmachen. Sehen wir, wie sich dieser Akt nach unserem Verfasser vollzieht.

Eine sehr große Zahl von Produkten findet sich nicht in der Natur, sondern ist nur herzustellen durch die Industrie. Sobald die Bedürfnisse die freiwillige Produktion der Natur überschreiten, ist der Mensch gezwungen, zur industriellen Produktion seine Zuflucht zu nehmen. Was ist diese Industrie in der Vorstellung des Herrn Proudhon? Welches ist ihr Ursprung? Ein einzelner Mensch, der das Bedürfnis nach einer großen Anzahl von Dingen empfindet, »kann nicht an soviel Dinge selbst Hand anlegen«. Soviel zu befriedigende Bedürfnisse setzen voraus soviel zu produzierende Dinge. Kein Produkt ohne Produktion. Soviel zu produzierende Dinge setzen aber schon mehr voraus als die aushelfende Hand eines einzelnen Menschen. Von dem Augenblick jedoch, wo mehr als eine zur Produktion beitragende Hand vorausgesetzt wird, wird bereits eine ganze, auf Teilung der Arbeit begründete Produktion unterstellt. So unterstellt das Bedürfnis, wie Herr Proudhon es annimmt, die Arbeitsteilung vollständig. Die Arbeitsteilung vorausgesetzt, haben wir den Austausch und folglich auch den Tauschwert. Ebensogut konnten wir den Tauschwert von vornherein als gegeben voraussetzen.

Aber Herr Proudhon hat es vorgezogen, im Kreise zu laufen; folgen wir ihm also auf seinen Umwegen, die uns stets wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückführen werden.

Um aus dem Zustand, wo jeder als Einsiedler für sich produziert, heraus und zum Austausch zu gelangen, »wende ich mich«, sagt Herr Proudhon, »an meine Mitarbeiter in verschiedenen Tätigkeitszweigen«. Ich habe also Mitarbeiter, die alle verschiedenen Beschäftigungen obliegen, ohne daß wir darum, ich und alle anderen – immer nach der Voraussetzung des Herrn Proudhon –, aus der vereinsamten und wenig sozialen Stellung der Robinsons herausgetreten wären. Die Mitarbeiter und die verschiedenen Tätigkeitszweige, Arbeitsteilung und Austausch, den letztere in sich begreift, sind da, vom Himmel gefallen.

Fassen wir zusammen: Ich habe Bedürfnisse, die sich auf Arbeitsteilung nach Austausch gründen. Indem Herr Proudhon diese Bedürfnisse voraussetzt, hat er auch bereits den Austausch und den Tauschwert vorausgesetzt, »dessen Entstehung er gerade mit größerer Sorgfalt als die übrigen Ökonomen zu kennzeichnen« sich vornimmt.

Herr Proudhon hätte ebensogut die Reihenfolge der Vorgänge umkehren können, ohne die Richtigkeit seiner Schlüsse zu beeinträchtigen. Um den Tauschwert zu erklären, bedarf es des Austausches. Um den Austausch zu erklären, bedarf es der Arbeitsteilung. Um die Arbeitsteilung zu erklären, bedarf es der Bedürfnisse, welche die Arbeitsteilung nötig machen. Um diese Bedürfnisse zu erklären, muß man sie einfach » voraussetzen«, was keineswegs heißt sie leugnen, entgegen dem ersten Axiom im Prolog des Herrn Proudhon: »Gott voraussetzen, heißt ihn leugnen« (Prolog, S. 1).

Wie verfährt nun Herr Proudhon mit der Teilung der Arbeit, die er als bekannt voraussetzt, um den Tauschwert zu erklären, der für ihn stets das Unbekannte bleibt?

»Ein Mensch« macht sich auf, »anderen Menschen, ›seinen Mitarbeitern‹ in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorzuschlagen«, den Austausch herzustellen und einen Unterschied zwischen Gebrauchswert und Tauschwert zu machen. Mit der Annahme dieser vorgeschlagenen Unterscheidung haben die Mitarbeiter Herrn Proudhon keine weitere »Sorgfalt« überlassen, als die, von dieser Tatsache Akt zu nehmen, die »Entstehung der Idee des Wertes« in seiner Abhandlung über politische Ökonomie zu vermerken, sie zu »kennzeichnen«. Aber er soll uns noch immer die »Entstehung« dieses Vorschlages erklären, uns endlich einmal sagen, wie dieser einzelne Mensch, dieser Robinson, plötzlich auf den Einfall gekommen ist, »seinen Mitarbeitern« einen Vorschlag der bekannten Art zu machen, und wie diese Mitarbeiter ihn ohne irgendwelchen Einwand angenommen haben.

Herr Proudhon geht auf diese genealogischen Einzelheiten nicht ein, er gibt einfach der Tatsache des Austausches eine Art historischen Gepräges, indem er sie vorführt unter der Form eines Antrages, welchen ein Dritter gestellt, dahingehend, den Austausch einzuführen.

Hier haben wir eine kleine Probe von der » historischen und beschreibenden Methode« des Herrn Proudhon, der eine so souveräne Verachtung für die »historische und beschreibende Methode« von Adam Smith und Ricardo an den Tag legt.

Der Austausch hat seine eigene Geschichte. Er macht verschiedene Phasen durch.

Es gab eine Zeit, wo man, wie im Mittelalter, nur den Überfluß austauschte, den Überschuß der Produktion über den Verbrauch. Es gab ferner eine Zeit, wo nicht nur der Überfluß, sondern alle Produkte, das ganze industrielle Dasein, in den Handel übergegangen waren, wo die ganze Produktion vom Austausch abhing. Wie diese zweite Phase des Austausches, den Tauschwert auf seiner zweiten Potenz, erklären?

Herrn Proudhons Antwort ist sofort fertig: Man nehme an, daß ein Mensch »anderen Menschen, seinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorgeschlagen« habe, den Tauschwert auf seine zweite Potenz zu erheben.

Kam endlich eine Zeit, wo alles, was die Menschen bisher als unveräußerlich betrachtet hatten, Gegenstand des Austausches, des Schachers, veräußert wurde.

Es ist dies die Zeit, wo selbst Dinge, die bis dahin mitgeteilt wurden, aber nie ausgetauscht, gegeben, aber nie verkauft, erworben, aber nie gekauft: Tugend, Liebe, Überzeugung, Wissen, Gewissen usw., wo mit einem Wort alles Sache des Handels wurde. Es ist die Zeit der allgemeinen Korruption, der universellen Käuflichkeit oder, um die ökonomische Ausdrucksweise zu gebrauchen, die Zeit, in der jeder Gegenstand, ob physisch oder moralisch, als Handelswert auf den Markt gebracht wird, um auf seinen richtigsten Wert abgeschätzt zu werden.

Wie nun diese neue und letzte Phase des Austausches – den Tauschwert auf seiner dritten Potenz – erklären?

Herrn Proudhons Antwort wäre sofort fertig: Nehmt an, eine Person habe »anderen Personen, ihren Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorgeschlagen«, aus der Tugend, der Liebe usw. einen Handelswert zu machen, den Tauschwert auf seine dritte und letzte Potenz zu erheben.

Man sieht, »die historische und beschreibende Methode« des Herrn Proudhon ist zu allem gut, beantwortet alles, erklärt alles. Handelt es sich darum, »die Erzeugung einer ökonomischen Idee« historisch zu erklären, so setzt er einen Menschen voraus, der anderen Menschen, »seinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen«, vorschlägt, diesen Akt der Erzeugung zu vollziehen, und alles ist fertig.

Von nun an akzeptieren wir »die Erzeugung« des Tauschwertes als einen vollzogenen Akt; es bleibt jetzt nur noch die Beziehung des Tauschwertes zum Gebrauchswert auseinanderzusetzen. Hören wir Herrn Proudhon:

»Die Ökonomen haben den doppelten Charakter des Wertes sehr gut hervorgehoben, was sie aber nicht mit derselben Deutlichkeit ausgedrückt haben, ist seine sich selbst widersprechende Natur – hier beginnt unsere Kritik ... Es bedeutet wenig, beim Gebrauchswert und Tauschwert auf jenen überraschenden Kontrast hinzuweisen, bei dem die Ökonomen nur etwas sehr Einfaches zu sehen gewohnt sind, es gilt zu zeigen, daß diese vorgebliche Einfachheit ein tiefes Mysterium verbirgt, welches zu durchdringen unsere Pflicht ist; ... Um uns technisch auszudrücken, stehen Gebrauchswert und Tauschwert im umgekehrten Verhältnis zueinander.«

Wenn wir den Gedanken des Herrn Proudhon richtig erfaßt haben, so will er folgende vier Punkte feststellen:

1. Gebrauchswert und Tauschwert bilden »einen überraschenden Kontrast«, stehen im Gegensatz zueinander.

2. Gebrauchswert und Tauschwert stehen im umgekehrten Verhältnis zueinander, widersprechen sich.

3. Die Ökonomen haben weder den Gegensatz noch den Widerspruch gesehen oder erkannt.

4. Die Kritik des Herrn Proudhon fängt an mit dem Ende.

Auch wir fangen an mit dem Ende, und um die Ökonomen von den Anklagen des Herrn Proudhon zu entlasten, wollen wir zwei ziemlich bedeutende Ökonomen sprechen lassen.

Sismondi: »Der Handel hat alle Dinge auf den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert zurückgeführt etc.« (Études,[Anmerkung 32] Band 2, S. 162, Brüsseler Ausgabe.)

Lauderdale: »Im allgemeinen nimmt der Nationalreichtum (Gebrauchswert) in dem Verhältnis ab, wie die Einzelvermögen durch das Steigen des Tauschwertes anwachsen; und in dem Maße, wie dieselben durch das Fallen dieses Wertes abnehmen, steigt in der Regel der erstere.« ( Recherches sur la nature et l'origine de la richesse publique; traduit par Lagentie de Lavaisse.[Anmerkung 33])

Sismondi hat auf den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tausehwert seine Haupttheorie begründet, nach welcher das Einkommen abnimmt im Verhältnis wie die Produktion gesteigert wird.

Lauderdale hat sein System auf das umgekehrte Verhältnis beider Wertarten begründet, und seine Theorie war zur Zeit Ricardos so populär, daß dieser von ihr wie von einer bekannten Sache sprechen durfte. »Durch Verwirrung der Begriffe von Tauschwert und Reichtum (Gebrauchswert) kam man zur Behauptung, man könne den Reichtum vermehren durch Verminderung der Menge der zum Leben notwendigen, nützlichen oder angenehmen Dinge.« (Ricardo, Principes d'économie politique, traduit par Constancio, annotés par J.-B. Say,[Anmerkung 34] Paris 1835, Band 2, Kapitel Über Wert und Reichtum.) Wir sehen, daß die Ökonomen vor Herrn Proudhon auf das tiefe Mysterium vom Gegensatz und Widerspruch »hingewiesen« haben. Sehen wir jetzt, wie Herr Proudhon nach den Ökonomen seinerseits dieses Mysterium erklärt. Der Tauschwert eines Produktes fällt in dem Maße, wie das Angebot zunimmt, wenn die Nachfrage dieselbe bleibt; mit anderen Worten: je mehr ein Produkt im Verhältnis zur Nachfrage überreichlich vorhanden ist, um so niedriger ist sein Tauschwert oder Preis. Umgekehrt: je schwächer das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage ist, um so höher steigt der Tauschwert oder Preis des Produktes; mit anderen Worten: je größer die Seltenheit der angebotenen Produkte im Verhältnis zur Nachfrage, um so größer die Preiserhöhung. Der Tauschwert eines Produktes hängt von seinem Überfluß oder seiner Seltenheit ab, aber stets im Verhältnis zur Nachfrage. Man nehme ein mehr als seltenes, meinetwegen in seiner Art einziges Produkt – es wird mehr als überreichlich vorhanden, es wird überflüssig sein, wenn keine Nachfrage dafür da ist. Umgekehrt, man nehme ein ins Millionenfache vervielfältigtes Produkt, es wird stets selten sein, wenn es nicht die Nachfrage deckt, d. h. wenn zuviel Nachfrage nach ihm ist.

Das sind, möchten wir sagen, fast gemeinplätzliche Wahrheiten, und doch mußten wir sie hier wieder vorführen, um die Mysterien des Herrn Proudhon verständlich zu machen.

»So daß, wenn man das Prinzip bis zu seinen letzten Konsequenzen verfolgen wollte, man zu diesem logischsten aller Schlüsse gelangen müßte, daß die Dinge, deren Gebrauch notwendig und deren Menge unbegrenzt ist, umsonst zu haben sein, und diejenigen, deren Nutzwert Null und deren Seltenheit außerordentlich ist, unendlich hoch im Preise stehen müßten.

Was die Verwirrung auf den Gipfel steigert, ist, daß in der Praxis diese beiden Extreme nicht vorkommen: Einerseits kann kein menschliches Produkt je zu unendlicher Menge anwachsen; andererseits müssen die seltensten Dinge bis zu einem gewissen Grade nützlich sein, sonst würden sie gar keinen Wert haben können. Gebrauchwert und Tauschwert sind also notwendigerweise miteinander verbunden, obwohl sie ihrer Natur nach sich beständig auszuschließen streben.« (Band 1, S. 39.)

Was steigert die Verwirrung des Herrn Proudhon auf den höchsten Gipfel? Ganz einfach, daß er die Nachfrage vergessen hat, und daß ein Ding nur überreichlich oder selten vorhanden ist, je nachdem es verlangt wird. Einmal die Nachfrage beiseite gelassen, setzt er den Tauschwert der Seltenheit und den Gebrauchswert dem Überfluß gleich. In der Tat, wenn er sagt, daß die Dinge, »deren Unterwert Null und deren Seltenheit außerordentlich ist, unendlich hoch im Preise stehen«, sagt er ganz einfach, daß Tauschwert lediglich Seltenheit ist. »Äußerste Seltenheit und Nützlichkeit gleich Null«, das ist Seltenheit schlechtweg. »Unendlich hoher Preis« ist das Maximum des Tauschwertes, ist der reine Tauschwert. Diese beiden Ausdrücke stellt er in Gleichung. Tauschwert und Seltenheit sind somit gleichbedeutende Bezeichnungen. Indem er zu diesen angeblich »äußersten Konsequenzen« gelangt, hat Herr Proudhon allerdings die Worte aufs äußerste getrieben, aber nicht den Inhalt, den sie ausdrücken, und er treibt damit mehr Rhetorik als Logik. Da, wo er neue Konsequenzen gefunden zu haben glaubt, findet er nur seine ursprünglichen Voraussetzungen in ihrer ganzen Nacktheit wieder. Dank demselben Verfahren bringt er es fertig, Gebrauchswert und reinen Überfluß als gleichbedeutend hinzustellen.

Nachdem er Tauschwert und Seltenheit, Gebrauchswert und Überfluß gleichgesetzt hat, ist Herr Proudhon ganz verwundert, daß er weder den Gebrauchswert in Seltenheit und Tauschwert noch den Tauschwert in Überfluß und Gebrauchswert findet; und da er ferner einsieht, daß in der Praxis diese Extreme nicht vorkommen, bleibt ihm nichts übrig, als an ein Mysterium zu glauben. Er kennt einen Preis, der unendlich hoch ist, eben weil es keine Käufer für ihn gibt, und Käufer wird er nie finden, solange er von der Nachfrage absieht.

Andererseits scheint der Überfluß des Herrn Proudhon von selbst zu entstehen. Er vergißt ganz, daß es Leute gibt, die ihn produzieren, und daß es in ihrem Interesse liegt, die Nachfrage nie aus dem Auge zu verlieren. Wenn nicht, wie käme Herr Proudhon sonst dazu, zu behaupten, daß die Dinge, die einen sehr großen Nutzwert haben, sehr billig sein oder sogar nichts kosten müßten? Er hätte im Gegenteil zu dem Schluß kommen müssen, daß man den Überfluß, die Produktion der sehr nützlichen Dinge, einschränken müsse, wenn man ihren Preis, ihren Tauschwert erhöhen will.

Wenn früher die französischen Weinbauern ein Gesetz verlangten, welches die Anlage neuer Weinberge untersagte, wenn die Holländer die Gewürze Asiens verbrannten, die Nelkenbäume auf den Molukken ausrotteten, so wollten sie einfach den Überfluß vermindern, um den Tauschwert zu erhöhen. Das ganze Mittelalter verfuhr nach demselben Prinzip, als es durch Gesetze die Anzahl der Gesellen einschränkte, die jeder einzelne Meister beschäftigen, die Zahl der Werkzeuge, die er in Anwendung bringen durfte. (Vgl. Anderson, Geschichte des Handels.)

Nachdem er nun Überfluß als Gebrauchswert und Seltenheit als Tauschwert hingestellt – nichts leichter als der Nachweis, daß Überfluß und Seltenheit sich umgekehrt zueinander verhalten –, identifiziert Herr Proudhon den Gebrauchswert mit dem Angebot und den Tauschwert mit der Nachfrage. Um die Antithese noch krasser erscheinen zu lassen, schiebt er einen anderen Ausdruck unter und setzt » Meinungswert« statt Tauschwert. So ist der Streit auf ein anderes Gebiet verlegt, und wir haben auf der einen Seite die Nützlichkeit (Gebrauchswert, Angebot), auf der anderen die Meinung (Tauschwert, Nachfrage). Wie diese einander widersprechenden Faktoren aussöhnen? Was tun, um sie in Einklang zu setzen? Läßt sich zum mindesten ein Punkt finden, der ihnen gemeinsam ist?

»Sicher«, ruft Herr Proudhon aus, »es gibt einen: der freie Wille. Der Preis, der aus diesem Kampf zwischen Angebot und Nachfrage, zwischen Nutzen und Meinung, sich ergibt, kann nicht der Ausdruck der ewigen Gerechtigkeit sein.«

Herr Proudhon entwickelt diese Antithese weiter:

»In meiner Eigenschaft als freier Käufer bin ich Richter über mein Bedürfnis, Richter über die Zweckmäßigkeit des Gegenstandes, Richter über den Preis, den ich dafür anlegen will. Andererseits bist du als freier Produzent Herr über die Herstellungsmittel und folglich imstande, deine Kosten zu verringern.« (Band 1, S. 41.)

Und da Nachfrage oder Tauschwert identisch ist mit Meinung, so sieht sich Herr Proudhon veranlaßt, zu sagen:

»Es ist erwiesen, daß es der freie Wille ist, der den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert herbeiführt. Wie diesen Gegensatz auflösen, solange der freie Wille besteht? Und wie den freien Willen opfern, ohne den Menschen preiszugeben?« (Band 1, S. 41.)

Hier ist es also nicht möglich, zu einem Resultat zu gelangen. Wir haben einen Kampf zwischen zwei sozusagen inkommensurablen Mächten, zwischen Nutzen und Meinung, zwischen freiem Käufer und freiem Produzenten.

Sehen wir die Dinge etwas näher an.

Das Angebot stellt nicht ausschließlich den Nutzen, die Nachfrage nicht lediglich die Meinung dar. Bietet derjenige, der nachfragt, nicht ebenfalls selbst irgendein Produkt oder das Vertretungszeichen aller Produkte: Geld, an und vertritt er nicht als Anbietender nach Herrn Proudhon den Nutzen oder Gebrauchswert?

Der Anbietende, andererseits, hält er nicht gleichzeitig Nachfrage nach irgendeinem Produkt oder dem Vertretungszeichen aller Produkte: Geld? Und wird er damit nicht Vertreter der Meinung, des Meinungs- oder Tauschwertes?

Die Nachfrage ist gleichzeitig ein Angebot, das Angebot gleichzeitig eine Nachfrage. Somit beruht die Antithese des Herrn Proudhon, die einfach Angebot und Nachfrage mit Nutzen und Meinung identifiziert, lediglich auf einer hohlen Abstraktion. Was Herr Proudhon Gebrauchswert nennt, nennen andere Ökonomen mit ebensoviel Recht Meinungswert. Wir wollen nur Storch anführen. ( Cours d'économie politique,[Anmerkung 35] Paris 1823, S. 88 und 99.)

Nach ihm heißen die Dinge, für die wir Bedürfnis empfinden, Bedürfnisse; Werte diejenigen, denen wir einen Wert beilegen. Die meisten Dinge haben nur Wert, weil sie die durch die Meinung geschaffenen Bedürfnisse befriedigen. Die Meinung über unsere Bedürfnisse kann wechseln, und so auch die Nützlichkeit der Dinge, die nur die Beziehung dieser Dinge zu unseren Bedürfnissen ausdrückt. Selbst die natürlichen Bedürfnisse wechseln beständig. In der Tat, welche Verschiedenheit besteht nicht z. B. zwischen den Gegenständen, die bei den verschiedenen Völkern als Hauptnahrung dienen!

Der Kampf findet nicht zwischen Nutzen und Meinung statt: er geht vor zwischen dem Handelswert, den der Anbietende fordert, und dem Handelswert, den der Nachfragende anbietet. Der Tauschwert des Produktes ist stets die Resultante dieser einander widersprechenden Abschätzungen.

In letzter Instanz stellen Angebot und Nachfrage die Produktion und die Konsumtion einander gegenüber, aber Produktion und Konsumtion begründet auf den Austausch zwischen einzelnen.

Das Produkt, welches man anbietet, ist nicht das Nützliche an und für sich. Der Konsument erst bestimmt seine Nützlichkeit. Und selbst wenn man ihm die Eigenschaft der Nützlichkeit zuerkennt, so stellt es nicht die Nützlichkeit als solche dar. Im Verlauf der Produktion ward es gegen alle Produktionskosten ausgetauscht, gegen Rohstoffe, Arbeitslöhne usw., alles Dinge, die einen Handelswert haben. Somit vertritt das Produkt in den Augen des Produzenten eine Summe von Handelswerten. Was er anbietet, ist nicht nur ein nützlicher Gegenstand, sondern auch, und zwar vor allem, ein Tauschwert.

Was die Nachfrage anbetrifft, so ist sie nur wirksam, soweit sie über Tauschmittel verfügt. Diese Mittel sind selbst wiederum Produkte, Tauschwerte.

In Angebot und Nachfrage finden wir somit einerseits ein Produkt, welches Tauschwerte gekostet hat, und das Bedürfnis, zu verkaufen; andererseits Mittel, die Tauschwerte gekostet haben, und den Wunsch, zu kaufen.

Herr Proudhon stellt den freien Käufer dem freien Produzenten gegenüber. Er legt beiden rein metaphysische Eigenschaften bei. Daher kann er auch sagen: »Es ist erwiesen, daß der freie Wille des Menschen es ist, der den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert hervorruft.« (I, 41.)

Solange der Produzent in einer auf Arbeitsteilung und Einzelaustausch begründeten Gesellschaft produziert – und das ist die Voraussetzung des Herrn Proudhon –, ist er gezwungen, zu verkaufen. Herr Proudhon macht den Produzenten zum Herrn der Produktionsmittel, er wird uns aber zugeben, daß der Besitz dieser Produktionsmittel nicht vom freien Willen abhängt. Mehr noch: diese Produktionsmittel sind zum großen Teil Produkte, die er vom Ausland bezieht, und in der modernen Produktion ist er nicht einmal frei, die Menge, die er will, zu produzieren; der jeweilige Stand der Entwicklung der Produktionskräfte zwingt ihn, auf dieser oder jener bestimmten Stufenleiter zu produzieren.

Der Konsument ist nicht freier als der Produzent. Seine Meinung hängt ab von seinen Mitteln und seinen Bedürfnissen. Beide werden durch seine soziale Lage bestimmt, die wiederum selbst abhängt von der allgemeinen sozialen Organisation. Allerdings der Arbeiter, der Kartoffeln kauft, und die ausgehaltene Mätresse, die Spitzen kauft, folgen beide nur ihrer respektiven Meinung; aber die Verschiedenheit ihrer Meinungen erklärt sich durch die Verschiedenheit der Stellung, die sie in der Welt einnehmen und die selbst wiederum ein Produkt der sozialen Organisation ist.

Ist das System der Bedürfnisse in seiner Gesamtheit auf die Meinung oder auf die gesamte Organisation der Produktion begründet? In den meisten Fällen entspringen die Bedürfnisse aus der Produktion oder aus einem auf die Produktion begründeten allgemeinen Zustand. Der Welthandel dreht sich fast ausschließlieh um Bedürfnisse – nicht der Einzelkonsumtion, sondern der Produktion. Um ein anderes Beispiel zu wählen, setzt nicht das Bedürfnis nach Notaren ein gegebenes Zivilrecht voraus, das nur der Ausdruck einer bestimmten Entwicklung des Eigentums, d. h. der Produktion, ist?

Es genügt Herrn Proudhon nicht, aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage die Elemente auszumerzen, von denen wir gesprochen. Er treibt die Abstraktion auf die Spitze, indem er alle Produzenten in einen einzigen Produzenten, alle Konsumenten in einen einzigen Konsumenten zusammenschweißt und den Kampf zwischen diesen beiden chimärischen Personen sich ausspielen läßt. Aber in der wirklichen Welt wickeln sich die Dinge anders ab. Die Konkurrenz zwischen den Anbietenden sowohl wie die Konkurrenz zwischen den Nachfragenden bildet ein notwendiges Element des Kampfes zwischen Käufern und Verkäufern, dessen Ergebnis der Tauschwert ist.

Nachdem er Produktionskosten und Konkurrenz ausgemerzt hat, kann Herr Proudhon die Formel von Angebot und Nachfrage nach Belieben aufs Absurde reduzieren.

»Angebot und Nachfrage«, sagt er, »sind nichts anderes als zwei zeremonielle Formen, die dazu dienen, Gebrauchswert und Tauschwert einander gegenüberzustellen und ihre Versöhnung[Anmerkung 36] zu veranlassen. Es sind die beiden elektrischen Pole, die, in Verbindung gesetzt, die Wahlverwandtschaftserscheinung, Austausch genannt, zur Folge haben müssen.« (Band 1, S. 49 u. 50.) Ebensogut könnte man sagen, der Austausch sei nur eine »zeremonielle Form«, um den Konsumenten und den Konsumtionsgegenstand zusammenzuführen. Ebensogut könnte man sagen, alle ökonomischen Beziehungen seien nur »zeremonielle Formen«, um den unmittelbaren Konsum zu vermitteln. Angebot und Nachfrage sind Verhältnisse einer gegebenen Produktion, nicht mehr und nicht weniger als der Einzelaustausch.

Worin besteht somit die ganze Dialektik des Herrn Proudhon? Darin, daß er für Gebrauchs- und Tauschwert, für Angebot und Nachfrage abstrakte und sich widersprechende Begriffe setzt, wie Seltenheit und Überfluß, Nützlichkeit und Meinung, einen Produzenten und einen Konsumenten, beide Ritter vom freien Willen.

Und worauf wollte er hinaus?

Sich das Mittel freihalten, früher oder später eines der ausgemerzten Elemente, die Produktionskosten, einzuführen als die Synthese zwischen Gebrauchswert und Tauschwert. Und so bilden denn in seinen Augen die Produktionskosten den synthetischen oder konstituierten Wert.

§ 2 Der konstituierte oder synthetische Wert

»Der Tauschwert ist der Eckstein des ökonomischen Gebäudes.« Der »konstituierte« Wert ist der Eckstein des Systems der ökonomischen Widersprüche.

Was ist nun dieser » konstituierte (Tausch-)Wert«, der die ganze Entdeckung des Herrn Proudhon in der politischen Ökonomie ausmacht?

Die Nützlichkeit einmal vorausgesetzt, ist die Arbeit die Quelle des Wertes. Das Maß der Arbeit ist die Zeit. Der relative Wert der Produkte wird bestimmt durch die Arbeitszeit, die zu ihrer Herstellung aufgewendet werden mußte. Der Preis ist der in Geld ausgedrückte relative Wert eines Produktes. Der konstituierte Wert endlich eines Produktes ist ganz einfach der Wert, der konstituiert wird durch die in demselben enthaltene Arbeitszeit.

Wie Adam Smith die Arbeitsteilung entdeckt hat, so behauptet Herr Proudhon, den » konstituierten Wert« entdeckt zu haben. Das ist nicht just »etwas Unerhörtes«, indes muß man zugeben, daß in keiner Entdeckung der ökonomischen Wissenschaft etwas Unerhörtes liegt. Immerhin sucht Herr Proudhon, der die ganze Bedeutung seiner Entdeckung ahnt, das Verdienst derselben abzuschwächen, »um den Leser über seine Ansprüche auf Originalität zu beruhigen und die Geister wieder auszusöhnen, deren Ängstlichkeit neuen Ideen wenig günstig ist«. Nach Maßgabe jedoch, wie er seinen Vorläufern den Anteil zumißt, den jeder von ihnen an der Feststellung des Wertes gehabt, kommt er gezwungenermaßen dahin, laut zu verkünden, daß ihm der größte, der Löwenanteil gebührt.

»Die synthetische Wertidee wurde von Adam Smith in unbestimmter Weise erfaßt ..., aber diese Wertidee war bei Adam Smith ganz intuitiv: Die Gesellschaft jedoch ändert ihre Gewohnheiten nicht auf bloße Intuitionen hin, sie folgt erst der Autorität der Tatsache. Die Antinomie mußte auf eine eindrucksvollere und präzisere Art und Weise hervorgehoben werden: J.-B. Say war ihr hauptsächlicher Dolmetscher.« (I, 66.) Da haben wir die Geschichte der Entdeckung des synthetischen Wertes fix und fertig: Adam Smith gebührt die vage Intuition, J.-B. Say die Antinomie, Herrn Proudhon die konstituierende und »konstituierte« Wahrheit. Und man täusche sich nicht: alle anderen Ökonomen, von Say bis Proudhon, haben sich im Geleise der Antinomie bewegt. »Es ist unglaublich, daß so viele verständige Menschen sich seit vierzig Jahren gegen eine so einfache Idee abquälen. Aber nein, die Vergleichung der Werte wird vollzogen, ohne daß es zwischen ihnen irgendeinen Vergleichspunkt gäbe und ohne Maßeinheit: – das haben die Ökonomen des neunzehnten Jahrhunderts, anstatt die revolutionäre Theorie der Gleichheit zu erfassen, gegen alle und jeden zu behaupten sich entschlossen. Was wird die Nachwelt dazu sagen?« (Band 1, S. 68.)

Die auf so brüske Art angerufene Nachwelt wird zunächst über die Chronologie in Zweifel geraten. Sie muß sich notwendig fragen: Sind denn Ricardo und seine Schule keine Ökonomen des neunzehnten Jahrhunderts? Das System Ricardos, der als Prinzip aufstellte, »daß der relative Wert der Waren ausschließlich auf der zu ihrer Herstellung erforderten Arbeit beruht«, datiert vom Jahre 1817. Ricardo ist das Haupt einer ganzen Schule, die seit der Restauration[Anmerkung 37] in England herrscht. Die Ricardosche Lehre repräsentiert schroff, unbarmherzig die ganze englische Bourgeoisie, die selbst wiederum der Typus der modernen Bourgeoisie überhaupt ist. »Was die Nachwelt dazu sagen wird?« Sie wird nicht sagen, daß Herr Proudhon Ricardo nicht gekannt hat, denn er spricht von ihm, lang und breit, er kommt immer wieder auf ihn zurück und sagt schließlich, daß sein System »Kohl« ist. Wenn sich die Nachwelt jemals hineinmischt, so wird sie vielleicht sagen, daß Herr Proudhon, aus Furcht, die Anglophobie seiner Leser zu verletzen, es vorgezogen hat, sich zum verantwortlichen Herausgeber der Ideen Ricardos herzugeben. Wie dem jedoch sei, wird sie es sehr naiv finden, daß Herr Proudhon das als »revolutionäre Zukunftstheorie« hinstellt, was Ricardo wissenschaftlich nachgewiesen hat als die Theorie der gegenwärtigen, der bürgerlichen Gesellschaft, und daß er somit als Auflösung der Antinomie zwischen Gebrauchswert und Tauschwert das annimmt, was Ricardo und dessen Schule lange vor ihm als die wissenschaftliche Formel einer Seite der Antinomie, des Tauschwertes, aufgestellt haben. Aber lassen wir ein für allemal die Nachwelt beiseite und konfrontieren wir Herrn Proudhon mit seinem Vorgänger Ricardo. Folgende Stellen aus diesem Schriftsteller fassen seine Werttheorie zusammen:

»Nicht die Nützlichkeit ist das Maß des Tauschwertes, obwohl sie ein notwendiges Element desselben ist.« (S. 3, Band 1, von » Principes de l'économie politique etc.«, traduit de l'anglais par J. S. Constancio, Paris 1835.)

»Die Dinge, sobald sie einmal als an sich nützlich anerkannt sind, ziehen ihren Tausehwert aus zwei Quellen: aus ihrer Seltenheit und der zu ihrer Gewinnung nötigen Arbeitsmenge. Es gibt Dinge, deren Wert nur von ihrer Seltenheit abhängt. Da keine Arbeit ihre Zahl vermehren kann, so kann ihr Wert nur sinken auf Grund ihres größeren Überflusses. Hierhin gehören Bildsäulen, kostbare Gemälde usw. Dieser Wert hängt einzig von dem Vermögen, dem Geschmack und der Laune derer ab, die Lust verspüren, diese Gegenstände zu besitzen.« (Band 1, S. 4 u. 5 a. a. O.) »Sie machen jedoch nur ein sehr geringes Quantum der Waren aus, die täglich ausgetauscht werden. Da die größte Anzahl der Gegenstände, die man zu besitzen wünscht, Erzeugnisse der Industrie sind, kann man sie, sobald man die zu ihrer Herstellung notwendige Arbeit aufwenden will, nicht nur in einem Lande, sondern in mehreren Ländern in fast unbegrenzter Menge vervielfältigen.« (Band 1, S. 5 a. a. O.) »Wenn wir also von Waren, ihrem Tauschwert und den Prinzipien reden, nach denen sich ihr Preis regelt, so haben wir nur diejenigen Waren im Auge, deren Menge durch menschliche Arbeit beliebig vermehrt werden kann, deren Produktion durch die Konkurrenz gefördert wird und auf keine Hindernisse stößt.« (Band 1, S. 3.)

Ricardo zitiert Adam Smith, der nach ihm die erste Quelle des Tauschwertes mit großer Genauigkeit entwickelt hat« (Band 1, S. 5), und fügt hinzu:

»Daß dies (die Arbeitszeit nämlich) in Wahrheit die Grundlage des Tauschwertes aller Dinge ist, die ausgenommen, welche durch menschliche Arbeit nicht beliebig vermehrt werden können, ist ein höchst wichtiger Lehrsatz der politischen Ökonomie: denn aus keiner Quelle sind soviel Irrtümer geflossen, soviel Meinungsverschiedenheiten in dieser Wissenschaft entsprungen, als aus der oberflächlichen und wenig präzisen Auslegung des Wortes Wert.« (Band 1, S. 8.) »Wenn die in einen Gegenstand hineingelegte Arbeitsmenge es ist, die seinen Tauschwert bestimmt, so folgt daraus, daß jede Vermehrung der Arbeitsmenge notwendigerweise den Wert des Gegenstandes vermehren muß, auf den sie verwendet wurde, und daß ebenso jede Verminderung der Arbeit den Preis desselben vermindern muß.« (Band 1, S. 8.)

Ricardo macht dann Adam Smith den Vorwurf:

1. Daß er »für den Wert einen anderen Maßstab als die Arbeit aufstellte, bald den Wert des Getreides, bald die Arbeitsmenge, welche eine Sache zu kaufen vermag usw.« (Band 1, S. 9 u. 10.)

2. Daß er »das Prinzip ohne Vorbehalt einräume und doch seine Anwendung auf den ursprünglichen rohen Zustand der Gesellschaft beschränke, der der Anhäufung der Kapitalien und dem Privateigentum an Grund und Boden vorhergeht«. (Band 1, S. 21.) Ricardo sucht den Nachweis zu liefern, daß das Grundeigentum, d. h. die (Boden-)Rente, den Wert der Lebensmittel nicht beeinflussen kann, und daß die Akkumulation der Kapitalien nur einen zeitweiligen und oszillierenden Einfluß auf das Verhältnis der Werte ausübt, die bestimmt werden durch das Verhältnis der zu ihrer Herstellung aufgewendeten Arbeitsmenge. Um diesen Satz zu beweisen, entwickelt er seine berühmte Grundrententheorie, analysiert er das Kapital und gelangt in letzter Instanz dahin, in demselben nur aufgehäufte Arbeit zu finden. Alsdann entwickelt er eine ganze Theorie über das Verhältnis von Arbeitslohn und Profit und beweist, daß Lohn und Profit im umgekehrten Verhältnis zueinander steigen und fallen, ohne den Wert des Produktes zu beeinflussen. Er übersieht dabei nicht den Einfluß, den die Anhäufung der Kapitalien und ihre verschiedene Natur (fixes und flüssiges Kapital) sowie die Lohnhöhe auf den verhältnismäßigen Wert der Produkte ausüben können. Es sind das sogar die hauptsächlichsten Probleme, die Ricardo beschäftigen.

»Keine Ersparnis von Arbeit«, sagt er, »ermangelt je den relativen Wert[Anmerkung 38] einer Ware sinken zu machen, sei es, daß diese Ersparnis die Arbeit, die zur Verfertigung des Gegenstandes selbst nötig ist, betrifft, sei es, daß sie sich auf die zur Bildung des bei dieser Verfertigung angewendeten Kapitals bezieht.« (Band 1, S. 28.[Anmerkung 39]) »Solange daher ein Arbeitstag dem einen die gleiche Menge Fisch und dem anderen ebensoviel Wildbret abwirft, wird die natürliche Höhe der bezüglichen Tauschpreise stets dieselbe bleiben, welche Veränderungen auch sonst in den Arbeitslöhnen und Profiten vorgehen mögen und unbeschadet aller Einwirkungen der Kapitalanhäufung.« (Band 1, S. 32.) »Wir haben die Arbeit als die Grundlage des Wertes der Dinge betrachtet und die zu deren Herstellung notwendige Arbeitsmenge als den Maßstab, der die Menge der Waren bestimmt, die im Austausch für andere hingegeben werden müssen; aber wir haben nicht die Absicht, zu leugnen, daß in dem jeweiligen Preis der Waren zufällige und vorübergehende Abweichungen von diesem ursprünglichen natürlichen Preise vorkommen.« (Band 1, S. 105, a. a. O.) »Die Produktionskosten sind es, die in letzter Instanz den Preis der Dinge bestimmen, und nicht, wie man oft behauptet hat, das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.« (Band 2, S. 253.)

Lord Lauderdale hatte die Veränderungen des Tauschwertes nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage oder von Seltenheit und Überfluß in Beziehung zur Nachfrage entwickelt. Nach ihm kann der Wert einer Sache steigen, wenn deren Menge abnimmt, aber die Nachfrage nach ihr wächst; er kann sinken, je nachdem ihre Menge zunimmt oder die Nachfrage nach ihr abnimmt. So kann der Wert eines Gegenstandes sich verändern durch die Einwirkung von acht verschiedenen Ursachen, nämlich der vier Ursachen, welche auf diesen selbst Bezug haben, und der vier Ursachen, welche sich auf das Geld oder jede andere Ware beziehen, die als Maß ihres Wertes dient. Ricardo widerlegt das folgendermaßen:

»Produkte, welche das Monopol eines einzelnen oder einer Gesellschaft sind, ändern ihren Wert nach dem Gesetz, welches Lord Lauderdale aufgestellt hat; sie sinken entsprechend dem Wachsen des Angebots und steigen mit dem Verlangen, welches die Käufer an den Tag legen, sie zu erwerben; ihr Preis steht in keinem notwendigen Verhältnis zu ihrem natürlichen Wert. Was aber die Dinge betrifft, die der Konkurrenz unter den Verkäufern unterliegen und deren Menge bis zu einem gewissen Grade vermehrt werden kann, so hängt ihr Preis endgültig nicht von dem Stande der Nachfrage und Zufuhr, sondern von der Vermehrung oder Verminderung der Produktionskosten ab.« (Band 2, S. 259.)

Wir überlassen es dem Leser, die so präzise, klare, einfache Sprache Ricardos mit den rhetorischen Anstrengungen zu vergleichen, die Herr Proudhon anstellt, um zur Festsetzung des Tauschwertes durch die Arbeitszeit zu gelangen.

Ricardo zeigt uns die wirkliche Bewegung der bürgerlichen Produktion, die den Wert konstituiert. Herr Proudhon abstrahiert von dieser wirklichen Bewegung und quält sich ab, um neue Prozesse zu erfinden und die Welt nach einer angeblich neuen Formel einzurichten, die nur der theoretische Ausdruck der von Ricardo so schön dargelegten wirklichen Bewegung ist. Ricardo nimmt seinen Ausgangspunkt aus der bestehenden Gesellschaft, um uns zu zeigen, wie sie den Wert konstituiert, Herr Proudhon nimmt als Ausgangspunkt den konstituierten Wert, um vermittels dieses Wertes eine neue soziale Welt zu konstituieren. Für Herrn Proudhon muß der konstituierte Wert sich im Kreis bewegen und für eine bereits auf Grund dieses Wertmaßstabes völlig konstituierte Welt neuerdings konstituierend werden. Die Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit ist für Ricardo das Gesetz des Tauschwertes, für Herrn Proudhon ist sie die Synthesis von Gebrauchswert und Tauschwert. Ricardos Theorie der Werte ist die wissenschaftliche Darlegung des gegenwärtigen ökonomischen Lebens, die Werttheorie des Herrn Proudhon ist die utopische Auslegung der Theorie Ricardos. Ricardo konstatiert die Wahrheit seiner Formel, indem er sie aus allen wirtschaftlichen Vorgängen ableitet und auf diese Art alle Erscheinungen erklärt, selbst diejenigen, welche im ersten Augenblick ihr zu widersprechen scheinen, wie die Rente, die Akkumulation der Kapitalien und das Verhältnis der Löhne zu den Profiten. Gerade das ist es, was seine Lehre zu einem wissenschaftlichen System macht; Herr Proudhon, der diese Formel Ricardos mittels rein willkürlicher Hypothesen neuerdings gefunden hat, ist demgemäß gezwungen, einzelne ökonomische Tatsachen zu suchen, die er martert und fälscht, um sie als Beispiele, als bereits bestehende Anwendungen, als Keime der Verwirklichung seiner neuschöpferischen Idee hinstellen zu können. (Siehe unten § 3, Anwendung des konstituierten Wertes.)

Gehen wir jetzt zu den Schlüssen über, welche Herr Proudhon aus seinem (durch die Arbeitszeit) konstituierten Wert zieht. Eine gewisse Menge der Arbeit ist gleichwertig dem Produkt, welches durch diese Arbeitsmenge geschaffen worden.

Jeder Arbeitstag gilt soviel als ein anderer Arbeitstag; d. h. bei gleicher Menge gilt die Arbeit des einen soviel wie die Arbeit des anderen: es gibt keinen qualitativen Unterschied. Bei gleicher Arbeitsmenge tauscht sich das Produkt des einen für das Produkt des anderen. Alle Menschen sind Lohnarbeiter, und zwar für gleiche Arbeitszeit gleich bezahlt. Vollständige Gleichheit beherrscht den Tausch.

Sind diese Schlüsse die natürlichen und notwendigen Konsequenzen des »konstituierten«, d. h. des durch die Arbeitszeit bestimmten Wertes?

Wenn der Wert einer Ware bestimmt wird durch die zu ihrer Herstellung erforderliche Arbeitsmenge, so folgt daraus notwendigerweise, daß der Wert der Arbeit, d. h. der Arbeitslohn, gleichfalls durch die Arbeitsmenge bestimmt wird, die zu seiner Herstellung erforderlich ist. Der Lohn, d. h. der relative Wert oder der Preis der Arbeit, wird demnach bestimmt durch die Arbeitszeit, die erforderlich ist zur Erzeugung alles dessen, was der Arbeiter zu seinem Unterhalt bedarf. » Vermindert die Herstellungskosten der Hüte, und ihr Preis wird schließlich auf ihren neuen natürlichen Preis herabgehen, mag auch die Nachfrage sich verdoppeln, verdreifachen oder vervierfachen. Vermindert die Unterhaltskosten der Menschen durch Ermäßigung des natürlichen Preises der zum Leben notwendigen Nahrung und Kleidung, und ihr werdet sehen, wie die Löhne fallen, selbst wenn die Nachfrage nach Arbeitern erheblich steigen sollte.« (Ricardo, Band 2, S. 253.)

Gewiß, die Sprache Ricardos ist so zynisch wie nur etwas. Die Fabrikationskosten von Hüten und die Unterhaltskosten des Menschen in ein und dieselbe Reihe stellen, heißt die Menschen in Hüte verwandeln. Aber man schreie nicht zu sehr über den Zynismus. Der Zynismus liegt in der Sache und nicht in den Worten, welche die Sache bezeichnen. Französische Schriftsteller, wie die Herren Droz, Blanqui, Rossi und andere, machen . sich das unschuldige Vergnügen, ihre Erhabenheit über die englischen Schriftsteller dadurch zu dokumentieren, daß sie den Anstand einer »humanitären« Sprache zu beobachten suchen; wenn sie Ricardo und seiner Schule ihre zynische Sprache vorwerfen, so nur, weil es sie verletzt, die ökonomischen Beziehungen in ihrer ganzen Nacktheit aufgedeckt, die Mysterien der Bourgeoisie verraten zu sehen.

Fassen wir zusammen: Die Arbeit, wo sie selbst Ware ist, mißt sich als solche durch die Arbeitszeit, welche zur Herstellung der Ware Arbeit notwendig ist. Und was ist zur Herstellung der Ware Arbeit nötig? Genau die Arbeitszeit, die notwendig ist zur Herstellung der Gegenstände, die unerläßlich sind zum ununterbrochenen Unterhalt der Arbeit, d. h. um den Arbeiter in den Stand zu setzen, sein Leben zu fristen und seine Rasse fortzupflanzen. Der natürliche Preis der Arbeit ist nichts anderes als das Minimum des Lohnes.[Anmerkung 40] Wenn der Marktpreis des Lohnes sich über seinen natürlichen Preis erhebt, so kommt dies gerade daher, daß das von Herrn Proudhon als Prinzip aufgestellte Wertgesetz in dem Wechsel des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage sein Gegengewicht findet. Aber das Lohnminimum bleibt nichtsdestoweniger der Mittelpunkt, nach welchem der Marktpreis des Lohnes gravitiert.

So ist der durch die Arbeitszeit gemessene Wert notwendigerweise die Formel der modernen Sklaverei der Arbeiter, anstatt, wie Herr Proudhon behauptet, die »revolutionäre Theorie« der Emanzipation des Proletariats zu sein.

Sehen wir nunmehr zu, in wie vielen Fällen die Arbeitszeit als Maßstab des Wertes unverträglich ist mit dem bestehenden Antagonismus der Klassen und der ungleichen Verteilung des Arbeitsertrages zwischen dem unmittelbaren Produzenten (dem Arbeiter) und dem Besitzer des Produktes.

Nehmen wir irgendein Produkt, z. B. die Leinwand. Als solches enthält dieselbe ein bestimmtes Quantum Arbeit. Dieses Arbeitsquantum wird stets das gleiche sein, wie immer die Lage derer sich zueinander gestalten möge, die zur Herstellung dieses Produktes mitgewirkt haben.

Nehmen wir ein anderes Produkt: Tuch, welches dasselbe Arbeitsquantum erfordert haben möge als die Leinwand.

Wenn ein Austausch dieser beiden Produkte stattfindet, so findet Austausch gleicher Arbeitsmengen statt. Tauscht man diese gleichen Mengen von Arbeitszeit aus, so tauscht man keineswegs die gegenseitige Lage der Produzenten aus, noch ändert man irgend etwas an der Lage von Arbeitern und Fabrikanten unter sich. Behaupten, daß dieser Austausch von durch Arbeitszeit gemessenen Produkten zur Folge habe eine gleiche Bezahlung aller Produzenten, heißt voraussetzen, daß dem Tausch eine gleiche Beteiligung am Produkt vorausgegangen sei. Ist der Austausch des Tuches gegen Leinwand vollzogen, so werden die Produzenten des Tuches denjenigen Anteil an der Leinwand haben, der ihrem früheren Anteil am Tuch entspricht.

Herrn Proudhons Illusion kommt daher, daß er für Konsequenz nimmt, was höchstens als eine unbewiesene Voraussetzung gelten kann.

Gehen wir weiter.

Setzt die Arbeitszeit als Maßstab des Wertes wenigstens voraus, daß die (Arbeits-) Tage gleichwertig sind, d. h. daß der Arbeitstag des einen soviel wert ist als der Arbeitstag des anderen? Nein.

Nehmen wir einmal an, der Arbeitstag eines Goldarbeiters sei drei Arbeitstagen eines Webers gleichwertig, so wird jeder Wechsel im Wertverhältnis der Schmuckwaren gegen Gewebe, soweit er nicht eine vorübergehende Folge der Schwankungen von Angebot und Nachfrage ist, zur Ursache haben eine Verminderung oder Vermehrung der zur Herstellung der einen oder der anderen Art Produkte angewendeten Arbeitszeit. Gesetzt, drei Arbeitstage verschiedener Arbeiter verhalten sich zueinander wie 1, 2, 3, so wird jeder Wechsel im relativen Wert ihrer Produkte auch eine Änderung sein nach diesem selben Verhältnis von 1, 2, 3. Auf diese Art kann man den Wert durch die Arbeitszeit messen, trotz der Ungleichheit des Wertes der verschiedenen Arbeitstage; doch müssen wir, um ein solches Maß anwenden zu können, einen vergleichenden Maßstab für die verschiedenen Arbeitstage haben: diesen Maßstab liefert die Konkurrenz.

Gilt deine Arbeitsstunde soviel als die meinige? Diese Frage wird durch die Konkurrenz entschieden.

Die Konkurrenz bestimmt, nach einem amerikanischen Ökonomen, wieviel Tage einfacher (unqualifizierter) Arbeit in einem Tage zusammengesetzter (qualifizierter) Arbeit enthalten sind. Setzt diese Reduktion von Arbeitstagen zusammengesetzter Arbeit in Arbeitstage einfacher Arbeit nicht voraus, daß man die einfache Arbeit an sich als Wertmaß annimmt? Wird das Quantum der Arbeit an sich, ohne Rücksicht auf die Qualität, als Wertmesser genommen, so setzt dies voraus, daß die einfache Arbeit der Angelpunkt der Industrie geworden ist. Sie setzt voraus, daß die Arbeiten durch die Unterordnung des Menschen unter die Maschine oder die äußerste Arbeitsteilung gleichgemacht sind, daß die Menschen gegenüber der Arbeit verschwinden, daß der Pendel der Uhr der genaue Messer für das Verhältnis der Leistungen zweier Arbeiter geworden, wie er es für die Schnelligkeit zweier Lokomotiven ist. So muß es nicht mehr heißen, daß eine (Arbeits-) Stunde eines Menschen gleichkommt der Stunde eines anderen Menschen, sondern daß vielmehr ein Mensch während einer Stunde so viel wert ist, wie ein anderer Mensch während einer Stunde. Die Zeit ist alles, der Mensch ist nichts mehr, er ist höchstens noch die Verkörperung der Zeit. Es handelt sich nicht mehr um die Qualität Die Quantität allein entscheidet alles: Stunde gegen Stunde, Tag gegen Tag; aber diese Gleichmachung der Arbeit ist keineswegs das Werk von Herrn Proudhons ewiger Gerechtigkeit Sie ist ganz einfach ein Ergebnis der modernen Industrie.

In der mit Maschinen arbeitenden Fabrik unterscheidet sich die Arbeit des einen Arbeiters fast in nichts mehr von der Arbeit eines anderen Arbeiters: die Arbeiter können sich voneinander nur unterscheiden durch das Quantum von Zeit, welches sie bei der Arbeit aufwenden. Nichtsdestoweniger erscheint dieser quantitative Unterschied von einem gewissen Gesichtspunkt aus qualitativ, insofern die für die Arbeit aufgewendete Zeit abhängt einerseits von rein materiellen Bedingungen, wie physische Konstitution, Alter, Geschlecht, anderseits von moralischen, rein negativen Umständen, wie Geduld, Unempfindlichkeit und Emsigkeit. Endlich, wenn es einen qualitativen Unterschied in der Arbeit der Arbeiter gibt, so ist dies höchstens eine Qualität von der schlechtesten Qualität, die weit entfernt ist, eine unterscheidende Spezialität zu sein. Das ist in letzter Instanz der Stand der Dinge in der modernen Industrie. Und auf diese bereits in der Maschinenarbeit verwirklichte Gleichheit setzt Herr Proudhon seinen Hobel der »Gleichmachung« an, die er universell zu verwirklichen vorhat in der »Zeit die kommen wird«.

Alle »egalitären« Folgerungen, welche Herr Proudhon aus der Theorie Ricardos zieht, beruhen auf einem fundamentalen Irrtum. Er verwechselt nämlich den durch die aufgewendete Arbeitsmenge bestimmten Warenwert mit dem Warenwert, bestimmt durch den » Wert der Arbeit«. Wenn diese beiden Arten, den Wert der Waren zu messen, dasselbe ausdrückten, so könnte man unterschiedslos sagen: der Wert irgendeiner Ware wird gemessen durch die in ihr verkörperte Arbeitsmenge, oder aber: er wird gemessen durch die Menge von Arbeit, die er zu kaufen imstande ist; oder endlich: er wird gemessen durch die Menge von Arbeit, welche ihn zu erwerben vermag. Aber dem ist bei weitem nicht so. Der Wert der Arbeit kann ebensowenig als Maßstab des Wertes dienen, als der Wert jeder anderen Ware. Einige Beispiele werden genügen, das eben Gesagte dem Verständnis näherzubringen.

Wenn ein Scheffel Getreide zwei Arbeitstage an Stelle eines einzigen kostete, so würde er das Doppelte seines ursprünglichen Wertes besitzen; aber er würde nicht die doppelte Arbeitsmenge in Bewegung setzen, denn er würde nicht mehr Nährstoff enthalten als zuvor. So wäre der Wert des Getreides, gemessen durch die zu dessen Hervorbringung angewendete Arbeitsmenge, verdoppelt; aber gemessen, sei es durch die Arbeitsmenge, die er kaufen kann, oder durch die Arbeitsmenge, die ihn kaufen kann, ist er weit entfernt, verdoppelt zu sein. Anderseits, wenn dieselbe Arbeit doppelt soviel Kleidungsstücke als früher erzeugt, so fiele der Wert derselben um die Hälfte; aber nichtsdestoweniger wäre diese doppelte Menge von Kleidern dadurch nicht so weit herabgedrückt, daß sie nur über die halbe Menge Arbeit verfügen könnte, noch wäre dieselbe Arbeit imstande, über die doppelte Menge von Kleidungsstücken zu verfügen; denn die Hälfte der Kleider würde nach wie vor den Arbeitern denselben Dienst leisten.

Es widerspricht somit den ökonomischen Tatsachen, den Wert der Lebensmittel durch den Wert der Arbeit zu messen; das hieße, sich in einem fehlerhaften Kreislauf bewegen, den relativen Wert durch einen relativen Wert bestimmen, der seinerseits erst wieder bestimmt werden muß.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß Herr Proudhon diese beiden Maßstäbe durcheinander wirft: die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit und den Wert der Arbeit. »Die Arbeit eines jeden Menschen«, sagt er, »kann den Wert kaufen, den sie in sich schließt.« (I, 81.) Somit gilt nach ihm ein gewisses in einem Produkt fixiertes Arbeitsquantum ebensoviel wie die Entlohnung des Arbeiters, d. h. wie der Wert, der Arbeit. Dies ist auch derselbe Schluß, der ihm erlaubt, Produktionskosten und Löhne gleichzusetzen.

»Was ist der Lohn? Der Herstellungspreis von Getreide usw., der vollständige Preis jedes Dinges.« Einige Zeilen später: »Der Lohn ist die Proportionalität der Elemente, die den Reichtum bilden.« (I, 110.) Was ist der Lohn? Der Wert der Arbeit.

Adam Smith nimmt zum Maßstab des Wertes bald die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit, bald den Wert der Arbeit. Ricardo hat diesen Irrtum aufgedeckt, indem er die Verschiedenheit dieser beiden Messungsarten klar nachwies. Herr Proudhon überbietet noch den Irrtum von Adam Smith, indem er zwei Dinge identifiziert, die jener nur nebeneinander gebraucht.

Um das rechte Verhältnis zu finden, nach welchem die Arbeiter an den Produkten teilhaben sollen, oder, mit anderen Worten, um den relativen Wert der Arbeit zu bestimmen, sucht Herr Proudhon einen Maßstab für den relativen Wert der Waren. Um den Maßstab für den relativen Wert der Waren zu bestimmen, weiß er nichts Besseres auszuklügeln, als uns als Äquivalent für eine gewisse Menge von Arbeit die Summe der durch sie geschaffenen Produkte hinzustellen, was vermuten läßt, daß die ganze Gesellschaft aus nichts als Arbeitern besteht, die als Lohn ihr eigenes Produkt bekommen. In zweiter Linie behauptet er die Gleichwertigkeit der Arbeitstage der verschiedenen Arbeiter als Tatsache, mit einem Wort: er sucht den Maßstab für den relativen Wert der Waren, um zur gleichen Entlohnung der Arbeiter zu gelangen, und nimmt die Gleichheit der Löhne als bereits fertige Tatsache hin, um sich auf die Suche nach dem relativen Wert der Waren zu machen. Welch bewunderungswürdige Dialektik!

»Say und die Ökonomen, welche ihm folgen, haben bemerkt, daß, da die Arbeit selbst der Schätzung unterworfen, kurz, eine Ware wie jede andere ist, es ein fehlerhafter Kreislauf sei, sie als Prinzip und entscheidenden Faktor des Wertes zu nehmen. Diese Ökonomen haben damit, mit Verlaub zu sagen, eine ungeheuerliche Unachtsamkeit an den Tag gelegt. Man sagt von der Arbeit, daß sie einen Wert hat (» valoir«), nicht sowohl als eigentliche Ware, als im Hinblick auf die Werte, welche man in ihr potenziell enthalten annimmt. Der Wert der Arbeit ist ein figürlicher Ausdruck, eine Antizipierung der Ursache vor, der Wirkung; er ist eine Fiktion von demselben Kaliber wie die Produktivität des Kapitals. Die Arbeit produziert, das Kapital hat Wert (vaut) ... Durch eine Art Ellipse sagt man Wert der Arbeit ... Die Arbeit wie die Freiheit ... ist etwas seiner Natur nach Vages und Unbestimmtes, was jedoch gemäß seinem Objekt bestimmte Form annimmt, d. h. welches durch das Produkt Realität wird.« (I, 61.)

»Aber wozu sich dabei aufhalten? Sobald der Ökonom (lies: Herr Proudhon) den Namen des Dinges, vera rerum vocabula[Anmerkung 41] wechselt, gesteht er folgerungsgemäß seine Ohnmacht ein und streckt die Waffen.« (Proudhon, I,188.)

Wir haben gesehen, wie Herr Proudhon aus dem Wert der Arbeit den »entscheidenden Faktor« des Wertes der Produkte macht, in einer Weise, daß für ihn der Lohn, wie der »Wert der Arbeit« gemeinhin genannt wird, den »vollständigen Preis jedes Dinges« bildet. Darum verwirrt ihn der Einwand von Say. Er sieht in der Ware Arbeit, die eine furchtbare Realität ist, nur eine grammatische Ellipse. Demgemäß ist die ganze heutige, auf den Warencharakter der Arbeit begründete Gesellschaft von jetzt an ein« poetische Lizenz, auf einen figürlichen Ausdruck begründet. Will die Gesellschaft »alle Unzuträglichkeiten ausmerzen«, unter denen sie zu leiden hat, nun, so merze sie die anstößigen Ausdrücke aus, so ändere sie die Sprache; und sie braucht sich zu diesem Behufe nur an die Akademie zu wenden, um von ihr eine neue Ausgabe ihres Wörterbuches zu verlangen. Nach allem, was wir gesehen haben, begreifen wir leicht, warum Herr Proudhon in einem Werk über politische Ökonomie lange Dissertationen über Etymologie und andere Teile der Grammatik abhandeln muß. So diskutiert er noch gelehrt über die veraltete Ableitung des Wortes servus von servare. Diese philologischen Dissertationen haben einen tiefen Sinn, einen esoterischen Sinn, sie machen einen wesentlichen Teil der Beweisführung des Herrn Proudhon aus.

Die Arbeit ist, soweit sie gekauft und verkauft wird, eine Ware wie jede andere Ware und hat daher einen Tauschwert. Aber der Wert der Arbeit oder die Arbeit als Ware produziert ebensowenig, wie der Wert des Getreides oder das Getreide als Ware zur Nahrung dient.

Die Arbeit »gilt« mehr oder weniger, je nachdem die Lebensmittelpreise höher oder niedriger sind, je nachdem Angebot von und Nachfrage nach Arbeitskräften in diesem oder jenem Grade vorhanden ist etc. etc.

Die Arbeit ist nicht etwas »Vages«, es ist immer eine bestimmte Arbeit, nie Arbeit im allgemeinen, die man kauft und verkauft Es ist nicht nur die Arbeit, deren Beschaffenheit durch das Objekt bestimmt wird, auch das Objekt wird bestimmt durch die spezifische Beschaffenheit der Arbeit

Insofern die Arbeit gekauft und verkauft wird, ist sie selbst Ware. Warum kauft man sie? »Im Hinblick auf die Werte, welche man in ihr potenziell enthalten annimmt« Aber wenn man sagt, daß irgendeine Sache Ware ist, so handelt es sich nicht mehr um den Zweck, zu dem sie gekauft wird, d. h. um den Nutzen, den man aus ihr ziehen, den Gebrauch, den man von ihr machen will. Sie ist Ware als Gegenstand des Handels. Alle Klügeleien des Herrn Proudhon beschränken sich auf folgendes: Man kauft die Arbeit nicht als Objekt unmittelbarer Konsumierung. Nein, man kauft sie als Produktionsmittel, wie man eine Maschine kauft. Solange die Arbeit Ware ist, hat sie Wert, aber produziert nicht.

Herr Proudhon hätte ebensogut sagen können, daß es absolut keine Waren gibt, da jede Ware nur zu irgendeinem bestimmten Gebrauchszweck gekauft wird und niemals als Ware an sich. Wenn Herr Proudhon den Wert der Waren durch die Arbeit mißt, so überkommt ihn ein unbestimmtes Gefühl, daß es unmöglich ist, die Arbeit, soweit sie einen Wert hat, die Ware Arbeit, nicht auch diesem selben Maßstab zu unterwerfen. Er ahnt, daß er damit das Lohnminimum zum natürlichen und normalen Preis der unmittelbaren Arbeit stempelt, daß er also den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft akzeptiert. Und so, um sich dieser fatalen Konsequenz zu entziehen, machte er kehrt und behauptet, daß die Arbeit keine Ware ist, daß sie keinen Wert haben kann. Er vergißt, daß er selbst den Wert der Arbeit als Maßstab genommen hat; er vergißt, daß sein ganzes System auf der Ware Arbeit beruht, auf der Arbeit, die man verschachert, kauft und verkauft, die sich austauscht gegen Produkte usw., auf der Arbeit endlich, die unmittelbar Einkommensquelle des Arbeiters ist – er vergißt alles.

Um sein System zu retten, entschließt er sich, die Basis desselben zu opfern.

»Et propter vitam vivendi perdere causas!«[Anmerkung 42]

Wir gelangen jetzt zu einer neuen Erklärung des » konstituierten Wertes«.

»Der Wert ist das Proportionalitätsverhältnis (rapport de proportionnalité) der Produkte, welche den Reichtum bilden.«

Bemerken wir zunächst, daß das einfache Wort »relativer« oder »Tauschwert« die Idee irgendeines Verhältnisses einschließt, in welchem sich die Produkte gegenseitig austauschen. Wenn man diesem Verhältnis den Namen Proportionalitätsverhältnis gibt, so hat man nichts am relativen Wert geändert, außer dem Namen. Weder die Herabdrückung noch die Steigerung des Wertes eines Produktes nehmen ihm die Eigenschaft, sich in irgendeinem »Proportionalitätsverhältnis« zu den anderen Produkten, die den Reichtum bilden, zu befinden.

Warum also dieser neue Ausdruck, der keine neue Idee zutage fördert?

Das »Proportionalitätsverhältnis« läßt an viele andere ökonomische Verhältnisse denken, wie an die Proportionalität der Produktion, die rechte Proportion zwischen Angebot und Nachfrage usw.; und Herr Proudhon hat an alles das gedacht, als er diese didaktische Paraphrase des Tauschwertes formulierte. Da zunächst der relative Wert der Produkte bestimmt wird durch die zur Herstellung eines jeden derselben aufgewendete entsprechende Arbeitsmenge, so bedeutet das Proportionalitätsverhältnis, auf diesen speziellen Fall angewendet, die entsprechende Menge von Produkten, die in einer gegebenen Zeit hergestellt werden und infolgedessen gegeneinander ausgetauscht werden können.

Sehen wir nun, welchen Gebrauch Herr Proudhon von diesem Proportionalitätsverhältnis macht.

Alle Welt weiß, daß, wenn Angebot und Nachfrage sich ausgleichen, der relative Wert eines Produktes genau bestimmt wird durch die in ihm fixierte Arbeitsmenge, d. h. daß dieser relative Wert das Proportionalitätsverhältnis genau in dem Sinne ausdrückt, in dem wir es soeben erklärt haben.

Herr Proudhon stellt die Reihenfolge der Dinge auf den Kopf. Man fange an, sagt er, den relativen Wert eines Produktes durch die in ihm fixierte Arbeitsmenge zu messen, und Angebot und Nachfrage werden sich unfehlbar ausgleichen. Die Produktion wird der Konsumtion entsprechen, das Produkt wird stets ausgetauscht werden können, sein laufender Marktpreis wird genau seinen richtigen Wert ausdrücken. Anstatt mit jedermann zu sagen: Wenn das Wetter schön ist, sieht man viele Leute spazierengehen, läßt Herr Proudhon seine Leute spazierengehen, um ihnen gutes Wetter zusichern zu können.

Was Herr Proudhon als Folgerung aus dem a priori durch die Arbeitszeit bestimmten Tauschwert hinstellt, könnte nur gerechtfertigt werden vermittels eines Gesetzes, das ungefähr folgenden Wortlaut haben müßte:

Die Produkte werden künftig ausgetauscht im genauen Verhältnis der Arbeitszeit, die sie gekostet haben. Welches auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sei, der Austausch der Waren soll stets so vor sich gehen, als ob dieselben im Verhältnis zur Nachfrage produziert worden wären. Möge Herr Proudhon es übernehmen, ein solches Gesetz zu formulieren und durchzusetzen, und wir wollen ihm die Beweise erlassen. Wenn er im Gegenteil darauf Wert legt, seine Theorie nicht als Gesetzgeber zu rechtfertigen, sondern als Ökonom, so wird er zu beweisen haben, daß die zur Herstellung einer Ware nötige Zeit genau ihren Nützlichkeitsgrad anzeigt und außerdem ihr Proportionalitätsverhältnis zur Nachfrage und folglich zur Summe des gesellschaftlichen Reichtums feststellt. In diesem Falle werden, wenn ein Produkt sich zu einem seinen Herstellungskosten gleichen Preise verkauft, Angebot und Nachfrage sich stets ausgleichen; denn die Produktionskosten gelten als der Ausdruck des wahren Verhältnisses von Angebot zu Nachfrage.

Herr Proudhon versucht in der Tat den Beweis zu liefern, daß die Arbeitszeit, die zur Herstellung eines Produktes erforderlich ist, sein richtiges Verhältnis zu den Bedürfnissen ausdrückt, so daß die Gegenstände, deren Produktion am wenigsten Zeit kostet, solche von unmittelbarstem Nutzen sind, und so Schritt vor Schritt weiter. Bereits die bloße Produktion eines Luxusobjekts beweist nach dieser Lehre, daß die Gesellschaft Zeit überflüssig hat, die ihr erlaubt, ein Luxusbedürfnis zu befriedigen.

Den Beweis für seine Behauptung findet Herr Proudhon in der Beobachtung, daß die nützlichsten Dinge am wenigsten Produktionszeit erfordern, daß die Gesellschaft stets mit den leichtesten Industrien beginnt, und daß sie sich »allmählich auf die Produktion von Gegenständen wirft, die mehr Arbeitszeit kosten und höheren Bedürfnissen entsprechen«.

Herr Proudhon entlehnt Herrn Dunoyer das Beispiel der extraktiven Industrie – Einsammlung, Weide, Jagd, Fischerei usw. –, welche die einfachste, am wenigsten kostspielige Industrie ist und mittels deren der Mensch »den ersten Tag seiner zweiten Schöpfung« begonnen hat. (I, 78.) Der erste Tag seiner ersten Schöpfung ist in der Genesis geschildert, die uns Gott als den ersten Industriellen der Welt vorführt.

Die Dinge vollziehen sich ganz anders, als Herr Proudhon denkt Mit dem Moment, wo die Zivilisation beginnt, beginnt die Produktion sich aufzubauen auf den Gegensatz der Berufe, der Stände, der Klassen, schließlich auf den Gegensatz zwischen angehäufter und unmittelbarer Arbeit. Ohne Gegensatz kein Fortschritt: das ist das Gesetz, dem die Zivilisation bis heute gefolgt ist. Bis jetzt haben sich die Produktivkräfte auf Grund dieser Herrschaft des Klassengegensatzes entwickelt. Heute behaupten, daß, weil alle Bedürfnisse aller Arbeiter befriedigt waren, sich die Menschen der Erzeugung von Produkten höherer Ordnung, komplizierteren Industrien haben widmen können, das hieße, von dem Klassengegensatz abstrahieren und die ganze historische Entwicklung auf den Kopf stellen. Das wäre dasselbe, als ob man sagen wollte, daß, weil man unter den römischen Kaisern Muränen in künstlichen Teichen ernährte, man die ganze römische Bevölkerung im Überfluß ernähren konnte; während gerade im Gegenteil das römische Volk des Nötigsten entbehrte, um Brot zu kaufen, die römischen Aristokraten hingegen nicht der Sklaven ermangelten, um sie den Muränen als Futter vorzuwerfen.

Der Preis der Lebensmittel ist fast stetig gestiegen, während der Preis der Manufaktur- und Luxusartikel fast stetig gesunken ist. Man nehme die Landwirtschaft selbst: die unentbehrlichsten Gegenstände, wie Getreide, Fleisch usw., steigen im Preis, während Baumwolle, Zucker, Kaffee usw. in überraschendem Grade stetig fallen. Und selbst unter den eigentlichen Eßwaren sind die Luxusartikel, wie Artischocken, Spargel usw., heute verhältnismäßig billiger als die nötigsten Lebensmittel. In unserer Epoche ist das Überflüssige leichter herzustellen als das Notwendige. Endlich sind in verschiedenen historischen Epochen die gegenseitigen Verhältnisse der Preise nicht sowohl verschiedene, sondern vielmehr entgegengesetzte. Im ganzen Mittelalter waren die landwirtschaftlichen Produkte verhältnismäßig billiger als die Manufakturprodukte; in der Neuzeit ist das Verhältnis ein entgegengesetztes. Hat deshalb die Nützlichkeit der landwirtschaftlichen Produkte seit dem Mittelalter abgenommen?

Die Verwendung der Produkte wird bestimmt durch die sozialen Verhältnisse, in welchen sich die Konsumenten befinden, und diese Verhältnisse selbst beruhen auf dem Gegensatz der Klassen.

Die Baumwolle, die Kartoffel und der Branntwein sind Gegenstände des allgemeinsten Gebrauches. Die Kartoffeln haben die Skropheln erzeugt; die Baumwolle hat zum großen Teil die Schafwolle und das Leinen verdrängt, obwohl Leinen und Schafwolle, in vielen Fällen von viel größerem Nutzen sind, sei es auch nur in hygienischer Beziehung. Endlich hat der Branntwein über Bier und Wein gesiegt, obwohl der Branntwein als Genußmittel allgemein als Gift anerkannt ist. Während eines ganzen Jahrhunderts kämpften die Regierungen vergeblich gegen das europäische Opium; die Ökonomie gab den Ausschlag, sie diktierte dem Konsum ihre Befehle.

Warum aber sind Baumwolle, Kartoffeln und Branntwein die Angelpunkte der bürgerlichen Gesellschaft? Weil zu ihrer Herstellung am wenigsten Arbeit erforderlich ist und sie infolgedessen am niedrigsten im Preise stehen. Warum entscheidet das Minimum des Preises in bezug auf das Maximum der Konsumtion? Vielleicht etwa wegen der absoluten Nützlichkeit dieser Gegenstände, wegen der ihnen innewohnenden Nützlichkeit, wegen ihrer Nützlichkeit, insofern sie auf die nützlichste Art den Bedürfnissen des Arbeiters als Menschen und nicht des Menschen als Arbeiter entsprechen? Nein; sondern weil in einer auf das Elend begründeten Gesellschaft die elendesten Produkte das naturnotwendige Vorrecht haben, dem Gebrauch der großen Masse zu dienen.

Behaupten wollen, daß, weil die wenigst teuren Dinge mehr im Gebrauch sind, sie deshalb von größerem Nutzen sein müssen, heißt behaupten, daß der infolge der geringen Produktionskosten desselben so verbreitete Gebrauch des Branntweins der zwingendste Beweis seiner Nützlichkeit ist, heißt, dem Proletarier vorreden, daß die Kartoffel ihm heilsamer ist als das Fleisch, heißt, den gegenwärtigen Stand der Dinge akzeptieren, heißt endlich, mit Herrn Proudhon eine Gesellschaft verherrlichen, ohne sie zu verstehen.

In einer künftigen Gesellschaft, wo der Klassengegensatz verschwunden ist, wo es keine Klassen mehr gibt, würde der Gebrauch nicht mehr von dem Minimum der Produktionszeit abhängen, sondern die Produktionszeit, die man den verschiedenen Gegenständen widmet, würde bestimmt werden durch ihre gesellschaftliche Nützlichkeit.

Um zur Behauptung des Herrn Proudhon zurückzukommen, so kann, sobald einmal die zur Produktion eines Gegenstandes notwendige Arbeitszeit nicht der Ausdruck seines Nützlichkeitsgrades ist, der im voraus durch die Arbeitszeit bestimmte Tauschwert dieses Gegenstandes niemals maßgebend sein für das richtige Verhältnis von Angebot zur Nachfrage, d. h. für das Proportionalitätsverhältnis in dem Sinne, den Herr Proudhon zur Zeit mit diesem Wort verbindet.

Es ist nicht der Verkauf irgendeines Produktes zu seinem Kostenpreise, der das »Proportionalitätsverhältnis« von Angebot und Nachfrage, d. h. die verhältnismäßige Quote dieses Produktes gegenüber der Gesamtheit der Produktion konstituiert; es sind vielmehr die Schwankungen von Angebot und Nachfrage, die den Produzenten die Menge angeben, in welcher eine gegebene Ware produziert werden muß, um im Austausch wenigstens die Produktionskosten erstattet zu erhalten, und da diese Schwankungen beständig stattfinden, so herrscht auch eine beständige Bewegung in Anlegung und Zurückziehung von Kapitalien in den verschiedenen Zweigen der Industrie.

»Nur nach Maßgabe solcher Schwankungen werden die Kapitalien gerade in dem erforderlichen Verhältnis und nicht darüber hinaus zur Produktion der verschiedenen Waren verwendet, nach denen Nachfrage besteht. Durch Steigen oder Sinken des Preises erheben sich die Profite über, beziehungsweise fallen sie unter ihr allgemeines Niveau, und dadurch werden die Kapitalien angezogen zu oder abgelenkt von dem besonderen Geschäftszweig, welcher die eine oder die andere dieser Schwankungen erfahren hat.

Wenn wir unsere Augen auf die Märkte der großen Städte werfen, so sehen wir, mit welcher Regelmäßigkeit sie mit allen Sorten von Waren, einheimischen wie ausländischen, in der erforderlichen Menge versehen werden, und wie verschieden auch die Nachfrage sich gestalte durch die Wirkung von Laune und Geschmack oder der Bevölkerungsveränderung, ohne daß Stockung infolge überreichlicher, noch übertriebene Teuerung infolge mangelnder Zufuhr oft vorkommen: und man muß zugestehen, daß das Prinzip, welches das Kapital den verschiedenen Industriebranchen in dem genau erforderlichen Verhältnis zuführt, mächtiger wirkt, als man gewöhnlich annimmt.« (Ricardo, Band 1, S. 105 u. 108.)

Wenn Herr Proudhon zugibt, daß der Wert der Produkte durch die Arbeitszeit bestimmt wird, so muß er gleichfalls die oszillatorische Bewegung anerkennen, die allein aus der Arbeitszeit das Maß des Wertes macht.[Anmerkung 43] Es gibt kein fertig konstituiertes »Proportionalitätsverhältnis«, es gibt nur eine konstituierende Bewegung.

Wir haben gesehen, in welchem Sinne es richtig ist, von der »Proportionalität« als einer Konsequenz des durch die Arbeitszeit bestimmten Wertes zu sprechen. Wir werden nunmehr sehen, wie diese Messung durch die Zeit, von Herrn Proudhon »Gesetz der Proportionalität« genannt, sich in ein Gesetz der Disproportionalität verwandelt.

Jede neue Erfindung, welche es ermöglicht, in einer Stunde zu produzieren, was bisher in zwei Stunden produziert wurde, entwertet alle gleichartigen Produkte, die sich auf dem Markt befinden. Die Konkurrenz zwingt den Produzenten, das Produkt von zwei Stunden ebenso billig zu verkaufen wie das Produkt einer Stunde. Die Konkurrenz führt das Gesetz durch, nach welchem der Wert eines Produktes durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit bestimmt wird. Die Tatsache, daß die Arbeitszeit als Maß des Tauschwertes dient, wird auf diese Art zum Gesetz einer beständigen Entwertung der Arbeit. Noch mehr; die Entwertung erstreckt sich nicht nur auf die dem Markt zugeführten Waren, sondern auch auf die Produktionsinstrumente und auf ganze Werkstätten. Diese Tatsache deutet bereits Ricardo an, indem er sagt: »Durch das beständige Wachstum der Produktivität wird der Wert verschiedener bereits früher produzierten Dinge beständig vermindert.« (Band 2, S. 59.) Sismondi geht noch weiter. Er sieht in diesem durch die Arbeitszeit » konstituierten Wert« die Quelle aller heutigen Widersprüche zwischen Handel und Industrie. »Der Tauschwert«, sagt er, »wird in letzter Instanz stets durch die Menge von Arbeit bestimmt, die notwendig ist, um den abgeschätzten Gegenstand zu beschaffen: nicht durch die, welche er seinerzeit gekostet hat, sondern durch die, welche er künftighin kosten würde, infolge vielleicht verbesserter Hilfsmittel; und obwohl diese Menge schwer abzuschätzen ist, wird sie doch stets genau durch die Konkurrenz bestimmt ... Sie ist die Basis, auf Grund deren sowohl die Forderung des Verkäufers wie das Angebot des Käufers berechnet wird. Der erstere wird vielleicht behaupten, daß der Gegenstand ihn zehn Arbeitstage gekostet hat; aber wenn der andere sich überzeugt, daß derselbe künftig in acht Arbeitstagen hergestellt werden kann und die Konkurrenz beiden Kontrahenten den Beweis dafür liefert, so wird der Wert auf nur acht Tage herabgesetzt und der Handel auf diesen Preis hin abgeschlossen. Beide Kontrahierenden sind allerdings überzeugt, daß der Gegenstand nützlich ist, daß er verlangt wird, daß ohne Verlangen nach ihm kein Verkauf möglich wäre; aber die Festsetzung des Preises hängt in keiner Beziehung ab von der Nützlichkeit.« ( Études etc., Band 2, S. 267, Brüsseler. Ausgabe.)

Es ist wichtig, den Umstand im Auge zu behalten, daß, was den Wert bestimmt, nicht die Zeit ist, in welcher eine Sache produziert wurde, sondern das Minimum von Zeit, in welchem sie produziert werden kann, und dieses Minimum wird durch die Konkurrenz festgestellt. Man nehme für einen Augenblick an, daß es keine Konkurrenz mehr gebe, und folglich kein Mittel, das zur Produktion einer Ware erforderliche Arbeitsminimum zu konstatieren, was wäre die Folge davon? Es genügte, auf die Produktion eines Gegenstandes sechs Stunden Arbeit zu verwenden, um nach Herrn Proudhon berechtigt zu sein, beim Austausch sechsmal soviel zu verlangen, als derjenige, der auf die Produktion desselben Gegenstandes nur eine Stunde aufgewendet hat.

An Stelle eines »Proportionalitätsverhältnisses« haben wir ein Disproportionalitätsverhältnis, wenn wir uns überhaupt auf Verhältnisse, schlechte oder gute, einlassen wollen.

Die beständige Entwertung der Arbeit ist nur eine Seite, nur eine Konsequenz der Abschätzung der Waren durch die Arbeitszeit; übermäßige Preissteigerungen, Überproduktion und viele andere Erscheinungen industrieller Anarchie finden in diesem Abschätzungsmodus ihre Erklärung.

Aber schafft die als Wertmaß dienende Arbeitszeit wenigstens die verhältnismäßige Varietät in den Produkten, die Herrn Proudhon so entzückt?

Ganz im Gegenteil bemächtigt in ihrer Folge das Monopol in seiner ganzen Monotonie sich der Produktenwelt, ebenso wie alle Welt weiß und sieht, daß das Monopol sich der Welt der Produktionsmittel bemächtigt. Nur einige Zweige der Industrie, wie die Baumwollenindustrie, sind imstande, sehr schnelle Fortschritte zu machen. Die natürliche Konsequenz dieser Fortschritte ist z. B. ein rapides Fallen der Preise der Produkte der Baumwollenmanufaktur; aber in dem Maße, wie der Preis der Baumwolle fällt, muß der Preis der Leinwand im Verhältnis steigen. Was ist die Folge davon? Die Leinwand wird durch die Baumwolle verdrängt. Auf diese Art ist die Leinwand aus fast ganz Nordamerika verdrängt worden. Und statt der proportionellen Varietät der Produkte haben wir das Reich der Baumwolle.

Was bleibt also von diesem »Proportionalitätsverhältnis«? Nichts als der Wunsch eines Biedermannes, der gern möchte, daß die Waren in solchen Proportionen hergestellt würden, daß man sie zu einem Biedermannspreise losschlagen könnte. Zu allen Zeiten haben gute Bürger und philanthropische Ökonomen sich darin gefallen, diesen unschuldigen Wunsch auszusprechen.

Geben wir dem alten Bois-Guillebert das Wort:

»Der Preis der Waren«, sagt er, »muß stets proportioniert sein, da nur ein solches gegenseitiges Einverständnis ihnen eine Existenz ermöglicht, worin sie einander in jedem Augenblick wieder erzeugen (hier haben wir die beständige Austauschbarkeit des Herrn Proudhon) ..., da also der Reichtum nichts anderes ist als dieser beständige Tauschverkehr zwischen Mensch und Mensch und Geschäft und Geschäft, so wäre es eine erschreckliche Verblendung, die Ursache des Elends woanders zu suchen als in der durch eine Verschiebung der Preisproportionen hervorgerufenen Störung eines solchen Handels.« ( Dissertation sur la nature des richesses, éd. Daire,[Anmerkung 44] S. 405, 408.)

Hören wir auch einen modernen Ökonomen:

»Ein großes Gesetz, welches auf die Produktion angewendet werden muß, ist das Gesetz der Proportionalität (the law of Proportion), das allein die Kontinuität des Wertes erhalten kann ... Das Äquivalent muß garantiert sein ... Alle Nationen haben zu verschiedenen Epochen mittels zahlreicher kommerzieller Reglements und Einschränkungen dieses Gesetz der Proportionalität bis zu einem gewissen Punkt zu verwirklichen gesucht; aber der der menschlichen Natur innewohnende Egoismus hat sie dahin getrieben, dieses ganze System der Regulierung über den Haufen zu werfen. Eine proportionierte Produktion ( proportionate production) ist die Verwirklichung der wahren sozialökonomischen Wissenschaft.« (W. Atkinson, Principles of political economy,[Anmerkung 45] London 1840, S. 170-195.)

Fuit Troja![Anmerkung 46] Diese richtige Proportion zwischen Angebot und Nachfrage, die wiederum der Gegenstand so vieler Wünsche zu werden beginnt, hat seit langem zu bestehen aufgehört. Sie hat das Greisenalter überschritten; sie war nur möglich in jenen Zeiten, wo die Produktionsmittel beschränkt waren, wo der Austausch sich in außerordentlich engen Grenzen vollzog. Mit dem Entstehen der Großindustrie mußte diese richtige Proportion verschwinden, und mit Naturnotwendigkeit muß die Produktion in beständiger Aufeinanderfolge den Wechsel von Prosperität und Depression, Krisis, Stockung, neuer Prosperität und so fort durchmachen.

Diejenigen, welche, wie Sismondi, zur richtigen Proportionalität der Produktion zurückkehren und dabei die gegenwärtigen Grundlagen der Gesellschaft erhalten wollen, sind reaktionär, da sie, um konsequent zu sein, auch alle anderen Bedingungen der Industrie früherer Zeiten zurückzuführen bestrebt sein müssen.

Was hielt die Produktion in richtigen oder beinahe richtigen Proportionen? Die Nachfrage, welche das Angebot beherrschte, ihm vorausging; die Produktion folgte Schritt für Schritt der Konsumtion. Schon durch die Instrumente, über welche sie verfügte, gezwungen, in beständig größerem Maße zu produzieren, kann die Großindustrie nicht die Nachfrage abwarten. Die Produktion geht der Konsumtion voraus, das Angebot erzwingt die Nachfrage.

In der heutigen Gesellschaft, in der auf den individuellen Austausch basierten Industrie, ist die Produktionsanarchie, die Quelle so vieles Elends, gleichzeitig die Ursache alles Fortschritts.

Demnach von zwei Dingen eins:

Entweder man will die richtigen Proportionen früherer Jahrhunderte mit den Produktionsmitteln unserer Zeit, und dann ist man Reaktionär und Utopist in einem.

Oder man will den Fortschritt ohne Anarchie: und dann verzichte man, um die Produktivkräfte beizubehalten, auf den individuellen Austausch.

Der individuelle Austausch verträgt sich nur mit der kleinen Industrie früherer Jahrhunderte und der ihr eigentümlichen »richtigen Proportion« oder aber mit der Großindustrie und ihrem ganzen Gefolge von Elend und Anarchie.

Es ergibt sich also schließlich:[Anmerkung 47] Die Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit, d. h. die Formel, welche Herr Proudhon uns als diejenige hinstellt, welche die Zukunft regenerieren soll, ist nur der wissenschaftliche Ausdruck der ökonomischen Verhältnisse der gegenwärtigen Gesellschaft, wie Ricardo lange vor Herrn Proudhon klar und deutlich bewiesen hat.

Gebührt aber wenigstens die » egalitäre« Anwendung dieser Formel Herrn Proudhon? Ist er der erste, der sich eingebildet hat, die Gesellschaft dadurch zu reformieren, daß er alle Menschen in unmittelbare, gleiche Arbeitsmengen austauschende Arbeiter verwandelt? Kommt es ihm zu, den Kommunisten – diesen aller Kenntnis der politischen Ökonomie ermangelnden Menschen, diesen »hartnäckig dummen Menschen«, diesen »paradiesischen Träumern« – den Vorwurf zu machen, nicht vor ihm diese »Lösung des Problems des Proletariats« gefunden zu haben?

Wer nur ein wenig mit der Entwicklung der politischen Ökonomie in England vertraut ist, dem ist nicht unbekannt, daß fast alle Sozialisten dieses Landes zu den verschiedensten Zeiten die egalitäre Anwendung der Ricardoschen Theorie vorgeschlagen haben. Wir können Herrn Proudhon zitieren: die politische Ökonomie von Hodgskin (1822); William Thompson: An inquiry into the principles of the distribution of wealth, most conducive to human happiness (1824); T. R. Edmonds: Practica! moral and political economy (1828), etc. etc. und noch vier Seiten Etceteras. Wir beschränken uns darauf, einen englischen Kommunisten sprechen zu lassen, Herrn Bray. Wir wollen die entscheidenden Stellen seines bemerkenswerten Werkes, Labour's Wrongs and Labour's Remedy,[Anmerkung 48] Leeds 1839, anführen und werden uns ziemlich lange dabei aufhalten, erstens, weil Herr Bray in Frankreich noch wenig bekannt ist, und ferner, weil wir in seinem Buch den Schlüssel gefunden zu haben glauben für die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Schriften des Herrn Proudhon.

»Das einzige Mittel, zur Wahrheit zu gelangen, ist, sich über die ersten Grundbegriffe klarzuwerden. Steigen wir zunächst zu der Quelle zurück, von der die Regierungen sich herleiten. Indem wir so der Sache auf den Grund gehen, werden wir finden, daß jede Form der Regierung, jede soziale und politische Ungerechtigkeit dem gegenwärtig herrschenden sozialen System entstammt – der Einrichtung des Eigentums, wie es gegenwärtig besteht (the Institution of property as it at present exists) –, und daß man daher, um ein für allemal der Ungerechtigkeit und dem Elend unserer Zeit ein Ende zu machen, den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft von Grund aus umstürzen muß ... Indem wir die Ökonomen auf ihrem eigenen Gebiet und mit ihren eigenen Waffen angreifen, verhindern wir so das absurde Geschwätz von den Teilern und Doktrinären, welches sie stets anzustimmen geneigt sind. Wenn sie die anerkannten Wahrheiten und Prinzipien, auf welche sie ihre eigenen Argumente basieren, nicht leugnen oder mißbilligen, so werden die Ökonomen nicht imstande sein, die Schlüsse zu bestreiten, zu welchen wir vermittels dieser Methode gelangen.« (Bray, S. 17 u. 41.) » Nur die Arbeit ist es, die Wert schafft (It is labour alone which bestows value) ... Jeder Mensch hat ein unzweifelhaftes Recht auf alles, was seine ehrliche Arbeit ihm verschaffen kann. Wenn er sich so die Früchte seiner Arbeit aneignet, begeht er keine Ungerechtigkeit gegen die anderen Menschen, denn er beeinträchtigt nicht dem anderen sein Recht, ebenso zu handeln ... Alle Begriffe von höherer und niederer Stellung, von Herr und Knecht kommen daher, daß man die elementarsten Grundsätze außer acht gelassen hat und daß sich infolgedessen die Ungleichheit des Besitzes eingeschlichen hat (and to the consequent rise of inequality of possessions). Solange diese Ungleichheit aufrechterhalten bleibt, wird es unmöglich sein, diese Begriffe auszurotten sowie die Einrichtungen aufzuheben, die auf ihnen beruhen. Bis jetzt hegt man immer noch die vergebliche Hoffnung, einem widernatürlichen Zustand, wie der gegenwärtig bestehende, dadurch abzuhelfen, daß man die bestehende Ungleichheit zerstört und die Ursache der Ungleichheit bestehen läßt; aber wir werden bald nachweisen, daß die Regierung keine Ursache, sondern eine Wirkung ist, daß sie nicht schafft, sondern geschaffen wird – daß sie mit einem Wort das Ergebnis der Ungleichheit des Besitzes ist (the offspring of inequality of possessions) und daß die Ungleichheit des Besitzes unzertrennlich verbunden ist mit dem gegenwärtigen gesellschaftlichen System.« (Bray, S. 33, 36, 37.)

»Das System der Gleichheit hat nicht nur die größten Vorteile für sich, sondern auch die höchste Gerechtigkeit ... Jeder Mensch ist ein Glied, und zwar ein unerläßliches Glied in der Kette der Wirkungen, die von einer Idee ausgeht, um vielleicht auf die Produktion eines Stückes Tuch hinauszulaufen. So darf man aus der Tatsache, daß unsere Neigungen für die verschiedenen Berufe nicht die gleichen sind, nicht schließen, daß die Arbeit des einen besser bezahlt werden müsse als die des anderen. Der Erfinder wird stets neben seiner gerechten Belohnung in Geld den Tribut unserer Bewunderung erhalten, den nur das Genie uns abgewinnen kann ...

Gemäß der Natur selbst der Arbeit und des Tausches fordert die höchste Gerechtigkeit, daß alle Austauschenden nicht nur gegenseitige, sondern gleiche Vorteile davontragen (all exchangers should be not only mutually, but they should likewise be equally benefitted). Zwei Dinge gibt es nur, welche die Menschen unter sich austauschen können, nämlich die Arbeit und das Produkt der Arbeit. Wenn der Tausch nach einem gerechten System vor sich ginge, so würde der Wert aller Gegenstände durch ihre gesamten Produktionskosten bestimmt werden; und gleiche Werte würden sich stets gegen gleiche Werte austauschen. (If a just System of exchanges were acted upon, the value of all articles would be determined by the entire cost of production, and equal values should always exchange for equal values.) Wenn z. B. ein Hutmacher einen Tag braucht, um einen Hut zu machen, und ein Schuhmacher dieselbe Zeit für ein Paar Schuhe (vorausgesetzt, daß der von ihnen verwendete Rohstoff denselben Wert habe), und sie diese Gegenstände unter sich austauschten, so würde der Vorteil, den sie daraus zögen, gleichzeitig ein gegenseitiger und ein gleicher sein. Der Vorteil, der für einen der beiden Teile daraus flösse, könnte kein Nachteil für den anderen sein, da jeder dieselbe Menge Arbeit geliefert hat, und die Stoffe, welche sie verwendeten, gleichwertig waren. Aber wenn der Hutmacher zwei Paar Schuhe gegen einen Hut erlangt hätte, immer unter unserer obigen Voraussetzung, so ist es klar, daß der Tausch ungerecht wäre. Der Hutmacher würde den Schuhmacher um einen Arbeitstag bringen; und wenn er so bei allen seinen Tauschgeschäften vorginge, so würde er gegen die Arbeit eines halben Jahres das Produkt eines ganzen Jahres einer anderen Person erhalten. Bisher haben wir stets dieses im höchsten Grade ungerechte Austauschsystem befolgt: die Arbeiter haben dem Kapitalisten die Arbeit eines ganzen Jahres im Austausch gegen den Wert eines halben Jahres gegeben (the workmen have given the capitalist the labour of a whole year, in exchange for the value of only half a year) – und hieraus und nicht aus einer vermeintlichen Ungleichheit der physischen und intellektuellen Kräfte der Individuen ist die Ungleichheit von Reichtum und Macht hervorgegangen. Die Ungleichheit im Austausch, die Verschiedenheit der Preise bei Kauf und Verkauf kann nur unter der Bedingung bestehen, daß die Kapitalisten in alle Ewigkeit Kapitalisten und die Arbeiter Arbeiter bleiben – die einen eine Klasse von Tyrannen, die anderen eine Klasse von Sklaven ... Dieser Vorgang beweist also klar, daß die Kapitalisten und Eigentümer dem Arbeiter für die Arbeit einer Woche nur einen Teil des Reichtums geben, den sie von ihm in der abgelaufenen Woche erhalten haben, d. h. daß sie ihm für Etwas Nichts geben (nothing for something) ...

Die Vereinbarung zwischen Arbeitern und Kapitalisten ist eine bloße Komödie: faktisch ist sie in Tausenden von Fällen nur ein unverschämter, wenn auch gesetzlicher Diebstahl (The whole transaction between the producer and the capitalist is a mere farce: it is, in fact, in thousands of instances, no other than a bare faced though legal robbery).« (Bray, S. 45, 48, 49 u. 50.)

»Der Profit des Unternehmers wird so lange ein Verlust für den Arbeiter sein – bis der Tausch unter beiden Teilen gleich ist; und der Tausch kann so lange nicht gleich sein, als die Gesellschaft in Kapitalisten und Produzenten geteilt ist und die letzteren von ihrer Arbeit leben, während die ersteren sich vom Profit dieser Arbeit mästen.« ...

»Es ist klar«, fährt Herr Bray fort, »daß Ihr ganz gut diese oder jene Form der Regierung herstellen ..., daß Ihr ganz gut im Namen der Moral und der Bruderliebe predigen mögt ... die Gegenseitigkeit ist unverträglich mit der Ungleichheit des Austausches. Die Ungleichheit des Austausches, die Ursache der Ungleichheit des Besitzes ist der geheime Feind, der uns verschlingt. (No reciprocity can exist where there are unequal exchanges. Inequality of exchanges, as being the cause of inequality of possessions is the secret enemy that devours us.)« (Bray, S. 51 u. 52.)

»Die Betrachtung von Zweck und Ziel der Gesellschaft berechtigt mich zu dem Schlusse, daß nicht nur alle Menschen arbeiten müssen, damit sie in die Lage kommen, austauschen zu können, sondern daß gleiche Werte sich gegen gleiche Werte austauschen müssen. Noch mehr: da der Vorteil des einen nicht der Verlust des anderen sein darf, so muß der Wert bestimmt werden durch die Produktionskosten. Dennoch haben wir gesehen, daß unter dem gegenwärtigen sozialen Regime der Profit des Kapitalisten und des Reichen stets der Verlust des Arbeiters ist – daß dieses Resultat unvermeidlich eintreten muß, und daß der Arme unter jeder Regierungsform dem Reichen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist, solange die Ungleichheit des Austausches fortbesteht – und daß die Gleichheit im Austausch nur durch ein soziales System gesichert werden kann, welches die Universalität der Arbeit anerkennt ...

Die Gleichheit im Austausch würde den Reichtum nach und nach aus den Händen der gegenwärtigen Kapitalisten in die der arbeitenden Klassen hinüberleiten.« (Bray, S. 53-55.)

»Solange als dieses System der Ungleichheit des Tausches fortbesteht, werden die Produzenten stets so arm, so unwissend, so überarbeitet sein, als sie es heute sind, selbst wenn man alle Abgaben, alle Steuern abschaffen würde ... Nur eine totale Veränderung des Systems, die Einführung der Gleichheit der Arbeit und des Tausches kann diesem Stand der Dinge abhelfen und den Menschen die wahre Gleichheit der Rechte sichern ... Die Produzenten haben nur eine Anstrengung zu machen – und sie selbst sind es, von denen jede Anstrengung für ihr eigenes Heil ausgehen muß –, und ihre Ketten werden auf ewig gesprengt werden ... Die politische Gleichheit als Zweck ist ein Irrtum, sie ist sogar ein Irrtum als Mittel. (As an end, the political equality is there a failure, as a means also, it is there a failure.)«

»Bei der Gleichheit des Austausches kann der Vorteil des einen nicht der Verlust des anderen sein: denn jeder Austausch ist nur eine einfache Übertragung von Arbeit und Reichtum, sie erfordert keinerlei Opfer. So wird unter einem auf die Gleichheit des Tausches basierten System der Produzent es noch mittels seiner Ersparnisse zum Reichtum bringen; aber sein Reichtum wird nur noch das angesammelte Produkt seiner eigenen Arbeit sein. Er wird seinen Reichtum austauschen oder einem anderen geben können; aber es wird ihm unmöglich sein, auf eine etwas längere Zeit hinaus reich zu bleiben, nachdem er aufgehört hat, zu arbeiten. Durch die Gleichheit des Tausches verliert der Reichtum seine heutige Fähigkeit, sich sozusagen von selbst zu erneuern und zu vermehren: er wird den durch den Verbrauch entstehenden Verlust nicht aus sich ersetzen können; denn wenn er nicht durch die Arbeit neu geschaffen wird, so ist der Reichtum, einmal verzehrt, auf immer verloren. Was wir heute Profit und Zinsen nennen, wird unter dem System des gleichen Austausches nicht bestehen können. Der Produzent und derjenige, der die Verteilung besorgt, werden gleichmäßig entlohnt werden, und die Summe ihrer Arbeit wird dazu dienen, den Wert jedes verfertigten und dem Konsumenten zugänglich gemachten Gegenstandes zu bestimmen ...«

»Das Prinzip der Gleichheit des Tausches muß also naturnotwendig die allgemeine Arbeit zur Folge haben.« (Bray, S. 67, 88, 89, 92 u. 109.)

Nachdem er die Einwände der Ökonomen gegen den Kommunismus widerlegt hat, fährt Herr Bray folgendermaßen fort: »Wenn eine Veränderung der Charaktere unumgänglich notwendig ist, um ein auf Gemeinsamkeit beruhendes gesellschaftliches System in seiner vollendeten Form zu ermöglichen, wenn andererseits das gegenwärtige System weder die Möglichkeit noch die Umstände zeitigt, die geboten sind, um diese Veränderung der Charaktere herbeizuführen und die Menschen für einen besseren Zustand, den wir alle wünschen, vorzubereiten, so ist es klar, daß die Dinge notwendigerweise so bleiben müssen, wie sie sind, wenn man nicht einen vorbereitenden Modus der Entwicklung entdeckt und durchführt – einen Prozeß, der sowohl dem gegenwärtigen System als auch dem Zukunftssystem (System der Gemeinschaftlichkeit) angehört – eine Art Übergangsstadium, in welches die Gesellschaft eintreten kann mit allen ihren Ausschreitungen und allen ihren Verrücktheiten, um es alsdann zu verlassen, reich an den Eigenschaften und Fähigkeiten, welche die Lebensbedingungen des Systems der Gemeinschaftlichkeit sind.« (Bray, S. 134.)

»Dieser ganze Prozeß würde nichts erfordern als die Kooperation in ihrer einfachsten Form ... Die Produktionskosten würden unter allen Umständen den Wert des Produktes bestimmen, und gleiche Werte würden sich stets gegen gleiche Werte austauschen. Wenn von zwei Personen die eine eine ganze, die andere eine halbe Woche gearbeitet hätte, so würde die erstere doppelt soviel Entschädigung erhalten als die andere; aber dieses Mehr der Bezahlung würde dem einen nicht auf Kosten des anderen gegeben werden: der Verlust, den der letztere sich zugezogen hätte, würde in keiner Weise auf den ersteren entfallen. Ein jeder würde seinen individuellen Lohn gegen Dinge vom selben Wert wie sein Lohn umtauschen, und auf keinen Fall könnte der Gewinn, den irgend jemand oder irgendeine Industrie erzielte, den Verlust eines anderen oder einer anderen Industriebranche bilden. Die Arbeit jedes Individuums wäre der einzige Maßstab für seinen Gewinn oder Verlust ...

... Vermittels allgemeiner und lokaler Büros ( boards of trade) würde man die Menge der verschiedenen Gegenstände bestimmen, welche für den Verbrauch benötigt sind, und den relativen Wert jedes einzelnen im Vergleich mit den anderen (die Zahl der in den verschiedenen Arbeitszweigen erforderlichen Arbeiter), mit einem Wort alles, was auf die gesellschaftliche Produktion und Verteilung Bezug hat. Diese Aufstellungen würden für eine Nation in ebenso kurzer Zeit und mit derselben Leichtigkeit gemacht werden können, als heutzutage für eine Privatgesellschaft ... Die Individuen würden sich in Familien gruppieren, die Familien in Gemeinden, wie unter dem gegenwärtigen Regime ..., man würde nicht einmal die Verteilung der Bevölkerung in Stadt und Land direkt abschaffen, so schädlich sie auch ist ... In dieser Assoziation würde jedes Individuum nach wie vor die Freiheit genießen, welche es heute besitzt, so viel zu akkumulieren, als ihm gut scheint und von dem Angesammelten den ihm konvenierenden Gebrauch zu machen ... Unsere Gesellschaft würde sozusagen eine große Aktiengesellschaft sein, zusammengesetzt aus einer unendlich großen Anzahl kleiner Aktiengesellschaften, die sämtlich arbeiten und ihre Produkte auf dem Fuße der vollständigsten Gleichheit herstellen und austauschen ... Unser neues System der Aktiengesellschaften, das nur eine Konzession an die heutige Gesellschaft ist, um zum Kommunismus zu gelangen, das so eingerichtet ist, daß das individuelle Eigentum an den Produkten fortbesteht neben dem gemeinschaftlichen Eigentum an den Produktivkräften, läßt das Schicksal jedes Individuums von seiner eigenen Tätigkeit abhängen und gewährt ihm einen gleichen Anteil an allen durch die Natur und die Fortschritte der Technik bewirkten Vorteilen. Infolgedessen kann es auf die Gesellschaft, wie sie ist, angewendet werden und sie auf weitere Veränderungen vorbereiten.« (Bray, S. 158, 160, 162, 168, 194 u. 199.)

Wir haben nur wenige Worte Herrn Bray zu entgegnen, der trotz uns und gegen unseren Willen sich in der Lage befindet, Herrn Proudhon ausgestochen zu haben, mit dem Unterschied, daß Herr Bray, weit entfernt, das letzte Wort der Menschheit sprechen zu wollen, nur die Maßregeln vorschlägt, welche er für eine Epoche des Überganges von der heutigen Gesellschaft in das System der Gemeinschaftlichkeit für geeignet hält.

Eine Arbeitsstunde von Peter tauscht sich gegen eine Arbeitsstunde von Paul aus, das ist das fundamentale Axiom des Herrn Bray.

Nehmen wir an, Peter habe zwölf Stunden Arbeit vor sich und Paul nur sechs, so wird Peter mit Paul nur einen Austausch von sechs gegen sechs vollziehen können. Peter wird daher sechs Arbeitsstunden übrigbehalten; was wird er mit diesen sechs Arbeitsstunden machen?

Entweder nichts, d. h. er wird sechs Stunden für nichts gearbeitet haben; oder er wird sechs andere Stunden feiern, um sich ins Gleichgewicht zu setzen; oder, und dies ist sein letztes Auskunftsmittel, er wird diese sechs Stunden, mit denen er nichts anzufangen weiß, Paul mit in den Kauf geben.

Was wird somit Peter schließlich mehr verdient haben als Paul? Arbeitsstunden? Nein. Er wird nur Mußestunden verdient haben, er wird gezwungen sein, während sechs Stunden den Faulenzer zu spielen. Und damit dieses neue Nichtstuerrecht von der neuen Gesellschaft nicht nur geduldet, sondern sogar geschätzt werde, muß diese ihr höchstes Glück in der Faulheit finden und die Arbeit sie wie eine Fessel bedrücken, der sie sich um jeden Preis zu entledigen hat. Und wenn wenigstens, um auf unser Beispiel zurückzukommen, diese Mußestunden, die Peter an Paul verdient hat, ein wirklicher Profit wären! Nicht im geringsten; Paul, der damit beginnt, nur sechs Stunden zu arbeiten, kommt durch eine regelmäßige und geregelte Arbeit zu demselben Resultat, das auch Peter nur erreicht, obwohl er mit einem Übermaß von Arbeit beginnt. Jeder wird Paul sein wollen, es wird eine Konkurrenz um die Stelle des Paul entstehen – eine Faulheitskonkurrenz.

Was hat uns nun der Austausch gleicher Arbeitsmengen gebracht? Überproduktion, Entwertung, Überarbeit, gefolgt von Stockung, endlich ökonomische Verhältnisse, wie wir sie in der gegenwärtigen Gesellschaft bestehen sehen, ohne die Arbeitskonkurrenz.

Nicht doch, wir täuschen uns; es bleibt noch ein Auskunftsmittel, welches die neue Gesellschaft retten kann, die Gesellschaft der Peter und Paul. Peter wird allein das Produkt der sechs Arbeitsstunden, die ihm bleiben, verzehren. Aber von dem Augenblick an, wo er nicht mehr auszutauschen braucht, weil er produziert hat, wird er nicht mehr zu produzieren brauchen, um auszutauschen, und die ganze Annahme einer auf Tausch und Arbeitsteilung basierten Gesellschaft fiele dahin. Man würde die Gleichheit des Tausches dadurch gerettet haben, daß der Tausch selbst aufhörte: Paul und Peter würden auf den Standpunkt Robinsons gelangen.

Wenn man also annimmt, daß alle Mitglieder der Gesellschaft selbständige Arbeiter sind, so ist ein Tausch gleicher Arbeitsstunden nur unter der Bedingung möglich, daß man von vornherein über die Stundenzahl übereinkommt, welche für die materielle Produktion notwendig ist. Aber eine solche Übereinkunft schließt den individuellen Tausch aus.

Wir kommen auch zur selben Folgerung, wenn wir als Ausgangspunkt nicht mehr die Verteilung der erzeugten Produkte, sondern den Akt der Produktion nehmen. In der Großindustrie steht es Peter nicht frei, seine Arbeitszeit selbst festzusetzen, denn die Arbeit Peters ist nichts ohne die Mitwirkung aller Peter und aller Paule, die in einer Werkstatt vereinigt sind. Daraus erklärt sich auch sehr wohl der hartnäckige Widerstand, den die englischen Fabrikanten der Zehn-Stunden-Bill entgegensetzten; sie wußten nur zu gut, daß eine Verminderung der Arbeit um zwei Stunden, einmal den Frauen und Kindern bewilligt, gleichermaßen eine Verminderung der Arbeitszeit für die Erwachsenen zur Folge haben müsse. Es liegt in der Natur der Großindustrie, daß die Arbeitszeit für alle gleich sein muß. Was heute durch das Kapital und die Konkurrenz der Arbeiter unter sich bewirkt wird, wird morgen, wenn man das Verhältnis von Arbeit und Kapital aufhebt, das Ergebnis einer Vereinbarung sein, die auf dem Verhältnis der Summe der Produktivkräfte zu der Summe der vorhandenen Bedürfnisse beruht.

Aber eine solche Vereinbarung ist die Verurteilung des individuellen Austausches, und somit sind wir wiederum bei unserem obigen Resultat angelangt.

Im Prinzip gibt es keinen Austausch von Produkten, sondern einen Austausch von Arbeiten, die zur Produktion zusammenwirken. Die Art, wie die Produktivkräfte ausgetauscht werden, ist für die Art des Austausches der Produkte maßgebend. Im allgemeinen entspricht die Art des Austausches der Produkte der Produktionsweise. Man ändere die letztere, und die Folge wird die Veränderung der ersteren sein. So sehen wir auch in der Geschichte der Gesellschaft die Art des Austausches der Produkte sich nach dem Modus ihrer Herstellung regeln. So entspricht auch der individuelle Austausch einer bestimmten Produktionsweise, welche selbst wieder dem Klassengegensatz entspricht; somit kein individueller Austausch ohne Klassengegensatz.

Aber das Biedermannsgewissen verschließt sich dieser evidenten Tatsache. Solange man Bourgeois ist, kann man nicht umhin, in diesem Gegensatz einen Zustand der Harmonie und ewigen Gerechtigkeit zu erblicken, der niemanden erlaubt, sich auf Kosten des anderen Geltung zu verschaffen. Für den Bourgeois kann der individuelle Austausch ohne Klassengegensatz fortbestehen: für ihn sind dies zwei ganz unzusammenhängende Dinge. Der individuelle Austausch, wie ihn sich der Bourgeois vorstellt, gleicht durchaus nicht dem individuellen Austausch, wie er wirklich vorgeht.

Herr Bray erhebt die Illusion des biedern Bürgers zum Ideal, das er verwirklichen möchte; dadurch, daß er den individuellen Austausch reinigt, daß er ihn von allen widerspruchsvollen Elementen, die er in ihm findet, befreit, glaubt er, ein » egalitäres« Verhältnis zu finden, das man in die Gesellschaft einführen müßte.

Herr Bray ahnt nicht,[Anmerkung 49] daß dieses egalitäre Verhältnis, dieses Verbesserungsideal, welches er in die Welt einführen will, selbst nichts anderes ist als der Reflex der gegenwärtigen Welt, und daß es infolgedessen total unmöglich ist, die Gesellschaft auf einer Basis rekonstituieren zu wollen, die selbst nur der verschönerte Schatten dieser Gesellschaft ist. In dem Maße, wie der Schatten Gestalt annimmt, bemerkt man, daß diese Gestalt, weit entfernt, ihre erträumte Verklärung zu sein, just die gegenwärtige Gestalt der Gesellschaft ist.[Anmerkung 50]

§ 3 Anwendung des Gesetzes der Proportionalität des Wertes

a) Das Geld

»Gold und Silber sind die ersten Waren, deren Wert zu seiner Konstituierung gelangt ist.« (I, 69.)

Somit sind Gold und Silber die ersten Anwendungen des – von Herrn Proudhon – »konstituierten Wertes«. Und da Herr Proudhon den Wert der Produkte dadurch konstituiert, daß er ihn durch die in denselben verkörperte Arbeitsmenge bestimmt, so hatte er einzig und allein den Beweis zu liefern, daß die mit dem Wert von Gold und Silber vorgehenden Veränderungen stets ihre Erklärung finden in den Veränderungen der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit. Herr Proudhon denkt nicht daran. Er spricht nicht von Gold und Silber als Ware, sondern er spricht von ihnen als Geld.

Seine ganze Logik, soweit bei ihm von Logik die Rede sein kann, besteht darin, die Eigenschaft von Gold und Silber, als Geld zu dienen, allen Waren unterzuschieben, welche die Eigenschaft haben, ihr Wertmaß in der Arbeitszeit zu finden. Kein Zweifel, diese Eskamotage zeugt mehr von Naivität als von Malice.

Ein nützliches Produkt, einmal durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit abgeschätzt, ist stets tauschfähig (acceptable en échange). Beweis, ruft Herr Proudhon aus, das Gold und das Silber, die sich in der von mir gewollten Lage der »Austauschbarkeit« befinden. Somit sind Gold und Silber – der in den Zustand seiner Konstitution gelangte Wert, die Verkörperung der Idee des Herrn Proudhon. Es ist unmöglich, in der Wahl seiner Beispiele glücklicher zu sein. Gold und Silber besitzen außer der Eigenschaft, eine Ware zu sein, die wie jede andere durch die Arbeitszeit geschätzt wird, noch die, allgemeines Tauschmittel, Geld, zu sein. Dadurch nun, daß man Gold und Silber als eine Anwendung des durch die Arbeitszeit » konstituierten Wertes« hinstellt, ist nichts leichter als der Beweis, daß jede Ware, deren Wert durch die Arbeitszeit konstituiert sein wird, stets austauschbar, Geld sein wird.

Eine höchst einfache Frage drängt sich dem Geiste des Herrn Proudhon auf: Warum genießen Gold und Silber das Privilegium, der Typus des »konstituierten Wertes« zu sein?

»Die besondere Funktion, welche der Gebrauch den edlen Metallen beigelegt hat, als Vermittler des Verkehrs zu dienen, ist rein konventionell, jede andere Ware könnte, vielleicht weniger bequem, aber ebenso zuverlässig, diese Rolle ausfüllen: die Ökonomen erkennen das an, und man zitiert mehr als ein Beispiel dafür. Was ist somit die Ursache dieses allgemein den Metallen eingeräumten Vorzuges, als Geld zu dienen, und wie erklärt sich diese Besonderheit der Funktionen des Geldes, die kein Analogon hat, in der politischen Ökonomie? ... Nun also, ist es vielleicht möglich, den Zusammenhang (série) wiederherzustellen, aus dem das Geld herausgerissen zu sein scheint, und somit dieses seinem wirklichen Prinzip wieder zuzuführen.« (I, 68-69.)

Bereits damit, daß er die Frage in diesen Ausdrücken stellt, setzt Herr Proudhon das Geld voraus. Die erste Frage, welche er sich hätte stellen sollen, wäre die, zu erfahren, warum man im Tauschverkehr, wie er sich heute herausgebildet hat, den Tauschwert sozusagen individualisieren mußte durch Schaffung eines besonderen Austauschmittels. Das Geld ist nicht eine Sache, sondern ein gesellschaftliches Verhältnis. Warum ist das Verhältnis des Geldes ein Produktionsverhältnis wie jedes andere ökonomische Verhältnis, wie die Arbeitsteilung usw.? Wenn Herr Proudhon sich von diesem Verhältnis Rechenschaft abgelegt hätte, so würde er in dem Geld nicht eine Ausnahme, nicht ein aus einem unbekannten oder erst wieder zu ermittelnden Zusammenhang herausgerissenes Glied gesehen haben.

Er würde im Gegenteil gefunden haben, daß dieses Verhältnis nur ein einzelnes Glied in der ganzen Verkettung der ökonomischen Verhältnisse und als solches aufs innigste mit ihr verbunden ist, und daß dieses Verhältnis ganz in demselben Grad einer bestimmten Produktionsweise entspricht wie der individuelle Austausch. Was aber tut er? Er fängt damit an, das Geld aus dem Zusammenhang der heutigen Produktionsweise herauszureißen, um es später zum ersten Glied eines imaginären, eines noch zu findenden Zusammenhanges zu machen.

Hat man einmal die Notwendigkeit eines besonderen Tauschmittels, d. h. die Notwendigkeit des Geldes eingesehen, so handelt es sich nicht mehr um die Erklärung, warum diese besondere Funktion vor allen anderen Waren dem Gold und Silber zugefallen ist. Es ist das eine sekundäre Frage, die nicht im Zusammenhang der Produktionsverhältnisse ihre Erklärung findet, sondern in den besonderen stofflichen Eigenschaften von Gold und Silber. Wenn demgemäß die Ökonomen bei dieser Gelegenheit »aus dem Gebiet ihrer Wissenschaft herausgetreten sind, wenn sie Physik, Mechanik, Geschichte usw. getrieben haben«, wie ihnen Herr Proudhon vorwirft, so haben sie nur getan, was sie tun mußten. Die Frage gehört nicht mehr in das Gebiet der politischen Ökonomie.

»Was keiner der Ökonomen«, sagt Herr Proudhon, »erkannt noch begriffen hat, ist der ökonomische Grund, der für die Bevorzugung, deren sich die Edelmetalle erfreuen, maßgebend war.« (I, 69.)

Den ökonomischen Grund, den niemand, und zwar aus guten Gründen, erkannt noch begriffen hat, Herr Proudhon hat ihn erkannt, begriffen und der Nachwelt überliefert.

»Was nämlich niemand bemerkt hat, ist die Tatsache, daß Gold und Silber die ersten Waren sind, deren Wert zur Konstituierung gelangt ist. In der patriarchalischen Periode werden Gold und Silber noch in Barren gehandelt und ausgetauscht, aber schon mit einer sichtbaren Tendenz zur Herrschaft und einer ausgeprägten Bevorzugung. Nach und nach bemächtigen sich die Souveräne derselben und drücken ihnen ihr Siegel auf: und aus dieser souveränen Weihung geht das Geld hervor, d. h. die Ware par excellence, die, aller Erschütterungen des Marktes ungeachtet, einen bestimmten proportionellen Wert beibehält und überall als voll in Zahlung genommen wird ... Die besondere Stellung, die Gold und Silber einnehmen, ist, wiederhole ich, eine Folge der Tatsache, daß dieselben, dank ihren metallischen Eigenschaften, der Schwierigkeit ihrer Beschaffung und namentlich der Intervention der staatlichen Autorität, sich rechtzeitig als Waren, Festigkeit und Authentizität erobert haben.«

Behaupten, daß von allen Waren Gold und Silber die ersten sind, deren Wert zu seiner Konstituierung gelangt ist, heißt nach dem Vorstehenden behaupten, daß Gold und Silber die ersten sind, die Geld geworden sind. Dies die große Offenbarung des Herrn Proudhon, dies die Wahrheit, die niemand vor ihm entdeckt hatte.

Wenn Herr Proudhon mit diesen Worten sagen wollte, daß Gold und Silber Waren sind, deren zu ihrer Erzeugung notwendige Arbeitszeit früher bekannt war als die aller anderen, so wäre dies wieder eine jener Annahmen, mit denen er seine Leser so bereitwillig beschenkt. Wenn wir uns an diese patriarchalische Gelehrsamkeit halten wollen, so würden wir Herrn Proudhon sagen, daß man zuallererst die Arbeitszeit kannte, die zur Herstellung der allernotwendigsten Gegenstände erforderlich war, wie Eisen usw. Den klassischen Bogen von Adam Smith schenken wir ihm.

Aber wie kann Herr Proudhon nach alledem noch von der Konstituierung eines Wertes sprechen, wo doch ein Wert niemals für sich allein konstituiert wird? Der Wert eines Produktes wird nicht durch die Arbeitszeit konstituiert, die zu seiner Herstellung für sich allein notwendig ist, sondern im Verhältnis zur Menge aller anderen Produkte, die in derselben Zeit erzeugt werden können. Die Konstituierung des Wertes von Gold und Silber setzt also bereits die fertige Konstituierung (des Wertes) einer Menge anderer Produkte voraus.

Es ist also nicht die Ware, die im Gold und Silber »konstituierter Wert« geworden ist, sondern es ist der »konstituierte Wert« des Herrn Proudhon, der im Gold und Silber Geld geworden ist.

Untersuchen wir jetzt die ökonomischen Gründe, die nach Herrn Proudhon dem Gold und Silber den Vorzug verschafft haben, früher als alle anderen Produkte zu Geld erhoben zu werden, vermöge der Konstituierung ihres Wertes.

Diese ökonomischen Gründe sind: »die sichtbare Tendenz zur Herrschaft«, die schon in der »patriarchalischen Periode« »ausgeprägte Bevorzugung« und andere Umschreibungen des einfachen Faktums, welche die Schwierigkeit vermehren, indem sie die Tatsache vervielfältigen durch Vervielfältigung der Fälle, die Herr Proudhon vorführt, um die Tatsache zu erklären. Herr Proudhon hat indes noch nicht alle angeblich ökonomischen Gründe erschöpft. Greifen wir einen von überwältigender, souveräner Kraft heraus.

»Aus der souveränen Weihung geht das Geld hervor: die Souveräne bemächtigen sich des Goldes und Silbers und drücken ihnen ihr Siegel auf.« (I, 69.)

Somit ist für Herrn Proudhon das Belieben der Souveräne der höchste Grund in der politischen Ökonomie!

In der Tat, man muß jeder historischen Kenntnis bar sein, um nicht zu wissen, daß es die Souveräne sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mußten, daß aber niemals sie es gewesen sind, welche ihnen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die bürgerliche Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse.

Hat sich der Souverän des Goldes und Silbers bemächtigt, um sie durch Aufprägung seines Siegels zu allgemeinen Tauschmitteln zu machen, oder haben sich nicht vielmehr diese allgemeinen Tauschmittel des Souveräns bemächtigt, indem sie ihn zwangen, ihnen sein Siegel aufzudrücken und ihnen eine politische Weihung zu geben?

Das Gepräge, welches man dem Gold gegeben hat und gibt, drückt nicht seinen Wert, sondern sein Gewicht aus: die Festigkeit und Authentizität, von denen Herr Proudhon spricht, beziehen sich nur auf den Feingehalt der Münze; dieser Feingehaltstitel[Anmerkung 51] zeigt an, wieviel Metallstoff in einem Stück gemünzten Geldes enthalten ist. »Der einzige innewohnende Wert einer Mark Silber«, sagt Voltaire mit seinem bekannten gesunden Menschenverstand, »ist ein halbes Pfund Silber im Gewicht von acht Unzen. Gewicht und Feingehalt ergeben allein diesen immanenten Wert.« ( Voltaire, Système de Law.) Aber die Frage: Wieviel ist eine Unze Gold oder Silber wert? besteht darum nicht minder fort. Wenn ein Kaschmir aus dem Magazin »zum großen Colbert« das Fabrikzeichen »reine Wolle« trägt, so gibt diese Fabrikmarke noch nicht den Wert des Kaschmirs an. Es bleibt noch immer zu ermitteln, wieviel die Wolle wert ist. »Philipp I., König von Frankreich«, sagt Herr Proudhon, »versetzt das Geld-Pfund Tournois (Gewicht Karls des Großen) mit einem Drittel Legierung, indem er sich einbildet, daß, da er allein das Monopol der Geldfabrikation hatte, er auch tun könne, was jeder Kaufmann tut, der das Monopol eines Produktes besitzt. Was war in der Tat diese Philipp und seinen Nachfolgern so sehr zum Vorwurf gemachte Münzfälschung? Ein vom Standpunkt der geschäftlichen Routine sehr berechtigtes, aber vom Standpunkt der ökonomischen Wissenschaft sehr falsches Räsonnement; daß man nämlich, da Angebot und Nachfrage den Wert regulieren, sowohl durch eine künstlich erzeugte Seltenheit wie durch Monopolisierung der Fabrikation die Schätzung und somit auch den Wert der Dinge steigen machen kann, und daß dies ebenso von Gold und Silber gilt wie von Getreide, Wein, Öl und Tabak. Indes, kaum war der Betrug Philipps ruchbar geworden, als sein Geld auf den richtigen Wert reduziert ward und er zur selben Zeit das verlor, um was er seine Untertanen geglaubt hatte, prellen zu können. Dasselbe Schicksal hatten in der Folge alle ähnlichen Versuche.« (I, 70-71.)

Zunächst hat es sich gar oft gezeigt, daß, wenn der Fürst daran geht, die Münzen zu fälschen, er es ist, der dabei verliert. Was er bei der ersten Emission einmal verdient, verliert er so oft, als die gefälschten Münzen ihm in Form von Steuern usw. wieder zufließen.

Aber Philipp und seine Nachfolger wußten sich mehr oder minder gegen diesen Verlust zu schützen; denn kaum daß das gefälschte Geld in Umlauf gesetzt, hatten sie nichts Eiligeres zu tun, als ein allgemeines Umschmelzen des Geldes auf den alten Fuß anzuordnen.

Dann aber, hätte Philipp I. wirklich, wie Herr Proudhon, räsonniert, so hätte Philipp I. vom »kommerziellen Gesichtspunkt« aus nicht gut räsonniert. Weder Philipp I. noch Herr Proudhon legen kaufmännischen Geist an den Tag, wenn sie sich einbilden, daß man den Wert des Goldes wie den jeder anderen Ware aus dem einzigen Grunde ändern könne, daß ihr Wert durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt wird.

Wenn König Philipp angeordnet hätte, daß ein Malter Weizen künftighin zwei Malter Weizen heißen solle, so würde er ein Betrüger gewesen sein; er würde alle Rentiers, alle Leute betrogen haben, die hundert Malter Weizen zu empfangen hatten; er wäre die Ursache gewesen, daß alle diese Leute statt hundert Malter Weizen nur fünfzig empfangen hätten. Man nehme an, der König sei Schuldner von hundert Malter Weizen gewesen, so hätte er nur fünfzig zu bezahlen gehabt. Aber im Handel wären hundert Malter nie mehr wert gewesen als vorher fünfzig. Damit, daß man den Namen ändert, ändert man nicht die Sache. Die Menge Weizen, die angebotene wie geforderte, wäre durch diese einfache Veränderung der Namen weder vermindert noch erhöht worden. Da trotz dieser Veränderung des Namens das Verhältnis von Angebot und Nachfrage das gleiche bliebe, so erlitte der Preis des Getreides keinerlei wirkliche Veränderung. Wenn man von Angebot und Nachfrage der Dinge spricht, so spricht man nicht von Angebot und Nachfrage des Namens der Dinge. Philipp I. machte nicht Gold oder Silber, wie Herr Proudhon sagt, er machte nur Namen von Münzen. Gebt eure französischen Kaschmire für indische aus, so ist es möglich, daß ihr ein oder zwei Käufer täuscht, aber sobald der Betrug einmal bekannt ist, werden eure vorgeblich indischen Kaschmire auf den Preis der französischen fallen. Damit, daß er dem Gold und Silber eine falsche Etiquette gab, konnte Philipp I. die Leute nur so lange hinters Licht führen, als der Betrug nicht bekannt war. Wie jeder andere Krämer betrog er seine Kunden durch eine falsche Bezeichnung der Ware: das konnte eine Zeitlang dauern. Früher oder später mußte er die Unerbittlichkeit der Gesetze des Verkehrs erfahren. Wollte Herr Proudhon das beweisen? Nein. Nach ihm empfängt das Geld vom Souverän und nicht vom Verkehr seinen Wert. Und was hat er in Wirklichkeit bewiesen? Daß der Verkehr souveräner ist als der Souverän. Der Souverän ordne an, daß eine Mark künftig zwei Mark sei, und der Verkehr wird stets behaupten, daß diese zwei Mark nur so viel wert sind wie die eine Mark von früher.

Aber damit ist die Frage des durch die Arbeitsmenge bestimmten Wertes um keinen Schritt vorwärtsgerückt. Es bleibt noch immer zu entscheiden, ob diese zwei Mark, die jetzt wieder die Mark von früher geworden, bestimmt werden durch die Produktionskosten oder durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage?

Herr Proudhon fährt fort: »Es bleibt auch noch zu erwägen, daß, wenn es in der Macht des Königs gelegen hätte, statt das Geld zu fälschen, dessen Menge zu verdoppeln, der Tauschwert von Gold und Silber um die Hälfte gefallen wäre, immer auf Grund der Proportionalität und des Gleichgewichtes.« (I, 71.) Wenn diese Herrn Proudhon mit den anderen Ökonomen gemeinsame Ansicht richtig ist, so spricht sie zugunsten ihrer Doktrin von Angebot und Nachfrage und keineswegs zugunsten der Proportionalität des Herrn Proudhon. Denn welches auch immer die in der doppelten Masse von Gold und Silber verkörperte Arbeitszeit gewesen wäre, immer wäre ihr Wert um die Hälfte gefallen, wenn die Nachfrage dieselbe geblieben wäre und das Angebot sich verdoppelt hätte. Oder liefe zufällig das » Gesetz der Proportionalität« diesmal auf das so verachtete Gesetz von Angebot und Nachfrage hinaus? Die richtige Proportionalität des Herrn Proudhon ist in der Tat so elastisch, sie gestattet so viele Variationen, Kombinationen und Permutationen, daß sie wohl einmal mit dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage zusammenfallen kann.

Behaupten, daß »jede Ware (jederzeit), wenn nicht tatsächlich, so wenigstens von Rechts wegen austauschbar« sei, mit dem Hinweis auf die Rolle, welche Gold und Silber spielen, heißt diese Rolle verkennen. Gold und Silber sind nur deswegen von Rechts wegen (jederzeit) austauschbar, weil sie es tatsächlich sind; und sie sind es tatsächlich, weil die gegenwärtige Organisation der Produktion eines allgemeinen Tauschmittels bedarf. Das Recht ist nur die offizielle Anerkennung der Tatsache. Wir haben gesehen, daß das Beispiel vom Geld als Darstellung des zu seiner Konstituierung gelangten Wertes von Herrn Proudhon nur gewählt wurde, um seine ganze Lehre von der Austauschbarkeit einschmuggeln zu können, d. h. um nachzuweisen, daß jede nach ihren Produktionskosten abgeschätzte Ware Geld werden müsse. Alles das wäre schön und gut, bestände nicht der kleine Übelstand, daß gerade Gold und Silber in ihrer Eigenschaft als Münze (als Wertzeichen) von allen Waren die einzigen sind, die nicht durch ihre Produktionskosten bestimmt werden; und das ist so sehr richtig, daß sie in der Zirkulation durch Papier ersetzt werden können. Solange ein gewisses Verhältnis zwischen den Bedürfnissen der Zirkulation und der Menge des ausgegebenen Geldes beobachtet wird, sei dieses Papier-, Gold-, Platina- oder Kupfergeld, so wird es sich nicht darum handeln, ein Verhältnis zwischen dem innewohnenden Wert (Produktionskosten) und dem Nominalwert des Geldes einzuhalten. Kein Zweifel, im internationalen Verkehr wird das Geld, wie jede andere Ware, durch die Arbeitszeit bestimmt. Aber auch Gold und Silber sind im internationalen Verkehr Tauschmittel als Produkte, nicht als Münze, d. h. sie verlieren diesen Charakter der »Festigkeit und Authentizität«, der »souveränen Weihe«, die für Herrn Proudhon ihren spezifischen Charakter bilden. Ricardo hat diese Wahrheit so gut begriffen, daß, obwohl er sein ganzes System auf den durch die Arbeitszeit bestimmten Wert aufbaut und erklärt: » Gold und Silber haben, wie jede andere Ware, nur Wert im Verhältnis zu der Arbeitsmenge, die notwendig ist, sie zu produzieren und auf den Markt zu bringen« – er nichtsdestoweniger hinzufügt, daß der Wert des Geldes nicht durch die in seiner Materie fixierte Arbeitszeit, sondern nur durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. »Obwohl das Papier keinen inneren Wert hat, so kann doch, wenn man seine Menge begrenzt, sein Tauschwert dem Wert von Metallgeld im gleichen Betrage oder von nach ihrem Münzwert abgeschätzten Barren gleichkommen. Ganz ebenso, infolge desselben Prinzips, d. h. dadurch, daß man die Menge des Geldes einschränkt, können unterwertige Geldstücke zu dem Wert zirkulieren, den sie haben würden, wären ihr Gewicht und ihr Gehalt die vom Gesetz vorgeschriebenen, nicht aber nach dem inneren Wert des reinen Metalles, das sie enthalten. Deshalb finden wir in der Geschichte des englischen Geldes, daß unser Hartgeld niemals sich in dem gleichen Verhältnis entwertete, als es gefälscht wurde. Die Ursache liegt darin, daß es niemals im Verhältnis seiner Entwertung vermehrt wurde.« (Ricardo, a. a. O., S. 206-207.)

J.-B. Say bemerkt zu diesem Satze Ricardos:

» Dieses Beispiel sollte, wie mir scheint, genügen, um den Autor zu überzeugen, daß die Grundlage jedes Wertes nicht die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitsmenge ist, sondern das Bedürfnis, das man nach ihr empfindet, zusammengehalten mit ihrer Seltenheit.«

So wird das Geld, das für Ricardo nicht mehr ein durch die Arbeitszeit bestimmter Wert ist und welches J.-B. Say deshalb als Beispiel nimmt, um Ricardo zu überzeugen, daß die anderen Werte ebensowenig durch die Arbeitszeit bestimmt werden können – so wird dieses Geld, welches J.-B. Say als Beispiel eines ausschließlich durch Angebot und Nachfrage bestimmten Wertes nimmt, für Herrn Proudhon das Beispiel par excellence der Anwendung des – durch die Arbeitszeit konstituierten Wertes.

Um zum Ende zu kommen: wenn das Geld kein durch die Arbeitszeit konstituierter Wert ist, so kann es noch weit weniger irgend etwas mit der richtigen »Proportionalität« des Herrn Proudhon gemein haben. Gold und Silber sind stets austauschbar, weil sie die besondere Funktion haben, als universelles Tauschmittel zu dienen, und keineswegs, weil sie in einer der Gesamtheit der Güter proportionellen Menge vorhanden sind; oder, um es noch besser auszudrücken, sie sind stets proportionell, weil sie von allen Waren allein das Geld, als universelles Tauschmittel dienen, in welchem Verhältnis auch immer ihre Menge zur Gesamtheit der Güter stehe. »Das in Zirkulation befindliche Geld kann nie reichlich genug vorhanden sein, um überzuströmen; denn wenn ihr seinen Wert herabsetzt, werdet ihr in demselben Verhältnis seine Menge vermehren, und mit der Vermehrung seines Wertes werdet ihr seine Menge vermindern.« (Ricardo, II, 205.)

»Welches Imbroglio ist die politische Ökonomie!« ruft Herr Proudhon aus. (I, 72.)

»Verdammtes Gold!« ruft possierlich ein Kommunist (durch den Mund des Herrn Proudhon). Ebensogut könnte man sagen: Verdammter Weizen! Verdammte Weinstöcke! Verdammte Hammel! denn »ebenso wie Gold und Silber muß jeder Handelswert zu seiner peinlich genauen Festsetzung gelangen«.(I, 73.)

Die Idee, Hammeln und Weinstöcken die Eigenschaft des Geldes zu verschaffen, ist nicht neu. In Frankreich gehört sie dem Jahrhundert Ludwig XIV. an. In dieser Epoche, wo das Geld angefangen hatte, seine Allmacht geltend zu machen, beklagte man sich über die Entwertung aller anderen Waren und rief sehnsüchtig den Moment herbei, wo jeder »kommerzielle Wert« zu seiner peinlich genauen Festsetzung gelangen, Geld werden könne. Schon bei Boisguillebert, einem der ältesten Ökonomen Frankreichs, finden wir folgenden Satz: »Dann wird das Geld, dank diesem unermeßlichen Zufluß von Konkurrenten, den in ihren richtigen Wert wieder eingesetzten Waren selbst, wieder in seine natürlichen Grenzen verwiesen werden.« ( Economistes financiers du dix-huitième siècle, S. 422, éd. Daire.[Anmerkung 52]) Man sieht: die ersten Illusionen der Bourgeoisie sind auch ihre letzten.

b) Der Arbeitsüberschuß

»Man findet in den Abhandlungen über politische Ökonomie folgende abgeschmackte Hypothese: wenn der Preis aller Dinge verdoppelt würde ... Als ob der Preis aller Dinge nicht das Verhältnis der Dinge wäre und man eine Proportion, ein Verhältnis, ein Gesetz verdoppeln könnte!« (Proudhon, Bd. 1, S. 81.) Die Ökonomen sind in diesen Irrtum verfallen, weil sie die richtige Anwendung des »Gesetzes der Proportionalität« und des »konstituierten Wertes« nicht verstanden.

Leider findet man in dem Werke des Herrn Proudhon selbst, Bd. 1, S. 110, diese abgeschmackte Hypothese, daß, »wenn der Lohn allgemein stiege, der Preis aller Dinge steigen würde«. Zum Überfluß findet man, wenn man in den Abhandlungen über politische Ökonomie die fragliche Phrase findet, ebendaselbst auch ihre Erklärung. »Wenn man sagt, daß der Preis aller Waren steigt oder sinkt, so schließt man stets die eine oder die andere der Waren aus: die ausgeschlossene Ware ist gewöhnlich das Geld oder die Arbeit.« ( Encyclopaedia Metropolitana or Universal Dictionary of Knowledge, vol. IV, Artikel Political Economy[Anmerkung 53] von Senior, London 1836. Vgl. auch über diesen Ausdruck J. St. Mill, Essays on some unsettled questions of political economy,[Anmerkung 54] London 1844, und Tooke, A history of prices,[Anmerkung 55] London 1838.)

Schreiten wir jetzt zur zweiten Anwendung des »konstituierten Wertes« und anderer Proportionalitäten, deren einziger Fehler ist, wenig proportioniert zu sein; und sehen wir zu, ob Herr Proudhon dort glücklicher ist als in der Verwandlung der Hammel in Geld.

»Ein von den Ökonomen einstimmig anerkanntes Axiom sagt, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß. Dieser Satz gilt mir als absolut und allgemein wahr: er ist die Ergänzung des Gesetzes von der Proportionalität, welches man als die Summe aller ökonomischen Wissenschaft betrachten kann. Aber ich bitte die Ökonomen um Verzeihung. Das Prinzip, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß, hat in ihrer Theorie keinen Sinn und ist keines Beweises fähig.« (Proudhon, I, 73.)

Um zu beweisen, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß, personifiziert Herr Proudhon die Gesellschaft, er macht aus ihr eine Gesellschaftsperson, eine Gesellschaft, die keineswegs die Gesellschaft der Personen ist, da sie ihre besonderen Gesetze hat, die nichts gemein haben mit den Personen, aus denen sie sich zusammensetzt; die ebenfalls ihren »eigenen Verstand« hat, der nicht der Verstand der gemeinen Menschen ist, sondern ein Verstand, der nicht den gemeinen Menschenverstand hat. Herr Proudhon wirft den Ökonomen vor, die Persönlichkeit dieses Gesamtwesens nicht begriffen zu haben. Es macht uns Vergnügen, ihm den folgenden Satz eines amerikanischen Ökonomen entgegenzuhalten, der den anderen Ökonomen das gerade Gegenteil vorwirft: »Dem moralischen Individuum (the moral entity), dem grammatikalischen Wesen ( the grammatical being), Gesellschaft genannt, wurden Eigenschaften beigelegt, die nur in der Einbildung derer bestehen, welche aus einem Wort eine Sache machen ... Dies hat zu vielen Schwierigkeiten und beklagenswerten Irrtümern der politischen Ökonomie Veranlassung gegeben.« (Th. Cooper, Lectures on the Elements of Political Economy,[Anmerkung 56] Columbia 1826.)

»Dieses Prinzip des Arbeitsüberschusses«, fährt Herr Proudhon fort, »trifft in bezug auf die Individuen nur zu, weil es von der Gesellschaft ausgeht, die ihnen so die Wohltat ihrer eigenen Gesetze zukommen läßt.« (I, 75.)

Will Herr Proudhon damit lediglich sagen, daß die Produktion des Individuums in der Gesellschaft die des isolierten Individuums übertrifft? Will er von diesem Überschuß der Produktion der assoziierten Individuen über die der nicht assoziierten Individuen sprechen? Wenn dem so ist, so können wir ihm hundert Ökonomen zitieren, welche diese einfache Wahrheit ausgesprochen haben ohne den ganzen Mystizismus, in den sich Herr Proudhon hüllt. So sagt z. B. Herr Sadler:

»Die gemeinschaftliche Arbeit ergibt Resultate, welche die individuelle Arbeit niemals hervorzubringen vermag. In dem Maße daher, wie die Menschheit der Zahl nach sich vermehrt, werden die Produkte der vereinigten Arbeit bei weitem die Summe übertreffen, welche sich aus einer einfachen Addition der Menschenzahl-Vermehrung ergibt ... In den mechanischen Industrien wie auf wissenschaftlichem Gebiet kann jeder einzelne heute in einem Tage mehr leisten als ein isoliertes Individuum während seines ganzen Lebens. Das mathematische Axiom, daß das Ganze der Summe der Teile gleich ist, ist falsch in Anwendung auf unseren Gegenstand. In bezug auf die Arbeit, diesen großen Grundpfeiler der menschlichen Existenz ( the great pillar of human existence), kann man sagen, daß das Produkt der gemeinschaftlichen Anstrengungen bei weitem alles übertrifft, was isolierte Bemühungen der einzelnen je zu produzieren vermögen.« (Th. Sadler, The law of population,[Anmerkung 57] London 1830.)

Kehren wir zu Herrn Proudhon zurück. Der Arbeitsüberschuß, sagt er, findet seine Erklärung in der Person: Gesellschaft. Die Lebenstätigkeit dieser Person richtet sich nach Gesetzen, die den Gesetzen widersprechen, welche die Tätigkeit des Menschen als Individuum bestimmen; dies will er durch » Tatsachen« beweisen.

»Die Entdeckung eines neuen wirtschaftlichen Verfahrens kann nie dem Erfinder einen Vorteil eintragen, der dem gleich ist, welchen er der Gesellschaft verschafft ... Man hat bemerkt, daß die Eisenbahnunternehmungen weit weniger eine Reichtumsquelle für die Unternehmer sind als für den Staat ... Der Durchschnittspreis des Gütertransportes per Achse (Fuhre) beträgt 18 Centimes pro Tonne und Kilometer ab und an Lager. Man hat ausgerechnet, daß bei diesem Preise ein gewöhnliches Eisenbahnunternehmen keine 10 Prozent Reingewinn machen würde, ein Resultat, das beinahe dem eines Fuhrunternehmens gleichkommt. Aber nehmen wir an, daß die Geschwindigkeit eines Transportes per Eisenbahn sich zu der eines Fuhrunternehmens wie 4:1 verhält, so wird, da in der Gesellschaft die Zeit selbst Wert ist, bei Gleichheit des Preises die Eisenbahn gegenüber der Frachtfuhre einen Gewinn von 400 Prozent darstellen. Indes realisiert sich dieser enorme, für die Gesellschaft sehr reelle Gewinn bei weitem nicht in dem gleichen Verhältnis für den Transportunternehmer, der, während er der Gesellschaft einen Vorteil von 400 Prozent verschafft, selbst keine 10 Prozent bezieht. Nehmen wir in der Tat an, um die Sache noch greifbarer zu machen, daß die Eisenbahn ihren Tarif auf 25 Centimes festsetzt, während der der Fracht per Achse 18 bleibt, so wird sie sofort alle ihre Gütertransporte verlieren. Absender und Empfänger, alle Welt wird, wenn es sein muß, auf die alten Rumpelkasten zurückkommen. Man wird die Lokomotive stehenlassen: ein gesellschaftlicher Vorteil von 400 Prozent wird einem privaten Verlust von 35 Prozent aufgeopfert werden. Die Ursache davon ist leicht einzusehen: der Vorteil, den die Geschwindigkeit der Eisenbahn zur Folge hat, ist rein sozial, und jeder einzelne nimmt daran nur im geringsten Maße Anteil (vergessen wir nicht, daß es sich in diesem Augenblick nur um den Gütertransport handelt), während der Verlust den Konsumenten direkt und persönlich trifft. Ein sozialer Vorteil, gleich 400, stellt für das Individuum, wenn die Gesellschaft nur aus einer Million Menschen besteht, 4/10 000 dar, während ein Verlust von 33 Prozent für den Konsumenten ein soziales Defizit von 33 Millionen voraussetzte.« (Proudhon, I, 75, 76.)

Es mag noch angehen, daß Herr Proudhon eine vervierfachte Geschwindigkeit mit 400 Prozent der ursprünglichen Geschwindigkeit ausdrückt; aber wenn er die Prozente der Geschwindigkeit mit den Prozenten des Profites in Verbindung bringt und zwischen zwei Dingen ein Verhältnis herstellen will, die zwar jedes für sich nach Prozenten gemessen werden können, aber dessenungeachtet eins mit dem anderen inkommensurabel sind, so heißt dies ein Verhältnis zwischen den Prozenten herstellen und die Dinge selbst beiseite lassen.

Prozente sind immer Prozente. 10 Prozent und 400 Prozent sind kommensurabel, sie verhalten sich zueinander wie 10:400; daher, schließt Herr Proudhon, ist ein Profit von 10 Prozent vierzigmal weniger wert als eine vierfache Geschwindigkeit. Um den Schein zu retten, sagt er, daß für die Gesellschaft die Zeit der Wert ist ( time is money). Dieser Irrtum stammt daher, daß er sich dunkel erinnert, daß ein Verhältnis zwischen Wert und Arbeitszeit besteht, und er hat nichts Eiligeres zu tun, als die Arbeitszeit der Zeit des Transportes gleichzusetzen, d. h. er identifiziert die paar Heizer, Zugführer und Genossen, deren Arbeitszeit nichts anderes ist als die Zeit des Transportes, mit der ganzen Gesellschaft. So wird mit einem Male die Geschwindigkeit Kapital, und auf diese Art hat er vollauf recht, zu sagen: »Ein Vorteil von 400 Prozent wird einem Verlust von 35 Prozent aufgeopfert.« Nachdem er diesen sonderbaren Satz als Mathematiker aufgestellt hat, erklärt er ihn uns als Ökonom.

»Ein sozialer Vorteil, gleich 400, stellt für das Individuum, wenn die Gesellschaft nur aus einer Million Menschen besteht, 4/10 000 dar.« Einverstanden; aber es handelt sich nicht um 400, sondern um 400 Prozent, und ein Vorteil von 400 Prozent stellt für das Individuum 400 Prozent dar, nicht mehr und nicht weniger. Welches immer das Kapital sei, die Dividenden werden sich stets im Verhältnis von 400 Prozent berechnen. Was tut Herr Proudhon? Er nimmt die Prozente für das Kapital, und als ob er fürchte, daß seine Konfusion nicht »greifbar«, nicht deutlich genug sei, fährt er fort:

»Ein Verlust von 33 Prozent für den Konsumenten würde ein soziales Defizit von 33 Millionen voraussetzen.« 33 Prozent Verlust für den Konsumenten bleiben 33 Prozent Verlust für eine Million Konsumenten. Wie kann Herr Proudhon daher vernünftigerweise sagen, daß bei einem Verlust von 33 Prozent sich das gesellschaftliche Defizit auf 33 Millionen belaufe, wo er weder das soziale Kapital noch auch nur das Kapital eines einzigen Interessenten kennt? Es genügte somit Herrn Proudhon nicht, Kapital und Prozente zusammengeworfen zu haben, er übertrifft sich noch, indem er das in ein Unternehmen gesteckte Kapital mit der Zahl der Interessenten identifiziert.

»Setzen wir in der Tat, um die Sache noch greifbarer zu gestalten«, ein bestimmtes Kapital voraus. Ein sozialer Profit von 400 Prozent, auf eine Million von Teilnehmern repartiert, von denen jeder mit einem Franc beteiligt ist, ergibt vier Franc Profit pro Kopf und nicht 0,0004, wie Herr Proudhon behauptet. Ebenso repräsentiert ein Verlust von 33 Prozent für jeden der Teilnehmer ein gesellschaftliches Defizit von 330 000 Franc und nicht von 33 Millionen (100:33=1 000 000:330 000).

Von seiner Theorie der Persongesellschaft bestochen, vergißt Herr Proudhon, die Teilung durch hundert vorzunehmen. Er erlangt so 330 000 Franc Verlust, aber 4 Franc Profit pro Kopf machen für die Gesellschaft 4 000 000 Franc Profit. Bleibt für die Gesellschaft ein reiner Profit von 3 670 000 Franc. Diese exakte Rechnung beweist just das Gegenteil von dem, was Herr Proudhon beweisen wollte: nämlich daß Profit und Verlust der Gesellschaft sich keineswegs im umgekehrten Verhältnis zu Profit und Verlust der Individuen verhalten.

Nachdem wir so diese einfachen Rechenfehler berichtigt haben, wollen wir nun einmal die Konsequenzen betrachten, zu denen man gelangen müßte, wollte man für die Eisenbahnen das Verhältnis von Geschwindigkeit und Kapital, wie Herr Proudhon es gibt, ohne die Rechenfehler zugrunde legen. Nehmen wir an, daß ein viermal schnellerer Transport viermal mehr kostet, so würde dieser Transport nicht weniger Profit ergeben als der Transport per Achse, der viermal langsamer geht und den vierten Teil der Fracht kostet. Wenn also der Achsentransport 18 Centimes nimmt, so könnte die Eisenbahn 72 Centimes nehmen. Das wäre nach »mathematischer Genauigkeit« die Konsequenz der Voraussetzung des Herrn Proudhon, immer von seinen Rechenfehlern abgesehen. Aber da sagt er uns mit einem Male, daß, wenn die Eisenbahn statt 72 Centimes nur 25 nehmen würde, sie sofort alle ihre Gütertransporte verlieren würde. Entschieden, man muß zum alten Rumpelkasten zurückkehren. Wenn wir indes Herrn Proudhon einen Rat zu geben haben, so ist es der, in seinem » Programme de l'association progressive«[Anmerkung 58] nicht die Division durch hundert zu vergessen. Aber leider ist nicht zu erwarten, daß unser Rat erhört werde, denn Herr Proudhon ist von seiner »progressiven« Berechnung, die seiner »progressiven Assoziation« entspricht, so entzückt, daß er mit großer Emphase ausruft: »Ich habe bereits im zweiten Kapitel, bei der Lösung der Antinomie des Wertes, gezeigt, daß der Vorteil jeder nützlichen Entdeckung unvergleichlich geringer für den Erfinder ist, was er auch tun möge, als für die Gesellschaft; ich habe den Beweis in dieser Beziehung bis zur mathematischen Genauigkeit geführt!«

Kehren wir zur Fiktion von der Persongesellschaft zurück, die keinen anderen Zweck hatte, als die einfache Tatsache zu beweisen, daß eine neue Erfindung, die mit derselben Arbeitsmenge eine größere Menge Waren verfertigen läßt, den Marktpreis des Produktes sinken macht. Der Gesellschaft fällt damit ein Gewinn zu, nicht dadurch, daß sie mehr Tauschwert erlangt, sondern daß sie mehr Waren für denselben Wert erhält. Was den Erfinder anbetrifft, so bewirkt die Konkurrenz, daß sein Profit sukzessive bis zum allgemeinen Niveau der Profite fällt. Hat Herr Proudhon, wie er wollte, diesen Satz bewiesen? Nein; das verhindert ihn aber nicht, den Ökonomen vorzuwerfen, diesen Beweis nicht erbracht zu haben. Um ihm das Gegenteil zu beweisen, zitieren wir nur Ricardo und Lauderdale; Ricardo, das Haupt der Schule, die den Wert nach der Arbeitszeit bestimmt, Lauderdale, einen der entschiedensten Verteidiger der Bestimmung des Wertes durch Angebot und Nachfrage. Beide haben denselben Satz aufgestellt.

»Indem wir beständig die Leichtigkeit der Produktion erhöhen, vermindern wir fortgesetzt den Wert einiger der früher produzierten Dinge, obwohl wir durch dieses Mittel nicht nur den Nationalreichtum vermehren, sondern auch die Möglichkeit, für die Zukunft zu produzieren ... Sobald wir mittels Maschinen oder unserer naturwissenschaftlichen Kenntnisse die Naturkräfte zwingen, die Arbeit zu verrichten, die bis dahin der Mensch leistete, so fällt infolgedessen der Tauschwert des Produktes. Wenn zehn Leute notwendig wären, um eine Getreidemühle zu drehen, und man entdeckte, daß vermittels des Windes oder des Wassers die Arbeit dieser zehn Menschen erspart werden könnte, so würde das Mehl, das Produkt der Mühlenarbeit, von diesem Augenblick an im Verhältnis zur Summe der ersparten Arbeit fallen, und die Gesellschaft würde sich um den vollen Wert der Dinge bereichert finden, welche die Arbeit dieser zehn Männer zu erzeugen vermag, da die zur Erhaltung der Arbeiter bestimmten Fonds damit nicht die geringste Verminderung erfahren hätten.« (Ricardo, II, 59.)

Lauderdale seinerseits sagt:

»Der Profit der Kapitalien entstammt stets dem Umstand, daß sie einen Teil der Arbeit auf sich nehmen, welche der Mensch mit seinen Händen verrichten müßte, d. h. daß sie eine Portion Arbeit über die persönlichen Bemühungen des Menschen hinaus verrichten, die er selbst nicht auszuführen vermöchte. Der schmale Profit, den im allgemeinen die Besitzer der Maschinen erzielen im Vergleich zum Preis der Arbeit, welche diese ersetzen, wird vielleicht Zweifel über die Richtigkeit dieser Ansicht hervorrufen. Eine Dampfpumpe befördert z. B. in einem Tag mehr Wasser aus einer Kohlenmine, als dreihundert Menschen auf ihrem Rücken heraustragen könnten, selbst wenn sie eine Eimerkette bildeten, und es unterliegt keinem Zweifel, daß sie die Arbeit derselben zu viel geringeren Kosten ersetzt. Dasselbe ist der Fall mit allen Maschinen. Die bisherige Menschenarbeit, an deren Stelle sie getreten sind, müssen sie zu billigerem Preise verrichten ... Angenommen, dem Erfinder einer Maschine, welche die Arbeit von Vieren verrichtet, sei ein Patent erteilt worden, so ist es klar – da das ausschließliche Privilegium jede Konkurrenz verhindert, außer der, welche die Arbeit der Arbeiter gewirkt –, daß der Lohn dieser Arbeiter während der ganzen Dauer des Privilegiums der Maßstab des Preises sein wird, den der Erfinder für seine Produkte bestimmen wird: d. h. um sich der Aufträge zu versichern, wird er etwas weniger fordern als den Lohn für die Arbeit, die seine Maschine ersetzt. Sobald aber das Privilegium verfallen ist, werden andere Maschinen derselben Art aufgestellt und rivalisieren mit der seinigen. Alsdann, wird er seinen Preis nach dem allgemeinen Prinzip festsetzen, indem er ihn von der Menge der Maschinen abhängig macht. Der Profit der angelegten Fonds ..., obwohl das Resultat ersetzter Arbeit, regelt sich schließlich nicht nach dem Wert dieser Arbeit, sondern wie in allen übrigen Fällen nach Maßgabe der Konkurrenz unter den Kapitalbesitzern, und die Höhe desselben wird stets durch das Verhältnis der Menge der zu diesem Zweck disponiblen Kapitalien zur Nachfrage nach denselben bestimmt.« (S. 119, 123, 124, 125, 134.)

In letzter Instanz wird es somit, solange der Profit größer ist als in anderen Industriezweigen, Kapitalien geben, die sich auf die neue Industrie werfen, bis der Profitsatz auf das allgemeine Niveau gefallen ist.

Wir haben gesehen, wie das Exempel von der Eisenbahn keineswegs geeignet war, einiges Licht auf die Fiktion der Persongesellschaft zu werfen. Nichtsdestoweniger setzt Herr Proudhon seine Rede kühn fort: »Diese Punkte einmal klargelegt, ist nichts leichter als die Erklärung, warum die Arbeit jedem Produzenten einen Überschuß lassen muß.« (I, 77.)

Was nunmehr folgt, gehört dem klassischen Altertum an. Es ist eine poetische Erzählung, die den Zweck hat, den Leser sich erholen zu lassen nach der Anstrengung, welche ihm die Genauigkeit der vorhergegangenen mathematischen Demonstrationen verursacht haben dürfte. Herr Proudhon gibt seiner Persongesellschaft den Namen Prometheus und verherrlicht dessen Taten folgendermaßen:

»Im Anfang erwacht Prometheus, hervorgegangen aus dem Schoße der Natur, zu einem Leben in einer Untätigkeit voller Reize usw. usw. Prometheus geht ans Werk, und von dem ersten Tage an, dem ersten Tage der zweiten Schöpfung, ist das Produkt des Prometheus, d. h. sein Reichtum, sein Wohlbefinden, gleich zehn. Am zweiten Tage teilt Prometheus seine Arbeit, und sein Produkt wird gleich hundert. Am dritten und den folgenden Tagen erfindet Prometheus Maschinen, entdeckt er neue Eigenschaften in den Körpern, neue Kräfte in der Natur ... Bei jedem Schritt, den seine industrielle Tätigkeit macht, steigt die Ziffer seiner Produktion und verkündet ihm einen Zuwachs von Glück. Und da schließlich für ihn Konsumieren Produzieren ist, so ist es klar, daß jeder Tag des Konsums, indem er nur das Produkt des vorigen Tages verbraucht, einen Produktionsüberschuß für den nächsten Tag liefert.« (I, 77-78.)

Dieser Prometheus des Herrn Proudhon ist ein sonderbarer Heiliger, ebenso schwach in der Logik wie in der politischen Ökonomie. Solange er uns nur lehrt, wie die Arbeitsteilung, die Anwendung von Maschinen, die Ausbeutung der Naturkräfte und der technischen Wissenschaften die Produktivkraft der Menschen vermehrt und einen Überschuß gibt gegenüber dem, was die isolierte Arbeit hervorbringt, hat dieser neue Prometheus nur das Pech, zu spät zu kommen. Aber sobald Prometheus sich daran gibt, von Produktion und Konsumtion zu sprechen, wird er in der Tat grotesk. Konsumieren heißt für ihn produzieren; er konsumiert am folgenden Tage, was er tags zuvor produziert hat; auf diese Art ist er stets einen Tag voraus. Dieser Tag voraus ist sein »Arbeitsüberschuß«. Aber indem er den folgenden Tag verzehrt, was er tags zuvor produziert hat, so muß er wohl am ersten Tage, der keinen Vorläufer hatte, für zwei Tage gearbeitet haben, um in der Folge einen Tag voraus zu haben. Wie hat Prometheus am ersten Tage, wo es weder Arbeitsteilung noch Maschinen noch andere Kenntnisse von Naturkräften als die des Feuers gab, diesen Überschuß erzielt? Wie wir sehen, ist die Frage damit, daß sie »bis auf den ersten Tag der zweiten Schöpfung« zurückgeschoben wurde, keinen Schritt vorwärtsgerückt. Diese Art, die Dinge zu erklären, tappt gleichzeitig ins Griechische und Hebräische, sie ist mystisch und allegorisch zu gleicher Zeit, sie erlaubt Herrn Proudhon, unbedingt zu verkünden: »Ich habe theoretisch und durch Tatsachen das Prinzip nachgewiesen, daß jede Arbeit einen Überschuß lassen muß.«

Die Tatsachen sind die famose progressive Rechnung; die Theorie, der Mythus von Prometheus.

»Aber«, fährt Herr Proudhon fort, »dieses Prinzip, welches so feststeht wie ein Satz der Arithmetik, ist weit entfernt, sich für alle Welt zu realisieren. Während durch den Fortschritt der gemeinschaftlichen Arbeit der Arbeitstag jedes einzelnen Arbeiters ein immer größeres Produkt erzielt, und während daher in notgedrungener Folge der Arbeiter bei demselben Lohn von Tag zu Tag reicher werden müßte, gibt es in der Gesellschaft Stände, die sich bereichern, und andere, die am Verkommen sind.« (I, 79-80.)

Im Jahre 1770 betrug die Bevölkerung des vereinigten Königreiches Großbritannien fünfzehn Millionen, die produktive Bevölkerung drei Millionen. Die Leistungsfähigkeit der technischen Produktivkräfte entsprach ungefähr einer Bevölkerung von zwölf Millionen; infolgedessen gab es in Summa fünfzehn Millionen produktiver Kräfte. Somit verhielt sich die produktive Leistungsfähigkeit zur Bevölkerung wie 1:1 und die technische Leistungsfähigkeit zur Leistungsfähigkeit der menschlichen Arbeit wie 4:1.

1840 belief sich die Bevölkerung nicht über dreißig Millionen, die produktive Bevölkerung betrug sechs Millionen, während die technische Leistungsfähigkeit auf sechshundertfünfzig Millionen stieg, d. h. sich zur Gesamtbevölkerung wie 21:1 und zur Leistungsfähigkeit der menschlichen Arbeit wie 108:1 verhielt. In der englischen Gesellschaft hat somit der Arbeitstag in siebzig Jahren einen Überschuß von 2700 Prozent an Produktivität gewonnen, d. h. im Jahre 1840 produzierte er siebenundzwanzigmal mehr als 1770. Nach Herrn Proudhon müßte man die Frage folgendermaßen stellen: Warum war der englische Arbeiter von 1840 nicht siebenundzwanzigmal reicher als der von 1770? Um eine solche Frage zu stellen, muß man natürlich voraussetzen, daß die Engländer diesen Reichtum ohne die historischen Bedingungen hätten produzieren können, unter denen er produziert wurde, wie: Anhäufung von Privatkapitalien, moderne Arbeitsteilung, Maschinenbetrieb, anarchische Konkurrenz, Lohnsystem, mit einem Wort lauter Dinge, die auf dem Klassengegensatz beruhen. Das waren nämlich gerade die Existenzbedingungen für die Entwicklung der Produktivkräfte und des Arbeitsüberschusses. Es war somit, um diese Entwicklung der Produktivkräfte und diesen Arbeitsüberschuß zu erlangen, notwendig, daß es Klassen gab, die profitierten, und andere, die am Verkommen waren.

Was ist also in letzter Instanz dieser von Herrn Proudhon auferweckte Prometheus? Es ist die Gesellschaft, es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, basiert auf dem Klassengegensatz. Diese Verhältnisse sind nicht die von Individuum zu Individuum, sondern die von Arbeiter zu Kapitalist, von Pächter zu Grundbesitzer usw. Streicht diese Verhältnisse, und ihr habt die ganze Gesellschaft aufgehoben; euer Prometheus ist nur mehr ein Phantom ohne Arme und Beine, d. h. ohne Maschinenbetrieb, ohne Arbeitsteilung, dem mit einem Wort alles fehlt, was ihr ihm ursprünglich gegeben habt, um ihn diesen Arbeitsüberschuß erlangen zu machen.

Wenn es somit in der Theorie genügte, die Formel des Arbeitsüberschusses mit Herrn Proudhon im Sinne der Gleichheit aufzufassen, ohne Rücksicht auf die gegenwärtigen Bedingungen der Produktion, so müßte es in der Praxis genügen, unter den Arbeitern eine gleiche Verteilung aller heute erworbenen Reichtümer vorzunehmen, ohne irgend etwas an den heutigen Produktionsbedingungen zu ändern. Diese Verteilung würde sicherlich den einzelnen Beteiligten keinen ausnehmend großen Wohlstand sichern.

Aber Herr Proudhon ist nicht so pessimistisch, wie man wohl glauben könnte. Da die Proportionalität alles für ihn ist, so muß er wohl oder übel in dem fertig gegebenen Prometheus, d. h. in der heutigen Gesellschaft, einen Anfang zur Verwirklichung seiner Lieblingsidee erblicken.

»Aber auch überall ist der Fortschritt des Reichtums, d. h. die Proportionalität der Werte, das herrschende Gesetz; und wenn die Ökonomen den Klagen der sozialistischen Partei das fortschreitende Anwachsen des Nationalreichtums und die Verbesserungen in der Lage selbst der unglücklichsten Klassen entgegenhalten, so verkünden sie damit, ohne es zu ahnen, eine Wahrheit, welche die Verurteilung ihrer Theorien ist.« (I, 80.) Was ist in Wirklichkeit das gemeinschaftliche Vermögen, der Nationalreichtum? Der Reichtum der Bourgeoisie, aber nicht der jedes einzelnen Bourgeois. Nun wohl; die Ökonomen haben nichts anderes getan, als den Nachweis zu liefern, wie unter den gegenwärtig bestehenden Produktionsverhältnissen der Reichtum der Bourgeoisie sich entwickelt hat und noch anwachsen muß. Was die arbeitenden Klassen anbetrifft, so ist es eine noch sehr bestrittene Frage, ob ihre Lage sich infolge der Vermehrung des angeblichen öffentlichen Reichtums verbessert hat. Wenn die Ökonomen uns als Stütze für ihren Optimismus das Beispiel der englischen Baumwollenarbeiter zitieren, so berücksichtigen sie deren Situation nur in den seltenen Momenten der industriellen Prosperität. Diese Momente der Prosperität verhalten sich zu den Epochen der Krise und Stagnation in der »richtigen Proportionalität« von 3 zu 10. Aber vielleicht haben die Ökonomen, wenn sie von Verbesserung sprachen, von den Millionen Arbeitern sprechen wollen, die in Ostindien umkommen mußten, damit den 1½ Millionen in der gleichen Industrie in England beschäftigter Arbeiter drei Jahre Prosperität auf zehn verschafft würden.

Was die zeitweilige Teilnahme an dem Anwachsen des Nationalreichtums betrifft, so ist das etwas anderes. Das Faktum der zeitweiligen Teilnahme findet seine Erklärung in der Theorie der Ökonomen. Es ist keineswegs ihre »Verurteilung«, wie Herr Proudhon sagt, sondern ihre Bekräftigung. Wenn etwas zu verurteilen wäre, so wäre es sicher das System des Herrn Proudhon, welches den Arbeiter, wie wir gezeigt haben, trotz des Anwachsens des Reichtums auf das Lohnminimum reduzieren würde. Nur dadurch, daß er ihn auf das Lohnminimum reduziert, würde er eine Anwendung der richtigen Proportionalität der Werte, des durch die Arbeitszeit »konstituierten Wertes«, vollziehen. Gerade weil der Lohn infolge der Konkurrenz über oder unter den Preis der zur Erhaltung des Arbeiters notwendigen Lebensmittel schwankt, kann dieser in gewissem Grade an der Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums teilnehmen oder auch ebensogut vor Elend umkommen. Das ist die ganze Theorie der Ökonomen, die sich darüber keinen Illusionen hingeben.

Nach seinen langen Abschweifungen auf die Frage der Eisenbahnen, auf den Prometheus, die neue, auf den »konstituierten Wert« zu rekonstituierende Gesellschaft, sammelt sich Herr Proudhon, das Gefühl übermannt ihn, und er ruft in väterlichem Tone aus:

»Ich beschwöre die Ökonomen, einen Augenblick in der Tiefe ihres Herzens, fern von den Vorurteilen, die sie verwirren, und ohne Rücksicht auf die Ämter, die sie einnehmen oder erstreben, auf die Interessen, denen sie dienen, auf die Stimmen, um welche sie werben, auf die Auszeichnungen, in denen ihre Eitelkeit sich gefällt, sich zu fragen und zu antworten, ob ihnen bis heute das Prinzip, daß jede Arbeit einen Überschuß lassen muß, mit dieser Kette von Prämissen und Folgen erschienen ist, die wir enthüllt haben.« (I, 80.)

Zweites Kapitel: Die Metaphysik der politischen Ökonomie

§ 1 Die Methode

Wir befinden uns jetzt mitten in Deutschland! Wir werden Metaphysik treiben müssen, wo und während wir politische Ökonomie treiben. Und auch hierin folgen wir nur den »Widersprüchen« des Herrn Proudhon. Soeben zwang er uns noch, englisch zu sprechen, selbst ein wenig Engländer zu werden. Jetzt ändert sich die Szene. Herr Proudhon versetzt uns in unser geliebtes Vaterland und zwingt uns, wieder einmal in unserer Eigenschaft als Deutscher wider Willen aufzutreten. Wenn der Engländer die Menschen in Hüte verwandelt, so verwandelt der Deutsche die Hüte in Ideen. Der Engländer ist Ricardo, der reiche Bankier und ausgezeichnete Ökonom. Der Deutsche ist Hegel, simpler Professor der Philosophie an der Universität zu Berlin.

Ludwig XV., der letzte absolute König und Repräsentant des Verfalls des französischen Königtums, hatte einen Leibarzt, der der erste Ökonom Frankreichs war. Dieser Arzt, dieser Ökonom, repräsentierte den bevorstehenden und sicheren Triumph der französischen Bourgeoisie. Der Arzt Quesnay hat die politische Ökonomie zu einer Wissenschaft gemacht; er hat sie in seinem berühmten » ökonomischen Tableau«[Anmerkung 59]

zusammengefaßt. Neben den tausend und einem Kommentaren, die zu diesem Tableau erschienen sind, besitzen wir einen von Quesnay selbst. Es ist dies die » Analyse des ökonomischen Tableau«, der » sieben wichtige Bemerkungen« angehängt sind.

Herr Proudhon ist ein zweiter Doktor Quesnay. Er ist der Quesnay der Metaphysik der politischen Ökonomie.

Nun faßt sich nach Hegel die Metaphysik, die ganze Philosophie, in der Methode zusammen. Wir müssen daher suchen, die Methode des Herrn Proudhon klarzustellen, die mindestens ebenso dunkel ist wie das » ökonomische Tableau«. Wir werden deshalb sieben mehr oder weniger wichtige Bemerkungen folgen lassen.

Wenn Herr Doktor Proudhon mit unseren Bemerkungen nicht zufrieden ist, so möge er den Abbé Baudeau spielen und selbst die »Erklärung der ökonomisch-metaphysischen Methode« geben.

Erste Bemerkung

»Wir geben keine Geschichte nach der Ordnung der Zeit, sondern nach der Folge der Ideen. Die ökonomischen Phasen oder Kategorien treten in ihrer Manifestation bald gleichzeitig, bald in verkehrter Reihenfolge auf ... Die ökonomischen Theorien haben nicht minder ihre logische Abfolge und ihre Gliederung in der Vernunft; diese Ordnung schmeicheln wir uns entdeckt zu haben.« (Proudhon, Band 1, S. 146.)

Ganz sicher hat Herr Proudhon den Franzosen einen Schreck einjagen wollen, indem er ihnen quasi Hegelsche Phrasen an den Kopf warf. Wir haben also mit zwei Männern zu tun: zuerst mit Herrn Proudhon und dann mit Hegel. Wodurch zeichnet sich Herr Proudhon vor den anderen Ökonomen aus? Und welche Rolle spielt Hegel in der politischen Ökonomie des Herrn Proudhon?

Die Ökonomen stellen die bürgerlichen Produktionsverhältnisse: Arbeitsteilung, Kredit, Geld usw., als fixe, unveränderliche, ewige Kategorien hin. Herr Proudhon, der diese Kategorien fertig vorfindet, will uns den Akt der Bildung und Erzeugung dieser Kategorien, Prinzipien, Gesetze, Ideen, Gedanken explizieren.

Die Ökonomen erklären uns, wie man unter den obigen gegebenen Verhältnissen produziert; was sie uns aber nicht erklären, ist, wie diese Verhältnisse selbst produziert werden, d. h. die historische Bewegung, die sie ins Leben ruft. Herr Proudhon, der diese Verhältnisse als Prinzipien, als Kategorien, als abstrakte Gedanken nimmt, hat nur diese Gedanken in eine bestimmte Ordnung zu bringen, die sich bereits in alphabetischer Reihenfolge am Schlüsse jeder Abhandlung über politische Ökonomie vorfinden. Die Materialien der Ökonomen sind das bewegte und bewegende Leben der Menschen; die Materialien des Herrn Proudhon sind die Dogmen der Ökonomen. Sobald man aber die historische Entwicklung der Produktionsverhältnisse nicht verfolgt – und die Kategorien sind nur der theoretische Ausdruck derselben –; sobald man in diesen Kategorien nur von selbst entstandene Ideen, von den wirklichen Verhältnissen unabhängige Gedanken sieht, ist man wohl oder übel gezwungen, den Ursprung dieser Gedanken in die Bewegung der reinen Vernunft zu verlegen. Wie erzeugt die reine, ewige, unpersönliche Vernunft diese Gedanken? Wie stellt sie es an, um sie zu erzeugen?

Hätten wir die Unerschrockenheit des Herrn Proudhon in Sachen des Hegelianismus, so würden wir sagen: sie unterscheidet sich in sich selbst von sich selbst. Was will das sagen? Da die unpersönliche Vernunft außer sich weder einen Boden hat, auf den sie sich stellen kann, noch ein Objekt, dem sie sich entgegenstellen kann, noch ein Subjekt, mit dem sie sich verbinden kann, sieht sie sich gezwungen, einen Purzelbaum zu schlagen und sich selbst zu ponieren, zu opponieren und zu komponieren – Position, Opposition, Komposition. Um griechisch zu sprechen, haben wir These, Antithese und Synthese. Für die, welche die Hegelsche Sprache nicht kennen, lassen wir die Weihungsformel folgen: Affirmation, Negation, Negation der Negation. Das nennt man reden. Es ist zwar kein Hebräisch, mit Verlaub des Herrn Proudhon; aber es ist die Sprache dieser reinen, vom Individuum getrennten Vernunft. An Stelle des gewöhnlichen Individuums und seiner gewöhnlichen Art, zu reden und zu denken, haben wir lediglich diese gewöhnliche Art an sich, ohne das Individuum.

Ist es zum Verwundern, daß in letzter Abstraktion, denn es handelt sich um Abstraktion, nicht um Analyse, jedes Ding sich als logische Kategorie darstellt? Ist es zum Verwundern, daß, wenn man nach und nach alles fallen läßt, was die Individualität eines Hauses ausmacht, wenn man von den Baustoffen absieht, woraus es besteht, von der Form, die es auszeichnet, man schließlich nur noch einen Körper vor sich hat – daß, wenn man von den Umrissen dieses Körpers absieht, man schließlich nur einen Raum hat – daß, wenn man endlich von den Dimensionen dieses Raumes abstrahiert, man zum Schluß nichts mehr übrig hat als die Quantität an sich, die logische Kategorie der Quantität? Wenn wir solchermaßen konsequent abstrahieren, von jedem Subjekt, von allen seinen belebten oder unbelebten angeblichen Akzidentien, Menschen oder Dingen, so haben wir ein Recht, zu sagen, daß man in letzter Abstraktion nur noch die logischen Kategorien als Substanz übrigbehält. So haben die Metaphysiker, die sich einbilden, vermittels solcher Abstraktionen zu analysieren, und die, je mehr sie sich von den Gegenständen entfernen, sie desto mehr zu durchdringen wähnen – diese Metaphysiker haben ihrerseits recht, zu sagen, daß die Dinge dieser Welt nur Stickereien sind auf einem Stramingewebe, gebildet durch die logischen Kategorien. Da haben wir den Unterschied zwischen dem Philosophen und dem Christen. Der Christ kennt nur eine Fleischwerdung des Logos, trotz der Logik; der Philosoph kommt mit den Fleischwerdungen gar nicht zu Ende. Daß alles, was existiert, daß alles, was auf der Erde und im Wasser lebt, durch Abstraktion auf eine logische Kategorie zurückgeführt werden kann, daß man auf diese Art die gesamte wirkliche Welt ersäufen kann in der Welt der Abstraktionen, der Welt der logischen Kategorien, wen wundert das?

Alles, was existiert, alles, was auf der Erde und im Wasser lebt, existiert nur, lebt nur vermittels irgendwelcher Bewegung. So erzeugt die Bewegung der Geschichte die sozialen Beziehungen, die industrielle Bewegung gibt uns die industriellen Produkte usw.

Ebenso wie wir durch Abstraktion jedes Ding in eine logische Kategorie verwandelt haben, braucht man nur von jeder unterscheidenden Eigenschaft der verschiedenen Bewegungen zu abstrahieren, um zur Bewegung im abstrakten Zustand, zur rein formellen Bewegung, zu der rein logischen Formel der Bewegung zu gelangen. Hat man erst in den logischen Kategorien das Wesen aller Dinge gefunden, so bildet man sich ein, in der logischen Formel der Bewegung die absolute Methode zu finden, die nicht nur alle Dinge erklärt, sondern die auch die Bewegung der Dinge umfaßt.

Es ist dies die absolute Methode, von der Hegel sagt: »Die Methode ist die absolute, die einzige, die höchste, unendliche Kraft, der kein Ding widerstehen kann. Sie ist die Tendenz der Vernunft, sich selbst in jedem Ding wiederzufinden, wiederzuerkennen.« (Logik, Band 3.)

Ist jedes Ding auf eine logische Kategorie und jede Bewegung, jeder Produktionsakt auf die Methode reduziert, so folgt daraus, daß jeder Zusammenhang von Produkten und Produktion, von Dingen und Bewegung sich auf eine angewandte Metaphysik reduziert. Was Hegel für die Religion, das Recht usw. getan hat, sucht Herr Proudhon für die politische Ökonomie zu tun.

Was ist somit diese absolute Methode? Die Abstraktion der Bewegung. Was ist die Abstraktion der Bewegung? Die Bewegung im abstrakten Zustande. Was ist die Bewegung im abstrakten Zustande? Die rein logische Formel der Bewegung oder die Bewegung der reinen Vernunft. Worin besteht die Bewegung der reinen Vernunft? Sich zu setzen, sich sich selbst entgegenzusetzen, und schließlich wieder sich mit sich selbst in eins zu setzen, sich als These, Antithese, Synthese zu formulieren, oder schließlich sich zu setzen, sich zu negieren und ihre Negation zu negieren.

Wie stellt es die Vernunft an, um sich als bestimmte Kategorie hinzustellen, zu setzen? Das ist die Sache der Vernunft selbst und ihrer Apologeten.

Aber, einmal dahin gelangt, sich als These zu setzen, spaltet sich diese These, indem sie sich sich selbst entgegenstellt, in zwei widersprechende Gedanken, in Positiv und Negativ, in Ja und Nein. Der Kampf dieser beiden gegensätzlichen in der Antithese enthaltenen Elemente bildet die dialektische Bewegung. Das Ja wird Nein, das Nein wird Ja, das Ja wird gleichzeitig Ja und Nein, das Nein wird gleichzeitig Nein und Ja; auf diese Weise halten sich die Gegensätze die Waage, neutralisieren sie sich, heben sie sich auf. Die Verschmelzung dieser beiden widersprechenden Gedanken bildet einen neuen Gedanken, die Synthese derselben. Dieser neue Gedanke spaltet sich wiederum in zwei widersprechende Gedanken, die ihrerseits wiederum eine neue Synthese bilden. Aus dieser Zeugungsarbeit erwächst eine Gruppe von Gedanken. Diese Gedankengruppe verfolgt dieselbe dialektische Bewegung wie eine einfache Kategorie und hat zur Antithese eine gegensätzliche Gruppe. Aus diesen zwei Gedankengruppen entsteht eine neue Gedankengruppe, die Synthese beider.

Wie aus der dialektischen Bewegung der einfachen Kategorien die Gruppe entsteht, so entsteht aus der dialektischen Bewegung der Gruppen die Reihe (série) und aus der dialektischen Bewegung der Reihen das ganze System. Man wende diese Methode auf die Kategorien der politischen Ökonomie an, und man hat die Logik und die Metaphysik der politischen Ökonomie, oder mit anderen Worten: man hat die aller Welt bekannten ökonomischen Kategorien in eine wenig bekannte Sprache übersetzt, in der sie aussehen, als seien sie soeben funkelneu einem reinen Vernunftskopf entsprungen; dergestalt scheinen diese Kategorien einander zu erzeugen, sich zu verketten und aneinanderzugliedern, vermittels der bloßen Tätigkeit der dialektischen Bewegung. Der Leser braucht indes vor dieser Metaphysik mit ihrem ganzen Gerüst von Kategorien, Gruppen, Serien und Systemen nicht zu erschrecken. Trotz aller der sauren Arbeit, womit Herr Proudhon die Höhe dieses Systems der Widersprüche zu erklimmen strebt, bringt er es doch nie über die zwei ersten Stufen der einfachen These und Antithese; und auch sie hat er nur zweimal erstiegen, bei welcher Gelegenheit er einmal obendrein auf den Rücken gefallen ist. Auch haben wir bis jetzt nur die Dialektik Hegels auseinandergesetzt; wir werden später sehen, wie Herr Proudhon es fertigbringt, sie auf das kläglichste Maß herunterzubringen. So ist für Hegel alles, was geschehen ist und noch geschieht, genau das, was in seinem eigenen Denken vor sich geht. So ist die Philosophie der Geschichte nur mehr die Geschichte der Philosophie, seiner eigenen Philosophie. Es gibt keine »Geschichte nach der Ordnung der Zeit« mehr, sondern nur noch die »Aufeinanderfolge der Ideen in der Vernunft«. Er glaubt, die Welt mittels der Bewegung des Gedankens konstruieren zu können, während er nur die Gedanken, die in jedermanns Kopfe sind, systematisch rekonstruiert und nach der absoluten Methode klassifiziert.

Zweite Bemerkung

Die ökonomischen Kategorien sind nur die theoretischen Ausdrücke, die Abstraktionen der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse. Herr Proudhon stellt als echter Philosoph die Dinge auf den Kopf und sieht in den wirklichen Verhältnissen nur die Fleischwerdung jener Prinzipien, jener Kategorien, die, wie uns wiederum Herr Proudhon, der Philosoph, sagt, im Schoß der »unpersönlichen Vernunft der Menschheit« schlummerten.

Herr Proudhon, der Ökonom, hat ganz gut begriffen, daß die Menschen Tuch, Leinwand, Seidenstoffe unter bestimmten Produktionsverhältnissen anfertigen. Aber was er nicht begriffen hat, ist, daß diese bestimmten sozialen Verhältnisse ebensogut Produkte der Menschen sind, wie Tuch, Leinen usw. Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den Produktivkräften. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise, und mit der Veränderung der Produktionsweise, der Art, ihren Lebensunterhalt zu gewinnen, verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten. Aber dieselben Menschen, welche die sozialen Verhältnisse gemäß ihrer materiellen Produktionsweise gestalten, gestalten auch die Prinzipien, die Ideen, die Kategorien gemäß ihren gesellschaftlichen Verhältnissen.

Somit sind diese Ideen, diese Kategorien, ebensowenig ewig als die Verhältnisse, die sie ausdrücken. Sie sind historische, vergängliche, vorübergehende Produkte.

Wir leben inmitten einer beständigen Bewegung des Anwachsens der Produktivkräfte, der Zerstörung sozialer Verhältnisse, der Bildung von Ideen; unbeweglich ist nur die Abstraktion von der Bewegung – mors immortalis.[Anmerkung 60]

Dritte Bemerkung

Die Produktionsverhältnisse jeder Gesellschaft bilden ein Ganzes. Herr Proudhon betrachtet die ökonomischen Verhältnisse als ebenso viele soziale Phasen, die einander erzeugen, von denen die eine aus der anderen sich ergibt, wie die Antithese aus der These, und die in ihrer logischen Aufeinanderfolge die unpersönliche Vernunft der Menschheit verwirklichen.

Der einzige Übelstand bei dieser Methode ist der, daß Herr Proudhon, sobald er eine einzelne dieser Phasen getrennt untersuchen will, er sie nicht erklären kann, ohne auf die anderen gesellschaftlichen Verhältnisse zurückzukommen, obwohl er diese Verhältnisse noch nicht vermittels seiner dialektischen Bewegung hat entstehen lassen. Wenn Herr Proudhon dann mittels der reinen Vernunft zur Erzeugung der anderen Phasen übergeht, so stellt er sich, als ob er neugeborene Kinder vor sich habe, und vergißt, daß sie ebenso alt sind wie die erste. So konnte er, um zur Konstituierung des Wertes zu gelangen, die für ihn die Grundlage aller ökonomischen Entwicklung ist, die Arbeitsteilung, die Konkurrenz usw. nicht entbehren. In der Serie, in der Vernunft des Herrn Proudhon, in der logischen Aufeinanderfolge sind diese Beziehungen aber noch gar nicht vorhanden.

Sobald man mit den Kategorien der politischen Ökonomie das Gebäude eines ideologischen Systems errichtet, verrenkt man die Glieder des gesellschaftlichen Systems. Man verwandelt die verschiedenen Teilstücke der Gesellschaft in ebenso viele Gesellschaften für sich, von denen eine nach der anderen auftritt. Wie kann in der Tat die logische Formel der Bewegung, der Aufeinanderfolge, der Zeit allein den Gesellschaftskörper erklären, in dem alle Beziehungen gleichzeitig existieren und einander stützen!

Vierte Bemerkung

Sehen wir nunmehr, welchen Änderungen Herr Proudhon die Dialektik Hegels unterwirft, sobald er sie auf die politische Ökonomie anwendet.

Für Herrn Proudhon hat jede ökonomische Kategorie zwei Seiten, eine gute und eine schlechte. Er betrachtet die Kategorien, wie der Spießbürger die großen Männer der Geschichte betrachtet; Napoleon ist ein großer Mann, er hat viel Gutes getan, er hat auch viel Schlechtes getan.

Die gute Seite und die schlechte Seite, der Vorteil und der Nachteil zusammengenommen bilden für Herrn Proudhon den Widerspruch in jeder ökonomischen Kategorie.

Zu lösendes Problem: die gute Seite bewahren und die schlechte beseitigen.

Die Sklaverei ist eine ökonomische Kategorie wie eine andere. Sie hat also gleichfalls ihre zwei Seiten. Halten wir uns nicht bei der schlechten Seite auf und sprechen wir von der schönen Seite der Sklaverei. Wohlverstanden, es handelt sich hier nur um die direkte Sklaverei, um die Sklaverei der Schwarzen in Surinam, in Brasilien, in den Südstaaten Nordamerikas.

Die direkte Sklaverei ist der Angelpunkt der bürgerlichen Industrie, ebenso wie die Maschinen usw. Ohne Sklaverei keine Baumwolle; ohne Baumwolle keine moderne Industrie. Nur die Sklaverei hat den Kolonien ihren Wert gegeben; die Kolonien haben den Welthandel geschaffen; und der Welthandel ist die Bedingung der Großindustrie. So ist die Sklaverei eine ökonomische Kategorie von der höchsten Wichtigkeit.

Ohne die Sklaverei würde Nordamerika, das vorgeschrittenste Land, sich in ein patriarchalisches Land verwandeln. Man streiche Nordamerika von der Weltkarte, und man hat die Anarchie, den vollständigen Verfall des Handels und der modernen Zivilisation. Laßt die Sklaverei verschwinden, und ihr streicht Amerika von der Weltkarte.[Anmerkung 61] So hat die Sklaverei, weil sie eine ökonomische Kategorie ist, stets in den Institutionen der Völker figuriert. Die modernen Völker haben die Sklaverei in ihren Ländern lediglich zu maskieren gewußt, während sie sie in der neuen Welt unverhüllt eingeführt haben.

Wie wird es Herr Proudhon anfangen, die Sklaverei zu retten? Er wird das Problem stellen: die gute Seite dieser ökonomischen Kategorie zu erhalten und die schlechte auszumerzen.

Hegel hat keine Probleme zu stellen. Er kennt nur die Dialektik. Herr Proudhon hat von der Hegelschen Dialektik nur die Redeweise. Seine eigene dialektische Methode besteht in der dogmatischen Unterscheidung von Gut und Schlecht.

Nehmen wir einmal Herrn Proudhon selbst als Kategorie; untersuchen wir seine gute und seine schlechte Seite, seine Vorteile und seine Nachteile.

Wenn er vor Hegel den Vorteil voraus hat, Probleme zu stellen, die er sich vorbehält, zum Besten der Menschheit zu lösen, so hat er den Nachteil vollständiger Unfruchtbarkeit, sobald es sich darum handelt, durch die Tätigkeit der dialektischen Zeugung eine neue Kategorie ins Leben zu rufen. Was die dialektische Bewegung ausmacht, ist gerade das Nebeneinanderbestehen der beiden entgegengesetzten Seiten, ihr Widerstreit und ihr Aufgehen in eine neue Kategorie. Sowie man sich nur das Problem stellt, die schlechte Seite auszumerzen, schneidet man die dialektische Bewegung entzwei. Es ist nicht die Kategorie mehr, die sich hier selbst, infolge ihrer widerspruchsvollen Natur, setzt und entgegensetzt; es ist vielmehr Herr Proudhon, der zwischen den beiden Seiten sich hin und her zerrt, zerarbeitet und abquält.

So in einer Sackgasse gefangen, aus der es schwer ist, mittels erlaubter Mittel frei zu kommen, macht Herr Proudhon plötzlich einen wahren Riesenkraftsprung, der ihn mit einem einzigen Satz in eine neue Kategorie versetzt. Und nun enthüllt sich vor seinen erstaunten Augen die Reihenfolge in der Vernunft.

Er nimmt die erste beste Kategorie und legt ihr willkürlich die Eigenschaft bei, den Nachteilen der Kategorie abzuhelfen, die er weißzuwaschen hat. So beseitigen die Steuern, wenn wir nämlich Herrn Proudhon glauben, die Nachteile des Monopols; die Handelsbilanz die Nachteile der Steuern; der Grundbesitz die Nachteile des Kredits.

Indem er so nach und nach die ökonomischen Kategorien einzeln vornimmt und aus der einen das Gegengift der anderen macht, bringt es Herr Proudhon fertig, mit diesem Mischmasch von Widersprüchen und Gegenmitteln für Widersprüche zwei Bände Widersprüche herzustellen, die er ganz richtig betitelt: System der ökonomischen Widersprüche.

Fünfte Bemerkung

»In der absoluten Vernunft sind alle diese Ideen ... gleich einfach und generell ... In der Tat gelangen wir zur Wissenschaft nur dadurch, daß wir unsere Ideen zu einer Art von Gerüst aufbauen. Aber die Wahrheit an sich ist unabhängig von diesen dialektischen Figuren und frei von den Kombinationen unseres Geistes.« (Proudhon, Band 2, S. 97.)

Da sehen wir plötzlich, vermittels einer Kehrtwendung, deren Geheimnis wir jetzt kennen, die Metaphysik der politischen Ökonomie zur Illusion geworden! Niemals hat Herr Proudhon wahrer gesprochen. Ganz gewiß, von dem Augenblick an, wo der Prozeß der dialektischen Bewegung sich reduziert auf die einfache Prozedur, Gut und Schlecht einander gegenüberzuhalten, Probleme zu stellen, die darauf hinauskommen, das Schlechte auszumerzen und eine Kategorie als Gegengift gegen die andere zu verabreichen, von da an haben die Kategorien keine Selbsttätigkeit mehr; die Idee » funktioniert nicht mehr«, es ist kein Leben mehr in ihr. Weder setzt noch zersetzt sie sich fernerhin in Kategorien. Die Aufeinanderfolge der Kategorien hat sich verwandelt in ein bloßes Gerüst. Die Dialektik ist nicht mehr die Bewegung der absoluten Vernunft. Es gibt keine Dialektik mehr, es gibt höchstens nur noch pure Moral. Als Herr Proudhon von der Reihenfolge im Verstande, von der logischen Aufeinanderfolge der Kategorien sprach, erklärte er positiv, daß er nicht die Geschichte nach der Ordnung der Zeit geben wolle, d. h. nach Herrn Proudhon die historische Aufeinanderfolge, in welcher die Kategorien sich offenbart haben.

Alles vollzog sich damals für ihn in dem reinen Äther der Vernunft. Alles sollte sich mittels der Dialektik aus diesem reinen Äther ableiten. Jetzt, wo es sich darum handelt, diese Dialektik in die Praxis zu übersetzen, läßt ihn die Vernunft im Stich. Die Dialektik des Herrn Proudhon schlägt der Dialektik Hegels ein Schnippchen, und so muß Herr Proudhon uns mitteilen, daß die Ordnung, in der er uns die ökonomischen Kategorien gibt, nicht mehr die Ordnung ist, in der sie sich auseinanderentwickeln. Die ökonomischen Evolutionen sind nicht mehr die Evolutionen der reinen Vernunft.

Was denn gibt uns eigentlich Herr Proudhon? Die wirkliche Geschichte, d. h. nach dem Verstande des Herrn Proudhon die Aufeinanderfolge, in der sich die Kategorien in der Zeitordnung offenbart haben? Nein. Die Geschichte, wie sie sich in der Idee selbst vollzieht? Noch weniger. Also weder die profane Geschichte der Kategorien noch ihre heilige Geschichte! Welche Geschichte gibt er uns denn nun? Die Geschichte seiner eigenen Widersprüche. Sehen wir, wie sie marschieren und Herrn Proudhon hinter sich herschleppen.

Bevor wir uns an diese Untersuchung machen, welche zu der sechsten wichtigen Bemerkung Veranlassung gibt, haben wir noch eine weniger wichtige Bemerkung zu machen.

Nehmen wir einmal mit Herrn Proudhon an, die wirkliche Geschichte nach der Zeitordnung sei die historische Aufeinanderfolge, in welcher die Ideen, die Kategorien, die Prinzipien sich offenbart haben.

Jedes Prinzip hat sein Jahrhundert gehabt, worin es sich enthüllte. Das Autoritätsprinzip hat z. B. das elfte Jahrhundert gehabt, wie das Prinzip des Individualismus das achtzehnte. Folgerichtigerweise gehörte das Jahrhundert dem Prinzip, nicht das Prinzip dem Jahrhundert. Mit anderen Worten: das Prinzip macht die Geschichte, nicht die Geschichte das Prinzip. Fragt man sich endlich, um Prinzipien wie Geschichte zu retten: warum dieses Prinzip sich gerade im elften oder im achtzehnten Jahrhundert und nicht in irgendeinem anderen offenbart hat, so sieht man sich notwendigerweise gezwungen, im einzelnen zu untersuchen, welches die Menschen des elften und die des achtzehnten Jahrhunderts waren, welches ihre jedesmaligen Bedürfnisse, ihre Produktivkräfte, ihre Produktionsweise, die Rohstoffe ihrer Produktion, welches endlich die Beziehungen von Mensch zu Mensch waren, die aus allen diesen Existenzbedingungen hervorgingen. Alle diese Fragen ergründen heißt das nicht, die wirkliche, profane Geschichte der Menschen eines jeden Jahrhunderts erforschen, diese Menschen darstellen, wie sie in einem Verfasser und Schausteller ihres eigenen Dramas waren? Aber von dem Augenblick an, wo man die Menschen als die Schausteller und Verfasser ihrer eigenen Geschichte hinstellt, ist man auf einem Umweg zum wirklichen Ausgangspunkt zurückgekehrt, weil man die ewigen Prinzipien fallen gelassen hat, von denen man ausging.

Aber Herr Proudhon hat sich nicht einmal weit genug vorgewagt auf dem Querpfad, den der Ideologe einschlägt, um die große Heerstraße der Geschichte zu gewinnen.

Sechste Bemerkung

Schlagen wir nun mit Herrn Proudhon den Querpfad ein. Wir wollen annehmen, daß die ökonomischen Beziehungen, als unwandelbare Gesetze, als ewige Prinzipien, als ideale Kategorien betrachtet, früher da waren als die tätigen und handelnden Menschen; wir wollen sogar annehmen, daß diese Gesetze,, diese Prinzipien, diese Kategorien von Anbeginn der Zeit an »in der unpersönlichen Vernunft der Menschheit« geschlummert haben. Wir haben bereits gesehen, daß es bei diesen unwandelbaren, unveränderlichen Ewigkeiten keine Geschichte mehr gibt; es gibt höchstens eine Geschichte in der Idee, d. h. die Geschichte, die sich in der dialektischen Bewegung der reinen Vernunft abspiegelt. Damit aber, daß Herr Proudhon sagt, in der dialektischen Bewegung » differenzierten« sich die Ideen nicht mehr, hat er sowohl den Schatten der Bewegung wie die Bewegung der Schatten ausgestrichen, mittels deren man noch allenfalls etwas hätte zuwege bringen können, was nach Geschichte aussieht. Statt dessen schiebt er der Geschichte seine eigene Ohnmacht in die Schuhe, er schiebt die Schuld auf alles, sogar auf die französische Sprache. »Es stimmt also nicht genau«, sagt Herr Proudhon, der Philosoph, »wenn man sagt, daß irgend etwas sich ereignet, daß irgend etwas produziert wird: in der Zivilisation wie im Weltall existiert alles, wirkt alles von jeher ... Es verhält sich ebenso mit der ganzen Sozialökonomie.« (Band 2, S. 102.)

So gewaltig ist die schöpferische Kraft der Widersprüche, die auf Herrn Proudhon wirken und ihn wirken machen, daß er da, wo er die Geschichte erklären will, sich gezwungen sieht, sie zu leugnen, daß, wo er die Aufeinanderfolge der sozialen Verhältnisse erklären will, er leugnet, daß etwas sich ereignen kann, daß, wo er die Produktion in allen ihren Phasen erklären will, er bestreitet, daß etwas produziert werden kann.

So gibt es für Herrn Proudhon weder Geschichte noch Aufeinanderfolge der Ideen, und doch ist sein Buch noch da, und just dieses Buch ist, nach seinen eigenen Worten, » die Geschichte nach der Aufeinanderfolge der Ideen«. Wie eine Formel finden, denn Herr Proudhon ist der Mann der Formeln, die ihm erlaubt, mit einem Sprung über all seine Widersprüche hinwegzusetzen?

Zu diesem Zweck hat er eine neue Vernunft erfunden, die weder die reine und jungfräuliche absolute Vernunft noch die gemeine Vernunft der in den verschiedenen Jahrhunderten auftretenden und handelnden Menschen ist, sondern eine ganz absonderliche Vernunft, die Vernunft der Gesellschaft als Person, der Menschheit als Subjekt, die unter der Feder des Herrn Proudhon auch zuweilen als » Genius der Gesellschaft«, als » allgemeine Vernunft«, und in letzter Linie » Vernunft der Menschheit« sich vorführt. Diese mit soviel Namen ausstaffierte Vernunft verrät sich jedoch bei jeder Gelegenheit als die individuelle Vernunft des Herrn Proudhon mit ihrer guten und ihrer schlechten Seite, ihren Gegengiften und ihren Problemen.

»Die menschliche Vernunft schafft nicht die Wahrheit«, die in den Tiefen der absoluten, ewigen Vernunft sich verbirgt. Sie kann sie nur enthüllen. Aber die Wahrheiten, die sie bis jetzt enthüllt hat, sind unvollständig, unzulänglich und folglich widersprechend. Somit sind auch die ökonomischen Kategorien selbst nur von der Vernunft der Menschheit, von dem Genius der Gesellschaft entdeckte und enthüllte Wahrheiten, weshalb sie ebenfalls unvollständig sind und den Keim des Widerspruchs in sich tragen. Vor Herrn Proudhon sah der Genius der Gesellschaft nur die gegensätzlichen Elemente, nicht aber die einheitliche synthetische Formel, die beide gleichzeitig in der absoluten Vernunft stecken. Die ökonomischen Verhältnisse sind aber nichts anderes als die Verwirklichung auf Erden dieser unzulänglichen Wahrheiten, dieser unvollständigen Kategorien, dieser sich widersprechenden Begriffe, und deshalb sind auch sie in sich widerspruchsvoll und bieten die beiden Seiten dar, von denen die eine gut, die andere schlecht ist.

Die ganze Wahrheit, den Begriff in seiner ganzen Fülle, die synthetische Formel, die den Widerspruch aufhebt, zu finden, das ist die Aufgabe des Genius der Gesellschaft. Deshalb ist auch in der Einbildung des Herrn Proudhon dieser selbe Genius der Gesellschaft von einer Kategorie zu anderen herumgejagt worden, ohne daß er es bisher mit der ganzen Batterie seiner Kategorien fertiggebracht hätte, Gott, der absoluten Vernunft, eine synthetische Formel abzuringen.

»Zuerst stellt die Gesellschaft (der Genius der Gesellschaft) ein erstes Faktum, eine erste Hypothese auf eine wahrhafte Antinomie, deren gegensätzliche Resultate sich in der sozialen Ökonomie in derselben Art entwickeln, wie ihre Konsequenzen im Geiste hätten abgeleitet werden können; so daß die industrielle Entwicklung, durchaus der Ableitung der Ideen folgend, sich in zwei Richtungen teilt, die der nützlichen und die der zerstörenden Wirkungen ... Um dieses Prinzip mit doppeltem Antlitz harmonisch zu konstituieren und diesen Widerspruch aufzuheben, läßt die Gesellschaft aus demselben einen zweiten hervorgehen, dem bald ein dritter folgt, und dies wird der Weg des Genius der Gesellschaft sein, bis er nach Erschöpfung aller seiner Widersprüche – ich setze voraus, was jedoch nicht bewiesen ist, daß der Widerspruch in der Menschheit einmal ein Ende haben werde – mit einem Sprung auf alle seine früheren Positionen zurückkommt und alle seine Aufgaben in einer einzigen Formel löst.« (Band 1, S. 133.)

Wie früher sich der Gegensatz in ein Gegengift verwandelte, so wird jetzt die These zur Hypothese. Dies Vertauschen der Worte kann uns bei Herrn Proudhon nicht wundernehmen. Die Vernunft der Menschheit, die nichts weniger als rein, da ihr Gesichtskreis beschränkt ist, stößt mit jedem Schritt auf neue zu lösende Aufgaben. Jede neue These, die sie in der absoluten Vernunft entdeckt und die die Negation der vorhergehenden These ist, wird für sie zur Synthese, die sie ziemlich naiv für die Lösung der in Frage stehenden Aufgabe nimmt. So quält sich diese Vernunft in stets neuen Widersprüchen ab, bis sie am Ende dieser Widersprüche anlangt und merkt, daß alle ihre Thesen und Synthesen nichts anderes sind als sich widersprechende Hypothesen. In ihrer Verblüfftheit »kommt die menschliche Vernunft, der Genius der Gesellschaft, mit einem Sprung auf alle seine früheren Positionen zurück und löst alle seine Aufgaben in einer einzigen Formel«. Diese einzige Formel bildet beiläufig die veritable Entdeckung des Herrn Proudhon. Sie ist der konstituierte Wert.

Man macht Hypothesen nur im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel. Das Ziel, welches sich der Genius der Gesellschaft, der durch den Mund des Herrn Proudhon spricht, in erster Linie setzte, war die Ausmerzung des Schlechten aus jeder ökonomischen Kategorie, um nur Gutes übrigzubehalten. Für ihn ist dies Gute das höchste Gut, das wahre praktische Ziel – die Gleichheit. Und warum zog der Genius der Gesellschaft die Gleichheit der Ungleichheit, der Brüderlichkeit, dem Katholizismus, kurz jedem anderen Prinzip vor? Weil »die Menschheit eine solche Anzahl besonderer Hypothesen nacheinander verwirklicht hat, nur mit Rücksicht auf eine höhere Hypothese«, die eben die Gleichheit ist. Mit anderen Worten: weil die Gleichheit das Ideal des Herrn Proudhon ist. Er bildet sich ein, daß die Teilung der Arbeit, der Kredit, die Kooperation in der Werkstatt, kurz alle ökonomischen Verhältnisse, nur erfunden worden sind zum Besten der Gleichheit, und doch sind sie schließlich stets zu ihrem Schaden ausgefallen. Wenn die Geschichte und die Fiktion des Herrn Proudhon einander auf Schritt und Tritt widersprechen, so schließt dieser, daß ein Widerspruch besteht. Wenn aber ein Widerspruch besteht, so besteht er nur zwischen seiner fixen Idee und den wirklichen Vorgängen.

Von jetzt ab ist die gute Seite eines ökonomischen Verhältnisses stets diejenige, welche die Gleichheit bekräftigt, die schlechte diejenige, welche sie verneint und die Ungleichheit stärkt. Jede neue Kategorie ist eine Hypothese des Genius der Gesellschaft behufs Ausmerzung der von der vorhergehenden Hypothese geschaffenen Ungleichheit. Mit einem Wort: die Gleichheit ist die ursprüngliche Absicht, die mystische Tendenz, das providentielle Ziel, welches der Genius der Gesellschaft beständig vor Augen hat, indem er sich im Zirkel der ökonomischen Widersprüche herumdreht. Daher ist auch die Vorsehung die Lokomotive, die das ökonomische Rüstzeug des Herrn Proudhon besser in Gang bringt als seine luftige, reine Vernunft. Er hat der Vorsehung ein ganzes Kapitel gewidmet, welches auf das über die Steuern folgt.

Vorsehung, providentielles Ziel, das ist das große Wort, dessen man sich heute bedient, um den Gang der Geschichte zu erklären. Tatsächlich erklärt dieses Wort nichts. Es ist höchstens eine rhetorische Form, eine der vielen Arten, die Tatsachen zu umschreiben.

Es ist Tatsache, daß der Grundbesitz in Schottland durch die Entwicklung der Industrie neuen Wert erhielt, diese Industrie eröffnete der Wolle neue Märkte. Um die Wolle im großen Maßstabe zu produzieren, mußte man das Ackerland in Weideland verwandeln. Um diese Umwandlung zu bewirken, mußte man die Güter konzentrieren. Um die Güter zu konzentrieren, mußte man die kleinen Pachtungen abschaffen, Tausende von Pächtern aus ihrer Heimat verjagen und an ihre Stelle einige Hirten setzen, die Millionen von Schafen bewachen. So hatte der Grundbesitz in Schottland infolge sukzessiver Umwandlung das Resultat, daß Menschen durch Hammel verdrängt wurden. Man sage jetzt, daß es das providentielle Ziel der Institution des Grundbesitzes in Schottland war, Menschen durch Hammel verdrängen zu lassen, und man hat providentielle Geschichte getrieben.

Gewiß, die Tendenz zur Gleichheit ist unserem Jahrhundert eigen. Wer nun sagt, daß die vorhergegangenen Jahrhunderte mit vollständig verschiedenen Bedürfnissen, Produktionsmitteln usw. providentiell für die Verwirklichung der Gleichheit wirkten, der substituiert zunächst die Mittel und die Menschen unseres Jahrhunderts den Menschen und Mitteln der früheren Jahrhunderte und verkennt die historische Bewegung, mittels deren die aufeinanderfolgenden Generationen die von den ihnen vorhergehenden Generationen erreichten Resultate umformten. Die Ökonomen wissen sehr gut, daß dasselbe Ding, das für den einen verarbeitetes Produkt, für den anderen nur Rohmaterial zu neuer Produktion ist.

Man nehme an, wie Herr Proudhon es tut, daß der Genius der Gesellschaft die Feudalherren in der providentiellen Absicht geschaffen oder vielmehr improvisiert habe, die Zinsbauern in verantwortliche und gleichheitliche Arbeiter zu verwandeln, und man wird eine Unterschiebung von Zielen und Personen vollzogen haben, würdig der Vorsehung, welche in Schottland das Grundeigentum einführte, um sich das böswillige Vergnügen zu machen, Menschen durch Hammel zu ersetzen. Da aber Herr Proudhon ein so zärtliches Interesse für die Vorsehung empfindet, so verweisen wir ihn auf die Geschichte der politischen Ökonomie des Herrn de Villeneuve-Bargemont, der gleichfalls einem providentiellen Ziel nachläuft. Dieses Ziel ist nicht mehr die Gleichheit, sondern der Katholizismus.

Siebente und letzte Bemerkung

Die Ökonomen verfahren auf eine sonderbare Art. Es gibt für sie nur zwei Arten von Institutionen, künstliche und natürliche. Die Institutionen des Feudalismus sind künstliche Institutionen, die der Bourgeoisie natürliche. Sie gleichen darin den Theologen, die auch zwei Arten von Religionen unterscheiden. Jede Religion, die nicht die ihre ist, ist eine Erfindung der Menschen, während ihre eigene Religion eine Offenbarung Gottes ist. Wenn die Ökonomen sagen, daß die gegenwärtigen Verhältnisse – die Verhältnisse der bürgerlichen Produktion – natürliche sind, so geben sie damit zu verstehen, daß es Verhältnisse sind, in denen die Erzeugung des Reichtums und die Entwicklung der Produktivkräfte sich gemäß den Naturgesetzen vollziehen. Somit sind diese Verhältnisse selbst von dem Einfluß der Zeit unabhängige Naturgesetze. Es sind ewige Gesetze, welche stets die Gesellschaft zu regieren haben. Somit hat es eine Geschichte gegeben, aber es gibt keine mehr; es hat eine Geschichte gegeben, weil feudale Einrichtungen bestanden haben und weil man in diesen feudalen Einrichtungen Produktionsverhältnisse findet, vollständig verschieden von denen der bürgerliehen Gesellschaft, welche die Ökonomen als natürliche und demgemäß ewige angesehen wissen wollen.

Auch der Feudalismus hatte sein Proletariat – die Leibeigenschaft, welche die Keime des Bürgertums enthielt. Auch die feudale Produktion hatte zwei antagonistische Elemente, die man gleichfalls als gute und schlechte Seite des Feudalismus bezeichnet, ohne zu berücksichtigen, daß es stets die schlechte Seite ist, welche schließlich den Sieg über die gute Seite davonträgt. Die schlechte Seite ist es, welche die Bewegung ins Leben ruft, welche die Geschichte macht, dadurch, daß sie den Kampf zeitigt. Hätten zur Zeit der Herrschaft des Feudalismus die Ökonomen, begeistert von den ritterlichen Tugenden, von der schönen Harmonie zwischen Rechten und Pflichten, von dem patriarchalischen Leben der Städte, von dem Blühen der Hausindustrie auf dem Lande, von der Entwicklung der in Korporationen, Zünften, Innungen organisierten Industrie, mit einem Wort von allem, was die schöne Seite des Feudalismus bildet, sich das Problem gestellt, alles auszumerzen, was einen Schatten auf dies Bild wirft – Leibeigenschaft, Privilegien, Anarchie –, wohin wäre sie damit gekommen? Man hätte alle Elemente vernichtet, welche den Kampf hervorriefen, man hätte die Entwicklung der Bourgeoisie im Keime erstickt. Man hätte sich das absurde Problem gestellt, die Geschichte auszustreichen.

Als die Bourgeoisie obenauf gekommen war, fragte man weder nach der guten noch nach der schlechten Seite des Feudalismus. Die Produktivkräfte, welche sich durch sie unter dem Feudalismus entwickelt hatten, fielen ihr zu. Alle alten ökonomischen Formen, die privatrechtlichen Beziehungen, welche ihnen entsprachen, der politische Zustand, welcher der offizielle Ausdruck der alten Gesellschaft war, wurden zerbrochen.

Will man somit die feudale Produktion richtig beurteilen, so muß man sie als eine auf dem Gegensatz basierte Produktionsweise betrachten. Man muß zeigen, wie der Reichtum innerhalb dieses Gegensatzes produziert wurde, wie die Produktivkräfte sich gleichzeitig mit dem Widerstreit der Klassen entwickelten, wie die eine dieser Klassen, die schlechte Seite, das gesellschaftliche Übel, stets anwuchs, bis die materiellen Bedingungen ihrer Emanzipation zur Reife gediehen waren. Sagt das nicht deutlich genug, daß die Produktionsweise, die Verhältnisse, in denen die Produktivkräfte sich entwickeln, nichts weniger als ewige Gesetze sind, sondern einem bestimmten Entwicklungszustand der Menschen und ihrer Produktivkräfte entsprechen und daß eine in den Produktivkräften der Menschen eingetretene Veränderung notwendigerweise eine Veränderung in ihren Produktionsverhältnissen herbeiführt? Da es vor allen Dingen darauf ankommt, nicht von den Früchten der Zivilisation, den erworbenen Produktivkräften ausgeschlossen zu sein, so wird es notwendig, die überkommenen Formen, in welchen sie geschaffen worden, zu zerbrechen. Von diesem Augenblick an wird die revolutionäre Klasse konservativ.

Die Bourgeoisie beginnt mit einem Proletariat, das selbst wiederum ein Überbleibsel des Proletariats des Feudalismus ist. In dem Verlauf ihrer historischen Entwicklung entwickelt die Bourgeoisie notwendigerweise ihren antagonistischen Charakter, der sich bei ihrem ersten Auftreten mehr oder minder verhüllt vorfindet, nur im latenten Zustand existiert. In dem Maße, als die Bourgeoisie sich entwickelt, entwickelt sich in ihrem Schoße ein neues Proletariat, ein modernes Proletariat: es entwickelt sich ein Kampf zwischen der Proletarierklasse und der Bourgeoisklasse, ein Kampf, der, bevor er auf beiden Seiten empfunden, bemerkt, gewürdigt, begriffen, eingestanden und endlich laut proklamiert wird, sich vorläufig nur in teilweisen und vorübergehenden Konflikten, in Zerstörungswerken äußert. Anderseits, wenn alle Angehörigen der modernen Bourgeoisie das gleiche Interesse haben, insoweit sie eine Klasse gegenüber einer anderen Klasse bilden, so haben sie entgegengesetzte, widerstreitende Interessen, sobald sie selbst einander gegenüberstehen. Dieser Interessengegensatz geht aus den ökonomischen Bedingungen ihres bürgerlichen Lebens hervor. Von Tag zu Tag wird es somit klarer, daß die Produktionsverhältnisse, in denen sich die Bourgeoisie bewegt, nicht einen einheitlichen, einfachen Charakter haben, sondern einen zwieschlächtigen; daß in denselben Verhältnissen, in denen der Reichtum produziert wird, auch das Elend produziert wird; daß in denselben Verhältnissen, in denen die Entwicklung der Produktivkräfte vor sich geht, sich eine Repressionskraft entwickelt; daß diese Verhältnisse den bürgerlichen Reichtum, d. h. den Reichtum der Bourgeoisklasse, nur erzeugen unter fortgesetzter Vernichtung des Reichtums einzelner Glieder dieser Klasse und unter Schaffung eines stets wachsenden Proletariats.

Je mehr dieser gegensätzliche Charakter zutage tritt, desto mehr geraten die Ökonomen, die wissenschaftlichen Repräsentanten der bürgerlichen Produktion, mit ihrer eigenen Theorie in Widerspruch, und verschiedene Schulen bilden sich.

Wir haben die fatalistischen Ökonomen, die in ihrer Theorie ebenso gleichgültig gegen das sind, was sie die Übelstände der bürgerlichen Produktionsweise nennen, als die Bourgeois selbst es in der Praxis sind gegenüber den Leiden der Proletarier, die ihnen die Reichtümer erwerben helfen. In dieser fatalistischen Schule gibt es Klassiker und Romantiker. Die Klassiker, wie Adam Smith und Ricardo, vertreten eine Bourgeoisie, die, noch im Kampf mit den Resten der feudalen Gesellschaft, nur daran arbeitet, die ökonomischen Verhältnisse von den feudalen Flecken zu reinigen, die Produktivkräfte zu vermehren und der Industrie und dem Handel neue Triebkraft zu geben. Das an diesem Kampfe teilnehmende Proletariat kennt, von dieser fieberhaften Arbeit absorbiert, nur vorübergehende, zufällige Leiden, betrachtet sie selbst als solche. Die Ökonomen, wie Adam Smith und Ricardo, welche die Historiker dieser Epoche sind, haben lediglich die Mission, nachzuweisen, wie der Reichtum unter den Verhältnissen der bürgerlichen Produktion erworben wird; diese Verhältnisse in Kategorien, in Gesetze zu formulieren und nachzuweisen, um wieviel diese Gesetze, diese Kategorien für die Produktion der Reichtümer überlegen sind den Gesetzen und Kategorien der feudalen Gesellschaft. Das Elend ist in ihren Augen nur der Schmerz, der jede Geburt begleitet, in der Natur wie in der Industrie.

Die Romantiker gehören unserer Epoche an, in der die Bourgeoisie sich im direkten Gegensatz mit dem Proletariat befindet, wo das Elend in ebenso großem Übermaß anwächst wie der Reichtum. Die Ökonomen spielen sich alsdann als blasierte Fatalisten auf und werfen von der Höhe ihres Standpunktes einen stolzen Blick der Verachtung auf die menschlichen Maschinen, die den Reichtum erzeugen. Sie wiederholen alle von ihren Vorläufern gegebenen Ausführungen, aber die Indifferenz, die bei jenen Naivität war, wird bei ihnen Koketterie.

Kommt alsdann die humanitäre Schule, welche sich die schlechte Seite der heutigen Produktionsverhältnisse zu Herzen nimmt. Diese sucht, um ihr Gewissen zu beruhigen, die wirklichen Kontraste, so gut es eben geht, zu bemänteln, sie beklagt aufrichtig die Not des Proletariats, die zügellose Konkurrenz der Bourgeois unter sich; sie rät den Arbeitern, mäßig zu sein, fleißig zu arbeiten und wenig Kinder zu zeugen; sie empfiehlt den Bourgeois Überlegung in ihrem Produktionseifer. Die ganze Theorie dieser Schule besteht in endlosen Unterscheidungen zwischen Theorie und Praxis, zwischen den Prinzipien und den Resultaten, zwischen der Idee und der Anwendung, zwischen dem Inhalt und der Form, zwischen dem Wesen und der Wirklichkeit, zwischen dem Recht und der Tatsache, zwischen der guten und schlechten Seite.

Die philanthropische Schule ist die vervollkommnete humanitäre Schule. Sie leugnet die Notwendigkeit des Gegensatzes, sie will aus allen Menschen Bourgeois machen, sie will die Theorie verwirklichen, soweit dieselbe sich von der Praxis unterscheidet und den Antagonismus nicht einschließt. Selbstverständlich ist es in der Theorie leicht, von den Widersprüchen zu abstrahieren, auf die man auf jeden Schritt in der Wirklichkeit stößt. Diese Theorie würde alsdann die idealisierte Wirklichkeit werden. Die Philanthropen wollen also die Kategorien erhalten, welche der Ausdruck der bürgerlichen Verhältnisse sind, ohne den Widerspruch, der ihr Wesen ausmacht und der von ihnen unzertrennlich ist. Sie bilden sich ein, ernsthaft die bürgerliche Praxis zu bekämpfen, und sie sind mehr Bourgeois als die anderen.

Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisklasse sind, so sind die Sozialisten und Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats. Solange das Proletariat noch nicht genügend entwickelt ist, um sich als Klasse zu konstituieren, und daher der Kampf des Proletariats mit der Bourgeoisie noch keinen politischen Charakter trägt, solange die Produktivkräfte noch im Schoße der Bourgeoisie selbst nicht genügend entwickelt sind, um die materiellen Bedingungen durchscheinen zu lassen, die notwendig sind zur Befreiung des Proletariats und zur Bildung einer neuen Gesellschaft, solange sind diese Theoretiker nur Utopisten, die, um den Bedürfnissen der unterdrückten Klassen abzuhelfen, Systeme ausdenken und nach einer regenerierenden Wissenschaft suchen. Aber in dem Maße, wie die Geschichte vorschreitet und mit ihr der Kampf des Proletariats sich deutlicher abzeichnet, haben sie nicht mehr nötig, die Wissenschaft in ihrem Kopfe zu suchen; sie haben nur sich Rechenschaft abzulegen von dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu machen. Solange sie die Wissenschaft suchen und nur Systeme machen, solange sie im Beginn des Kampfes sind, sehen sie im Elend nur das Elend, ohne die revolutionäre umstürzende Seite darin zu erblicken, welche die alte Gesellschaft über den Haufen werfen wird. Von diesem Augenblick an wird die Wissenschaft bewußtes Erzeugnis der historischen Bewegung, und sie hat aufgehört, doktrinär zu sein, sie ist revolutionär geworden.

Kehren wir zu Herrn Proudhon zurück.

Jedes ökonomische Verhältnis hat eine gute und eine schlechte Seite; das ist der einzige Punkt, in dem Herr Proudhon sieh nicht selbst ins Gesicht schlägt. Die gute Seite sieht er von den Ökonomen hervorgehoben, die schlechte von den Sozialisten angeklagt. Er entlehnt den Ökonomen die Notwendigkeit der ewigen Verhältnisse; er entlehnt den Sozialisten die Illusion, in dem Elend nur das Elend zu erblicken. Er ist mit beiden einverstanden, wobei er sich auf die Autorität der Wissenschaft zu stützen sucht. Die Wissenschaft reduziert sich für ihn auf den zwerghaften Umfang einer wissenschaftlichen Formel; er ist der Mann auf der Jagd nach Formeln. Demgemäß schmeichelt sich Herr Proudhon, die Kritik sowohl der politischen Ökonomie als des Kommunismus gegeben zu haben – er steht tief unter beiden. Unter den Ökonomen, weil er als Philosoph, der eine magische Formel bei der Hand hat, sich erlassen zu können glaubt, in die rein ökonomischen Details einzugehen; unter den Sozialisten, weil er weder genügend Mut noch genügend Einsicht besitzt, sich, und sei es auch nur spekulativ, über den Bourgeoishorizont zu erheben.

Er will die Synthese sein, und er ist ein zusammengesetzter Irrtum.

Er will als Mann der Wissenschaft über Bourgeois und Proletariern schweben; er ist nur der Kleinbürger, der beständig zwischen dem Kapital und der Arbeit, zwischen der politischen Ökonomie und dem Kommunismus hin und her geworfen wird.

§ 2 Arbeitsteilung und Maschinen

Die Arbeitsteilung eröffnet nach Herrn Proudhon die Reihe der ökonomischen Entwicklungen.

Gute Seite der Arbeitsteilung:
»Ihrem Wesen nach ist die Arbeitsteilung der Modus, nach welchem die Gleichheit der Bedingungen und Intelligenzen sich realisiert.« (Band 1, S. 93.)
Schlechte Seite der Arbeitsteilung:
»Die Arbeitsteilung ist für uns eine Quelle des Elends geworden.« (Band 1, S. 94.) Variante: »Die Arbeit gelangt dadurch, daß sie sich nach dem Gesetz teilt, welches ihr eigen und die vornehmste Bedingung ihrer Fruchtbarkeit ist, zu der Negation ihrer Ziele und hebt sich selbst auf.« (Band 1, S. 94.)
Zu lösendes Problem:
Die »Rekomposition« finden, »die die Unzuträglichkeiten der Teilung beseitigt und dabei ihre nützlichen Wirkungen erhellt.« (Band 1, S. 97.)

Die Arbeitsteilung ist nach Herrn Proudhon ein ewiges Gesetz, eine einfache und abstrakte Kategorie. Somit muß auch die Abstraktion, die Idee, das bloße Wort ihm genügen, um die Arbeitsteilung in den verschiedenen Epochen der Geschichte zu erklären. Die Kasten, die Zünfte, die Manufaktur, die Großindustrie, alles muß durch das einfache Wort » Teilen« erklärt sein. Man studiere zunächst gehörig den Sinn des Wortes »Teilen«, und man wird nicht mehr nötig haben, die zahlreichen Einflüsse zu erforschen, die in jeder Epoche der Arbeitsteilung einen bestimmten Charakter gegeben haben.

Man vereinfacht in der Tat die Sachen gar zu sehr, wenn man sie auf die Kategorien des Herrn Proudhon zurückführt. Die Geschichte geht nicht so kategorisch vor. Es bedurfte in Deutschland ganzer drei Jahrhunderte, um die erste bedeutende Arbeitsteilung herzustellen; nämlich die Trennung von Stadt und Land. In dem Maße, wie sich bloß dies Verhältnis der Stadt zum Land modifiziert, modifiziert sich die ganze Gesellschaft. Um nur diese eine Seite der Arbeitsteilung ins Auge zu fassen, so ergibt sie uns hier die antiken Republiken, dort den christlichen Feudalismus, hier das alte England mit seinen Landbaronen, dort das moderne England mit seinen Baumwollenbaronen ( cotton-lords). Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert, als es noch keine Kolonien gab, als Amerika noch nicht und Asien nur durch die Vermittlung von Konstantinopel für Europa existierte, als das Mittelmeer noch das Zentrum der Handelstätigkeit war, hatte die Arbeitsteilung einen ganz anderen Charakter, ein ganz anderes Aussehen als im siebzehnten Jahrhundert, wo Spanier, Portugiesen, Holländer, Engländer, Franzosen in allen Weltteilen Kolonien errichtet hatten. Die Ausdehnung des Marktes, seine Physiognomie gaben der Arbeitsteilung in den verschiedenen Epochen eine Physiognomie, einen Charakter, den man Mühe hätte, von dem bloßen Wort » Teilen«, von der Idee, von der Kategorie der »Teilung« abzuleiten.

»Alle Ökonomen seit Adam Smith«, sagt Herr Proudhon, »haben auf die Vorteile und Unzuträglichkeiten des Gesetzes der Teilung aufmerksam gemacht, aber dabei viel mehr Gewicht auf die ersteren als auf die letzteren gelegt, weil das ihrem Optimismus besser paßte, und ohne daß einer von ihnen sich je gefragt hätte, was die Unzuträglichkeiten eines Gesetzes sein könnten ... Wie führt dasselbe Prinzip, streng in seine Konsequenzen verfolgt, zu diametral entgegengesetzten Wirkungen? Nicht ein Ökonom, weder vor noch nach Adam Smith, hat je gemerkt, daß es hier ein Problem zu lösen gilt. Say geht so weit, anzuerkennen, daß in der Arbeitsteilung dieselbe Ursache, welche den Vorteil bewirkt, auch den Schaden zur Folge hat.« (Band 1, S. 95, 96.)

Adam Smith hat viel weiter gesehen, als Herr Proudhon meint. Er hat sehr wohl gesehen, daß »in Wirklichkeit die Verschiedenheit der natürlichen Anlagen zwischen den Individuen weit geringer ist, als wir glauben. Diese so verschiedenen Anlagen, welche die Angehörigen der verschiedenen Professionen zu unterscheiden scheinen, Leute, die bereits in das reife Alter getreten sind, sind nicht sowohl die Ursache als die Wirkung der Arbeitsteilung.« (I, 20.) Ursprünglich unterscheidet sich ein Lastträger weniger von einem Philosophen als ein Kettenhund von einem Windhund. Es ist die Arbeitsteilung, welche einen Abgrund zwischen beiden aufgetan hat. Alles dies hindert Herrn Proudhon nicht, an einer anderen Stelle zu behaupten, daß Adam Smith von den Unzuträglichkeiten, welche die Arbeitsteilung bewirkt, keine Ahnung hatte; und zu behaupten, J.-B. Say habe zuerst anerkannt, »daß in der Arbeitsteilung dieselbe Ursache, welche den Vorteil bewirkt, auch den Schaden zur Folge hat«. (I, 96.)

Hören wir indes Lemontey; Suum cuique.[Anmerkung 62]

»Herr J.-B. Say hat mir die Ehre erwiesen, in seinem vortrefflichen Werk über politische Ökonomie das Prinzip zu adoptieren, welches ich in dem Fragment über den moralischen Einfluß der Arbeitsteilung zuerst dargetan habe. Der ein wenig frivole Titel meines Buches[Anmerkung 63] hat ihm ohne Zweifel nicht erlaubt, mich zu zitieren. Ich finde nur diese Erklärung für das Schweigen eines Schriftstellers, der zu reich an eigenem Fond ist, um eine so bescheidene Anleihe in Abrede zu stellen.« (Lemontey, Oeuvres completes Sämtliche Werke., Band 1, S. 245. Paris 1840.) Lassen wir ihm diese Gerechtigkeit widerfahren:

Lemontey hat die schlimmen Folgen der Arbeitsteilung, wie sie sich heute vollzieht, geistreich dargelegt, und Herr Proudhon hat nichts hinzuzufügen gewußt. Da wir aber einmal durch Herrn Proudhons Schuld uns auf diese Frage der Priorität eingelassen haben, so sei beiläufig bemerkt, daß sehr lange vor Lemontey und siebzehn Jahre vor Adam Smith, dem Schüler von Adam Ferguson, dieser letztere diesen Punkt in einem Kapitel, welches speziell die Arbeitsteilung behandelt, klar und deutlich auseinandergesetzt hat.

»Man könnte sogar zweifeln, ob die allgemeine Befähigung einer Nation im Verhältnis zum Fortschritt der Technik zunimmt. In mehreren Zweigen der Technik ... wird der Zweck vollkommen erreicht, auch wenn sie vollständig der Mitwirkung der Vernunft und des Gefühls entledigt sind, und die Unwissenheit ist ebenso die Mutter der Industrie wie des Aberglaubens. Reflexion und Phantasie sind Verirrungen unterworfen: aber die Gewohnheit, den Fuß oder die Hand zu bewegen, hängt weder von dieser noch von jener ab. So könnte man sagen, daß die Vollkommenheit der Manufakturarbeit darin besteht, daß der Geist entbehrlich gemacht und die ohne Mitarbeit des Kopfes betriebene Werkstatt als ein Mechanismus betrachtet werden kann, dessen einzelne Teile Menschen sind ... Der General kann in der Kriegskunst sehr erfahren sein, während sich das Verdienst des Soldaten darauf beschränkt, einige Hand- und Fußbewegungen auszuführen. Der eine kann gewonnen haben, was der andere verloren ... In einer Periode, in der alles geschieden ist, kann selbst die Kunst zu denken einen besonderen Beruf bilden.« (A. Ferguson, Essai sur l'histoire de la société civile.[Anmerkung 64] Paris 1783.)

Um mit unserer literarischen Abschweifung zu enden, stellen wir ausdrücklich in Abrede, daß » alle Ökonomen viel mehr Gewicht auf die Vorteile als auf die Nachteile der Arbeitsteilung gelegt haben«. Es genügt, Sismondi zu nennen.

So hat Herr Proudhon, was die Vorteile der Arbeitsteilung betrifft, weiter nichts zu tun, als die allgemeinen und allgemein bekannten Redensarten mehr oder weniger schwülstig zu paraphrasieren.

Sehen wir nunmehr, wie er von der Arbeitsteilung, als allgemeinem Gesetz, als Kategorie, als Idee gefaßt, die Unzuträglichkeiten ableitet, die mit ihr verbunden sind. Wie kommt es, daß diese Kategorie, dieses Gesetz eine ungleiche Verteilung der Arbeit einschließt, zum Nachteil von Herrn Proudhons egalitärem System?

»Mit dieser feierlichen Stunde der Arbeitsteilung beginnt der Sturmwind über die Menschheit zu wehen. Der Fortschritt vollzieht sich nicht für alle auf eine gleiche und einheitliche Art ... Er beginnt damit, sich einer kleinen Zahl von Privilegierten zu bemächtigen ... Diese Bevorzugung von Personen von seiten des Fortschritts ist es, die so lange an die natürliche und providentielle Ungleichheit der Lebenslagen glauben gemacht, die Kasten ins Leben gerufen und alle Gesellschaften hierarchisch aufgebaut hat.« (Proudhon, Band 1, S. 94.)

Die Arbeitsteilung hat die Kasten geschaffen: nun sind aber die Kasten die Unzuträglichkeiten der Arbeitsteilung; also hat die Arbeitsteilung Unzuträglichkeiten geschaffen: quod erat demonstrandum.[Anmerkung 65] Will man weitergehen und fragen, was die Arbeitsteilung dahin brachte, die Kasten, die hierarchischen Konstitutionen und die Privilegien zu schaffen, so wird Herr Proudhon antworten: der Fortschritt. Und was hat den Fortschritt veranlaßt? Die Schranke. Die Schranke, für Herrn Proudhon, ist die Bevorzugung von Personen von Seiten des Fortschritts.

Nach der Philosophie die Geschichte; aber weder die beschreibende noch die dialektische, sondern die vergleichende Geschichte. Herr Proudhon zieht eine Parallele zwischen dem Buchdrucker von heute und dem Buchdrucker des Mittelalters, zwischen dem Arbeiter der riesigen Hüttenwerke des Creuzot und dem Hufschmied auf dem Lande, zwischen dem Schriftsteller unserer Tage und dem Schriftsteller des Mittelalters, und er läßt die Waagschale auf Seiten derer sinken, welche mehr oder weniger der Arbeitsteilung angehören, wie sie das Mittelalter erzeugt oder überliefert hat. Er stellt die Arbeitsteilung einer historischen Epoche der Arbeitsteilung einer anderen historischen Epoche gegenüber. War es das, was Herr Proudhon darzutun hatte? Nein. Er sollte uns die Unzuträglichkeiten der Arbeitsteilung im allgemeinen, der Arbeitsteilung als Kategorie zeigen. Wozu übrigens auf dieser Partie der Proudhonschen Werke beharren, da, wie wir sehen werden, er selbst ein wenig später alle diese angeblichen Entwicklungen ausdrücklich widerruft?

»Die erste Wirkung der zerstückelten Arbeit«, fährt Herr Proudhon fort, »nächst der Depravation der Seele, ist die Verlängerung des Arbeitstages, der im umgekehrten Verhältnis zur Summe der verausgabten Intelligenz wächst ... Da jedoch die Dauer des Arbeitstages sechzehn bis achtzehn Stunden nicht überschreiten kann, so wird von dem Augenblick an, wo die Kompensation nicht mehr in der Form von Zeit genommen werden kann, sie auf den Preis genommen werden und der Lohn sinken ... Was feststeht und was lediglich hier zu vermerken gilt, ist, daß das allgemeine Gewissen die Arbeit eines Werkmeisters und die eines Handlangers nicht als gleichwertig taxiert. Die Herabsetzung des Preises des Arbeitstages wird hierdurch eine Notwendigkeit, so daß der Arbeiter, nachdem seine Seele durch eine degradierende Tätigkeit niedergedrückt ist, nicht umhin kann, auch in seinem Körper durch die Geringfügigkeit der Entlohnung getroffen zu werden.« (Band 1, S. 97, 98.)

Wir gehen weg über den logischen Wert dieser Syllogismen, die Kant abseitsführende Paralogismen genannt haben würde.

Dies der Inhalt:

Die Arbeitsteilung reduziert den Arbeiter auf eine degradierende Funktion. Dieser degradierenden Funktion entspricht eine depravierte Seele. Dieser Depravation der Seele entspricht eine stets wachsende Lohnsenkung. Und um zu beweisen, daß diese Lohnsenkung einer depravierten Seele entspricht, behauptet Herr Proudhon zur Beruhigung des Gewissens, daß es das allgemeine Gewissen ist, welches es so will. Zählt die Seele des Herrn Proudhon mit in dem allgemeinen Gewissen?

Die Maschinen sind für Herrn Proudhon »der logische Gegensatz der Arbeitsteilung«, und mit Hilfe seiner Dialektik beginnt er damit, Maschine in Werkstatt umzuwandeln.

Nachdem er die moderne Werkstatt (die Fabrik) unterstellt hat, um aus der Arbeitsteilung das Elend hervorgehen zu lassen, setzt Herr Proudhon das durch die Arbeitsteilung geschaffene Elend voraus, um zur Fabrik gelangen und sie als die dialektische Negation dieses Elends hinstellen zu können. Nachdem er den Arbeiter in moralischer Beziehung mit einer degradierenden Funktion, in physischer mit der Geringfügigkeit des Lohnes bedacht hat, nachdem er den Arbeiter unter die Abhängigkeit vom Werkführer gestellt und seine Arbeit auf die Leistung eines Handlangers herabgedrückt hat, schiebt er die Schuld von neuem auf Fabrik und Maschinen, um den Arbeiter »dadurch, daß er ihm einen Meister gibt«, zu degradieren, und vollendet seine Erniedrigung dadurch, daß er ihn »von dem Range eines Handwerkers zu dem eines Handlangers sinken« läßt. Schöne Dialektik! Und wenn er hierbei noch stehenbliebe; aber nein, er braucht eine neue Geschichte der Arbeitsteilung, nicht mehr, um daraus die Widersprüche abzuleiten, sondern um die Fabrik auf seine Art zu rekonstruieren. Um das zu erreichen, sieht er sich genötigt, alles zu vergessen, was er über die Arbeitsteilung gesagt.

Die Arbeit organisiert und teilt sich verschieden, je nach den Werkzeugen, über die sie verfügt. Die Handmühle setzt eine andere Arbeitsteilung voraus als die Dampfmühle. Es heißt somit der Geschichte ins Gesicht schlagen, wenn man mit der Arbeitsteilung im allgemeinen beginnt, um in der Folge zu einem speziellen Produktionsinstrument, den Maschinen, zu gelangen.

Die Maschinen sind ebensowenig eine ökonomische Kategorie wie der Ochse, der den Pflug zieht, sie sind nur eine Produktivkraft. Die moderne Fabrik, die auf der Anwendung von Maschinen beruht, ist ein gesellschaftliches Produktionsverhältnis, eine ökonomische Kategorie.

Sehen wir nun, wie die Dinge in der glänzenden Einbildung des Herrn Proudhon sich vollziehen.

»In der Gesellschaft ist das Auftreten der Maschinen und immer neuen Maschinen die Antithese, die Gegenformel der Arbeit: sie ist der Protest des Genius der Industrie gegen die zerstückelte und menschenmörderische Arbeit. Was in der Tat ist eine Maschine? Eine Art, die verschiedenen Teile der Arbeit, welche die Arbeitsteilung geschieden hat, zu vereinigen. Jede Maschine kann definiert werden als eine Zusammenfassung verschiedener Operationen ... Somit haben wir in der Maschine die Wiederherstellung des Arbeiters ... Die Maschinen, die sich in der politischen Ökonomie gegensätzlich zur Arbeitsteilung stellen, repräsentieren die Synthese, die sich im menschlichen Geist der Analyse gegenüberstellt ... Die Teilung trennte nur die verschiedenen Teile der Arbeit, indem sie es einem jeden überließ, sich der Spezialität, die ihm am meisten zusagte, zu widmen. Die Fabrik gruppiert die Arbeiter nach der Beziehung jedes Teiles zum Ganzen ... Sie führt das Prinzip der Autorität in die Arbeit ein ... Aber das ist nicht genug. Die Maschine oder die Fabrik, nachdem sie den Arbeiter dadurch degradiert hat, daß sie ihm einen Meister gibt, vollendet seine Erniedrigung damit, daß sie ihn vom Range eines Handwerkers zu dem eines Handlangers fallen läßt ... Die Periode, die wir in diesem Moment durchleben, die der Maschinen, zeichnet sich durch einen besonderen Charakter aus, die Lohnarbeit ... Die Lohnarbeit ist späteren Datums als Arbeitsteilung und Tausch.« (I, 135, 136, 161.)

Eine einfache Bemerkung für Herrn Proudhon. Die Trennung der verschiedenen Arbeitsteile, die einem jeden die Möglichkeit gibt, sich der Spezialität zu widmen, die ihm am meisten zusagt, eine Trennung, welche Herr Proudhon von Anfang der Welt datiert, gibt es erst in der modernen Industrie unter der Herrschaft der Konkurrenz.

Herr Proudhon gibt uns sodann eine mehr als »interessante Genealogie«, um nachzuweisen, wie die Fabrik aus der Arbeitsteilung und die Lohnarbeit aus der Fabrik entstanden ist.

  1. Er setzt einen Menschen voraus, der »bemerkt hat«, daß man die Produktivkräfte vermehrt, »wenn man die Produktion in ihre verschiedenen Teile zerlegt und jeden von einem besonderen Arbeiter ausführen läßt«.
  2. Dieser Mensch »ergreift den Faden dieser Idee und sagt sich, daß, wenn er eine ständige Gruppe von Arbeitern bildet, assortiert für den besonderen Zweck, den er sich vornimmt, er dann eine stetigere Produktion erzielen würde etc.« (I,161.)
  3. Dieser Mensch macht anderen Menschen einen Vorschlag, damit sie seine Idee und den Faden seiner Idee ergreifen.
  4. Dieser Mensch verhandelt im Beginn der Industrie mit seinen Genossen, die später seine Arbeiter geworden, auf dem Fuße der Gleichheit.
  5. »Es leuchtet in der Tat ein, daß diese ursprüngliche Gleichheit bald verschwinden mußte angesichts der vorteilhaften Stellung des Meisters und der Abhängigkeit des Lohnarbeiters.« (I, 162.)

Hier haben wir wiederum eine Probe der historischen, und beschreibenden Methode des Herrn Proudhon.

Untersuchen wir nunmehr vom historischen und ökonomischen Gesichtspunkt aus, ob die Fabrik und die Maschine in der Tat das Autoritätsprinzip später als die Arbeitsteilung in die Gesellschaft eingeführt hat; ob auf der einen Seite der Arbeiter rehabilitiert worden ist, trotzdem daß er auf der anderen Seite der Autorität unterworfen wurde; ob die Maschine die Rekomposition der geteilten Arbeit, die ihrer Analyse entgegengesetzte Synthese der Arbeit ist.

Die Gesellschaft als Ganzes hat das mit dem Innern einer Fabrik gemein, daß auch sie ihre Arbeitsteilung hat. Nimmt man die Arbeitsteilung in einer modernen Fabrik als Beispiel, um sie auf eine ganze Gesellschaft anzuwenden, so wäre unzweifelhaft diejenige Gesellschaft am besten für die Produktion ihres Reichtums organisiert, welche nur einen einzigen Unternehmer als Führer hätte, der nach einer im voraus festgesetzten Ordnung die Funktionen unter die verschiedenen Mitglieder der Gemeinschaft verteilt. Aber dem ist keineswegs so. Während innerhalb der modernen Fabrik die Arbeitsteilung durch die Autorität des Unternehmers bis ins einzelnste geregelt ist, kennt die moderne Gesellschaft keine andere Regel, keine andere Autorität für die Verteilung der Arbeit als die freie Konkurrenz.

Unter dem patriarchalischen Regime, unter dem Regime der Kasten, des feudalen und Zunftsystems, gab es Arbeitsteilung in der ganzen Gesellschaft nach bestimmten Regeln. Sind diese Regeln von einem Gesetzgeber angeordnet worden? Nein. Ursprünglich aus den Bedingungen der materiellen Produktion hervorgegangen, wurden sie erst viel später zum Gesetz erhoben. So wurden diese verschiedenen Formen der Arbeitsteilung ebenso viele Grundlagen sozialer Organisationen. Was die Arbeitsteilung in der Werkstatt anbetrifft, so war sie in allen diesen Gesellschaftsformen sehr wenig entwickelt.

Man kann als allgemeine Regel aufstellen: je weniger die Autorität der Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft vorsteht, desto mehr entwickelt sich die Arbeitsteilung im Innern der Werkstatt und um so mehr ist sie der Autorität eines einzelnen unterworfen. Danach steht die Autorität in der Werkstatt und die in der Gesellschaft in bezug auf die Arbeitsteilung im umgekehrten Verhältnis zueinander.

Es kommt nunmehr darauf an, nachzusehen, was das für eine Werkstatt ist, in der die Beschäftigungen sehr getrennt sind, wo die Aufgabe jedes Arbeiters auf eine sehr einfache Operation reduziert ist und wo die Autorität, das Kapital, die Arbeiter gruppiert und leitet. Wie ist diese Werkstatt, die Fabrik entstanden? Um diese Frage zu beantworten, haben wir zu prüfen, wie die eigentliche Manufakturindustrie sich entwickelt hat. Ich spreche hier von jener Industrie, die noch nicht die moderne große Industrie mit ihren Maschinen ist, die aber bereits weder die Industrie des Mittelalters noch die Hausindustrie mehr ist. Wir wollen nicht zu sehr ins Detail eingehen, wir wollen nur einige Hauptpunkte feststellen, um zu zeigen, wie man mit Formeln noch keine Geschichte macht.

Eine der unerläßlichsten Bedingungen für die Bildung der Manufakturindustrie war die Akkumulation der Kapitalien, erleichtert durch die Entdeckung Amerikas und die Einfuhr seiner Edelmetalle.

Es ist hinlänglich erwiesen, daß die Vermehrung der Tauschmittel zur Folge hatte einerseits die Entwertung der Löhne und Grundrenten und anderseits die Vermehrung der industriellen Profite. Mit anderen Worten: um so viel, als die Klasse der Grundbesitzer und die Klasse der Arbeiter, die Feudalherren und das Volk sanken, um so viel hob sich die Klasse der Kapitalisten, die Bourgeoisie.

Es gab noch andere Umstände, die gleichzeitig zur Entwicklung der Manufakturindustrie beitrugen: die Vermehrung der auf den Markt gebrachten Waren, sobald einmal die Verbindung mit Ostindien auf dem Seewege um das Kap der Guten Hoffnung hergestellt war, ferner das Kolonialsystem und die Entwicklung des Seehandels.

Eine andere Seite, die in der Geschichte der Manufakturindustrie noch nicht genügend gewürdigt wurde, ist die Entlassung der zahlreichen Gefolgschaften der Feudalherren, deren untergeordnete Angehörige Landstreicher wurden, ehe sie in die Werkstatt eintraten. Der Schöpfung der in die Fabrik übergehenden Werkstatt ging im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert ein fast universelles Landstreichertum voraus. Die Werkstatt fand ferner einen mächtigen Rückhalt in den zahlreichen Landleuten, die infolge der Umwandlung der Äcker in Wiesen und infolge der Fortschritte in der Landwirtschaft, die weniger Arbeiter für die Bearbeitung der Äcker nötig machten, fortgesetzt aus dem Dienst gejagt wurden und ganze Jahrhunderte hindurch in die Städte strömten.

Das Anwachsen des Marktes, die Akkumulation von Kapitalien, die in der sozialen Stellung der Klassen eingetretenen Veränderungen, eine Menge von Personen, die sich ihrer Einnahmequellen beraubt sehen, das sind ebenso viele historische Vorbedingungen für die Entstehung der Manufaktur. Es waren nicht, wie Herr Proudhon sagt, freundschaftliche Vereinbarungen und dergleichen, welche die Menschen in Werkstätten und Fabriken vereinigten. Nicht einmal im Schoß der alten Zünfte ist die Manufaktur erwachsen. Der Kaufmann war es, der der Prinzipal der modernen Werkstatt wurde, und nicht der alte Zunftmeister. Fast überall herrschte ein erbitterter Kampf zwischen Manufaktur und Handwerk.

Die Akkumulation, die Konzentration von Werkzeugen und Arbeitern ging der Entwicklung der Arbeitsteilung im Innern des Ateliers voraus. Eine Manufaktur bestand weit mehr in der Vereinigung vieler Arbeiter und vieler Handwerke in einem und demselben Lokal, in einem Saal unter dem Kommando eines Kapitals, als in der Auflösung der Arbeiten und der Anpassung eines speziellen Arbeiters an eine sehr einfache Aufgabe. Der Nutzen einer Fabrikwerkstatt bestand viel weniger in der eigentlichen Arbeitsteilung als in dem Umstande, daß man in größerem Maßstab arbeitete, viele unnütze Unkosten sparte usw. Ende des sechzehnten und Anfang des siebzehnten Jahrhunderts kannte die holländische Manufaktur die Teilung der Arbeit noch kaum.

Die Entwicklung der Arbeitsteilung setzt die Vereinigung der Arbeiter in einer Werkstatt voraus. Es gibt sogar nicht ein einziges Beispiel dafür, weder im sechzehnten noch im siebzehnten Jahrhundert, daß die verschiedenen Zweige eines und desselben Handwerks in dem Maße getrennt betrieben wurden, daß es genügt hätte, sie in einem Ort zu vereinigen, um damit die Fabrikwerkstatt fix und fertig herzustellen. Aber einmal die Menschen und Werkzeuge vereinigt, reproduzierte sich die Arbeitsteilung, wie sie zur Zeit der Zünfte bestanden, und spiegelt sich notwendig im Innern der Fabrikwerkstatt wider. Für Herrn Proudhon, der die Dinge auf dem Kopf stehend sieht, wenn er sie überhaupt sieht, geht die Arbeitsteilung im Sinne von Adam Smith der Fabrikwerkstatt, die eigentlich ihre Existenzbedingung ist, voraus.

Die eigentlichen Maschinen datieren seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts. Nichts abgeschmackter, als in den Maschinen die Antithese der Arbeitsteilung zu erblicken, die Synthese, die die Einheit in der zerstückelten Arbeit wiederherstellt.

Die Maschine ist eine Vereinigung von Arbeitswerkzeugen und keineswegs eine Verbindung der Arbeiten für den Arbeiter selbst. »Wenn durch die Arbeitsteilung jede besondere Arbeitsleistung auf die Handhabung eines einfachen Instrumentes reduziert wurde, so bildet die Vereinigung aller dieser durch einen einzigen Motor in Bewegung gesetzten Werkzeuge eine Maschine.« (Babbage, Traité sur l'économie des machines,[Anmerkung 66] Paris 1833.) Einfache Werkzeuge; Akkumulation von Werkzeugen; zusammengesetzte Werkzeuge; in Bewegung setzen eines zusammengesetzten Werkzeuges durch einen einzigen Handmotor, den Menschen; in Bewegung setzen dieser Instrumente durch die Naturkräfte; Maschinen; System von Maschinen, die nur einen Motor haben; System von Maschinen, die einen automatischen Motor haben – das ist die Entwicklung der Maschine. Die Konzentration der Produktionsinstrumente und die Arbeitsteilung sind ebenso untrennbar voneinander, als auf dem Gebiete der Politik die Zentralisation der öffentlichen Gewalten und die Teilung der Privatinteressen. England mit seiner Konzentrierung des Grund und Bodens, dieses Werkzeuges der agrikolen Arbeit, hat ebenfalls die Arbeitsteilung in der Agrikultur und die Anwendung der Maschinerie beim Landbau. Frankreich, welches die Teilung des Werkzeuges, des Bodens hat, das Parzellensystem, hat im allgemeinen weder Arbeitsteilung in der Agrikultur noch Anwendung von Maschinen beim Landbau.

Für Herrn Proudhon ist die Konzentration der Arbeitsinstrumente die Negation der Arbeitsteilung. In der Wirklichkeit finden wir abermals das Gegenteil. In dem Maße, als die Konzentrierung der Werkzeuge sich entwickelt, entwickelt sich auch die Arbeitsteilung und umgekehrt. Dies die Ursache, weshalb jede große Erfindung in der mechanischen Technik eine größere Arbeitsteilung zur Folge hat und jede Steigerung der Arbeitsteilung ihrerseits neue mechanische Erfindungen hervorruft.

Wir brauchen nicht daran zu erinnern, daß die großen Fortschritte der Arbeitsteilung in England nach der Erfindung der Maschinen begonnen haben. So waren die Weber und die Spinner meistenteils Bauern, wie man sie noch in rückständigen Ländern antrifft. Die Erfindung der Maschinen hat die Trennung der Manufakturindustrie von der Agrikulturindustrie vollendet. Weber und Spinner, früher in einer Familie vereinigt, wurden durch die Maschine getrennt. Dank der Maschine kann der Spinner in England wohnen, während der Weber gleichzeitig in Ostindien lebt. Vor der Erfindung der Maschinen erstreckte sich die Industrie eines Landes hauptsächlich auf die Rohstoffe, die sein eigener Boden hervorbrachte: so in England Wolle, in Deutschland Flachs, in Frankreich Seide und Flachs, in Ostindien und in der Levante Baumwolle usw. Dank der Anwendung der Maschinen und des Dampfes hat die Arbeitsteilung eine derartige Ausdehnung nehmen können, daß die von nationalem Boden losgelöste Großindustrie einzig und allein vom Welthandel, vom internationalen Austausch, von einer internationalen Arbeitsteilung abhängt. Kurz, die Maschine übt einen solchen Einfluß auf die Teilung der Arbeit aus, daß, wenn bei der Fabrikation irgendeines Gegenstandes das Mittel gefunden ist, Teile desselben mechanisch herzustellen, seine Fabrikation sich alsbald in zwei voneinander unabhängige Betriebe sondert.

Brauchen wir noch von dem providentiellen und philanthropischen Zweck zu reden, welchen Herr Proudhon in der Erfindung und ursprünglichen Anwendung der Maschine entdeckt? Als in England der Markt eine solche Entwicklung gewonnen hatte, daß die Handarbeit ihm nicht mehr genügen konnte, empfand man das Bedürfnis nach Maschinen. Man sann nun auf die Anwendung der mechanischen Wissenschaft, die bereits im achtzehnten Jahrhundert fertig da war. Das erste Auftreten der Fabrik mit Kraftbetrieb ist durch Akte bezeichnet, die nichts weniger als philanthropisch waren. Kinder wurden mit der Peitsche zur Arbeit angehalten; sie wurden ein Gegenstand des Schachers; man schloß mit Waisenhäusern Kontrakte. Man schaffte alle Gesetze über die Lehrzeit der Arbeiter ab, weil man, um uns der Phrasen des Herrn Proudhon zu bedienen, nicht mehr der synthetischen Arbeiter bedurfte. Endlich waren seit 1825 fast alle neuen Erfindungen das Ergebnis von Kollisionen zwischen Arbeiter und Unternehmer, der um jeden Preis die Fachbildung des Arbeiters zu entwerten suchte. Nach jedem neuen einigermaßen bedeutenden Strike erstand eine neue Maschine. So wenig sah der Arbeiter in der Anwendung der Maschinen eine Art Rehabilitierung, eine Art Wiederherstellung, wie Herr Proudhon es nennt, daß er im achtzehnten Jahrhundert der erstehenden Herrschaft der Kraftautomaten sehr lange Widerstand leistete.

»Wyatt«, sagt Dr. Ure, »hatte die künstlichen Spinnfinger (die drei Reihen geriffelte Walzen) lange vor Arkwright erfunden. Die Hauptschwierigkeit bestand nicht so sehr in der Erfindung eines selbsttätigen Mechanismus ..., die Schwierigkeit bestand vor allem in der Disziplin, notwendig, damit die Menschen auf ihre unregelmäßigen Gewohnheiten bei der Arbeit verzichten und sich mit der unveränderlichen Regelmäßigkeit der Bewegung einer großen selbsttätigen Maschine identifizieren. Aber einen den Bedürfnissen, der Geschwindigkeit des automatischen Systems entsprechenden Disziplinarkodex zu erfinden und mit Erfolg auszuführen, war ein Unternehmen des Herkules würdig. Das ist das edle Werk Arkwrights.« (I, 21 bis 22, 23.)

Alles in allem hat die Einführung der Maschinen die Teilung der Arbeit innerhalb der Gesellschaft gesteigert, das Werk des Arbeiters innerhalb der Werkstatt vereinfacht, das Kapital konzentriert und den Menschen zerstückelt.

Will Herr Proudhon Ökonom sein und für eine Weile die »Entwicklung in der Reihe der Gedanken, nach der Gliederung der Vernunft« beiseite lassen, so wird er seine Belehrung bei Adam Smith suchen, zur Zeit, wo die automatische Fabrik erst im Entstehen war. In der Tat, welcher Unterschied zwischen der Teilung der Arbeit, wie sie zur Zeit von Adam Smith bestand und wie wir sie in der automatischen Fabrik sehen! Um ihn gut zu erfassen, genügt es, einige Stellen aus der »Philosophie der Manufaktur« von Dr. Ure zu zitieren.

»Als Adam Smith sein unsterbliches Werk über die Grundzüge der politischen Ökonomie schrieb, war das automatische Industriesystem kaum noch bekannt. Die Teilung der Arbeit erschien ihm mit Recht als das große Prinzip der Vervollkommnung in der Manufaktur. Er zeigte an der Fabrikation der Nadeln, wie ein Arbeiter, der sich durch die Beschäftigung mit einem und demselben Gegenstand vervollkommnet, leistungsfähiger und weniger kostspielig wird. In jedem Zweig der Manufaktur sah er, wie nach diesem Prinzip gewisse Verrichtungen, wie das Schneiden von Messingdrähten in gleiche Abschnitte, leicht ausführbar werden; wie andere Arbeiten, z. B. die Herstellung und Ansetzung der Nadelköpfe, verhältnismäßig schwerer sind: er schloß also daraus, daß man jeder dieser Verrichtungen einen Arbeiter anpassen kann, dessen Lohn seiner Geschicklichkeit entspräche. Diese Anpassung ist das Wesen der Arbeitsteilung. Aber was zur Zeit des Dr. Smith als passendes Beispiel dienen konnte, kann heute das Publikum in bezug auf das wirkliche Prinzip der Fabrikindustrie nur irreführen. In der Tat paßt die Verteilung oder vielmehr die Anpassung der Arbeiten an die verschiedenen individuellen Fähigkeiten nicht in den Operationsplan der automatischen Fabrik: im Gegenteil, überall, wo ein Prozeß große Geschicklichkeit und eine sichere Hand erfordert, entzieht man ihn dem zu geschickten und oft zu allerhand Unregelmäßigkeiten geneigten Arbeiter, um ihn einem besonderen Mechanismus zu übertragen, dessen automatische Tätigkeit so gut reguliert ist, daß ein Kind sie überwachen kann.

Das Prinzip des automatischen Systems besteht also darin, an die Stelle der Handarbeit die mechanische Arbeit zu setzen und die Arbeitsteilung unter den Handwerkern durch die Zerlegung eines Prozesses in die ihn ausmachenden Teile zu ersetzen. Nach dem System der Handarbeit war die menschliche Arbeit in der Regel das teuerste Element eines Produktes; aber nach dem automatischen System sehen wir die geschickten Handarbeiter allmählich verdrängt durch einfache Maschinenwärter.

Die Schwäche der menschlichen Natur ist so groß, daß, je geschickter der Arbeiter, er um so anspruchsvoller und schwerer zu behandeln und infolgedessen weniger für ein mechanisches System geeignet ist, in dessen Getriebe seine launenhaften Einfälle beträchtlichen Schaden anrichten können. Die Hauptaufgabe des heutigen Fabrikanten besteht also darin, durch Verbindung von Wissenschaft und Kapital die Tätigkeit seiner Arbeiter darauf zu reduzieren, daß sie ihre Wachsamkeit und ihre Gewandtheit ausüben, Eigenschaften, die sie in ihrer Jugend sehr vervollkommnen, wenn man sie nur ausschließlich mit einem bestimmten Gegenstand beschäftigt.

Nach dem System der Abstufung der Arbeit braucht es eine Lehrzeit von mehreren Jahren, bevor Augen und Hand geschickt genug werden, um gewisse mechanische Kunststücke zu verrichten; aber nach dem System, das einen Prozeß zerlegt, indem es ihn in seine einzelnen wesentlichen Bestandteile teilt, und welches alle seine Teile durch eine selbsttätige Maschine ausführen läßt, kann man diese elementaren Teile einer Person mit gewöhnlicher Begabung nach kurzer Probezeit anvertrauen; man kann sogar in dringenden Fällen diese Person von einer Maschine an die andere stellen, nach dem Belieben des Betriebsleiters. Solche Änderungen stehen im offenen Widerspruch mit der alten Routine, welche die Arbeit teilt und einen Arbeiter Nadelköpfe verfertigen, einen anderen Nadelspitzen schärfen heißt, eine Beschäftigung, deren langweilige Einförmigkeit sie entnervt ... Aber nach dem Prinzip der Gleichmachung oder dem automatischen System werden die Fähigkeiten des Arbeiters nur einer angenehmen Übung unterworfen usw. ... Da seine Tätigkeit darin besteht, die Arbeit eines wohlgeregelten Mechanismus zu überwachen, kann er sie in kurzer Zeit erlernen; indem er seine Leistungen von einer Maschine auf eine andere überträgt, wechselt er seine Tätigkeit und entwickelt er seine Ideen, indem er über die allgemeinen Kombinationen nachdenkt, welche aus seiner und seiner Kollegen Arbeit resultieren. So kann dieses Einzwängen der Fähigkeiten, diese Verengerung der Ideen, dieser Zustand der Störung der körperlichen Entwicklung, die nicht ohne Grund der Arbeitsteilung zugeschrieben werden, unter gewöhnlichen Umständen nicht statthaben in einem System der gleichen Verteilung der Arbeiten.

Das beständige Ziel, die Tendenz aller Vervollkommnung der Technik, geht in der Tat dahin, die Arbeit des Menschen möglichst entbehrlich zu machen oder den Preis derselben zu verringern, indem man die Arbeit von Frauen und Kindern an die Stelle der von erwachsenen Arbeitern oder die grobe Arbeit an Stelle der geschickten Arbeit setzt ... Diese Tendenz, nur noch Kinder mit lebhaften Augen und gelenken Fingern an Stelle von geübten Arbeitern zu beschäftigen, zeigt, daß das Schuldogma von der Teilung der Arbeit nach den verschiedenen Graden der Geschicklichkeit von unseren aufgeklärten Fabrikanten endlich beiseite geworfen ist.« (André Ure, Philosophie des manufactures ou économie industrielle,[Anmerkung 67] Band 1, Kap.1, S. 34-35.)

Was die Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft charakterisiert, ist die Tatsache, daß sie die Spezialitäten, die Fachleute und mit ihnen den Fachidiotismus erzeugt.

»Bewunderung erfaßt uns«, sagt Lemontey, »wenn wir bei den Alten dieselbe Person gleichzeitig in hohem Grade sich auszeichnen sehen als Philosoph, Dichter, Redner, Historiker, Priester, Staatsmann und Feldherr. Unsere Seelen erschrecken bei der Betrachtung eines so umfassenden Gebietes. Jeder steckt sich heute sein Gehege ab und schließt sich darin ein. Ich weiß nicht, ob durch diese Zerstückelung das Feld sich vergrößert, aber ich weiß wohl, daß der Mensch kleiner wird.«

Was die Teilung der Arbeit in der mechanischen Fabrik kennzeichnet, ist, daß sie jeden Spezialcharakter verloren hat. Aber von dem Augenblick an, wo jede besondere Entwicklung aufhört, macht sich das Bedürfnis nach Universalität, das Bestreben nach einer allseitigen Entwicklung des Individuums fühlbar. Die automatische Fabrik beseitigt die Spezialisten und den Fachidiotismus.

Herr Proudhon, der nicht einmal diese eine revolutionäre Seite der automatischen Fabrik begriffen hat, tut einen Schritt rückwärts und schlägt dem Arbeiter vor, nicht lediglich den zwölften Teil einer Nadel, sondern nach und nach alle zwölf Teile anzufertigen. Der Arbeiter würde so zu der Wissenschaft und dem Bewußtsein der Nadel gelangen. Das ist mit einem Wort die synthetische Arbeit des Herrn Proudhon. Niemand wird bestreiten, daß eine Bewegung nach vorwärts und eine andere nach rückwärts machen auch eine synthetische Bewegung machen heißt.

Alles in allem geht Herr Proudhon nicht über das Ideal des Kleinbürgers hinaus. Und um dieses Ideal zu verwirklichen, fällt ihm nichts Besseres ein, als uns zum Handwerksgesellen oder höchstens zum Handwerksmeister des Mittelalters zurückzuführen. Es genügt, sagt er irgendwo in seinem Buche, ein einziges Mal in seinem Leben ein Meisterstück gemacht, sich ein einziges Mal als Mensch gefühlt zu haben. Ist das nicht nach Form wie Inhalt das von den Zünften des Mittelalters verlangte Meisterstück?

§ 3 Konkurrenz und Monopol

Gute Seite der Konkurrenz:
»Die Konkurrenz gehört ebenso wesentlich zur Arbeit wie die Teilung ... Sie ist notwendig zur Herbeiführung der Gleichheit.« (Band 1, S. 186,188.)
Schlechte Seite der Konkurrenz:
»Das Prinzip ist die Verneinung seiner selbst. Seine sicherste Wirkung ist, diejenigen, welche es mit sich reißt, zu verderben.« (Band 1, S. 185.)
Allgemeine Betrachtung:
»Die Unzuträglichkeiten, die es zur Folge hat, entstammen ebenso wie das Gute, welches es mit sich bringt ..., beide logisch dem Prinzip.« (Band 1, S.185,186.) »Das Prinzip der Vermittlung suchen, welches von einem Gesetz sich ableiten muß, das höher steht als die Freiheit selbst.« (Band 1, S. 185.)
Zu lösende Aufgabe:
Variante:»Es kann sich also hier nicht darum handeln, die Konkurrenz aufzuheben, eine Sache, die ebenso unmöglich ist wie die Aufhebung der Freiheit; es handelt sich darum, das Gleichgewicht, ich sagte gern die Polizei derselben zu finden.« (Band 1, S. 223.)

Herr Proudhon beginnt damit, die ewige Notwendigkeit der Konkurrenz gegen diejenigen zu verteidigen, die sie durch den Wetteifer ersetzen wollen.[Anmerkung 68]

Es gibt keinen »Wetteifer ohne Zweck«, und da »der Gegenstand jeder Leidenschaft notwendigerweise der Leidenschaft analog ist: eine Frau für den Liebenden, Macht für den Ehrgeizigen, Gold für den Geizhals, ein Lorbeerkranz für den Dichter, so ist der Gegenstand des industriellen Wetteifers notwendig der Profit. Der Wetteifer ist nichts anderes als die Konkurrenz selbst.« (I,187.)

Die Konkurrenz ist der Wetteifer im Hinblick auf den Profit. Ist der industrielle Wetteifer notwendigerweise der Wetteifer im Hinblick auf den Profit, d. h. die Konkurrenz? Herr Proudhon beweist es, indem er es behauptet. Wir haben es gesehen: behaupten heißt für ihn beweisen, wie voraussetzen leugnen heißt.

Wenn das unmittelbare Objekt des Liebenden die Frau ist, so ist das unmittelbare Objekt des industriellen Wetteifers das Produkt und nicht der Profit.

Die Konkurrenz ist nicht der industrielle Wetteifer, sondern der kommerzielle. Heute besteht der industrielle Wetteifer nur im Hinblick auf den Handel. Es gibt sogar Phasen im ökonomischen Leben der Völker, wo alle Welt von einer Art Taumel ergriffen ist, Profit zu machen, ohne zu produzieren. Dieser Spekulationstaumel, der periodisch wiederkehrt, enthüllt den wahren Charakter der Konkurrenz, die den notwendigen Bedingungen des industriellen Wetteifers zu entschlüpfen sucht. Hätte man einem Handwerker des vierzehnten Jahrhunderts gesagt, man werde die Privilegien und die ganze feudale Organisation der Industrie abschaffen, um an deren Stelle den industriellen Wetteifer, Konkurrenz genannt, zu setzen, er hätte euch geantwortet, daß die Privilegien der verschiedenen Korporationen, Zünfte, Innungen gerade die organisierte Konkurrenz bilden. Herr Proudhon drückt sich nicht besser aus, wenn er behauptet, »daß der Wetteifer nichts anderes ist als die Konkurrenz«.

»Verordnet, daß vom 1. Januar 1847 an Arbeit und Lohn jedermann garantiert seien, und sofort wird auf die hochgradige Spannung der Industrie eine ungeheure Erschlaffung folgen.« (Band 1, S. 189.)

An Stelle einer Voraussetzung, einer Position und einer Negation haben wir jetzt eine Verordnung, die Herr Proudhon ausdrücklich erläßt, um die Notwendigkeit der Konkurrenz, ihre Ewigkeit als Kategorie usw. zu beweisen.

Wenn man sich einbildet, daß es nur Verordnungen bedarf, um aus der Konkurrenz herauszukommen, wird man niemals von ihr befreit werden. Und wenn man die Dinge so weit treibt, die Abschaffung der Konkurrenz unter Beibehaltung des Lohnes vorzuschlagen, so schlägt man vor, einen Unsinn zu verordnen. Aber die Völker entwickeln sich nicht auf Königs Befehl. Bevor sie solche Verordnungen fabrizieren, müssen sie mindestens ihre industriellen und politischen Existenzbedingungen, folglich ihre ganze Daseinsweise von Grund aus verändern.

Herr Proudhon wird mit seiner unerschütterlichen Unverfrorenheit antworten, daß dies eine Voraussetzung einer »Umwandlung unserer Natur ohne historische Vorbedingungen« sei, und daß er das Recht habe, »uns von der Diskussion auszuschließen«, wir wissen nicht, auf Grund welcher Verordnung. Herr Proudhon weiß nicht, daß die ganze Geschichte nur eine fortgesetzte Umwandlung der menschlichen Natur ist.

»Bleiben wir bei den Tatsachen. Die Französische Revolution wurde ebensosehr für die industrielle wie für die politische Freiheit gemacht; und obwohl Frankreich, sagen wir es offen, im Jahre 1789 nicht alle Konsequenzen des Prinzips erkannt hat, dessen Verwirklichung es verlangte, so hat es sich weder in seinen Wünschen noch in seinen Erwartungen getäuscht. Wer den Versuch machen sollte, das zu leugnen, der verliert in meinen Augen das Recht auf Kritik. Ich werde nie mit einem Gegner disputieren, der den freiwilligen Irrtum von fünfundzwanzig Millionen Menschen im Prinzip aufstellt ... Wenn die Konkurrenz nicht ein Prinzip der sozialen Ökonomie, ein Dekret des Schicksals, eine Notwendigkeit der menschlichen Seele wäre, warum denn dachte man, statt Korporationen, Innungen und Zünfte abzuschaffen, nicht vielmehr daran, das alles wiederherzustellen?« (Band 1, S. 191, 192.)

Da also die Franzosen des achtzehnten Jahrhunderts Korporationen, Innungen und Zünfte abgeschafft haben, anstatt sie zu modifizieren, so müssen die Franzosen des neunzehnten Jahrhunderts die Konkurrenz modifizieren, anstatt sie abzuschaffen. Da die Konkurrenz in Frankreich im achtzehnten Jahrhundert als Konsequenz der historischen Bedürfnisse zur Herrschaft kam, darf diese Konkurrenz im neunzehnten Jahrhundert nicht auf Grund anderer historischer Bedürfnisse beseitigt werden. Herr Proudhon, der nicht begreift, daß die Herstellung der Konkurrenz mit der wirklichen Entwicklung der Menschen des achtzehnten Jahrhunderts verknüpft war, macht aus der Konkurrenz eine Notwendigkeit der menschlichen Seele IN PARTIBUS INFIDELIUM.[Anmerkung 69] Was hätte er aus dem »großen Colbert« für das siebzehnte Jahrhundert gemacht«?

Nach der Revolution kam der gegenwärtige Stand der Dinge. Herr Proudhon greift aus ihm ebenfalls Tatsachen heraus, um die Ewigkeit der Konkurrenz zu zeigen, indem er beweist, daß alle Industrien, in denen diese Kategorie noch nicht genügend entwickelt ist, wie die Agrikultur, sich in einem niedrigeren, hinfälligen Zustand befinden.

Sagen, daß es Industrien gibt, die noch nicht auf der Höhe der Konkurrenz sind, daß andere noch unter dem Niveau der bürgerlichen Produktion sich befinden, ist hohles Geschwätz, welches keineswegs die Ewigkeit der Konkurrenz beweist.

Die ganze Logik des Herrn Proudhon faßt sich in folgendem zusammen: die Konkurrenz ist ein soziales Verhältnis, in welchem wir heute unsere Produktivkräfte entwickeln. Er gibt dieser Wahrheit zwar keine logischen Entwicklungen, sondern Formen, und zwar oft recht drollige Formen, indem er sagt, daß die Konkurrenz der industrielle Wetteifer ist, die heutige Art, frei zu sein, die Verantwortlichkeit in der Arbeit, die Konstituierung des Wertes, eine Bedingung für das Kommen der Gleichheit, ein Prinzip der Sozialökonomie, ein Dekret des Schicksals, eine Notwendigkeit der menschlichen Seele, eine Inspiration der «ewigen Gerechtigkeit, die Freiheit in der Teilung, die Teilung in der Freiheit, eine ökonomische Kategorie. » Konkurrenz und Assoziation stützen einander. Weit entfernt, sich auszuschließen, gehen sie nicht einmal auseinander. Wer Konkurrenz sagt, setzt bereits gemeinsames Ziel voraus; die Konkurrenz ist also nicht der Egoismus, und es ist der beklagenswerteste Irrtum des Sozialismus, in ihr den Umsturz der Gesellschaft gesehen zu haben.« (Band 1, S. 223.)

Wer Konkurrenz sagt, sagt gemeinsames Ziel, und das beweist einerseits, daß die Konkurrenz die Assoziation ist, anderseits, daß Konkurrenz nicht Egoismus ist. Und sagt, wer Egoismus sagt, nicht auch gemeinsames Ziel? Jeder Egoismus spielt sich ab in der Gesellschaft und vermittels der Gesellschaft. Er setzt also die Gesellschaft voraus, d. h. gemeinsame Ziele, gemeinsame Bedürfnisse, gemeinsame Produktionsmittel usw. Ist es daher reiner Zufall, wenn die Konkurrenz und die Assoziation, von denen die Sozialisten reden, nicht einmal auseinandergehen? Die Sozialisten wissen sehr wohl, daß die gegenwärtige Gesellschaft auf der Konkurrenz beruht. Wie sollten sie der Konkurrenz den Vorwurf machen, daß sie die heutige Gesellschaft umstürze, die Gesellschaft, die sie selbst umstürzen wollen? Und wie sollten sie der Konkurrenz vorwerfen, daß sie die zukünftige Gesellschaft umstürze, in welcher sie im Gegenteil den Umsturz der Konkurrenz erblicken?

Herr Proudhon sagt weiter unten, daß die Konkurrenz der Gegensatz des Monopols ist und infolgedessen nicht der Gegensatz der Assoziation sein kann.

Der Feudalismus stand bei seinem Aufkommen in Gegensatz zur patriarchalischen Monarchie; er stand aber in keinem Gegensatz zur Konkurrenz, die noch gar nicht bestand. Folgt daraus, daß die Konkurrenz nicht im Gegensatz zum Feudalismus steht?

Tatsächlich sind Gesellschaft, Assoziation Benennungen, die man allen Gesellschaften geben kann, der feudalen sowohl wie der bürgerlichen Gesellschaft, welche die auf die Konkurrenz begründete Assoziation ist. Wie kann es also Sozialisten geben, welche durch das bloße Wort Assoziation die Konkurrenz glauben widerlegen zu können? Und wie kann Herr Proudhon selbst die Konkurrenz gegen den Sozialismus dadurch verteidigen wollen, daß er sie mit dem einzigen Wort Assoziation bezeichnet? Alles, was wir bis jetzt gesagt haben, bildet die gute Seite der Konkurrenz, wie sie Herr Proudhon versteht. Gehen wir nunmehr zur schofeln Seite über, d. h. zur negativen Seite der Konkurrenz, zu ihren Unzuträglichkeiten, zu dem, was sie Destruktives, Umstürzlerisches, was sie an schädlichen Eigenschaften hat.

Das Gemälde, was uns Herr Proudhon davon entwirft, hat etwas gar Düsteres.

Die Konkurrenz zeugt das Elend, sie nährt den Bürgerkrieg, sie »verändert die natürlichen Zonen«, vermischt die Nationalitäten, zerstört die Familien, korrumpiert das öffentliche Gewissen, sie »stürzt die Begriffe der Billigkeit, der Gerechtigkeit«, der Moral um, und, was noch schlimmer ist, sie zerstört den redlichen und freien Handel und gibt nicht einmal als Ersatz den synthetischen Wert, den fixen und rechtlichen Preis. Sie enttäuscht alle Welt, selbst die Ökonomen; sie treibt die Sache so weit, sich selbst zu zerstören.

Kann es nach allem, was Herr Proudhon Schlimmes vorbringt, für seine Prinzipien und seine Illusionen, für die Verhältnisse der bürgerlichen Gesellschaft ein zersetzenderes, destruktiveres Element geben als die Konkurrenz?

Halten wir im Auge, daß die Konkurrenz immer zerstörender für die bürgerlichen Verhältnisse wird, je mehr sie zur fieberhaften Schaffung neuer Produktivkräfte anreizt, d. h. der materiellen Bedingungen einer neuen Gesellschaft. Unter diesem Gesichtspunkt hätte die schlechte Seite der Konkurrenz wenigstens ihr Gutes.

»Die Konkurrenz als Position oder ökonomische Phase, ihrem Entstehen nach betrachtet, ist das notwendige Resultat ... der Theorie der Herabsetzung der Produktionskosten.« (I, 235.)

Für Herrn Proudhon scheint der Kreislauf des Blutes eine Konsequenz der Theorie Harveys zu sein.

»Das Monopol ist das notwendige Ende der Konkurrenz, die es durch eine fortgesetzte Negation ihrer selbst erzeugt. Diese Erzeugung des Monopols ist bereits eine Rechtfertigung ... Das Monopol ist der natürliche Gegensatz zur Konkurrenz ... Aber sobald die Konkurrenz notwendig ist, schließt sie die Idee des Monopols ein, da das Monopol gewissermaßen der Sitz jeder konkurrierenden Individualität ist.« (Band 1, S. 236, 237.)

Wir freuen uns mit Herrn Proudhon, daß er wenigstens einmal seine Formel von These und Antithese gut anbringen kann. Alle Welt weiß, daß das moderne Monopol durch die Konkurrenz selbst geschaffen wird.

Was den Inhalt anbelangt, so hält sich Herr Proudhon an poetische Bilder. Die Konkurrenz machte »aus jeder Unterabteilung der Arbeit gleichsam eine Souveränität, wo jedes Individuum sich in seiner Kraft und Abhängigkeit aufstellte«. Das Monopol ist » der Sitz jeder konkurrierenden Individualität«. Die Souveränität ist mindestens ebenso schön wie der Sitz.

Herr Proudhon spricht nur vom modernen Monopol, das durch die Konkurrenz geschaffen wird, aber wir wissen alle, daß die Konkurrenz aus dem feudalen Monopol hervorging. So war die Konkurrenz ursprünglich das Gegenteil des Monopols und nicht das Monopol das Gegenteil der Konkurrenz. Das moderne Monopol ist somit nicht eine einfache Antithese, sondern im Gegenteil die wahre Synthese.

These: Das feudale Monopol, Vorgänger der Konkurrenz.

Antithese: Die Konkurrenz.

Synthese: Das moderne Monopol, welches die Negation des feudalen Monopols ist, insofern es die Herrschaft der Konkurrenz voraussetzt, und welches die Negation der Konkurrenz ist, insofern es Monopol ist.

Somit ist das moderne Monopol, das bürgerliche Monopol, das synthetische Monopol, die Negation der Negation, die Einheit der Gegensätze. Es ist das Monopol in seinem reinen, normalen, rationellen Zustande. Herr Proudhon befindet sich im Widerspruch mit seiner eigenen Philosophie, wenn er das bürgerliche Monopol für das Monopol im rohen, urwüchsigen, widerspruchsvollen, spasmodischen Zustande erklärt. Herr Rossi, den Herr Proudhon wiederholt mit Bezug auf das Monopol zitiert, scheint den synthetischen Charakter des bürgerlichen Monopols besser erfaßt zu haben. In seinem Cours d'économie politique unterscheidet er zwischen künstlichem und natürlichem Monopol. Die feudalen Monopole, erklärt er, sind künstliche, d. h. willkürliche; die bürgerlichen Monopole sind natürliche, d. h. rationelle.

Das Monopol ist ein gutes Ding, argumentiert Herr Proudhon, weil es eine ökonomische Kategorie, eine Emanation der »unpersönlichen Vernunft der Menschheit« ist. Die Konkurrenz ist gleichfalls ein gutes Ding, da auch sie eine ökonomische Kategorie ist. Was aber nicht gut ist, ist die Art der Verwirklichung des Monopols und der Konkurrenz. Was noch schlimmer ist, ist, daß Konkurrenz und Monopol sich gegenseitig auffressen: Was tun? Man suche die Synthese dieser beiden Ideen, entreiße sie dem Schoße Gottes, wo sie seit unvordenklichen Zeiten ruht.

In der Praxis des Lebens findet man nicht nur Konkurrenz, Monopol und ihren Widerstreit, sondern auch ihre Synthese, die nicht eine Formel, sondern eine Bewegung ist. Das Monopol erzeugt die Konkurrenz, die Konkurrenz erzeugt das Monopol. Die Monopolisten machen sich Konkurrenz, die Konkurrenten werden Monopolisten. Wenn die Monopolisten die Konkurrenz unter sich durch partielle Assoziationen einschränken, so wächst die Konkurrenz unter den Arbeitern, und je mehr die Masse der Proletarier gegenüber den Monopolisten einer Nation wächst, um so zügelloser gestaltet sich die Konkurrenz unter den Monopolisten der verschiedenen Nationen. Die Synthese ist derart beschaffen, daß das Monopol sich nur dadurch aufrechterhalten kann, daß es beständig in den Konkurrenzkampf eintritt.

Um den dialektischen Übergang zu den Steuern zu machen, die nach dem Monopol kommen, erzählt uns Herr Proudhon von dem Genius der Gesellschaft, der, nachdem er unerschrocken seinen Zickzackweg gegangen, nachdem er » ohne Reue und ohne Zaudern, mit sicherem Schritt, bei der Ecke des Monopols angelangt ist, einen melancholischen Blick nach rückwärts wirft und nach einer tiefen Überlegung alle Gegenstände der Produktion mit Steuern belegt und eine ganze administrative Organisation schafft, damit alle Stellungen dem Proletariat ausgeliefert und von den Männern des Monopols bezahlt werden«. (I, 284, 285.)

Was soll man zu diesem Genius sagen, der ungefrühstückt im Zickzack spaziert? Und was zu diesem Spaziergang, der keinen anderen Zweck haben soll, als die Bourgeois durch die Steuern zu vernichten, während gerade die Steuern den Zweck haben, den Bourgeois die Mittel zu verschaffen, sich als herrschende Klasse zu behaupten?

Um nur die Art und Weise beiläufig zu zeigen, wie Herr Proudhon mit den wirtschaftlichen Details umspringt, genügt es, darauf hinzuweisen, daß nach ihm die Verbrauchssteuer eingeführt worden ist im Interesse der Gleichheit und um dem Proletariat zu Hilfe zu kommen.

Die Verbrauchssteuer hat ihre volle Entwicklung erst seit dem Sieg der Bourgeoisie genommen. In den Händen des industriellen Kapitals, d. h. des mäßigen und sparsamen Reichtums, der sich durch direkte Ausbeutung der Arbeit erhält, reproduziert und vergrößert – war die Verbrauchssteuer ein Mittel, den frivolen, lebenslustigen, verschwenderischen Reichtum der großen Herren auszubeuten, die nichts taten als konsumieren. James Steuart hat diesen ursprünglichen Zweck der Verbrauchssteuer sehr gut entwickelt in seiner » Recherches des principes de l'Économie politique«,[Anmerkung 70] die er zehn Jahre vor Adam Smith veröffentlicht hat.

»In der reinen Monarchie«, sagt er, »scheinen die Fürsten in gewisser Beziehung eifersüchtig auf das Anwachsen der Vermögen und erheben daher Steuern auf diejenigen, welche reich werden – Steuern auf die Produktion. In der konstitutionellen Regierung fallen sie hauptsächlich auf diejenigen, die arm werden – Steuern auf den Konsum. So legen die Monarchen eine Steuer auf die Industrie ... z. B. sind Kopfsteuer und Vermögenssteuern (taille) proportional zu dem vorausgesetzten Reichtum derer, die ihnen unterworfen sind. Jeder wird besteuert nach Maßgabe des Gewinnes, den er nach der Einschätzung macht. In konstitutionellen Ländern werden die Steuern gewöhnlich auf den Konsum erhoben. Jeder wird besteuert nach Maßgabe dessen, was er ausgibt.« (II, 190-191.)

Was die logische Aufeinanderfolge der Steuern, der Handelsbilanz, des Kredits – im Kopfe des Herrn Proudhon – anbetrifft, so wollen wir nur bemerken, daß die englische Bourgeoisie, unter Wilhelm von Oranien zur politischen Geltung gelangt, sofort ein neues Steuersystem, die Staatsschulden und das System der Schutzzölle schuf, sobald sie imstande war, ihre Existenzbedingungen frei zu entwickeln.

Dieser Hinweis wird genügen, um dem Leser eine richtige Idee von den tiefsinnigen Erörterungen des Herrn Proudhon über die Polizei oder Steuer, die Handelsbilanz, den Kredit, den Kommunismus und die Bevölkerung zu geben. Wir möchten die Kritik sehen – und sei sie die nachsichtigste –, die diese Kapitel ernsthaft zu erörtern imstande ist.

§ 4 Das Grundeigentum oder die Rente

In jeder historischen Epoche hat sich das Eigentum anders und unter ganz verschiedenen gesellschaftlichen Verhältnissen entwickelt. Das bürgerliche Eigentum definieren heißt somit nichts anderes, als alle gesellschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Produktion darstellen.

Eine Definition des Eigentums als eines unabhängigen Verhältnisses, einer besonderen Kategorie, einer abstrakten und ewigen Idee geben wollen, kann nichts anderes sein als eine Illusion der Metaphysik oder der Jurisprudenz.

Herr Proudhon, der anscheinend vom Eigentum im allgemeinen spricht, behandelt nur das Grundeigentum, die Grundrente, »Der Ursprung des Grundeigentums ist, sozusagen, außerökonomisch: er beruht in Erwägungen der Psychologie und Moral, die nur sehr entfernten Bezug auf die Produktion der Reichtümer haben.« (Band 2, S. 265.)

Somit erklärt sich Herr Proudhon unfähig, den ökonomischen Ursprung von Grundeigentum und Rente zu begreifen. Er gesteht, daß ihn diese Unfähigkeit zwingt, zu Erwägungen der Psychologie und Moral seine Zuflucht zu nehmen, die, wenn sie auch in der Tat »nur sehr entfernten Bezug auf die Produktion der Reichtümer haben«, dennoch sehr nahen Bezug haben zu der Enge seines historischen Gesichtskreises. Herr Proudhon behauptet, daß der Ursprung des Grundeigentums etwas Mystisches und Mysteriöses enthält. Nun, in dem Ursprung des Grundeigentums ein Mysterium zu sehen, also das Verhältnis der Produktion zur Verteilung der Produktionsmittel in ein Mysterium verwandeln, heißt das nicht, um uns der Worte des Herrn Proudhon zu bedienen, auf jeden Anspruch auf ökonomische Wissenschaft verzichten?

Herr Proudhon » beschränkt sich darauf, daran zu erinnern, daß in der siebenten Epoche der ökonomischen Entwicklung – der des Kredits –, wo die Fiktion die Wirklichkeit verschwinden gemacht, die menschliche Tätigkeit sich ins Leere zu verlieren drohte, es notwendig geworden war, den Menschen stärker an die Natur zu fesseln: nun wohl, die Rente war der Preis für diesen neuen Kontrakt.« (Band 2, S. 269.)

Der Mann mit den vierzig Talern[Anmerkung 71] hat seinen Proudhon vorgeahnt: »Mit Verlaub, Herr Schöpfer: jeder ist Herr in seiner Welt; aber Sie werden mich niemals glauben machen, daß diejenige, in der wir uns befinden, von Glas ist.« In Eurer Welt, wo der Kredit ein Mittel war, sich ins Leere zu verlieren, ist es sehr möglich, daß das Grundeigentum notwendig war, um den Menschen an die Natur zu fesseln. In der Welt der wirklichen Produktion, wo das Grundeigentum stets vor dem Kredit besteht, kann der horror vacui[Anmerkung 72] des Herrn Proudhon nicht vorkommen.

Die Existenz der Rente einmal zugegeben, welches auch im übrigen ihr Ursprung sei, so wird über sie kontradiktorisch verhandelt zwischen Pächter und Grundbesitzer. Welches ist das Endergebnis dieser Verhandlungen? Mit anderen Worten: welches ist der durchschnittliche Betrag der Rente? Hören wir, was Herr Proudhon sagt:

»Die Theorie Ricardos antwortet auf diese Frage. Im Anfang der Gesellschaft, als der Mensch, ein Neuling auf der Erde, nichts vor sich hatte als ungeheure Wälder, als der Boden noch unermeßlich und die Industrie erst im Entstehen war, mußte die Rente Null sein. Die Erde, noch nicht bearbeitet, war ein Gebrauchsgegenstand, sie war noch kein Tauschwert: sie war gemeinsam, nicht gesellschaftlich. Nach und nach lehrten die Vermehrung der Familien und der Fortschritt des Ackerbaues den Wert des Grund und Bodens schätzen. Die Arbeit gab dem Boden seinen Wert: so entstand die Rente. Je mehr Früchte ein Feld mit derselben Menge Arbeit zu tragen imstande war, desto höher wurde es geschätzt; auch war es stets das Bestreben der Besitzer, sich der Gesamtheit der Früchte des Bodens anzueignen, abzüglich des Lohnes des Pächters; d. h. abzüglich der Produktionskosten. So kommt das Eigentum hinter der Arbeit her, um ihr alles, was im Produkt die wirklichen Kosten überschreitet, fortzunehmen. Da der Eigentümer eine mystische Aufgabe erfüllt und gegenüber dem Zinsbauer die Gemeinschaft vertritt, so ist der Pächter in den Bestimmungen der Vorsehung nichts anderes als ein verantwortlicher Arbeiter, welcher der Gesellschaft über alles, was er mehr als seinen legitimen Lohn empfängt, Rechenschaft ablegen muß ... Nach Wesen und Bestimmung ist somit die Rente ein Instrument der verteilenden Gerechtigkeit, eines der tausend Mittel, welche der Genius der Ökonomik anwendet, um zur Gleichheit zu gelangen. Es ist ein ungeheurer Kataster, kontradiktorisch hergestellt von Pächter und Grundbesitzer, wobei aber jeder Konflikt ausgeschlossen ist in einem höheren Interesse, und dessen Endresultat die Ausgleichung des Besitzes der Erde zwischen den Ausbeutern des Bodens und den Industriellen sein wird ... Es bedurfte nichts Geringeren als dieser Magie des Eigentums, um den Zinsbauern den Überschuß des Produktes zu entreißen, den er nicht umhin kann, als sein zu betrachten, und für dessen ausschließlichen Urheber er sich hält. Die Rente, oder, um es besser auszudrücken, das Grundeigentum, hat den agrikolen Egoismus gebrochen und eine Solidarität geschaffen, die keine Macht, keine Teilung des Bodens hätte ins Leben rufen können ... Gegenwärtig, wo die moralische Wirkung des Grundeigentums erreicht ist, bleibt die Verteilung der Rente zu vollziehen.« (Band 1, S. 270-272.)

Dieses ganze Wortgedresch reduziert sich zunächst auf folgendes: Ricardo sagt, daß der Überschuß des Preises der Ackerbauprodukte über ihre Produktionskosten, den landläufigen Kapitalgewinn und Kapitalzins eingeschlossen, den Maßstab für die Rente gibt. Herr Proudhon macht es besser; er läßt den Grundeigentümer als einen Deus ex machina[Anmerkung 73] intervenieren, der dem Zinsbauer den ganzen Überschuß seiner Produktion über die Produktionskosten entreißt. Er bedient sich der Intervention des Grundeigentümers, um das Grundeigentum, der des Rentiers, um die Rente zu erklären. Er antwortet auf die Frage, indem er dieselbe Frage stellt und sie noch um eine Silbe vermehrt.

Bemerken wir außerdem, daß, wenn Herr Proudhon die Rente durch die Verschiedenheit der Fruchtbarkeit des Bodens bestimmt, er ihr einen neuen Ursprung gibt, da der Boden, bevor er nach den verschiedenen Graden der Fruchtbarkeit abgeschätzt wurde, nach ihm »nicht ein Tauschwert, sondern gemeinsam war«. Was ist also aus dieser Fiktion geworden, von der Rente, die aus der Notwendigkeit entsprang, den Menschen, der sich in das Unendliche des Leeren zu verlieren drohte, zur Erde zurückzuführen?

Lösen wir nunmehr die Lehre Ricardos von den providentiellen, allegorischen und mystischen Redensarten los, in die Herr Proudhon sie so sorgsam eingewickelt hat.

Die Rente, im Sinne Ricardos, ist das Grundeigentum in seiner bürgerlichen Gestalt: d. h. das feudale Eigentum, welches sich den Bedingungen der bürgerlichen Produktion unterworfen hat. Wir haben gesehen, daß nach der Lehre Ricardos der Preis aller Gegenstände endgültig bestimmt wird durch die Produktionskosten, inbegriffen den industriellen Profit, mit anderen Worten: durch die aufgewendete Arbeitszeit. In der Manufakturindustrie regelt der Preis des mit dem Minimum von Arbeit erlangten Produktes den Preis aller anderen Waren gleicher Natur, vorausgesetzt, daß man die billigsten und produktivsten Arbeitsmittel unbeschränkt vermehren kann, und daß die freie Konkurrenz einen Marktpreis herbeiführt, d. h. einen gemeinsamen Preis für alle Produkte derselben Art.

In der Ackerbauindustrie ist es im Gegenteil der Preis des mit der größten Menge von Arbeit hergestellten Produktes, welcher den Preis aller gleichartigen Produkte regelt. Erstens kann man nicht, wie in der Manufakturindustrie, die Produktionsinstrumente von gleicher Produktivität, d. h. die gleich fruchtbaren Ländereien, nach Belieben vermehren. Dann geht man in dem Grade, wie die Bevölkerung anwächst, dazu über, Land geringerer Qualität zu bearbeiten oder in denselben Acker neues Kapital hineinzustecken, welches verhältnismäßig weniger produktiv ist als das zuerst hineingesteckte. In beiden Fällen wendet man eine größere Menge Arbeit an, um ein verhältnismäßig geringeres Produkt zu erlangen. Da das Bedürfnis der Bevölkerung diese Vermehrung der Arbeit notwendig gemacht hat, so findet das Produkt des mit größeren Kosten bearbeiteten Bodens ebensogut seinen notwendigen Absatz als das des mit geringeren Kosten zu bewirtschaftenden. Da die Konkurrenz den Marktpreis ausgleicht, so wird das Produkt des besseren Bodens ebenso teuer bezahlt wie das des geringeren Bodens. Der Überschuß des Preises der Produkte des besseren Bodens über ihre Produktionskosten bildet eben die Rente. Wenn man stets Boden oder Ländereien von gleicher Fruchtbarkeit zur Verfügung hätte, wenn man, wie in der Manufakturindustrie, stets zu den mindest teueren und produktiveren Maschinen zurückgreifen könnte oder wenn die zweiten Kapitalanlagen ebensoviel produzierten wie die ersten, so würde der Preis der Ackerbauprodukte durch den Preis der mittels der besten Produktionsinstrumente erzeugten Früchte bestimmt werden, wie wir das bei dem Preis der Manufakturprodukte gesehen haben. Aber von diesem Moment an ist auch die Rente verschwunden.

Soll die Ricardosche Lehre allgemein gültig sein, so ist erforderlich, daß die verschiedenen Industriezweige dem Kapital offenstehen; daß eine stark entwickelte Konkurrenz unter den Kapitalisten eine Gleichmäßigkeit in den Profiten bewirkt hat; daß der Pächter lediglich ein industrieller Kapitalist ist, der, soll er sein Kapital im Boden geringerer Qualität anlegen, einen Profit erwartet gleich demjenigen, den ihm sein Kapital in einer beliebigen Manufaktur abwerfen würde, daß die Landwirtschaft nach dem System der Großindustrie betrieben wird; endlich daß der Grundbesitzer selbst nur noch auf den Geldertrag Wert legt.

Es kann vorkommen, wie in Irland, daß die Rente noch gar nicht existiert, obgleich das Pachtsystem im höchsten Grade entwickelt ist. Da die Rente der Überschuß nicht nur über den Lohn, sondern auch über den Kapitalprofit ist, so kann sie in Ländern nicht vorkommen, wo das Eigentum des Grundbesitzers nur ein einfacher Abzug vom Arbeitslohn ist.

Die Rente also, weit entfernt, aus dem Bewirtschafter des Bodens, dem Pächter, einen einfachen Arbeiter zu machen und »dem Kolonen den Überschuß des Produktes zu entreißen, den er nicht umhin kann, als den seinen zu betrachten«, stellt dem Grundbesitzer gegenüber statt des Sklaven, des Hörigen, des Tributpflichtigen, des Lohnarbeiters den industriellen Kapitalisten, der den Boden vermittels seiner Lohnarbeiter ausbeutet, und der nur den Überschuß über die Produktionskosten, mit Einschluß des Kapitalprofites, als Pacht an den Grundbesitzer zahlt. So hat es lange Zeit gedauert, bevor der feudale Pächter durch den industriellen Kapitalisten ersetzt wurde. In Deutschland hat diese Umgestaltung erst im letzten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts begonnen. In England allein ist dieses Verhältnis zwischen industriellem Kapitalisten und Grundbesitzer vollständig entwickelt.

Solange es nur den Kolonen des Herrn Proudhon gab, gab es keine Rente. Seitdem es Rente gibt, ist nicht der Pächter der Kolone, sondern der Arbeiter – der Kolone des Pächters. Die Herabdrückung des Arbeiters, der nur noch die Rolle eines einfachen Taglöhners, eines für den industriellen Kapitalisten arbeitenden Landarbeiters, spielt, das Auftreten des industriellen Kapitalisten, der die Landwirtschaft wie jede andere Fabrikation betreibt, die Umwandlung des Grundbesitzers aus einem kleinen Souverän in einen gewöhnlichen Wucherer: das sind die verschiedenen Verhältnisse, welche in der Rente ihren Ausdruck finden.

Die Rente im Sinne Ricardos heißt die Umwandlung der patriarchalischen Bodenwirtschaft in die industrielle, die Anwendung des industriellen Kapitals auf den Boden, die Verpflanzung der Bourgeoisie der Städte auf das Land. Statt den Menschen an die Natur zu fesseln, hat die Rente lediglich die Ausbeutung des Bodens an die Konkurrenz gefesselt. Einmal als Rente konstituiert, ist der Grundbesitz selbst Resultat der Konkurrenz, da er von da an von dem Marktwert der landwirtschaftlichen Produkte abhängt. Als Rente ist der Grundbesitz mobilisiert und wird ein Handelsartikel. Die Rente ist erst von dem Moment an möglich, wo die Entwicklung der städtischen Industrie und die durch dieselbe geschaffene soziale Organisation den Grundbesitzer zwingen, nur auf den Handelsprofit, auf den Geldertrag seiner landwirtschaftlichen Produkte zu sehen, in seinem Grundbesitz schließlich nichts anderes zu erblicken als eine Maschine zum Geldschlagen. Die Rente hat den Grundbesitzer so vollständig vom Boden, von der Natur losgelöst, daß er nicht einmal nötig hat, seine Ländereien zu kennen, wie wir das in England sehen. Was den Pächter, den industriellen Kapitalisten und den Landarbeiter angeht, so sind sie nicht mehr an den Boden, den sie bewirtschaften, gefesselt als der Unternehmer und der Arbeiter in der Industrie an die Baumwolle oder Schafwolle, die sie verarbeiten. Sie fühlen sich an nichts anderes gefesselt als an den Preis ihrer Bewirtschaftung, als an den Geldertrag. Daher die Jeremiaden der reaktionären Parteien, die vom Grunde ihrer Seele nach der Rückkehr des Feudalismus, des schönen patriarchalischen Lebens, der einfachen Sitten und großen Tugenden unserer Vorfahren schreien. Die Unterwerfung des Bodens unter die Gesetze, die alle anderen Industrien regieren, ist und wird stets der Gegenstand interessierten Gejammers sein. So kann man sagen, daß die Rente die bewegende Kraft geworden ist, welche das Idyll in die Bewegung der Geschichte hineingeworfen hat.

Ricardo, der die bürgerliche Produktion als notwendig zur Bestimmung der Rente voraussetzt, wendet die Vorstellung der Bodenrente nichtsdestoweniger auf den Grundbesitz aller Zeiten und aller Länder an. Es ist das der Irrtum aller Ökonomen, welche die Verhältnisse der bürgerlichen Produktion als ewige hinstellen.

Von dem providentiellen Zweck der Rente, der für ihn in der Umwandlung des Kolonen in einen verantwortlichen Arbeiter besteht, geht Herr Proudhon zur Verteilung der Rente nach dem Gleichheitsprinzip über.

Die Rente wird, wie wir gesehen haben, gebildet durch den gleichen Preis der Produkte von Ländereien ungleicher Fruchtbarkeit, so daß ein Hektoliter Getreide, der zehn Franken gekostet hat, für zwanzig Franken verkauft wird, wenn die Produktionskosten für schlechteren Boden sich auf zwanzig Franken belaufen.

Solange das Bedürfnis zwingt, alle auf den Markt gebrachten landwirtschaftlichen Produkte zu kaufen, wird der Marktpreis durch die Kosten der teuersten Produkte bestimmt. Diese aus der Konkurrenz und nicht aus der ungleichen Fruchtbarkeit des Bodens resultierende Ausgleichung des Preises ist es daher, die dem Besitzer des besseren Bodens für jeden Hektoliter, den sein Pächter verkauft, eine Rente von zehn Franken verschafft. Nehmen wir einmal an, daß der Preis des Getreides durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit bestimmt wird, so wird sofort der auf dem besseren Boden erzielte Hektoliter Getreide um zehn Franken verkauft werden, während der auf dem schlechteren Boden erzielte zwanzig Franken kosten wird. Dies angenommen, wird der durchschnittliche Marktpreis fünfzehn Franken sein, während er nach dem Gesetz der Konkurrenz zwanzig Franken beträgt. Wenn der durchschnittliche Preis fünfzehn Franken wäre, so würde es sich um gar keine Verteilung handeln, weder um eine gleichheitliche noch um eine andere, denn es gäbe keine Rente. Die Existenz der Rente leitet sich nur daher ab, daß der Hektoliter Getreide, der den Produzenten zehn Franken gekostet hat, um zwanzig Franken verkauft wird. Herr Proudhon unterstellt die Gleichheit des Marktpreises bei ungleichen Produktionskosten, um zur gleichheitlichen Verteilung des Produktes der Ungleichheit zu gelangen.

Wir begreifen, daß Ökonomen, wie Mill,[Anmerkung 74] Cherbuliez, Hilditch und andere, die Forderung gestellt haben, daß die Rente dem Staat überwiesen werde behufs Aufhebung der Steuern. Es ist dies der unverhüllte Ausdruck des Hasses, den der industrielle Kapitalist gegen den Grundbesitzer hegt, der ihm ein nutzloses überflüssiges Ding in dem Getriebe der bürgerlichen Produktion ist.

Aber den Hektoliter Getreide erst mit zwanzig Franken bezahlen lassen, um hinterher eine allgemeine Verteilung der zehn Franken, welche man zuviel von den Konsumenten erhoben hat, vorzunehmen, das ist ein hinreichender Grund für den sozialen Genius, daß er seinen Zickzackweg melancholisch verfolgt und sich den Kopf gegen irgendeine Ecke einrennt.

Die Rente wird unter den Händen des Herrn Proudhon »ein ungeheurer Kataster, kontradiktorisch zwischen Pächter und Grundbesitzer hergestellt ... in einem höheren Interesse, und dessen Endresultat die Ausgleichung des Besitzes der Erde zwischen den Ausbeutern des Bodens und den Industriellen sein wird.« (II, 271.)

Nur innerhalb der Verhältnisse der bestehenden Gesellschaft wird irgendein durch die Rente gebildeter Kataster einen praktischen Wert haben.

Nun haben wir nachgewiesen, daß die von dem Pächter dem Eigentümer gezahlte Pacht nur in den Ländern, wo Handel und Industrie am meisten entwickelt sind, annähernd genau die Rente ausdrückt. Oft enthält diese Pacht außerdem noch den Zins, der dem Besitzer für das in das Grundstück hineingesteckte Kapital gezahlt wird. Die Lage der Grundstücke, die Nähe von Städten und noch viele andere Umstände wirken auf die Höhe der Rente ein. Schon diese Gründe würden genügen, die Ungenauigkeit eines auf die Rente basierten Katasters darzulegen. Anderseits kann die Rente nicht als beständiger Maßstab für den Grad der Fruchtbarkeit eines Grundstückes dienen, da die moderne Anwendung der Chemie jeden Augenblick die Natur des Grundstückes ändern kann und da gerade heute die geologischen Kenntnisse die ganze frühere Abschätzung der relativen Fruchtbarkeit umzuwälzen beginnen: es sind kaum zwanzig Jahre her, daß man in den östlichen Grafschaften Englands weite, bisher unbebaute Gebiete in Anbau genommen hat, weil man den Zusammenhang zwischen dem Humus und der Zusammensetzung des Untergrundes erst neuerdings schätzen gelernt hatte.

So sehen wir, wie die Geschichte, weit entfernt, in der Rente einen fertigen Kataster zu liefern, die bestehenden Kataster beständig verändert, vollständig umwälzt.

Endlich ist die Fruchtbarkeit nicht eine so bloß natürliche Eigenschaft, wie man wohl glauben könnte: sie steht in engem Zusammenhang mit den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen. Ein Grundstück kann für den Getreidebau sehr fruchtbar sein, und doch kann der Marktpreis den Bebauer bestimmen, es in künstliche Wiesen umzuwandeln und so unfruchtbarer zu machen.

Herr Proudhon hat seinen Kataster, der nicht einmal soviel wert ist wie der gewöhnliche Kataster, nur deshalb erfunden, um dem providentiell gleichheitlichen Zweck der Rente Realität zu verleihen.

»Die Rente«, fährt Herr Proudhon fort, »ist der für ein Kapital, das niemals zugrunde geht, nämlich den Boden, gezahlte Zins. Und wie dieses Kapital keiner Vergrößerung, was die Materie anbelangt, fähig ist, sondern lediglich einer unbegrenzten Verbesserung in der Verwendung, so kommt es, daß, während der Zins oder der Profit vom Darlehen ( mutuum) infolge des Überflusses an Kapitalien beständig zu fallen strebt, die Rente infolge der Vervollkommnung der Industrie und der von ihr bewirkten Verbesserung der Bodenbewirtschaftung beständig zu steigen strebt ... Dies ist, ihrem Wesen nach, die Rente.« (Band 2, S. 265.)

Hier sieht Herr Proudhon in der Rente alle Eigentümlichkeiten des Zinses, ausgenommen, daß sie einem Kapital spezieller Art entstammt. Dieses Kapital ist die Erde, ewiges Kapital, »das keiner Vergrößerung, was die Materie anbelangt, fähig ist, sondern lediglich einer unbegrenzten Verbesserung in der Verwendung«. In dem fortschreitenden Verlauf der Zivilisation hat der Zins eine beständige Tendenz zum Fallen, während die Rente beständig zum Steigen strebt. Der Zins fällt wegen des Überflusses an Kapitalien; die Rente steigt mit der Vervollkommnung der Technik, die zur Folge hat eine stets bessere Ausnutzung des Bodens.

Das ist ihrem Wesen nach die Meinung des Herrn Proudhon. Untersuchen wir zunächst, inwieweit es richtig ist, daß die Rente der Zins eines Kapitals ist.

Für den Grundbesitzer selbst repräsentiert die Rente den Zins des Kapitals, welches ihn das Grundstück gekostet hat oder welches er beim Verkauf desselben bekäme. Aber beim Kauf oder Verkauf des Grundstückes kauft oder verkauft er nur die Rente. Der Preis, den er anlegt, um die Rente zu erwerben, regelt sich nach dem allgemeinen Zinsfuß und hat nichts mit der Natur der Rente als solcher zu tun. Der Zins der in Grundstücken angelegten Kapitalien ist im allgemeinen niedriger als der Zins der im Handel oder der Industrie angelegten Kapitalien. So sinkt für denjenigen, der den Zins, den das Grundstück für den Eigentümer darstellt, nicht von der Rente selbst unterscheidet, der Zins für das im Boden angelegte Kapital noch mehr als der Zins der anderen Kapitalien. Aber es handelt sich nicht um den Kauf- oder Verkaufspreis, um den Marktwert der Rente, um die kapitalisierte Rente, sondern um die Rente selbst.

Die Pacht kann außer der eigentlichen Rente noch den Zins für das in den Boden gesteckte Kapital enthalten. Dann empfängt der Grundbesitzer diesen Teil der Pacht nicht als Grundbesitzer, sondern als Kapitalist; das ist indes nicht die eigentliche Rente, von der wir zu sprechen haben.

Solange der Boden nicht als Produktionsmittel ausgenutzt wird, solange ist er nicht Kapital. Die Bodenkapitalien können ebensogut vermehrt werden wie die anderen Produktionsmittel. Man fügt, um mit Herrn Proudhon zu reden, nichts der Materie hinzu, aber man vermehrt die Grundstücke, die als Produktionsmittel dienen. Man braucht nur in bereits in Produktionsmittel verwandelte Grundstücke weitere Kapitalanlagen hineinzustecken, um das Bodenkapital zu vermehren, ohne etwas an dem Bodenstoff, d. h. der Ausdehnung des Bodens hinzuzufügen. Der Bodenstoff des Herrn Proudhon ist der Boden in seiner Begrenztheit, Was die Ewigkeit anbetrifft, die er dem Boden beilegt, so haben wir nichts dagegen, daß er diese Eigenschaft qua als Materie hat. Das Bodenkapital ist ebensowenig ewig wie jedes andere Kapital.

Gold und Silber, die Zins abwerfen, sind ebenso dauerhaft und ewig wie der Boden. Wenn der Preis von Gold und Silber sinkt, während der des Bodens steigt, so kommt das sicherlich nicht von seiner mehr oder weniger ewigen Natur her.

Das Bodenkapital ist ein fixes Kapital, aber das fixe Kapital nutzt sich ebensogut ab wie die zirkulierenden Kapitalien. Die Meliorationen des Bodens bedürfen der Reproduktion und der Erhaltung. Sie dauern nur eine bestimmte Zeit wie alle anderen Verbesserungen, die dazu dienen, den Naturstoff in Produktionsmittel umzuwandeln. Wäre das Bodenkapital ewig, so würden gewisse Gebiete einen ganz anderen Anblick darbieten, als es heute der Fall. Die römische Campagna, Sizilien, Palästina würden sich im ganzen Glanze ihrer ehemaligen Üppigkeit zeigen.

Es gibt sogar Fälle, wo das Bodenkapital verschwinden kann, selbst wenn die Bodenverbesserungen bleiben.

Erstens geschieht das stets, wenn die eigentliche Rente durch die Konkurrenz neuer fruchtbarer Ländereien verschwindet; ferner verlieren die Verbesserungen, welche in einer gewissen Epoche einen Wert haben, denselben von dem Augenblick an, wo sie infolge der Entwicklung der Agronomie allgemein geworden sind.

Der Repräsentant des Bodenkapitals ist nicht der Grundbesitzer, sondern der Pächter. Der Ertrag, den der Boden als Kapital ergibt, ist der Zins und der Unternehmergewinn und nicht die Rente. Es gibt Ländereien, welche diesen Zins und Gewinn tragen, aber keine Rente abwerfen.

Alles in allem ist der Boden, insoweit er Zins abwirft, Bodenkapital, und als Bodenkapital gibt er keine Rente, macht er nicht den Grundbesitz aus. Die Rente resultiert aus den gesellschaftlichen Verhältnissen, unter denen der Ackerbau vor sich geht. Sie kann nicht Folge sein der mehr oder minder handfesten, mehr oder minder dauerhaften Natur des Bodens. Die Rente entstammt der Gesellschaft und nicht dem Boden.

Nach Herrn Proudhon ist die »Verbesserung der Bewirtschaftung des Bodens« – die Folge »der Vervollkommnung der Technik« – die Ursache des beständigen Steigens der Rente. Diese Verbesserung macht sie im Gegenteil zeitweise fallen.

Worin besteht im allgemeinen jede Verbesserung, sei es im Ackerbau, sei es in der Industrie? Darin, mit derselben Arbeit mehr, mit weniger Arbeit ebensoviel oder sogar mehr zu produzieren. Dank diesen Verbesserungen braucht der Pächter nicht eine größere Menge von Arbeit für ein verhältnismäßig geringes Produkt aufzuwenden. Er braucht nicht zu schlechterem Boden seine Zuflucht zu nehmen, und die in denselben Acker nach und nach hineingesteckten Kapitalbeträge bleiben gleich produktiv. Somit sind diese Verbesserungen weit entfernt, die Rente, wie Herr Proudhon sagt, beständig steigen zu machen, im Gegenteil ebenso viele zeitweilige Hindernisse ihres Steigens. Die englischen Grundbesitzer des siebzehnten Jahrhunderts merkten das so gut, daß sie sieh gegen den Fortschritt der Agrikultur sträubten, aus Furcht, ihr Einkommen verringert zu sehen. (Siehe Petty, englischer Ökonom aus der Zeit Karls II.)

§ 5 Strikes und Arbeiterkoalitionen

»Jedes Steigen der Löhne kann keine andere Wirkung haben als ein Steigen der Preise des Getreides, des Weines usw.: die Wirkung einer Teuerung. Denn was ist der Lohn? Er ist der Kostenpreis des Getreides usw.; er ist der volle Preis jeder Sache. Gehen wir noch weiter. Der Lohn ist die Proportionalität der Elemente, die den Reichtum bilden und die täglich von der Masse der Arbeiter reproduktiv verzehrt werden. Nun, den Lohn verdoppeln ... heißt also, jedem Produzenten einen größeren Anteil als sein Produkt zukommen lassen, was ein Widerspruch ist; und wenn die Steigerung nur auf eine kleine Zahl von Industrien sich erstreckt, so heißt es, eine allgemeine Störung im Austausch, mit einem Wort eine Teuerung hervorrufen ... Es ist unmöglich, erkläre ich, daß Arbeitseinstellungen, die Lohnerhöhung zur Folge haben, nicht auf eine allgemeine Preissteigerung hinauslaufen: das ist ebenso sicher, wie daß zweimal zwei vier ist«. (Proudhon, Band 1, S. 110,111.) Wir bestreiten alle diese Behauptungen, ausgenommen die, daß zweimal zwei vier ist.

Erstens gibt es keine allgemeine Verteuerung. Wenn der Preis aller Dinge gleichzeitig mit dem Lohn um das Doppelte steigt, so ist das keine Veränderung in den Preisen, sondern eine Veränderung in den Ausdrücken.

Ferner kann eine allgemeine Steigerung der Löhne niemals eine mehr oder minder allgemeine Verteuerung der Waren herbeiführen. In der Tat, wenn alle Industrien die gleiche Anzahl Arbeiter im Verhältnis zum fixen Kapital (zu den Werkzeugen, die sie verwenden) beschäftigten, so würde eine allgemeine Steigerung der Löhne ein allgemeines Sinken der Profite bewirken und der Marktpreis der Waren keine Veränderung erleiden.

Da indes das Verhältnis der Handarbeit zum fixen Kapital in den verschiedenen Industrien ungleich ist, werden alle Industriezweige, welche ein verhältnismäßig größeres fixes Kapital und weniger Arbeiter verwenden, früher oder später gezwungen sein, den Preis ihrer Waren herabzusetzen. Im entgegengesetzten Fall, wenn der Preis ihrer Ware nicht fällt, wird sich ihr Profit über den durchschnittlichen Profitsatz erheben. Die Maschinen sind keine Lohnempfänger. Das allgemeine Steigen der Löhne wird somit die Industrien weniger treffen, welche im Verhältnis zu den anderen mehr Maschinen als Arbeiter verwenden. Da indes die Konkurrenz stets die Tendenz hat, die Profite auszugleichen, können Profite, die sich über den Durchschnittssatz erheben, nur vorübergehend sein. So wird, von einigen Schwankungen abgesehen, ein allgemeines Steigen der Löhne, anstatt nach Herrn Proudhon einer allgemeinen Verteuerung, vielmehr ein teilweises Sinken der Preise zur Folge haben, d. h. ein Sinken des Marktpreises der Waren, die vorzugsweise mit Hilfe von Maschinen hergestellt werden.

Das Steigen und Fallen des Profits und der Löhne drücken nur das Verhältnis aus, in welchem Kapitalisten und Arbeiter an dem Produkt eines Arbeitstages teilnehmen, ohne in den meisten Fällen den Preis des Produktes zu beeinflussen. Daß aber »Arbeitseinstellungen, die Lohnerhöhung zur Folge haben, auf eine allgemeine Preissteigerung, sogar auf eine Teuerung hinauslaufen« – sind Ideen, die nur dem Hirn eines unverstandenen Poeten entspringen können.

In England sind die Strikes regelmäßig Veranlassung zur Erfindung und Anwendung neuer Maschinen gewesen. Die Maschinen waren, man darf es behaupten, die Waffe, welche die Kapitalisten anwendeten, um die Revolte der Geschick erfordernden Arbeit niederzuschlagen. Die self-acting-mule,[Anmerkung 75] die größte Erfindung der modernen Industrie, schlug die rebellischen Spinner aus dem Felde. Hätten Gewerkschaften und Strikes keine andere Wirkung als die, mechanische Erfindungen gegen sich wachzurufen, schon dadurch hätten sie einen ungeheuren Einfluß auf die Entwicklung der Industrie ausgeübt.

»Ich finde«, fährt Herr Proudhon fort, »in einem von Herrn Léon Faucher ... im September 1845 veröffentlichten Artikel,[Anmerkung 76] daß die englischen Arbeiter seit einiger Zeit sich weniger mit Koalitionen abgeben – sicherlich ein Fortschritt, zu dem man ihnen nur Glück wünschen kann: daß jedoch diese Besserung in der Moral der Arbeiter vorzugsweise ihrer wirtschaftlichen Bildung entstammt. Nicht von den Fabrikanten, rief auf einem Meeting in Bolton ein Spinnereiarbeiter aus, hängen die Löhne ab; in den Zeiten schlechten Geschäftsganges sind die Meister sozusagen nur die Peitsche, deren sich die Notwendigkeit bedient, und ob sie es wollen oder nicht, sie müssen zuschlagen. Das regulierende Prinzip ist, das Verhältnis von Angebot und Nachfrage, und die Meister besitzen nicht die Macht ... À la bonne heure«,[Anmerkung 77] ruft Herr Proudhon aus, »das sind einmal wohlerzogene Arbeiter, Musterarbeiter etc. etc. Dieses Elend fehlte England noch: es wird den Kanal nicht überschreiten.« (Proudhon, Band 1, S. 261, 262.)

Von allen Städten Englands ist Bolton diejenige, wo der Radikalismus am meisten entwickelt ist. Die Arbeiter von Bolton sind bekannt als so revolutionär, wie es nur irgend möglich. Während der großen Agitation gegen die Kornzölle[Anmerkung 78] glaubten die englischen Fabrikanten, den Grundbesitzern nur dadurch die Spitze bieten zu können, daß sie die Arbeiter ins Feld führten. Aber die Interessen der Arbeiter waren denen der Fabrikanten nicht minder entgegengesetzt als die Interessen der Fabrikanten denen der Grundbesitzer; und so mußten natürlich die Fabrikanten in den Arbeitermeetings stets unterliegen. Was taten sie daher: um den Schein zu retten, organisierten sie Meetings, bestehend zum großen Teil aus Werkführern, aus der kleinen Anzahl der ihnen ergebenen Arbeiter und aus den eigentlichen Freunden des Handels selbst. Wenn dann die wirklichen Arbeiter daran teilzunehmen versuchten, wie in Bolton und Manchester, um gegen diese künstlichen Demonstrationen zu protestieren, verbot man ihnen den Eintritt mit der Erklärung, es sei ein ticket-meeting. Man versteht darunter Versammlungen, wo nur Personen zugelassen werden, die mit Einlaßkarten versehen sind.

Nichtsdestoweniger hatten die Maueranschläge öffentliche Meetings angekündigt. Jedesmal, wenn ein solches Meeting stattgefunden, brachten die Fabrikantenblätter einen pomphaften, detaillierten Bericht über die auf demselben gehaltenen Reden. Selbstverständlich waren es die Werkführer, die diese Reden verübt. Die Londoner Zeitungen reproduzierten sie wörtlich. Herrn Proudhon passiert das Malheur, die Werkführer für gewöhnliche Arbeiter zu halten, und er verbietet ihnen ausdrücklich, den Kanal[Anmerkung 79] zu überschreiten.

Wenn in den Jahren 1844 und 1845 die Strikes weniger die Blicke auf sich lenkten als früher, so kommt das daher, daß dies die ersten Prosperitätsjahre für die englische Industrie seit 1837 waren. Nichtsdestoweniger hat sich keine einzige der Gewerkschaften aufgelöst.

Hören wir nunmehr die Werkführer von Bolton. Nach ihnen sind die Fabrikanten nicht Herren des Lohnes, weil sie nicht Herren des Preises der Produkte sind, und sie sind nicht Herren des Preises der Produkte, weil sie nicht Herren des Weltmarktes sind. Aus diesem Grunde, geben sie zu verstehen, soll man keine Koalitionen machen, die den Zweck haben, den Meistern eine Lohnerhöhung abzuzwingen. Herr Proudhon hingegen verbietet ihnen die Koalitionen aus Furcht, daß eine Koalition ein Steigen der Löhne zur Folge habe, das eine allgemeine Teuerung mit sich bringen würde. Wir brauchen nicht hervorzuheben, daß in einem Punkte die Werkführer und Herr Proudhon ein Herz und eine Seele sind: darin, daß ein Steigen der Löhne dem Steigen der Produkte gleichkommt.

Aber ist die Furcht vor einer Teuerung die wirkliche Ursache des Hasses des Herrn Proudhon? Nein. Er ist auf die Werkführer von Bolton bloß deshalb ungehalten, weil sie den Wert durch Angebot und Nachfrage bestimmen und sich nicht um den konstituierenden Wert kümmern und den zu seiner Konstituierung gelangten Wert, um die Konstituierung des Wertes, die in sich begreift die beständige Austauschbarkeit und alle anderen Proportionalitäten der Verhältnisse und Verhältnisse der Proportionalitäten, mit der Vorsehung obendrein in den Kauf.

»Der Strike der Arbeiter ist illegal, und es ist nicht nur das Strafgesetzbuch, welches das verkündet, sondern auch das ökonomische System, die Notwendigkeit der bestehenden Ordnung ...

Daß jeder einzelne Arbeiter freie Verfügung über seine Person und seinen Arm hat, kann geduldet werden; aber daß die Arbeiter mittels Koalitionen dem Monopol Gewalt anzutun sich erfrechen, kann die Gesellschaft nicht zugeben.« (Band 1, S. 234 und 235.)

Herr Proudhon will uns einen Artikel des Strafgesetzbuches als ein allgemeines und notwendiges Resultat der Verhältnisse der bürgerlichen Produktion auftischen.

In England sind die Koalitionen durch eine Parlamentsakte autorisiert, und es war das ökonomische System, welches das Parlament gezwungen hat, diese Autorisierung von Gesetzes wegen zu verkünden. Als im Jahre 1825 das Parlament unter dem Minister Huskisson die Gesetzgebung abändern mußte, um sie mehr und mehr mit einem aus der freien Konkurrenz hervorgegangenen Zustand der Dinge in Einklang zu setzen, mußte es notwendig alle Gesetze abschaffen, welche die Koalitionen der Arbeiter verboten. Je mehr die moderne Industrie und die Konkurrenz sich entwickeln, desto mehr Elemente treten auf, welche die Koalitionen hervorrufen und fördern; sobald die Koalitionen eine ökonomische Tatsache geworden sind, von Tag zu Tag an Bestand gewinnend, kann es nicht lange dauern, bis sie auch eine gesetzliche Tatsache werden.

Somit beweist der Artikel des Code pénal[Anmerkung 80] höchstens, daß die moderne Industrie und die Konkurrenz unter der Konstituante[Anmerkung 81] und dem Kaiserreich[Anmerkung 82] noch nicht genügend entwickelt waren.

Die Ökonomen und die Sozialisten[Anmerkung 83] sind über einen einzigen Punkt einig: die Koalitionen zu verurteilen. Nur motivieren sie ihre Verurteilung verschieden.

Die Ökonomen sagen zu den Arbeitern: Koaliert euch nicht. Indem ihr euch koaliert, hemmt ihr den regelmäßigen Gang der Industrie, verhindert ihr die Fabrikanten, den Bestellungen nachzukommen, stört ihr den Handel und beschleunigt das Eindringen der Maschinen, die eure Arbeit zum Teil überflüssig machen und dadurch euch zwingen, einen noch niedrigeren Lohn zu akzeptieren. Übrigens ist euer Tun umsonst; euer Lohn wird stets durch das Verhältnis der gesuchten Hände zu den angebotenen Händen bestimmt werden. Und es ist ein ebenso lächerliches wie gefährliches Beginnen, euch gegen die ewigen Gesetze der politischen Ökonomie aufzulehnen.

Die Sozialisten sagen zu den Arbeitern: Koaliert euch nicht, denn was werdet ihr schließlich dabei gewinnen! Eine Lohnsteigerung? Die Ökonomen werden euch bis zur Evidenz beweisen, daß auf den Gewinn von wenigen Pfennigen, den ihr günstigenfalls dabei für eine kurze Zeit erzielen könnt, ein dauernder Rückschlag folgen wird. Geschickte Rechner werden euch beweisen, daß ihr Jahre braucht, um mittels der Lohnerhöhung nur die Kosten herauszuschlagen, die ihr zur Organisation und Erhaltung der Koalitionen ausgeben mußtet. Wir, in unserer Eigenschaft als Sozialisten, sagen euch, daß, abgesehen von dieser Geldfrage, ihr darum nicht minder die Arbeiter sein werdet, wie die Meister stets die Meister bleiben, nach wie vor. Darum keine Koalitionen, keine Politik; denn sich koalieren, heißt das nicht Politik treiben?

Die Ökonomen wollen, daß die Arbeiter in der Gesellschaft bleiben, wie dieselbe sich gestaltet hat und wie sie sie in ihren Handbüchern gezeichnet und besiegelt haben.

Die Sozialisten wollen, daß sie die alte Gesellschaft beiseite lassen, um desto besser in die neue Gesellschaft eintreten zu können, die sie ihnen mit so vieler Vorsorge ausgearbeitet haben.

Trotz beider, trotz Handbücher und Utopien, haben die Arbeiterkoalitionen keinen Augenblick aufgehört, mit der Entwicklung und der Zunahme der modernen Industrie sich zu entwickeln und zu wachsen. Das ist heute so sehr der Fall, daß der Entwicklungsgrad der Koalitionen in einem Lande genau den Rang bezeichnet, den dasselbe in der Hierarchie des Weltmarktes einnimmt. England, wo die Industrie am höchsten entwickelt ist, besitzt die umfangreichsten und bestorganisierten Koalitionen.

In England hat man sich nicht auf partielle Koalitionen beschränkt, die keinen anderen Zweck hatten als einen augenblicklichen Strike und mit demselben wieder verschwanden. Man hat dauernde Koalitionen geschaffen, trades-unions,[Anmerkung 84] die den Arbeitern in ihren Kämpfen mit den Unternehmern als Schutzwehr dienen. Und gegenwärtig finden alle diese lokalen trades-unions einen Sammelpunkt in der National Association of United Trades,[Anmerkung 85] deren Zentralkomitee in London sitzt und die bereits 80 000 Mitglieder zählt. Diese Strikes, Koalitionen und trades-unions traten ins Leben gleichzeitig mit den politischen Kämpfen der Arbeiter, die gegenwärtig unter dem Namen der Chartisten eine große politische Partei bilden.

Die ersten Versuche der Arbeiter, sich untereinander zu assoziieren, nehmen stets die Form von Koalitionen an.

Die Großindustrie bringt eine Menge einander unbekannter Leute an einem Ort zusammen. Die Konkurrenz spaltet sie in ihren Interessen; aber die Aufrechterhaltung des Lohnes, dieses gemeinsame Interesse gegenüber ihrem Meister, vereinigt sie in einem gemeinsamen Gedanken des Widerstandes – Koalition. So hat die Koalition stets einen doppelten Zweck, den, die Konkurrenz der Arbeiter unter sich aufzuheben, um dem Kapitalisten eine allgemeine Konkurrenz machen zu können. Wenn der erste Zweck des Widerstandes nur die Aufrechterhaltung der Löhne war, so formieren sich die anfangs isolierten Koalitionen in dem Maße, als die Kapitalisten ihrerseits sich behufs der Repression vereinigen zu Gruppen, und gegenüber dem stets vereinigten Kapital wird die Aufrechterhaltung der Assoziationen notwendiger für sie als die des Lohnes. Das ist so wahr, daß die englischen Ökonomen ganz erstaunt sind, zu sehen, wie die Arbeiter einen großen Teil ihres Lohnes zugunsten von Assoziationen opfern, die in den Augen der Ökonomen nur zugunsten des Lohnes errichtet wurden. In diesem Kampfe – ein veritabler Bürgerkrieg – vereinigen und entwickeln sich alle Elemente für eine kommende Schlacht. Einmal auf diesem Punkte angelangt, nimmt die Koalition einen politischen Charakter an.

Die ökonomischen Verhältnisse haben zuerst die Masse der Bevölkerung in Arbeiter verwandelt. Die Herrschaft des Kapitals hat für diese Masse eine gemeinsame Situation, gemeinsame Interessen geschaffen. So ist diese Masse bereits eine Klasse gegenüber dem Kapital, aber noch nicht für sich selbst. In dem Kampf, den wir nur in einigen Phasen gekennzeichnet haben, findet sich diese Masse zusammen, konstituiert sie sich als Klasse für sich selbst. Die Interessen, welche sie verteidigt, werden Klasseninteressen. Aber der Kampf von Klasse gegen Klasse ist ein politischer Kampf.

Mit Bezug auf die Bourgeoisie haben wir zwei Phasen zu unterscheiden: die, während derer sie sich unter der Herrschaft des Feudalismus und der absoluten Monarchie als Klasse konstituierte, und die, wo sie, bereits als Klasse konstituiert, die Feudalherrschaft und die Monarchie umstürzte, um die Gesellschaft zu einer Bourgeoisgesellschaft zu gestalten. Die erste dieser Phasen war die längere und erforderte die größeren Anstrengungen. Auch das Bürgertum hatte mit partiellen Koalitionen gegen die Feudalherren begonnen.

Man hat viel Untersuchungen angestellt, um den verschiedenen historischen Phasen nachzuspüren, welche die Bourgeoisie von der Stadtgemeinde an bis zu ihrer Konstituierung als Klasse durchlaufen hat.

Aber wenn es sich darum handelt, sich genau Rechenschaft abzulegen über die Strikes, Koalitionen und die anderen Formen, unter welchen die Proletarier vor unseren Augen ihre Organisation als Klasse vollziehen, so werden die einen von einer wirklichen Furcht befallen, während die anderen eine transzendentale Geringschätzung an den Tag legen.

Eine unterdrückte Klasse ist die Lebensbedingung jeder auf den Klassengegensatz begründeten Gesellschaft. Die Befreiung der unterdrückten Klasse schließt also notwendigerweise die Schaffung einer neuen Gesellschaft ein. Soll die unterdrückte Klasse sich befreien können, so muß eine Stufe erreicht sein, auf der die bereits erworbenen Produktivkräfte und die geltenden gesellschaftlichen Einrichtungen nicht mehr nebeneinander bestehen können. Von allen Produktionsinstrumenten ist die größte Produktivkraft die revolutionäre Klasse selbst. Die Organisation der revolutionären Elemente als Klasse setzt die fertige Existenz aller Produktivkräfte voraus, die sich überhaupt im Schoß der alten Gesellschaft entfalten konnten.

Heißt dies, daß es nach dem Sturz der alten Gesellschaft eine neue Klassenherrschaft geben wird, die in einer neuen politischen Gewalt gipfelt? Nein.

Die Bedingung der Befreiung der arbeitenden Klasse ist die Abschaffung jeder Klasse, wie die Bedingung der Befreiung des dritten Standes, der bürgerlichen Ordnung, die Abschaffung aller Stände[Anmerkung 86] war.

Die arbeitende Klasse wird im Laufe der Entwicklung an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft eine Assoziation setzen, welche die Klassen und ihren Gegensatz ausschließt, und es wird keine eigentliche politische Gewalt mehr geben, weil gerade die politische Gewalt der offizielle Ausdruck des Klassengegensatzes innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft ist.

Inzwischen ist der Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie ein Kampf von Klasse gegen Klasse, ein Kampf, der, auf seinen höchsten Ausdruck gebracht, eine totale Revolution bedeutet. Braucht man sich übrigens zu wundern, daß eine auf den Klassengegensatz begründete Gesellschaft auf den brutalen Widerspruch hinausläuft, auf den Zusammenstoß Mann gegen Mann als letzte Lösung?

Man sage nicht, daß die gesellschaftliche Bewegung die politische ausschließt. Es gibt keine politische Bewegung, die nicht gleichzeitig auch eine gesellschaftliche wäre.

Nur bei einer Ordnung der Dinge, wo es keine Klassen und keinen Klassengegensatz gibt, werden die gesellschaftlichen Evolutionen aufhören, politische Revolutionen zu sein. Bis dahin wird am Vorabend jeder allgemeinen Neugestaltung der Gesellschaft das letzte Wort der sozialen Wissenschaft stets lauten:

„Kampf oder Tod,

blutiger Krieg oder das Nichts.

So ist die Frage unerbittlich gestellt.“

George Sand

Anhang 1: Aus der Marxschen Schrift: Zur Kritik der politischen Ökonomie

Zürich 1934, Seite 72

Die Lehre von der Arbeitszeit als unmittelbarer Maßeinheit des Geldes ist zuerst systematisch entwickelt worden von John Gray.[Anmerkung 87] Er läßt eine nationale Zentralbank vermittels ihrer Zweigbanken die Arbeitszeit vergewissern, die in der Produktion der verschiedenen Waren verbraucht wird. Im Austausch für die Ware erhält der Produzent ein offizielles Zertifikat des Wertes, d. h. einen Empfangsschein für so viel Arbeitszeit, als seine Ware enthält,[Anmerkung 88] und diese Banknoten von 1 Arbeitswoche, 1 Arbeitstag, 1 Arbeitsstunde usw. dienen zugleich als Anweisung auf ein Äquivalent in allen anderen in den Bankdocks gelagerten Waren.[Anmerkung 89] Das ist das Grundprinzip, sorgfältig durchgeführt im Detail und überall angelehnt an vorhandene englische Einrichtungen. »Unter diesem System«, sagt Gray, »wäre es zu allen Zeiten ebenso leicht gemacht, für Geld zu verkaufen, als es nun ist, mit Geld zu kaufen; die Produktion würde die gleichförmige, nie versiegende Quelle der Nachfrage sein«.[Anmerkung 90] Die edlen Metalle würden ihr »Privilegium« gegen andere Waren verlieren und »den ihnen gebührenden Platz im Markt einnehmen neben Butter und Eiern und Tuch und Kaliko, und ihr Wert würde uns nicht mehr interessieren als der der Diamanten«.[Anmerkung 91] »Sollen wir unser eingebildetes Maß der Werte beibehalten, Gold, und so die Produktivkräfte des Landes fesseln, oder sollen wir uns zum natürlichen Maß der Werte wenden, zur Arbeit, und die Produktivkräfte des Landes freisetzen?«[Anmerkung 92]

Da die Arbeitszeit das immanente Maß der Werte ist, warum neben ihr ein anderes äußerliches Maß? Warum entwickelt sich der Tauschwert zum Preis? Warum schätzen alle Waren ihren Wert in einer ausschließlichen Ware, die so in das adäquate Dasein des Tauschwertes verwandelt wird, in Geld? Dies war das Problem, das Gray zu lösen hatte. Statt es zu lösen, bildet er sich ein, die Waren könnten sich unmittelbar aufeinander als Produkte der gesellschaftlichen Arbeit beziehen. Sie können sich aber nur aufeinander beziehen als das, was sie sind. Die Waren sind unmittelbare Produkte vereinzelter unabhängiger Privatarbeiten, die sich durch ihre Entäußerung im Prozeß des Privataustausches als allgemeine gesellschaftliche Arbeit bestätigen müssen, oder die Arbeit auf Grundlage der Warenproduktion wird erst gesellschaftliche Arbeit durch die allseitige Entäußerung der individuellen Arbeiten. Unterstellt Gray aber die in den Waren enthaltene Arbeitszeit als unmittelbar gesellschaftliche, so unterstellt er sie als gemeinschaftliche Arbeitszeit oder als Arbeitszeit direkt assoziierter Individuen. So könnte in der Tat eine spezifische Ware, wie Gold und Silber, den anderen Waren nicht als Inkarnation der allgemeinen Arbeit gegenübertreten, der Tauschwert würde nicht zum Preis, aber der Gebrauchswert würde auch nicht zum Tauschwert, das Produkt würde nicht zur Ware, und so wäre die Grundlage der bürgerlichen Produktion aufgehoben. Das ist aber keineswegs Grays Meinung. Die Produkte sollen als Waren produziert, aber nicht als Waren ausgetauscht werden. Gray überträgt einer Nationalbank die Ausführung dieses frommen Wunsches. Einerseits macht die Gesellschaft in der Form der Bank die Individuen unabhängig von den Bedingungen des Privataustausches und anderseits läßt sie dieselben fortproduzieren auf der Grundlage des Privataustausches. Die innere Konsequenz indes treibt Gray, eine bürgerliche Produktionsbedingung nach der anderen wegzuleugnen, obgleich er bloß das aus dem Warenaustausch hervorgehende Geld »reformieren« will. So verwandelt er Kapital in Nationalkapital,[Anmerkung 93] das Grundeigentum in Nationaleigentum,[Anmerkung 94] und wenn seiner Bank auf die Finger gesehen wird, findet sich, daß sie nicht bloß mit der einen Hand Waren empfängt und mit der anderen Zertifikate gelieferter Arbeit ausgibt, sondern die Produktion selbst reguliert. In seiner letzten Schrift »Lectures on Money«, worin Gray ängstlich sein Arbeitsgeld als rein bürgerliche Reform darzustellen sucht, verwickelt er sich in noch schreienderen Widersinn.

Jede Ware ist unmittelbar Geld. Dies war Grays Theorie, abgeleitet aus seiner unvollständigen und daher falschen Analyse der Ware. Die »organische« Konstruktion von »Arbeitsgeld« und »Nationalbank« und »Warendocks« ist nur ein Traumgebild, worin das Dogma als weltbeherrschendes Gesetz vorgegaukelt wird. Das Dogma, daß die Ware unmittelbar Geld oder die in ihr enthaltene Sonderarbeit des Privatindividuums unmittelbar gesellschaftliche Arbeit ist, wird natürlich nicht dadurch wahr, daß eine Bank an es glaubt und ihm gemäß operiert. Der Bankrott würde in solchem Falle vielmehr die Rolle der praktischen Kritik übernehmen. Was bei Gray versteckt und namentlich ihm selbst verheimlicht bleibt, nämlich daß das Arbeitsgeld eine ökonomisch klingende Phrase ist für den frommen Wunsch, das Geld, mit dem Geld den Tauschwert, mit dem Tausehwert die Ware und mit der Ware die bürgerliche Form der Produktion loszuwerden, wird geradezu herausgesagt von einigen englischen Sozialisten, die teils vor, teils nach Gray schrieben.[Anmerkung 95] Herrn Proudhon aber und seiner Schule blieb es vorbehalten, die Degradation des Geldes und die Himmelfahrt der Ware ernsthaft als Kern des Sozialismus zu predigen und damit den Sozialismus in ein elementares Mißverständnis über den notwendigen Zusammenhang zwischen Ware und Geld aufzulösen.[Anmerkung 96]

Anhang 2: Rede: Über die Frage des Freihandels

gehalten am 9. Januar 1849 in der Demokratischen Gesellschaft zu Brüssel von Karl Marx

Meine Herren! Die Abschaffung der Korngesetze in England ist der größte Triumph, den der Freihandel im neunzehnten Jahrhundert errungen hat. In allen Ländern, wo die Fabrikanten von Freihandel sprechen, haben sie vorzugsweise den Freihandel in Getreide oder überhaupt in Rohstoffen im Auge. »Das ausländische Korn mit Schutzzöllen belasten, ist infam, heißt auf den Hunger des Volkes spekulieren.«

Billiges Brot, hohe Löhne, cheap food, high wages, das ist der alleinige Zweck, für welchen die Freihändler in England Millionen ausgegeben haben, und schon hat ihr Enthusiasmus ihre Brüder auf dem Festlande angesteckt. Überhaupt, wenn man den Freihandel will, so will man ihn zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen.

Aber, wunderbar! Das Volk, dem man um jeden Preis billiges Brot verschaffen will, ist sehr undankbar. Das wohlfeile Brot ist in England ebenso verrufen wie die wohlfeile Regierung in Frankreich. Das Volk erblickt in den Männern voll Hingebung, in einem Bowring, einem Bright und Konsorten seine größten Feinde und die unverschämtesten Heuchler.

Jedermann weiß, daß der Kampf zwischen Liberalen und Demokraten in England ein Kampf zwischen Freihändlern und Chartisten ist.

Sehen wir nun zu, auf welche Art die englischen Freihändler dem Volke die edle Gesinnung bewiesen haben, welche sie beseelte.

Sie sagten den Fabrikarbeitern:

Der Getreidezoll ist eine Steuer auf den Lohn: diese Steuer zahlt ihr den Großgrundbesitzern, diesen mittelalterlichen Aristokraten; wenn eure Lage eine jammervolle ist, so ist dies eine Folge der Kostspieligkeit der unentbehrlichsten Lebensmittel.

Die Arbeiter fragten ihrerseits die Fabrikanten: Wie kommt es, daß im Verlauf der letzten dreißig Jahre, wo unsere Industrie die größte Entwicklung genommen hat, unser Lohn in einem viel rapideren Verhältnis gesunken ist, als der Preis des Getreides gestiegen?

Die Steuer, welche wir, wie ihr behauptet, den Grundbesitzern zahlen, beträgt für den Arbeiter ungefähr 3 Pence pro Woche; dagegen ist der Lohn des Handwebers von 1815-1843 von 28 Schilling pro Woche auf 5 Schilling gefallen; und der Lohn des Maschinenwebers ist in der Zeit von 1823-1843 von 20 Schilling pro Woche auf 8 Schilling heruntergedrückt worden.

Und während dieser ganzen Zeit ist der Steuerbetrag, den wir dem Grundbesitzer bezahlt haben, nie höher als 3 Pence gewesen. Und dann, als im Jahre 1834 das Brot sehr billig und der Geschäftsgang ein flotter war, was sagtet ihr uns damals? Wenn ihr unglücklich seid, so kommt dies daher, daß ihr zuviel Kinder macht und daß eure Ehe fruchtbarer ist als euer Gewerbe!

Das sind eure eigenen Worte, die ihr uns damals zurieft, und ihr ginget hin, neue Armengesetze zu fabrizieren und die Arbeitshäuser zu errichten, diese Bastillen der Proletarier.

Hierauf replizierten die Fabrikanten:

Ihr habt recht, werte Herren Arbeiter; es ist nicht nur der Preis des Getreides, sondern außerdem auch die Konkurrenz unter den angebotenen Händen, welche den Lohn bestimmt.

Aber denkt an den einen Umstand, daß unser Boden nur aus Felsen und Sandbänken besteht. Ihr bildet euch doch nicht ein, daß man Getreide in Blumentöpfen ziehen kann! Würden wir aber, anstatt unser Kapital, unsere Arbeit auf einen durchaus unfruchtbaren Boden verschwenden, den Ackerbau aufgeben und uns ausschließlich der Industrie widmen, dann würde ganz Europa seine Fabriken aufgeben und England eine einzige große Fabrikstadt bilden, mit dem ganzen übrigen Europa als Ackerprovinz.

Während er nun so zu seinen eigenen Arbeitern spricht, wird der Fabrikant von dem Kleinhändler interpelliert, der ihm zuruft:

Aber wenn wir die Korngesetze abschaffen, werden wir zwar die Landwirtschaft ruinieren, aber darum noch nicht die anderen Länder zwingen, aus unseren Fabriken zu beziehen und die ihrigen aufzugeben.

Was wird die Folge sein? Ich verliere die Kundschaft, die ich jetzt auf dem Lande habe, und der innere Handel verliert seinen Markt.

Der Fabrikant wendet dem Arbeiter den Rücken und antwortet dem Krämer: Was das anbetrifft, so laßt uns nur machen. Einmal der Getreidezoll abgeschafft, werden wir vom Ausland billigeres Getreide bekommen. Dann werden wir den Lohn herabsetzen, der gleichzeitig in den anderen Ländern, aus denen wir Getreide beziehen, steigen wird.

So werden wir außer den Vorteilen, deren wir uns bereits erfreuen, noch den billigerer Löhne haben, und mit all diesen Vorteilen werden wir den Kontinent schon zwingen, von uns zu kaufen.

Aber jetzt mischen sich der Pächter und der Landarbeiter in die Diskussion.

Und wir, rufen sie, was wird aus uns werden?

Sollen wir ein Todesurteil fällen helfen über die Landwirtschaft, von der wir leben? Müssen wir dulden, daß man uns den Boden unter den Füßen wegzieht?

Statt jeder Antwort hat sich die Anti-corn-law-league[Anmerkung 97] damit begnügt, Preise auszusetzen auf die drei besten Schriften über den heilsamen Einfluß der Abschaffung der Korngesetze auf den englischen Ackerbau.

Diese Preise wurden erworben von den Herren Hope, Morse und Greg, [Anmerkung 98] deren Abhandlungen in Tausenden von Exemplaren auf dem Lande verbreitet wurden.

Der eine dieser Preisgekrönten verlegt sich darauf, zu beweisen, daß weder der Pächter noch der Landarbeiter bei der Einfuhr des fremden Getreides verlieren wird, sondern lediglich der Grundbesitzer. Der englische Pächter, ruft er aus, hat die Abschaffung der Korngesetze nicht zu fürchten, weil kein Land so gutes und so billiges Getreide produzieren kann wie England. So könnte, selbst wenn der Preis des Getreides fiel, Euch dies nicht schaden, weil dieses Sinken lediglich die Rente träfe, die fallen würde, und keineswegs den Kapitalgewinn und den Lohn, die sich gleichblieben.

Der zweite Laureat, Herr Morse, behauptet im Gegenteil, daß der Getreidepreis infolge der Abschaffung der Korngesetze steigen würde. Er gibt sich unendliche Mühe, nachzuweisen, daß die Schutzzölle dem Getreide niemals einen lohnenden Preis haben sichern können.

Zur Bekräftigung seiner Behauptung führt er die Tatsache an, daß stets, wenn ausländisches Getreide eingeführt wurde, der Getreidepreis in England beträchtlich stieg, und daß, wenn man wenig einführte, derselbe außerordentlich fiel. Der Laureat vergißt, daß die Einfuhr nicht die Ursache des hohen Preises war, sondern der hohe Preis die Ursache der Einfuhr.

Ganz im Gegensatz zu seinem Mitpreisgekrönten behauptet er, daß jedes Steigen im Preise des Korns dem Pächter und Arbeiter zugute kommt und nicht dem Grundbesitzer.

Der dritte Laureat, Herr Greg, der Großfabrikant ist und dessen Buch sich an die Klasse der Großpächter wendet, durfte sich nicht mit solchen Albernheiten aus der Affäre ziehen. Seine Sprache ist wissenschaftlicher.

Er gibt zu, daß die Korngesetze die Rente nur dadurch steigen machen, daß sie den Preis des Getreides erhöhen, und daß sie den Getreidepreis nur dadurch erhöhen, daß sie das Kapital zwingen, sich auf Boden niederer Qualität zu werfen, was sich ganz einfach erklärt.

In dem Maße, wie die Bevölkerung anwächst, ist man eben gezwungen, sobald das fremde Getreide nicht in das Land kann, minder fruchtbare Ländereien zu verwerten, deren Kultur mehr Kosten erfordert und deren Produkt infolgedessen teurer ist. Da für das sämtliche so produzierte Getreide Bedarf vorhanden ist, es also gekauft werden muß, wird sich der Preis notwendigerweise nach dem Preis der Produkte des schlechteren Bodens richten. Die Differenz zwischen diesem Preis und den Produktionskosten des besseren Bodens bildet eben die Rente. Wenn somit infolge der Abschaffung der Korngesetze der Preis des Getreides und folglich auch die Rente fällt, so rührt dies daher, daß der schlechtere Boden nicht mehr bebaut wird. Somit zieht die Herabsetzung der Rente unfehlbar den Ruin eines Teiles der Pächter nach sich.

Diese Bemerkungen waren notwendig, um die Sprache des Herrn Greg zu verstehen.

Die kleinen Pächter, sagt er, die sich nicht beim Ackerbau halten können, werden eine Zuflucht in der Industrie finden. Was die Großpächter anbetrifft, so müssen sie dabei gewinnen. Entweder werden die Grundbesitzer gezwungen sein, ihnen ihre Grundstücke sehr billig zu verkaufen, oder die Pachtkontrakte, welche sie mit ihnen machen, werden auf sehr lange Termine abgeschlossen werden. Das wird ihnen gestatten, größere Kapitalien in den Boden zu stecken, Maschinen in größerem Umfange anzuwenden und so menschliche Arbeit zu ersparen, die übrigens billiger sein wird dank dem allgemeinen Sinken der Löhne, der unmittelbaren Folge der Abschaffung der Korngesetze.

Doktor Bowring hat allen diesen Argumenten eine religiöse Weihe gegeben, indem er in einem öffentlichen Meeting ausrief: »Jesus Christus ist der Freihandel – der Freihandel ist Jesus Christus!«

Man begreift, daß die ganze Heuchelei nicht dazu angetan war, den Arbeitern das billige Brot schmackhaft zu machen.

Wie hätten übrigens die Arbeiter die plötzliche Philanthropie der Fabrikanten begreifen sollen, derselben Leute, die noch in vollem Kampf waren gegen die Zehn-Stunden-Bill, mittels deren man den Arbeitstag des Fabrikarbeiters von zwölf auf zehn Stunden reduzieren wollte!

Um Ihnen eine Idee zu geben von der Philanthropie dieser Fabrikanten, erinnere ich Sie, meine Herren, an die in allen Fabriken eingeführten Fabrikordnungen.

Jeder Fabrikant hat ein veritables Strafgesetzbuch zu seinem besonderen Privatgebrauch, das für alle absichtlichen und unabsichtlichen Vergehen Bußen festsetzt; z. B. zahlt der Arbeiter soundso viel, wenn er das Unglück hat, sich auf einen Stuhl zu setzen, wenn er tuschelt, plaudert, lacht, wenn er einige Minuten zu spät kommt, wenn ein Maschinenteil zerbricht, wenn er die Produkte nicht in der verlangten Qualität liefert usw. usw. Die Bußen sind stets höher als der wirklich vom Arbeiter verursachte Schaden. Um es dem Arbeiter möglichst zu erleichtern, sich Strafen zuzuziehen, läßt man die Fabrikuhr vorgehen, liefert man schlechten Rohstoff, aus welchem der Arbeiter gutes Produkt anfertigen soll. Man setzt den Werkführer ab, wenn er nicht geschickt genug ist, die Fälle von Übertretungen zu vermehren.

Sie sehen, meine Herren, diese Privatgesetzgebung ist eigens geschaffen, Verstöße zu züchten, und man züchtet Verstöße, um Geld zu machen. So wendet der Fabrikant alle Mittel an, den nominellen Lohn herabzusetzen und sogar die Zufälle auszubeuten, deren der Arbeiter nicht Herr ist.

Und diese Fabrikanten, das sind dieselben Philanthropen, welche den Arbeitern einreden wollten, sie seien fähig, enorme Summen auszugeben, einzig und allein, um das Los derselben Arbeiter zu verbessern. Auf der einen Seite beschneiden sie den Lohn des Arbeiters durch Fabrikordnungen in der kleinlichsten Weise, auf der anderen legen sie sich die größten Opfer auf, um ihn mit Hilfe der Anti-corn-law-league zu erhöhen.

Sie bauen mit großen Unkosten Paläste, in denen die Liga gewissermaßen ihre Amtswohnung einrichtete, sie entsenden eine ganze Armee von Aposteln nach allen Punkten Englands, um die Religion des Freihandels zu predigen. Sie lassen Tausende von Broschüren drucken und unentgeltlich verteilen, um den Arbeiter über seine eigenen Interessen aufzuklären. Sie geben enorme Summen aus, um die Presse für ihre Sache günstig zu stimmen. Sie organisieren einen großartigen Verwaltungsapparat, um die freihändlerische Bewegung zu leiten, und entfalten alle Gaben ihrer Beredsamkeit in öffentlichen Meetings. Auf einem dieser Meetings war es, wo ein Arbeiter ausrief:

»Wenn die Grundbesitzer unsere Knochen verkauften, so würdet ihr Fabrikanten die ersten sein, sie zu kaufen, um sie in eine Dampfmühle zu werfen und Mehl daraus zu machen.«

Die englischen Arbeiter haben die Bedeutung des Kampfes zwischen den Grundbesitzern und den Kapitalisten sehr gut begriffen. Sie wissen sehr wohl, daß man den Preis des Brotes herunterdrücken wollte, um den Lohn herabzudrücken, und daß der Kapitalprofit um so viel steigen würde, als die Rente fiele.

Ricardo, der Apostel der englischen Freihändler, der ausgezeichnetste Ökonom unseres Jahrhunderts, stimmt in bezug auf diesen Punkt vollkommen mit den Arbeitern überein.

Er sagt in seinem berühmten Werk über politische Ökonomie:

»Wenn wir, anstatt bei uns Getreide zu ernten, einen neuen Markt entdeckten, wo wir es uns zu einem billigeren Preise verschaffen könnten, so würden in diesem Falle die Löhne sinken und die Profite steigen. Das Fallen des Preises der landwirtschaftlichen Produkte reduziert die Löhne nicht nur der in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeiter, sondern auch all derer, die in der Industrie arbeiten oder im Handel beschäftigt sind.«

Und glauben Sie nicht, meine Herren, daß es eine für den Arbeiter ganz gleichgültige Sache sei, nicht mehr als vier Franken zu bekommen, weil das Getreide billiger ist, wenn er früher fünf Franken bekam.

Ist sein Lohn nicht gefallen im Verhältnis zum Profit? Und ist es nicht klar, daß seine soziale Lage gegenüber der des Kapitalisten schlechter geworden ist? Außerdem verliert er auch tatsächlich.

Solange der Getreidepreis noch höher war und der Lohn gleichfalls, genügte eine kleine Ersparnis am Brotverbrauch, um ihm andere Genüsse zu verschaffen. Sobald aber das Brot und folglich der Lohn sehr niedrig steht, wird er fast nichts am Brot absparen können behufs Ankaufs anderer Gegenstände. Die englischen Arbeiter haben es die englischen Freihändler fühlen lassen, daß sie sich von ihren Vorspiegelungen und Lügen nicht hinters Licht führen lassen, und wenn sie sich ihnen trotzdem gegen die Grundbesitzer angeschlossen haben, so geschah es, um die letzten Reste des Feudalismus zu zerstören und nur noch mit einem einzigen Feind zu tun zu haben. Die Arbeiter haben sich in ihren Berechnungen nicht getäuscht; denn die Grundbesitzer, um sich an den Fabrikanten zu rächen, machten gemeinsame Sache mit den Arbeitern zur Durchbringung der Zehn-Stunden-Bill, die diese letzteren seit dreißig Jahren vergeblich gefordert hatten und die unmittelbar nach der Abschaffung der Korngesetze durchging.

Wenn auf dem Kongreß der Ökonomen Dr. Bowring aus seiner Tasche eine lange Liste zog, um zu zeigen, wieviel Stück Vieh, Schinken, Speck, Hühner usw. usw. in England eingeführt worden sind, um dort, wie er sagt, von den Arbeitern konsumiert zu werden, so hat er leider vergessen zu sagen, daß zur selben Zeit die Arbeiter von Manchester und den anderen Fabrikstädten sich durch die beginnende Krisis aufs Pflaster geworfen sahen.

Grundsätzlich darf man in der politischen Ökonomie niemals Ziffern eines einzelnen Jahres zusammenstellen, um aus ihnen allgemeine Gesetze abzuleiten. Man muß stets den Durchschnitt von sechs bis sieben Jahren nehmen – den Zeitabschnitt, während dessen die moderne Industrie die verschiedenen Phasen der Prosperität, Stagnation, Krise durchmacht und ihren unvermeidlichen Kreislauf vollendet.

Kein Zweifel, wenn der Preis aller Waren fällt, und dies ist die notwendige Konsequenz des Freihandels, so kann ich mir für einen Franken weit mehr Dinge als vorher verschaffen. Und der Frank des Arbeiters gilt ebensoviel wie jeder andere. Somit wird der Freihandel dem Arbeiter sehr vorteilhaft sein. Es ist nur ein kleiner Übelstand damit verbunden, nämlich der, daß der Arbeiter, bevor er seinen Frank gegen andere Ware umtauscht, zunächst den Tausch seiner Arbeit gegen das Kapital vollzogen hat. Wenn er bei diesem Tausch stets für dieselbe Arbeit den bewußten Frank erhielte und der Preis aller anderen Waren fiele, so würde er stets bei diesem Handel gewinnen. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, zu beweisen, daß, wenn der Preis aller Waren fällt, ich für dasselbe Geld mehr Waren bekomme.

Die Ökonomen greifen stets den Preis der Arbeit in dem Moment heraus, wo er sich gegen andere Waren austauscht, aber sie lassen stets den Moment beiseite, wo die Arbeit ihren Tausch gegen das Kapital vollzieht. Wenn weniger Kosten erforderlich sind, um die Maschine in Bewegung zu setzen, welche die Waren anfertigt, so werden die zum Unterhalt dieser Maschine, die sich Arbeiter nennt, notwendigen Dinge gleichfalls weniger kosten. Wenn alle Waren billiger sind, so wird die Arbeit, die auch eine Ware ist, gleichfalls im Preise sinken, und wie wir später sehen werden, wird diese Ware Arbeit verhältnismäßig viel mehr sinken als alle anderen Waren. Verläßt sich der Arbeiter dann immer noch auf die Argumente der Ökonomen, so wird er finden, daß der Frank in seiner Tasche zusammengeschmolzen ist und ihm nur noch fünf Sous übrigbleiben.

Hierauf werden Ihnen die Ökonomen sagen:

Nun ja, wir geben zu, daß die Konkurrenz unter den Arbeitern, die unter der Herrschaft des Freihandels sicherlich nicht geringer sein wird, sehr bald die Löhne in Einklang mit dem niedrigen Preis der Waren bringen wird. Aber anderseits wird der niedrige Preis der Waren den Konsum vermehren; der größere Konsum wird eine stärkere Produktion erfordern, welche eine stärkere Nachfrage nach Arbeitskräften nach sich ziehen wird, und dieser stärkeren Nachfrage nach Arbeitskräften wird ein Steigen der Löhne folgen.

Diese ganze Argumentierung läuft auf folgendes hinaus: der Freihandel vermehrt die Produktivkräfte. Wenn die Industrie im Wachstum begriffen ist, wenn der Reichtum, wenn die Produktivkräfte, wenn mit einem Wort das Produktivkapital die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, so steigt auch der Preis der Arbeit und folglich der Lohn. Die günstigste Bedingung für den Arbeiter ist das Anwachsen des Kapitals. Und man muß dies zugeben. Wenn das Kapital stationär bleibt, wird die Industrie nicht nur stationär bleiben, sondern zurückgehen, und in diesem Falle wird der Arbeiter das erste Opfer sein. Er wird vor dem Kapitalisten zugrunde gehen. Und in dem Falle, wo das Kapital anwächst, also in diesem, wie gesagt, besten Falle für den Arbeiter, welches wird da sein Schicksal sein? Er wird gleichfalls zugrunde gehen. Das Anwachsen des Produktivkapitals begreift in sich die Konzentration und Akkumulation der Kapitalien. Die Zentralisation der Kapitalien hat eine größere Arbeitsteilung und eine größere Anwendung von Maschinen zur Folge. Die größere Teilung der Arbeit zerstört die besondere Geschicklichkeit des Arbeiters; und indem sie an die Stelle dieser besonderen Geschicklichkeit eine Arbeit setzt, die jedermann verrichten kann, vermehrt sie die Konkurrenz unter den Arbeitern.

Diese Konkurrenz wird um so stärker, als die Arbeitsteilung den Arbeiter in die Lage versetzt, allein die Arbeit von dreien zu verrichten. Die Maschinen bewirken das gleiche Resultat noch in viel größerem Grade. Das Anwachsen des Produktivkapitals zwingt die industriellen Kapitalisten, mit stets wachsenden Mitteln zu arbeiten, und ruiniert damit die Kleinindustriellen und wirft sie ins Proletariat. Ferner, da der Zinsfuß in dem Maße fällt, als die Kapitalien sich anhäufen, werden die kleinen Rentiers, die nicht mehr von ihren Renten leben können, gezwungen sein, sich der Industrie zuzuwenden und somit die Zahl der Proletarier vermehren.

Endlich, je mehr das Produktivkapital wächst, desto mehr ist es gezwungen, für einen Markt zu produzieren, dessen Bedürfnisse es nicht kennt. Um so mehr geht die Produktion dem Bedarf voraus, um so mehr sucht das Angebot die Nachfrage zu erzwingen und nehmen daher die Krisen an Intensität und Häufigkeit zu. Aber jede Krisis ihrerseits beschleunigt die Zentralisation der Kapitalien und vermehrt das Proletariat. Je mehr das Produktivkapital also anwächst, desto mehr steigert sich die Konkurrenz unter den Arbeitern, und zwar in viel stärkerem Verhältnis. Die Entlohnung der Arbeit nimmt ab für alle, und die Arbeitslast vermehrt sich für einige.

1829 gab es in Manchester 1088 Spinner, die in 36 Fabriken beschäftigt waren. 1841 gab es nur noch 448, und diese Arbeiter bedienten 53 353 Spindeln mehr als die 1088 von 1829. Wenn die Handarbeit zugenommen hätte in demselben Maße wie die Produktivkraft, so hätte die Menge der Arbeiter auf 1848 steigen müssen; die technischen Verbesserungen haben also 1100 Arbeiter außer Arbeit gesetzt.

Wir kennen im voraus die Antwort der Ökonomen. Diese außer Arbeit gesetzten Leute, sagen sie, werden eine andere Beschäftigung finden. Herr Dr. Bowring hat nicht unterlassen, dieses Argument auf dem Ökonomenkongreß wieder vorzubringen. Aber er hat auch nicht unterlassen, sich selbst zu widerlegen.

1835[Anmerkung 99] hielt Herr Bowring im Haus der Gemeinen[Anmerkung 100] eine Rede über die 50 000 Weber Londons, die seit langem am Hungertuch nagen, ohne diese neue Beschäftigung finden zu können, welche die Freihändler ihnen in Aussicht stellen.

Hören wir die markantesten Stellen dieser Rede des Herrn Dr. Bowring:

»Das Elend der Handweber«, sagt er, »ist das unvermeidliche Schicksal jeder Arbeit, die leicht erlernt wird und in jedem Augenblick durch weniger kostspielige Mittel ersetzt werden kann. Da in diesem Falle die Konkurrenz unter den Arbeitern ungemein groß ist, führt die geringste Verminderung der Nachfrage eine Krise herbei. Die Handweber befinden sich gewissermaßen an die äußerste Grenze der menschlichen Existenz gesetzt. Ein Schritt weiter, und die Existenz wird unmöglich. Die geringste Erschütterung genügt, um sie in die Bahn des Verkommens zu schleudern. Der Fortschritt der Technik, der die Handarbeit immer mehr aufhebt, führt unfehlbar während der Epoche des Überganges viel zeitweiliges Leiden mit sich. Der nationale Wohlstand kann nur um den Preis einiger individueller Übel erkauft werden. Man schreitet in der Industrie nur auf Kosten der Nachzügler vorwärts, und von allen Entdeckungen ist .der Dampfwebstuhl diejenige, welche am schwersten auf dem Handweber lastet. Bereits ist in vielen Artikeln, welche mit der Hand gearbeitet wurden, der Weber außer Kampf gesetzt worden, aber er wird auch weiterhin in vielen Dingen geschlagen werden, die heute noch mit der Hand verfertigt werden.«

»Ich habe«, sagt er an anderer Stelle, »in der Hand eine Korrespondenz des Generalgouverneurs von Ostindien mit der Ostindischen Kompanie. Diese Korrespondenz betrifft die Weber des Distriktes von Dakka. Der Gouverneur sagt in seinen Briefen: Vor einigen Jahren empfing die Ostindische Kompanie 6-8 Millionen Stück Kattun, die auf den einheimischen Handstühlen hergestellt waren. Die Nachfrage fiel stetig und ward auf eine Million Stück reduziert. In diesem Augenblick hat sie fast aufgehört. Noch mehr. Im Jahre 1800 bezog Nordamerika von Indien nahezu 800 000 Stück Kattun. Im Jahre 1830 bezog es nicht einmal mehr 4000 Stück. Endlich verschiffte man im Jahre 1800 eine Million Stück Kattun nach Portugal. 1830 empfing Portugal nicht mehr als 20 000 Stück.«

»Die Berichte über die Not der indischen Weber sind schrecklich; und welches war die Ursache dieser Not?

Das Auftreten englischer Produkte auf dem Markte, die Herstellung des Artikels vermittels des Dampfwebstuhles.«

»Eine sehr große Anzahl von Webern ist im Elend umgekommen. Der Rest ist zu anderen Beschäftigungen, namentlich zu ländlichen, übergegangen. Seine Beschäftigung nicht wechseln können, gleicht einem Todesurteil. Und in diesem Augenblick ist der Distrikt von Dakka überschwemmt von englischen Garnen und Geweben. Der Musselin von Dakka, in der ganzen Welt wegen seiner Schönheit und der Festigkeit seines Gewebes berühmt, ist gleichfalls infolge der Konkurrenz der englischen Maschinen verschwunden. In der ganzen Geschichte der Industrie wird man vielleicht Mühe haben, ähnliche Leiden zu finden wie die, welche auf diese Weise ganze Klassen in Ostindien erdulden mußten.«

Die Rede des Herrn Dr. Bowring ist um so bemerkenswerter, als die darin erwähnten Tatsachen richtig sind und die Phrasen, mit denen er sie zu bemänteln sucht, durchaus den Charakter der Heuchelei tragen, welche allen freihändlerischen Reden eigen ist. Er stellt die Arbeiter als Produktionsmittel hin, welche man durch weniger kostspielige Produktionsmittel ersetzen muß. Er tut so, als sähe er in der Arbeit, von der er spricht, eine ganz und gar ausnahmsweise Arbeit und in der Maschine, welche die Weber ausgerottet hat, eine ebenfalls ausnahmsweise Maschine. Er vergißt, daß es keine Handarbeit gibt, die nicht eines Tages vom Schicksal der Weberei betroffen werden kann.

»Das beständige Ziel und die Tendenz jeder Vervollkommnung in der Mechanik besteht in der Tat darin, vollständig die menschliche Arbeit entbehrlich zu machen oder ihren Preis zu vermindern, indem man die Arbeit von Frauen und Kindern an die Stelle der des erwachsenen männlichen Arbeiters oder den einfachen Handlanger an die Stelle des geschickten Handarbeiters setzt. In der Mehrzahl der Spinnereien von Wassergarn, auf Englisch throstle mills, wird das Spinnen lediglich von Mädchen von sechzehn Jahren und darunter besorgt. Die Einführung des Selfaktors anstatt der Hand-Mule hat zur Folge die Entlassung der Mehrzahl der Spinner und die Beibehaltung von Kindern und jungen Leuten.«

Diese Worte des leidenschaftlichsten Freihändlers, des Herrn Dr. Ure, sind geeignet, die Bekenntnisse des Herrn Dr. Bowring zu ergänzen. Herr Bowring spricht von einigen individuellen Leiden und sagt gleichzeitig, daß diese individuellen Leiden ganze Klassen zugrunde richten; spricht von vorübergehenden Leiden in der Zeit des Überganges, und zu gleicher Zeit verheimlicht er nicht, daß diese Leiden des Überganges für die Mehrzahl der Übergang vom Leben zum Tod gewesen sind und für den Rest der Übergang von einer besseren zu einer schlechteren Lage. Wenn er später sagt, daß die Leiden dieser Arbeiter untrennbar sind vom Fortschritt der Industrie und notwendig für den nationalen Wohlstand, so sagt er einfach, daß der Wohlstand der Bourgeoisklasse zur notwendigen Bedingung hat das Leiden der arbeitenden Klasse.

Der ganze Trost, den Herr Bowring den Arbeitern spendet, die da umkommen, und überhaupt die ganze Doktrin der Ausgleichung, welche die Freihändler aufstellen, läuft auf folgendes hinaus:

Ihr Tausende von Arbeitern, die Ihr umkommt, verzagt nicht. Ihr könnt in aller Ruhe sterben. Eure Klasse wird nicht aussterben. Sie wird stets zahlreich genug sein, daß das Kapital sie dezimieren kann, ohne befürchten zu müssen, daß es sie vernichtet. Übrigens, wie soll das Kapital eine nützliche Verwendung finden, wenn es nicht Sorge trüge, sich das Ausbeutungsmaterial, die Arbeiter, zu erhalten, um sie von neuem ausbeuten zu können«?

Aber warum ist es denn noch eine erst zu lösende Frage, welchen Einfluß die Verwirklichung des Freihandels auf die Lage der arbeitenden Klassen ausüben wird? Alle Gesetze, welche die Ökonomen von Quesnay bis Ricardo formuliert haben, sind auf der Voraussetzung aufgebaut, daß die Schranken nicht mehr existieren, welche die Handelsfreiheit bisher noch beengen. Diese Gesetze bekräftigen sich in dem Maße, wie der Freihandel verwirklicht wird. Das erste dieser Gesetze sagt, daß die Konkurrenz den Preis jeder Ware auf das Minimum ihrer Produktionskosten reduziert. Somit ist das Lohnminimum der natürliche Preis der Arbeit. Und was ist das Lohnminimum? Genau das, was nötig ist, um die zum Unterhalt des Arbeiters unerläßlichen Gegenstände zu produzieren, um ihn instand zu setzen, sich durchzuschlagen und seine Klasse soviel wie nötig fortzupflanzen.

Glauben wir deshalb nicht, daß der Arbeiter nur dieses Lohnminimum haben wird, glauben wir noch weniger, daß er dieses Lohnminimum stets haben wird.

Nein, nach diesem Gesetz wird die Arbeiterklasse zeitweilig glücklicher sein. Sie wird zuweilen mehr als das Minimum haben, aber dieses Mehr wird nur die Ausgleichung von dem sein, was sie in Zeiten der industriellen Stockung weniger als das Minimum haben wird. Das will sagen: wenn man in einem gewissen periodisch wiederkehrenden Zeitabschnitt, in jenem Kreislauf, den die Industrie beschreibt, indem sie nacheinander die Phasen von Prosperität, Überproduktion, Stagnation, Krise durchläuft, alles zusammenrechnet, was die Arbeiterklasse über und unter dem Notwendigen gehabt hat, so wird man sehen, daß sie im ganzen weder mehr noch weniger als das Minimum gehabt hat: d. h. die Arbeiterklasse wird als Klasse erhalten sein, nachdem sie soundso viel Elend, soundso viel Leiden durchgemacht, soundso viel Leichen auf dem Schlachtfeld der Industrie zurückgelassen hat. Aber was verschlägt das? Die Klasse besteht fort, und mehr als das, sie wird zugenommen haben.

Das ist jedoch nicht alles. Der Fortschritt der Industrie liefert weniger kostspielige Existenzmittel. So hat der Schnaps das Bier, die Baumwolle Wolle und Leinen, die Kartoffel das Brot ersetzt,

Da man stets Mittel findet, die Arbeit mit wohlfeileren und erbärmlicheren Gegenständen zu ernähren, so ist das Lohnminimum in stetem Sinken begriffen. Wenn dieser Lohn anfangs den Menschen arbeiten ließ, um zu leben, läßt er ihn schließlich auch noch leben, aber das Leben einer Maschine. Seine Existenz hat keinen anderen Wert als den einer einfachen Produktivkraft, und der Kapitalist behandelt ihn demgemäß. Dieses Gesetz der Ware Arbeit, des Lohnminimums, verwirklicht sich in dem Maße, als die Voraussetzung der Ökonomen: der Freihandel, eine Wahrheit, eine Tatsache wird. So von zwei Dingen eines: entweder muß man die ganze auf die Voraussetzung des Freihandels begründete politische Ökonomie leugnen, oder man muß zugestehen, daß die Arbeiter unter diesem Freihandel von der ganzen Härte der ökonomischen Gesetze getroffen werden.

Um zusammenzufassen: Was ist also unter dem heutigen Gesellschaftszustand der Freihandel? Die Freiheit des Kapitals. Habt Ihr die paar nationalen Schranken, die noch die freie Entwicklung des Kapitals einengen, eingerissen, so habt Ihr lediglich seine Tätigkeit völlig entfesselt. Solange Ihr das Verhältnis von Lohnarbeit zu Kapital fortbestehen laßt, mag der Austausch der Waren sich immerhin unter den günstigsten Bedingungen vollziehen, es wird stets eine Klasse geben, die ausbeutet, und eine, die ausgebeutet wird. Es wird einem wirklich schwer, die Anmaßung der Freihändler zu begreifen, die sich einbilden, daß die vorteilhaftere Verwendung des Kapitals den Gegensatz zwischen industriellen Kapitalisten und Lohnarbeitern verschwinden machen wird. Ganz im Gegenteil. Die einzige Folge wird sein, daß der Gegensatz dieser beiden Klassen noch klarer zutage treten wird.

Man nehme einen Augenblick an, daß es keine Korngesetze, keine Gemeinde- und keine Staatszölle mehr gibt, mit einem Wort, daß alle Nebenumstände, welche der Arbeiter heute noch für die Ursachen seiner elenden Lage halten kann, vollständig verschwunden sind, und man wird ebenso viele Vorhänge zerrissen haben, welche seinen Augen den wahrhaften Feind verhüllten.

Er wird sehen, daß das frei gewordene Kapital ihn nicht minder zum Sklaven macht als das durch Zollschranken belästigte. Meine Herren! Lassen Sie sich nicht durch das abstrakte Wort Freiheit imponieren. Freiheit wessen? Es bedeutet nicht die Freiheit eines einzelnen Individuums gegenüber einem anderen Individuum. Es bedeutet die Freiheit, welche das Kapital genießt, den Arbeiter zu erdrücken.

Wozu wollen Sie die freie Konkurrenz noch durch diese Freiheitsidee sanktionieren, da doch diese Freiheitsidee selbst nur das Produkt eines auf der freien Konkurrenz beruhenden Zustandes ist?

Wir haben gezeigt, was die Brüderlichkeit ist, welche der Freihandel zwischen den verschiedenen Klassen ein und derselben Nation hervorruft. Die Brüderlichkeit, welche der Freihandel zwischen den verschiedenen Nationen der Erde stiften würde, wäre durchaus nicht brüderlicher; die Ausbeutung in ihrer kosmopolitischen Gestaltung mit dem Namen der allgemeinen Brüderlichkeit bezeichnen, ist eine Idee, die nur dem Schoß der Bourgeoisie entspringen konnte. Alle destruktiven Erscheinungen, welche die freie Konkurrenz in dem Innern eines Landes zeitigt, wiederholen sich in noch riesigerem Umfang auf dem Weltmarkt. Wir brauchen uns nicht länger bei den Sophismen aufzuhalten, welche die Freihändler über diesen Gegenstand ausspielen und die gerade soviel wert sind wie die Argumente unserer drei Laureaten, der Herren Hope, Morse und Greg.

Man sagt uns z. B., daß der Freihandel eine internationale Arbeitsteilung ins Leben rufen und damit jedem Lande eine mit seinen natürlichen Vorteilen harmonierende Produktion zuweisen würde.

Sie glauben vielleicht, meine Herren, daß die Produktion von Kaffee und Zucker die natürliche Bestimmung von Westindien sei.

Vor zwei Jahrhunderten hatte die Natur, die sich nicht um den Handel kümmert, dort weder Kaffeebäume noch Zuckerrohr gepflanzt. Und es wird vielleicht kein halbes Jahrhundert dauern, bis Sie dort weder Kaffee noch Zucker finden, denn bereits hat Ostindien durch billige Produktion gegen diese angeblich natürliche Bestimmung von Westindien den Kampf siegreich aufgenommen.

Und eben dieses Westindien ist mit seinen natürlichen Reichtümern eine ebenso schwere Last für die Engländer wie die Weber von Dakka, die auch von Anbeginn der Zeiten bestimmt waren, mit der Hand zu weben.

Noch ein Umstand darf dabei nie aus dem Auge gelassen werden: der nämlich, daß, wie alles Monopol geworden ist, es auch heute einige Industriezweige gibt, welche alle anderen beherrschen und den sie vorzugsweise betreibenden Völkern die Herrschaft auf dem Weltmarkt sichern. So hat im internationalen Verkehr allein die Baumwolle eine viel größere kommerzielle Bedeutung als alle anderen zur Anfertigung von Bekleidungsgegenständen verwendeten Rohstoffe zusammen. Es ist wahrhaft lächerlich, wie die Freihändler auf die paar Spezialitäten in jedem Industriezweig hinweisen, um sie gegen die Produkte des alltäglichen Gebrauches in die Waagschale zu werfen, die am billigsten in den Ländern produziert werden, wo die Industrie am entwickeltsten ist.

Wenn die Freihändler nicht begreifen können, wie ein Land sich auf Kosten des anderen bereichern kann, so brauchen wir uns darüber nicht zu wundern, da dieselben Herren noch weniger begreifen wollen, wie innerhalb eines Landes eine Klasse sich auf Kosten der anderen bereichern kann.

Glauben Sie aber nicht, meine Herren, daß, wenn wir die Handelsfreiheit kritisieren, wir die Absicht haben, das Schutzzollsystem zu verteidigen.

Man kann den Konstitutionalismus bekämpfen, ohne deshalb Freund des Absolutismus zu sein.

Übrigens ist das Schutzzollsystem nur ein Mittel, in einem Lande die Großindustrie aufzuziehen, d. h. es vom Weltmarkt abhängig zu machen; und von dem Augenblick an, wo man vom Weltmarkt abhängt, hängt man schon mehr oder weniger vom Freihandel ab. Außerdem entwickelt das Schutzzollsystem die freie Konkurrenz im Innern eines Landes. Deshalb sehen wir, daß in den Ländern, wo die Bourgeoisie anfängt, sich als Klasse Geltung zu verschaffen, wie z. B. in Deutschland, sie große Anstrengungen macht, um Schutzzölle zu bekommen.

Dieselben sind für sie Waffen gegen den Feudalismus und die absolute Staatsgewalt, sie sind für sie ein Mittel, ihre Kräfte zu konzentrieren und den Freihandel im Innern des Landes selbst zu realisieren.

Aber im allgemeinen ist heutzutage das Schutzzollsystem konservativ, während das Freihandelssystem zerstörend wirkt. Es zersetzt die früheren Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Mit einem Wort, das System der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution. Und nur in diesem revolutionären Sinne, meine Herren, stimme ich für den Freihandel.

Namensverzeichnis

Anderson, James (1739-1808) – schottischer Ökonom, Vorläufer Ricardos in der Rententheorie. S. 58.

Annenkow, P. W. (1812-1887) – russischer Schriftsteller, der viel im Ausland weilte und dort mit Marx bekannt wurde. Zum Sozialismus hatte er außer dieser Bekanntschaft gar kein Verhältnis. S. 25.

Arkwright, Sir Richard (1732-1792) – englischer Mechaniker und Fabrikant, Erfinder und Erbauer verschiedener Spinnmaschinen. S. 156.

Babbage, Charles (1792-1871) – englischer Mathematiker und Mechaniker, konstruierte die erste schreibende Rechenmaschine; Verfasser eines Buches über Maschinerie, in dem er »die große Industrie eigentlich nur vom Standpunkt der Manufakturperiode auffaßt« (Marx). S. 154.

Bastiat, Frédéric (1801-1850) – französischer Vulgärökonom, Freihändler, der »flachste und daher gelungenste Vertreter Vulgärökonomischer Apologetik« (Marx). S. 46.

Baudeau, Abbé Nicolas (1730-1792) – französischer Politiker und Ökonom, Physiokrat. S. 122.

Blanqui, Jérome Adolphe (1798-1854) – französischer Ökonom, Bruder des Revolutionärs Auguste Blanqui, studierte die Lage der Arbeiter in einer Reihe von Ländern, gehört seinen ökonomischen Ansichten nach zu Say. S. 70.

Bois-Guillebert, Pierre Le Pesant, Sieur de (1646-1714) – französischer Ökonom, Gegner des Merkantilismus, Vorläufer der Physiokraten. Mit ihm beginnt die klassische Ökonomie in Frankreich. S. 85,108.

Bonaparte, Louis Napoleon (1808-1873) – Präsident der französischen Republik ab 1848, dann als Napoleon III. Kaiser der Franzosen von 1851 bis 1870. »Abenteurer, Karikatur des alten Napoleon« (Marx). S. 46, 47.

Bowring, Sir John (1792-1872) – englischer Politiker, Literaturkritiker, Freihändler. S. 195,199, 202-207.

Bray, John Francis (1809-1895) – englischer utopischer Sozialist, Chartist. Politisch-agitatorisch sehr aktiv. Mitbegründer der im August 1837 gegründeten Arbeiter-Vereinigung von Leeds. Später Farmer und Zeitungsherausgeber in Amerika. S. 11,16,17, 88-98.

Bright, John (1811-1889) – englischer Fabrikant, Politiker, Führer der Liga gegen die Kornzölle. S. 195.

Brissot de Warville (1754-1793) – Führer der Girondisten in der Französischen Revolution. S. 41.

Cabet, Etienne (1788-1856) – französischer Schriftsteller und Politiker, utopischer Sozialist, schrieb einen kommunistischen Staatsroman »Reise nach Ikarien« und gründete kommunistische Kolonien in Amerika. S. 44.

Cherbuliez, Antoine Elisée (1797-1869) – Schweizer Politiker und Ökonom. Schüler Sismondis. S. 176.

Colbert, Jean Baptiste (1619-1683) – französischer Staatsmann, der konsequenteste Vertreter der merkantilistischen Wirtschaftspolitik, nach ihm auch »Colbertismus« genannt. S. 103,163.

Cooper, Thomas (1759-1839) – englischer, später amerikanischer demokratischer Politiker, Chemiker, Naturphilosoph, Ökonom. S. 110.

Darimon, Alfred (1819 – gest. nach 1870) – französischer Politiker, Anhänger Proudhons, Redakteur verschiedener Zeitungen. S. 194.

Droz, François-Xavier-Joseph (1773-1850) – französischer Philosoph, Historiker und Ökonom. S. 70.

Dunoyer, Barthélémy-Charles-Pierre-Josephe (1786-1862) – französischer Politiker, Publizist und Ökonom. S. 44, 80.

Edmonds, Thomas Rowe (1803-1889) – englischer Versicherungsgesellschafter, Direktor und Verfasser von Studien über Sterbestatistik. S. 11, 88.

Faucher, Léon (1803-1854) – französischer politischer und ökonomischer Publizist. S. 182.

Ferguson, Adam (1723-1816) – schottischer Philosoph und Geschichtsschreiber, Anhänger Humes, Lehrer Adam Smiths. S. 146.

Feuerbach, Ludwig (1804-1872) – deutscher Philosoph. »Der Entwicklungsgang Feuerbachs ist der eines – freilich nie ganz orthodoxen – Hegelianers zum Materialismus hin« (Engels). In der philosophischen Grundfrage, daß die Materie nicht ein Erzeugnis des Geistes, sondern der Geist selbst nur das Produkt der Materie ist, ist Feuerbach reiner Materialist, wenn er auch vor dem Namen Materialismus zurückschreckt. Hingegen tritt in der Religionsphilosophie und Ethik der Idealismus Feuerbachs zutage. Denn »er will die Religion keineswegs abschaffen, er will sie vollenden«. »Er blieb auch als Philosoph auf halbem Wege stehen, war unten Materialist, oben Idealist« (Engels). S. 39.

Fourier, François Charles (1772-1837) – französischer utopischer Sozialist. Die starke Seite seiner Schriften ist die Kritik der bürgerlichen Gesellschaftsordnung. »Wir finden bei Fourier eine echt französisch-geistreiche, aber darum nicht minder eindringende Kritik der bestehenden Gesellschaftszustände. Er deckt die materielle und moralische Misere der bürgerlichen Welt unbarmherzig auf« (Engels). Fourier entwarf ein Zukunftsbild einer harmonisch lebenden menschlichen Gesellschaft, in der die Menschen durch Arbeitsgemeinschaften (phalanstères) miteinander verbunden sind. S. 37, 39,161.

Gray, John (1798-1850) – englischer utopischer Sozialist, Schüler Owens, wollte die soziale Frage durch eine »Arbeitsgeld-Austauschutopie« (Engels) lösen. S. 15,17, 21, 24,191-194.

Greg, William Rathbone (1809-1881) – englischer Großindustrieller, trat für Freihandel ein und bekämpfte die Wahlreform. S. 197-199, 210.

Grün, Karl (1813-1887) – deutscher Schriftsteller, einer der Hauptvertreter des »wahren Sozialismus«, »der an die Stelle der wissenschaftlichen Erkenntnis die belletristische (schöngeistige) Phrase, an die Stelle der Emanzipation des Proletariats durch die ökonomische Umgestaltung der Produktion die Befreiung der Menschheit vermittels der ›Liebe‹ setzte« (Engels). S. 41.

Harvey, William (1578-1657) – englischer Arzt und Naturforscher, der den großen Kreislauf des Blutes entdeckte. S. 165.

Hegel, Georg Friedrich Wilhelm (1770-1831) – der bedeutendste Vertreter der deutschen klassischen Philosophie, objektiver Idealist, genialer Erforscher der Gesetze der Dialektik, die er zuerst bewußt anwandte. Im Hegelschen System wurde »zum erstenmal – und das ist ein großes Verdienst – die ganze natürliche, geschichtliche und geistige Welt als ein Prozeß dargestellt ... Hegel hatte die Geschichtsauffassung von der Naturmystik befreit, er hatte sie dialektisch gemacht« (Engels). Die Dialektik ist bei Hegel freilich noch idealistisch. »Sie steht bei ihm auf dem Kopf. Man muß sie umstülpen, um den rationellen Kern in der mystischen Hülle zu entdecken« (Marx). S. 28, 39-42, 121-131.

Helvetius, Claude Adrien (1715-1771) – französischer Philosoph, Enzyklopädist. »In Helvetius empfängt der Materialismus den eigentlich französischen Charakter. Er faßt ihn sogleich in bezug auf das gesellschaftliche Leben« (Marx). S. 44.

Herkules – griechischer Sagenheld, gilt als Verkörperung der Kraft und Ausdauer. S. 156.

Hilditch, Richard (19. Jahrhundert) – englischer Advokat, schrieb über Steuerfragen; Befürworter der Verstaatlichung der Grundrente. S. 176.

Hodgskin, Thomas (1787-1869) – englischer antikapitalistischer Ökonom, einer der Vertreter des proletarischen Gegensatzes gegen die klassische Ökonomie, bleibt jedoch in den Ricardoschen Theorien befangen, übernimmt »alle ökonomischen Voraussetzungen der kapitalistischen Produktion als ewige Form und will nur das Kapital streichen, die Basis und zugleich die notwendige Konsequenz« (Marx). S. 11, 88.

Hope, George (1811-1876) – englischer Pächter und Agronom. S. 197, 210.

Juvenal, Decimus Junius (60-140) – römischer Satiriker, der die Verderbtheit des vornehmen Roms geißelte. S. 77.

Lassalle, Ferdinand (1825-1864) – deutscher sozialistischer Schriftsteller und glänzender Agitator, Gründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins. Ausgehend von der falschen Theorie des »Ehernen Lohngesetzes«, wonach der Lohn des Arbeiters immer um das für die Lebenserhaltung notwendige Minimum schwankt, maß Lassalle dem wirtschaftlichen Kampf und der gewerkschaftlichen Organisation der Arbeiterschaft keine Bedeutung bei und lenkte die Hauptaufmerksamkeit auf die Eroberung des allgemeinen Wahlrechts, das den Arbeitern einen Einfluß auf die Regierung geben sollte. Dadurch sollte es den Arbeitern gelingen, staatliche Kredite für freie Produktionsgenossenschaften zu erhalten, durch die sich der allmähliche Übergang zur sozialistischen Gesellschaftsordnung vollziehen sollte. In diesem Sinne pflog Lassalle trotz energischer Proteste von Marx und Engels Verhandlungen mit Bismarck. Engels schrieb bei seinem Tode über ihn: »Einer der bedeutendsten Kerle in Deutschland. Er war für uns gegenwärtig ein sehr unsicherer Freund, zukünftig ein ziemlich sicherer Feind.« Über seine Beziehungen zu Bismarck sagt Marx: »Lassalle hat in der Tat die Partei verraten. Er hatte einen förmlichen Kontrakt mit Bismarck eingegangen.« S. 188.

Lauderdale, James Earl of (1759-1839) – englischer reaktionärer Politiker und Ökonom, polemisierte gegen Adam Smith, unter anderem gegen dessen Lehre von der Teilung der Arbeit. Gab eine verteidigende Erklärung des Profits. S. 55, 56, 67, 68,114-116.

Law, John (1671-1729) – schottischer Finanzier und Ökonom. Gründete 1716 eine staatlich privilegierte Aktienbank in Paris, die Papiergeld mit geringer Metalldeckung ausgab, um die französischen Staatsschulden zu bezahlen. Generalkontrolleur der Finanzen. 1720 verkrachten seine Gründungen. S. 103.

Lemontey, Pierre Edouard (1762-1826) – französischer Ökonom, Gegner der Jakobiner, floh aus Frankreich, als die Jakobiner die Herrschaft übernahmen. S. 145,146,159.

Linguet, Simon Nicolas Henri (1736-1794) – französischer Schriftsteller, polemisierte »gegen die bürgerlich-liberalen Ideale seiner aufklärerischen Zeitgenossen, gegen die beginnende Herrschaft der Bourgeoisie« (Marx). S. 46.

Malthus, Thomas Robert (1766-1834) – englischer Pfarrer und Ökonom. Sein eigentliches Verdienst »besteht darin, daß er den Hauptton legt auf den ungleichen Austausch zwischen Kapital und Lohnarbeit«. Aber er tut das, »einerseits, um das Elend der arbeitenden Klasse als notwendig zu demonstrieren ..., anderseits, um den Kapitalisten zu demonstrieren, daß ein gemästeter Kirchen- und Staatsklerus unentbehrlich sei« (Marx). Malthus stellte das berüchtigte (durch die Tatsachen widerlegte) Gesetz auf, daß die Bevölkerung schneller wächst (in geometrischer Progression) als die Existenzmittel (deren Produktion nur in arithmetischer Progression wachse), und empfahl dem Proletariat Geburteneinschränkung als Heilmittel gegen das kapitalistische Elend. S. 40.

Mill, James (1773-1836) – englischer Historiker, Philosoph und Ökonom, stellte als erster »Ricardos Theorie in systematischer Form« dar. Mit seinen Versuchen, die Widersprüche dieser Theorie »wegzuklären ..., verwickelte er sich selbst in Widersprüche und stellt mit seinem Versuch, sie zu lösen, zugleich die beginnende Auflösung der Theorie dar, die er dogmatisch vertritt« (Marx). S. 176.

Mill, John Stuart (1806-1873) – Sohn von James, englischer Philosoph und Ökonom. Freihändler und Nachfahre der klassischen Ökonomie, in dem sich die Auflösung der Ricardoschen Schule vollendete. Suchte ein Kompromiß zwischen ihren Lehren und den sozialistischen Forderungen des Proletariats. S. 109.

Morse, Arthur (19. Jahrhundert) – Engländer, aktiv in der Liga gegen die Getreidezölle tätig, schrieb auch (1855) eine Schrift über Erziehung. S. 197, 198, 210.

Owen, Robert (1771-1851) – englischer utopischer Sozialist, ursprünglich Fabrikant, kam auf Grund praktischer Erfahrung zu seiner kommunistischen Lehre, die aber jede Anwendung von Gewalt ablehnte. Von der Gesellschaft wegen seines Bekenntnisses zum Kommunismus geächtet, versuchte er seinen mit großer Sachkenntnis ausgearbeiteten Zukunftsplan durch Gründung kommunistischer Kolonien in Amerika zu verwirklichen. Da seine Versuche fehlschlugen, »wandte er sich direkt an die Arbeiterklasse und blieb in ihrer Mitte noch 30 Jahre tätig. Alle gesellschaftlichen Bewegungen, alle wirklichen Fortschritte, die in England im Interesse der Arbeiter zustande gekommen, knüpfen sieh an den Namen Owens« (Engels). S. 185.

Petty, Sir William (1623-1687) – englischer Ökonom und Statistiker, »Begründer der modernen politischen Ökonomie, einer der genialsten und originellsten ökonomischen Forscher« (Marx). S. 180.

Prometheus – griechischer Sagenheld, raubte dem Zeus das Feuer und wurde deshalb an einen Felsen geschmiedet. S. 116-120.

Proudhon, Pierre Joseph (1809-1865) – französischer kleinbürgerlicher Sozialist, einer der theoretischen Begründer des Anarchismus. Seine Theorien, gegen die Marx das »Elend der Philosophie« schrieb, hatten in Frankreich lange Zeit großen Einfluß. Proudhon gelangte nie über kleinbürgerliehe Ideen hinaus.

Quesnay, François (1694-1774) – französischer Arzt und Ökonom, der Begründer der physiokratischen Lehre. In seinem berühmten »tableau économique« (Ökonomische Tafel) stellte er den Reproduktionsprozeß nicht des einzelnen Kapitals, sondern des gesellschaftlichen Kapitals in seiner Gesamtheit dar. Dies »im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts, der Kindheitsperiode der politischen Ökonomie ..., war unstreitig der genialste Einfall, dessen sich die politische Ökonomie bisher schuldig gemacht hat« (Marx). S. 121,122.

Raumer, Friedrich von (1781-1873) – deutscher Geschichtsschreiber. Seine Werke sind durch romantische und unkritische Einstellung gekennzeichnet. Hauptwerk: Geschichte der Hohenstaufenzeit. S. 47.

Ricardo, David (1772-1823) – englischer Bankier und Ökonom, der letzte große Vertreter und Höhepunkt der klassischen Ökonomie. Ging von der Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit aus. Marx sagt, daß »Ricardo den ökonomischen Gegensatz der Klassen – wie ihn der innere Gegensatz zeigt – aufdeckt, ausspricht, und daher in der Ökonomie der geschichtliche Kampf und Entwicklungsprozeß in seiner Wurzel aufgefaßt wird«. Ricardo verstand jedoch nicht den historischen Charakter der kapitalistischen Produktionsweise und faßte sie als ewige auf. S. 10-15,23, 43, 53, 56, 64-70, 73-88,106,107,114,121,140,170-201.

Rodbertus-Jagetzow, Karl (1805-1875) – deutscher Ökonom und Politiker. Seine Theorie der Grundrente spiegelt seine eigene soziale Lage als pommerscher Gutsbesitzer wider. Rodbertus »ahnt den Unterschied des Mehrwerts von seinen speziellen Formen ..., aber er schießt am Richtigen vorbei, weil es sich ihm von vornherein um Deutung eines bestimmten Phänomens, der Grundrente, nicht um die Auffindung des allgemeinen Gesetzes handelt« (Marx). In der Theorie des Nationaleinkommens »wiederholt Rodbertus im wesentlichen die Lehre von Adam Smith einschließlich seines grundlegenden Irrtums (der Auflösung des Wertes in Arbeitslohn und Mehrwert)« (Lenin). S. 10-23.

Rossi, Pellegrino Luigi (1787-1848) – italienischer Vulgärökonom, Jurist und Politiker. Voll »Überweisheit und wichtigtuenden Geschwätzes« (Marx). S. 70,166.

Rousseau, Jean Jacques (1712-1778) – französischer Schriftsteller, der bedeutendste geistige Vertreter des revolutionären Kleinbürgertums vor der Großen Französischen Revolution. Selbst in den Ideen der Aufklärung befangen, wandte er sich doch zugleich gegen ihre einseitige verstandesmäßige Einstellung. Er verherrlichte den Naturzustand der ursprünglichen Gleichheit und behauptete, daß die Entwicklung der Zivilisation zur höchsten Steigerung der Ungleichheit in der absoluten Monarchie führte. Er begründete das Recht des Volkes auf gewaltsame Vertreibung der Despoten. Seine pädagogischen und politischen Schriften übten großen Einfluß auf die Zeitgenossen aus. Der radikale Flügel in der Revolution sah in ihm seinen theoretischen Vorläufer. S. 46, 47.

Sadler, Michael Thomas (1780-1835) – englischer Sozialreformer, Mitglied des Unterhauses, Gegner Malthus' und des Freihandels. S. 110.

Saint-Simon, Claude Henry Comte de (1760-1825) – französischer utopischer Sozialist. »Einer der großen Utopisten (Saint-Simon, Fourier, Owen), die als Vertreter der Interessen des Proletariats auftraten ..., hatte eine geniale Weite des Blicks, vermöge deren fast alle nicht streng ökonomischen Gedanken der späteren Sozialisten bei ihm im Keime enthalten sind« (Engels). S. 39.

Sand, George – eigentlich Dupin, Aurore – (1804-1876) – französische Romanschriftstellerin, schrieb viele Romane, durchweg idealistischer Natur, von starkem Gefühl durchdrungen, aber oft wirklichkeitsfremd und künstlerisch nur von mittlerem Niveau. 1838-1845 stand sie in Verbindung mit Anhängern St. Simons, was ihren Romanen dieser Epoche einen sozialhumanitären Einschlag gab. S. 189.

Say, Jean Baptiste (1767-1832) – französischer Vulgärökonom, nach Marx ein »Jammermensch«, »der seine fade Oberflächlichkeit darunter zu verstecken sucht, daß er die Halbheiten und Böcke A. Smiths in absolut-allgemeine Phrasen auflöst«. Unterscheidet sich von den ihm folgenden Vulgärökonomen dadurch, daß er »den Stoff noch nicht ganz bearbeitet findet, also noch mehr oder minder an der Lösung der ökonomischen Probleme vom Standpunkt der Ökonomie mitarbeitet« (Marx). S. 9, 45, 56, 64, 75, 76, .107, 145.

Schweitzer, Johann Baptist von (1833-1875) – Frankfurter Rechtsanwalt, ursprünglich Nationalliberaler, seit Anfang der 60 er Jahre Lassalleaner. Führer des »Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins« nach Lassalles Tod. 1865 gründete er in Berlin das lassalleanische Zentralorgan »Social-Demokrat«, für das er von Bismarck geldliche Unterstützungen erhielt. Schweitzer wollte aus der politischen Partei, die die Klassenbewegung des Proletariats leiten muß, eine Sekte machen und widersetzte sich der Einigung der deutschen Arbeiterbewegung. Er war ein Vertreter der Bismarckschen Politik, der Vereinigung Deutschlands unter der Vorherrschaft des preußischen Junkertums, »königlich preußischer Sozialdemokrat« (Marx). S. 9.

Senior, William Nassau (1790-1864) – englischer Ökonom, »bloßer Apologet des Bestehenden und daher Vulgärökonom«, »der Wortführer des gebildeten Bourgeois« (Marx). S. 109.

Sismondi, Jean Charles Simonde de (1773-1842) – Schweizer Ökonom und Historiker, kritisierte die klassische Ökonomie vom Standpunkt der ökonomischen Romantik. »In allen Punkten unterscheidet er sich von den Klassikern dadurch, daß er auf die Widersprüche des Kapitalismus hinweist. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite kann er in keinem Falle (und will es auch nicht) die Analyse der Klassiker weiterführen und beschränkt sich deshalb auf eine sentimentale Kritik des Kapitalismus vom Standpunkt des Kleinbürgers« (Lenin). S. 55, 84, 86,146.

Smith, Adam (1723-1790) – englischer Ökonom und Moralphilosoph. Er gab der klassischen Ökonomie ihre entwickelte Gestalt. Marx nennt ihn den Ökonomen der Manufakturperiode. Von großer Bedeutung waren seine Theorien von der Arbeitsteilung, von der produktiven Arbeit und vom Mehrwert. Seiner Lehre zufolge liegt der wahre Reichtum der Nationen nicht im Geld, wie die Merkantilisten behaupten, sondern in der nützlichen, Tauschwerte schaffenden Arbeit. Nach Smith schafft auch die industrielle Arbeit, nicht nur die landwirtschaftliche, wie bei den Physiokraten, Mehrwert. »Die Widersprüche A. Smiths haben das Bedeutende, daß sie Probleme enthalten, die er zwar nicht löst, aber dadurch ausspricht, daß er sich widerspricht« (Marx). Der Hauptfehler in seiner Theorie der Reproduktion, den Marx aufgedeckt hat, ist die Außerachtlassung des konstanten Kapitals, die Auflösung des Warenwertes in Arbeitslohn und Mehrwert. S. 29, 53, 63-66, 75, 140, 144-146, 154-157, 168.

Steuart (Stewart), Sir James D. (1712-1780) – englischer Ökonom, dessen Lehre nach Marx »der rationelle Ausdruck des Merkantilismus« ist. »Sein Verdienst um die Auffassung des Kapitals beruht auf der Nachweisung, wie der Scheidungsprozeß zwischen den Produktionsbedingungen, als dem Eigentum bestimmter Klassen, und der Arbeitskraft vorgeht« (Marx). Stewart erklärte den Profit aus dem Überschuß des Preises über den Wert. S. 168.

Storch, Heinrich Friedrich von (1766-1835) – deutsch-russischer Ökonom, polemisierte gegen A. Smith. S. 60.

Thiers, Louis Adolphe (1797-1877) – französischer Staatsmann und Historiker, rücksichtsloser Vertreter der Klasseninteressen der Bourgeoisie, der Schlächter der Pariser Kommune. »Ein Meister kleiner Staatsschufterei, ein Virtuose des Meineids und Verrats«, »konsequent nur in seiner Gier nach Reichtum und seinem Haß gegen die, die ihn hervorbringen« (Marx). S. 45.

Thompson, William (etwa 1785-1833) – irischer Gutsbesitzer und Ökonom, Anhänger Owens, der bedeutendste wissenschaftliche Vertreter des Owenschen Kommunismus. S. 11, 88.

Tooke, Thomas (1774-1858) – englischer Ökonom, Verfasser der bedeutenden »Geschichte der Preise«. Der »letzte englische Ökonom von einigem Wert« (Marx). S. 109.

Ure, Andrew (1778-1857) – englischer Chemiker und politischer Ökonom. Verteidiger des Kapitals und der großen Industrie. S. 156-159, 205.

Villeneuve-Bargemont, Jean Paul Alban, Vicomte de (1784-1850) – französischer Politiker und Ökonom. S. 137.

Voltaire, François Marie Arouet de (1694-1778) – französischer Schriftsteller und Aufklärer, geistiger Wegbereiter der revolutionären aufsteigenden Bourgeoisie. Seine geschichtliche Rolle beruht auf seinen kritischen Schriften und Satiren, in denen er die feudal-aristokratische Regierung, die Sitten seiner Zeit und besonders die katholische Kirche heftig angriff; er hatte dadurch großen Einfluß auf die revolutionäre Entwicklung in Frankreich und auch im Ausland. Wegen seiner Schriften wurde er stark verfolgt. S. 47,103,170.

Wagner, Adolph (1835-1917) – deutscher bürgerlicher Ökonom, Begründer der reaktionären Christlich-Sozialen Partei (1878), Mitbegründer des Vereins für Sozialpolitik, Anhänger der Bismarckschen Sozial- und Finanzpolitik. S. 16.

Weitling, Wilhelm (1808-1871) – der erste deutsche sozialistische Schriftsteller, der aus der Arbeiterschaft stammte, von Beruf Schneider. Mitglied des »Bundes der Gerechten«, in dessen Auftrag er die Broschüre »Die Menschheit, wie sie ist und wie sie sein soll« (1838) schrieb. Sein Hauptwerk »Garantien der Harmonie und Freiheit«, »dieses maßlose und brillante Debüt der deutschen Arbeiter« (Marx), erschien 1842. Weitling steht zwischen dem utopischen und dem wissenschaftlichen Sozialismus. Er versuchte, die Theorie der Utopisten dem revolutionären Kampf der Arbeiterklasse anzupassen, blieb aber stark in kleinbürgerlichen Ansichten befangen. S. 10.

Wilhelm von Oranien (1650-1702) – als Wilhelm III. König von England von 1689 bis 1702. S. 168.

Wyatt, John (1700-1766) – englischer Erfinder einer Spinnmaschine. S. 156.

Fußnoten

  1. »System der ökonomischen Widersprüche oder Philosophie des Elends.«
  2. Grundsätze (der politischen Ökonomie und Besteuerung).
  3. »Untersuchung über die Grundsätze der Verteilung des Reichtums, die zum menschlichen Glück am meisten beitragen.«
  4. »Praktische, sittliche und politische Ökonomie.«
  5. »Der Arbeit Übel und der Arbeit Heilmittel.«
  6. 6,0 6,1 »Das Elend der Philosophie.«
  7. Wenigstens war dies der Fall bis vor kurzem. Seitdem Englands Weltmarktsmonopol mehr und mehr gebrochen wird durch die Beteiligung Frankreichs, Deutschlands und vor allem Amerikas am Welthandel, scheint eine neue Ausgleichungsform sich geltend zu machen. Die der Krise vorhergehende Periode allgemeiner Prosperität will noch immer nicht kommen. Bleibt sie ganz aus, so müßte chronische Stagnation der Normalzustand der modernen Industrie werden, mit nur geringen Schwankungen. F. E.
  8. Handel, Verkehr, Geschäfte.
  9. Hier: gewöhnliche Mittelmäßigkeit.
  10. »Allgemeine Sprache«, Weltsprache.
  11. »Was ist Eigentum?«
  12. Eigentum.
  13. Halbdunkel.
  14. »Bevölkerung.«
  15. Aufsehenerregende Flugschrift.
  16. Kleinbürger.
  17. Eigentum ist Diebstahl.
  18. »Philosophie des Elends usw.«
  19. Ich erwarte Ihre strenge Kritik.
  20. »Philosophie des Elends oder System der ökonomischen Widersprüche.«
  21. Was ist das Eigentum?
  22. »Wenn die Ökonomen sagen, daß die gegenwärtigen Verhältnisse – die Verhältnisse der bürgerlichen Produktion – natürliche sind, so geben sie damit zu verstehen, daß es Verhältnisse sind, in denen die Erzeugung des Reichtums und die Entwicklung der Produktivkräfte sich gemäß den Naturgesetzen vollziehen. Somit sind diese Verhältnisse selbst von dem Einfluß der Zeit unabhängige Naturgesetze. Es sind ewige Gesetze, welche stets die Gesellschaft zu regieren haben. Somit hat es eine Geschichte gegeben, aber es gibt keine mehr.« (S. 138 der vorliegenden und S. 113 der französischen Ausgabe. Der Übersetzer.)
  23. leer und geschwollen.
  24. »Man verlangt, daß die Unglücklichen vollkommen sein sollen.«
  25. Bürgerlich-demokratische Revolution in Frankreich am 23./24. Februar 1848, die, von den Pariser Arbeitern erkämpft, den Bürgerkönig Louis Philipp, den Vertreter der Hochfinanz, stürzte. D. R.
  26. Aufstand der Pariser Arbeiter am 23. Juni 1848, der, von der Bourgeoisie unter für die Arbeiter ungünstigen Umständen provoziert, nach fünftägigem Barrikadenkampf von dem republikanischen General Cavaignac blutig niedergeschlagen wurde. D. R.
  27. Zinsloser Kredit.
  28. ganz reine Kleinbürger.
  29. Staatsstreich. Louis Napoleon Bonaparte (Neffe Napoleon I.), seit dem 10. Dezember 1848 Präsident der französischen Republik, stürzte am 2. Dezember 1851 durch einen Staatsstreich die parlamentarische Herrschaft und erklärte sich zum Kaiser der Franzosen. D. B.
  30. »Theorie der bürgerlichen Gesetze.«
  31. jeder Sache.
  32. »Studien.«
  33. »Unternehmungen über die Natur und den Ursprung des öffentlichen Reichtums«, übersetzt von Lagentie de Lavaisse.. Paris 1807 Im Original steht: Largentil de Lavaise, Paris 1808. Offenbar ein Druckfehler. D. Übers.
  34. »Grundsätze der politischen Ökonomie«, übersetzt von Constancio, mit Anmerkungen versehen von J.-B. Say.
  35. »Kursus der politischen Ökonomie.«
  36. In den früheren deutschen Ausgaben und auch in der französischen Originalausgabe steht »Zirkulation«, in der Druckfehlerberichtigung jedoch korrigiert in »Versöhnung«. D. R.
  37. Wiederherstellung, d. h. die auf die Revolution von 1640 folgende Zeit der Reaktion und Wiedereinsetzung des verjagten Herrscherhauses. D. R.
  38. Ricardo bestimmt bekanntlich den Wert einer Ware durch die »Menge der Arbeit, die zu ihrer Erlangung erforderlich ist«. Die in jeder auf Warenproduktion beruhenden Produktionsweise, also auch in der kapitalistischen, herrschende Austauschform bringt es aber mit sich, daß dieser Wert nicht direkt in Mengen von Arbeit ausgedrückt wird, sondern in Mengen einer anderen Ware. Der Wert einer Ware, ausgedrückt in einem Quantum einer anderen Ware (Geld oder nicht), heißt bei Ricardo ihr relativer Wert. F. E.
  39. Bei Marx irrtümlich S. 48. D. R.
  40. Der Satz, daß der »natürliche«, d. h. der normale Preis der Arbeitskraft zusammenfällt mit dem Minimum des Lohnes, d. h. mit dem Wertäquivalent der zum Leben und zur Fortpflanzung des Arbeiters absolut notwendigen Lebensmittel – dieser Satz wurde zuerst von mir aufgestellt in den »Umrissen zu einer Kritik der Nationalökonomie« (Deutsch-Französische Jahrbücher. Paris 1844) und in der »Lage der arbeitenden Klasse in England«. Wie man hier sieht, hatte Marx diesen Satz damals akzeptiert. Von uns beiden hat Lassalle ihn übernommen. Wenn aber auch in der Wirklichkeit der Arbeitslohn die beständige Tendenz hat, sich seinem Minimum zu nähern, so ist der obige Satz dennoch falsch. Die Tatsache, daß die Arbeitskraft in der Regel und im Durchschnitt unter ihrem Wert bezahlt wird, kann ihren Wert nicht ändern. Im »Kapital« hat Marx sowohl den obigen Satz richtig gestellt (Abschnitt: Kauf und Verkauf der Arbeitskraft) wie auch (Kap. XXIII, Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation) die Umstände entwickelt, welche der kapitalistischen Produktion erlauben, den Preis der Arbeitskraft mehr und mehr unter ihren Wert zu drücken. F. E.
  41. den wahren Namen der Dinge.
  42. Und wegen des Lebens die Gründe zu leben verlieren! Juvental, Satiren, 8/84.
  43. In der im handschriftlichen Nachlaß aufgefundenen Liste Engels von Anmerkungen und Änderungen ist zwischen »die« und »allein« eingefügt: »in den auf den individuellen Austausch gegründeten Gesellschaftsordnungen.« D. R.
  44. »Abhandlung über das Wesen der Reichtümer.« Herausgegeben von Daire.
  45. »Grundsätze der politischen Ökonomie.«
  46. Troja ist dahin! – Die Herrlichkeit ist verschwunden.
  47. Nach der »Liste« von Engels sollte »Es ergibt sich schließlich« gestrichen werden. Dafür sollte es Zeile 18 statt »ist nur« heißen: »ist aber nur«. D. R.
  48. »Der Arbeit Übel und der Arbeit Heilmittel.«
  49. In der »Liste« von Engels ist das ursprüngliche französische »ne pense pas« (denkt nicht), das im deutschen Text mit »ahnt nicht« übersetzt ist, in »sieht nicht« berichtigt worden. D. R.
  50. Wie jede andere Theorie hat auch die des Herrn Bray ihre Anhänger gefunden, die sich durch den Schein haben täuschen lassen. Man hat in London, in Sheffield, in Leeds, in vielen anderen Städten Englands equitable-labour-exchange-bazars (gerechte Austauschbanken) gegründet, die nach Absorbierung beträchtlicher Kapitalien sämtlich skandalösen Bankrott gemacht haben. Man hat den Geschmack daran für immer verloren: Warnung für Herrn Proudhon! (Man weiß, daß Proudhon sich diese Warnung nicht zu Herzen genommen hat. Im Jahre 1849 versuchte er selbst eine neue Tauschbank in Paris. Sie scheiterte aber schon, ehe sie ordentlich in Gang gekommen war; eine gerichtliche Verfolgung Proudhons mußte zur Deckung ihres Zusammenbruchs vorhalten. F. E.)
  51. Titre heißt einerseits Titel, Name, andererseits aber auch, bei Gold und Silber, deren Feingehalt. D. Übers.
  52. »Finanz-Ökonomen des 18. Jahrhunderts.« Herausgegeben von Daire.
  53. »Hauptstädtische Enzyklopädie oder Universal-Lexikon des Wissens«, Bd. IV, Artikel: Politische Ökonomie.
  54. »Abhandlungen über einige ungelöste Fragen der politischen Ökonomie.«
  55. »Eine Geschichte der Preise.«
  56. »Vorträge über die Elemente der politischen Ökonomie.«
  57. »Das Bevölkerungsgesetz.«
  58. »Programm der fortschreitenden Vereinigung.«
  59. »ökonomische Tafel« siehe S. 213 unter Quesnay.
  60. Der unsterbliche Tod.
  61. Dies war vollkommen richtig für das Jahr 1847. Damals beschränkte sich der Welthandel der Vereinigten Staaten hauptsächlich auf die Einfuhr von. Einwanderern und Industrieprodukten und auf die Ausfuhr von Baumwolle und Tabak, also von Produkten der südlichen Sklavenarbeit. Die nördlichen Staaten produzierten hauptsächlich Korn und Fleisch für die Sklavenstaaten. Erst seitdem der Norden Korn und Fleisch für die Ausfuhr produzierte und daneben ein Industrieland wurde und seitdem dem amerikanischen Baumwollmonopol in Indien, Ägypten, Brasilien usw. eine mächtige Konkurrenz entstanden, war die Abschaffung der Sklaverei möglich. Und selbst dann hatte sie zur Folge den Ruin des Südens, dem es nicht gelungen ist, die offene Negersklaverei durch die verdeckte Sklaverei indischer und chinesischer Kulis zu ersetzen. F. E.
  62. Jedem das Seine.
  63. Lemontey meint hier sein Buch »Raison, folie, chacun son mot; petit cours de morale mis à la portée des vieux enfants«. (Vernunft, Wahnsinn, jedem sein Wort; kleiner Moralkursus, den alten Kindern dargereicht.) 1801. D. R.
  64. Abhandlung über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft.
  65. was zu beweisen war.
  66. »Abhandlung über die Ökonomie der Maschinerie.«
  67. »Philosophie der Manufaktur oder industrielle Ökonomie«, Band 1, Kap. 1.
  68. Die Fourieristen. F. E.
  69. In den Gebieten der Ungläubigen. (In der katholischen Kirche gibt es sogenannte Titularbischöfe, die ihren Titel nach einem früheren Bischofssitz führen, der in einer heute nicht mehr christlichen Gegend liegt und praktisch nie eingenommen werden kann.) Sinn des Ausdrucks daher: nur dem Schein nach bestehend. D. R.
  70. »Untersuchung über die Grundsätze der politischen Ökonomie.«
  71. Gestalt aus der gleichnamigen Erzählung Voltaires. D. R.
  72. Abscheu vor dem leeren Raum.
  73. Gott aus der Maschine.
  74. Gemeint ist James Mill, der Vater von John Stuart Mill. D. R.
  75. Automatische Spinnmaschine.
  76. Proudhon zitiert den Artikel von Lèon Faucher, »Les coalitions condamnées par les ouvriers anglais« (Die englischen Arbeiter lehnen die Koalitionen ab); erschienen im »Journal des économistes« (»Zeitung der Ökonomen«), Paris 1845. D. R.
  77. Alle Achtung.
  78. 1838-1846/49, siehe auch Anmerkung S. 197. D. R.
  79. Ärmelkanal, Straße von Calais.
  80. Französisches Strafgesetzbuch. D. R.
  81. Verfassunggebende Versammlung von 1789. D. R.
  82. Herrschaft Napoleons I. D. R.
  83. Das heißt: die damaligen, die Fourieristen in Frankreich, die Owenisten in England. F. E.
  84. Gewerkschaften
  85. Gewerkschaftsbund.
  86. Stände hier im historischen Sinn der Stände des Feudalstaates, Stände mit bestimmten und begrenzten Vorrechten. Die Revolution der Bourgeoisie schaffte die Stände samt ihren Vorrechten ab. Die bürgerliche Gesellschaft kennt nur noch Klassen. Es war daher durchaus im Widerspruch mit der Geschichte, wenn das Proletariat als »vierter Stand« [Anspielung auf Lassalle, insbesondere auf dessen am 17. April 1862 im Berliner Handwerkerverein gehaltenen Vortrag: »Über den besonderen Zusammenhang der gegenwärtigen Geschichtsperiode mit der Idee des Arbeiterstandes«, meist unter dem Titel »Arbeiterprogramm« herausgegeben. D. R.] bezeichnet worden ist. F. E.
  87. John Gray: »The Social System. A Treatise on the Principle of Exchange.« Edinburgh 1831. Vgl. von demselben Schriftsteller: »Lectures on the Nature and Use of Money.« Edinburg 1848. Nach der Februar-Revolution sandte Gray der französischen provisorischen Regierung eine Denkschrift zu, worin er sie belehrt, daß Frankreich nicht einer »organisation of labour« (Organisation der Arbeit) bedürfe, sondern einer »organisation of exchange« (Organisation des Austausches), deren Plan völlig ausgearbeitet vorliege in dem von ihm ausgeheckten Geldsystem. Der brave John ahnte nicht, daß 16 Jahre nach Erscheinen des »Social System« ein Patent auf dieselbe Entdeckung ausgelöst worden war von dem erfindungsreichen Proudhon.
  88. Gray: »The Social System etc.«, S. 63. »Geld sollte lediglich ein Empfangsschein, ein Beweis dafür sein, daß sein Inhaber entweder bestimmten Wert zu dem vorhandenen nationalen Reichtum (to the national stock of wealth) beigetragen hat oder daß er auf den erwähnten Wert ein Recht erworben von irgend jemand, der ihn beigetragen hat.«
  89. »Man lasse ein Produkt, das vorher einen Schätzungswert erhält, auf eine Bank legen und wieder herausnehmen, wann immer es benötigt wird, wobei lediglich durch allgemeines Übereinkommen festgesetzt wird, daß derjenige, der irgendeine Art von Eigentum in die vorgeschlagene Nationalbank einlegt, aus ihr einen gleichen Wert, was immer sie enthalten mag, herausnehmen darf, statt gezwungen zu sein, dasselbe Ding herauszunehmen, das er eingelegt hat.« ( Gray: The Social System etc.«, S. [67] 68.)
  90. Ebenda, S. 16.
  91. Gray: »Lectures on Money etc.«, S. 182 [183].
  92. Gray: »Lectures on Money etc.«, S. 169.
  93. »Das Geschäft jedes Landes sollte auf der Grundlage eines nationalen Kapitals geführt werden.« ( John Gray: »The Social System etc.«, S. 171.)
  94. »Der Boden muß in Nationaleigentum umgewandelt werden.« (Ebenda, S. 298.)
  95. Siehe zum Beispiel W. Thompson: »An Inquiry into the Distribution of Wealth etc.« London 1827. Bray: »Labour's Wrongs and Labour's Remedy.« Leeds 1839.
  96. Als Kompendium dieser melodramatischen Geldtheorie kann betrachtet werden: Alfred Darimon: »De la reforme des banques.« Paris 1856.
  97. Liga gegen die Kornzölle (Vereinigung der englischen Fabrikanten zum Kampf für die Abschaffung der Getreidezölle). D. R.
  98. In der Erstausgabe immer Gregg. D. R.
  99. In der Erstausgabe Druckfehler 1833, in den bisherigen deutschen Ausgaben 1838. D. R.
  100. Englisches Parlament (Unterhaus). D. R.