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Ausgewählte Werke Band I  (Mao Zedong)

Aus ProleWiki


Ausgewählte Werke Band I
Autor*inMao Zedong
VerlagVerlag für fremdsprachige Literatur Peking
Veröffentlicht1966
Quellehttp://www.infopartisan.net/archive/maowerke/MaoAWIges.htm


Die Periode des ersten revolutionären Bürgerkriegs

Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft[Anmerkung 1]

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.9-19

(März 1926)

Wer sind unsere Feinde? Wer sind unsere Freunde? Das ist eine Frage die für die Revolution erstrangige Bedeutung hat. Wenn alle bisherigen revolutionären Kämpfe in China nur sehr geringe Erfolge brachten, so lag die Grundursache darin, daß man es nicht vermochte, sich mit den wahren Freunden zuammenzuschließen, um die wahren Feinde zu bekämpfen. Eine revolutionäre Partei ist der Führer der Massen, und keine Revolution ist jemals erfolgreich gewesen, wenn die revolutionäre Partei die Massen auf einen falschen Weg geführt hat. Um sicher zu sein, daß wir die Revolution nicht auf einen falschen Weg führen, sondern unbedingt Erfolg haben werden, müssen wir dafür sorgen, daß wir uns mit unseren wahren Freunden zusammenschließen , um unsere wahren Feinde zu bekämpfen. Um die wahren Freunde von den wahren Feinden zu unterscheiden, müssen wir die ökonomische Lage der verschiedenen Klassen in der chinesischen Gesellschaft und deren jeweilige Einstellung zur Revolution analysieren.

Wie verhält es sich nun mit den verschiedenen Klassen der chinesischen Gesellschaft?

Die Klasse der Grundherren und die Kompradorenklasse.[ProleWiki Anmerkung 1] In ökonomisch rückständigen, halbkolonialen China sind die Klassen der Grundherren und der Kompradoren im wahrsten Sinne des Wortes Vasallen der internationalen Bourgeoisie und hängen in ihrer Existenz und Entwicklung vom Imperialismus ab. Diese Klassen vertreten die rückständigsten und reaktionärsten Produktionsverhältnisse in China und verhindern die Entwicklung seiner Produktivkräfte. Ihre Existenz ist mit den Zielen der chinesischen Revolution völlig unvereinbar. Besonders die großen Grundherren und die großen Kompradoren stehen stets auf seiten des Imperialismus und bilden eine extrem konterrevolutionäre Gruppe. Ihre politischen Vertreter sind die Gruppe der "Etatisten"[Anmerkung 2] und der rechte Flügel der Kuomintang.

Die mittlere Bourgeoisie. Diese Klasse vertritt in China die kapitalistischen Produktionsverhältnissse in Stadt und Land. Unter der mittleren Bourgeoisie versteht man hauptsächlich die nationale Bourgeoisie. Ihre Einstellung zur chinesischen Revolution ist widerspruchsvoll: Wenn sie die Schläge des ausländischen Kapitals, die Unterdrückung durch die Militärmachthaber schmerzlich verspürt, fühlt sie die Notwendigkeit einer Revolution und tritt für die gegen den Imperialismus und gegen die Militärmachthaber gerichtete revolutionäre Bewegung ein; wenn aber das einheimische Proletariat kühn an der Revolution teilnimmt, das internationale Proletariat der Revolution von außen aktive Hilfe leistet und infolgedessen die mittlere Bourgeoisie spürt, daß die Verwirklichung ihres sehnlichen Wunsches, in ihrer klassenmäßigen Entwicklung die Stellung der Großbourgeoisie zu erlangen, bedroht ist, beginnt die wieder an der Revolution zu zweifeln. Sie tritt in ihren politischen Auffassungen für die Schaffung eines Staates ein, in dem die nationale Bourgeoisie als einzige Klasse herrschen soll. Jemand, der sich als "wahrer Jünger" Dai Dji-taos[Anmerkung 3] bezeichnet, erklärte in der Pekinger Zeitung Tschenbao:[Anmerkung 4] "Erhebe deine Linke zur Niederschlagung der Komunistischen Partei." Diese Worte zeigen anschaulich die widerspruchsvolle und ängstliche Haltung der mittleren Bourgeoisie. Diese Klasse ist dagegen, daß das Prinzip der Kuomintang vom Volkswohl im Sinne der Lehre vom Klassenkampf erklärt wird, ist gegen das Bündnis der Kuomintang mit Rußland und gegen die Aufnahme von Kommunisten[Anmerkung 5] und Linksgerichteten in die Kuomintang. Aber ihr Versuch, einen Staat zu schaffen, in dem die nationale Bourgeoisie herrscht, ist gänzlich unrealisierbar, weil die gegenwärtige Weltlage durch den Endkampf zwischen den zwei großen Kräften, der Revolution und der Konterrevolution, gekennzeichnet ist. Jede dieser beiden großen Kräfte hat ein großes Banner erhoben: Das eine ist das rote Banner der Revolution, hoch erhoben von der III. Internationale, die alle unterdrückten Klassen in der Welt aufruft, sich um ihr Banner zu scharen; das andere ist das weiße Banner der Konterrevolution, erhoben vom Völkerbund, der alle Konterrevolutionäre in der Welt aufruft, sich um sein Banner zu scharen. Die Zwischenklassen werden sich bestimmt sehr bald spalten: Die einen werden nach links – zur Revolution -; die anderen nach rechts – zur Konterrevolution – abschwenken; es gibt keinen Spielraum für ihre "Unabhängigkeit". Deshalb ist die Konzeption der mittleren Bourgeoisie Chinas von einer "unabhängigen" Revolution, in der ihre Klasse die Hauptrolle spielen würde, eine Illusion.

Das Kleinbürgertum. Zu dieser Klasse gehören die Bauern auf Eigenland,[Anmerkung 6] die Besitzer von Handwerksbetrieben, die unteren Schichten der Intelligenz – Schüler und Studenten, Lehrer der Mittel und Grundschulen, kleine Beamte, kleine Büroangestellte, kleine Advokaten – und die kleinen Händler. Das Kleinbürgertum verdient seiner zahlenmäßigen Stärke und seiner Klassennatur wegen starke Beachtung. Sowohl die Bauern auf Eigenland als auch die Besitzer von Handwerksunternehmen betreiben eine Wirtschaft der Kleinproduktion. Obwohl sich die verschiedenen Schichten dieser Klasse in der gleichen kleinbürgerlichen wirtschaftlichen Lage befinden, teilen sie sich dennoch in drei verschiedenartige Gruppen. Die erste Gruppe besteht aus denjenigen, die Überschuß an Geld und Getreide haben, d.h. aus Menschen, die nach Befriedigung der eigenen Bedürfnisse durch ihre körperliche oder geistige Arbeit alljährlich einige Überschüsse erzielen. Diese Menschen sind sehr begierig darauf, reich zu werden, und beten Marschall Dschao[Anmerkung 7] am eifrigsten an. Sie träumen zwar nicht von großem Reichtum, sind aber ständig bestrebt, in die Stellung der mittleren Bourgeoisie emporzuklettern. Wenn sie jemand sehen, der wegen seines kleinen Vermögens bei den Leuten ein Ansehen genießt, läuft ihnen vor Neid das Wasser im Mund zusammen. Menschen dieser Art sind feige, fürchten die Behörden, haben aber auch ein wenig Angst vor der Revolution. Da sie ihrer wirtschaftlichen Lage nach der mittleren Bourgeoisie sehr nahestehen, glauben sie willig deren Propaganda und bringen der Revolution Mißtrauen entgegen. Diese Gruppe stellt eine Minderheit des Kleinbürgertums dar und ist sein rechter Flügel. Die zweite Gruppe besteht aus Menschen, die sich im großen und ganzen das erwirtschaften, was sie zum Leben brauchen. Diese Menschen unterscheiden sich beträchtlich von denen der ersten Gruppe. Sie träumen ebenfalls vom Reichwerden, aber Marschall Dschao gestattet es ihnen nie; obendrein haben sie infolge der Unterdrückung und Ausbeutung durch die Imperialisten, die Militärmachthaber, die feudalen Grundherren und die Kompradoren-Großbourgeoisie, denen die in den letzten Jahren ausgesetzt sind, das Gefühl, daß sich die Welt geändert hat. Sie merken, daß sie heute bei gleichem Arbeitsaufwand wie früher nicht mehr imstande wären, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Um ihr Dasein fristen zu können, müssen sie jetzt ihren Arbeitstag verlängern, von früh bis spät schuften und im Beruf doppelt auf der Hut sein. Und nun beginnen sie zu schimpfen: Sie bezeichnen die Ausländer als "fremde Teufel", die Militärmachthaber als "Raffergenerale", die Tuhao und Liäschen[ProleWiki Anmerkung 2] als "herzlose Geldsäcke". Was die Bewegung gegen die Imperialisten und die Militärmachthaber anbelangt, zweifeln sie nur an ihrem Enderfolg (denn die Ausländer und die Militärmachthaber seien doch so mächtig!), die haben Bedenken, sich an ihr zu beteiligen, und beziehen eine neutrale Position; die sind jedoch keineswegs gegen die Revolution. Diese Gruppe ist zahlenmäßig sehr stark; sie macht etwa die Hälfte des gesamten Kleinbürgertums aus. Die dritte Gruppe besteht aus Menschen, deren Lebensbedingungen sich verschlechtern. Viele von ihnen gehörten wohl ursprünglich zu den wohlhabenden Familien, aber ihre Verhältnisse verändern sich allmählich, zuerst kommen sie mit Mühe und Not aus, dann verarmen sie mehr und mehr. Jedesmal, wenn sie am Ende des Jahres die Bilanz ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ziehen, rufen sie entsetzt aus: "Ach wieder ein Defizit!" Und da sie einst bessere Tage gesehen haben, nun aber mit jedem Jahr immer tiefer sinken, sich mehr und mehr in Schulden verstricken und ein immer elenderes Dasein fristen, "überhäuft es die eiskalt, wenn sie an die Zukunft denken". Diese Menschen haben wegen des Kontrastes zwischen Vergangenheit und Gegenwart seelisch stark zu leiden. Sie sind ziemlich wichtig für die revolutionäre Bewegung; ihre Zahl ist nicht gering, und die bilden den linken Flügel des Kleinbürgertums. In Friedenszeiten ist die Einstellung der erwähnten drei Gruppen des Kleinbürgertums zur Revolution unterschiedlich; in Kriegszeiten aber, das heißt, wenn die Wogen der Revolution hochschlagen und das Morgenrot des Sieges sichtbar wird, beteiligt sich an der Revolution nicht nur die linke Gruppe des Kleinbürgertums, sondern auch seine mittlere Gruppe kann an ihr teilnehmen; selbst Elemente seiner rechten Gruppe werden von der mächtigen revolutionären Welle des Proletariats und der linken Gruppe des Kleinbürgertums mitgerissen, und es bleibt ihnen nichts übrig, als mit der Revolution mitzugehen. Die Erfahrungen der Bewegung des 30.Mai[Anmerkung 8] im Jahre 1925 und der Bauernbewegung in verschiedenen Gegenden beweisen die Richtigkeit dieser Feststellung.

Das Halbproletariat. Zu dem Halbproletariat, von dem hier die Rede ist, gehören fünf Gruppen: 1. die überwiegende Mehrheit der Halbbesitzer;[Anmerkung 9] 2. die armen Bauern; 3. die kleinen Handwerker; 4. Die Handlungsgehilfen;[Anmerkung 10] 5. die Straßenhändler. Die überwiegende Mehrheit der Halbbesitzer bilden zusammen mit den armen Bauern eine zahlenmäßig gewaltige Masse der Landbevölkerung. Und das, was als die Bauernfrage bezeichnet wird, ist hauptsächlich das Problem dieser Schichten. Die Wirtschaft der Halbbesitzer, der armen Bauern und der kleinen Handwerker ist durch eine Kleinproduktion noch geringerer Ausmaße gekennzeichnet. Obwohl die überwiegende Mehrheit der Halbbesitzer und die armen Bauern zum Halbproletariat gehören, teilen sie sich dennoch ihrer ökonomischen Lage nach wiederum in eine obere, eine mittlere und eine untere Gruppe. Die Halbbesitzer haben ein schwereres Leben als die Bauern auf Eigenland, da ihnen das Getreide nur für etwa ein halbes Jahr reicht und sie, um zusätzliche Nahrungsmittel zu erhalten, gezwungen sind, fremden Boden hinzuzupachten oder teilweise ihre Arbeitskraft zu verkaufen oder Kleinhandel zu treiben. Zwischen Frühjahr und Sommer, wenn die alte Ernte verbraucht ist, die neue aber noch auf dem Halm steht, müssen sie gegen Wucherzinsen Geld leihen und Nahrungsmittel zu hohen Preisen kaufen. Dieser Teil der Bauernschaft hat es natürlich schwerer als die Bauern auf Eigenland, die von keiner Seite Hilfe brauchen, aber dennoch stehen sich die Halbbesitzer besser als die armen Bauern. Denn die armen Bauern besitzen keinen eigenen Boden und erhalten für ihre Arbeit nur die Hälfte oder noch weniger als die Hälfte ihrer Ernte, während die Halbbesitzer zwar von dem Teil des Bodens, den sie hinzupachten, ebenfalls nur die Hälfte oder weniger als die Hälfte der Ernte erhalten, doch vom eigenen Boden die ganze Ernte ihnen gehört. Deshalb sind die Halbbesitzer revolutionärer gesinnt als die Bauern auf Eigenland, aber weniger revolutionär als die armen Bauern. Die armen Bauern sind Pächter auf dem Lande und werden durch die Grundherren ausgebeutet. Der wirtschaftlichen Lage nach kann man die armen Bauern wiederum in zwei Gruppen teilen. Die erste Gruppe besitzt verhältnismäßig ausreichende Ackergeräte und gewisse Geldmittel. Diese Bauern können die Hälfte des Jahresproduktes ihrer Arbeit behalten. Das Fehlende decken sie durch Anbau verschiedener Nebenkulturen, durch Fisch- und Krabbenfang, Hühner- und Schweinezucht oder teilweisen Verkauf der eigenen Arbeitskraft, bestreiten so mit Mühe und Not ihren Unterhalt. Unter schweren materiellen Bedingungen lebend, denken sie nur daran, wie sie bis zur neuen Ernte durchhalten können. Ihr Leben ist somit schwerer als das der Halbbesitzer, aber dennoch leichter als das der zweiten Gruppe der armen Bauern. Die sind revolutionärer gesinnt als jene, aber weniger revolutionär als diese. Die der anderen Gruppe angehörenden armen Bauern besitzen weder ausreichende Ackergeräte noch Geldmittel, haben nicht genügend Dünger, bringen kärgliche Ernten ein, und nach Entrichtung des Pachtzinses bleibt ihnen fast nichts übrig, so daß sie noch mehr genötigt sind, einen Teil ihrer Arbeitskraft zu verkaufen. In Hungerjahren und sonstigen Notzeiten erflehen sie von ihren Verwandten und Freunden leihweise einige Maß Getreide, um sich zunächst einmal ein paar Tage durchzuschlagen; ihre Schulden häufen sich wie die Last auf dem Rücken der Zugochsen, Diese Gruppe der armen Bauern stellt den elendsten Teil der Bauernschaft dar; die ist für revolutionäre Propaganda überaus empfänglich. Was die kleinen Handwerker betrifft, so werden sie deshalb als Halbproletariat bezeichnet, weil sie, obwohl sie einige primitive Produktionsmittel besitzen und überdies als Selbständige gelten, dennoch ebenfalls häufig gezwungen sind, teilweise ihre Arbeitskraft zu verkaufen, und ihre ökonomische Lage etwa der der armen Bauern im Dorf entspricht. Der ewige Druck der Armut – die schwere Last der Ausgaben für den Unterhalt der Familie, das Mißverhältnis zwischen Einkommen und Existenzminimum – und die ständige Furcht vor Arbeitslosigkeit bringen sie im großen und ganzen ebenfalls den armen Bauern nahe. Die Handlungsgehilfen sind Angestellte der Handelsunternehmen und bestreiten den Unterhalt ihrer Familien mit einem bescheidenen Gehalt; während die Warenpreise von Jahr zu Jahr steigen, wird eine Gehaltszulage gewöhnlich nur einmal in mehreren Jahren gewährt. Wenn man gelegentlich mit diesen Menschen näher ins Gespräch kommt, hört man sie fortwährend über ihr Los klagen. Ihre Lage unterscheidet sich wenig von der Lage der armen Bauern und der kleinen Handwerker, und sie sind für revolutionäre Propaganda überaus empfänglich. Die Straßenhändler haben, ganz gleich, ob sie hausieren gehen oder Verkaufsstände auf den Straßen haben, ein geringes Kapital und verdienen nicht genug, um sich zu ernähren und zu kleiden. Sie befinden sich fast in der gleichen Lage wie die armen Bauern und brauchen wie diese eine Revolution, die die bestehenden Zustände ändert.

Das Proletariat. Das moderne Industrieproletariat zählt etwa zwei Millionen Menschen. Die zahlenmäßig geringe Stärke des modernen Industrieproletariats erklärt sich aus der wirtschaftlichen Rückständigkeit Chinas. Diese etwa zwei Millionen Arbeiter sind in der Hauptsache in fünf Zweigen – bei der Eisenbahn, im Bergbau, in der Seeschiffahrt, in der Textilindustrie und im Schiffbau – beschäftigt, und ein großer Teil von ihnen schuftet unter dem Joch ausländischer Unternehmer. Obwohl seine zahlenmäßige Stärke nicht groß ist, ist gerade das Industrieproletariat der Repräsentant der neuen Produktivkräfte Chinas und die fortschrittlichste Klasse im modernen China, ist er zur führenden Kraft der revolutionären Bewegung geworden. Wenn wir die Stärke betrachten, die diese Klasse während der Streiks im Laufe der letzten vier Jahre gezeigt hat, beispielsweise bei den Streiks der Seeleute[Anmerkung 11] und der Eisenbahner,[Anmerkung 12] bei den Streiks in den Kailuan—bzw. Djiaodsuo-Kohlengruben[Anmerkung 13] und in Schamiän[Anmerkung 14] sowie bei den Generalstreiks in Schanghai und Hongkong[Anmerkung 15] nach den Ereignissen des 30.Mai, können wir sogleich erkennen, welch wichtige Stellung das Industrieproletariat in der chinesischen Revolution einnimmt. Der erste Grund dafür, warum die Industriearbeiter eine solche Stellung einnehmen können, ist ihre Konzentration. Keine andere Gruppe von Menschen ist so konzentriert. Der zweite Grund ist ihre niedrige wirtschaftliche Stellung. Sie sind aller Produktionsmittel beraubt, ihnen sind nur die beiden Hände verblieben; sie haben keinerlei Hoffnung, reich zu werden; sie werden zudem von den Imperialisten, den Militärmachthabern und der Bourgeoisie aufs grausamste behandelt und sind deshalb besonders kampffähig. Die Kräfte der städtischen Kulis verdienen ebenfalls große Beachtung. In dieser Gruppe bilden die Hafenarbeiter und Rikschakulis die Mehrheit; aber zu ihr gehören auch die Fäkaliensammler und die Straßenfeger. Menschen, die dieser Gruppe angehören, haben nichts außer ihren beiden Händen. Ihrer Lage nach stehen sie den Industriearbeitern nahe, doch sie sind enger konzentriert und spielen eine geringere Rolle in der Produktion. Moderne kapitalistische Landwirtschaft gibt es in China sehr wenig. Unter dem Dorfproletariat versteht man Landarbeiter, die auf Jahre, Monate oder Tage gedingt werden. Diese Landarbeiter haben weder Boden noch Ackergeräte und auch keinerlei Geldmittel, sie können nur durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft den Lebensunterhalt verdienen. Von allen Arbeitern haben sie den längsten Arbeitstag, den niedrigsten Lohn, die schlechtesten Lebensbedingungen und den am wenigsten gesicherten Arbeitsplatz. Im Dorf sind die es, die die schwersten Entbehrungen leisen, und sie haben in der Bauernbewegung eine ebenso wichtige Stellung wie die armen Bauern.

Außerdem gibt es noch die ziemlich zahlreichen vagierenden Proletarier, Das sind Bauern, die ihr Land verloren haben, sowie Handwerker, die der Möglichkeit beraubt sind, ihrem Beruf nachzugehen. Ihre Existenz ist unter allen menschlichen Lebensverhältnissen die unsicherste. Überall haben sie ihre Geheimorganisationen, die einst Organisationen der gegenseitigen Hilfe im politischen und wirtschaftlichen Kampf waren, wie der "Dreier-Bund" in den Provinzen Fukien und Kuangtung, der "Bund der Brüder" in den Provinzen Hunan, Hupeh, Kueitschou und Szetschuan, die "Gesellschaft der großen Schwerter" in den Provinzen Anhui, Honan und Schantung, die "Gesellschaft für eine vernünftige Lebensweise" in der Provinz Dschili[ProleWiki Anmerkung 3] und in den drei nordöstlichen Provinzen, die "Grüne Gilde" in Schanghai und anderen Orten.[Anmerkung 16] Die Behandlung dieser Menschen ist eins der schweren Probleme, vor denen China steht. Zum mutigsten Kampfe fähig, aber zu Zerstörungsaktionen neigend, können sie, wenn man sie richtig leitet, zu einer revolutionären Kraft werden.

Zusammenfassend kann man sagen, daß alle mit den Imperialisten im Bund stehenden – die Militärmachthaber, die Bürokratie, die Kompradorenklasse und die Klasse der großen Grundherren sowie der zu ihnen gehörige reaktionäre Teil der Intelligenz – unsere Feinde sind. Das Industrieproletariat ist die führende Kraft unserer Revolution. Das ganze Halbproletariat und Kleinbürgertum sind unsere engsten Freunde. Was die schwankende mittlere Bourgeoisie betrifft – deren rechter Flügel unser Feind und deren linker Flügel unser Freund sein kann -, so müssen wir stets auf der Hut vor ihnen sein und dürfen ihr nicht erlauben, an unserer Front Verwirrung zu stiften.

Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan[Anmerkung 17]

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.21-63)

(März 1927)

Der Ernst der Bauernfrage

Während meiner kürzlichen Reise in die Provinz Hunan[Anmerkung 18] untersuchte ich an Ort und Stelle die Lage in fünf Kreisen - Hsiangtan, Hsianghsiang, Hengschan, Liling und Tschangscha. 32 Tage lang - vom 4. Januar bis zum 5. Februar - versammelte ich in Dörfern und Kreisstädten zur Ermittlung der Tatsachen erfahrene Bauern sowie Funktionäre der Bauernbewegung und lauschte aufmerksam ihren Mitteilungen; das machte es mir möglich, ein beträchtliches Material zu sammeln. Vieles von den Gründen und Grundsätzen der Bauernbewegung erwies sich hier als das genaue Gegenteil dessen, was man von den Schenschi[ProleWiki Anmerkung 4] in Hankou und Tschangscha zu hören bekommt. Ich sah und hörte viel Erstaunliches - Dinge, die ich früher weder zu sehen noch zu hören Gelegenheit hatte. Ich glaube, daß derartige Dinge an sehr vielen Orten zu beobachten sind. Mit dem ganzen Gerede gegen die Bauernbewegung muß rasch Schluß gemacht werden, und alle falschen Maßnahmen der revolutionären Behörden in bezug auf diese Bewegung müssen schleunigst abgeändert werden. Nur so kann man zur zukünftigen Entwicklung der Revolution beitragen. Denn der gegenwärtige Aufschwung der Bauernbewegung ist ein gewaltiges Ereignis. Es dauert nur noch eine sehr kurze Zeit, und in allen Provinzen Mittel-, Süd- und Nordchinas werden sich Hunderte Millionen von Bauern erheben; sie werden ungestüm und unbändig wie ein Orkan sein, und keine noch so große Macht wird sie aufhalten können. Sie werden alle ihnen angelegten Fesseln sprengen und auf dem Weg zur Befreiung vorwärtsstürmen. Sie werden allen Imperialisten, Militärmachthabern, korrupten Beamten, allen Tuhao und Liäschen das Grab schaufeln. Sie werden alle revolutionären Parteien, alle revolutionären Genossen überprüfen, um sie entweder zu akzeptieren oder abzulehnen. Soll man sich an ihre Spitze stellen, um sie zu führen? Soll man hinter ihnen hertrotten, um sie wild gestikulierend zu kritisieren? Oder soll man ihnen in den Weg treten, um gegen sie zu kämpfen? Es steht jedem Chinesen frei, einen dieser drei Wege zu wählen, aber der Lauf der Ereignisse wird dich zwingen, rasch deine Wahl zu treffen.

Sie organisieren sich

Die Entwicklung der Bauernbewegung in Hunan läßt sich, spricht man von den zentralen und südlichen Kreisen der Provinz, wo sich die Bewegung bereits entfaltet hat, etwa in zwei Perioden einteilen. Die erste - von Januar bis September vorigen Jahres - war die organisatorische Periode. Diese Periode teilt sich in die illegale Phase (Januar bis Juni) und in die Phase der offenen Tätigkeit (Juli bis September), als die Revolutionäre Armee Dschao Heng-ti[Anmerkung 19] vertrieb. In dieser Periode zählten die Bauernvereinigungen höchstens 300 000 bis 400 000 Mitglieder, während die unter ihrer unmittelbaren Führung stehenden Massen nur etwas mehr als eine Million Menschen ausmachten; der Kampf im Dorfe hatte noch so gut wie nicht begonnen, und deshalb waren die Bauernvereinigungen der Kritik seitens anderer Bevölkerungskreise noch kaum ausgesetzt. Insofern Mitglieder der Bauernvereinigungen als Führer, Späher und Träger der Nordfeldzugsarmee halfen, hatten manche Offiziere sogar noch einige gute Worte für sie übrig. Die Zeit von Oktober vorigen Jahres bis Januar dieses Jahres ist die zweite Periode - die Periode revolutionärer Aktionen. Die Mitgliederzahl der Bauernvereinigungen wuchs rasch bis auf zwei Millionen und die Zahl der von ihnen unmittelbar geführten Massen bis auf zehn Millionen Menschen an. Da beim Eintritt in die Bauernvereinigungen in den meisten Fällen nur ein einziges Familienmitglied registriert wurde, machte die gesamte von den Vereinigungen erfaßte Masse - bei einem Mitgliederstand von zwei Millionen - rund zehn Millionen Menschen aus. Fast die Hälfte aller Bauern der Provinz Hunan sind organisiert. In solchen Kreisen wie Hsiangtan, Hsianghsiang, Liuyang, Tschangscha, Liling, Ninghsiang, Pingdjiang, Hsiangyin, Hengschan, Hengyang, Leyang, Tschenhsiän und Anhua sind fast alle Bauern Mitglieder der Bauernvereinigungen oder stehen unter deren Führung. Nachdem sich die Bauern eine ausgedehnte Organisation geschaffen hatten, gingen sie sofort zu Aktionen über, und innerhalb von vier Monaten hat sich eine noch nie dagewesene große Revolution im Dorf entfaltet.

Nieder mit den Tuhao und Liaschen! Alle Macht den Bauernvereinigungen!

Der Schlag der Bauern richtet sich vor allem gegen die Tuhao und Liäschen sowie gegen die gewalttätigen Grundherren, aber nebenbei werden auch verschiedene patriarchalische Vorstellungen und Einrichtungen, korrupte Beamte in der Stadt sowie schlechte Sitten und Gebräuche im Dorfe getroffen. Dieser Schlag gleicht in seiner Wucht einem Orkan, der den Nachgiebigen bestehen läßt und den Widerspenstigen niederwirft. Im Ergebnis werden die jahrtausendealten Privilegien der feudalen Grundherren in Stücke geschlagen. Ihr Ansehen und ihr Machtnimbus sind völlig dahin. Mit dem Sturz der Grundherrenmacht sind die Bauernvereinigungen zu den einzigen Machtorganen geworden, und die populäre Losung "Alle Macht den Bauernvereinigungen!" ist Wirklichkeit geworden. jetzt kommt man zu den Bauernvereinigungen sogar mit solchen Kleinigkeiten wie einem Streit zwischen Mann und Frau. Kein einziger Fall wird ohne Vertreter der Bauernvereinigung entschieden. Die Bauernvereinigungen üben im Dorfe schlechtweg die Diktatur aus, für sie gilt wahrlich: "Was immer sie sagen, das gilt auch." Und denen, die den Vereinigungen nicht angehören, bleibt nichts anderes übrig als zu sagen, daß die Vereinigungen gut sind; etwas Schlechtes dürfen sie über die Vereinigungen nicht sagen. Die Tuhao und Liäschen sowie die gewalttätigen Grundherren aber sind des Mitspracherechtes völlig beraubt, keiner von ihnen wagt auch nur die leiseste Widerrede. Aus Angst vor der Macht der Bauernvereinigungen sind die erstrangigen Tuhao und Liäschen nach Schanghai geflohen, die zweitrangigen nach Hankou, die drittrangigen nach Tschangscha, die viertrangigen in die Kreiszentren, während die fünftrangigen und die noch kleineren Fische dieser Gattung im Dorfe blieben und sich den Bauernvereinigungen auf Gnade und Ungnade ergaben.

Der kleine Liäschen bittet: "Ich bin bereit, zehn Yüan[ProleWiki Anmerkung 5] zu bezahlen, erlaubt mir nur, der Bauernvereinigung beizutreten!"

"Pah! Wer braucht denn wohl dein dreckiges Geld!" antworten ihm darauf die Bauern.

Viele mittlere und kleine Grundherren, Groß- und sogar manche Mittelbauern, die früher gegen die Bauernvereinigungen waren, bitten jetzt vergeblich, in die Vereinigungen eintreten zu dürfen. An verschiedenen Orten traf ich häufig solche Menschen, und sie flehten mich an: "Wir bitten Sie als Kommissar aus dem Provinzzentrum, für uns zu bürgenl"

Unter der Tjing-Dynastie gab es in jedem Ort zweierlei Einwohnerlisten: die reguläre und die Sonderliste. Die ehrbaren Leute wurden auf die reguläre Liste gesetzt, Banditen und sonstige üble Elemente dagegen auf die Sonderliste. Und nun schüchtern die Bauern in einigen Gegenden mit derselben Methode diejenigen ein, die früher gegen die Bauernvereinigungen waren: "Setzt sie auf die Sonderliste!"

Leute, die Angst haben, auf die Sonderliste zu geraten, versuchen auf jede Weise, in die Bauernvereinigungen zu gelangen, und beruhigen sich erst, wenn sie in die Mitgliederliste einer Vereinigung eingetragen sind. Meistens aber werden solche Leute von den Bauernvereinigungen glattweg abgelehnt, und sie leben in ständiger Furcht; von den Bauernvereinigungen ausgesperrt, kommen sie sich wie heimatlose Ausgestoßene vor, und in den Dörfern nennt man sie deswegen "die Verworfenen". Kurzum, der sogenannte "Bauernverein", der noch vor vier Monaten von vielen mißachtet wurde, ist zu einer Organisation geworden, die jetzt die höchste Achtung genießt. All jene, die sich früher tief vor der Macht der Schenschi verneigten, verneigen sich jetzt tief vor der Macht der Bauern. Es gibt niemanden, der nicht anerkennen würde, daß der Oktober vorigen Jahres zur Wasserscheide zwischen zwei Welten geworden ist.

"Sehr schlimm!" und "Sehr gut!"

Die Bauernaufstände im Dorf haben die süßen Träume der Schenschi gestört. Kaum waren die Nachrichten aus dem Dorf in die Stadt gelangt, gerieten die städtischen Schenschi in helle Aufregung. Sobald ich in Tschangscha angekommen war, traf ich mit allen möglichen Menschen zusammen und vernahm eine Menge von Klatschgeschichten. Von den Mittelschichten der Gesellschaft aufwärts bis zum rechten Flügel der Kuomintang gab es keinen einzigen, der all die Vorgänge nicht mit den Worten charakterisiert hätte: "Es ist sehr schlimm!" Unter dem Druck der Klatschatmosphäre, die in allen Ecken und Enden der Stadt von den über die "sehr schlimme" Lage aufgeregten Kreisen verbreitet wurde, ließen selbst ziemlich revolutionär eingestellte Leute, wenn sie sich vor ihrem geistigen Auge die Situation im Dorf vergegenwärtigten, die Köpfe hängen und waren nicht imstande, die Bezeichnung "schlimm" zu dementieren. Auch recht fortschrittliche Menschen sagten: "In einer Revolution sind diese Dinge unvermeidlich, obgleich sie gewiß schlimm sind." Kurz, niemand unter ihnen vermochte die Kennzeichnung "schlimm" rundweg abzulehnen. Tatsache ist aber, wie schon erwähnt, daß sich die breiten Massen der Bauernschaft erhoben haben, um ihre historische

Mission zu erfüllen, daß die demokratischen Kräfte des Dorfes aufgestanden sind, um die feudalen Kräfte auf dem Lande zu stürzen. Die patriarchalisch-feudalen Tuhao und Liäschen sowie die gewalttätigen Grundherren bildeten jahrtausendelang die Basis des autokratischen Regimes, sie sind die Stütze des Imperialismus, der Militärmachthaber und der korrupten Bürokratie. Der Sturz dieser feudalen Kräfte ist denn auch das wahre Ziel der nationalen Revolution. In wenigen Monaten haben die Bauern das vollbracht, was Dr. Sun Yat-sen in den vierzig Jahren, die er der nationalen Revolution gewidmet hat, anstrebte, aber nicht erreichte. Das ist eine wunderbare Leistung, die früher weder in vierzig noch in Tausenden Jahren gelungen war. Das ist sehr gut. Daran ist nichts "Schlimmes", aber schon absolut nichts "sehr Schlimmes"! "Es ist sehr schlimm!" - das ist offensichtlich die Logik jener, die den Bauernaufstand im Interesse der Grundherren bekämpfen, die Logik der Grundherrenklasse, die die alte Feudalordnung zu bewahren und die Errichtung einer neuen, demokratischen Ordnung zu verhindern sucht, eine konterrevolutionäre Logik. Kein revolutionärer Genosse darf diesen Unsinn nachplappern. Wenn ihr Menschen mit gefestigten revolutionären Ansichten seid und einmal ins Dorf hinausgeht und euch dort umseht, dann werdet ihr zweifellos eine noch nie empfundene Freude erleben. Die viele Millionen zählenden Versklavten - die Bauern - schlagen ihre Feinde, die sie ausgesogen und geschunden haben, nieder. Was die Bauern da tun, ist absolut richtig, ihre Handlungen sind sehr gut. Und "Das ist sehr gut!" ist denn auch die Logik der Bauern und aller anderen Revolutionäre. Alle revolutionär gesinnten Genossen müssen wissen, daß die nationale Revolution eine große Veränderung auf dem Lande verlangt. Die Revolution von 1911[Anmerkung 20] hat diese Veränderung nicht mit sich gebracht, deshalb ist sie gescheitert. jetzt geht diese Veränderung vor sich, und sie ist ein bedeutsamer Faktor für die Vollendung der Revolution. Alle revolutionären Genossen müssen diese Veränderung unterstützen, andernfalls werden sie auf den Standpunkt der Konterrevolution geraten.

Die Frage der sogenannten Überspitzung

Dann gibt es noch eine andere Gruppe von Menschen, die da sagen: "Die Bauernvereinigungen braucht man zwar, sie haben aber die Dinge doch wohl allzusehr überspitzt." Das ist die Auffassung jener, die den Mittelweg gehen. Was ist aber in Wirklichkeit los? Gewiß benehmen sich die Bauern auf dem Lande ziemlich "ungebärdig". Im Vollbesitz der Macht, gestatten die Bauernvereinigungen den Grundherren nicht, den Mund aufzumachen, und fegen ihr Ansehen hinweg. Das ist so, als hätten sie die Grundherren zu Boden geworfen und ihnen noch den Fuß auf den Nacken gesetzt. "Ihr kommt auf die Sonderliste!" drohen die Bauern den Tuhao und Liäschen, belegen sie mit Geldstrafen, treiben von ihnen Kontributionen ein, zerschlagen ihre Sänften. Menschenhaufen dringen in die Häuser der den Bauernvereinigungen feindlichen Tuhao und Liäschen ein, schlachten ihre Schweine und führen ihr Getreide weg. Zuweilen steigen die Leute auf die elfenbeinverzierten Betten der Töchter und Schwiegertöchter der Tuhao und Liäschen und rekeln sich ein wenig darauf. Beim geringsten Anlaß ergreifen sie einen dieser Herren, setzen ihm einen hohen Papierhut auf und führen ihn durchs Dorf, wobei sie rufen: "Heut' sollst du uns kennenlernen, Liäschen!" Indem sie tun und lassen, was ihnen beliebt, und das Unterste zuoberst kehren, wird im Dorf eine Art Terroratmosphäre geschaffen. Das ist es eben, was manche Leute "Überspitzungen" nennen, oder wovon sie sagen: "Beim Korrigieren eines Fehlers das Maß überschritten" oder "Das ist wirklich unerhört". Solche Urteile mögen plausibel erscheinen, doch sind sie in Wirklichkeit ebenfalls falsch. Erstens haben die Tuhao und Liäschen sowie die gewalttätigen Grundherren selbst die Bauern zu diesen Dingen getrieben. Seit jeher haben sie ihre Macht mißbraucht, um die Bauern zu tyrannisieren und auf ihnen herumzutrampeln, und eben dadurch kam es zu derartig heftigen Widerstandsaktionen der Bauern. Die stärksten Revolten und ernsthaftesten Unruhen ereigneten sich stets gerade dort, wo die Tuhao und Liäschen sowie die gewalttätigen Grundherren die schlimmsten Grausamkeiten begangen hatten. Die Bauern haben einen scharfen Blick. Wer schlecht ist und wer nicht, wer am schlimmsten gewütet hat und wer etwas milder war, wem eine strenge Strafe gebührt und wer mit einer leichteren davonkommen darf - über all das führten die Bauern ganz genaue Rechnung, und selten kommt es vor, daß das Maß der Sühne das der Schuld übersteigt. Zweitens ist eine Revolution kein Gastmahl, kein Aufsatzschreiben, kein Bildermalen oder Deckchensticken; .sie kann nicht so fein, so gemächlich und zartfühlend, so maßvoll, gesittet, höflich, zurückhaltend und großherzig durchgeführt werden. Die Revolution ist ein Aufstand, ein Gewaltakt, durch den eine Klasse eine andere Klasse stürzt. Die Revolution im Dorfe ist eine Revolution, in der die Bauernschaft die Macht der feudalen Grundherrenklasse stürzt. Ohne die maximale Kraftanstrengung ist es der Bauernschaft unmöglich, die seit jahrtausenden tiefeingewurzelte Macht der Grundherrenklasse zu brechen. Auf dem Lande muß es zu einer gewaltigen revolutionären Aufwallung kommen; erst dann kann man die Millionenmassen in Bewegung setzen, damit sie zu einer gigantischen Kraft werden. Alle obenerwähnten und als "Überspitzungen" bezeichneten Handlungen entsprangen der Kraftentfaltung der Bauern, die durch den mächtigen revolutionären Aufruhr auf dem , Lande hervorgerufen wurde. Diese Handlungen sind in der zweiten Periode der Bauernbewegung (der Periode revolutionärer Aktionen) höchst notwendig. In dieser zweiten Periode muß man die uneingeschränkte Macht der Bauern errichten. Da darf man eine boshafte Kritik an den Bauernvereinigungen nicht dulden. Da muß man die Macht der Schenschi vollends stürzen, die Schenschi zu Boden werfen und ihnen sogar den Fuß auf den Nacken setzen. In der zweiten Periode sind alle jene Handlungen, die man "Überspitzungen" nennt, von revolutionärer Bedeutung. Geradeheraus gesagt, in jedem Dorf ist eine kurze Periode des Terrors notwendig, andernfalls ist es völlig unmöglich, die Tätigkeiten der Konterrevolutionäre auf dem Lande zu unterdrücken und die Macht der Schenschi zu brechen. Um einen Fehler zu korrigieren, muß man das Maß überschreiten, andernfalls kann der Fehler nicht korrigiert werden.[Anmerkung 21] Jene, die von "Überspitzungen" der Bauern reden, scheinen sich auf den ersten Blick von den früher erwähnten Leuten zu unterscheiden, die "Es ist sehr schlimm!" schreien; doch dem Wesen nach gehen die ersteren wie die letzteren von ein und demselben Standpunkt aus, vertreten die gleiche Theorie der Grundherren, die die Interessen der privilegierten Klassen verteidigt. Da diese Theorie den Aufschwung der Bauernbewegung hemmt und somit die Revolution untergräbt, müssen wir sie entschieden bekämpfen.

Die sogenannte Pöbelbewegung

Die rechten Kuomintang-Leute sagen: "Die Bauernbewegung ist eine Bewegung des Pöbels, der faulen Bauern." Ein derartiges Gerede ist in Tschangscha stark im Umlauf. In den Dörfern bekam ich von den Schenschi zu hören: "Bauernvereinigungen darf man wohl gründen, aber die Leute, die jetzt dort tätig sind, taugen nichts. Man muß die Leute auswechseln!" Solche Redereien laufen auf dasselbe hinaus wie das Gerede der Rechtskreise; die einen wie die anderen sagen, die Bauernbewegung sei zulässig (die Bewegung ist nun einmal im Gange, und niemand wagt zu sagen, man dürfe sie nicht zulassen), doch wären die Menschen, die sie in Gang halten, ungeeignet. Ihr Haß gilt besonders den Funktionären der unteren Organisationen der Bauernvereinigung, und sie nennen diese "Pöbel". Mit einem Wort, jene, die von den Schenschi verachtet und in den Schmutz getreten wurden, für die es keinen Platz in der Gesellschaft gab, die den Mund nicht aufmachen durften, haben jetzt - siehe da! - das Haupt erhoben. Und sie haben nicht nur das Haupt erhoben, sondern auch die Macht in ihre Hände genommen. Sie leiten jetzt die Gemeinde Bauernvereinigungen (die unterste Gliederung der Vereinigungen), und diese Organisationen sind in ihren Händen zu einer höchst ungemütlichen Angelegenheit geworden. Sie haben ihre rauhen und rissigen Arbeitshände erhoben und den Schenschi auf die Schultern gelegt. Sie fesseln die Liäschen mit Stricken, setzen ihnen hohe Papierhüte auf und führen sie durch die Gemeinde (in Hsiangtan und Hsianghsiang nennt man das "Parade durchs Dorf", in Liling -"Parade durch die Felder"). Ihre harten und erbarmungslosen Anklagen gellen den Schenschi tagtäglich in die Ohren. Sie erteilen Befehle, führen überall das Kommando. Die früher die Niedrigsten waren, sind jetzt die Höchsten, und das nennt man eben "das Unterste zuoberst kehren".

Die Vorhut der Revolution

Wo es zwei entgegengesetzte Anschauungen in bezug auf Dinge und Menschen gibt, dort kommt es unweigerlich auch zu zwei entgegengesetzten Einschätzungen. So bezeichnen die einen als "sehr schlimm", was die anderen "sehr gut" nennen, und so verhält es sich auch mit den Ausdrücken "Pöbel" und "Vorhut der Revolution".

Wir haben bereits oben gesagt, daß die Bauern ein revolutionäres Werk vollendet haben, das lange Jahre auf sich hatte warten lassen, daß sie eine bedeutsame Leistung für die nationale Revolution vollbracht haben. War aber diese große Revolution, diese bedeutsame revolutionäre Leistung das Werk der Bauernschaft in ihrer Gesamtheit? Nein. Es gibt dreierlei Bauern: die Groß-, die Mittel- und die ,armen Bauern. Alle drei Arten von Bauern leben unter verschiedenen Existenzbedingungen und haben demnach auch verschiedene Auffassungen von der Revolution. In der ersten Periode verbreitete sich unter den Großbauern das Gerücht, daß die Armee des Nordfeldzugs in Kiangsi eine vernichtende Niederlage erlitten hätte, daß Tschiang Kai-schek am Bein verwundet worden[Anmerkung 22] und in die Provinz Kuangtung[Anmerkung 23] zurückgeflogen wäre, daß Wu Pe-fu[Anmerkung 24] die Stadt Yüädschou wieder eingenommen hätte. Die Bauernvereinigungen, so meinten sie, würden sich gewiß nicht lange halten, und aus den Drei Volksprinzipien[Anmerkung 25] könnte natürlich auch nichts werden, denn so etwas habe es doch nie gegeben. Wenn da ein Funktionär der Gemeinde-Bauernvereinigung (in der Regel war es ein Vertreter des "Pöbels") mit der Mitgliederliste in der Hand zu so einem Großbauern kam und ihm sagte: "Tritt doch bitte der Bauernvereinigung bei!", was erhielt er dann zur Antwort? "Der Bauernvereinigung? Ich lebe hier schon jahrzehntelang, bestelle meinen Acker, aber von so etwas wie Bauernvereinigungen habe ich nie gehört, und doch hatte ich immer zu essen. Ich rate dir, laß' die Finger davon!" So pflegte ein Großbauer zu antworten, der sich etwas besser zu benehmen weiß. Ein richtig böser Großbauer pflegte aber zu sagen: "Bauernvereinigung? Unsinn! Dafür schlägt man einem nur den Kopf ab! Stürz' die Leute nicht ins Unglück!" Sonderbarerweise bestehen aber nun die Bauernvereinigungen schon mehrere Monate und wagen es sogar, gegen die Schenschi vorzugehen. Sie verhafteten jene Schenschi aus der Umgebung, die sich etwa geweigert hatten, ihre Opiumpfeifen abzuliefern, und führten sie durch die Dorfstraßen. Mehr noch, in den Kreisstädten wurden einflußreiche Schenschi sogar hingerichtet, wie Yän Jung-tjiu in Hsiangtan und Yang Dschi-dsö in Ninghsiang. Am Jahrestag der Oktoberrevolution, während der antibritischen Kundgebungen und bei den großen Veranstaltungen zur Feier der Siege im Nordfeldzug marschierten in jeder Gemeinde bis zu zehntausend Bauern mit ihren Fahnen und Bannern, ihren Tragstangen und Hacken in nicht abreißenden mächtigen Strömen auf. Erst jetzt begannen die Großbauern unruhig zu werden. Bei den Feierlichkeiten anläßlich der Siege des Nordfeldzugs erfuhren sie, daß Djiudiiang genommen wurde, Tschiang Kai-schek nicht verwundet war und Wu Pe-fu zu guter Letzt seine Niederlage erlitt. Dazu kam, daß ihnen jetzt solche Losungen wie "Hoch die Drei Volksprinzipien!", "Es leben die Bauernvereinigungen!", "Hoch leben die Bauern!" und dergleichen auf den "rote und grüne Proklamationen" genannten Plakaten allenthalben in die Augen sprangen. "Hoch leben die Bauern?" riefen da die Großbauern aus, deren sich nun eine echte Unruhe bemächtigte. ,Erweist man denn jetzt schon diesen Leuten kaiserliche Ehren?"[ProleWiki Anmerkung 6] Und die Bauernvereinigungen wurden stolz. Ihre Funktionäre sagten den Großbauern: "Wir setzen euch auf die Sonderliste!" Oder sie kündigten ihnen an: "Noch ein Monat - und jeder wird für die Aufnahme in die Vereinigung zehn Yüan zahlen!" Erst unter solchen Umständen begannen sich die Großbauern nach und nach den Bauernvereinigungen anzuschließen,[Anmerkung 26] wobei manche 50 Fen oder einen Yüan Beitrittsgebühr entrichteten (die übliche Gebühr betrug nur 100 Wän[ProleWiki Anmerkung 7] und manche sich die Zulassung nur dadurch sichern konnten, daß andere für sie gutstanden. Doch gibt es noch viele Starrköpfe, die den Vereinigungen bis heute nicht beigetreten sind. Wenn ihnen Großbauern beitreten, so lassen sie in der Regel den Namen eines sechzig- oder siebzigjährigen Mitglieds ihrer Familie eintragen; denn sie leben in beständiger Furcht vor "Rekrutierungen". Auch nach ihrem Beitritt zeigen die Großbauern keine Begierde, in den Vereinigungen mitzuarbeiten. Sie verhalten sich stets passiv.

Und die Mittelbauern? Ihre Haltung ist schwankend. Sie glauben, die Revolution würde ihnen nicht viel eintragen. Ihr Kochtopf ist immer mit Reis gefüllt, und kein Gläubiger klopft des Nachts an ihrer Tür. Auch sie pflegen die Dinge danach zu beurteilen, ob es sie schon vorher je gegeben habe, legen die Stirn in Falten und fragen sich im stillen: "Sind die Bauernvereinigungen wirklich von Bestand?" "Wird aus den Drei Volksprinzipien wirklich etwas werden?" Und sie geben sich selbst zur Antwort: "Wohl kaum!" Sie glauben, daß alles vom Willen des Himmels abhänge, und überlegen: "Man gründet Bauernvereinigungen, aber ist das auch dem Himmel genehm?" Wenn in der ersten Periode die Funktionäre der Bauernvereinigungen mit ihren Listen zu den Mittelbauern kamen und sagten: "Tritt doch bitte der Bauernvereinigung bei!", antworteten diese: "Nur keine Hast!" Erst in der zweiten Periode, als die Bauernvereinigungen schon eine große Macht darstellten, traten ihnen die Mittelbauern bei. In den Vereinigungen verhalten sie sich besser als die Großbauern, aber sie sind vorläufig noch nicht sehr aktiv, möchten noch ein wenig abwarten. Es ist durchaus erforderlich, daß die Bauernvereinigungen die Mittelbauern zum Beitritt bewegen und unter ihnen eine beträchtliche Aufklärungsarbeit leisten.

In dem erbitterten und hartnäckigen Kampf, der im Dorf vor sich geht, sind stets die armen Bauern die Hauptkraft. Sowohl in der illegalen Periode wie in der Periode des offenen Auftretens waren und sind die armen Bauern aktive Kämpfer. Sie sind es, die sich am willigsten von der Kommunistischen "Partei führen lassen. Sie sind Todfeinde der Tuhao und Liäschen, stürmen deren Lager ohne zu zaudern. "Wir sind längst bei der Bauernvereinigung, warum zögert ihr noch?" rufen sie den Großbauern zu. Und diese antworten ihnen hämisch: "Ihr habt nicht einen Dachziegel über dem Kopf und nicht eine Handbreit Boden unter den Füßen, da solltet ihr nicht dabei sein?- Und wirklich, die armen Bauern haben nichts zu verlieren. Viele von ihnen haben in der Tat "nicht einen Dachziegel über dem Kopf und nicht eine Handbreit Boden unter den Füßen". Was sollte sie denn da vom Beitritt zu den Vereinigungen abhalten? Einer im Kreis Tschangscha vorgenommenen Untersuchung zufolge bilden die armen Bauern 70 Prozent, die Mittelbauern 20 Prozent, die Grundherren und Großbauern zusammen 10 Prozent der Dorfbevölkerung. Die 70 Prozent armen Bauern kann man in zwei Kategorien unterteilen: in die Bettelarmen[Anmerkung 27] und die etwas weniger Armen.[Anmerkung 28] Die Bettelarmen, die 20 Prozent der Dorfbevölkerung ausmachen, sind Menschen ohne irgendeinen Erwerb, das heißt, sie besitzen weder Boden noch Geld, sind gänzlich ohne Mittel für den Lebensunterhalt, müssen ihre Heimat verlassen, sich als Soldaten anwerben lassen oder von Gelegenheitsarbeiten leben oder bettelnd im Land umherstreifen. Die etwas weniger Armen, also 50 Prozent der Gesamtzahl, sind nur teilweise erwerbslos, das heißt, sie besitzen ein kleines Stückchen Land oder geringe Mittel, essen mehr auf als sie verdienen, führen jahrein, jahraus ein Leben der Mühsal und Bedrängnis; es sind dies unter anderen Handwerker, Pächter (mit Ausnahme der reichen Pächter) und solche Bauern, die teils Eigengrund, teils Pachtgrund bearbeiten. Diese Riesenmasse armer Bauern mit insgesamt 70 Prozent der Landbevölkerung ist das Rückgrat der Bauernvereinigungen, sie bildet die Vorhut beim Sturz der feudalen Kräfte; es sind dies jene verdienstvollen Pioniere, die das große revolutionäre Werk vollbracht haben, das so viele Jahre ungetan geblieben war. Ohne die arme Bauernschaft (den "Pöbel", wie sie von den Schenschi genannt wird) wäre es ganz und gar unmöglich gewesen, die derzeitige revolutionäre Situation auf dem Lande zu schaffen, die Tuhao und Liäschen zu stürzen und die demokratische Revolution zu vollenden. Da die armen Bauern am revolutionärsten sind, haben sie die Führung der Bauernvereinigungen in ihre Hände genommen. Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Periode waren in den Grundorganisationen der Vereinigungen fast alle Vorsitzenden und Mitglieder der Komitees arme Bauern (von den Funktionären der Gemeindevereinigungen im Kreis Hengschan waren 50 Prozent Bettelarme, 40 Prozent etwas weniger Arme und 10 Prozent notleidende Intellektuelle). Die Führung durch die armen Bauern ist eine absolute Notwendigkeit. Ohne die armen Bauern gäbe es keine Revolution. Wer ihre Rolle negiert, der negiert die Revolution. Wer über die armen Bauern herfällt, der fällt über die Revolution her. Was die allgemeine Richtung der Revolution betrifft, haben sie nie Fehler begangen. Sie haben dem Ansehen der Tuhao und Liäschen Abbruch getan. Sie haben die großen wie die kleinen Tuhao und Liäschen zu Boden geschlagen und ihnen den Fuß auf den Nacken gesetzt. Viele der Handlungen, die sie in der Periode der revolutionären Aktionen begingen und die man als "Überspitzungen" abstempelte, waren in Wirklichkeit gerade das, was die Revolution brauchte. Manche Kreisbehörden, Kreisleitungen der Kuomintang und Kreiskomitees der Bauernvereinigungen in Hunan haben bereits gewisse Fehler begangen; einige von ihnen sind sogar so weit gegangen, daß sie auf Ersuchen der Grundherren Soldaten schickten, um Funktionäre der unteren Bauernvereinigungen verhaften zu lassen. In den Kreisen Hengschan und Hsianghsiang wurden viele Vorsitzende und Komiteemitglieder von Gemeinde-Bauernvereinigungen eingekerkert. Dieser Fehler ist überaus schwerwiegend, er steigert die Anmaßung der Reaktionäre. Um sich davon zu überzeugen, daß das ein Fehler ist, genügt es mitanzusehen, in welchen Jubel die dortigen gewalttätigen Grundherren ausbrechen und um wieviel drückender die Atmosphäre der Reaktion wird, sobald Vorsitzende und Komiteemitglieder der Bauernvereinigungen verhaftet werden. Wir müssen das konterrevolutionäre Gerede von der "Pöbelbewegung" und der "Bewegung der faulen Bauern" bekämpfen und besonders darauf achten, daß wir nicht den Fehler begehen, den Tuhao und Liäschen bei ihren Attacken gegen die arme Bauernschaft behilflich zu sein. Zwar gab es unter den führenden Funktionären, die zu den armen Bauern zählen, in der Tat einige wenige, die gewisse Unzulänglichkeiten aufwiesen; doch die meisten von ihnen haben sich inzwischen gebessert. Sie selbst treten energisch für das Verbot der Hasardspiele und für die Liquidierung des Banditentums ein. Wo die Bauernvereinigung mächtig ist, dort haben die Hasardspiele überhaupt aufgehört und ist das Räuberunwesen verschwunden. Mancherorts ist es tatsächlich so, daß am Wegrand Liegengelassenes unberührt bleibt und die Tore nachts nicht verriegelt werden. Aus den Untersuchungen in Hengschan geht hervor, daß dort 85, Prozent der aus der armen Bauernschaft stammenden führenden Funktionäre sich gut entwickelt haben, zu tüchtigen und arbeitsamen Leuten geworden sind. Nur 15 Prozent haben noch einige schlechte Gewohnheiten beibehalten. Man kann sie höchstens eine "kleine Minderheit ungesunder Elemente" ,rennen, darf aber keinesfalls den Tuhao und Liäschen nachplappern, die sie allesamt unterschiedslos als "Pöbel" beschimpfen. Das Problem der "kleinen Minderheit ungesunder Elemente" kann man nur so lösen, daß man unter der von den Bauernvereinigungen selbst aufgestellten Losung der jestigung der Disziplin" unter den Massen Propaganda betreibt, die "ungesunden Elemente" erzieht und die Disziplin in den Bauernvereinigungen stärkt; man darf aber unter keinen Umständen nach Belieben Soldaten aufbieten, um diese Leute festnehmen zu lassen, da dies das Ansehen der armen Bauern beeinträchtigen und die Frechheit der Tuhao und Liäschen ermutigen würde. Auf diesen Punkt muß man besonders achten.

VIERZEHN GROSSE ERRUNGENSCHAFTEN

Die meisten Kritiker der Bauernvereinigungen behaupten, daß diese viele schlimme Dinge angerichtet hätten. Ich habe oben bereits darauf hingewiesen, daß die Handlungsweise der Bauern, die den Tuhao und Liäschen Schläge versetzen, durchaus revolutionär ist und daß es nichts daran auszusetzen gibt. Die Bauern haben sehr viel geleistet, und um auf die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu antworten, müssen wir alle ihre Handlungen genau und systematisch untersuchen, um zu erkennen, was sie wirklich getan haben. Ich habe die verschiedenen Formen der Tätigkeit der Bauern in den vergangenen Monaten in einzelne Kategorien gruppiert; insgesamt sind es die folgenden vierzehn großen Errungenschaften, die sie unter der Führung ihrer Vereinigungen erzielt haben:

1. Die Organisierung der Bauern in Bauernvereinigungen

Das ist die erste große Errungenschaft der Bauern. Solche Kreise wie Hsiangtan, Hsianghsiang und Hengschan, wo fast alle Bauern organisiert sind und wo es kaum einen "entlegenen Winkel" gibt, in dem sich die Bauern nicht erhoben hätten, nehmen den ersten Platz ein. In manchen Kreisen, wie in Yiyang und Huajung, ist das Gros der Bauern von den Organisationen erfaßt, und nur ein kleiner Teil von ihnen ist noch unorganisiert; diese Kreise stehen an zweiter Stelle. Den dritten Platz nehmen solche Kreise wie Tschengbu und Lingling ein, wo erst ein kleiner Teil der Bauern organisiert ist und die Mehrzahl noch außerhalb der Organisationen steht. An vierter Stelle folgt Westhunan, das von Yüan Dsu-Ming[Anmerkung 29] kontrolliert wird und von der Agitation über die Bauernvereinigung bisher nicht erreicht worden ist; dort sind die Bauern in vielen Kreisen überhaupt nicht organisiert. Grob gesagt, sind die Kreise in Mittelhunan, mit Tschangscha als Zentrum, organisatorisch am weitesten fortgeschritten, während Südhunan in dieser Beziehung an zweiter Stelle folgt und im Westen der Provinz die Organisierung erst beginnt. Nach Angaben der Provinz-Bauernvereinigung vom November vorigen Jahres gab es in 37 von den 75 Kreisen Hunans Organisationen mit insgesamt 1 367 727 Mitgliedern. Von diesen Mitgliedern wurde etwa eine Million im Oktober und November vorigen Jahres, als die Macht der Bauernvereinigungen stürmisch anwuchs, organisiert, während bis September die Mitgliederzahl nur 300 000 bis 400 000 betragen hatte. In den weiteren zwei Monaten, die seither verstrichen sind, im Dezember und Januar, erfuhr die Bauernbewegung eine gewaltige Entwicklung. Bis Ende Januar dürfte die Zahl der Mitglieder auf mindestens zwei Millionen angewachsen sein. Da eine Familie in der Regel nur eine Person als Mitglied eintragen läßt und im Durchschnitt fünf Köpfe zählt, muß die von den Vereinigungen erfaßte Bauernmasse etwa zehn Millionen betragen. Dieses erstaunliche und immer raschere Wachstum war die Ursache dafür, daß die Tuhao und Liäschen sowie die korrupten Beamten isoliert wurden, daß die Öffentlichkeit bestürzt wahrnahm, wie eine neue Welt an die Stelle der alten trat, daß sich im Dorf eine große Revolution vollzog. Das ist die erste große Errungenschaft, die die Bauern unter der Führung ihrer Vereinigungen erzielt haben.

2. Der politische Schlag gegen die Grundherren

Sobald die Bauern ihre Organisationen hatten, war ihre erste Tat, das politische Prestige der Grundherrenklasse, insbesondere der Tuhao und Liäschen, zu zerschlagen, das heißt die Macht der Grundherren in der dörflichen Gesellschaft zu stürzen und die der Bauern aufzurichten. Das ist ein äußerst ernster und wichtiger Kampf. Es ist der zentrale Kampf in der zweiten Periode, in der Periode der revolutionären Aktionen. Wenn man diesen Kampf nicht siegreich besteht, kann man auch im wirtschaftlichen Kampf um die Herabsetzung des Pachtzinses und der Darlehenszinsen, um Grund und Boden sowie andere Produktionsmittel usw. nicht siegen. In vielen Gegenden von Hunan wie in den Kreisen Hsianghsiang, Hengschan und Hsiang- tan ist dies natürlich kein Problem, da die Macht der Grundherren dort restlos gestürzt ist und die Bauern die alleinige Macht in ihren Händen haben. Doch in Kreisen wie Liling gibt es manche Orte (zum Beispiel in den westlichen und südlichen Distrikten von Liling), wo die Macht der Grundherren zwar schwächer zu sein scheint als die Macht der Bauern, mit dieser aber in Wirklichkeit insgeheim rivalisiert, weil kein scharfer politischer Kampf geführt wurde. In solchen Gegenden ist es noch zu früh zu sagen, daß die Bauern politisch gesiegt hätten; sie müssen dort den politischen Kampf verschärfen, bis die Macht der Grundherren völlig zerschlagen ist. Die Methoden, deren sich die Bauern bedienen, um den Grundherren politische Schläge zu versetzen, sind im allgemeinen folgende:

Rechnungskontrolle. Die Tuhao und Liäschen pflegten, wenn sie die örtlichen öffentlichen Mittel verwalteten, sich an diesen zu vergreifen, und ihre Buchführung war nicht in Ordnung. Nun haben die Bauern die Gelegenheit von Bücherkontrollen benutzt, um viele Tuhao und Liäschen anzuprangern und zu entmachten. In zahlreichen Orten wurden Revisionsausschüsse gebildet, mit dem ausdrücklichen Zweck, die Tuhao und Liäschen zur Rechenschaft zu ziehen, und beim bloßen Anblick eines solchen Ausschusses schlottern denen schon die Beine. Eine solche Kampagne wurde in breitem Ausmaß in allen jenen Kreisen durchgeführt, wo sich die Bauernbewegung entfaltete; ihre Bedeutung liegt nicht so sehr darin, unterschlagene Gelder zurückzuerhalten, als vielmehr darin, die Verbrechen der Tuhao und Liäschen in die Öffentlichkeit zu tragen und damit die Tuhao und Liäschen von ihren politischen und sozialen Positionen zu stürzen.

Geldbußen. Die Bauern haben ein System von Geldstrafen ausgearbeitet, mit denen Verbrechen und Vergehen folgender Art geahndet werden: Unterschlagungen, die bei der Bücherprüfung ans Licht kamen; Brutalitäten gegenüber den Bauern, die in der Vergangenheit begangen wurden; Wühltätigkeit gegen die Bauernvereinigung in der Gegenwart; Verstöße gegen das Verbot der Hasardspiele und Weigerung, die Opiumpfeifen abzuliefern. Ein bei derartigen Verbrechen oder Vergehen ertappter Tuhao oder Liäschen hat dann soundso viel Strafe zu zahlen, wobei die Summe der Geldbuße von einigen Dutzend bis zu Tausenden Yüan beträgt. Natürlich sind jene, die von den Bauern mit Geldstrafen belegt wurden, völlig diskreditiert.

Eintreibung von "Spenden". Gewissenlose reiche Grundherren werden zur Leistung von Beiträgen angehalten, die zur Unterstützung von Armen, für die Organisierung von Genossenschaften oder bäuerlichen Darlehenskassen und für andere Zwecke verwendet werden. Diese Zwangsspenden sind zwar eine mildere Form als die Geldbußen, bedeuten aber auch eine Bestrafung. Um sich Ungelegenheiten zu ersparen, leisten viele Grundherren freiwillige Beiträge für die Bauernvereinigungen.

Kleine Verhöre. Wenn jemand den Bauernvereinigungen durch Wort oder Tat Schaden zufügt, sein Vergehen aber nicht sehr ins Gewicht fällt, sammeln sich die Bauern zu einem Haufen, dringen in das Haus des Übeltäters ein und nehmen ihn ein wenig ins Verhör. In der Regel lassen sie dann von ihm ab, nachdem er sich schriftlich verpflichtet hat, "Ruhe zu geben", also in Zukunft eine Schädigung des Rufes der Bauernvereinigung in Worten oder Taten zu unterlassen.

Große Demonstrationen. Eine große Menschenmenge wird versammelt und zu einer Demonstration gegen die den Bauernvereinigungen feindlich gesinnten Tuhao und Liäschen geführt; die Demonstranten halten auf deren Besitzungen Mahlzeit, wobei meistens die Schweine und die Getreidevorräte des betreffenden Herrn herhalten müssen. Solche Vorkommnisse sind nicht selten. Kürzlich demonstrierten auf diese Weise 15 000 Bauern in Madjiaho, Kreis Hsiangtan, gegen sechs Liäschen. Die ganze Geschichte dauerte vier Tage, und in dieser Zeit wurden mehr als 130 Schweine geschlachtet und verspeist. Zum Abschluß einer solchen Demonstration werden gewöhnlich noch Geldbußen verhängt.

Mit hohem Hut durchs Dorf führen. Das ist ein sehr häufig angewandtes Verfahren. Man setzt einem Tuhao oder Liäschen einen hohen Papierhut mit der Aufschrift "Tuhao Soundso" oder "Liäschen Soundso" auf. Dann wird er, umringt von einer großen Volksmenge, an einem Strick durch den Ort geführt. Manchmal werden dabei Gongs geschlagen und Fahnen geschwenkt, um die Aufmerksamkeit der Bevölkerung zu erregen. Vor einer derartigen Bestrafung zittern die Tuhao und Liäschen am meisten. Wem man einmal den hohen Hut aufgesetzt hat, der hat für immer sein Gesicht verloren und traut sich nicht mehr, den Kopf zu heben. Deshalb ziehen es die Reichen zumeist vor, mit einer Geldbuße belegt zu werden, anstatt den hohen Hut zu tragen. Wenn aber die Bauern darauf beharren, müssen sie ihn sich aufsetzen lassen. Sehr gewitzt handelte die Bauernvereinigung einer Gemeinde: Sie ließ einen Liäschen festnehmen und verkündete, daß ihm noch am selben Tag der Hut aufgesetzt werden würde. Dem Liäschen wurde vor Angst schwarz vor den Augen. Dann aber beschloß die Bauernvereinigung, ihn an diesem Tag noch nicht anzuprangern. Sie überlegte nämlich, der Liäschen könnte, würde man ihm gleich den Hut aufsetzen, trotzig werden und seine Angst vor Strafe ablegen; es wäre daher besser, ihn nach Hause gehen zu lassen und die Bestrafung an irgendeinem anderen Tag vorzunehmen. Da der Liäschen nicht wußte, wann ihm der Hut aufgesetzt werden würde, wurde er von einer quälenden Ungewißheit geplagt, hatte Tag und Nacht keine Ruhe mehr.

Ins Kreisgefängnis werfen. Das ist eine schwerere Bestrafung als das Hutaufsetzen. Man verhaftet einen Tuhao oder Liäschen und schickt ihn ins Kreisgefängnis. Dort wird er eingesperrt, und der Kreisvorsteher wird verpflichtet, ihn abzuurteilen und zu bestrafen. Mit der Gefängnishaft ist es nicht mehr so wie ehemals. Früher haben die Schenschi die Bauern eingesperrt, jetzt werden sie von den Bauern ins Gefängnis geworfen.

Austreibung. Die Bauern sind nicht geneigt, die schlimmsten Verbrecher unter den Tuhao und Liäschen aus dem Dorf zu jagen, sondern sie trachten danach, sie zu verhaften oder hinzurichten. Aus Angst, sie könnten verhaftet oder hingerichtet werden, suchen solche Tuhao und Liäschen das Weite. In jenen Kreisen, wo sich die Bauernbewegung gut entwickelt hat, sind fast alle prominenten Tuhao und Liäschen geflüchtet, und dies kommt einer Austreibung gleich. Die Prominentesten von ihnen flohen nach Schanghai, weniger Prominente nach Hankou, drittrangige nach Tschangscha und viertrangige nach der jeweiligen Kreisstadt. Von all diesen geflüchteten Tuhao und Liäschen befinden sich die in Schanghai gelandeten noch am meisten in Sicherheit. Von den Leuten, die nach Hankou geflohen sind, wurden manche, wie die drei Liäschen aus Huajung, schließlich aufgegriffen und in ihre Heimatorte zurückgebracht. jene, die nach Tschangscha geflüchtet sind, schweben in noch größerer Gefahr, denn sie können jederzeit von Studenten gefaßt werden, die aus ihren Landkreisen stammen und hier in der Hauptstadt der Provinz studieren; ich sah selbst in Tschangscha, wie zwei dieser Leute eingefangen wurden. In den Kreisstädten haben nur die Tuhao und Liäschen der letzten Kategorie Zuflucht gesucht, und die Bauern, die dort überall ihre Augen und Ohren haben, können sie leicht aufspüren. Die Schuld an den Finanzschwierigkeiten der Provinzregierung von Hunan haben die dortigen Finanzbehörden den Bauern in die Schuhe geschoben, mit der Begründung, daß diese die Reichen vertrieben hätten und daher die Aufbringung von Geldmitteln nicht leicht sei - auch daraus ersieht man, wie verhaßt die Tuhao und Liäschen in ihren Heimatorten sind.

Erschießungen. Die durch dieses von den Bauern gemeinsam mit anderen Bevölkerungsteilen angewandte Mittel Betroffenen sind ausnahmslos sehr prominente Tuhao und Liäschen. So wurden beispielsweise auf Betreiben der Bauern und anderer Kreise der Bevölkerung Yang Dschi-dsö im Kreis Ninghsiang, Dschou Djia-gan im Kreis Yüäyang und Fu Dao-nan und Sun Bo-dschu im Kreis Huajung von den Behörden erschossen. Im Kreis Hsiangtan haben die Bauern und andere Bevölkerungsschichten den Kreisvorsteher gezwungen, ihnen den im Gefängnis sitzenden Yän Jung-tjiu auszuliefern, den die Bauern dann selbst hinrichteten. Im Kreis Ninghsiang haben die Bauern Liu Dschao mit eigenen Händen erschlagen. Peng Dschi-fan (Kreis Liling) sowie Dschou Tiän-djüä und Tsao Yün (Kreis Yiyang) erwarten jetzt das Urteil des "Sondertribunals zur Aburteilung der Tuhao und Liäschen" und sehen ihrer Hinrichtung entgegen. Die Erschießung eines solchen prominenten Tuhao oder Liäschen wühlt den ganzen Kreis auf und ist ein sehr wirksames Mittel zur Ausrottung der letzten Reste des feudalen Spuks. jeder Kreis besitzt solche prominente Tuhao und Liäschen, manche zählen ihrer mehrere Dutzend, während es in anderen wenigstens einige Exemplare davon gibt; und es ist auch die einzig wirksame Methode zur Unterdrückung der Reaktionäre, wenn man in jedem Kreis zumindest einige der ärgsten Schurken hinrichtet. Als die Tuhao und Liäschen auf der Höhe ihrer Macht waren, haben sie buchstäblich, ohne mit der Wimper zu zucken, Bauern abgeschlachtet. In dem Marktflecken Hsinkang, Kreis Tschangscha, war Ho Mai-tjüan, der zehn Jahre lang die dortige Heimwehr befehligte, persönlich verantwortlich für die Niedermetzelung von fast eintausend ausgepowerten Bauern, was er beschönigend als "Banditenliquidierung" bezeichnete. In meinem Heimatkreis Hsiangtan haben die Heimwehrkommandeure des Marktfleckens Yintiän, Tang Djün-yän und Luo Schu-lin, seit 1913 also im Laufe von 14 Jahren, mehr als 50 Personen ermordet und vier weitere lebendig begraben. Die ersten Opfer waren zwei völlig unschuldige Bettler. "Mit der Liquidierung der beiden Bettelbrüder eröffnen wir das Geschäft!" rief Tang Djün-yän, und zwei Menschenleben wurden ausgelöscht. Mit solcher Grausamkeit regierten die Tuhao und Liäschen in früheren Tagen, so sah der weiße Terror aus, den sie auf dem Lande verbreiteten, und jetzt haben sich die Bauern erhoben, ein paar Tuhao und Liäschen erschossen und üben ein wenig Terror zur Unterdrückung der Konterrevolution aus. Soll man den Bauern einen Vorwurf daraus machen?

3. Der ökonomische Schlag gegen die Grundherren

Das Verbot, Reis auszuführen, zu verteuern und zu Spekulationszwecken zu horten. Das ist eine große Errungenschaft der Bauern von Hunan in ihrem ökonomischen Kampf während der letzten Monate. Seit Oktober vorigen Jahres verhindern die armen Bauern, daß die Grundherren und Großbauern Reis ausführen, verbieten ihnen, die Reispreise zu erhöhen und Reis zu Spekulationszwecken zu horten. Das Ergebnis ist, daß die armen Bauern ihr Ziel voll und ganz erreicht haben: Der Reisabfluß ist zum Stillstand gekommen, die Preise sind beträchtlich gesunken, und die spekulative Hortung hat völlig aufgehört.

Das Verbot, den Pachtzins und die Kaution für den Boden[ProleWiki Anmerkung 8] zu erhöhen; Agitation für deren Senkung. Im Juli und August vorigen Jahres, als die Bauernvereinigungen noch schwach waren, kündigten die Grundherren nach der alten Manier rücksichtslosester Ausbeutung ihren Pächtern nacheinander an, daß sie den Pachtzins und die Kaution für Pachtgrund erhöhen würden. Aber im Oktober, als die Bauernvereinigungen, bedeutend angewachsen und erstarkt, einmütig gegen die Erhöhung von Pacht und Kaution auftraten, wagten es die Grundherren nicht mehr, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Ab November, seitdem die Macht der Bauern die der Grundherren überwog, gingen die Bauern einen Schritt weiter und begannen für die Senkung von Pacht und Kaution zu agitieren. "Wie schade", sagten da die Bauern, "daß die Bauernvereinigungen noch nicht stark waren, als wir im vergangenen Herbst die Pacht bezahlt haben, sonst wäre sie schon damals gesenkt worden." Die Bauern betreiben jetzt eine breite Agitation für die Reduktion des in diesem Herbst fälligen Pachtzinses, und die Grundherren erkundigen sich schon, wie diese Reduktion vor sich gehen wird. Was die Senkung der Kaution betrifft, so wird sie im Kreis Hengschan und in einigen anderen Kreisen bereits durchgeführt.

Das Verbot der Pachtkündigung. Im Juli und August vorigen Jahres gab es noch zahlreiche Fälle von Kündigung der Pachtverträge durch die Grundherren und Verpachtung des betreffenden Bodens an andere. Doch seit Oktober wagt es niemand mehr, einen Pachtvertrag zu lösen. jetzt kann von einer Pachtkündigung und Neuverpachtung an andere überhaupt nicht mehr die Rede sein; nur das Problem einer Auflösung des Pachtverhältnisses in Fällen, da der Grundherr den Boden selbst bearbeiten will, ist noch nicht ganz gelöst. In manchen Orten wird auch dies von den Bauern nicht gestattet. In anderen Orten darf der Pachtvertrag für einen Boden, den der Grundherr selbst bearbeiten will, gekündigt werden, doch entsteht dann das Problem der Arbeitslosigkeit unter den Pächtern. Dieses Problem hat vorläufig noch keine einheitliche Lösung gefunden.

Senkung der Darlebenszinsen. Im Kreis Anhua fand eine generelle Reduktion der Zinsen für Darlehen statt, und auch in anderen Kreisen wurden die Zinsen gesenkt. Wo aber die Bauernvereinigungen stark sind, befürchten die Grundherren eine "Kommunisierung" des Geldes und verweigern rundweg weitere Darlehen, so daß das Geldverleihen im Dorf praktisch aufgehört hat. Wenn man jetzt von Senkung der Zinsen spricht, so gilt das nur für alte Darlehen. Für diese wurde nicht nur der Prozentsatz gesenkt, sondern dem Gläubiger wurde auch nicht mehr gestattet, die Schuldner zur Rückzahlung der Darlehenssumme zu zwingen. Die armen Bauern sagen: "Ich kann nichts dafür. In diesem Jahr gab es eine Mißernte, im nächsten Jahr bezahl' ich's schon!"

4. Sturz der feudalen Herrschaft der Tuhao und Liäschen-Vernischtung der "Du" und "Tuan"[Anmerkung 30]

Die alten politischen Machtorgane in den "Du" und "Tuan" (d. h. in den Distrikten und Gemeinden), insbesondere auf der Ebene des "Du", also des unmittelbar dem Kreis unterstellten Distriktes, waren fast ausschließlich in den Händen der Tuhao und Liäschen. Die Behörden des "Du" übten die Herrschaft über eine Bevölkerung von 10 000 bis 50 000 oder 60 000 Personen aus, besaßen ihre eigene bewaffnete Exekutivgewalt wie die Heimwehren, eigene fiskalische Befugnisse wie das Recht, eine Pro-Mu-Steuer[Anmerkung 31] einzuheben, eine eigene Justiz wie z. B. die Vollmacht, Bauern nach Belieben zu arretieren, zu inhaftieren, zu verhören und zu bestrafen. Die Liäschen, die in diesen Machtorganen saßen, waren richtige Dorfkönige. Ihnen gegenüber galten den Bauern die Regierenden wie der Präsident der Republik, der Militärgouverneur der Provinz[Anmerkung 32] und der Kreisvorsteher nicht viel. jene Dorfkönige bedeuteten für die Bauern die wahre "Obrigkeit"; sie brauchten sich nur zu räuspern, und die Bauern wußten, daß sie sehr auf der Hut sein mußten. jetzt ist infolge der Erhebung auf dem Lande die Macht der Grundherrenklasse überall gebrochen, und hierauf wurden natürlich auch die in den Händen der Tuhao und Liäschen befindlichen ländlichen Verwaltungsorgane gestürzt. Die Vorsteher der "Du" und "Tuan" haben sich sämtlich vor dem Volk verkrochen, wagen es nicht, die Nase aus der Haustür zu stecken, und überlassen alle lokalen Angelegenheiten den Bauernvereinigungen. Wendet sich jemand mit einem Anliegen an sie, dann sagen sie ihm:

"Mich geht das nichts an."

Wenn im Gespräch die Rede auf solche Vorsteher kommt, sagen die Bauern voll Zorn:

" Diese Halunken! Sie haben ausgespielt!"

Der Ausdruck "ausgespielt" charakterisiert treffend die Lage der alten Verwaltungsorgane in jenen ländlichen Gegenden, über die der Sturm der Revolution hinweggebraust ist.

5. Sturz der bewaffneten Kräfte der Grundherren und Schaffung der bewaffneten Kräfte der Bauern

Die Zahl der Bewaffneten, die den Grundherren unterstanden, war in Mittelhunan kleiner als im westlichen und südlichen Teil der Provinz. Wenn man im Durchschnitt 600 Gewehre je Kreis rechnet, so würde das in allen 75 Kreisen insgesamt 45 000 Gewehre ergeben; in Wirklichkeit dürften es noch mehr sein. In Mittel- und Südhunan, wo die Bauernbewegung gut entwickelt ist, konnten die Grundherren mit den Bauern nicht fertig werden, weil die Erhebung der Bauern von einer so gewaltigen Stärke war, und die bewaffneten Kräfte der Grundherren haben größtenteils vor den Bauernvereinigungen kapituliert und sind auf die Seite der Bauern übergegangen; solche Beispiele finden sich unter anderen in den Kreisen Ninghsiang, Pingdjiang, Liuyang, Tschangscha, Liling, Hsiangtan, Hsianghsiang, Anhua, Hengschan und Hengyang. Ein kleiner Teil dieser bewaffneten Kräfte nimmt eine neutrale Haltung ein, neigt aber zur Kapitulation, wie z. B. im Kreis Baotiing. Ein anderer kleiner Teil - beispielsweise in den Kreisen Yidschang, Linwu und Djiaho - ist den Bauernvereinigungen gegenüber feindlich eingestellt, wird aber gegenwärtig von den Bauern angegriffen und dürfte in der nächsten Zeit vernichtet werden. Die den Händen der reaktionären Grundherren entrissenen bewaffneten Kräfte werden zu "ständigen Hofwehren"[Anmerkung 33] reorganisiert und den neuen Selbstverwaltungsorganen im Dorfe - den politischen Machtorganen der Bauern - unterstellt. Die Übernahme dieser alten bewaffneten Kräfte ist die eine Seite der Schaffung der bewaffneten Kräfte der Bauern. Ihre andere Seite, die einen neuen Weg darstellt, ist die Bildung von Lanzenabteilungen der Bauernvereinigungen. Solche Lanzen - es sind dies lange Schäfte mit zweischneidigen Klingen an der Spitze - gibt es allein im Kreis Hsianghsiang 100 000 In anderen Kreisen wie beispielsweise Hsiangtan, Hengschan, Liling und Tschangscha gibt es je 70 000 bis 80 000 bzw. 50 000 bis 60 000 oder 30 000 bis 40 000 Lanzen. In allen von der Bauernbewegung erfaßten Kreisen wächst rasch die Zahl der Lanzenabteilungen. Die mit solchen Waffen ausgerüsteten Bauern bilden "nichtständige Hofwehren". Die Macht dieser Masse von Lanzenträgern ist größer als die der obenerwähnten alten bewaffneten Kräfte; sie ist eine neuentstandene bewaffnete Gewalt, deren bloßer Anblick alle Tuhao und Liäschen zittern macht. Die revolutionären Behörden in Hunan sollten dafür Sorge tragen, daß sich diese Einrichtung wirklich auf die mehr als 20 Millionen Bauern in den 75 Kreisen ausdehnt, daß jeder Bauer, sei er jung an Jahren, sei er mittleren Alters, eine Lanze besitzt, und sie sollten den Ausbau dieser Formationen nicht etwa einschränken, weil die Lanzen jemanden in Furcht versetzen könnten. Wer beim Anblick der Lanzen erschrickt, ist fürwahr ein Feigling! Nur die Tuhao und Liäschen fürchten sie, aber kein Revolutionär darf vor ihnen Angst haben.

6. Sturz der politischen Macht der Kreisvorstehers und seiner Büttel

Daß eine Kreisverwaltung erst gesäubert werden kann, wenn die Bauern sich erheben, wurde schon in Haifeng, Provinz Kuangtung, bewiesen. Diesmal ist insbesondere Hunan ein anschaulicher Beweis. In einem Kreis, wo sich die Macht in den Händen der Tuhao und Liäschen befindet, ist der Kreisvorsteher fast ausnahmslos ein korruptes Element, wer immer es auch sei. In den Kreisen, wo sich die Bauern erhoben haben, ist die Verwaltung, wer immer an ihrer Spitze steht, sauber. In den Kreisen, in denen ich weilte, haben die Kreisvorsteher in jeder Angelegenheit vorher die Meinung der Bauernvereinigung einzuholen. In den Kreisen, wo die Macht der Bauern sehr stark ist, wirkt das Wort der Vereinigung Wunder. Verlangt sie die Verhaftung eines Tuhao oder Liäschen am Morgen, dann wagt es der Kreisvorsteher nicht, bis Mittag zu warten; fordert sie die Verhaftung zu Mittag, dann wird er den Vollzug nicht bis zum Nachmittag hinausschieben. Als die Macht der Bauern auf dem Lande erst im Begriffe war, sich fühlbar zu machen, arbeitete der Kreisvorsteher noch mit den Tuhao und Liäschen gegen die Bauern zusammen. Als die Bauernmacht angewachsen und der Macht der Grundherren gleichgekommen war, versuchte der Kreisvorsteher, sich mit den einen wie mit den anderen gut zu stellen: Was ihm die Bauernvereinigungen sagten, wurde von ihm teils angenommen, teils abgelehnt. Wenn ich oben davon sprach, daß das Wort der Bauernvereinigungen "Wunder wirkt", so bezieht sich das auf die Zeit nach der völligen Zerschlagung der Macht der Grundherren durch die Bauernmacht. Die gegenwärtige politische Lage in solchen Kreisen wie Hsianghsiang, Hsiangtan, Liling und Hengschan ist folgende:

1.Alle Angelegenheiten werden von einem Rat entschieden, der sich aus dem Kreisvorsteher und Vertretern der revolutionären Massenorganisationen Zusammensetzt. Die Ratssitzungen werden vom Kreisvorsteher einberufen und finden in seinen Amtsräumen statt. In einigen Kreisen heißen diese Gremien "Vereinigter Rat der Massenorganisationen und der lokalen Behörden", in anderen "Rat für Kreisangelegenheiten". Außer dem Kreisvorsteher gehören ihnen Vertreter der Bauernvereinigung, des Gewerkschaftsbundes, der Kaufleutevereinigung, des Frauenbundes, des Verbandes der Schullehrer und -angestellten, der Schülervereinigung des Kreises und der Kreisleitung der Kuomintang[Anmerkung 34] an. In solchen Ratssitzungen wird der Kreisvorsteher von der Meinung der Massenorganisationen beeinflußt und fügt sich unweigerlich deren Willen. Infolgedessen sollte in Hunan die Einführung eines demokratischen Komiteesystems der Kreisverwaltung kein Problem sein. Die derzeitigen Kreisbehörden sind sowohl der Form wie dem Wesen nach bereits ziemlich demokratisch. Diese Lage hat sich erst in den letzten zwei bis drei Monaten herausgebildet, also nachdem die Bauernschaft überall auf dem Lande sich erhoben und die Macht der Tuhao und Liäschen gestürzt hatte. Sie hat sich daraus ergeben, daß jetzt die Kreisvorsteher, die ihre alte Stütze zertrümmert sahen und, um ihre Posten zu behalten, einer neuen Stütze bedurften, um die Gunst der Massenorganisationen zu werben begannen. 2. Die Gerichtsbeamten haben nichts mehr zu tun. Das Justizwesen in Hunan ist nach wie vor so organisiert, daß der Kreisvorsteher auch für Gerichtsfälle zuständig ist und ihm dabei ein Gerichtsbeamter zur Seite steht. Der Kreisvorsteher und seine Gehilfen pflegten sich an der Einhebung von Steuern und Abgaben, an der Bereitstellung von Menschen für die Armee sowie durch Rechtsverdrehungen und Erpressungen bei der Betreibung von Zivil- und Strafsachen zu bereichern; besonders die letztere Einkommensquelle war die beständigste und zuverlässigste. In den letzten Monaten verschwanden mit dem Sturz der Tuhao und Liäschen sämtliche Winkeladvokaten.

Überdies werden jetzt alle großen und kleinen Angelegenheiten der Bauern im Rahmen der Bauernvereinigungen auf verschiedener Ebene entschieden. So kommt es, daß die Gerichtsbeamten der Kreisverwaltung einfach nichts zu tun haben. Ein Gerichtsbeamter von Hsianghsiang sagte mir: "Als es keine Bauernvereinigungen gab, gingen bei den Kreisbehörden im Tagesdurchschnitt 60 Zivil- oder Strafsachen ein; jetzt sind es durchschnittlich nur noch vier bis fünf pro Tag." Die Geldbeutel des Kreisvorstehers und seiner Gehilfen müssen daher leer bleiben.

3. Wachtruppen, Polizisten und Büttel haben sich verkrochen und wagen es nicht mehr, ihrem Erpressungsgeschäft in den Dörfern nachzugeben. Früher fürchteten die Dorfbewohner die Städter, jetzt aber haben die Städter vor den Dorfbewohnern Angst. Insbesondere die von den Kreisverwaltungen gefütterte widerliche Meute der Polizisten, Stadtwächter und Büttel fürchtet, ins Dorf hinauszufahren, oder wagt es dort nicht mehr, ihre Erpressungen zu betreiben. Beim bloßen Anblick der Bauernlanzen beben sie vor Angst.

7. Sturz der Sippengewalt des Ahnentempels und der Sippenältesten, Sturz der religiösen Gewalt der Stadtgötter und der lokalen Gottheiten, Sturz der Gattengewalt des Ehemannes

Die Männer Chinas werden gewöhnlich von drei systematisch gegliederten Gewalten beherrscht: erstens vom staatlichen System, das sich von der Zentralregierung über die Provinz- und Kreisbehörden bis zu den Gemeindeverwaltungen aufgliedert (politische Gewalt); zweitens vom Sippensystem, das vom zentralen Ahnentempel über die Tempel der Sippenzweige bis zu den Familienvorständen hinunterreicht (Sippengewalt); drittens vom übernatürlichen System, das in der Unterweltshierarchie vom Höllenfürsten bis zu den Schutzgöttern der Städte und den lokalen Gottheiten und in der himmlischen Hierarchie vom Himmelskaiser bis zu den mannigfaltigen Göttern und Geistern absteigt (religiöse Gewalt). Die Frauen werden außer von diesen drei Gewaltensystemen auch noch von ihren Ehemännern beherrscht (Gattengewalt). Diese vier Gewalten - politische Gewalt, Sippengewalt, religiöse Gewalt und Gattengewalt - bilden die Verkörperung der Gesamtheit der feudal-patriarchalischen Ideologie und des feudal-patriarchalischen Systems; das sind die vier dicken Stricke, mit denen das chinesische Volk, insbesondere die Bauernschaft, gefesselt ist. Oben wurde geschildert, wie die Bauern die politische Macht der Grundherren auf dem Lande gestürzt haben. Die politische Gewalt der Grundherren ist das Rückgrat aller anderen Gewaltensysteme. Sobald diese Gewalt gestürzt ist, beginnen auch die Gewalten der Sippe, der Religion und des Ehegatten zu wanken. Wo die Bauernvereinigung mächtig ist, wagen es die Sippenältesten und die Verwalter der Tempelfonds nicht mehr, jene, die ihnen hierarchisch untergeordnet sind, zu bedrücken und die Mittel des Ahnentempels zu veruntreuen. Die schlimmsten Sippenältesten und Tempelverwalter wurden bereits als Tuhao und Liäschen gestürzt. Niemand wagt es heute mehr, die grausamen körperlichen und Todesstrafen - wie Auspeitschen, Ertränken und Lebendbegraben - anzuwenden, die früher in den Ahnentempeln üblich waren. Der alte Brauch, wonach die Frauen und die Armen von den Festmählern im Ahnentempel ausgeschlossen waren, wurde gleichfalls beseitigt. In Baiguo, Kreis Hengschan, versammelte sich eine große Zahl von Frauen, sie drangen in den Ahnentempel ein, ließen sich dort mit dem ganzen Hintern auf den Sitzen nieder und taten sich an Speise und Trank gütlich, wobei die ehrwürdigen Herren Sippenältesten sie wohl oder übel gewähren lassen mußten. An einem anderen Ort, wo den armen Bauern der Zutritt zu einem Tempelfestmahl verwehrt war, drang eine Gruppe von ihnen in den Tempel ein und veranstaltete ein solches Freß- und Saufgelage, daß die Tuhao und Liäschen und andere würdige Herren in langen Röcken vor Schreck davonliefen. Wo immer die Bauernbewegung sich entwickelt, dort beginnt die Macht der Religion zu wanken. In vielen Orten bemächtigten sich die Bauernvereinigungen der Göttertempel, um sie als ihre Büros zu benutzen. Überall befürworten sie die Heranziehung des Tempelvermögens für die Organisierung von Bauernschulen und zur Bestreitung der Ausgaben der Bauernvereinigungen, wobei sie diese Mittel als "Öffentliche Einnahmen aus dem Aberglauben" bezeichnen. Im Kreis Liling hat das Verbot abergläubischer Gebräuche und die Zerstörung von Götterstatuen ziemliche Verbreitung gefunden. In den nördlichen Distrikten dieses Kreises haben die Bauern die Weihrauchprozessionen zu Ehren des Schutzgottes verboten. Als in Lukou die dortige Kuomintang-Distriktsleitung Räumlichkeiten benötigte, warf man kurzerhand die kleinen und großen Götterstatuen, mit denen der Taoistentempel auf dem Fubo-Berg vollgepfropft war, in eine Ecke auf einen Haufen und schaffte so Platz, ohne daß die Bauern Einspruch erhoben hätten. Seither ist es zu einer Seltenheit geworden, daß man bei einem Todesfall in der Familie den Göttern opfert, religiöse Kulthandlungen vornimmt oder geweihte Lichter spendet. Der Vorsitzende der Bauernvereinigung, Sun Hsiao-schan, der dabei die Initiative hatte, wird deswegen von der dortigen taoistischen Geistlichkeit wütend gehaßt. Im Dritten Norddistrikt zerhackten die Bauern und Grundschullehrer die Götterfiguren des Nonnenklosters von Lungfeng zu Brennholz und benutzten dieses, um Fleisch zu kochen. Im Dungfu-Kloster im Süden des Kreises haben Schüler und Bauern gemeinsam mehr als 30 Holzgötzen verbrannt, und nur zwei Statuetten des "Ehrwürdigen Bao" wurden von einem alten Bauern mit dem Ausruf "Lästert nicht!" an sich genommen. Wo die Bauernmacht die Oberhand gewonnen hat, sind nur die alten Bauern und die Frauen gläubig geblieben, während von der Jugend und den Bauern mittleren Alters niemand mehr an die Götter glaubt. Da es gerade die letzteren sind, die an der Spitze der Bauernvereinigungen stehen, wird überall die religiöse Gewalt gestürzt und der Aberglauben ausgerottet. Was die Gattengewalt betrifft, so war diese bei den armen Bauern stets schwächer, weil ihre Frauen infolge der wirtschaftlichen Notlage mehr arbeiten mußten als die Frauen, die den wohlhabenden Klassen angehörten, und daher mehr berechtigt waren, in Familienangelegenheiten mitzusprechen, ja sogar mitzuentscheiden. Mit dem in den letzten Jahren zunehmenden Ruin der ländlichen Wirtschaft wurde die Grundlage für die Herrschaft des Mannes über die Frau untergraben. Und mit der Entstehung der Bauernbewegung begannen in der letzten Zeit die Frauen in vielen Orten ländliche Frauenbünde zu gründen; auch für sie ist die Zeit gekommen, ihr Haupt zu erheben, und die Gattengewalt wird mit jedem Tag wackliger. Kurz, mit dem Anwachsen der Bauernmacht sind die feudal-patriarchalische Ideologie und das feudal-patriarchalische System in ihrer Gesamtheit ins Wanken geraten. In der gegenwärtigen Periode konzentrieren jedoch die Bauern ihre Anstrengungen darauf, die politische Macht der Grundherren zu zerschlagen. Wo diese schon völlig vernichtet ist, beginnen sie ihre Angriffe auch in den drei anderen Bereichen vorzutragen, also gegen die Gewalten der Sippe, der Religion und des Ehegatten. Aber die Angriffe dieser Art sind heute doch noch im "Anfangsstadium", und mit diesen drei Arten der Gewalt kann erst endgültig Schluß gemacht werden, wenn die Bauern im wirtschaftlichen Kampf den vollen Sieg errungen haben. Deshalb besteht gegenwärtig unsere Aufgabe darin, die Bauern in den politischen Kampf, bei dem alle ihre Kräfte aufzubieten sind, zu führen, damit sie die Macht der Grundherren restlos zerschlagen. Unmittelbar hierauf muß der wirtschaftliche Kampf einsetzen, damit die Bodenfrage und die anderen wirtschaftlichen Probleme der armen Bauern von Grund auf gelöst werden. Was das Sippensystem, den Aberglauben und die Ungleichheit zwischen Mann und Frau betrifft, so wird ihre Abschaffung die natürliche Folge des Sieges im politischen und wirtschaftlichen Kampf sein. Wenn wir diese Dinge mit allzu großem Kraftaufwand, rücksichtslos und verfrüht aus der Welt schaffen wollen, dann werden die Tuhao und Liäschen das unweigerlich zum Vorwand für ihre konterrevolutionäre Agitation - unter Schlagworten wie: "Die Bauernvereinigung hat keine Pietät gegenüber den Ahnen", "Sie verhöhnt die Götter und zerstört die Religion", "sie will die Frauen kommunisieren" usw. -nehmen, um die Bauernbewegung zu untergraben. Markante Beispiele dafür sind die kürzlichen Geschehnisse in Hsianghsiang (Provinz Hunan) und Yanghsin (Provinz Hupeh), wo die Grundherren die ablehnende Haltung der Bauern zur Vernichtung der Götterfiguren für sich ausgenutzt haben. Die Götterfiguren sind ja das Werk der Bauern selbst, und wenn die Zeit kommt, werden sie die Bauern mit eigenen Händen fortwerfen; es bedarf da keiner anderen Leute, die das vorzeitig an ihrer Statt tun. Die Kommunistische Partei muß diesbezüglich in ihrer Propaganda folgende Regel beobachten-. "Den Bogen spannen, doch den Pfeil nicht abschnellen, sondern den Schuß nur markieren. [Anmerkung 35] Es ist Sache der Bauern selbst, die Götterfiguren wegzuwerfen und die Tempel, welche den Frauen geweiht sind, die ihrem Gatten beziehungsweise Verlobten in den Tod folgten, sowie die den keuschen und pietätsvollen Witwen errichteten Ehrenbögen niederzureißen; es wäre falsch, wenn andere das für sie täten.

Als ich im Dorf weilte, habe ich unter den Bauern auch gegen den Aberglauben agitiert. Ich sagte: "Glaubt man an das Horoskop, dann hofft man auf ein besseres Los; glaubt man an die Geomantie,[ProleWiki Anmerkung 9] dann hofft man, daß die Ahnengräber Glück bringen. In diesem Jahr sind innerhalb weniger Monate die Tuhao, die Liäschen und die korrupten Beamten von ihren Sockeln gepurzelt. Ist es denn möglich, daß ihnen allen bis vor wenigen Monaten das Schicksal hold war und die Lage ihrer Ahnengräber Glück brachte, dann aber plötzlich das gute Geschick sie verlassen hat und die Ahnengräber ihren günstigen Einfluß verloren haben?

Die Tuhao und Liäschen spotten über eure Bauernvereinigungen: Wie sonderbarl Die Welt ist heute zu einer Welt der Komiteemitglieder geworden. Schaut, man kann nicht einmal sein Wasser abschlagen gehen, ohne auf ein Komiteemitglied zu stoßen!' Und in der Tat: in der Stadt und im Dorf, in den Gewerkschaften und in den Bauernvereinigungen, in der Kuomintang und in der Kommunistischen Partei - überall gibt es Mitglieder der Exekutivkomitees; die Welt ist wirklich zu einer Welt der Komiteemitglieder geworden. Kommt das alles aber von der Konstellation der Gestirne oder von der Lage der Ahnengräber? Wie merkwürdig! Die Horoskope aller Habenichtse auf dem Lande sind plötzlich günstig geworden! Und ebenso plötzlich begannen ihre Ahnengräber Glück zu spenden! Und die Götter? Nun, man kann sie sehr verehren. Hättet ihr aber nicht die Bauernvereinigungen, sondern bloß den Ehrwürdigen Guan und die Göttin der Barmherzigkeit, wäret ihr dann imstande gewesen, die Tuhao und Liäschen zu stürzen? Das sind jämmerliche Götter und Göttinnen. Ihr verehrt sie schon jahrhundertelang, aber nicht einen einzigen Tuhao, nicht einen einzigen Liäschen haben sie euretwegen gestürzt! Jetzt wollt ihr, daß der Pachtzins gesenkt wird. Gestattet die Frage: Wie wollt ihr das erreichen? Durch den Glauben an die Götter oder durch den Glauben an die Bauernvereinigungen?"

Schallendes Gelächter war die Antwort der Bauern.

8. Entfaltung der politischen Agitation

Hätte man, selbst wenn zehntausend juristische und politische Schulen eröffnet worden wären, der gesamten Bevölkerung, Männern und Frauen, jung und alt, bis in das entlegenste Dorf und in den letzten verlorenen Winkel hinein in so kurzer Zeit so viel politische Schulung bringen können, wie es die Bauernvereinigungen getan haben? Ich glaube nicht. "Nieder mit dem Imperialismus!", "Fort mit den Militärmachthabern!", "Fort mit den korrupten Beamten!", "Nieder mit den Tuhao und Liäschen!" - alle diese politischen Losungen verbreiten sich wie ein Lauffeuer; sie dringen in die Masse der Dorfjugend, der Erwachsenen, der Greise, Frauen und Kinder, prägen sich dem Gedächtnis der Menschen ein, sind in aller Munde. Beobachtet einmal die Kinder beim Spiel! Wenn eins auf das andere böse wird, die Augen rollt, mit den Füßen stampft und die Faust schüttelt, dann hört ihr es gleich schrill schreien: "Nieder mit dem Imperialismus!"

Wenn die kleinen Büffelhirten in der Gegend von Hsiangtan zu raufen beginnen, stellt der eine unweigerlich Tang Scheng-dschi dar, während der andere die Rolle von Yä Kai-hsin[Anmerkung 36] spielt; und wenn dann der eine unterliegt und davonrennt, während der andere ihm nachjagt, so ist der Verfolgte natürlich Yä Kai-hsin und der Verfolger Tang Scheng-dschi. Selbstverständlich kennt fast jedes Stadtkind das Lied "Nieder mit den imperialistischen Mächten!", und jetzt wird es auch schon von vielen Kindern in den Dörfern gesungen.

Im Dorf können sogar manche Bauern das Testament Dr. Sun Yat-sens hersagen. Sie haben ein paar Ausdrücke daraus aufgeschnappt, die sie im Alltagsleben bei passender und unpassender Gelegenheit verwenden, z. B. "Freiheit", "Gleichheit", "die Drei Volksprinzipien" und "ungleiche Verträge". Trifft da einer, der wie ein Schenschi aussieht, auf einem schmalen Pfad einen Bauern und will ihn voller Aufgeblasenheit nicht an sich vorbeilassen, da sagt der Bauer zornig: "Du Leuteschinder! Kennst du nicht die Drei Volksprinzipien?" Früher wurden die Gemüsebauern der Vororte von Tschangscha, wenn sie ihre Erzeugnisse zum Verkauf in die Stadt brachten, stets von der Polizei schikaniert. Jetzt haben sie endlich eine Waffe dagegen gefunden: die Drei Volksprinzipien. Beginnt ein Polizist. einen Gemüsebauern zu schlagen oder zu beschimpfen, dann beruft sich dieser zu seiner Verteidigung unverzüglich auf die Drei Volksprinzipien, und darauf hat der Polizist keine Antwort. Im Kreis Hsiangtan hatte einmal die Bauernvereinigung eines Distrikts mit der Gemeinde-Bauernvereinigung wegen irgendeiner Sache einen Streit, da rief der Vorsitzende der Gemeinde-Bauernvereinigung aus: "Wir sind gegen die ungleichen Verträge mit der Distriktsbauernvereinigungl.

Die Ausbreitung der politischen Agitation auf dem Lande ist das ausschließliche Verdienst der Kommunistischen Partei und der Bauernvereinigungen. Einfache Parolen, Zeichnungen und Propagandareden haben unter den Bauern eine so ungewöhnlich massenhafte und rasche Wirkung erzielt, daß es den Anschein hat, als hätte jeder einzelne von ihnen eine politische Schule besucht. Nach den Berichten von Genossen, die mit der Arbeit auf dem Lande betraut sind, wurde während der drei großen Massenkundgebungen -der antibritischen Demonstrationen, der Veranstaltungen zum Jahrestag der Oktoberrevolution und der Feierlichkeiten anläßlich der Siege im Nordfeldzug - eine breite politische Agitation durchgeführt. Diese Agitation hat überall dort, wo es Bauernvereinigungen gibt, die gesamte ländliche Bevölkerung in Bewegung gesetzt und eine überaus starke Wirkung erzielt. Künftig muß darauf geachtet werden, daß jeder Anlaß dazu benutzt wird, die oben erwähnten einfachen Parolen allmählich immer inhaltsreicher und ihre Bedeutung immer klarer zu machen.

9. Verbote, die von den Bauern erlassen werden

Als die Bauernvereinigungen unter der Führung der Kommunistischen Partei ihre Macht im Dorfe aufgerichtet hatten, begannen die Bauern alles, was sie nicht lieben, zu verbieten oder einzuschränken. Strengstens verboten sind Mah-Jongg und andere Glücksspiele sowie das Opiumrauchen.

Mah-Jongg und ähnliches: In den Gegenden, wo die Bauernvereinigungen mächtig sind, ist das Mah-Jongg-, Domino- und Kartenspielen gänzlich verboten.

Im Vierzehnten Distrikt des Kreises Hsianghsiang hat die Bauernvereinigung zwei Körbe voll Mah-Jongg-Steine verbrannt.

Ihr werdet in den Dörfern niemand mehr finden, der diese Spiele spielt; wer gegen das Verbot verstößt, wird unverzüglich und unnachsichtig bestraft.

Hasardieren: Ehemals "passionierte Hasardeure" unterdrücken jetzt selbst die Glücksspiele. Auch dieses Laster ist dort, wo die Bauernvereinigungen mächtig sind, völlig ausgerottet.

Opiumrauchen: Das Verbot wird überaus streng gehandhabt. Als die Bauernvereinigungen den Befehl zur Ablieferung der Opiumpfeifen erließen, wagte niemand auch nur den leisesten Einspruch. Im Kreis Liling wurde ein Liäschen wegen Nichtablieferung der Pfeife verhaftet und zur Schaustellung durchs Dorf geführt.

Die von den Bauern durchgeführte Kampagne zur "Entwaffnung" der Opiumraucher ist nicht weniger eindrucksvoll als die Entwaffnung der Truppen Wu Pe-fus und Sun Tschuan-fangs[Anmerkung 37] durch die Armee des Nordfeldzugs. Nicht wenige Väter von Offizieren der Revolutionären Armee, ehrwürdige Greise, die unverbesserliche Opiumraucher waren und sich niemals von ihrer Pfeife getrennt hatten, wurden von den "Kaisern" (so nennen die Liäschen höhnisch die Bauern) "entwaffnet". Die "Kaiser" haben nicht nur den Mohnanbau und das Opiumrauchen, sondern auch den Transithandel mit dem Rauschgift untersagt. Ein großer Teil der Opiumsendungen, die von Kueitschou nach Kiangsi gingen, wurde unterwegs in den Kreisen Baotjing, Hsianghsiang, Yuhsiän und Liling abgefangen und verbrannt. Das steht im Widerspruch zu den Interessen des Staatsfiskus. Infolgedessen hat die Provinz-Bauernvereinigung mit Rücksicht auf die Notwendigkeit, die Armee mit Geldmitteln für den Nordfeldzug zu versorgen, die unteren Bauernvereinigungen angewiesen, "das Verbot des Opiumtransits zeitweilig auszusetzen". Die Bauern sind jedoch sehr aufgebracht.

Außer diesen drei Dingen gibt es noch viele andere Verbote oder Einschränkungen. Hier einige Beispiele:

Die Blumentrommel. Eine Art derber Schwänke, deren Aufführung in vielen Orten verboten wurde.

Sänften. In vielen Kreisen, besonders in Hsianghsiang, kommt es vor, daß Sänften zerschlagen werden. Die Bauern verabscheuen zutiefst die Leute, die Sänften benutzen, und sind immer bereit, diese Tragstühle zu zerschlagen, doch die Bauernvereinigungen lassen das nicht zu. Funktionäre der Vereinigungen erklären den Bauern: "Wenn ihr die Sänften zerschlagt, erspart ihr nur den Reichen Geld und nehmt den Trägern ihre Arbeit. Schneiden wir uns da nicht ins eigene Fleisch?" Die Bauern haben das eingesehen und sich ein neues Verfahren ausgedacht: Sie erhöhten beträchtlich den Trägerlohn, um so die Reichen zu strafen.

Schnapsbrennen und Sirupkochen. Aus Reis Schnaps zu brennen und Sirup zu kochen, ist überall untersagt, worüber sich die Brennereibesitzer und Siruperzeuger fortwährend beschweren. In Futiänpu, Kreis Hengschan, ist das Schnapsbrennen nicht verboten, aber es wurden so niedrige Spirituosenpreise festgesetzt, daß die Besitzer, die keine Aussicht auf Gewinn mehr hatten, den Betrieb einstellen Mußten.

Schweine. Die Zahl der Schweine, die eine Familie halten kann, wurde beschränkt, weil zu ihrer Fütterung Getreide verwendet wird. Hühner und Enten. Im Kreis Hsianghsiang ist es verboten, Hühner und Enten zu ziehen, aber die Frauen erheben dagegen Einspruch. Im Kreis Hengschan ist es stellenweise jeder Familie nur gestattet, drei Stück Geflügel (in Yangtang) beziehungsweise fünf Stück (in Futiänpu) zu halten. In vielen Gegenden ist die Aufzucht von Enten völlig verboten, da die Enten noch mehr Schaden stiften als die Hühner, denn sie fressen nicht nur Getreide, sondern vernichten auch die jungen Reistriebe.

Gelage. Üppige Gelage sind überall verboten. In Schaoschan, Kreis Hsiangtan, wurde angeordnet, daß Gästen nur dreierlei Fleisch oder Fischgerichte vorgesetzt werden dürfen, nämlich aus Hühnerfleisch, Fisch oder Schweinefleisch zubereitete Speisen. Auch die Bewirtung mit Bambussprossen, eßbaren Meeralgen und Bohnennudeln ist untersagt. Im Kreis Hengschan wurde entschieden, daß ein Gastmahl aus nicht mehr als acht Gerichten bestehen darf. Im Dritten Östlichen Distrikt des Kreises Liling sind nur fünf Gerichte, im Zweiten Nördlichen Distrikt bloß je drei Fleisch- und Gemüsespeisen gestattet, während im Dritten Westlichen Distrikt Neujahrsgastmähler überhaupt verboten sind. Im Kreis Hsianghsiang dürfen keine "Eierkuchen-Feste" veranstaltet werden, obgleich es sich dabei durchaus nicht um einen üppigen Schmaus handelt. Als im Zweiten Distrikt des Kreises Hsianghsiang in einer Familie anläßlich der Hochzeit des Sohnes Eierteig-Rouladen aufgetischt wurden, drangen über die Durchbrechung des Verbots erboste Bauern in das Haus ein, und die Feier fand ein turbulentes Ende. Im Marktflecken Djiamo, Kreis Hsianghsiang, enthält man sich des Genusses erlesener Speisen und verwendet als Opfer für die Ahnen lediglich Obst.

Rindvieh. Das Rind ist ein unschätzbares Arbeitstier für den Bauern. "Wer ein Rind schlachtet, wird als Rind wiedergeboren." Dieser Satz ist beinahe zu einer religiösen Grundregel geworden: Rinder darf man nie schlachten. Bevor die Bauern die Macht ergriffen hatten, konnten sie die Schlachtung von Rindvieh nur durch den Appell an dieses Tabu bekämpfen, hatten aber keine Macht, dagegen mit Verboten vorzugehen. Seitdem die Bauernvereinigungen aufgekommen sind, nahmen diese auch das Rindvieh unter ihre Kontrolle und verboten dessen Schlachtung in den Städten. Von den sechs Rindfleischmetzgereien, die es in der Kreisstadt Hsiangtan gab, sind jetzt fünf geschlossen, und die sechste schlachtet nur kranke und arbeitsuntaugliche Rinder. Im ganzen Kreis Hengschan ist das Schlachten von Rindern kategorisch verboten. Ein Bauer, dessen Büffel sich ein Bein gebrochen hatte, fragte zuerst bei der Bauernvereinigung um Erlaubnis, ehe er das Tier zu schlachten wagte. Als die Handelskammer von Dschudschou leichtfertig eine Kuh schlachten ließ, kamen die Bauern in die Stadt und verlangten Aufklärung; die Handelskammer hatte eine Geldstrafe zu zahlen und mußte sich überdies durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern entschuldigen.

Landstreicher. Eine im Kreis Liling beschlossene Resolution verbietet es, von Haus zu Haus zu wandern, um gegen milde Gaben die Neujahrstrommel zu schlagen, die örtlichen Gottheiten zu preisen und Gelegenheitslieder in Lotosreimen unter Klappernbegleitung zu singen. In anderen Kreisen gelten ähnliche Verbote oder ist diese Erscheinung von selbst verschwunden, da niemand mehr auf solche Weise bettelt. Den sogenannten "gewalttätigen Bettlern" oder "Strolchen", die früher äußerst aggressiv zu sein pflegten, blieb nichts anderes übrig, als sich den Bauernvereinigungen zu fügen. In Schaoschan, Kreis Hsiangtan, gibt es einen Tempel des Regengottes, wo von jeher die Vagabunden zusammenkamen, ohne vor irgendwem Angst zu haben; doch seit dem Aufkommen der Bauernvereinigungen haben sie sich sämtlich hinweggeschlichen. Im selben Kreis ließ die Bauernvereinigung der Gemeinde Huti drei Landstreicher festnehmen und setzte sie zum Lehmtragen für die Ziegelei ein. Es gibt auch Resolutionen, in denen die Mißbräuche mit Neujahrsglückwünschen untersagt werden.

Daneben wurden in verschiedenen Gegenden viele kleinere Verbote erlassen: So wurde beispielsweise in Liling verboten, Weihrauchprozessionen zu Ehren des Schutzgottes abzuhalten, Delikatessen für rituelle Geschenkzwecke zu kaufen, am Geisterfesttag rituelle Papierkleider zu verbrennen und zu Neujahr glückbringende Plakate oben an die Türrahmen zu hängen. Im Marktflecken Guschui, Kreis Hsianghsiang, ist sogar das Rauchen von Wasserpfeifen verboten. Im Zweiten Distrikt steht auf das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und auf Böllerschießen eine Geldstrafe von 1,20 beziehungsweise 2,40 Yüan. Im Siebenten und Zwanzigsten Distrikt sind Kulthandlungen zu Ehren der Toten untersagt. Im Achtzehnten Distrikt darf man bei Leichenbegängnissen keine Geldgeschenke machen. Das alles wird als Bauernverbote bezeichnet, deren es unzählige gibt.

Diese Verbote sind in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung: Erstens bedeuten sie einen Protest gegen Unsitten wie Mah-Jongg und ähnliche Spiele, Hasard und Opiumrauchen. Diese Dinge sind in der üblen politischen Atmosphäre der Grundherrenklasse aufgekommen und verschwinden, sobald deren Macht gestürzt ist. Zweitens bedeuten sie einen Selbstschutz gegen die Ausbeutung durch die städtischen Kaufleute; solcherart sind die Verbote der üppigen Festmähler und der Einkäufe von Delikatessen für rituelle Geschenkzwecke. Industrieerzeugnisse sind ungemein teuer, während Agrarprodukte überaus billig sind; die Bauern sind verelendet und werden von den Kaufleuten grausam ausgebeutet. Sie müssen sich also zum Selbstschutz Konsumbeschränkungen auferlegen. Was das obenerwähnte Reisausfuhrverbot betrifft, so dient es zur Verhinderung von Preissteigerungen, da die armen Bauern zu wenig Reis für die eigene Ernährung haben, daher Getreide auf dem Markt zukaufen müssen. Die Ursache alles dessen sind die Armut der Bauern und die Widersprüche zwischen Stadt und Land, keineswegs aber ist es so, daß die Bauern die Industrieerzeugnisse boykottieren wollen oder den Handel zwischen Stadt und Land ablehnen, um die sogenannte Doktrin der östlichen Kultur[Anmerkung 38] zu befolgen. Um ihre wirtschaftlichen Interessen zu schützen, müssen die Bauern Konsumgenossenschaften ins Leben rufen, die den gemeinsamen Einkauf der Verbrauchsgüter besorgen würden. Ferner muß die Regierung den Bauernvereinigungen bei der Gründung von Kreditgenossenschaften (Darlehenskassenvereinen) behilflich sein. Wenn das durchgeführt wird, werden es die Bauern natürlich nicht nötig haben, die Reisausfuhr zu verbieten, um die Lebensmittelpreise niedrig zu halten, noch werden sie gezwungen sein, als wirtschaftliche Selbstschutzmaßnahme die Einfuhr von Industrieartikeln zu sperren.

10. Liquidierung des Banditentums

Meines Erachtens hat es zu keiner Zeit einen Regierenden gegeben - angefangen von Yü und Tang, Wen und Wu bis zu den Kaisern der Tjing-Dynastie und den Präsidenten der Republik -, der bei der Liquidierung des Bandenunwesens eine solche Macht gezeigt hätte wie jetzt die Bauernvereinigungen. Wo die Bauernvereinigungen mächtig sind, ist von Banditen keine Spur mehr zu finden. Überraschenderweise gibt es jetzt viele Gegenden, wo sogar die kleinen Gemüsediebstähle aus den Gärten aufgehört haben. Hie und da gibt es freilich noch kleine Diebe. Aber in den Kreisen, die ich besuchte, ist das Banditentum spurlos verschwunden, selbst dort, wo es früher grassierte. Die Ursachen dessen sind: Erstens können sich die Banditen nirgendwo mehr verbergen, weil es allenthalben, über alle Berge und Täler verstreut, Mitglieder der Bauernvereinigungen gibt, die sich, mit langen Lanzen oder kurzen Keulen ausgerüstet, auf den ersten Ruf zu Hunderten versammeln. Zweitens sind die Reispreise mit dem Aufschwung der Bauernbewegung gesunken - von sechs Yüan pro Dan[ProleWiki Anmerkung 10] im Frühjahr vorigen Jahres auf bloß zwei Yüan im vergangenen Winter -, und die Ernährungslage der Bevölkerung ist daher jetzt weniger ernst. Drittens sind Mitglieder der Geheimbünde[1] den Bauernvereinigungen beigetreten, wo sie offen und legal ihren Heldenmut beweisen und ihrem Unmut Luft machen können, so daß es keine Notwendigkeit mehr für Organisationen wie die Geheimbünde "Berg", "Tempel", "Weihrauch" und "Gewässer"[Anmerkung 39] gibt. Wenn sie die Schweine und Schafe der Tuhao und Liäschen schlachten und diese mit schweren Abgaben und Geldbußen bestrafen, können sie ihrem Zorn auf die Leute, die sie unterdrückten, genügend freien Lauf lassen. Viertens wurden viele Rekruten für die Armeen ausgehoben, und so manche "unruhige Gesellen" befanden sich unter ihnen. Mit dem Aufkommen der Bauernbewegung ist somit das Banditenunwesen verschwunden. In dieser Hinsicht versagen auch die Schenschi und die Wohlhabenden den Bauernvereinigungen nicht ihre Anerkennung. Sie erklären: "Die Bauernvereinigungen? Nun, ehrlich gesagt, irgend etwas Gutes ist auch daran."

Durch das Verbot des Mah-Jongg-Spielens, des Hasardierens und Opiumrauchens sowie durch die Liquidierung des Banditentums haben sich die Bauernvereinigungen die allgemeine Sympathie erworben.

11. Abschaffung drückender Steuern und Abgaben

Solange das Land noch nicht vereinigt und die Macht des Imperialismus und der Militärmachthaber noch nicht gestürzt ist, gibt es keine Möglichkeit, die Bauern von der schweren Last der staatlichen Steuern und Abgaben, genauer gesagt, von der Bürde der Militärausgaben für die Revolutionäre Armee, zu befreien. Dennoch wurden drückende Abgaben - wie z. B. die Pro-Mu-Steuer -, die den Bauern auferlegt wurden, als die Tuhao und Liäschen die ländlichen Verwaltungsorgane beherrschten, mit dem Aufschwung der Bauernbewegung und dem Sturz der Macht der Tuhao und Liäschen abgeschafft oder zumindest herabgesetzt. Das ist ebenfalls den Bauernvereinigungen als Verdienst anzurechnen.

12. Die Kulturbewegung

In China war die Kultur von alters her ein Privileg der Grundherren, und die Bauern hatten keinen Zutritt zu ihr. Die Grundherrenkultur ist aber von den Bauern geschaffen worden, ihre einzige Quelle ist der Bauern Schweiß und Blut. In China sind 90 Prozent der Bevölkerung ungebildet, und die überwältigende Mehrheit davon sind Bauern. In dem Augenblick, als die Macht der Grundherren auf dem Lande gestürzt wurde, setzte eine Kulturbewegung unter den Bauern ein. Man sehe doch nur, mit welchem Enthusiasmus die Bauern, denen Schulen stets ein Greuel waren, heute Abendschulen eröffnen! Nie hatten die Bauern die "fremdländischen Schulen" gemocht. Als ich in meiner Studentenzeit in mein Heimatdorf kam und beobachtete, wie die Bauern gegen die "fremdländischen Schulen" Stellung nahmen, blies auch ich in das gleiche Horn wie alle damaligen "fremdländischen Schüler" und "fremdländischen Lehrer" und trat für diese Schulen ein, in der Meinung, daß die Bauern nicht ganz recht hätten. Erst im Jahre 1925, als ich ein halbes Jahr im Dorf lebte, bereits ein Kommunist mit marxistischen Anschauungen war, da sah ich ein, daß ich seinerzeit im Irrtum gewesen war, die Bauern aber recht gehabt hatten. Die Lehrbücher, die in den ländlichen Grundschulen verwendet wurden, waren ganz auf städtische Dinge abgestellt und entsprachen nicht den Bedürfnissen des Dorfes. Überdies war die Einstellung der Grundschullehrer zu den Bauern sehr schlecht; weit davon entfernt, den Bauern zu helfen, machten sie sich umgekehrt bei ihnen unbeliebt. Deshalb zogen die Bauern die traditionellen Privatschulen (die sie "chinesische" nannten) den modernen Schulen (die sie "fremdländische" nannten) und die Lehrer vom alten Typus den neuen Grundschullehrern vor. jetzt gründen die Bauern überall ihre Abendschulen, die sie Bauernschulen nennen. Manche sind bereits eröffnet, andere werden erst organisiert, und im Durchschnitt kommt auf jede Gemeinde eine Schule. Die Bauern schaffen mit größtem Enthusiasmus diese Schulen und betrachten sie - und nur sie - als ihre eigenen Schulen. Die Mittel für die Abendschulen entstammen den "öffentlichen Einnahmen aus dem Aberglauben", den Fonds der Ahnentempel und anderen ungenutzten öffentlichen Vermögenswerten. Die Kreiserziehungsämter wollten diese Mittel für die Errichtung von Grundschulen verwenden, also jener "fremdländischen Schulen", die den Bedürfnissen der Bauern nicht genügen, wogegen diese sie für die Bauernschulen verwenden wollten; der Streit endete damit, daß das Geld für beide Zwecke verwendet wird, wobei in manchen Gegenden alles die Bauern bekommen. Die Entwicklung der Bauernbewegung hat ein rasches Ansteigen des bäuerlichen Kulturniveaus zur Folge. Binnen kurzem werden wir überall in der Provinz Zehntausende von Dorfschulen in Betrieb sehen, und das hat nichts mehr mit der hohlen Phrase von der "allgemeinen Schulpflicht" zu tun, worüber die Intellektuellen und die sogenannten "Schulmänner" so viel Lärm machten, ohne daß etwas anderes herausgekommen wäre als leeres Gerede.

13. Die Genossenschaftsbewegung

Die Bauern benötigen Genossenschaften, insbesondere Konsum-, Absatz- und Kreditgenossenschaften. Wenn sie einkaufen, werden sie vom Kaufmann ausgebeutet; wenn sie die Erzeugnisse ihrer Wirtschaft verkaufen, haut sie der Händler übers Ohr; wenn sie eine Anleihe in Geld oder Reis nehmen, werden sie vom Wucherer ausgepreßt; sie haben daher ein brennendes Interesse an der Lösung dieser drei Probleme. Als im Winter vorigen Jahres während der Kampfhandlungen im Yangtse-Tal der Handelsverkehr unterbrochen war und in Hunan der Satzpreis in die Höhe ging, organisierten viele Bauern Genossenschaften für den Salzeinkauf. Als die Grundherren mutwillig Darlehen verweigerten, gab es viele Versuche der Bauern, Darlehenskassen zu gründen, da sie Kredite benötigen. Ein großes Problem ist das Fehlen eines detaillierten Musterstatuts für solche Organisationen. Da die spontan entstandenen Organisationen der Bauern häufig den Genossenschaftsprinzipien nicht entsprechen, erkundigen sich die unter den Bauern arbeitenden Genossen immer wieder eifrig nach einem "Statut". Bei entsprechender Anleitung kann sich die Genossenschaftsbewegung mit dem Wachstum der Bauernvereinigungen überall entwickeln.

14. Instandhaltung von Straßen, Teichen und Dammen

Auch das ist ein Verdienst der Bauernvereinigungen. Bevor es diese gab, befanden sich die Straßen auf dem Lande in einem fatalen Zustand. Für die Straßenreparaturen braucht man Geld, und da die Wohlhabenden keine Lust hatten, in ihren Geldbeutel zu greifen, waren die Straßen dem Verfall preisgegeben. Wenn irgendwo Instandsetzungsarbeiten vorgenommen wurden, so als Wohltätigkeitsmaßnahme: Man sammelte bei Familien, die "eine im jenseits anzurechnende Wohltat vollbringen wollten", etwas Geld und hielt einige schmale und schlechte Wege instand. Mit dem Aufkommen der Bauernvereinigungen wurde der Befehl erteilt, daß jeder Grundherr den durch seine Besitzung führenden Wegabschnitt in einer bestimmten, den örtlichen Erfordernissen angemessenen Breite - drei, fünf, sieben oder zehn Fuß - auszubauen hat. Wenn der Befehl erlassen ist, wer wagt es da, ihn nicht zu befolgen? Nach kurzer Zeit gab es eine Anzahl guter Straßen. Das ist schon keine Wohltätigkeit mehr, sondern das Ergebnis eines ausgeübten Zwanges, und so ein kleiner Zwang ist durchaus keine schlechte Sache. Dasselbe gilt für die Teiche und Dämme. Die rücksichtslosen Grundherren dachten nur daran, aus ihren Pächtern möglichst viel herauszuholen, wollten aber nicht mit einem Groschen für die Instandhaltung der Teiche und Dämme herausrücken; mochten auch die Teiche austrocknen und die Pächter Hungers sterben - ihnen war nur daran gelegen, den Pachtzins einzukassieren. Nun aber sind die Bauernvereinigungen da, und diese brauchen nur ohne viel Umstände ihren Befehl zu erlassen, und die Grundherren haben die Teiche und Dämme auszubessern. Wenn sich ein Grundherr weigert, dann gibt ihm die Bauernvereinigung höflich Bescheid: "Gut! Besserst du nicht aus, dann zahlst du halt ein Dou[ProleWiki Anmerkung 11] Reis pro Arbeitstag!" Da dies ein schlechtes Geschäft für den Grundherrn ist, beeilt sich dieser, die Reparaturen in eigener Regie durchzuführen. So wurden viele bislang vernachlässigte Teiche und Dämme in einen einwandfreien Zustand gebracht.

Alle diese vierzehn Errungenschaften haben sich die Bauern unter der Führung der Bauernvereinigungen erkämpft. Der Leser möge selbst überlegen, ob auch nur eine von ihnen, sei es dem ihr zugrunde liegenden Geist, sei es ihrer revolutionären Bedeutung nach, etwas Schlechtes ist. Ich glaube, daß nur die Tuhao und Liäschen an ihnen etwas aussetzen könnent Es ist doch recht sonderbar, wenn man aus Nantschang[Anmerkung 40] vernimmt, daß Tschiang Kai-schek, Dschang Diingdjiang[Anmerkung 41] und andere Herren das Vorgehen der Bauern von Hunan ganz und gar nicht billigen. Die rechtsgerichteten Führer in Hunan wie Liu Yüä-dschi[Anmerkung 42] sind derselben Meinung, wenn sie von den Hunan-Bauern sagen: "Sie sind einfach Rote geworden!" Ich frage mich aber, was das für eine nationale Revolution wäre, wenn es nicht dieses bißchen Rot gäbe! Wenn man tagein, tagaus von der "Weckung der Volksmassen" redet, dann aber in Todesangst gerät, sobald die Massen wirklich erwachen, so ist das genau dasselbe wie die Geschichte von der Liebe des Ehrwürdigen Schö zu den Drachen![Anmerkung 43]

Die Periode des zweiten revolutionären Bürgerkrieges

Warum kann die Chinesische Rote Macht bestehen?

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.67-78)

(5. Oktober 1928)

Teil der von Genossen Mao Tse-tung verfaßten Resolution des II.Parteitages des Grenzgebietes Hunan-Kiangsi, der ursprünglich den Titel "Die politischen Fragen und die Aufgaben der Partei im Grenzgebiet" trug.

Die innenpolitische Lage: Wie man den Krieg studiert

1.Die Gesetze des Krieges entwickeln sich

Die Gesetze des Krieges sind Probleme, die jeder, der einen Krieg leitet, studieren und lösen muß.

Die Gesetze des revolutionären Krieges sind Probleme, die jeder, der einen revolutionären Krieg leitet, studieren und lösen muß.

Die Gesetze des revolutionären Krieges in China sind Probleme, die jeder, der den revolutionären Krieg in China leitet, studieren und lösen muß.

Wir führen jetzt einen Krieg, unser Krieg ist ein revolutionärer Krieg, unser revolutionärer Krieg wird in China, einem halbkolonialen und halbfeudalen Land, geführt. Deshalb müssen wir nicht nur die allgemeinen Gesetze des Krieges, sondern auch die spezifischen Gesetze des revolutionären Krieges und die noch spezifischeren Gesetze des revolutionären Krieges in China studieren. Wenn man, womit immer man sich beschäftigt, die näheren Umstände der betreffenden Sache, ihren Charakter, ihren Zusammen. hang mit anderen Dingen nicht begriffen hat, dann kennt man, wie jedermann weiß, auch nicht die Gesetze dieser Sache, weiß nicht, wie an sie heranzugehen, kann sie nicht erfolgreich bewältigen.

Kriege, die es seit dem Entstehen des Privateigentums und der Klassen gibt, sind die höchste Kampfform, die bei der Lösung der Widersprüche zwischen Klassen, Nationen, Staaten oder politischen Gruppen angewendet wird, sobald diese Widersprüche eine bestimmte Entwicklungsstufe erreicht haben. Wenn man die näheren Umstände des Krieges, seinen Charakter und seinen Zusammenhang mit anderen Dingen nicht begriffen hat, kennt man auch nicht seine Gesetze, weiß man nicht, wie ihn zu leiten, ist man nicht imstande, ihn zu gewinnen.

Ein revolutionärer Krieg, d. h. ein revolutionärer Klassenkrieg oder ein revolutionärer nationaler Krieg, weist neben den Umständen und Charaktermerkmalen, die dem Krieg im allgemeinen zukommen, seine spezifischen Umstände und Charakterzüge auf. Deshalb wird er nicht nur von den allgemeinen Gesetzen des Krieges, sondern auch von gewissen spezifischen Gesetzen regiert, die ihm eigen sind. Ohne seine spezifischen Umstände und Charakterzüge begriffen zu haben, ohne seine spezifischen Gesetze zu verstehen, ist man nicht in der Lage, einen solchen Krieg zu leiten und ihn siegreich auszufechten.

Ein revolutionärer Krieg in China - sei es ein Bürgerkrieg, sei es ein nationaler Krieg - wird im spezifischen Milieu Chinas geführt, und im Vergleich zum Krieg im allgemeinen sowie zum revolutionären Krieg schlechthin verläuft er unter seinen spezifischen Umständen und hat seinen spezifischen Charakter. Deshalb hat der revolutionäre Krieg in China neben den allgemeinen Gesetzen des Krieges und neben den für alle revolutionären Kriege gemeingültigen Gesetzen auch seine eigenen spezifischen Gesetze. Versteht man diese nicht, dann ist man auch nicht imstande, einen revolutionären Krieg in China zu gewinnen. Daher müssen wir sowohl die allgemeinen Gesetze des Krieges als auch die Gesetze des revolutionären Krieges und schließlich auch die Gesetze des revolutionären Krieges in China studieren.

Manche Leute vertreten eine falsche Ansicht, die von uns längst verworfen wurde; diese Leute sagen, es genüge, die allgemeinen Gesetze des Krieges zu studieren, oder, konkret gesprochen, sich an die militärischen Vorschriften zu halten, die von der reaktionären chinesischen Regierung beziehungsweise von den reaktionären chinesischen Militärakademien herausgegeben wurden. Sie begreifen nicht, daß diese Vorschriften lediglich die allgemeinen Gesetze des Krieges darlegen und überdies samt und sonders von ausländischen Quellen abgeschrieben sind; wenn wir sie einfach Wort für Wort abschrieben und uns ihrer ohne die geringste Änderung in Form und Inhalt bedienten, wäre es das gleiche wie "die Füße beschneiden, damit sie in die Stiefel passen", und das würde zu einer Niederlage führen. Ihr Argument lautet: Warum müssen wir auf das verzichten, was früher mit Blut erkauft worden ist? Sie begreifen nicht, daß wir zwar die mit Blut erkauften Erfahrungen der Vergangenheit hochhalten sollen, daß wir jedoch auch jene Erfahrungen schätzen müssen, für die wir mit eigenem Blut bezahlt haben.

Von manchen Leuten wird eine andere falsche Ansicht vertreten, die wir auch längst verworfen haben; diese Leute sagen, es genüge, wenn man die Erfahrungen des revolutionären Krieges in Rußland studiert, oder, konkret gesprochen, sich an die Gesetze, nach denen der Bürgerkrieg in der Sowjetunion geführt wurde, und an die von den Militärinstitutionen der Sowjetunion herausgegebenen militärischen Vorschriften hält. Sie begreifen nicht, daß in diesen Gesetzen und Vorschriften die Besonderheiten des sowjetischen Bürgerkriegs und der sowjetischen Roten Armee ihren Niederschlag gefunden haben; wenn wir sie einfach Wort für Wort kopierten und uns nach ihnen richteten, ohne irgendwelche Änderungen zu gestatten, dann wäre es wiederum das gleiche wie "die Füße beschneiden, damit sie in die Stiefel passen", und das würde ebenfalls zu einer Niederlage führen. Diese Leute argumentieren so: Wir führen einen revolutionären Krieg, wie er in der Sowjetunion geführt wurde; die Sowjetunion hat in ihrem Krieg gesiegt, wie kann es für uns eine andere Möglichkeit geben, als dem Beispiel der Sowjetunion zu folgen? Sie begreifen nicht, daß wir die Kriegserfahrungen der Sowjetunion zwar besonders hochschätzen sollen, weil es die Erfahrungen eines revolutionären Krieges in der jüngsten Zeit sind, die unter der Führung Lenins und Stalins erworben wurden; wir müssen aber auch noch die Erfahrungen des revolutionären Krieges in China schätzen, weil die chinesische Revolution und die chinesische Rote Armee sehr viele eigene Besonderheiten haben.

Es gibt noch eine Art von Leuten, die wieder eine andere falsche Ansicht vertreten, welche wir gleichfalls längst verworfen haben; sie sagen, die Erfahrungen des Nordfeldzugs von 1926/27 seien die wertvollsten, aus denen müßten wir lernen, oder, konkret gesprochen, wir müßten es lernen, ebenso wie die Armee des Nordfeldzugs unaufhaltsam schnurstracks vorzustürmen und die großen Städte einzunehmen. Sie begreifen nicht, daß man die Erfahrungen des Nordfeldzugs studieren soll, sie aber nicht mechanisch kopieren darf, da die Bedingungen, unter denen wir heute den Krieg führen, anders sind als die damaligen. Wir dürfen vom Nordfeldzug nur das übernehmen, was wir noch unter den heutigen Bedingungen verwerten können, und wir müssen gemäß den gegenwärtigen Umständen etwas Eigenes ausarbeiten.

Daraus folgt, daß die verschiedenen Gesetze, nach denen die jeweiligen Kriege geführt werden, durch die verschiedenen Umstände dieser Kriege - die Verschiedenheit der Zeit, des Ortes und des Charakters - bestimmt werden. Was die Bedingung der Zeit betrifft, entwickeln sich sowohl der Krieg als auch die Gesetze der Kriegführung; jede Geschichtsepoche hat ihre Besonderheiten, und so haben denn auch die Gesetze des Krieges jeweils ihre Besonderheiten, können daher nicht mechanisch von einer Epoche auf eine andere übertragen werden. Was den Charakter des Krieges anbelangt, so hat sowohl der revolutionäre als auch der konterrevolutionäre Krieg jeweils seine Besonderheiten, desgleichen die sie regierenden Gesetze, und was für den einen gilt, darf nicht mechanisch auf den anderen übertragen werden. Was die Bedingung des Ortes betrifft, so hat jeder Staat und jede Nation, vor allem jeder große Staat und jede große Nation, seine beziehungsweise ihre eigenen Besonderheiten, und so haben denn auch die Gesetze des Krieges für jeden Staat und jede Nation ihre Besonderheiten und können ebensowenig mechanisch von einem Land auf das andere übertragen werden. Wenn wir die Gesetze der Kriegführung an Kriegen studieren, die in verschiedenen historischen Epochen stattfinden, verschiedenen Charakter haben, in verschiedenen Ländern beziehungsweise von verschiedenen Nationen geführt werden, dann müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die jeweiligen Besonderheiten dieser Gesetze und auf ihre Entwicklung konzentrieren, dann müssen wir ein mechanisches Herangehen an das Problem des Krieges bekämpfen.

Damit ist es aber noch nicht genug. Ein Kommandeur macht Fortschritte und entwickelt sich, wenn er zuerst nur eine kleine Truppeneinheit befehligen kann, später aber schon einen großen Gruppenverband. Ferner ist es auch nicht gleichgültig, ob dies in einer einzigen Gegend geschieht oder aber in vielen Gegenden. Wenn der Kommandeur, der zuerst bloß in einer ihm wohlbekannten Gegend zu operieren versteht, in der Folge lernt, in verschiedenen Gegenden die Kriegshandlungen zu leiten, dann hat er wiederum Fortschritte gemacht und sich entwickelt. Da sich Technik, Taktik und Strategie sowohl beim Feind wie bei uns entwickeln, sind die Verhältnisse in den einzelnen Stadien ein und desselben Krieges untereinander ungleich. Wenn nun der Befehlshaber, der auf einer niedrigen Entwicklungsstufe das Kommando zu führen wußte, auch später, auf einer höheren Stufe, imstande ist, die Truppen zu kommandieren, dann hat er noch größere Fortschritte gemacht, sich noch weiter entwickelt. Lediglich fähig sein, eine bestimmte Truppeneinheit in einer bestimmten Örtlichkeit, auf einer bestimmten Entwicklungsstufe des Krieges zu befehligen, heißt keine Fortschritte machen, sich nicht entwickeln. Es gibt Menschen, die sich mit einer einzigen Fähigkeit oder einem eng begrenzten Blickfeld zufriedengeben, aber keine weiteren Fortschritte machen; obwohl sie für die Revolution an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit eine gewisse Rolle spielen können, fällt ihnen doch keine große Rolle zu. Wir brauchen militärische Führer, die eine große Rolle spielen können. Alle Gesetze der Kriegführung entwickeln sich gemäß der Entwicklung der Geschichte und der Entwicklung des Krieges; nichts bleibt unveränderlich.

2. Das Ziel des Krieges ist die Abschaffung des Krieges

Der Krieg, dieser Moloch, der die Menschen sich gegenseitig abschlachten läßt, wird mit der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft letzten Endes aus der Welt geschafft werden, und zwar in nicht allzu ferner Zukunft. Es gibt aber nur ein Mittel zur Abschaffung des Krieges: Man muß den Krieg mit dem Krieg bekämpfen, dem konterrevolutionären Krieg den revolutionären Krieg, dem konterrevolutionären nationalen Krieg den revolutionären nationalen Krieg, dem konterrevolutionären Klassenkrieg den revolutionären Klassenkrieg entgegensetzen. In der Geschichte gibt es nur zwei Arten von Kriegen: gerechte und ungerechte. Wir sind für die gerechten Kriege und gegen die ungerechten. Alle konterrevolutionären Kriege sind ungerecht, alle revolutionären Kriege sind gerecht. Die Ära der Kriege im Leben der Menschheit wird durch unsere Hände ihr Ende finden, und zweifellos ist der Krieg, den wir jetzt führen, ein Teil des letzten Ringens. Ebenso steht außer Zweifel, daß der Krieg, dem wir uns gegenübersehen, einen Teil des größten und erbarmungslosesten Krieges bilden wird. Uns bedroht der größte und erbarmungsloseste aller ungerechten konterrevolutionären Kriege, und wenn wir nicht das Banner des gerechten Krieges entfalten, wird der Großteil der Menschheit ins Unheil gestürzt werden. Das Banner des gerechten Krieges der Menschheit ist das Banner der Rettung der Menschheit. Das Banner des gerechten Krieges Chinas ist das Banner der Rettung Chinas. Der Krieg, den die überwältigende Mehrheit der Menschheit und die überwältigende Mehrheit der Chinesen führt, ist zweifellos ein gerechter Krieg, ist ein höchst erhabenes und ruhmreiches Werk zur Rettung der Menschheit und Chinas, ist die Brücke zu einer neuen Ära der Weltgeschichte. Von dem Zeitpunkt an, da die menschliche Gesellschaft in ihrer fortschreitenden Entwicklung zur Aufhebung der Klassen und des Staates gelangt, wird es auch keinerlei Kriege mehr geben, weder konterrevolutionäre noch revolutionäre, weder ungerechte noch gerechte, und für die Menschheit wird dann das Zeitalter des ewigen Friedens anbrechen. Wenn wir die Gesetze des revolutionären Krieges studieren, so gehen wir von dem Bestreben aus, alle Kriege abzuschaffen, und das ist die Trennungslinie, die uns Kommunisten von allen Ausbeuterklassen scheidet.

3. Die Strategie ist die Lehre von den Gesetzen des Krieges in seiner Gesamtheit

Wird ein Krieg geführt, so gibt es stets eine Gesamtsituation des Krieges. Die Gesamtsituation eines Krieges kann die ganze Welt umfassen, sie kann sich auf ein einzelnes Land erstrecken, sie kann auch auf ein selbständiges Partisanengebiet oder eine größere selbständige Operationsrichtung beschränkt sein. Jede Situation, in der es notwendig ist, die verschiedenen Seiten und die einzelnen Stadien in Betracht zu ziehen, heißt Gesamtsituation des Krieges. Aufgabe der Strategie ist es, jene Gesetze der Kriegführung zu studieren, welche die Gesamtsituation des Krieges bestimmen. Das Studium jener Gesetze der Kriegführung, die eine Teilsituation bestimmen, ist Aufgabe der operativen Kunst und der Taktik.

Warum ist es notwendig für Kommandeure, die operative bzw. taktische Kampfhandlungen leiten, bis zu einem gewissen Grade die Gesetze der Strategie zu verstehen? Weil man das, was für die Teilsituation gilt, besser anwenden kann, wenn man das für die Gesamtsituation Gültige erfaßt hat, und weil der Teil dem Ganzen untergeordnet ist. Die Ansicht, wonach der strategische Sieg allein durch taktische Erfolge entschieden werde, ist falsch, denn dabei wird übersehen, daß Sieg oder Niederlage in einem Krieg hauptsächlich und vor allem davon abhängt, ob die Gesamtsituation und die einzelnen Stadien gehörig in Betracht gezogen werden. Enthält die Berücksichtigung der Gesamtsituation und der einzelnen Stadien ernste Mängel oder Fehler, dann wird der Krieg unweigerlich verlorengehen. Man sagt: "Ein unvorsichtiger Zug verdirbt die ganze Partie." Die Rede ist hier von einem Zug, der die Gesamtsituation betrifft, d. h. von einem Zug, der für das Ganze von entscheidender Bedeutung ist, nicht aber von einem Zug, der einen Teilcharakter trägt, also für das Ganze keine entscheidende Bedeutung hat. Wie beim Schach, so im Krieg.

Das Ganze kann jedoch von den Teilen nicht getrennt werden und unabhängig von ihnen existieren, es setzt sich vielmehr aus allen seinen Teilen zusammen. Manchmal können gewisse Teile zerstört werden oder eine Niederlage erleiden, ohne daß dadurch das Ganze ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen würde; der Grund dafür liegt dann darin, daß die betreffenden Teile für das Ganze nicht entscheidend sind. Im Krieg kommt es oft vor, daß taktische oder operative Niederlagen oder Mißerfolge nicht zur Verschlechterung der Gesamtsituation des Krieges führen, weil sie eben nicht von entscheidender Bedeutung sind. Wenn aber von den Schlachten, die die Gesamtsituation des Krieges bilden, die meisten oder ein bis zwei Schlachten von entscheidender Bedeutung mit einer Niederlage~ enden, dann tritt sofort in der Gesamtsituation eine Wende ein. Die erwähnten "meisten" oder "ein bis zwei" Schlachten - das ist es eben, was die Entscheidung bringt. Die Kriegsgeschichte kennt Fälle, wo eine einzige verlorene Schlacht nach einer ganzen Reihe von Siegen alle erzielten Erfolge zunichte gemacht hat, und es gab auch Fälle, da nach vielen Niederlagen eine einzige gewonnene Schlacht eine neue Situation eingeleitet hat. In allen diesen Fällen trugen die "ganze Reihe von Siegen" und die "vielen Niederlagen" nur Teilcharakter und spielten in bezug auf die Gesamtsituation keine entscheidende Rolle, während die "einzige verlorene Schlacht" beziehungsweise die "einzige gewonnene Schlacht" entscheidend war. Aus all dem erhellt, von welcher Bedeutung es ist, die Gesamtsituation in Betracht zu ziehen. Am wichtigsten ist es für denjenigen, der das Kommando der militärischen Operationen in ihrer Gesamtheit führt, die Gesamtsituation des Krieges im Auge zu behalten. Für ihn kommt es vor allem darauf an, daß er sich entsprechend den Umständen mit der Gruppierung der Truppenteile und Verbände, mit den Beziehungen zwischen den einzelnen Schlachten, zwischen den verschiedenen Stadien des Krieges sowie zwischen der eigenen und der gegnerischen Aktivität in ihrer Gesamtheit befaßt. Das alles sind wichtigste Fragen, die größte Anstrengungen erfordern. Wenn man all das aus den Augen verliert und sich statt dessen mit zweitrangigen Fragen abgibt, dann sind Rückschläge kaum zu vermeiden.

Was wir von den Beziehungen zwischen dem Ganzen und den Teilen gesagt haben, gilt nicht nur für die Beziehungen zwischen Strategie und operativer Kunst, sondern auch für die Beziehungen zwischen operativer Kunst und Taktik. Als ein praktisches Beispiel dafür können die Beziehungen dienen, die zwischen den Aktionen einer Division und jenen ihrer Regimenter und Bataillone oder zwischen den Aktionen einer Kompanie und jenen ihrer Züge und Gruppen bestehen. Jeder Truppenführer - auf welcher Ebene er auch immer das Kommando führt - hat sein Hauptaugenmerk auf keine anderen Probleme oder Aktionen zu konzentrieren als auf jene, die für die Gesamtsituation in seinem Befehlsbereich von größter Wichtigkeit und wahrhaft entscheidender Bedeutung sind.

Was wichtig und von entscheidender Bedeutung ist, darf nicht nach der Situation im allgemeinen oder in der Abstraktion, sondern muß nach den konkreten Umständen bestimmt werden. Bei den Kampfhandlungen muß man Stoßrichtung und Angriffspunkt je nach der Lage des Gegners, den Geländeverhältnissen und der Stärke der eigenen Kräfte im gegebenen Augenblick wählen. Man muß darauf achten, daß sich die Kämpfer in Gegenden, die reich an Nahrungsmitteln sind, nicht überessen, und daß sie in Gegenden, wo Nahrungsmittel knapp sind, nicht hungern. In weißen Gebieten kann schon allein das Durchsickern einer einzigen Information zur Niederlage im nächstfolgenden Gefecht führen, während in roten Gebieten das Durchsickern von Informationen häufig nicht so schwerwiegende Folgen hat. An manchen Schlachten müssen die höheren Kommandeure persönlich teilnehmen, in anderen Fällen ist das unnötig. Das Wichtigste für eine Militärschule ist die Auswahl des Schulleiters und der Lehrkräfte sowie die Festlegung der Richtlinien für die Ausbildung. Bei einer Massenversammlung muß das Hauptaugenmerk darauf gerichtet werden, daß eine starke Beteiligung gesichert wird und passende Losungen aufgestellt werden usw. Mit einem Wort, unser Prinzip ist es, die Aufmerksamkeit auf die wichtigen Kettenglieder zu konzentrieren, von denen die Gesamtsituation abhängt.

Die Gesetze, die die Gesamtsituation des Krieges regieren, können nur durch intensives Nachdenken erlernt werden. Weil das, was für die Gesamtsituation gilt, mit den Augen nicht wahrnehmbar ist, lernt man es auf keinem anderen Weg begreifen als durch intensives Nachdenken. Da sich aber ein Ganzes aus einzelnen Teilen zusammensetzt, können jene, die in den einzelnen Teilsituationen bewandert sind und über operative und taktische Erfahrungen verfügen, die höheren Zusammenhänge verstehen - vorausgesetzt, daß sie gewillt sind, darüber ernsthaft nachzudenken. Bei den strategischen Problemen geht es darum, folgendes zu berücksichtigen: die Beziehungen zwischen dem Feind und uns; die Beziehungen zwischen den einzelnen Operationen oder den verschiedenen Phasen der Kampfhandlungen; jene Teile, die für die Gesamtsituation von Belang (von entscheidender Bedeutung) sind; die in der allgemeinen Situation enthaltenen Besonderheiten; die Beziehungen zwischen Front und Hinterland; die Unterschiede und Zusammenhänge zwischen Verlusten und Ersatz, zwischen Kampf und Ruhepause, zwischen Konzentration und Auflockerung, zwischen Angriff und Verteidigung, zwischen Vormarsch und Rückzug, zwischen Verstecken und Demaskieren, zwischen Hauptangriff und Unterstützungsangriff, zwischen Stoß und Bindungsaktion, zwischen Zentralisierung und Dezentralisierung des Kommandos, zwischen langwierigem Krieg und Krieg mit rascher Entscheidung, zwischen Stellungskrieg und Bewegungskrieg, zwischen den eigenen Truppen und den befreundeten Truppen, zwischen der einen und der anderen Waffengattung, zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, zwischen Funktionären und Mannschaften, zwischen Altgedienten und Rekruten, zwischen Funktionären auf höheren und Funktionären auf niedrigeren Ebenen, zwischen alten Kadern und neuen Kadern, zwischen roten Gebieten und weißen Gebieten, zwischen alten und neuen roten Gebieten, zwischen Zentralbereich und Randgebiet, zwischen warmem und kaltem Wetter, zwischen Sieg und Niederlage, zwischen großen Truppenverbänden und kleinen Einheiten, zwischen regulärer Armee und Partisanenabteilungen, zwischen Vernichtung des Gegners und Gewinnung der Massen, zwischen der Vergrößerung der Roten Armee und ihrer Festigung, zwischen militärischer Tätigkeit und politischer Arbeit, zwischen früheren und gegenwärtigen Aufgaben, zwischen gegenwärtigen und künftigen Aufgaben, zwischen Aufgaben unter diesen und Aufgaben unter jenen Bedingungen, zwischen stabiler und beweglicher Frontlinie, zwischen Bürgerkrieg und nationalem Krieg, zwischen dieser und jener historischen Epoche usw. das sind Dinge, die sich der unmittelbaren Beobachtung entziehen, aber durch intensives Nachdenken sämtlich geklärt, erfaßt und gemeistert werden können. Das heißt; man kann alle wichtigen Fragen, die den Krieg oder die Kriegführung betreffen, auf die höhere Ebene der Grundsätzlichkeit heben und sie so lösen. Dieses Ziel zu erreichen ist unsere Aufgabe beim Studium der strategischen Probleme.

4. Die Hauptsache ist, daß man zu lernen versteht

Wozu wurde die Rote Armee organisiert? Um mit ihrer Hilfe den Feind zu besiegen. Wozu studieren wir die Gesetze des Krieges? Um sie im Krieg anzuwenden.

Lernen ist keine leichte Sache, und die praktische Anwendung ist noch schwieriger. Viele Leute wirken zwar gleichermaßen eindrucksvoll, wenn sie im Hörsaal oder in Büchern die Militärwissenschaft darlegen; wenn sie aber aufs Schlachtfeld kommen, dann siegen die einen, während die anderen unterliegen. Das ist sowohl durch die Kriegsgeschichte als auch durch unsere eigenen Kriegserfahrungen bestätigt worden.

Wo liegt denn der Schlüssel dazu?

Es ist nicht realistisch zu verlangen, daß die Generale stets siegreich seien; solche Generale hat es seit alters nur sehr wenige gegeben. Wir brauchen mutige und kluge Generale, die im Verlauf des Krieges in der Regel siegen, d. h. Generale, die Weisheit und Tapferkeit in sich vereinen. Um über diese beiden Eigenschaften zu verfügen, muß man sich eine Methode zu eigen machen, der man sich sowohl beim Studium als auch bei der Anwendung des Erlernten zu bedienen hat.

Was ist das für eine Methode? Sie besteht darin, sich sowohl mit der Lage des Gegners als auch mit der eigenen Lage allseitig vertraut zu machen, die Gesetze, die das Handeln der beiden Seiten bestimmen, zu ermitteln und sie bei unseren eigenen Aktionen anzuwenden.

In den militärischen Vorschriften vieler Länder wird sowohl auf die Notwendigkeit, "die Grundsätze je nach der Lage elastisch anzuwenden", als auch auf die Maßnahmen hingewiesen, die im Falle einer Schlappe zu ergreifen sind. Der erste Hinweis warnt die Kommandeure davor, durch eine starre Anwendung der Grundsätze subjektive Fehler zu begehen; der zweite gibt ihnen Verhaltensmaßregeln für den Fall, daß sie subjektive Fehler begangen haben oder daß unvorhergesehene und unabwendbare Änderungen in der objektiven Lage eingetreten sind.

Warum kommen subjektive Fehler vor? Weil die Disposition und die Kampfleitung im Krieg oder im Gefecht den gegebenen Bedingungen von Zeit und Ort nicht entsprochen haben, weil die subjektive Leitung mit den realen objektiven Umständen nicht übereingestimmt hat, ihnen nicht angepaßt war, oder anders ausgedrückt, weil der Widerspruch zwischen dem Subjektiven und dem Objektiven nicht gelöst worden ist. Eine solche Situation ist bei jeder Angelegenheit schwer zu vermeiden, aber manche werden besser, manche schlechter damit fertig. Und wie wir verlangen, daß jede Angelegenheit relativ gut erledigt wird, so verlangen wir auch, daß im Krieg mehr Siege erfochten oder, anders gesagt, weniger Niederlagen erlitten werden. Der Schlüssel liegt hier darin, daß das Subjektive mit dem Objektiven bestens in 'Übereinstimmung gebracht wird.

Nehmen wir ein Beispiel aus der Taktik. Wenn als Angriffspunkt die eine Flanke des Gegners gewählt wird und sich dort tatsächlich dessen schwacher Punkt befindet, der Angriff daher erfolgreich ist, so besagt dies, daß das Subjektive mit dem Objektiven übereingestimmt hat, d. h. also die Angaben der Aufklärung, deren Beurteilung durch den Befehlshaber und dessen Entschluß der tatsächlichen Lage des Gegners und seiner Aufstellung entsprochen haben. Wäre der Angriff gegen die andere Flanke oder gegen das Zentrum der gegnerischen Stellung vorgetragen worden, der Angriff hier auf eine starke Gegenwehr gestoßen und ins Stocken geraten, dann hätte dies eben bedeutet, daß eine solche Übereinstimmung nicht vorhanden war. Wird der Augenblick des Angriffs richtig gewählt, erfolgt der Einsatz der Reserven weder zu spät noch zu früh und verlaufen auch alle anderen Maßnahmen und Kampfhandlungen günstig für uns und ungünstig für den Gegner, dann hat im ganzen Verlauf des Gefechts die subjektive Kampfleitung mit der objektiven Situation völlig übereingestimmt. Eine solche völlige Übereinstimmung gibt es in einem Krieg oder in einem Gefecht äußerst selten; denn in einem Krieg oder einem Gefecht sind die beiden kämpfenden Seiten Gruppen lebendiger Menschen, die bewaffnet sind und ihre Geheimnisse voreinander wahren; hier steht die Sache ganz anders als bei unbelebten Dingen oder Angelegenheiten des Alltags. Nichtsdestoweniger ist die Grundlage für einen Sieg allein dann schon gegeben, wenn die Kampfleitung im großen und ganzen, d. h. hinsichtlich der entscheidenden Elemente, den Umständen entspricht.

Die richtigen Dispositionen des Truppenführers ergeben sich aus seinem richtigen Entschluß, dieser wieder aus seiner richtigen Beurteilung der Lage, und sein richtiges Urteil beruht auf der erforderlichen gründlichen Aufklärung, auf der Erwägung der durch diese Aufklärung gewonnenen mannigfaltigen Angaben in ihrem Zusammenhang. Der Truppenführer bedient sich aller möglichen und notwendigen Mittel der Aufklärung, überlegt alle durch sie gesammelten Angaben über die Lage des Gegners, wobei er die Spreu vom Weizen sondert, das Falsche ausmerzt und das Wahre behält, vom einen zum anderen fortschreitet, von der Oberfläche in den Kern eindringt; dann vergleicht er diese Angaben mit der eigenen Lage, studiert das Verhältnis der beiden Seiten zueinander und deren Wechselbeziehungen, gelangt dadurch zu einem Urteil, faßt seinen Entschluß und arbeitet seinen Plan aus. Das ist ein ganzer Prozeß, durch den der Befehlshaber eine Erkenntnis der Umstände gewinnt, ehe er einen strategischen, operativen oder taktischen Plan entwirft. Nachlässige Befehlshaber werden das nicht tun; sie bauen ihre militärischen Pläne auf ihrem Wunschdenken auf, daher sind diese Pläne utopisch und entsprechen nicht der Realität. Unbesonnene Befehlshaber, die sich nur von ihrem Enthusiasmus leiten lassen, gehen unweigerlich dem Gegner auf den Leim, lassen sich durch oberflächliche oder einseitige Angaben über die Lage des Gegners verführen, werden von unverantwortlichen Vorschlägen ihrer Untergebenen beeinflußt, die weder auf einer wirklichen Kenntnis noch auf einer wohldurchdachten Auffassung beruhen, und rennen sich daher unvermeidlich die Köpfe ein, eben weil sie nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, daß jeder militärische Plan auf der unerläßlichen Aufklärung sowie auf der sorgfältigen Überlegung der Situation der gegnerischen und der eigenen Seite und der Wechselbeziehungen zwischen beiden aufgebaut sein muß. Der Prozeß der Erkenntnis der Situation geht nicht nur vor der Aufstellung eines militärischen Planes vor sich, sondern auch nachher. Im Verlauf der Durchführung des Planes - vom Augenblick an, da er in die Tat umgesetzt wird, bis zur Beendigung der Operation geht ein weiterer Prozeß der Exkenntnis der Situation vor sich, nämlich der Prozeß der Realisierung des Planes. In diesem Prozeß muß erneut überprüft werden, ob das, was im vorhergegangenen Prozeß getan worden ist, der tatsächlichen Situation entspricht oder nicht. Wenn der Plan der Situation nicht oder nicht in vollem Umfang entspricht, dann muß man auf Grund der neuen Kenntnisse eine neue Beurteilung vornehmen, einen neuen Entschluß fassen und den gefaßten Plan so abändern, daß er den neuen Umständen entspricht. Teilweise Abänderungen gibt es fast bei jeder Operation; es kommt auch zuweilen vor, daß ein Plan völlig geändert wird. Unbesonnene Leute, die kein Verständnis für Abänderungen haben oder zu solchen nicht bereit sind, handeln blindlings, werden sich letzten Endes unweigerlich den Kopf einrennen.

Das oben Gesagte bezieht sich auf eine strategische Aktion, eine Schlacht oder ein Gefecht. Ein erfahrener Befehlshaber wird, falls er bescheiden zu lernen bereit ist, imstande sein, sich mit den Besonderheiten seiner eigenen Truppen (Kommandeure, Kämpfer, Waffen, Versorgung usw. sowie all dies zusammengenommen), den Besonderheiten der gegnerischen Truppen (ebenso Kommandeure, Kämpfer, Waffen, Versorgung usw. und das alles zusammengenommen) und allen anderen den Krieg betreffenden politischen, ökonomischen, geographischen, klimatischen und sonstigen Bedingungen gründlich vertraut zu machen; ein solcher Befehlshaber wird dann bei der Leitung eines Krieges oder einer Kampfhandlung seiner Sache verhältnismäßig sicher sein und eher Siege erringen können. Das ergibt sich daraus, daß er nach einer längeren Zeitspanne die gegnerische wie die eigene Situation erkannt, die Gesetze des Handelns ermittelt und den Widerspruch zwischen dem Subjektiven und dem Objektiven gelöst hat. Dieser Erkenntnisprozeß ist außerordentlich wichtig; ohne eine solche lange Erfahrung ist es schwer, die Gesetze des Krieges in seiner Gesamtheit zu begreifen und zu beherrschen. Ein Anfänger oder jemand, der nur auf dem Papier Krieg zu führen versteht, kann kein wirklich fähiger Befehlshaber auf höherer Ebene sein; um ein solcher zu werden, muß man im Verlauf des Krieges selbst lernen.

Alle militärischen Gesetze oder Theorien von grundsätzlichem Charakter sind Verallgemeinerungen der Erfahrungen früherer Kriege, die von unseren Vorgängern oder Zeitgenossen vorgenommen wurden. Diese mit Blut erkauften Lehren früherer Kriege, die uns als Erbe hinterlassen worden sind, müssen wir nachdrücklich studieren. Das ist die eine Sache. Es gibt aber noch eine andere Sache, nämlich diese Schlußfolgerungen an Hand der eigenen Erfahrung zu überprüfen, davon das Nützliche zu übernehmen, das Nutzlose zu verwerfen, das, was uns eigen ist, hinzuzufügen. Letzteres ist ungemein wichtig, da wir anderenfalls nicht imstande sind, einen Krieg zu leiten.

Lesen ist Lernen, aber die praktische Anwendung ist auch Lernen, und zwar eine noch wichtigere Art des Lernens. Das Kriegführen durch den Krieg selbst erlernen - das ist unsere Hauptmethode. Wer keine Gelegenheit hatte, eine Schule zu besuchen, kann gleichfalls das Kriegführen erlernen, nämlich im Krieg selbst. Ein revolutionärer Krieg ist Sache der Volksmassen; meistens ist es so, daß man nicht zuerst lernt, um dann zu handeln, sondern zuerst handelt und dabei lernt; Handeln heißt eben schon Lernen. Zwischen einem Zivilisten und einem Soldaten besteht ein Abstand, doch ist dieser nicht die Große Mauer, er kann rasch überwunden werden, und die Methode zur Überwindung dieses Abstands ist die Teilnahme an der Revolution, am Krieg. Wenn wir sagen, daß Lernen und Anwenden des Gelernten nicht leicht sei, so meinen wir, daß es schwer ist, etwas gründlich zu lernen und das Erlernte mit Geschick anzuwenden. Wenn wir sagen, daß Zivilisten rasch Soldaten werden können, so meinen wir, daß es nicht schwer ist, die Schwelle zu überschreiten. Um die beiden Aussagen zusammenzufügen, könnte man das alte chinesische Sprichwort heranziehen: "Für Menschen starken Willens gibt es auf der Welt nichts Schwieriges." Die Schwelle zu überschreiten ist also nicht schwer, und auch Meisterschaft zu erlangen ist möglich, wenn man einen starken Willen hat und zu lernen versteht.

Die militärischen Gesetze sind - ebenso wie die Gesetze, die alle anderen Dinge regieren - eine Widerspiegelung der objektiven Wirklichkeit[Anmerkung 44] in unserem Gehirn; alles, was außerhalb unseres Bewußtseins existiert, ist objektive Realität. Daher gehören zu den Objekten des Studiums und der Erkenntnis sowohl die Lage des Gegners als auch unsere eigene Situation, müssen diese beiden Seiten als Objekte der Untersuchung betrachtet werden, während lediglich unser Gehirn (das Denken) das untersuchende Subjekt ist. Es gibt Leute, die sich selbst gut kennen, ihren Feind aber schlecht; es gibt wieder andere Leute, bei denen es umgekehrt ist. Weder diese noch jene sind imstande, das Problem des Studiums und der Anwendung der Gesetze des Krieges zu bewältigen. Der große Militärwissenschaftler des chinesischen Altertums Sun Wu-dsi[Anmerkung 45] sagte in seinem Buch: "Kennst du den Feind und kennst du dich selbst - hundert Schlachten ohne Schlappe." Der Inhalt dieses Ausspruchs bezieht sich auf beide Phasen: auf das Lernen und auf die Anwendung des Gelernten, auf die Erkenntnis der Entwicklungsgesetze der objektiven Realität und auf die diesen Gesetzen entsprechende Festlegung der eigenen Aktionen zur Überwindung des gegebenen Feindes: Wir dürfen diesen Ausspruch nicht geringschätzen.

Der Krieg ist die höchste Form des Kampfes zwischen einzelnen Nationen, Staaten, Klassen oder politischen Gruppen; alle Gesetze des Krieges werden von den kriegführenden Nationen, Staaten, Klassen oder politischen Gruppen benutzt, um den Sieg zu erringen. Es steht außer Frage, daß Sieg oder Niederlage in einem Krieg in der Hauptsache durch die militärischen, politischen, wirtschaftliche Einnahmen und Naturbedingungen bestimmt wird, unter denen die beiden Seiten den Krieg führen. Doch damit nicht genug. Der Ausgang des Krieges wird auch durch die jeweilige subjektive Fähigkeit bestimmt, die Kriegshandlungen zu leiten. Ein Stratege kann nicht trachten, den Krieg zu gewinnen, indem er sich über die durch die materiellen Bedingungen gezogenen Grenzen hinwegsetzt; doch innerhalb dieser Grenzen kann und muß er den Sieg anstreben. Die Aktionsbühne eines Strategen ruht auf den Pfeilern der objektiven materiellen Bedingungen, doch auf diesen Brettern kann er eine Menge klangreicher und farbenprächtiger, kraftvoller und majestätischer Stücke inszenieren. Auf der gegebenen objektiven materiellen Basis, d. h. unter den gegebenen militärischen, politischen, wirtschaftlichen und Naturbedingungen, müssen daher die Führer unserer Roten Armee alle ihre Fähigkeiten aufbieten und die ganze Armee mit sich führen, um die nationalen und die Klassenfeinde zu zerschlagen und diese schlechte Welt zu verändern. Hier ist der Platz, wo sich unsere subjektive Fähigkeit zur Führung entfalten kann und muß. Wir werden keinem Kommandeur der Roten Armee gestatten, zu einem blindwütig um sich schlagenden Draufgänger zu werden; wir müssen vielmehr jeden Kommandeur dazu ermuntern, ein kühner Held mit klarem Kopf zu werden, der sowohl eine alles überwindende Tapferkeit als auch die Fähigkeit besitzt, bei allen Veränderungen und Neuentwicklungen während des ganzen Krieges Herr der Situation zu bleiben. Im Ozean des Krieges schwimmend, darf der Kommandeur nicht untergehen, er muß vielmehr mit abgemessenen Stößen sicher ans andere Ufer gelangen. Die Gesetze der Kriegführung meistern heißt eben die Kunst beherrschen, im Ozean des Krieges zu schwimmen.

Soviel über unsere Methode.

Die Ursachen für das Entstehen und die Existenz der roten Macht in China: Die kommunistische Partei Chinas und der revolutionäre Krieg in China

Der im Jahre 1924 begonnene revolutionäre Krieg in China ist durch zwei Perioden hindurchgegangen, die erste von 1924 bis 1927, die zweite von 1927 bis 1936; nunmehr beginnt die Periode des revolutionären nationalen Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression. In allen diesen drei Perioden stand und steht der revolutionäre Krieg unter der Führung des chinesischen Proletariats und seiner Partei, der Kommunistischen Partei Chinas. Die Hauptfeinde im revolutionären Krieg Chinas sind der Imperialismus und die feudalen Kräfte. Die chinesische Bourgeoisie kann zwar zu gewissen historischen Zeitpunkten am revolutionären Krieg teilnehmen, aber infolge ihrer Eigennützigkeit und ihrer mangelnden politischen und ökonomischen Selbständigkeit ist sie weder willens noch imstande, den revolutionären Krieg Chinas auf den Weg des vollen Sieges zu führen. Die Massen der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums Chinas sind bereit, am revolutionären Krieg aktiv teilzunehmen und ihm zum vollen Sieg zu verhelfen. Sie bilden die Hauptkräfte im revolutionären Krieg; in ihrer Eigenschaft als Kleinproduzenten haben sie jedoch einen engen politischen Horizont (während ein Teil der arbeitslosen Massen anarchistischen Ideen anhängt), so daß sie nicht die richtigen Führer im Krieg sein können. Es kann daher nicht anders sein, als daß in einer Ära, da bereits das Proletariat die politische Bühne betreten hat, die Verantwortung für die Führung im chinesischen revolutionären Krieg auf den Schultern der Kommunistischen Partei Chinas liegt. Ohne oder gegen die Führung durch das Proletariat und die Kommunistische Partei muß jeder revolutionäre Krieg in einer solchen Zeit unweigerlich mit einer Niederlage enden. Denn im halbkolonialen China sind von allen sozialen Schichten und politischen Gruppen das Proletariat und die Kommunistische Partei die einzigen, denen am wenigsten Engstirnigkeit und Selbstsucht eigen sind, die den weitesten politischen Gesichtskreis und die höchste Organisiertheit besitzen, die überdies auch am ehesten imstande sind, die Erfahrungen des fortgeschrittenen Proletariats und seiner Parteien in der Welt unvoreingenommen zu übernehmen und für die eigene Sache auszunutzen. Deshalb sind nur das Proletariat und die Kommunistische Partei imstande, die Bauernschaft, das städtische Kleinbürgertum und die Bourgeoisie zu führen, die Borniertheit der Bauernschaft und des Kleinbürgertums, die destruktiven Neigungen der arbeitslosen Massen wie auch die Schwankungen und die Inkonsequenz der Bourgeoisie zu überwinden (vorausgesetzt, daß die Kommunistische Partei in ihrer Politik keine Fehler macht) und somit die Revolution und den Krieg auf den Weg des Sieges zu bringen.

Der revolutionäre Krieg von 1924 bis 1927 verlief im wesentlichen unter Bedingungen, da das internationale und das chinesische Proletariat sowie ihre Parteien einen politischen Einfluß auf die nationale Bourgeoisie Chinas und deren Partei ausübten und mit ihnen politisch zusammenarbeiteten. Im kritischen Augenblick der Revolution und des Krieges kam es jedoch, vor allem wegen des Verrats der Großbourgeoisie, zugleich aber auch deswegen, weil die Opportunisten in den Reihen der Revolution freiwillig auf die Führung in der Revolution verzichtet hatten, zu einer Niederlage in diesem revolutionären Krieg.

Der Agrarrevolutionäre Krieg, der 1927 begonnen hat und bis jetzt andauert, wird unter neuen Bedingungen geführt. Der Feind ist diesmal nicht nur der Imperialismus, sondern auch der Block der Großbourgeoisie und der Großgrundherren. Und die nationale Bourgeoisie ist zu einem Anhängsel der Großbourgeoisie geworden. Dieser revolutionäre Krieg wird ausschließlich von der Kommunistischen Partei geleitet, die in ihm bereits die absolute Führung übernommen hat. Diese absolute Führung durch die Kommunistische Partei ist die wichtigste Voraussetzung dafür, daß der revolutionäre Krieg beharrlich zu Ende geführt wird. Ohne diese absolute Führung wäre es undenkbar gewesen, daß dieser revolutionäre Krieg mit einer solchen Ausdauer geführt werden konnte.

Die Kommunistische Partei Chinas, die sich mutig und entschlossen an die Spitze des revolutionären Krieges in China gestellt hatte, erwies sich im Laufe von 15 langen Jahren[Anmerkung 46] vor den Augen aller Chinesen als Freund des Volkes, der jederzeit in der vordersten Linie des revolutionären Krieges zur Verteidigung der Interessen des Volkes, für seine Freiheit und Befreiung stand.

Durch ihren schweren Kampf, der Hunderttausenden von heldenhaften Parteimitgliedern und Zehntausenden von heldenhaften Funktionären Blut und Leben kostete, hat die Kommunistische Partei Chinas auf Hunderte Millionen von Menschen der ganzen Nation eine große erzieherische Wirkung ausgeübt. Die großen historischen Leistungen der Kommunistischen Partei Chinas in ihrem revolutionären Kampf haben die Voraussetzung dafür geschaffen, daß China in dem kritischen Augenblick der Invasion des nationalen Feindes gerettet werden und fortbestehen kann; diese Voraussetzung besteht darin, daß China einen politischen Führer hat, der das Vertrauen der großen Mehrheit des Volkes genießt, eine lange zeit hindurch vom Volk erprobt und daher von diesem selbst erwählt worden ist. Heute hört das Volk auf die Kommunistische Partei mehr als auf jede andere politische Partei. Ohne den schweren Kampf der Kommunistischen Partei Chinas in den vergangenen 18 Jahren wäre es unmöglich, China vor der neuen Gefahr einer nationalen Unterjochung zu retten.

Im Verlauf des revolutionären Krieges hat die Kommunistische Partei Chinas außer dem Rechtsopportunismus Tschen Du-hsius[Anmerkung 47] und dem "linken" Opportunismus Li Li-sans[Anmerkung 48] noch zwei weitere Fehler begangen. Der erste von ihnen war der "linke" Opportunismus in den Jahren 1931 bis 1934,[Anmerkung 49] der äußerst schwere Verluste im Agrarrevolutionären Krieg verursachte und zu dem Ergebnis führte, daß bei der Abwehr des fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" der Feind nicht geschlagen werden konnte, statt dessen unsere Stützpunktgebiete verlorengingen und die Rote Armee geschwächt wurde. Dieser Fehler wurde auf der erweiterten Tagung des Politbüros des Zentralkomitees in Dsunyi im Januar 1935 korrigiert. Der zweite Fehler war der Rechtsopportunismus von Dschang Guo-tao in den Jahren 1935/36[2] Partei. der solche Ausmaße annahm, daß die Disziplin in der Partei und in der Roten Armee untergraben wurde und ein Teil der Hauptkräfte der Roten Armee schwere Verluste erlitt. Aber dank der richtigen Führung des Zentralkomitees und dem politischen Bewußtsein der Parteimitglieder in den Reihen der Roten Armee sowie der Kommandeure und Kämpfer wurde schließlich auch dieser Fehler berichtigt. All diese Fehler waren natürlich für unsere Partei, unsere Revolution und unseren Krieg schädlich, doch wir haben sie schließlich überwunden, und unsere Partei sowie unsere Rote Armee wurden durch die Überwindung dieser Fehler gestählt, so daß sie noch stärker geworden sind. Die Kommunistische Partei Chinas hatte und hat auch weiterhin die Führung in dem revolutionären Krieg inne, der so stürmisch, ruhmvoll und siegreich ist. Dieser Krieg ist nicht nur das Banner der Befreiung Chinas, sondern auch von internationaler revolutionärer Bedeutung. Die Augen der revolutionären Volksmassen der Welt sind auf uns gerichtet. In der neuen Periode, nämlich im revolutionären nationalen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression, werden wir die chinesische Revolution zu ihrer Vollendung führen und obendrein einen tiefgehenden Einfluß auf die Revolution im Osten und in der ganzen Welt ausüben. Der vergangene revolutionäre Krieg hat bewiesen, daß wir nicht nur eine richtige marxistische politische Linie, sondern auch eine richtige marxistische militärische Linie brauchen. Im Laufe von 11 Jahren Revolution und Krieg wurden solche politischen und militärischen Linien erarbeitet. Wir sind überzeugt, daß wir diese Linien in der kommenden neuen Periode des Krieges auf Grund der neuen Umstände weiterentwickeln, vervollständigen und bereichern und so unser Ziel, den Feind der Nation zu besiegen, erreichen werden. Die Geschichte lehrt uns, daß richtige politische und militärische Linien nicht spontan und friedlich, sondern im Kampf entstehen und sich entwickeln. Der Kampf für diese Linien muß einerseits gegen den "linken" Opportunismus, andererseits gegen den Rechtsopportunismus geführt werden. Wenn man diese schädlichen Abweichungen, die die Revolution und den revolutionären Krieg gefährden, nicht bekämpft und restlos überwindet, ist es unmöglich, eine richtige Linie auszuarbeiten und im revolutionären Krieg zu siegen. Das ist der Grund, warum ich in dieser Broschüre öfters auf die irrigen Ansichten zu sprechen komme.

Die selbständige Macht im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet und die Augustniederlage: Die Besonderheiten des revolutionären Krieges in China

1. Die Bedeutung dieser Frage

Jene Leute, die nicht zugeben, nicht wissen oder nicht wissen wollen, daß der revolutionäre Krieg in China seine Besonderheiten hat, setzen den Krieg der Roten Armee gegen die Kuomintang-Truppen dem Krieg im allgemeinen oder dem Bürgerkrieg in der Sowjetunion gleich. Die Erfahrungen des von Lenin und Stalin geleiteten Bürgerkriegs in der Sowjetunion haben Weltbedeutung. Alle kommunistischen Parteien, unter ihnen auch die Kommunistische Partei Chinas, betrachten diese Erfahrungen und ihre theoretische Verallgemeinerung durch Lenin und Stalin als ihren Wegweiser. Das bedeutet aber nicht, daß wir sie mechanisch auf unsere Verhältnisse anwenden sollen. Der revolutionäre Krieg in China ist in vieler Hinsicht durch Besonderheiten gekennzeichnet, die ihn vom Bürgerkrieg in der Sowjetunion unterscheiden. Es wäre natürlich ein Fehler, diese Besonderheiten nicht zu berücksichtigen oder sie zu leugnen. Das wurde durch unseren zehnjährigen Krieg voll und ganz bestätigt.

Unser Feind machte ähnliche Fehler. Er gab nicht zu, daß man im Krieg gegen die Rote Armee eine andere Strategie und Taktik anwenden müßte als in Kriegen gegen andere. Gestützt auf seine Überlegenheit in verschiedener Hinsicht, unterschätzte er uns und klammerte sich an seine alten Methoden der Kriegführung. So verhielt es sich sowohl in der Zeit seines vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" im Jahre 1933 als auch vorher, und das Ergebnis war, daß der Feind eine Reihe von Niederlagen einstecken mußte. Der erste, der in der Kuomintang-Armee eine neue Ansicht in dieser Frage vorbrachte, war der reaktionäre General Liu We-yüan, dem dann Dai Yüä folgte. Schließlich wurde ihre Ansicht von Tschiang Kai-schek akzeptiert. So kam es zur Gründung des Offiziersausbildungskorps Tschiang Kai-scheks in Luschan[Anmerkung 50] und zur Aufstellung der neuen reaktionären militärischen Prinzipien,[Anmerkung 51] die dann im fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" angewandt wurden.

Als der Feind seine militärischen Prinzipien änderte, um sie den Verhältnissen, unter denen er gegen die Rote Armee zu kämpfen hatte, anzupassen, traten jedoch in unseren Reihen Leute auf, die wieder in den "alten Trott" verfielen. Sie bestanden darauf, daß man zu den Methoden zurückkehrt, die den allgemeinen Umständen entsprechen, weigerten sich, jeweils die Besonderheit einer jeden Situation in Betracht zu ziehen, verwarfen die von der Roten Armee in ihren blutigen Schlachten erworbenen Exfahrungen, unterschätzten die Kräfte des Imperialismus und der Kuomintang sowie die Stärke der Kuomintang-Armee, drückten vor den neuen reaktionären Prinzipien, die der Feind anwandte, ein Auge zu. Das Ergebnis war, daß bis auf das Schensi-Kansu-Grenzgebiet alle revolutionären Stützpunktgebiete verlorengingen, die Stärke der Roten Armee von 300 000 auf einige Zehntausend Mann zurückging und sich die Mitgliederzahl der Kommunistischen Partei Chinas von 300 000 auf einige Zehntausend verringerte, wobei die Parteiorganisationen in den Kuomintang-Gebieten fast restlos zerschlagen wurden. Mit einem Wort, es folgte eine schwere historische Strafe. Diese Leute nannten sich Marxisten-Leninisten, aber in Wirklichkeit hatten sie vom Marxismus-Leninismus nichts gelernt. Lenin sagte, das innerste Wesen des Marxismus, seine lebendige Seele, bestehe in der konkreten Analyse einer konkreten Situation.[Anmerkung 52] Und gerade das haben diese Genossen vergessen.

Daraus kann man ersehen, daß man ohne Verständnis für die Besonderheiten des revolutionären Krieges in China nicht imstande ist, diesen Krieg zu leiten und ihn auf den Weg des Sieges zu führen.

2. Was sind die Besonderheiten des revolutionären Krieges in China?

Was sind nun die Besonderheiten des revolutionären Krieges in China?

Meiner Meinung nach gibt es vier hauptsächliche Besonderheiten. Die erste Besonderheit: China ist ein großes, halbkoloniales Land, das in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ungleichmäßig entwickelt ist und die Revolution von 1924-1927 durchgemacht hat.

Diese Besonderheit besagt, daß der revolutionäre Krieg in China sich entwickeln und mit dem Sieg enden kann. Wir haben bereits damals (auf dem I. Parteitag des Hunan-Kiangsi-Grenzgebiets[Anmerkung 53]) darauf hingewiesen, nachdem im Winter 1927 und im Frühjahr 1928, kurz nach dem Beginn des Partisanenkriegs in China, manche Genossen aus dem Djinggang-Gebirge an der Grenze der Provinzen Hunan und Kiangsi die Frage gestellt hatten: "Wie lange werden wir die rote Fahne noch hochhalten können?" Denn das war eine Frage von fundamentalster Bedeutung; ohne Beantwortung der Frage, ob die revolutionären Stützpunktgebiete in China und die chinesische Rote Armee bestehen und sich entwickeln könnten, hätten wir keinen einzigen Schritt vorwärts machen können. Der VI. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1928 hat nochmals die Antwort auf diese Frage gegeben. Seither verfügt die revolutionäre Bewegung in China über eine richtige theoretische Grundlage. Betrachten wir nun diese Frage im einzelnen.

Die politische und wirtschaftliche Entwicklung Chinas verläuft ungleichmäßig. Nebeneinander bestehen gleichzeitig: eine schwächliche kapitalistische Wirtschaft und eine gewichtige halbfeudale Wirtschaft; ein paar moderne Industrie- und Handelsstädte und eine riesige Zahl stagnierender Dörfer; einige Millionen Industriearbeiter und mehrere hundert Millionen unter dem Joch der alten Gesellschaftsordnung leidender Bauern und Handwerker; große Militärmachthaber, die die Zentralregierung in Händen haben, und kleine Militärmachthaber, die in den einzelnen Provinzen herrschen; zwei Sorten von reaktionären Truppen, nämlich die sogenannte Zentralarmee unter Tschiang Kai-schek und die den Militärmachthabern der einzelnen Provinzen unterstellten sogenannten buntscheckigen Heerhaufen; einige wenige Eisenbahnen, Schiffahrtslinien und Autostraßen sowie eine Unmenge von Karrenwegen, Fußpfaden und Pfaden, die sogar für Fußgänger schwer passierbar sind.

China ist ein halbkoloniales Land. Die Uneinigkeit unter den Imperialisten führt zu einer Uneinigkeit unter den herrschenden Gruppen in China. Zwischen einem halbkolonialen Land, in dem mehrere Staaten schalten und walten, und einer Kolonie, in der ein einziger Staat das Heft in der Hand hat, besteht ein Unterschied.

China ist ein großes Land. "Ist es dunkel im Osten, so ist es hell im Westen; verfinstert sich der Süden, so leuchtet immer noch der Norden", und so braucht man denn nicht zu befürchten, daß es an Raum zum Manövrieren mangeln könnte.

China hat eine große Revolution erlebt, die den Boden für die Geburt der Roten Armee vorbereitete, die die Führerin der Roten Armee - die Kommunistische Partei - heranbildete und die die Volksmassen, die bereits einmal an der Revolution teilgenommen hatten, ausbildete.

Deshalb sagen wir eben: Die erste Besonderheit des revolutionären Krieges in China besteht darin, daß China ein großes halbkoloniales Land ist, das bereits eine Revolution durchgemacht hat und in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ungleichmäßig entwickelt ist. Diese Besonderheit bestimmt von Grund auf nicht nur unsere politische, sondern auch unsere militärische Strategie und Taktik.

Die zweite Besonderheit: unser Feind ist stark.

Wie liegen die Dinge beim Gegner der Roten Armee, bei der Kuomintang? Die Kuomintang ist eine Partei, die die politische Macht an sich gerissen und ihre Herrschaft mehr oder weniger gefestigt hat. Sie hat die Unterstützung der wichtigsten imperialistischen Staaten der Welt erlangt. Sie hat ihre Armee reorganisiert, sie zu einer Armee umgebaut, die sich von jeder anderen Armee in der Geschichte Chinas unterscheidet und im großen und ganzen den Armeen der modernen Staaten der Welt gleicht. Hinsichtlich ihrer Versorgung mit Waffen und sonstigem Kriegsmaterial übertrifft sie bedeutend die Rote Armee, und hinsichtlich ihrer zahlenmäßigen Stärke ist sie jeder Armee in der Geschichte Chinas und jedem stehenden Heer irgendeines anderen Landes der Welt überlegen. Zwischen der Kuomintang-Armee und der Roten Armee besteht ein himmelweiter Unterschied. Die Kuomintang kontrolliert die Schlüsselstellungen und Kommandohöhen in der Politik, in der Wirtschaft, im Verkehrswesen und im Kulturleben Chinas, ihre Macht erstreckt sich über das ganze Land.

Einem so starken Feind steht die chinesische Rote Armee gegenüber. Das ist die zweite Besonderheit des revolutionären Krieges in China. Aus dieser Besonderheit ergibt sich, daß sich die Kriegführung der Roten Armee in vieler Hinsicht sowohl von den Kriegen im allgemeinen als auch vom Bürgerkrieg in der Sowjetunion und vom Nordfeldzug unterscheiden muß.

Die dritte Besonderheit: die Rote Armee ist schwach.

Die chinesische Rote Armee ist nach der Niederlage der ersten großen Revolution entstanden, und zwar anfänglich in der Form von Partisaneneinheiten. Dies ereignete sich nicht nur in einer Periode der Reaktion in China, sondern auch in einer Periode der relativen politischen und wirtschaftlichen Stabilisierung in den reaktionären kapitalistischen Ländern der Welt.

Unser politischer Machtbereich befindet sich in verstreuten und isolierten gebirgigen oder abgelegenen Gegenden, wohin keinerlei Hilfe von außen gelangt. Die wirtschaftlichen und kulturellen Bedingungen in den revolutionären Stützpunktgebieten sind im Vergleich zu denen im Machtbereich der Kuomintang rückständig. In den revolutionären Stützpunktgebieten gibt es nur Dörfer und Kleinstädte. Diese Gebiete waren anfangs von sehr geringer Ausdehnung und sind auch in der Folge nicht viel größer geworden. Außerdem sind sie nicht stabil; die Rote Armee besitzt keine wirklich festen Stützpunkte.

Die Rote Armee ist zahlenmäßig schwach, schlecht bewaffnet und hat äußerst große Schwierigkeiten bei ihrer Versorgung mit Nahrungsmitteln, Bekleidung und sonstigen Materialien. Diese Besonderheit steht in krassem Kontrast zu der vorher erwähnten. Aus diesem krassen Kontrast ergeben sich Strategie und Taktik der Roten Armee.

Die vierte Besonderheit: die Führung durch die Kommunistische Partei und die Agrarrevolution.

Diese Besonderheit ist eine unausbleibliche Folge der ersten Besonderheit. Daraus ergeben sich zwei Aspekte. Erstens: Der revolutionäre Krieg in China kann - obwohl er in einer Periode der Reaktion in China und in der ganzen kapitalistischen Welt stattfindet - mit dem Sieg enden, weil er von der Kommunistischen Partei geleitet wird und die Unterstützung der Bauernschaft genießt; unsere Stützpunktgebiete stellen trotz ihrer geringen Ausmaße in politischer Hinsicht eine beträchtliche Macht dar, behaupten sich standhaft gegen das Kuomintang-Regime mit seinem riesigen Machtbereich und bereiten in militärischer Hinsicht den Kuomintang-Truppen bei ihren Angriffen sehr große Schwierigkeiten, weil die Bauern uns unterstützen; die Rote Armee verfügt trotz ihrer zahlenmäßigen Schwäche über eine große Kampfkraft, da ihre Angehörigen, geführt von der Kommunistischen Partei, aus der Agrarrevolution hervorgegangen sind und für ihre eigenen Interessen kämpfen, wobei zwischen Kommandeuren und Kämpfern eine politische Einheit besteht.

Zweitens: Die Kuomintang steht in krassem Kontrast dazu; sie ist gegen die Agrarrevolution und erhält daher keinerlei Unterstützung durch die Bauernschaft; obwohl sie eine zahlenmäßig starke Armee hat, kann sie die Massen der Soldaten und viele aus den Reihen der Kleinproduzenten stammende Offiziere der unteren Dienstgrade nicht dazu bringen, freiwillig ihr Leben für die Kuomintang in die Schanze zu schlagen; zwischen Offizieren und Soldaten besteht politisch eine Trennungslinie, was die Kampfkraft der Kuomintang-Armee herabmindert.

3. Unsere daherrührende Strategie und Taktik

Ein großes halbkoloniales Land, das eine große Revolution erlebt und sich in politischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht ungleichmäßig entwickelt hat; ein starker Feind; eine schwache Rote Armee; die Agrarrevolution - das sind die vier hauptsächlichen Besonderheiten des revolutionären Krieges in China. Diese Besonderheiten bestimmen die Leitlinie sowie viele strategische und taktische Prinzipien des revolutionären Krieges in China. Aus der ersten und der vierten Besonderheit folgt, daß die chinesische Rote Armee imstande ist, sich zu entwickeln und ihren Feind zu besiegen. Aus der zweiten und der dritten Besonderheit folgt, daß sie sich nicht sehr rasch entwickeln und ihren Feind nicht in kurzer Zeit besiegen kann, das heißt, daß der Krieg langwierig sein wird und, falls er schlecht geführt wird, sogar mit einer Niederlage enden könnte.

Das sind eben die beiden Seiten des revolutionären Krieges in China. Diese beiden Seiten existieren nebeneinander, das heißt, es bestehen sowohl günstige als auch schwierige Bedingungen. Das ist das Grundgesetz des revolutionären Krieges in China, von dem sich viele andere Gesetze ableiten. Die Geschichte unseres zehnjährigen Krieges hat die Gültigkeit dieses Gesetzes bewiesen. Wer seine Augen vor diesem Grundgesetz verschließt, der ist außerstande, den revolutionären Krieg in China zu leiten und die Rote Armee zum Sieg zu führen.

Es ist durchaus klar, daß nachstehende prinzipielle Fragen eine richtige Lösung fordern. Wir müssen die strategische Orientierung richtig bestimmen, bei der Offensive dem Abenteurertum, in der Defensive dem Konservatismus entgegentreten, bei einer Truppenverlegung die Fluchtmentalität bekämpfen; gegen das Partisanentum in der Roten Armee auftreten, zugleich aber ihren Partisanencharakter anerkennen; in operativer Hinsicht langwierige Kampfhandlungen und in strategischer Hinsicht einen Krieg mit rascher Entscheidung ablehnen, dagegen einen langwierigen Krieg in strategischer und Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung in operativer Hinsicht bejahen; stabile Frontlinien und Stellungskrieg verwerfen, bewegliche Frontlinien und Bewegungskrieg befürworten; Kampfhandlungen mit dem Ziel, den Gegner in die Flucht zu schlagen, verneinen, aber solche zur Vernichtung des Gegners bejahen; die Idee von Schlägen mit beiden Fäusten in zwei strategischen Richtungen bekämpfen, für die Idee von einem Schlag mit einer Faust in einer strategischen Richtung eintreten; das Prinzip eines aufgeblähten Hinterlandsapparates ablehnen, dagegen das Prinzip eines kleinen Hinterlandsapparates befürworten; eine absolute Zentralisierung des Kommandos bekämpfen, für dessen relative Zentralisierung eintreten; dem rein militärischen Gesichtspunkt sowie der Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen entgegentreten und die Rote Armee als die Propagandistin und die Organisatorin der chinesischen Revolution anerkennen das Banditentum[Anmerkung 54] bekämpfen und für eine straffe politische Disziplin eintreten; das Militärmachthabertum verwerfen und eine innerhalb gewisser Grenzen gehaltene Demokratie sowie eine auf Autorität beruhende militärische Disziplin befürworten; eine falsche, sektiererische Kaderpolitik ablehnen und eine richtige bejahen; eine Politik der Selbstisolierung verwerfen und für die Gewinnung aller möglichen Bundesgenossen eintreten; und schließlich ein Stehenbleiben der Roten Armee auf der alten Stufe bekämpfen und ihre Höherentwicklung auf eine neue Stufe fördern. Mit der Behandlung der strategischen Probleme wollen wir all diese Fragen im Lichte der Erfahrungen des zehnjährigen blutigen revolutionären Krieges in China eingehend darlegen.

Die Bedeutung der selbständigen Macht im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet für die Provinzen Hunan, Hupeh und Kiangsi: "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" und Gegenoperationen - Die Hauptformen des Bürgerkriegs in China

In den seit Beginn des Partisanenkriegs verflossenen zehn Jahren war jede selbständige rote Partisanenabteilung oder Einheit der Roten Armee, jedes revolutionäre Stützpunktgebiet stets den "Einkreisungs und Ausrottungsfeldzügen" des Feindes ausgesetzt. Der Feind betrachtet die Rote Armee als ein Monstrum, das er, sobald es auftaucht, einzufangen sucht. Er ist stets darauf aus, der Roten Armee nachzusetzen und sie einzukreisen. Seit zehn Jahren hat sich diese Kampfform nicht geändert, und sie wird sich auch, wenn der Bürgerkrieg nicht einem nationalen Krieg weichen sollte, so lange nicht ändern, bis der Feind die schwächere und die Rote Armee die stärkere Seite geworden ist.

Die Aktivität der Roten Armee hat die Form von Gegenoperationen zur Abwehr der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" angenommen. Wenn von unseren Siegen die Rede ist, so handelt es sich hauptsächlich um Siege in den Gegenoperationen, also um strategische und operative Siege. Der Kampf gegen einen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" war jedesmal eine Operation, die häufig aus einigen bis einigen Dutzend größeren und kleineren Gefechten bestand. Solange ein "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" nicht im wesentlichen zerschlagen war, konnte von einem strategischen Sieg oder einem siegreichen Abschluß der ganzen Operation nicht die Rede sein, selbst wenn in deren Verlauf eine große Anzahl von Gefechten gewonnen worden waren. Die zehnjährige Geschichte des von der Roten Armee geführten Krieges ist eine Geschichte von Gegenoperationen zur Abwehr der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge".

Sowohl bei den "Feldzügen" des Feindes als auch bei den Gegenoperationen der Roten Armee wurden die beiden Arten des Kampfes, Angriff und Verteidigung, angewandt, und in dieser Hinsicht gibt es keinen Unterschied zu anderen Kriegen in Vergangenheit oder Gegenwart, in China oder im Ausland. Die Besonderheit des chinesischen Bürgerkriegs jedoch ist der wiederholte Wechsel zwischen diesen beiden Arten im Laufe eines langen Zeitraums. Bei jedem seiner "Feldzüge" griff der Feind die sich verteidigende Rote Armee an, und die Rote Armee setzte dem feindlichen Angriff ihre Verteidigung entgegen - das war die erste Phase unserer Gegenoperation. Wenn sich der Feind gegen die angreifende Rote Armee verteidigte und die Rote Armee der feindlichen Verteidigung ihren Angriff entgegensetzte, dann war das die zweite Phase unserer Gegenoperation. Jeder "Feldzug" bestand aus diesen beiden Phasen, und sie wechselten einander im Laufe einer längeren Zeitperiode ab.

Mit dem wiederholten Wechsel im Laufe einer längeren Zeitspanne meinen wir die Wiederholung der Formen des Krieges und den Wechsel der Arten des Kampfes. Das ist eine für jedermann offenkundige Tatsache. "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" auf der einen und Gegenoperation auf der anderen Seite, das ist die Wiederholung der Formen des Krieges. In jedem "Feldzug" besteht der Wechsel der Arten des Kampfes darin, daß die erste Phase, in welcher der Feind unserer Verteidigung seinen Angriff entgegensetzt, während wir uns gegen den feindlichen Angriff verteidigen, von der zweiten Phase abgelöst wird, in der wir der feindlichen Verteidigung unseren Angriff entgegensetzen, während sich der Feind gegen unseren Angriff verteidigt.

Was aber den Inhalt des Krieges und der Kämpfe betrifft, so haben wir es hier nicht mit einer einfachen Wiederholung zu tun, sondern mit einer jedesmaligen Änderung. Auch das ist eine für jedermann offenkundige Tatsache. Es stellte sich hier die Gesetzmäßigkeit ein, daß mit jedem "Feldzug" und jeder Gegenoperation das Ausmaß größer, die Lage komplizierter und die Kämpfe erbitterter wurden.

Das heißt jedoch nicht, daß es da kein Auf und Ab gegeben hätte. Nach dem fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" wurde das Ausmaß der "Feldzüge" kleiner, die Lage weniger kompliziert, die Heftigkeit der Kämpfe geringer, weil die Rote Armee äußerst geschwächt war, alle Stützpunktgebiete im Süden verlorengegangen waren, die Rote Armee ihre Standorte nach dem Nordwesten verlegt hatte und nicht mehr eine so wichtige Position wie im Süden innehatte, um den einheimischen Feind bedrohen zu können.

Was ist eine Niederlage der Roten Armee? Nur wenn eine Gegenoperation völlig gescheitert ist, kann man das, strategisch gesehen, als eine Niederlage bezeichnen, aber auch dann lediglich als eine teilweise und zeitweilige Niederlage. Denn eine totale Niederlage im Bürgerkrieg würde bedeuten, daß die Rote Armee restlos vernichtet ist, was jedoch niemals der Fall war. Der Verlust ausgedehnter Stützpunktgebiete und die Standortverlegung der Roten Armee stellten eine zeitweilige und teilweise Niederlage dar, aber keine endgültige und vollständige Niederlage, wenn auch diese Teilniederlage den Verlust von 90 Prozent des Mitgliederstands der Partei, der Truppenstärke der Roten Armee und des Umfangs der Stützpunktgebiete mit sich gebracht hat. Wir nennen diese Tatsache eine Fortsetzung der Defensive der Roten Armee und ihre Verfolgung durch den Feind eine Fortsetzung seiner Offensive. Das heißt, in dem Kampf zwischen dem "Feldzug" und der Gegenoperation verwandelte sich unsere Defensive nicht in eine Offensive, sondern wurde durch die Offensive des Feindes zerschlagen, und so wurde aus unserer Verteidigung ein Rückzug, aus dem Angriff des Feindes eine Verfolgung. Als jedoch die Rote Armee in ein neues Gebiet gelangt war, beispielsweise aus der Provinz Kiangsi und anderen Gegenden in die Provinz Schensi, kam es erneut zu einer Wiederholung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge". Deshalb sagen wir, daß der strategische Rückzug der Roten Armee (der Lange Marsch) eine Fortsetzung ihrer strategischen Verteidigung und die vom Feind durchgeführte strategische Verfolgung eine Fortsetzung seiner strategischen Offensive war.

Der chinesische Bürgerkrieg kennt - wie alle anderen Kriege der Vergangenheit und der Gegenwart, des In- und des Auslandes - nur zwei Grundarten des Kampfes: Angriff und Verteidigung. Die Besonderheit des chinesischen Bürgerkriegs besteht darin, daß sich eine lange Zeit hindurch "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" und Gegenoperationen wiederholen und daß die beiden Kampfarten Angriff und Verteidigung einander abwechseln, wobei eine so bedeutsame Erscheinung wie die grandiose strategische Standortverlegung über mehr als 10000 Kilometer (der Lange Marsch)[Anmerkung 55] darin mit eingeschlossen ist.

Das gleiche gilt auch für eine Niederlage des Feindes. Der Feind erleidet eine strategische Niederlage, wenn sein "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" von uns zerschlagen wird, unsere Defensive zur Offensive wird, der Feind zur Defensive übergeht und erst eine Reorganisierung vornehmen muß, ehe er einen neuen "Feldzug" starten kann. Der Feind mußte nicht wie wir eine strategische Standortverlegung seiner Truppen in eine mehr als 10000 Kilometer entfernte Gegend vornehmen, weil er das ganze Land beherrscht und viel stärker ist als wir. Doch teilweise gab es auch solche Fälle bei seinen Truppenteilen. Es kam vor, daß in einigen unserer Stützpunktgebiete der Feind aus den von der Roten Armee eingekreisten weißen Stützpunkten ausbrach und sich in die weißen Gebiete zurückzog, um neue Angriffe zu organisieren. Wenn der Bürgerkrieg sich in die Länge zieht und die Siege der Roten Armee ein noch größeres Ausmaß annehmen, werden solche Fälle häufiger eintreten. Aber der Feind wird dabei nicht das gleiche Ergebnis erzielen können wie die Rote Armee, weil er nicht die Unterstützung durch das Volk genießt und zwischen seinen Offizieren und Soldaten keine Einheit herrscht. Sollte er die Standortverlegungen der Roten Armee über weite Entfernungen nachahmen, würde er unweigerlich vernichtet werden.

Zur Zeit der Linie Li Li-sans im Jahre 1930 begriff Genosse Li Li-san nicht den langwierigen Charakter des chinesischen Bürgerkriegs, bemerkte daher nicht, daß sich dieser Krieg nach dem Gesetz der eine lange Zeit hindurch stattfindenden Wiederholung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" und ihrer Zerschlagung entwickelt (bis dahin hatte es bereits unter anderen drei solche "Feldzüge" im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi und zwei in der Provinz Fukien gegeben), erteilte infolgedessen der noch in den Kinderschuhen steckenden Roten Armee den Befehl, die Stadt Wuhan anzugreifen, und ordnete einen bewaffneten Aufstand im ganzen Land an, um einen raschen Sieg der Revolution in China herbeizuführen. Damit beging er einen "links"-opportunistischen Fehler.

Die "linken" Opportunisten der Jahre 1931 bis 1934 glaubten ebenfalls nicht an das Gesetz der Wiederholung der feindlichen "Feldzüge". In dem Stützpunktgebiet an den Grenzen zwischen den Provinzen Hupeh, Honan und Anhui war die Theorie der sogenannten "Flankentruppen" verbreitet; dort waren manche führende Genossen der Ansicht, die Kuomintang-Armee sei nach ihrer Niederlage beim dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zu bloßen Flankentruppen geworden, während für weitere Angriffe gegen die Rote Armee die Imperialisten selbst die Hauptkräfte stellen müßten. Der auf einer solchen Einschätzung der Lage beruhende strategische Kurs forderte den Angriff der Roten Armee auf Wuhan. Im Prinzip stimmte das mit den Ansichten jener Genossen in der Provinz Kiangsi überein, die die Rote Armee zum Angriff auf Nantschang aufriefen, die gegen die Bemühungen um die Verschmelzung der einzelnen Stützpunktgebiete zu einem einheitlichen Ganzen sowie gegen die Taktik, den Feind tief ins Innere des eigenen Territoriums zu locken, auftraten, die die Eroberung der Hauptstadt und anderer Schlüsselstädte einer Provinz als Basis für den Sieg in dieser Provinz betrachteten und der Meinung waren, daß "der Kampf gegen den fünften ,Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug die Entscheidungsschlacht zwischen dem revolutionären und dem kolonialen Weg" sein würde, usw. In diesem "linken" Opportunismus lag der Keim jener falschen Linie, an die man sich bei den Gegenoperationen zur Abwehr des vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" im Grenzgebiet Hupeh-Honan-Anhui sowie des fünften "Feldzugs" im Zentralen Gebiet in der Provinz Kiangsi gehalten hat, und dieser "linke" Opportunismus brachte die Rote Armee angesichts der wütenden "Feldzüge" des Feindes in eine hilflose Lage und fügte der chinesischen Revolution gewaltigen Schaden zu.

Die Ansicht, daß die Rote Armee unter keinen Umständen zu Defensivmaßnahmen greifen dürfe, stand in direkter Verbindung mit diesem "linken" Opportunismus, der die Wiederholung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" leugnete. Auch das war durch und durch falsch.

Selbstverständlich hat die These, Revolutionen und revolutionäre Kriege seien offensiv, ihre richtige Seite. Revolutionen und revolutionäre Kriege sind, wenn sie vom Ausbruch zur Ausweitung, von klein zu groß, von der Machtlosigkeit zur Machteroberung, vom Fehlen einer Roten Armee zur Aufstellung einer solchen, vom Fehlen revolutionärer Stützpunktgebiete zu deren Schaffung fortschreiten, notwendigerweise offensiv, dürfen nicht konservativ bleiben; Tendenzen des Konservatismus müssen bekämpft werden.

Vollkommen richtig ist aber nur die These, daß Revolutionen und revolutionäre Kriege wohl offensiv sind, aber auch Verteidigung und Rückzug mit einschließen. Sich verteidigen, um angreifen zu können; sich zurückziehen, um vorrücken zu können; an den Flanken operieren, um dann gegen die Front vorgehen zu können; einen Umweg machen, um dann den direkten Weg einschlagen zu können - dies ist eine unvermeidliche Erscheinung im Entwicklungsprozeß vieler Dinge, insbesondere militärischer Operationen.

Von den beiden obenerwähnten Thesen mag die erste auf politischem Gebiet richtig sein; auf militärisches Gebiet übertragen, wird sie jedoch falsch. Und auch auf dem Gebiet der Politik ist sie nur in einer bestimmten Situation richtig (bei einem Vormarsch der Revolution), wird aber falsch, wenn man sie auf eine andere Situation überträgt (bei der die Revolution im Rückzug begriffen ist - in einem allgemeinen Rückzug wie in Rußland im Jahre 1906[Anmerkung 56] und in China im Jahre 1927 oder in einem teilweisen Rückzug wie in Rußland zur Zeit des Abschlusses des Vertrags von Brest-Litowsk im Jahre 1918[Anmerkung 57]). Nur die zweite These gibt die volle Wahrheit richtig wieder. Der "linke" Opportunismus der Jahre 1931 bis 1934, der sich mechanisch gegen die Anwendung von Mitteln der militärischen Verteidigung wandte, war nichts als eine ungewöhnlich naive Vorstellung.

Wann wird diese Wiederholung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zu Ende sein? Wenn sich der Bürgerkrieg in die Länge zieht, wird dies meiner Ansicht nach der Fall sein, sobald im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Feind eine grundlegende Änderung eingetreten ist. Sobald die Rote Armee stärker geworden ist als ihr Gegner, hört diese Wiederholung auf. Dann werden wir es sein, die Feldzüge unternehmen, um den Feind einzukreisen und zu vernichten, und dieser wird versuchen, sie abzuwehren; die politischen und militärischen Bedingungen werden es ihm aber nicht gestatten, die gleiche Position einzunehmen wie die Rote Armee während ihrer Gegenoperationen. Dann kann man mit Gewißheit sagen, daß diese Wiederholung der "Feldzüge", wenn schon nicht vollständig, so doch im großen und ganzen ihr Ende gefunden haben wird.

Ökonomische Fragen: Die strategische Verteidigung

In diesem Kapitel möchte ich auf folgende Fragen eingehen: 1. Aktive und passive Verteidigung; 2. Vorbereitung der Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge"; 3. Strategischer Rückzug; 4. Strategische Gegenoffensive; 5. Beginn der Gegenoffensive; 6. Konzentration der Kräfte; 7. Bewegungskrieg; 8. Krieg mit rascher Entscheidung; 9. Vernichtungskrieg.

1. Aktive und passive Verteidigung

Warum beginnen wir die Erörterung mit Fragen der Verteidigung? Nach dem Fehlschlag der ersten nationalen Einheitsfront in China in den Jahren 1924 bis 1927 wurde die Revolution zu einem äußerst erbitterten und schonungslosen Klassenkrieg. Unser Feind herrschte über das ganze Land, während wir nur eine kleine Streitmacht besaßen; folglich hatten wir von Anfang an gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" des Feindes hart zu kämpfen. Unsere Angriffe waren eng mit der Aufgabe verbunden, diese "Feldzüge" zu zerschlagen, und unser weiteres Schicksal hängt völlig davon ab, ob wir imstande sind, diese "Feldzüge" zu zerschlagen. Die Zerschlagung eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" verläuft in der Regel nicht, wie man es sich wünschen möchte, auf geradem und direktem Weg, sondern auf gewundenen und verschlungenen Pfaden. Die erste und zudem ernste Frage, vor die wir gestellt sind, lautet, wie unsere Kräfte zu erhalten sind, um bei günstiger Gelegenheit den Feind zu schlagen. Die strategische Verteidigung wurde somit zum kompliziertesten und wichtigsten Problem für die Rote Armee bei ihren Operationen.

Im Verlauf unseres zehnjährigen Krieges traten des öfteren zwei Abweichungen in der Frage der strategischen Verteidigung auf: Die eine bestand darin, daß man den Gegner unterschätzte, die andere darin, daß man sich von ihm einschüchtern ließ.

Die Unterschätzung des Gegners hatte zur Folge, daß viele Partisanenabteilungen Niederlagen erlitten und die Rote Armee in mehreren Fällen nicht vermochte, die "Feldzüge" des Feindes zu zerschlagen.

Als die revolutionären Partisaneneinheiten eben erst entstanden waren, schätzten ihre Führer die Lage des Gegners sowie die eigene Lage oft unrichtig ein. Sie sahen nur die zeitweilig günstigen Umstände, die sich herausgebildet hatten infolge ihres Erfolges bei der Organisierung eines plötzlichen bewaffneten Aufstands an einem gegebenen Ort oder einer Meuterei unter den weißen Truppen; oder sie erkannten nicht den Ernst der Lage, der sie gegenübergestellt waren. Aus diesen Gründen unterschätzten sie oft den Feind. Außerdem kannten sie nicht ihre eigenen Schwächen (ihren Mangel an Erfahrungen, die geringe Zahl ihrer Streitkräfte). Daß der Feind stark war, wir aber schwach, war doch eine objektive Tatsache; aber die Leute wollten darüber nicht nachdenken, sie hatten nur den Angriff im Sinn, wollten von Verteidigung und Rückzug nichts wissen, brachten sich moralisch um eine solche Waffe wie die Verteidigung und lenkten daher ihre Handlungen in eine falsche Richtung. Deswegen wurden viele Partisanenabteilungen geschlagen.

Als Beispiele dafür, daß die Rote Armee aus denselben Gründen nicht imstande war, "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" des Feindes zu zerschlagen, können dienen: ihre Niederlage im Jahre 1928 im Gebiet von Haifeng und Lufeng,[Anmerkung 58] Provinz Kuangtung, sowie die Tatsache, daß die Rote Armee im Grenzgebiet Hupeh-Honan-Anhui bei der Bekämpfung des vierten "Feldzugs" des Feindes im Jahre 1932 ihre Aktionsfreiheit verlor, da sie sich von der Theorie leiten ließ, daß die Kuomintang-Armee bloß die Rolle von Flankentruppen spielte.

Für Rückschläge infolge Einschüchterung durch den Feind gibt es zahlreiche Beispiele.

Im Gegensatz zu jenen, die den Feind unterschätzten, gab es Leute, die ihn überschätzten, die eigenen Kräfte jedoch sehr gering achteten, infolgedessen unnötigerweise einen Kurs auf Rückzug einschlugen und sich ebenfalls moralisch um eine solche Waffe wie die Verteidigung brachten. Das Ergebnis davon war, daß entweder manche Partisanenabteilungen geschlagen wurden oder manche Schlachten der Roten Armee mit einem Mißerfolg endeten oder Stützpunktgebiete verlorengingen.

Das markanteste Beispiel für den Verlust von Stützpunktgebieten war die Einbuße des Zentralen Stützpunktgebiets in Kiangsi im Verlauf der Gegenoperation gegen den fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug". Dieser Fehler wurde durch eine rechte Abweichung hervorgerufen. Die führenden Funktionäre fürchteten sich vor dem Gegner wie vor einem Tiger, errichteten überall Verteidigungsanlagen, waren auf Schritt und Tritt in der Defensive, wagten nicht, in das Hinterland des Feindes vorzustoßen und ihn dort anzugreifen, was von Vorteil für uns gewesen wäre, oder ihn kühn in die Tiefe des eigenen Gebiets zu locken, um ihn hier einzukreisen und zu vernichten; infolgedessen büßten wir das ganze Stützpunktgebiet ein, und die Rote Armee mußte den Langen Marsch über mehr als 12000 Kilometer antreten. Derartigen Fehlern ging meistens jedoch der "linke" Fehler einer Unterschätzung des Gegners voraus. Das militärische Abenteurertum, das in dem Angriff auf die Schlüsselstädte im Jahre 1932 zum Ausdruck kam, war eben die Ursache der auf passive Verteidigung abgestellten Linie, an die man sich später, bei der Bekämpfung des fünften feindlichen "Feldzugs", hielt.

Das krasseste Beispiel für Einschüchterung durch den Feind war die durch Rückzugssucht gekennzeichnete "Linie Dschang Guo-taos". Die Niederlage der Westkolonne der Vierten Frontarmee der Roten Armee westlich des Gelben Flusses[Anmerkung 59] besiegelte den endgültigen Bankrott dieser Linie.

Die aktive Verteidigung kann man auch offensive Verteidigung oder Verteidigung durch eine Entscheidungsschlacht nennen. Die passive Verteidigung kann man auch als ausschließlich auf Abwehr gerichtete Verteidigung oder als rein defensive Verteidigung bezeichnen. Die passive Verteidigung ist faktisch eine Pseudoverteidigung, und nur die aktive Verteidigung ist eine echte Verteidigung, eine Verteidigung, mit der das Ziel verfolgt wird, zur Gegenoffensive und zum Angriff überzugehen. Soviel ich weiß, hat es noch kein einziges militärisches Handbuch von Wert, keinen einzigen einigermaßen vernünftigen Militärfachmann gegeben - in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, in China oder im Ausland -, die sich nicht gegen die passive Verteidigung gewandt hätten, gleichgültig ob in strategischer oder in taktischer Hinsicht. Nur ein absoluter Narr oder Verrückter wird die passive Verteidigung als einen Talisman betrachten. Dennoch gibt es Leute auf der Welt, die solches tun. Das ist ein Fehler im Krieg, ein Ausdruck des Konservatismus in militärischen Dingen. Die passive Verteidigung müssen wir entschieden bekämpfen.

In den jüngeren, sich rasch entwickelnden imperialistischen Ländern, also in Deutschland und Japan, preisen die Militärfachleute in höchsten Tönen die Vorzüge der strategischen Offensive und wenden sich gegen die strategische Defensive. Solche Ansichten taugen absolut nicht für den revolutionären Krieg in China. Diese Militärfachleute behaupten, eine ernste Schwäche der Verteidigung bestehe darin, daß sie den Kampfgeist der Menschen erschüttere, anstatt ihn zu heben. Das gilt für Länder mit zugespitzten Klassengegensätzen, wo der Krieg lediglich den reaktionären herrschenden Schichten oder sogar nur einer an der Macht befindlichen reaktionären Gruppe Nutzen bringt. Bei uns liegen die Dinge jedoch anders. Unter den Losungen der Verteidigung der revolutionären Stützpunktgebiete und der Verteidigung Chinas können wir die überwältigende Mehrheit des Volkes zusammenschließen, die wie ein Mann in den Kampf ziehen wird, denn wir sind die Unterdrückten und Opfer einer Aggression. Auch in der Sowjetunion hat die Rote Armee während des Bürgerkriegs ihre Feinde besiegt, indem sie die Form der Verteidigung ausnutzte. Nicht nur als die imperialistischen Staaten die Weißgardisten zu einer Offensive organisierten, wurde der Krieg der Roten Armee unter der Parole der Verteidigung der Sowjets geführt, sondern auch in der Periode der Vorbereitung zum Oktoberaufstand erfolgte die militärische Mobilisierung unter der Losung der Verteidigung der Hauptstadt. In jedem gerechten Krieg hat die Verteidigung nicht nur die Funktion, die politisch fremden Elemente zu paralysieren, sondern sie bietet auch die Möglichkeit, die rückständigen Teile der Massen für die Teilnahme am Krieg zu mobilisieren.

Marx sagte, wenn man einmal den Weg des bewaffneten Aufstands beschritten habe, dürfe man die Offensive nicht für eine Minute unterbrechen;[3] er meinte damit, daß die Massen, die den Gegner durch einen plötzlichen Aufstand überrascht haben, den reaktionären Machthabern keine Gelegenheit geben dürfen, die Staatsgewalt zu behaupten oder wiederzugewinnen, sondern den Augenblick benutzen müssen, um die reaktionären herrschenden Kräfte im Land zu schlagen, ehe sie zur Besinnung kommen; daß sie sich mit den errungenen Siegen nicht zufriedengeben, den Feind nicht unterschätzen, in ihren Angriffen auf den Feind nicht nachlassen dürfen; daß sie nicht zögern sollen, vorwärts zu drängen und sich die Gelegenheit, den Feind zu vernichten, nicht entgehen lassen dürfen; sonst würde die Revolution eine Niederlage erleiden. Das ist richtig. Doch es bedeutet nicht, daß wir Revolutionäre auch dann nicht zum Mittel der Defensive greifen dürfen, wenn wir uns bereits in einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Feind befinden und wenn dieser überlegen ist und uns hart zusetzt. Nur ein Vollidiot würde so denken.

Unser Krieg war bisher, als Ganzes gesehen, eine Offensive gegen die Kuomintang, militärisch nahm er jedoch die Form der Zerschlagung ihrer "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" an.

Militärisch ausgedrückt, besteht unsere Kriegführung in einer wechselnden Anwendung von Verteidigung und Angriff. In unserem Fall macht es keinen Unterschied aus, ob man sagt, der Angriff folge auf die Verteidigung oder gehe ihr voraus, denn der Angelpunkt der Sache ist die Zerschlagung des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs". Die Verteidigung dauert bis zu dem Augenblick, da ein "Feldzug" zerschlagen ist, und die Zerschlagung des "Feldzugs" ist der Beginn des Angriffs; das sind nur zwei Phasen ein und desselben Geschehens; aber auf einen "Feldzug" des Feindes folgt gleich ein anderer. Von diesen beiden Phasen ist die der Verteidigung die kompliziertere und wichtigere. Sie enthält zahlreiche Fragen nach der Art und Weise, wie der feindliche "Feldzug" zu zerschlagen ist. Das Grundprinzip ist hier die Bejahung der aktiven Verteidigung und die Ablehnung der passiven Verteidigung.

Was den Bürgerkrieg anbelangt, wird die strategische Verteidigung, sobald die Kräfte der Roten Armee denen des Gegners überlegen sind, im allgemeinen nicht mehr notwendig sein. Unser Kurs wird dann lediglich der strategische Angriff sein. Diese Wandlung wird von einer allgemeinen Änderung des Kräfteverhältnisses abhängen. Dann wird das Mittel der Verteidigung für uns nur noch partiellen Charakter tragen.

2. Vorbereitung der Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge"

Wenn wir angesichts eines vom Gegner geplanten "Feldzugs" nicht die erforderlichen und ausreichenden Vorbereitungen treffen, werden wir unweigerlich in eine passive Lage geraten. Nimmt man überstürzt den Kampf auf, so hat man nicht die Gewißheit des Sieges. Deshalb ist es absolut notwendig, daß wir, während der Gegner einen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" vorbereitet, unsererseits die Gegenoperation vorbereiten. Einwände gegen solche Vorbereitungen, wie sie einst in unseren Reihen laut wurden, sind kindisch und lächerlich.

Hier taucht eine schwierige Frage auf, um die leicht Kontroversen entbrennen: Wann ist der Zeitpunkt gekommen, da wir unsere eigene Offensive beenden und ins Stadium der Vorbereitungen zur Gegenoperation eintreten müssen? Denn wenn wir erfolgreich angreifen, der Feind aber sich verteidigt, dann bereitet dieser insgeheim seinen nächsten "Feldzug" vor, und wir können schwer feststellen, wann er den Angriff beginnen wird. Fangen wir dann mit den Vorbereitungen zur Gegenoperation zu früh an, so verringern sich unvermeidlich die Vorteile unseres Angriffs und können sich bisweilen sogar manche nachteilige Auswirkungen auf die Rote Armee und die Volksmassen ergeben. Denn im Vorbereitungsstadium bestehen die Hauptmaßnahmen in der militärischen Vorbereitung zum Rückzug und in der politischen Aufklärung dafür. Beginnt die Vorbereitung zu früh, kann sie sich manchmal in ein Warten auf den Gegner verwandeln; wenn der Gegner aber nach langem Warten nicht erscheint, so müssen wir unseren Angriff wiederaufnehmen. Es kann dann mitunter vorkommen, daß der Gegner gerade zu dem Zeitpunkt seine Offensive startet, an dem wir mit unserem neuen Angriff beginnen, so daß wir in eine schwierige Lage geraten. Deshalb ist die Wahl des Zeitpunktes für den Beginn unserer Vorbereitungen eine wichtige Frage. Wenn man den Zeitpunkt bestimmen will, muß man von der Situation beim Gegner und der Situation bei uns selbst sowie von den Wechselbeziehungen zwischen den beiden Situationen ausgehen. Um die Situation beim Gegner kennenzulernen, müssen wir Informationen über seine politische, militärische und finanzielle Lage sowie über die öffentliche Meinung in seinen Gebieten sammeln. Bei der Analyse solcher Informationen müssen wir die Gesamtstärke des Gegners voll in Rechnung stellen, dürfen das Ausmaß seiner früheren Niederlagen nicht übertreiben, müssen aber andererseits seine inneren Widersprüche, seine finanziellen Schwierigkeiten, die Auswirkungen seiner früheren Niederlagen usw. in Betracht ziehen. Was unsere Seite betrifft, so dürfen wir das Ausmaß unserer früheren Siege nicht übertreiben, müssen aber deren Auswirkungen vollauf berücksichtigen.

Im Hinblick auf den Zeitpunkt des Beginns der Vorbereitungen ist es im allgemeinen besser, ihn zu früh als zu spät anzusetzen; denn man riskiert dann weniger Verluste und hat den Vorteil, daß man auf alle Eventualitäten vorbereitet ist und eine grundsätzlich unbesiegbare Position gewinnt.

Im Vorbereitungsstadium bestehen die Hauptprobleme in der Vorbereitung des Rückzugs der Roten Armee, in der politischen Aufklärung, in der Ergänzung des Personalbestands der Armee, in Maßnahmen auf dem Gebiet der Finanzen und der Lebensmittelversorgung, in der Behandlung der uns politisch fremden Elemente usw.

Unter der Vorbereitung des Rückzugs der Roten Armee verstehen wir Vorkehrungen gegen eine Bewegung der Roten Armee in Richtungen, die für den späteren Rückzug ungünstig wären, gegen allzu weite Vorstöße unserer Truppen und gegen ihre Übermüdung. Das sind die erforderlichen Maßnahmen, welche die reguläre Rote Armee am Vorabend einer Großoffensive des Feindes zu treffen hat. Zu diesem Zeitpunkt muß die Rote Armee ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Planung der Auswahl und Vorbereitung des künftigen günstigen Kampfplatzes, der Ansammlung von Versorgungsgütern sowie der Auffüllung und Ausbildung ihrer Kräfte richten.

Die politische Aufklärung ist bei der Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" eine Frage von erstrangiger Bedeutung. Wir müssen nämlich den Angehörigen der Roten Armee und der Bevölkerung in den Stützpunktgebieten entschieden und rückhaltlos klarmachen, daß die Offensive des Feindes unausbleiblich ist und nahe bevorsteht, daß dadurch der Bevölkerung schwerer Schaden zugefügt werden wird; doch gleichzeitig müssen wir sie über die Schwächen des Feindes, über die der Roten Armee günstigen Faktoren, über unseren unerschütterlichen Siegeswillen, über die Richtung, in der unsere Tätigkeit verläuft, usw. aufklären. Wir müssen die Rote Armee und die gesamte Bevölkerung zur Bekämpfung des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", zur Verteidigung der Stützpunktgebiete aufrufen. Mit Ausnahme der aus militärischen Gründen geheimzuhaltenden Dinge muß die politische Aufklärung öffentlich durchgeführt werden und möglichst jeden erfassen, der irgendwie die Interessen der Revolution wahren könnte. Der Schlüssel hierzu liegt in der Überzeugung der Kader.

Bei der Ergänzung des Personalbestands der Armee muß man von zwei Erwägungen ausgehen: einerseits vom Niveau des politischen Bewußtseins der Volksmassen und von der Bevölkerungszahl, andererseits vom gegebenen Zustand der Roten Armee und dem voraussichtlichen Ausmaß ihrer Verluste während der ganzen Gegenoperation.

Selbstverständlich haben die Finanz- und Ernährungsprobleme große Bedeutung für die Bekämpfung der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge". Man muß damit rechnen, daß sich der "Feldzug" in die Länge ziehen kann. Es ist notwendig, den Mindestbedarf zunächst der Roten Armee, dann aber auch der Bevölkerung der revolutionären Stützpunktgebiete an materiellen Versorgungsgütern während des ganzen Verlaufs der Gegenoperation zu berechnen.

Gegenüber den uns politisch fremden Elementen darf man es an Wachsamkeit nicht fehlen lassen; doch wir sollen nicht über Gebühr befürchten, sie könnten Verrat üben, und daher übertriebene Vorsichtsmaßregeln treffen. Unter den Grundherren, Kaufleuten und Großbauern muß man differenzieren, wobei die Hauptsache darin liegt, ihnen unsere Politik zu erläutern, ihre Neutralität zu gewinnen und zugleich die Volksmassen zu ihrer Überwachung zu organisieren. Nur gegen die gefährlichsten Elemente, deren Zahl sehr gering ist, kann man strenge Maßnahmen wie Verhaftung usw. treffen. Wie groß der Sieg bei der Gegenoperation ist, hängt eng damit zusammen, bis zu welchem Grad wir im Vorbereitungsstadium unsere Aufgaben erfüllt haben. Ein Nachlassen in der Vorbereitung infolge Unterschätzung des Gegners und eine Panik infolge Einschüchterung durch seine Angriffe sind schädliche Tendenzen, die entschieden bekämpft werden müssen. Was wir brauchen, ist Begeisterung, aber auch Besonnenheit, ist sowohl intensive wie gut geregelte Arbeit.

3. Strategischer Rückzug

Der strategische Rückzug ist eine planmäßige strategische Maßnahme, der sich eine schwächere Armee angesichts eines überlegenen Gegners, dessen Angriff sie nicht rasch zunichtemachen kann, bedient, um ihre Kräfte zu erhalten und einen günstigen Zeitpunkt für die Zerschlagung des Gegners abzuwarten. Militärische Abenteurer widersetzen sich aber hartnäckig einer solchen Maßnahme und predigen, man solle "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren".

Bekanntlich weicht bei einem Faustkampf der Klügere der beiden Boxer gewöhnlich am Anfang etwas zurück, während der Dümmere wütend drauflosschlägt und schon zu Beginn alle seine Künste zeigt, so daß dieser am Schluß oft von jenem, der anfangs zurückgewichen ist, niedergeworfen wird.

In dem Roman Helden vom Liangschan-Moor ruft der Trainer Hung im Gutshof Tschai Djins mit herausforderndem Geschrei Lin Tschung zum Zweikampf auf. Lin Tschung weicht zuerst zurück, nimmt dann einen Fehlgriff Hungs wahr und schleudert ihn mit einem einzigen Fußtritt zu Boden.[Anmerkung 60]

In der "Frühlings- und Herbstperiode" brach zwischen den Staaten Lu und Tji[Anmerkung 61] ein Krieg aus. Der Herzog Dschuang von Lu wollte angreifen, ehe die Truppen von Tji ermattet waren, doch Tsao Gui hielt ihn zurück. Dschuang wandte daraufhin die Taktik "Wenn der Feind ermattet ist, schlagen wir zu" an und besiegte die Tji-Armee. In der Kriegsgeschichte Chinas ist dieser Vorfall zu einem klassischen Beispiel für den Sieg einer schwächeren Armee über eine stärkere geworden. Sehen wir uns nun den Bericht des Historikers Dsuotjiu Ming[Anmerkung 62] an:

Im Frühjahr überfiel uns die Armee von Tji. Der Herzog rüstete sich zum Kampf. Tsao Gui bat um Audienz. Seine Nachbarn sagten: "Das ist Sache der Würdenträger. Warum mischst du dich ein?" Tsao Gui erwiderte: "Die Würdenträger sind kurzsichtig, weitreichende Pläne können sie nicht schmieden." So trat er vor den Herzog, Und er fragte: "Worauf wirst du dich im Krieg stützen?" Der Herzog antwortete: "An Gewändern und Speisen mich allein zu ergötzen, wage ich nie; ich teile sie stets mit anderen." Hierauf Tsao Gui: "Die kleinen Wohltaten können nicht alle erreichen, das Volk wird dir nicht folgen." Der Herzog sagte: "Nie opfere ich den Göttern weniger heilige Tiere, Jade und Seide als ihnen gebührt, ich bleibe stets ehrlich." Tsao Gui versetzte: "Durch kleine Ehrlichkeiten erwirbt man kein Vertrauen. Die Götter werden dich nicht segnen." Da sagte der Herzog: "In kleinen und großen Rechtsfällen habe ich, auch wenn ich die Einzelheiten nicht prüfen konnte, stets gerecht geurteilt." Und Tsao erwiderte: "Du bist also pflichttreu. Du kannst in die Schlacht ziehen. Tust du das, laß mich dir folgen." Der Herzog nahm ihn in seinem Streitwagen mit. Und es kam zur Schlacht bei Tschangschao. Der Herzog wollte die Trommel zum Angriff rühren lassen, doch Tsao Gui sagte: "Noch nicht!" Nachdem die Leute von Tji dreimal zum Angriff getrommelt hatten, sagte Tsao: "Nun laß die Trommel rühren!" Das Tji-Heer wurde in die Flucht geschlagen. Der Herzog wollte ihm nachsetzen. Doch Tsao sagte: "Noch nicht!" Er stieg vom Streitwagen, um die vom Feind hinterlassenen Radspuren zu prüfen, dann kletterte er auf die Armstützen des Wagens, um Ausschau zu halten. Nun sagte er: "Jetzt geht's!" So begann die Verfolgung des Tji-Heeres. Nach dem Sieg fragte der Herzog Tsao Gui, warum er solche Ratschläge erteilt hätte. Tsao erwiderte: "Im Krieg kommt es auf den Mut an: Beim ersten Trommelschlag wird er geweckt, beim zweiten sinkt er, beim dritten schwindet er dahin. Der Mut des Feindes war geschwunden, wir aber waren voller Mut, und darum siegten wir. Es ist schwer, die Absichten eines großen Staates zu ergründen, und darum fürchtete ich einen Hinterhalt. Als ich aber die Radspuren des Feindes prüfte, sah ich, daß sie durcheinander gingen, und als ich Ausschau hielt, sah ich, daß die Banner des Feindes gesunken waren. Da riet ich, die Verfolgung aufzunehmen."

Das war ein Fall, wo ein schwacher Staat einem starken widerstanden hatte. In diesem Bericht wird auf die politische Vorbereitung vor dem Krieg hingewiesen - man gewinnt das Vertrauen des Volkes. Dann wird von dem Schlachtfeld erzählt, das für einen Übergang zum Gegenangriff günstig war - Tschangschao. Hierauf wird der günstige Zeitpunkt für den Beginn des Gegenangriffs beschrieben - der Zeitpunkt, da der Mut des Feindes geschwunden war, wir aber voller Mut waren. Schließlich wird der Zeitpunkt des Beginns der Verfolgung angegeben - der Augenblick, da die Radspuren des Feindes durcheinander gingen und seine Banner gesunken waren. Obwohl es sich hier um keine große Schlacht handelt, illustriert die Erzählung die Prinzipien der strategischen Verteidigung. Die Kriegsgeschichte Chinas kennt sehr viele Beispiele dafür, daß durch Anwendung dieser Prinzipien der Sieg errungen wurde: die Schlacht bei Tschenggao zwischen den Staaten Tschu und Han,[Anmerkung 63] die Schlacht von Kunyang zwischen den Staaten Hsin und Han,[Anmerkung 64] die Schlacht von Guandu zwischen Yüan Schao und Tsao Tsao,[Anmerkung 65] die Schlacht von Tschibi zwischen den Staaten Wu und We[Anmerkung 66] die Schlacht bei Yiling zwischen den Staaten Wu und Schu,[Anmerkung 67] die Schlacht am Fe-Fluß zwischen den Staaten Tjin und Djin[Anmerkung 68] usw. In allen diesen berühmten großen Schlachten waren die Kräfte der beiden kämpfenden Parteien ungleich, und die schwächere Seite trug, indem sie zuerst auswich, um dann nach dem ersten feindlichen Schlag die Initiative zu ergreifen, schließlich den Sieg davon.

Als unser Krieg im Herbst 1927 begann, hatten wir überhaupt keine Erfahrung. Die Aufstände von Nantschang[Anmerkung 69] und Kanton endeten mit einer Niederlage. Auch die Einheiten der Roten Armee, die an dem Herbsternte-Aufstand[Anmerkung 70] teilnahmen, mußten im Grenzgebiet Hunan-Hupeh-Kiangsi einige Schlappen hinnehmen, bis sie in das Djinggang-Gebirge an der Grenze zwischen Hunan und Kiangsi zogen. Dort trafen im April des folgenden Jahres auch die nach der Niederlage des Nantschang-Aufstands erhalten gebliebenen Einheiten ein, die über Südhunan marschiert waren. Jedoch schon im Mai 1928 wurden die ihrem Charakter nach schlichten, aber den Bedingungen der damaligen Zeit angepaßten Grundprinzipien des Partisanenkriegs ausgearbeitet, und zwar in der knappen Formel, die nur 16 Schriftzeichen hat: "Rückt der Feind vor, ziehen wir uns zurück; macht er halt, umschwärmen wir ihn; ist er ermattet, schlagen wir zu; weicht er, verfolgen wir ihn." Diese militärischen Grundsätze wurden vom Zentralkomitee vor dem Aufkommen der Linie Li Li-sans akzeptiert. In der Folgezeit haben unsere Prinzipien der Kriegführung eine Weiterentwicklung erfahren. Als wir im Kiangsi-Stützpunktgebiet unsere Gegenoperation gegen den ersten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" unternahmen, wurde der Grundsatz "den Feind tief in unser Territorium locken" aufgestellt und auch erfolgreich angewendet. Als der dritte feindliche "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zerschlagen wurde, waren die Prinzipien der Kriegführung der Roten Armee bereits voll ausgebildet. Das war eine neue Etappe in der Entwicklung unserer militärischen Prinzipien, die inhaltlich bedeutend bereichert und in der Form mannigfaltig abgeändert wurden, und zwar hauptsächlich in dem Sinne, daß sie über die ursprüngliche Einfachheit hinausgewachsen waren; doch die in der erwähnten kurzen Formel ausgedrückten Grundprinzipien blieben erhalten. Diese Formel enthält die Grundprinzipien der Gegenoperation gegen die feindlichen "Feldzüge", umfaßt die beiden Etappen der strategischen Verteidigung und des strategischen Angriffs und schließt wiederum innerhalb der Etappe der Verteidigung die beiden Phasen ein: den strategischen Rückzug und die strategische Gegenoffensive. Alles, was danach kam, war nur eine Weiterentwicklung der ursprünglichen Formel.

Doch ab Januar 1932, als die Resolution der Partei "Über den Kampf um den Sieg zunächst in einer oder mehreren Provinzen nach der Zerschlagung des dritten ,Feldzugs` " veröffentlicht worden war, jene Resolution, die ernste prinzipielle Fehler enthielt, führten die "linken" Opportunisten einen Kampf gegen die richtigen Prinzipien, die schließlich verworfen und durch eine ganze Serie entgegengesetzter "neuer Prinzipien" oder "regulärer Prinzipien" ersetzt wurden. Von diesem Augenblick an durfte man die alten Prinzipien nicht mehr als regulär betrachten, sondern mußte sie als "Partisanentum" verwerfen. Die Atmosphäre des Kampfes gegen das "Partisanentum" herrschte volle drei Jahre. Im ersten Stadium lief dieser Kampf auf militärisches Abenteurertum hinaus, im zweiten verwandelte er sich in einen militärischen Konservatismus, und schließlich im dritten Stadium wurde er zu einer Fluchtmentalität. Erst auf der erweiterten Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Partei, die im Januar 1935 in Dsunyi, Provinz Kueitschou, stattfand, wurde diese falsche Linie für bankrott erklärt und die Richtigkeit der früheren Linie von neuem anerkannt. Aber um welchen Preis ist das erreicht worden!

Die Genossen, die sich gegen das "Partisanentum" ereiferten, argumentierten folgendermaßen: Es sei falsch, den Feind tief in das eigene Territorium zu locken, weil man dabei große Gebiete aufgeben müsse. Zwar habe man damit früher Siege errungen; sei aber jetzt die Lage nicht anders? Und sei es etwa nicht besser, den Feind zu besiegen, ohne eigene Gebiete preiszugeben? Sei es denn nicht besser, wenn man den Gegner auf dessen eigenem Territorium oder an der Grenze zwischen seinem und unserem Machtbereich schlägt? Die alten Prinzipien hätten nichts Reguläres an sich und wären bloße Partisanenmethoden. Wir hätten jetzt unseren Staat begründet, und unsere Rote Armee sei eine reguläre Armee geworden. Unser Krieg gegen Tschiang Kai-schek sei ein Krieg zwischen zwei Staaten, zwischen zwei großen Armeen. Die Geschichte dürfe sich nicht wiederholen, und alles, was mit "Partisanentum" zu tun habe, müsse rundweg abgelehnt werden. Die neuen Prinzipien wären "voll und ganz marxistisch", die alten dagegen seien bei den Partisanen in den Bergen entstanden, und in den Bergen gebe es keinen Marxismus. Die neuen Prinzipien seien den alten direkt entgegengesetzt: "Einer gegen zehn, zehn gegen hundert, kühn und entschlossen kämpfen, den Sieg ausnutzen und den Feind verfolgen"; "an der ganzen Front losschlagen"; "die Schlüsselstädte erobern"; "mit beiden Fäusten schlagen". Und was die Methoden zur Abwehr des feindlichen Angriffs betrifft, so müsse es heißen: "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren"; "man ergreift die Initiative, indem man zuerst zuschlägt"; "unsere Töpfe und Pfannen nicht zerschlagen lassen"; "keinen Fußbreit Boden aufgeben"; "die Truppen in sechs Kolonnen verteilen". Der Krieg sei "eine Entscheidungsschlacht zwischen dem revolutionären und dem kolonialen Weg"; er bestehe in kurzen, raschen Vorstößen, sei ein Blockhauskrieg, ein Zermürbungskrieg, ein "langwieriger Krieg"; er erfordere ein ausgedehntes Hinterland und ein absolut zentralisiertes Kommando. Und zu guter Letzt kam es dann zu einer grandiosen "Übersiedlung". Wer aber alle diese Dinge nicht akzeptierte, der wurde gemaßregelt, zum Opportunisten gestempelt und dergleichen mehr.

Zweifellos waren alle diese Theorien und Praktiken falsch. Sie waren nichts als Subjektivismus. Wenn die Umstände günstig waren, äußerte sich dieser Subjektivismus in kleinbürgerlichem radikalem Revoluzzertum und kleinbürgerlicher revolutionärer Fiebrigkeit; wenn die Umstände aber schwierig wurden, dann verwandelte er sich, je nach der Veränderung der Situation, in verzweifelte Kopflosigkeit, in Konservatismus oder in Fluchtmentalität. Das waren Theorien und Praktiken von Hitzköpfen und Ignoranten; sie wiesen nicht die leiseste Spur von Marxismus auf, waren vielmehr antimarxistisch.

An dieser Stelle wollen wir nur den strategischen Rückzug erörtern, den man in Kiangsi "Lockung des Feindes ins Innere" und in Szetschuan "Verkürzung der Frontlinien" nannte. Kein Militärtheoretiker oder -praktiker der Vergangenheit hat jemals bestritten, daß dies der Kurs ist, den eine schwache Armee einem starken Gegner gegenüber im Anfangsstadium des Krieges einschlagen muß. Ein ausländischer Militärfachmann sagte einst, in der strategischen Defensive solle man in der Regel am Anfang Entscheidungsschlachten unter ungünstigen Umständen vermeiden und sie erst dann suchen, wenn günstige Umstände eingetreten sind. Das ist völlig richtig, und wir haben dem nichts hinzuzufügen.

Der Zweck des strategischen Rückzugs besteht darin, die Kräfte der Armee zu erhalten und die Gegenoffensive vorzubereiten. Ein Rückzug ist deshalb notwendig, weil man unweigerlich die Erhaltung der eigenen Kräfte gefährdet, wenn man sich nicht einen Schritt vor dem angreifenden starken Gegner zurückzieht. In der Vergangenheit waren nichtsdestoweniger viele Leute entschieden gegen Rückzüge, die sie als eine "opportunistische Linie der reinen Defensive" bezeichneten. Unsere Geschichte hat jedoch gezeigt, daß diese Einwände völlig falsch waren.

Bei der Vorbereitung einer Gegenoffensive müssen wir solche Bedingungen wählen beziehungsweise schaffen, die für uns selbst günstig, aber für den Gegner ungünstig sind, um eine Änderung des Kräfteverhältnisses herbeizuführen, ehe wir zur Gegenoffensive übergehen.

Wie unsere früheren Erfahrungen zeigen, müssen im allgemeinen im Verlauf des Rückzugs mindestens zwei der nachfolgenden Bedingungen erfüllt sein ehe wir die Situation als günstig für uns und ungünstig für den Gegner ansehen und zur Gegenoffensive übergehen können. Diese Bedingungen sind:

1. Die Bevölkerung gewährt der Roten Armee aktive Unterstützung;

2. das Gelände ist für unsere Operationen vorteilhaft;

3. alle Hauptkräfte der Roten Armee sind konzentriert worden;

4. die schwachen Stellen des Gegners sind ermittelt worden;

5. der Gegner ist erschöpft und demoralisiert worden;

6. der Gegner ist zu Fehlern verleitet worden.

Die erste Bedingung, nämlich die Unterstützung durch die Bevölkerung, ist für die Rote Armee die wichtigste von allen. Das ist eben die Bedingung, die nur ein Stützpunktgebiet bieten kann. Ist diese Bedingung vorhanden, dann ist es auch leicht, die vierte, die fünfte und die sechste Bedingung zu schaffen bzw. herauszufinden. Daher zieht sich die Rote Armee, wenn der Feind einen Großangriff unternimmt, stets aus den weißen Gebieten in die Stützpunktgebiete zurück, wo sie in den Kämpfen gegen die weiße Armee am aktivsten von den Volksmassen unterstützt wird. Dabei gibt es auch einen Unterschied zwischen den Randgebieten eines Stützpunktgebiets und dessen zentralen Bezirken; die Bevölkerung der zentralen Bezirke ist in bezug auf Geheimhaltung von Informationen, Aufklärung, Transport, Teilnahme an den Kampfhandlungen usw. zuverlässiger als die Bevölkerung in Randgebieten. Deshalb wurden, als wir gegen den ersten, zweiten und dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" in Kiangsi kämpften, als "Endpunkte des Rückzugs" stets solche Gegenden gewählt, wo die Bedingung, daß uns die Bevölkerung unterstützt, ausgezeichnet oder recht gut erfüllt war. Infolge der Besonderheit, daß wir Stützpunktgebiete haben, unterscheidet sich die Kriegführung der Roten Armee bedeutend von der üblichen Kriegführung, und sie war auch die Hauptursache dafür, daß der Feind später zu seiner Blockhaus-Taktik Zuflucht nehmen mußte.

Daß die sich zurückziehende Armee ein ihren Wünschen entsprechendes Gelände wählen und den angreifenden Gegner zum Kampf nach ihren eigenen Bedingungen zwingen kann, ist einer der Vorzüge der Operationen auf den inneren Linien. Wenn eine schwache Armee eine starke besiegen will, muß sie Wert auf die Bedingung legen, daß das Gelände für sie günstig ist. Doch diese Bedingung allein genügt nicht, sie muß mit anderen verbunden sein. An erster Stelle steht hier die Bedingung der Unterstützung durch die Bevölkerung. Dann ist es erforderlich, daß man jene Teile des Gegners ermittelt, die leicht zu schlagen sind; das ist beispielsweise der Fall, wenn der Gegner erschöpft ist oder Fehler gemacht hat, oder wenn der uns entgegenrückende Gegner verhältnismäßig wenig schlagkräftig ist. Fehlen alle diese Bedingungen, dann muß man, selbst wenn ausgezeichnete Geländeverhältnisse vorhanden sind, diese unbeachtet lassen und den Rückzug fortsetzen, um die gewünschten Voraussetzungen zu gewährleisten. In den weißen Gebieten fehlt es nicht an vorzüglichem Gelände, doch wir haben dort nicht die vorzügliche Bedingung der Unterstützung durch die Bevölkerung. Solange nicht auch die anderen Bedingungen geschaffen bzw. ermittelt worden sind, bleibt der Roten Armee nichts übrig, als sich in ihre Stützpunktgebiete zurückzuziehen. Das gleiche gilt im großen und ganzen auch für den Unterschied zwischen den Randgebieten und den zentralen Bezirken des Stützpunktgebiets.

Mit Ausnahme der örtlichen Einheiten und der Bindungskräfte sind grundsätzlich alle Stoßtruppen zu konzentrieren. Greift die Rote Armee einen Gegner an, der sich in der strategischen Verteidigung befindet, dann sind ihre Kräfte gewöhnlich aufgelockert. Sobald der Feind einen Großangriff unternimmt, dann führt die Rote Armee einen sogenannten "zentripetalen Rückzug" durch. Als Endpunkt des Rückzugs wird meistens eine Gegend im Zentrum des Stützpunktgebiets gewählt, zuweilen aber auch - je nach den Umständen - in seinen vorderen oder hinteren Abschnitten. Ein solcher zentripetaler Rückzug ermöglicht es, sämtliche Hauptkräfte der Roten Armee vollständig zu konzentrieren.

Eine weitere unerläßliche Bedingung im Kampf einer schwachen Armee gegen eine starke besteht darin, gegen die schwachen Truppenteile des Gegners Schläge zu führen. Aber zu Beginn des gegnerischen Angriffs wissen wir oft nicht, welcher seiner in verschiedenen Kolonnen vormarschierenden Truppenteile der stärkste ist, welcher der zweitstärkste, welcher der schwächste und welcher der zweitschwächste. Um das festzustellen, sind Aufklärungen erforderlich, wofür man häufig viel Zeit braucht. Auch das ist ein Grund, der den strategischen Rückzug notwendig macht.

Ist der angreifende Gegner unserer Armee an Zahl und Kampfkraft weit überlegen, können wir eine Änderung des Kräfteverhältnisses nur dann herbeiführen, wenn der Feind tief in das Innere unseres Stützpunktgebiets eingedrungen ist und dort alle Bitternis bis zur Neige ausgekostet hat, so daß, wie der Stabschef einer Brigade Tschiang Kai-scheks während des dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" sagte, "die Dicken abmagern und die Mageren sich zu Tode schinden", oder, wie sich der Oberbefehlshaber der Westkolonne der "Einkreisungs- und Ausrottungs"-Armee Tschen Mingschu ausdrückte, "die Nationalarmee überall im Dunkeln tappt, die Rote Armee überall im Lichte wandelt". Zu diesem Zeitpunkt ist dann die feindliche Armee, obwohl noch stark, dennoch schon beträchtlich geschwächt; ihre Soldaten sind ermattet und demoralisiert, viele schwache Punkte des Gegners sind zum Vorschein gekommen. Die Rote Armee ist zwar noch schwach, hat aber inzwischen ihre Kräfte geschont und Energien aufgespart, wartet ausgeruht auf den erschöpften Feind. Zu diesem Zeitpunkt ist es in der Regel möglich, ein gewisses Gleichgewicht im Kräfteverhältnis der beiden Seiten herbeizuführen oder die absolute Überlegenheit des Gegners in eine relative Überlegenheit und unsere absolute Unterlegenheit in eine relative Unterlegenheit zu verwandeln; es kommt mitunter sogar vor, daß dann der Gegner schwächer wird und wir das 'Übergewicht über ihn erlangen. Bei der Bekämpfung des dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" in Kiangsi unternahm die Rote Armee einen Rückzug bis zur äußersten Grenze des Möglichen (sie konzentrierte sich in den frontabgekehrten Randgebieten des Stützpunktgebiets); andernfalls hätte sie den Feind nicht besiegen können, da die Truppen des "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" mehr als zehnmal so stark waren wie ihre eigenen. Wenn Sun Dsi sagte: "Weiche dem Gegner, wenn er voller Kraft vordringt; schlage ihn, wenn er ermattet ist", so meinte er eben, man solle den Feind physisch und moralisch zermürben, um seine Überlegenheit zu verringern.

Die letzte Bedingung, die beim Rückzug zu gewährleisten ist, besteht darin, Fehler des Gegners zu verursachen oder aufzudecken. Man muß bedenken, daß kein feindlicher Befehlshaber, wie klug er auch sein mag, imstande ist, im Laufe einer längeren Zeit keinen Fehler zu begehen; daher haben wir stets die Möglichkeit, seine Fehler auszunutzen. Der Gegner kann genauso Fehler machen, wie wir uns selbst manchmal verrechnen und dem Gegner dadurch eine günstige Gelegenheit bieten. Außerdem können wir Fehler des Gegners künstlich hervorrufen, indem wir zum Beispiel das tun, was Sun Dsi "Vorspiegelung" nannte (ein Scheinmanöver im Osten vollführen, den Angriff aber im Westen unternehmen), und desgleichen. Haben wir solches vor, dann dürfen wir den Endpunkt des Rückzugs nicht starr auf eine bestimmte Gegend begrenzen. Zuweilen müssen wir, wenn wir uns in den vorgesehenen Raum zurückgezogen, aber noch keine nutzbare Gelegenheit gefunden haben, den Rückzug fortsetzen und warten, bis der Feind uns eine solche Gelegenheit bietet.

Das sind im allgemeinen die günstigen Bedingungen, die wir durch den Rückzug anstreben. Das bedeutet aber nicht, daß wir mit dem Beginn der Gegenoffensive warten müssen, bis alle obenerwähnten Bedingungen erfüllt sind. Es ist weder möglich noch notwendig, daß alle diese Bedingungen gleichzeitig gegeben sind. Doch muß eine schwache Armee, die auf den inneren Linien gegen einen starken Gegner operiert, darauf bedacht sein, nach der jeweiligen Situation des Gegners, einige der erforderlichen Bedingungen anzustreben; es wäre falsch, das bestreiten zu wollen.

Wenn man den Endpunkt des Rückzugs festlegt, muß man von der Gesamtlage ausgehen. Es wäre falsch, bei der Entscheidung darüber nur eine Teilsituation zu berücksichtigen, die den Übergang zur Gegenoffensive günstig erscheinen läßt, wenn nicht zugleich auch die Gesamtlage für uns vorteilhaft ist. Denn schon zu Beginn einer Gegenoffensive müssen wir mit späteren Veränderungen rechnen, und unsere Gegenoffensive beginnt immer mit Teilaktionen. Zuweilen muß man den Endpunkt des Rückzugs im frontnahen Teil des Stützpunktgebiets festlegen, wie das während der zweiten und vierten Gegenoperation gegen die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" in Kiangsi und der dritten Gegenoperation im Schensi-Kansu-Gebiet der Fall war. Manchmal muß der Endpunkt im zentralen Teil des Stützpunktgebiets gelegen sein, wie bei unserer ersten Gegenoperation in Kiangsi. Und es kommt auch vor, daß er sich im frontabgekehrten Teil des Stützpunktgebiets befindet, wie zum Beispiel während der dritten Gegenoperation in Kiangsi. In allen diesen Fällen wurde die Entscheidung getroffen, nachdem man die Teilsituation mit der Gesamtlage in Verbindung gebracht hatte. Während der fünften Gegenoperation in Kiangsi zog unsere Armee einen Rückzug überhaupt nicht in Erwägung, weil sie weder auf die Teilsituation noch auf die Gesamtlage achtete, was wirklich unbesonnen und waghalsig war. Eine Situation setzt sich aus einer Reihe von Bedingungen zusammen; bei der Prüfung des Zusammenhangs zwischen der Teilsituation und der Gesamtlage muß man davon ausgehen, ob die Bedingungen auf der Seite des Feindes und auf unserer Seite, wie sie sich in der Teilsituation und in der Gesamtlage offenbaren, für den Beginn unserer Gegenoffensive einigermaßen günstig sind.

Die Endpunkte des Rückzugs lassen sich im Stützpunktgebiet im großen und ganzen in drei Kategorien einteilen, nämlich in solche Punkte, die im frontnahen Teil, solche, die im Zentrum, und solche, die im frontabgewandten Teil des Gebiets liegen. Heißt das aber, daß wir es überhaupt ablehnen, in weißen Gebieten zu operieren? Nein. Nur in dem Fall, wenn wir es mit einem großangelegten "Feldzug" des Feindes zu tun haben, lehnen wir das ab. Nur in dem Fall, wenn das Kräfteverhältnis sehr ungleich ist, treten wir, gemäß dem Grundsatz, daß wir unsere Kräfte schonen und die Gelegenheit für die Zerschlagung des Feindes abwarten sollen, dafür ein, daß wir uns ins Stützpunktgebiet zurückziehen und den Feind in die Tiefe unseres eigenen Territoriums locken; denn nur auf diese Weise können wir die für unsere Gegenoffensive günstigen Bedingungen schaffen bzw. herausfinden. Ist aber die Lage nicht sehr ernst, oder ist sie so ernst, daß es der Roten Armee auch in ihrem eigenen Stützpunktgebiet einfach unmöglich ist, die Gegenoffensive zu beginnen, oder kommt unsere Gegenoffensive nicht recht vorwärts und ist daher ein weiterer Rückzug notwendig, um eine Wendung in der Lage herbeizuführen, dann muß man - zumindest theoretisch - anerkennen, daß der Endpunkt des Rückzugs auch in weißen Gebieten gewählt werden kann, obwohl wir sehr wenig Erfahrungen dieser Art gemacht haben.

Die Endpunkte des Rückzugs in weißen Gebieten kann man im großen und ganzen auch in drei Kategorien einteilen: erstens in solche, die vor unserem Stützpunktgebiet liegen, zweitens in solche, die an dessen Flanken liegen, und drittens in solche, die dahinter liegen. Nehmen wir ein Beispiel für Endpunkte der ersten Kategorie: Hätte es in der Zeit der ersten Gegenoperation in Kiangsi nicht eine Uneinigkeit innerhalb der Roten Armee und eine Spaltung in den örtlichen Parteiorganisationen gegeben, das heißt, hätten nicht zwei so schwierige Probleme wie die Linie Li Li-sans und der A-B-Bund[Anmerkung 71] bestanden, dann wäre es denkbar gewesen, daß wir unsere Kräfte in dem Dreieck Dji'an-Nanfeng-Dschangschu konzentriert hätten, um von da aus eine Gegenoffensive zu unternehmen. Denn die Kräfte des Gegners, die damals zwischen dem Gan-Fluß und dem Fu-Fluß vorrückten, waren denen der Roten Armee nicht um vieles überlegen (100000 gegen 40 000 Mann). Wenn hier auch hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung die Bedingungen nicht so gut waren wie im Stützpunktgebiet, so waren doch die Geländebedingungen vorteilhaft; außerdem hätten wir den Umstand, daß der Gegner in getrennten Kolonnen marschierte, ausnutzen können, um ihn einzeln zu schlagen. Nun ein Beispiel für Endpunkte der zweiten Kategorie: Hätte im Verlauf der dritten Gegenoperation in Kiangsi die gegnerische Offensive nicht so große Ausmaße angenommen, wäre eine der feindlichen Kolonnen aus dem Raum Djiänning-Litschuan-Taining an der Grenze zwischen Fukien und Kiangsi vorgerückt und hätte deren zahlenmäßige Stärke unserer Armee einen Angriff auf sie erlaubt, dann wäre es ebenfalls denkbar gewesen, daß die Rote Armee ihre Kräfte schon in den weißen Gebieten in Westfukien zusammengezogen und zuerst diese Kolonne zerschlagen hätte, wodurch sie der Notwendigkeit enthoben gewesen wäre, den gewaltigen Umweg von tausend Li über Juidjin nach Hsingguo zu machen. Dieselbe dritte Gegenoperation in Kiangsi hätte auch ein Beispiel für Rückzugsendpunkte der dritten Kategorie liefern können: Wären damals die Hauptkräfte des Gegners nach Süden statt nach Westen vorgerückt, dann wären wir möglicherweise gezwungen gewesen, uns in den Raum Huitschang-Hsünwu-Anyüan (ein weißes Gebiet) zurückzuziehen, um den Feind noch weiter nach Süden zu locken; hierauf hätte die Rote Armee von Süden nach Norden ins Innere des Stützpunktgebiets einrücken können. Zu diesem Zeitpunkt wären die Kräfte des Gegners im Norden des Stützpunktgebiets nicht zahlreich gewesen. Alle diese Beispiele sind jedoch lediglich Hypothesen und beruhen auf keinerlei Erfahrung; man kann sie nur als Ausnahmefälle, aber nicht als ein allgemeines Prinzip betrachten. Wenn der Feind einen großangelegten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" unternimmt, gilt für uns als allgemeines Prinzip, den Feind tief ins Innere unseres Stützpunktgebiets zu locken, uns ins Stützpunktgebiet zurückzuziehen, um ihn hier zu bekämpfen; denn das ist für uns die verläßlichste Methode, die feindliche Offensive zu zerschlagen.

Jene, die dafür eintraten, daß wir "den Feind vor den Toren des eigenen Staates abwehren", widersetzten sich dem strategischen Rückzug mit der Begründung, er bedeute Gebietsverluste, bringe der Bevölkerung Schaden (sie nennen das: "Unsere Töpfe und Pfannen werden zerschlagen") und löse auch nach außen hin ein ungünstiges Echo aus. Während der fünften Gegenoperation erklärten sie, daß jedesmal, wenn wir einen Schritt zurückwichen, der Feind seine Blockhäuser einen Schritt vorschöbe, so daß unsere Stützpunktgebiete immer mehr zusammenschrumpften und es uns nicht mehr gelingen würde, verlorene Gebiete wiederzugewinnen. Auch wenn es früher nützlich gewesen sein möge, den Feind tief ins Innere unseres Gebiets zu locken, so sei es doch sinnlos, diese Methode gegen den fünften "Feldzug" anzuwenden, bei dem sich der Gegner der BlockhausTaktik bediene; hier könne man sich nur der Methode einer Verteidigung mit aufgelockerten Kräften sowie der Methode kurzer, rascher Vorstöße bedienen.

Es ist leicht, auf diese Behauptungen zu erwidern, und unsere Geschichte hat bereits die Antwort darauf gegeben. Was die Gebietsverluste betrifft, so hat es sich häufig so ergeben, daß man solche Verluste nur vermeidet, indem man sie in Kauf nimmt. Hier gilt der Grundsatz: "Ich gebe, damit du gibst." Wenn wir Gebietsverluste haben, dafür aber den Sieg über den Feind erringen und obendrein die verlorenen Gebiete zurückgewinnen und noch ausdehnen, dann ist das ein einträgliches Geschäft. Bei einem Handel kann der Käufer keine Ware erwerben, wenn er nicht Geld "verliert", und der Verkäufer kann auch kein Geld erhalten, wenn er nicht die Ware "verliert". Eine revolutionäre Bewegung bringt Verluste in Form von Zerstörungen mit sich, aber dafür den Gewinn des Aufbaus im Sinne des Fortschritts. Für Schlaf und Erholung verliert man Zeit, gewinnt aber dafür Energie für die Arbeit am nächsten Tag. Wenn irgendein Narr das nicht versteht und sich weigert zu schlafen, wird er tags darauf keine Energie haben, und das ist ein Verlustgeschäft. Der Verlust, den wir beim fünften "Feldzug" des Feindes zu tragen hatten, ist eben einem solchen Umstand zuzuschreiben. Weil wir einen Teil unseres Gebiets nicht verlieren wollten, haben wir schließlich das ganze Gebiet verloren. Auch die unelastische Kriegführung Abessiniens hatte zum Ergebnis, daß es sein ganzes Territorium verlor, obwohl dies nicht die einzige Ursache seiner Niederlage war.

Dasselbe gilt für das Argument, daß die Bevölkerung Schaden erleide. Wenn man nicht zulassen will, daß zeitweilig in einem Teil der Haushalte Töpfe und Pfannen zerschlagen werden, dann wird man zulassen müssen, daß eine lange Zeit hindurch bei der gesamten Bevölkerung Töpfe und Pfannen zerschlagen werden. Wenn man sich vor ungünstigen politischen Auswirkungen fürchtet, die für eine kurze Zeit zu erwarten sind, dann wird man mit ungünstigen Auswirkungen auf lange Dauer bezahlen müssen. Hätten die russischen Bolschewiki nach der Oktoberrevolution den Auffassungen der "linken Kommunisten" gemäß die Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Deutschland verweigert, dann hätte den eben erst geborenen Sowjets ein frühes Ende gedroht.[Anmerkung 72]

Solche scheinrevolutionären Ansichten der "linken" Abweichung entstammen der revolutionären Fiebrigkeit kleinbürgerlicher Intellektueller wie auch dem engstirnigen Konservatismus bäuerlicher Kleinproduzenten. Diese Leute sehen, wenn sie an die Fragen herangehen, nur einen Teil, sind nicht imstande, das Ganze zu erfassen; sie wollen nicht die Interessen von heute mit denen von morgen, die Teilinteressen mit den Gesamtinteressen verknüpfen, sondern klammern sich krampfhaft an das Einzelne und Zeitweilige. Gewiß, wir müssen alles Einzelne und Zeitweilige, das unter den gegebenen konkreten Umständen für das Ganze und für die gesamte Periode von Vorteil ist, durchaus festhalten, besonders dann, wenn es entscheidende Bedeutung hat, da wir anderenfalls zu Befürwortern des Selbstlaufs oder des Gewährenlassens würden. Ebendeshalb muß ja der Rückzug einen Endpunkt haben. Doch wir dürfen uns dabei keinesfalls auf die Kurzsichtigkeit von Kleinproduzenten verlassen. Wir müssen von der Weisheit der Bolschewiki lernen. Das bloße Auge genügt nicht, wir müssen ein Teleskop und ein Mikroskop zu Hilfe nehmen. Die marxistische Methode ist unser Teleskop und Mikroskop auf politischem und militärischem Gebiet.

Der strategische Rückzug hat natürlich seine Schwierigkeiten. Die Bestimmung des Zeitpunkts' für den Beginn des Rückzugs, die Wahl des Endpunkts für den Rückzug, die politische Überzeugung der Kader und der Bevölkerung - das alles sind schwierige Probleme, die alle gelöst werden müssen.

Die Frage des Zeitpunktes für den Beginn des Rückzugs ist von sehr großer Bedeutung. Wäre unser Rückzug im Laufe der ersten Gegenoperation in Kiangsi nicht gerade im rechten Augenblick unternommen worden, wäre er also verspätet erfolgt, dann hätte das unseren Sieg zumindest hinsichtlich des Ausmaßes beeinträchtigt. Selbstverständlich bringt sowohl ein verfrühter als auch ein verspäteter Rückzug Verluste mit sich. Im allgemeinen sind aber die Verluste bei einem verspäteten Rückzug größer. Ein rechtzeitiger Rückzug, durch den wir die Initiative völlig an uns reißen können, erleichtert es ganz beträchtlich, unsere Truppen zu konsolidieren und umzugruppieren und mit frischen Kräften zur Gegenoffensive überzugehen, nachdem der Endpunkt erreicht ist. Während der Operationen zur Zerschlagung des ersten, zweiten und vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" in Kiangsi sind wir mit dem Gegner in aller Ruhe und ohne Hast fertig geworden. Nur während des dritten "Feldzugs" war die Rote Armee äußerst ermüdet, denn sie hatte sich hastig auf Umwegen konzentrieren müssen, weil wir nicht erwartet hatten, daß der Feind nach seiner schweren Niederlage im zweiten "Feldzug" so rasch eine neue Offensive starten würde (wir beendeten am 29. Mai 1931 unsere zweite Gegenoperation, und Tschiang Kai-schek begann schon am 1. Juli seinen dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug"). Der Zeitpunkt für den Rückzug wird - ebenso wie der Zeitpunkt für den Beginn des Vorbereitungsstadiums, wovon oben die Rede war - ausschließlich auf Grund der gesammelten notwendigen Angaben und der Einschätzung der allgemeinen Situation beim Gegner und bei uns bestimmt.

Es ist äußerst schwer, die Kader und die Bevölkerung von der Notwendigkeit eines strategischen Rückzugs zu überzeugen, solange sie noch keine Erfahrungen haben und solange die militärische Führung noch nicht eine so große Autorität besitzt, daß sie das Recht auf die Entscheidung über den strategischen Rückzug in den Händen eines ganz kleinen Personenkreises oder gar eines einzigen Menschen konzentrieren und dabei das Vertrauen der Kader genießen könnte. Da die Kader keine Erfahrungen hatten und daher an den strategischen Rückzug nicht glaubten, stießen wir in der Anfangsperiode der ersten und der vierten Gegenoperation sowie während der ganzen Dauer der fünften Gegenoperation in dieser Frage auf sehr große Schwierigkeiten. Im Laufe der ersten Gegenoperation waren die Kader unter dem Einfluß der Linie Li Li-sans nicht für einen Rückzug, sondern für einen Angriff, bis wir sie vom Gegenteil überzeugten. Während der vierten Gegenoperation waren die Kader unter dem Einfluß des militärischen Abenteurertums dagegen, daß wir uns auf einen Rückzug vorbereiteten. Bei der fünften Gegenoperation vertraten sie zunächst weiter die Ansichten des militärischen Abenteurertums, wonach wir den Feind nicht tief ins Innere unseres Gebiets locken dürften, wurden aber in der Folge zu Anhängern des militärischen Konservatismus. Ein weiteres konkretes Beispiel: Die Anhänger der Linie Dschang Guo-taos glaubten nicht, daß es unmöglich war, in den Gebieten der Tibeter und der Hui[Anmerkung 73] unsere Stützpunktgebiete zu errichten; erst als sie sich die Köpfe eingerannt hatten, glaubten sie es. Die Kader brauchen Erfahrung, und dabei ist wahrlich die Niederlage die Mutter des Erfolgs. Es ist aber auch notwendig, unvoreingenommen von den Erfahrungen anderer zu lernen; wenn man in jedem einzelnen Fall unbedingt warten will, bis man seine eigenen Erfahrungen gemacht hat, und, solange das nicht geschehen ist, starrköpfig an der eigenen Meinung festhält und die Erfahrungen anderer ablehnt, so ist das nichts als "enger Empirismus". Wir haben im Laufe unseres Krieges aus diesem Grund nicht wenig zu leiden gehabt.

Niemals war der durch mangelnde Erfahrung bedingte Unglaube der Bevölkerung an die Notwendigkeit eines strategischen Rückzugs stärker als während der Gegenoperation gegen den ersten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" in Kiangsi. Die örtlichen Parteiorganisationen und die Volksmassen der Kreise Dji-an, Hsingguo und Yungfeng waren damals sämtlich gegen einen Rückzug der Roten Armee. Doch nach der Erfahrung der ersten Gegenoperation tauchte dieses Problem bei den folgenden Gegenoperationen nie wieder auf. Jedermann war davon überzeugt, daß die Gebietsverluste im Stützpunktgebiet und die Leiden der Bevölkerung vorübergehend waren, daß die Rote Armee die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zerschlagen konnte. Der Glaube des Volkes ist jedoch eng mit dem Glauben der Kader verbunden, und deshalb ist es die erste und wichtigste Aufgabe, die Kader zu überzeugen.

Der strategische Rückzug zielt ausschließlich auf den Übergang zur Gegenoffensive ab, er ist bloß die erste Etappe der strategischen Verteidigung. Das entscheidende Kettenglied der ganzen Strategie bildet aber die Frage, ob in der nachfolgenden Etappe, also bei der Gegenoffensive, der Sieg errungen werden kann.

4. Strategische Gegenoffensive

Um die Offensive eines absolut überlegenen Feindes zu zerschlagen, stützt man sich auf die in der Etappe des strategischen Rückzugs geschaffene Situation, die zum Unterschied von jener, welche zu Beginn des gegnerischen Angriffs bestanden hat, für uns günstig, für den Gegner jedoch ungünstig ist; eine solche Situation ergibt sich aus verschiedenen Bedingungen. Das haben wir bereits oben erörtert.

Doch das Vorhandensein der Bedingungen und der Situation, welche für uns günstig und für den Gegner ungünstig sind, bedeutet noch nicht, daß der Gegner geschlagen ist. Diese Bedingungen und diese Situation bieten die Möglichkeit für unseren Sieg und die Niederlage des Gegners, stellen aber noch nicht die Realität des Sieges bzw. der Niederlage dar, bedeuten noch nicht, daß die eine der beiden Armeen gesiegt hat und die andere bezwungen worden ist. Der Sieg der einen und die Niederlage der anderen werden durch eine Entscheidungsschlacht zwischen beiden Armeen zur Wirklichkeit. Erst durch die Entscheidungsschlacht kann die Frage beantwortet werden, wer Sieger und wer Besiegter ist. Darin eben besteht die ganze Aufgabe in der Etappe der strategischen Gegenoffensive. Die Gegenoffensive ist ein langer Prozeß; sie ist die faszinierendste und dynamischste Etappe der Verteidigung, und sie ist auch ihre abschließende Etappe. Was man aktive Verteidigung nennt, bezieht sich eben hauptsächlich auf diese strategische Gegenoffensive, die den Charakter einer Entscheidungsschlacht trägt.

Diese Bedingungen und diese Situation werden nicht nur in der Etappe des strategischen Rückzugs geschaffen, sondern gestalten sich weiter in der Etappe der Gegenoffensive, bei der sie jedoch weder der Form noch dem Charakter nach genau die gleichen sind wie beim strategischen Rückzug.

Sie können auch der Form und dem Charakter nach gleich sein. So sind z. B. die weitere Ermattung des Feindes und seine weiteren Verluste nur die Fortsetzung seiner Ermattung und seiner Verluste in der vorangegangenen Phase.

Aber es entstehen notwendigerweise auch völlig neue Bedingungen und eine völlig neue Situation. Wenn beispielsweise der Gegner eine oder mehrere Niederlagen erlitten hat, dann beschränken sich die für uns günstigen und für den Gegner ungünstigen Bedingungen nicht auf dessen Ermattung und dergleichen, sondern es tritt ein neuer Faktor hinzu, nämlich die Tatsache seiner Niederlagen. Auch die Situation erfährt eine Änderung. Wenn die Truppenbewegungen beim Gegner in Unordnung geraten, wenn er verfehlte Maßnahmen trifft, dann wird auch das Kräfteverhältnis der beiden Armeen nicht mehr das gleiche bleiben wie früher.

Sollten aber nicht die feindlichen Truppen eine oder mehrere Niederlagen erlitten haben, sondern unsere eigenen, dann ändern sich die Bedingungen und die Situation in umgekehrter Richtung. Dann werden nämlich die Nachteile beim Gegner geringer, während bei uns Nachteile aufkommen und sich in der Folge sogar vergrößern. Und damit wird etwas völlig Neues, etwas anderes entstehen.

Wer von den beiden Seiten eine Niederlage erlitten hat, wird unvermittelt und schleunigst neue Anstrengungen machen, und zwar solche, die darauf abzielen, die ihm drohende Gefahr abzuwenden, aus den neuen Bedingungen und der neuen Situation herauszukommen, die für ihn selbst ungünstig und für seinen Gegner günstig sind, und die Bedingungen und die Situation wiederherzustellen, die für ihn günstig und für den Gegner ungünstig waren, um so auf den Gegner einen Druck auszuüben.

Die Anstrengungen jener Seite, die den Sieg errungen hat, werden genau entgegengesetzt sein; der Sieger wird danach streben, seinen Sieg auszubauen, dem Gegner noch größere Verluste zuzufügen, die für die eigene Seite günstigen Bedingungen und die für die eigene Seite günstige Situation zu vermehren bzw. zu vergrößern und den Gegner daran zu hindern, daß er sich aus seiner ungünstigen Situation befreit und die ihm drohende Gefahr abwendet.

Somit ist für jede der beiden Seiten der Kampf in der Etappe der Entscheidungsschlacht der erbittertste, komp1izierteste und wechselvollste, zugleich auch der schwierigste und anstrengendste Kampf im ganzen Verlauf des Krieges oder der Operation; auch an die Führung stellt diese Zeit höchste Anforderungen.

In der Etappe der Gegenoffensive erheben sich viele Fragen, von denen die wichtigsten sind: der Beginn der Gegenoffensive, die Konzentration der Kräfte, der Bewegungskrieg, der Krieg mit rascher Entscheidung und der Vernichtungskrieg.

Die diese Fragen betreffenden Prinzipien gelten ihrem grundlegenden Charakter nach unterschiedslos sowohl für die Gegenoffensive wie für den Angriff. In diesem Sinne kann man sagen, daß die Gegenoffensive ein Angriff ist.

Und dennoch ist die Gegenoffensive noch nicht ganz der Angriff. Die Prinzipien der Gegenoffensive werden angewandt, wenn der Gegner in der Offensive ist. Die Prinzipien des Angriffs werden angewandt, wenn der Gegner sich in der Defensive befindet. In diesem Sinne gibt es wiederum zwischen den Prinzipien der Gegenoffensive und denen des Angriffs gewisse Unterschiede.

Aus diesem Grund dürfen wir bei der praktischen Anwendung weder die Gemeinsamkeiten noch die Unterschiede zwischen der Gegenoffensive und dem Angriff übersehen, obwohl ich die zahlreichen Fragen der Kriegführung sämtlich bei der Erörterung der Gegenoffensive im vorliegenden Kapitel über die strategische Verteidigung behandle und in dem Kapitel über den strategischen Angriff, um Wiederholungen zu vermeiden, nur auf andere Fragen eingehen werde.

5. Beginn der Gegenoffensive

Die Frage des Beginns der Gegenoffensive ist die Frage des "Anfangsgefechts" oder des "einleitenden Gefechts".

Viele bürgerliche Militärfachleute empfehlen Vorsicht bei den Anfangsgefechten, sei es bei der strategischen Verteidigung, sei es beim strategischen Angriff, besonders aber bei der Verteidigung. In der Vergangenheit haben auch wir diese Frage ernsthaft aufgeworfen. Die Operationen gegen die fünf "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" in Kiangsi haben uns reiche Erfahrungen eingebracht, und es ist nicht nutzlos, diese zu studieren.

Während seines ersten "Feldzugs" rückte der etwa 100000 Mann starke Gegner in acht Kolonnen von der Linie Dji'an-Djiänning aus südwärts gegen das Stützpunktgebiet der Roten Armee vor. Die Rote Armee zählte damals ca. 40 000 Mann und war im Raum Huangpi-Hsiaobu im Kreis Ningdu, Provinz Kiangsi, konzentriert.

Die Lage war folgende:

1. Die "Ausrottungs"-Armee hatte nicht mehr als 100000 Mann, darunter keine eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks, und die allgemeine Lage war nicht sehr ernst.

2. Die von Luo Lin befehligte feindliche Division, die die Stadt Dji-an verteidigte, stand im Westen jenseits des Gan-Flusses.

3. Die drei feindlichen Divisionen, die von Gung Bing-fan, Dschang Hui-dsan und Tan Dao-yüan befehligt wurden, waren vorgerückt und hatten den Raum Futiän-Dunggu-Lunggang-Yüantou südöstlich von Dji-an und nordwestlich von Ningdu besetzt. Die Hauptkräfte der Division Dschang Hui-dsans befanden sich in Lunggang und die der Division Tan Dao-yüans in Yüantou. Die Gebiete Futiän und Dunggu, wo die Bevölkerung, von dem A-B-Bund irregeführt, zeitweilig der Roten Armee mißtrauisch und ablehnend gegenüberstand, waren als Schlachtfeld ungeeignet.

4. Die von Liu Ho-ding kommandierte feindliche Division war fern, in Djiänning, auf weißem Gebiet in der Provinz Fukien, und würde vermutlich nicht nach Kiangsi herüberkommen.

5. Die zwei feindlichen Divisionen, die unter dem Befehl von Mao Bing-wen und Hsü Kö-hsiang standen, waren in den Raum Toupi-Luokou-Dungschao zwischen Guangtschang und Ningdu eingerückt. Toupi war ein weißes Gebiet, Luokou ein Partisanengebiet, und Dungschao, wo es Elemente des A-B-Bundes gab, war ein Gebiet, in welchem Informationen leicht durchsickern konnten. Außerdem: hätten wir den Schlag gegen Mao Bing-wen und Hsü Kö-hsiang geführt und wären sodann westwärts vorgestoßen, dann hätten die im Westen stehenden Divisionen Dschang Hui-dsans, Tan Dao-yüans und Gung Bing-fans ihre Kräfte zusammenziehen können, was uns den Sieg erschwert und es unmöglich gemacht hätte, das Problem endgültig zu lösen.

6. Die Divisionen Dschang Hui-dsans und Tan Dao-yüans bildeten die Hauptkräfte der "Ausrottungs"-Armee. Sie gehörten zu den eigenen Truppen des Gouverneurs von Kiangsi, Lu Di-ping, der den Oberbefehl über diesen "Feldzug" innehatte, während Dschang das Oberkommando an der Front führte. Die Vernichtung dieser beiden Divisionen hätte im Grunde genommen die Zerschlagung des ganzen "Feldzugs" bedeutet. Jede dieser Divisionen zählte etwa 14 000 Mann, wobei die Division Dschangs auf zwei Stellen verteilt war, so daß wir absolut überlegen gewesen wären, falls wir jeweils nur eine dieser Divisionen angegriffen hätten.

7. Der Abschnitt Lunggang-Yüantou, wo die Hauptkräfte der Divisionen Dschangs und Tans standen, lag nahe der Stelle, wo unsere Truppen zusammengezogen waren, und überdies waren die Bedingungen hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung günstig, so daß wir uns unbemerkt dem Gegner nähern konnten.

8. Die Geländebedingungen in Lunggang waren gut. Yüantou war nicht leicht anzugreifen. Falls jedoch der Gegner nach Hsiaobu vorrücken sollte, um uns anzugreifen, würden wir auch dort ein günstiges Gelände vorfinden.

9. In der Richtung Lunggang konnten wir die meisten Kräfte konzentrieren. In Hsingguo, einige Dutzend Li südwestlich von Lunggang, verfügten wir noch über eine selbständige Division von mehr als 1000 Mann, die auch in der Lage war, durch ein Umgehungsmanöver in den Rücken des Feindes zu gelangen.

10. Unsere Truppen könnten mit einem Durchbruch im Zentrum eine Bresche in die feindliche Frontlinie schlagen, wodurch die östlichen und die westlichen Kolonnen des Gegners in zwei weit voneinander entfernte Gruppen gespalten würden. Aus all diesen Erwägungen beschlossen wir, das erste Gefecht den Hauptkräften Dschang Hui-dsans zu liefern. Wir zerschlugen zwei seiner Brigaden und den Stab seiner Division, wobei sämtliche 9 000 Mann, einschließlich des Divisionskommandeurs, gefangengenommen wurden, ohne daß auch nur ein einziger Soldat und ein einziges Pferd entkommen konnten. Dieser eine Sieg versetzte die Divisionen Tans und Hsüs in einen derartigen Schrecken, daß sie Hals über Kopf in Richtung Dungschao beziehungsweise Toupi flüchteten. Unsere Truppen verfolgten darauf die Division Tans und vernichteten sie zur Hälfte. Innerhalb von fünf Tagen (vom 27. Dezember 1930 bis zum 1. Januar 1931) wurden zwei Gefechte ausgetragen, worauf sich alle feindlichen Kräfte aus Furcht vor ihrer Zerschmetterung panikartig aus Futiän, Dunggu und Toupi zurückzogen. So endete der erste "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug".

Beim zweiten "Feldzug" war die Lage wie folgt:

1. Die 200000 Mann zählenden feindlichen "Ausrottungs"-Truppen standen unter dem Oberbefehl von Ho Ying-tjin, der sein Hauptquartier in Nantschang hatte.

2. Wie beim ersten "Feldzug" gab es unter ihnen keine eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks. Stark oder relativ stark waren die 19. Route-Armee Tsai Ting-kais, die 26. Route-Armee Sun Liän-dschungs und die 8. Route-Armee Dschu Schao-liangs, während die übrigen alle relativ schwach waren.

3. Der A-B-Bund war bereits liquidiert, und die ganze Bevölkerung des Stützpunktgebiets stand hinter der Roten Armee.

4. Die 5. Route-Armee Wang Djin-yüs, die aus dem Norden neu eingetroffen war, verhielt sich zaghaft, was im allgemeinen auch für die an ihrer linken Flanke operierenden Divisionen Guo Hua-dsungs und Hao Meng-lings zutraf.

5. Hätten unsere Truppen zuerst Futiän angegriffen und wären dann rasch weiter in östlicher Richtung vorgestoßen, dann hätten wir das Stützpunktgebiet durch Einbeziehung des Gebiets Djiänning-Litschuan-Taining an der Grenze zwischen Fukien und Kiangsi erweitern und Versorgungsgüter ansammeln können, um den folgenden "Feldzug" leichter zu zerschlagen. Hätten wir aber den Stoß von Osten nach Westen geführt, dann wären wir an das Ufer des Gan-Flusses geraten und hätten nach Beendigung der Operation keinen Platz mehr gehabt, um uns zu entfalten. Hätten wir uns nach der Operation wieder ostwärts gewandt, so hätte das eine Ermattung unserer Truppen sowie einen Zeitverlust bedeutet.

6. Obwohl unsere Armee zahlenmäßig etwas schwächer war (mehr als 30 000 Mann) als zur Zeit der ersten Gegenoperation, hatte sie doch vier Monate zur Verfügung gehabt, sich auszuruhen und neue Kräfte zu sammeln. Aus diesen Gründen wurde beschlossen, das erste Gefecht mit den im Raume Futiän stehenden Truppen Wang Djin-yüs und Gung Bing-fans (insgesamt elf Regimenter) auszutragen. Nachdem wir in diesem Gefecht gesiegt hatten, schlugen wir nacheinander Guo Hua-dsung, Sun Liändschung, Dschu Schao-liang und Liu Ho-ding. Im Laufe von 15 Tagen (vom 16. bis zum 30. Mai 1931) legten wir 700 Li zurück, fochten fünf Gefechte aus, erbeuteten mehr als 20 000 Gewehre und brachten den feindlichen "Feldzug" völlig zum Scheitern. Während der Operation gegen Wang Djin-yü befanden wir uns zwischen zwei feindlichen Einheiten, etwas mehr als zehn Li von Guo Hua-dsung und über vierzig Li von Tsai Ting-kai entfernt, und manche Leute sagten, wir wären "in eine Sackgasse geraten"; aber wir schlugen uns dennoch durch. Das erklärt sich hauptsächlich aus den Bedingungen, die uns das Stützpunktgebiet bot, sowie aus der Uneinigkeit unter den einzelnen Einheiten des Feindes. Nachdem die Division Guo Hua-dsungs geschlagen worden war, flüchtete die Division Hao Meng-lings bei Nacht und Nebel nach Yungfeng und entging so ihrer Vernichtung.

Während des dritten "Feldzugs" war die Lage wie folgt:

1. Tschiang Kai-schek persönlich hatte den Oberbefehl übernommen, unter ihm gab es noch drei Befehlshaber, die die linke, die rechte und die mittlere Kolonne kommandierten. Die mittlere stand unter dem Kommando von Ho Ying-tjin, der wie Tschiang Kai-schek sein Hauptquartier in Nantschang hatte, die rechte unter dem Kommando von Tschen Ming-schu, dessen Hauptquartier sich in Dji-an befand, und die linke unter dem Kommando von Dschu Schao-liang mit seinem Hauptquartier in Nanfeng.

2. Die "Ausrottungs"-Truppen zählten 300 000 Mann. Die Hauptkräfte waren fünf Divisionen aus den eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks; sie wurden von Tschen Tscheng, Luo Dschuo-ying, Dschao Guan-tao, We Li-huang und Djiang Ding-wen befehligt; jede dieser Divisionen hatte neun Regimenter; insgesamt zählten sie etwa 100000 Mann. Außer ihnen standen uns noch drei Divisionen mit insgesamt 30000 Mann unter dem Kommando von Djiang Guang-nai, Tsai Ting-kai und Han Dö-tjin gegenüber. Hierzu kam noch die Armee von Sun Liändschung in Stärke von 20000 Mann. Sie alle gehörten nicht zu den eigenen Truppen Tschiang Kai-scheks und hatten relativ schwache Kampffähigkeit.

3. Im krassen Unterschied zu der beim zweiten "Feldzug" angewandten Strategie des "Schrittweisen Vorrückens und Ausbaus der jeweils eingenommenen Stellungen" bestand diesmal die "Ausrottungs"-Strategie des Feindes darin, "geradeaus zügig in die Tiefe vorzustürmen", in der Absicht, die Rote Armee gegen den Gan-Fluß zu drücken und dort zu vernichten.

4. Zwischen der Beendigung des zweiten "Feldzugs" und dem Beginn des dritten gab es ein Intervall von nur einem Monat. Die Rote Armee hatte nach den schweren Kämpfen weder ausruhen noch ihre Reihen auffüllen können (sie zählte ungefähr 30000 Mann). Obendrein hatte sie, gerade als sie der Feind aus verschiedenen Richtungen heftig bedrängte, eben erst einen Umweg von tausend Li machen müssen, um sich bei Hsingguo im westlichen Teil des Stützpunktgebiets von Südkiangsi zu konzentrieren. Unter diesen Umständen nahmen wir zuerst Kurs darauf, von Hsingguo aus über Wan-an zu marschieren, bei Futiän durchzubrechen und dann quer über die rückwärtige Verbindungslinie des Gegners hinweg nach Osten abzuschwenken, damit die Hauptkräfte des Gegners zu einem Vorstoß in unser Stützpunktgebiet in Südkiangsi verleitet und so in eine Lage versetzt würden, in der sie nicht wüßten, was anzufangen; das wäre die erste Stufe unserer Gegenoperation gewesen. Wenn sich dann der Feind wieder nordwärts gewandt hätte, wäre er unvermeidlich ermüdet gewesen, und wir hätten dann die Gelegenheit zu Schlägen gegen seine verwundbarsten Einheiten benutzen können; das wäre die zweite Stufe unserer Operation gewesen. Das Kernstück dieses Planes bestand darin, den Hauptkräften des Gegners auszuweichen und gegen seine schwachen Einheiten Schläge zu führen. Als jedoch unsere Truppen nach Futiän vorrückten, wurden sie vom Feind entdeckt, und die Divisionen Tschen Tschengs und Luo Dschuo-yings rückten eiligst heran. Wir mußten unseren Plan ändern und zogen uns wieder nach Gaohsinghsü im Westteil des Kreises Hsingguo zurück; zu jenem Zeitpunkt war nur dieser eine Ort mit seiner Umgebung (einige Dutzend Quadrat-Li) geblieben, wo sich unsere Truppen konzentrieren konnten. Einen Tag später, nachdem wir uns hier gesammelt hatten, beschlossen wir, ostwärts in Richtung Liäntang (im Ostteil des Kreises Hsingguo)-Liangtsun (im Südteil des Kreises Yungfeng)-Huangpi (im Nordteil des Kreises Ningdu) vorzustoßen. Im Schutz der Dunkelheit passierten wir im Laufe der Nacht eine 40 Li breite Lücke zwischen der Division Djiang Ding-wens und den Einheiten Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais und Han Dö-tjins und schwenkten nach Liäntang ein. Am folgenden Tag kam es zur Gefechtsberührung mit den Vorposten der Truppen Schangguan Yün-hsiangs (der neben seiner eigenen auch die Division Hao Meng-lings befehligte). Am dritten Tag trugen wir das erste Gefecht aus, bei dem die Division Schangguan Yün-hsiangs geschlagen wurde, am vierten Tag schlugen wir in einem zweiten Gefecht die Division Hao Meng-lings. Nach einem dreitägigen Marsch erreichten wir Huangpi und lieferten dort unser drittes Gefecht, und zwar gegen die Division Mao Bing-wens. Wir hatten die drei Gefechte siegreich bestanden und mehr als 10 000 Gewehre erbeutet. In diesem Augenblick wandten sich alle Hauptkräfte des Gegners, die bis dahin in westlicher und südlicher Richtung vorgerückt waren, nach Osten, konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf Huangpi, wohin sie in Eilmärschen vorrückten, um uns zum Kampf zu stellen, und näherten sich unseren Truppen in Form eines dicht geschlossenen massiven Einkreisungsringes. Wir entschlüpften ihnen durch einen im hohen Gebirge gelegenen Korridor von 20 Li Breite zwischen den Truppen Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais und Han Dö-tjins einerseits und jenen Tschen Tschengs und Luo Dschuo-yings andererseits, wandten uns wiederum nach Westen, um uns im Kreis Hsingguo erneut zu sammeln. Bis der Gegner das entdeckte und abermals nach Westen vorzurücken begann, hatten wir schon einen halben Monat Ruhepause hinter uns, während die gegnerischen Streitkräfte hungrig, erschöpft, demoralisiert und nicht mehr kampffähig waren, so daß sie sich zum Rückzug entschließen mußten. Wir nutzten ihren Rückzug aus und griffen die Truppen Djiang Guang-nais, Tsai Ting-kais, Djiang Ding-wens und Han Dö-tjins an, wobei eine der Brigaden Djiang Ding-wens und die Division Han Dö-tjins vernichtet wurden. Was die Divisionen Djiang Guang-nais und Tsai Ting-kais betrifft, verlief der Kampf unentschieden, und wir ließen sie ziehen.

Beim vierten "Feldzug" war die Lage wie folgt: Der Gegner rückte in drei Kolonnen auf Guangtschang vor, wobei die östliche Kolonne von seinen Hauptkräften gebildet wurde, während die westliche, die aus zwei Divisionen bestand, uns gegenüber ungedeckt war und überdies der Gegend unserer Truppenkonzentration sehr nahe kam. Deshalb hatten wir die Gelegenheit, zuerst einen Schlag gegen die westliche Kolonne des Feindes im Südteil des Kreises Yihuang zu führen und die beiden von Li Ming beziehungsweise Tschen Schi-dji befehligten Divisionen auf Anhieb zu vernichten. Als der Gegner zwei Divisionen von seiner östlichen Kolonne abzog, um die mittlere Kolonne zu verstärken, und weiter vorrückte, gelang es uns wiederum, im Südteil des Kreises Yihuang eine seiner Divisionen zu vernichten. In diesen beiden Gefechten erbeuteten wir mehr als zehntausend Gewehre, und so wurde dieser "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" im wesentlichen zerschlagen.

Bei seinem fünften "Feldzug" führte der Gegner den Vormarsch mit Hilfe seiner neuen Strategie der Errichtung von Blockhäusern durch und besetzte zunächst Litschuan. Bei dem Versuch, Litschuan zurückzuerobern und den Feind außerhalb der Grenzen des Stützpunktgebiets abzuwehren, griffen wir jedoch den nördlich von Litschuan ge1egenen Ort Hsiaoschi an, der ein befestigter Punkt des Gegners war und sich zudem im weißen Gebiet befand. Nachdem wir dieses Gefecht nicht gewonnen hatten, führten wir nun einen Stoß gegen das südöstlich von Hsiaoschi gelegene Dsihsitjiao, das gleichfalls eine befestigte Stellung des Feindes im weißen Gebiet war, und hatten wiederum keinen Erfolg. Dann jagten wir, auf der Suche nach einem günstigen Angriffspunkt, zwischen den Hauptkräften des Feindes und seinen Blockhäusern hin und her und gerieten in völlige Passivität. Während der ganzen fünften Gegenoperation, die ein Jahr dauerte, legten wir nicht die geringste Initiative und Energie an den Tag. Schließ1ich blieb uns nichts anderes übrig, als das Stützpunktgebiet in Kiangsi zu verlassen.

Die von unserer Armee in der Periode der fünf Gegenoperationen gesammelten Erfahrungen in der Kriegführung beweisen, daß für die in der Defensive befindliche Rote Armee das erste Gefecht ihrer Gegenoffensive von sehr großer Bedeutung ist, wenn sie eine starke "Ausrottungs"-Armee schlagen will. Sieg oder Niederlage im ersten Gefecht hat einen gewaltigen Einfluß auf die Gesamtlage und wirkt sich sogar bis zum letzten Gefecht aus. Daraus sind folgende Schlußfolgerungen zu ziehen:

Erstens, das erste Gefecht muß gewonnen werden. Wir dürfen nur losschlagen, wenn die gegebenen Bedingungen - wie die Situation des Gegners, die Geländeverhältnisse, die Unterstützung durch die Bevölkerung usw. - für uns günstig und für den Gegner ungünstig sind, so daß wir des Erfolgs wirklich sicher sind. Andernfalls ist es besser, sich zurückzuziehen, Vorsicht zu üben und eine Gelegenheit abzuwarten. Gelegenheiten finden sich immer, und man soll sich nicht übereilt auf einen Kampf einlassen. Bei der ersten Gegenoperation hatten wir ursprünglich vor, den Sehlag gegen die Truppen Tan Dao-yüans zu führen; da aber der Gegner die dominierenden Stellungen auf den Höhen von Yüantou nicht verließ, mußten unsere Truppen, die zweimal an die gegnerischen Stellungen heranrückten, beide Male Zurückhaltung üben und wieder umkehren; einige Tage später machten wir die Truppen Dschang Hui-dsans ausfindig, die leicht zu schlagen waren. Während der zweiten Gegenoperation rückten unsere Truppen gegen Dunggu vor, und nur weil sie warten wollten, bis Wang Djin-yü seine befestigten Stellungen in Futiän räumen würde, verharrten sie, auf die Gefahr hin, entdeckt zu werden, volle 25 Tage in unmittelbarer Nähe des Gegners - entgegen allen von Ungeduld diktierten Vorschlägen, den Feind unverzüglich anzugreifen -, bis sie schließlich erreicht hatten, was sie wollten. Während der dritten Gegenoperation war zwar rings um uns ein Sturm losgebrochen, wir waren nach einem Umweg von tausend Li zurückgekehrt, und der Feind hatte unseren Plan, ihn zu umgehen, ausgekundschaftet; dennoch verloren wir nicht die Geduld, sondern machten kehrt, änderten unseren Plan dahingehend ab, daß wir einen Durchbruch im Zentrum unternahmen, und lieferten schließlich in Liäntang erfolgreich das erste Gefecht. Bei der vierten Gegenoperation zogen wir uns, nachdem unser Angriff gegen Nanfeng fehlgeschlagen war, ohne Zögern zurück, schwenkten schließlich gegen die rechte Flanke des Gegners ab und sammelten wieder unsere Truppen in der Gegend von Dungschao, um daraufhin unsere große und siegreiche Schlacht im Südteil des Kreises Yihuang zu beginnen. Nur bei der fünften Gegenoperation wurde die große Bedeutung des Anfangsgefechts überhaupt nicht erkannt; durch den Verlust einer einzigen Stadt, der Kreisstadt Litschuan, kopflos geworden, marschierten unsere Truppen nach Norden direkt auf den Feind zu, um die Stadt zurückzuerobern; anstatt nun das unvorhergesehene Begegnungsgefecht bei Hsünkou, in dem wir den Sieg errangen (eine feindliche Division wurde vernichtet), als das erste Gefecht der Gegenoffensive zu betrachten und die Veränderungen, die dieses mit sich bringen mußte, vorauszusehen, unternahmen sie den unüberlegten Angriff auf Hsiaoschi, dessen Erfolg nicht gesichert war. So war die Initiative schon beim ersten Schritt verlorengegangen, und das ist wirklich die dümmste und schlechteste Methode der Kriegführung.

Zweitens, der Plan des Anfangsgefechts muß der Auftakt und ein organischer Bestandteil des Plans der ganzen Operation sein. Ohne einen guten Plan für die ganze Operation ist ein wirklich erfolgreiches erstes Gefecht absolut unmöglich. Das heißt, selbst wenn das erste Gefecht siegreich verlaufen ist, aber der ganzen Operation keinen Nutzen, sondern Schaden bringt, so ist es trotz des errungenen Sieges als eine Niederlage anzusehen (wie zum Beispiel das Gefecht bei Hsünkou während des fünften "Feldzugs"). Deshalb muß man sich noch vor Beginn des ersten Gefechts in großen Zügen überlegen, wie das zweite, das dritte, das vierte, ja sogar das letzte Gefecht auszutragen sei und welche Veränderungen sich in der Gesamtlage des Gegners im Falle unseres Sieges oder unserer Niederlage in den einzelnen Gefechten jeweils ergeben müßten. Obgleich das Resultat mit unseren Erwartungen nicht ganz übereinstimmen dürfte - ja sogar keineswegs ganz übereinstimmen kann -, müssen wir alles sorgfältig und realistisch im Lichte der Gesamtlage auf beiden Seiten durchdenken. Ohne einen Begriff von der Gesamtsituation zu haben, kann man keinen wirklich guten Zug auf dem Schachbrett machen.

Drittens, man muß auch in Betracht ziehen, was in der nächsten strategischen Etappe geschehen würde. Ein strategischer Führer erfüllt seine Pflicht nicht, wenn er sich lediglich um die Gegenoffensive, nicht aber auch um das kümmert, was auf ihren Sieg oder aber auch auf ihre eventuelle Niederlage folgen wird. Noch während des Ablaufs einer gegebenen strategischen Etappe muß der strategische Führer mit den nachfolgenden Etappen, zumindest aber mit der nächsten Etappe rechnen. Wenn auch künftige Veränderungen schwer vorauszusehen sind - je weiter man blickt, desto verschwommener wird das Bild -, so ist dennoch eine allgemeine Berechnung möglich und eine Abschätzung der Perspektive unerläßlich. Eine Führungsmethode, bei der man nur das sehen will, was vor der Nase liegt, ist im Krieg ebenso schädlich wie in der Politik. Nach jedem getanen Schritt muß man zwar die sich aus ihm ergebenden konkreten Veränderungen prüfen und diesen gemäß seine strategischen und operativen Pläne modifizieren oder weiterentwickeln, da man andernfalls in den Fehler eines abenteuerlichen Draufgängertums verfallen könnte. Jedoch braucht man unbedingt einen langfristigen Plan, der eine ganze strategische Etappe, ja sogar mehrere, umfaßt und in großen Zügen wohldurchdacht ist. Hat man keinen solchen Plan, dann kann man den Fehler begehen, unschlüssig zu sein und auf der Stelle zu treten, und damit faktisch den strategischen Zielen des Feindes entgegenkommen, sich selbst aber zur Passivität verurteilen. Man muß sich stets vor Augen halten, daß auch das gegnerische Oberkommando über ein gewisses Maß an strategischer Weitsicht verfügt. Nur wenn wir uns darin geübt haben werden, dem Gegner stets um eine Pferdelänge voraus zu sein, werden wir strategische Siege erringen können. Die strategische Führung im Sinne der "links"opportunistischen Linie zur Zeit des fünften "Feldzugs" des Feindes und gemäß der Linie Dschang Guo-taos war deshalb falsch, weil die Führung hauptsächlich in diesem Punkt versagt hat. Kurz, in der Etappe des Rückzugs muß man schon mit der nächsten Gegenoffensive rechnen, in der Etappe der Gegenoffensive mit dem darauffolgenden Angriff, in der Etappe des Angriffs wieder mit dem kommenden Rückzug. Wenn man sich stattdessen auf Erwägungen des Augenblicks allein beschränkt, heißt das direkt der Niederlage entgegenschreiten.

Das erste Gefecht muß gewonnen werden; der Plan der ganzen Operation muß berücksichtigt werden; die nächstfolgende strategische Etappe muß berücksichtigt werden. Das sind die drei Prinzipien, die man beim Beginn der Gegenoffensive, das heißt, wenn das erste Gefecht ausgetragen wird, nicht vergessen darf.

6. Konzentration der Kräfte

Die Konzentration der Kräfte sieht leicht aus, ist aber recht schwer durchzuführen. Jedermann weiß, daß es am besten ist, mit einer größeren Streitmacht eine k1einere zu besiegen; dennoch können das viele Leute nicht zuwege bringen, sondern zersplittern häufig ihre Kräfte. Der Grund liegt darin, daß es den betreffenden Befehlshabern an strategischem Denken mangelt, daß sie in einer komplizierten Lage den Kopf verlieren; sie sind daher dieser Lage auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert, büßen die Initiative ein, lassen sich das Gesetz ihres Handelns vorschreiben.

Wie kompliziert, ernst und peinlich auch die Lage sei, der militärische Leiter muß vor allen Dingen die Fähigkeit besitzen, die ihm unterstellten Kräfte selbständig, nach eigenem Ermessen zu organisieren und einzusetzen. Es kann oft vorkommen, daß man vom Feind zur Passivität gezwungen wird; dann ist es das wichtigste, die Initiative rasch wiederzugewinnen. Gewinnt man diese nicht zurück, dann ist die Folge eine Niederlage.

Die Initiative ist nicht etwas Eingebildetes, sondern etwas Konkretes, Materielles. Es kommt hierbei vor allem darauf an, eine möglichst große und von Kampfgeist erfüllte Streitmacht zu konservieren und zu konzentrieren.

Wenn man sich in der Verteidigung befindet, gerät man eigentlich leicht in eine passive Position, da die Verteidigungsoperationen viel weniger Spielraum für die volle Entfaltung der Initiative lassen als die Angriffsoperationen. Doch können ja die Verteidigungsoperationen so durchgeführt werden, daß ihre passive Form mit einem aktiven Inhalt erfüllt wird und sie aus dem Stadium, in welchem sie der Forln nach passiv sind, in ein Stadium übergeleitet werden, in dem sie sowohl der Form wie dem Inhalt nach aktiv sind. Ein durchaus vorausgeplanter strategischer Rückzug ist der Form nach erzwungen; dem Inhalt nach ist er darauf gerichtet, die Kräfte zu erhalten, den für die Zerschlagung des Gegners geeigneten Zeitpunkt abzuwarten, den Gegner in die Tiefe unseres Territoriums zu locken und die Gegenoffensive vorzubereiten. Wenn man jedoch den Rückzug nicht akzeptiert und sich überhastet auf einen Kampf einläßt (wie im Gefecht bei Hsiaoschi), dann mag es als ein ernsthaftes Bemühen um die Initiative erscheinen, ist aber in Wahrheit passiv. Doch die strategische Gegenoffensive ist bereits nicht nur dem Inhalt nach aktiv, sondern auch in der Form wird hier die während des Rückzugs eingenommene passive Haltung aufgegeben. Für den Gegner bedeutet die Gegenoffensive das Bestreben unserer Truppen, ihm die Initiative zu nehmen, d. h. ihn zur Passivität zu verurteilen.

Um dieses Ziel voll zu erreichen, sind folgende Bedingungen erforderlich: die Konzentration der Kräfte, der Bewegungskrieg, der Krieg mit rascher Entscheidung und der Vernichtungskrieg. Darunter ist die Konzentration der Kräfte die vorrangige und wichtigste Sache.

Die Konzentration der Kräfte ist notwendig, um das Verhältnis der beiden Seiten zueinander zu ändern. Erstens soll sich die Situation hinsichtlich des Vorrückens und des Rückzugs wandeln. Früher war der Gegner im Vormarsch, wir aber waren im Rückzug; jetzt versuchen wir zu erreichen, daß wir vorrücken und er sich zurückzieht. Wenn wir durch Konzentration der Kräfte ein Gefecht gewinnen, so wird eben damit hier dieses Ziel erreicht und auch die ganze Operation beeinflußt.

Zweitens soll sich die Situation hinsichtlich des Angriffs und der Verteidigung wandeln. Bei der Verteidigung gehört der Rückzug bis zum vorgesehenen Endpunkt im wesentlichen zur passiven oder "defensiven" Phase. Die Gegenoffensive aber gehört zur aktiven oder "offensiven" Phase. Obwohl die Gegenoffensive während der ganzen Dauer der strategischen Verteidigung ihren Defensivcharakter nicht verliert, bedeutet sie dennoch im Vergleich zum Rückzug eine Wende nicht nur der Form, sondern auch dem Inhalt nach. Die Gegenoffensive bildet den Übergang von der strategischen Verteidigung zum strategischen Angriff, ist ihrem Charakter nach der Auftakt zum strategischen Angriff, und diesem Zweck dient gerade die Konzentration der Kräfte.

Drittens soll sich die Situation hinsichtlich der inneren und der äußeren Linien wandeln. Eine Armee, die strategisch auf den inneren Linien operiert, ist in vieler Hinsicht benachteiligt; dies gilt besonders für die Rote Armee, die sich "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzügen" gegenübersieht. Aber in unseren operativen oder taktischen Aktionen können wir diese Situation ändern, ja müssen unbedingt ihre Wandlung herbeiführen. Wir können einen großen "Einkreisungsund Ausrottungsfeldzug" des Feindes gegen unsere Armee in eine Reihe kleiner einzelner Einkreisungs- und Ausrottungsaktionen gegen den Feind verwandeln. Den aus mehreren Richtungen vom Feind gegen uns geführten konzentrischen Angriff strategischen Maßstabs können wir in konzentrische Stöße operativen oder taktischen Maßstabs verwandeln, die unsere Armee gegen feindliche Truppenteile richtet. Aus der strategischen Überlegenheit des Feindes können wir eine operative oder taktische Überlegenheit unserer Truppen machen. Wir können die feindliche Armee, die sich in einer starken strategischen Position befindet, in eine schwache operative oder taktische Position drängen. Gleichzeitig können wir unsere schwache strategische Position in eine starke operative oder taktische Position umwandeln. Das nennen wir eben Operationen auf den äußeren Linien innerhalb der Operationen auf den inneren Linien, Einkreisungs- und Ausrottungsaktionen innerhalb eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", eine Blockade innerhalb der Blockade, Angriffe in der Verteidigung, Überlegenheit bei Unterlegenheit, Stärke bei Schwäche, Vorteil im Nachteil, Initiative bei Passivität. Ob man aus der strategischen Verteidigung heraus den Sieg erringen kann, hängt hauptsächlich von diesem Mittel ab - von der Konzentration der Kräfte.

Im Laufe der Kriegsgeschichte der chinesischen Roten Armee wurde diese Frage oftmals zu einer wichtigen Streitfrage. In der Schlacht bei Dji-an am 4. Oktober 1930 begannen wir schon mit dem Anmarsch und hierauf mit dem Angriff, ehe wir noch unsere Kräfte voll und ganz konzentriert hatten; glücklicherweise suchte der Gegner (die von Deng Ying befehligte Division) aus eigenem Antrieb das Weite, und unser Angriff spielte dabei keine Rolle.

Seit 1932 gab es eine Losung, die "Losschlagen an der ganzen Front" hieß und mit der gefordert wurde, daß vom Stützpunktgebiet aus in allen vier Windrichtungen - Osten und Westen, Norden und Süden - Angriffe vorgetragen würden. Das aber ist nicht nur bei der strategischen Verteidigung, sondern sogar auch beim strategischen Angriff falsch. Solange im gesamten Kräfteverhältnis zwischen dem Gegner und uns keine grundlegende Änderung eingetreten ist, gibt es, sei es in der Strategie, sei es in der Taktik, nebeneinander sowohl Verteidigung als auch Angriff, sowohl Bindungsaktionen als auch Vorstöße, und ein "Losschlagen an der ganzen Front" ist in der Tat eine große Seltenheit. Die Parole, man solle an der ganzen Front zugleich losschlagen, war Ausdruck der Doktrin von der gleichmäßigen Kräfteverteilung, die zugleich mit dem militärischen Abenteurertum in Erscheinung trat.

Die Anhänger dieser Doktrin stellten im Jahre 1933 die These vom sogenannten "Schlag mit beiden Fäusten" auf; sie spalteten die Hauptkräfte der Roten Armee in zwei Teile, um in zwei strategischen Richtungen gleichzeitig Siege anzustreben. Die Folge war, daß die eine Faust müßig und die andere übermüdet war und daß wir uns den größten Sieg, der damals zu erringen war, entgehen ließen. Meiner Meinung nach dürfen wir angesichts eines starken Gegners unsere Truppen, wie stark sie auch sein mögen, zu einem gegebenen Zeitpunkt nur in einer Hauptrichtung einsetzen, niemals in zwei. Ich bin nicht gegen zwei oder mehr Operationsrichtungen; aber zu ein und derselben Zeit darf es nur eine Hauptrichtung geben. Die chinesische Rote Armee, die als eine schwache und kleine Streitmacht auf dem Schauplatz des Bürgerkriegs erschienen war, hat seither ihrem starken Gegner wiederholt Niederlagen beigebracht, und diese Kriegserfolge, die die Welt in Erstaunen versetzten, gründeten sich in hohem Maße auf den konzentrierten Einsatz ihrer Kräfte. Das kann am Beispiel jeder der großen siegreichen Schlachten bewiesen werden. Wenn wir sagen: "Einer gegen zehn, zehn gegen hundert", so bezieht sich diese Formel auf die Strategie, auf den Krieg als Ganzes und auf die Gesamtheit des Kräfteverhältnisses zwischen dem Feind und uns; und in diesem Sinne verhalten wir uns wirklich so. Das ist aber nicht in bezug auf die operativen oder taktischen Aktionen gemeint; hier dürfen wir uns niemals so verhalten. Sei es in der Gegenoffensive, sei es beim Angriff - wir müssen immer starke Kräfte konzentrieren, um gegen einen Teil der feindlichen Streitkräfte den Schlag zu führen. Jedesmal, wenn wir unsere Kräfte nicht konzentrierten, hatten wir darunter zu leiden, wie bei den Operationen gegen Tan Dao-yüan in der Gegend von Dungschao, Kreis Ningdu, Provinz Kiangsi, im Januar 1931, gegen die 19. Rote-Armee in der Gegend von Gaohsinghsü, Kreis Hsingguo, Provinz Kiangsi, im August 1931, gegen Tschen Dji-tang in der Gegend von Schuikouhsü, Kreis Nanhsiung, Provinz Kuangtung, im Juli 1932 und gegen Tschen Tscheng in der Gegend von Tuantsun, Kreis Litschuan, Provinz Kiangsi, im März 1934. Eigentlich pflegt man ein solches Gefecht wie das bei Schuikouhsü und das bei Tuantsun zu den gewonnenen Gefechten zu zählen, ja sogar als große Siege zu betrachten (in dem ersteren wurden 20 Regimenter Tschen Dji-tangs und in dem letzteren zwölf Regimenter Tschen Tschengs in die Flucht geschlagen), aber wir haben solche Siege niemals begrüßt, und in gewissem Sinne kann man sie sogax als Niederlagen bezeichnen. Denn von unserem Standpunkt aus hat ein solcher Sieg sehr geringe Bedeutung, wenn wir dabei keine Kriegsbeute machen, oder wenn diese nicht unsere Materialverluste übersteigt. Unsere Strategie ist: "Einer gegen zehn", unsere Taktik: "Zehn gegen einen"; das ist eine unserer Grundregeln, dank denen wir den Feind besiegen können.

Die Doktrin von der gleichmäßigen Kräfteverteilung erreichte ihren Höhepunkt während der fünften Gegenoperation im Jahre 1934. Man glaubte, durch "Verteilung der Truppen in sechs Kolonnen" und durch "Abwehr an allen Fronten" den Feind überwältigen zu können; das Ergebnis war aber, daß der Feind uns überwältigte, und die Ursache war Furcht vor Gebietsverlust. Natürlich läßt sich ein Gebietsverlust kaum vermeiden, wenn man die Hauptkräfte in einer Richtung konzentriert und in den anderen Richtungen nux Bindungskräfte zurückläßt. Aber das sind nur zeitweilige und Teilverluste, um deren Preis in der Stoßrichtung der Sieg errungen wird. Nach so einem Sieg kann man das in der Richtung der Bindungsoperationen verlorene Gebiet wiedergewinnen. Der erste, der zweite, der dxitte und der vierte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes waren sämtlich mit Gebietsverlusten für uns verbunden, besonders der dritte "Feldzug", bei dem fast das ganze Stützpunktgebiet der Roten Armee in Kiangsi verlorenging; das Ergebnis war aber, daß wir unsere Gebiete nicht nur zurückgewannen, sondern noch erweiterten.

Wenn man die Kraft der Volksmassen in den Stützpunktgebieten nicht wahrnimmt, so ergibt sich daraus oft die unbegründete Angst, daß die Rote Armee sich zu weit von den Stützpunktgebieten entfernen könnte. Das war der Fall, als die Rote Armee im Jahre 1932 von der Provinz Kiangsi einen weiten Vorstoß bis nach Dschangdschou in der Provinz Fukien unternahm und als sie nach dem Sieg in der Gegenoperation gegen den vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" im Jahre 1933 zu einem Angriff auf die Provinz Fukien abschwenkte. Da man im ersten Fall befürchtete, der Feind könnte das ganze Stützpunktgebiet einnehmen, und im zweiten Fall, er würde einen Teil des Gebiets besetzen, widersetzte man sich der Konzentration unserer Kräfte und bestand darauf, die Truppen für Verteidigungszwecke aufzulockern; am Ende stellte sich aber die Befürchtung in beiden Fällen als unbegründet heraus. Vom Standpunkt des Feindes aus gesehen, sind einerseits die Stützpunktgebiete etwas, wohin man sich lieber nicht hineinwagt, bedeuten andererseits die in die weißen Gebiete eingedrungenen Truppenteile der Roten Armee die Hauptgefahr. Das Augenmerk der feindlichen Truppen ist immer auf die reguläre Rote Armee konzentriert, wo immer diese sich auch befindet, und es kommt sehr selten vor, daß sie ihre Aufmerksamkeit von der regulären Roten Armee abwenden und einzig und allein den Stützpunktgebieten zuwenden. Sogar wenn sich die Rote Armee in der Defensive befindet, ist die Aufmerksamkeit des Gegners dennoch auf sie konzentriert. Die Verkleinerung der Stützpunktgebiete gehört wohl zum Gesamtplan des Feindes. Wenn aber die Rote Armee ihre Hauptkräfte zusammenzieht und eine der Kolonnen des Feindes vernichtet, dann kann das Oberkommando der feindlichen Armee nicht umhin, der Roten Armee noch größeres Augenmerk zuzuwenden, ein noch größeres Truppenkontingent gegen sie einzusetzen. Somit ist es möglich, den Plan des Feindes zur Verkleinerung der Stützpunktgebiete zuschanden zu machen.

Falsch war auch die Behauptung: "Während des fünften ,Feldzugs`, bei dem die Blockhaus-Taktik angewandt wurde, konnten wir nicht mit einer Truppenkonzentration operieren, sondern lediglich die Truppen für Verteidigungszwecke auflockern und kurze, rasche Vorstöße unternehmen." Die Art der Kriegführung des Feindes, jeweils drei bis fünf Li oder acht bis zehn Li vorzustoßen und nach jedem dieser Vorstöße befestigte Blockhäuser zu errichten, war ausschließlich durch das Verhalten der Roten Armee selbst ermöglicht worden, die bei jedem Schritt Widerstand zu leisten suchte. Hätte unsere Armee die Taktik, auf den inneren Linien bei jedem Schritt Widerstand zu leisten, aufgegeben, um stattdessen zu einem Zeitpunkt, da es notwendig und möglich war, auf die inneren Linien des Gegners hinüberzuwechseln und ihm dort Schläge zu versetzen, dann wäre die Lage sicherlich eine andere gewesen. Das Gesetz der Kräftekonzentration ist gerade das geeignete Instrument, um über die BlockhausTaktik den Sieg davonzutragen. Die Kräftekonzentration, wie wir sie empfehlen, birgt durchaus nicht eine Preisgabe des Partisanenkriegs des Volkes in sich. Es hat sich längst als falsch erwiesen, auf den Kleinkrieg, den Partisanenkrieg, zu verzichten und alles "bis auf das letzte Gewehr in der Roten Armee zu konzentrieren", wie die Linie Li Li-sans es forderte. Vom Standpunkt des revolutionären Krieges als Ganzes verhalten sich der Partisanenkrieg des Volkes und die reguläre Rote Armee zueinander wie die linke und die rechte Hand; nur die reguläre Rote Armee einsetzen, nicht aber auch den Partisanenkrieg des Volkes entfalten, hieße mit einem Arm kämpfen. Wenn wir von der Bevölkerung der Stützpunktgebiete als einer der Voraussetzungen sprechen, dann meinen wir konkret - besonders wenn von militärischen Operationen die Rede ist - das bewaffnete Volk. Das ist auch der hauptsächliche Grund, warum der Feind Angst hat, in die Stützpunktgebiete einzudringen.

Es ist auch erforderlich, Einheiten der Roten Armee in zweitrangigen Operationsrichtungen einzusetzen, und man braucht durchaus nicht alle ihre Truppenteile zu konzentrieren. Die Kräftekonzentration, wie wir sie befürworten, gründet sich auf das Prinzip der Gewährleistung einer absoluten oder relativen Überlegenheit auf dem Schlachtfeld. Für Operationen gegen einen starken Gegner oder auf einem Schlachtfeld von entscheidender Bedeutung muß man eine absolut überlegene Streitmacht einsetzen; so hatten wir beispielsweise am 30. Dezember 1930 für das erste Gefecht der ersten Gegenoperation 60 000 Mann zusammengezogen, um die 9 000 Mann Dschang Hui-dsans zu schlagen. Für Operationen gegen einen schwachen Gegner oder auf einem minder wichtigen Schlachtfeld genügt auch eine relativ überlegene Streitmacht; so wurden zum Beispiel in dem letzten Gefecht der zweiten Gegenoperation am 29. Mai 1931 bei Djiänning nur etwas mehr als 10000 Mann gegen die 7 000 Mann starke Division Liu Ho-dings eingesetzt.

Damit ist aber nicht gesagt, daß jedesmal eine zahlenmäßige Überlegenheit notwendig ist. Unter gewissen Umständen kann man auch mit einer relativ oder absolut unterlegenen Streitmacht in die Schlacht ziehen. Um jenen Fall zu veranschaulichen, bei dem die Rote Armee relativ unterlegen ist, nehmen wir folgendes Beispiel: In einem bestimmten Gebiet steht nur eine kleine Truppeneinheit der Roten Armee (es handelt sich da nicht um einen Fall, wo wir zwar über mehr Truppen verfügen, diese aber nicht zusammengezogen haben); um dann den Angriff eines überlegenen Gegners zu zerschlagen, konzentriert die Rote Armee, wenn die Bedingungen hinsichtlich der Unterstützung durch die Bevölkerung sowie hinsichtlich des Geländes, der Witterung und dergleichen für uns in hohem Maße günstig sind, ihre ganze Kraft auf einen Überraschungsstoß gegen einen Abschnitt der einen Flanke des Gegners, während der Gegner an seiner Front und an der anderen Flanke durch Partisanenabteilungen oder kleinere Einheiten der Roten Armee gebunden wird. Das ist selbstverständlich ebenfalls notwendig und kann den Sieg bringen. Denn bei unserem Stoß gegen einen Abschnitt der feindlichen Flanke entspricht das Kräfteverhältnis noch immer dem Prinzip, "eine stärkere Streitmacht gegen eine schwächere einsetzen und mit einer größeren Zahl eine kleinere besiegen". Auch im Fall einer absoluten Unterlegenheit, wenn zum Beispiel eine Partisanenabteilung einen großen Verband der weißen Armee überfällt, wobei nur ein kleiner Teil dieses Verbands angegriffen wird, gilt das obenerwähnte Prinzip.

Was die Behauptung anbelangt, die Zusammenziehung einer großen Armee auf einem einzigen Schlachtfeld stoße auf Schranken bezüglich des Geländes, der Wege, der Versorgung, der Unterbringung usw., so muß man hier gleichfalls differenziert an die Frage herangehen. Diese Schranken sind verschiedenen Grades, je nachdem, ob es sich um die Rote Armee oder um die weißen Truppen handelt; denn die Rote Armee kann größere Härten aushalten als die weißen Truppen.

Wir setzen wenige ein, um viele zu schlagen - das sagen wir allen jenen, die China beherrschen. Wir setzen viele ein, um wenige zu schlagen - das sagen wir den einzelnen Truppenteilen des Feindes auf dem Schlachtfeld. Das ist kein Geheimnis mehr, der Feind kennt im allgemeinen schon unsere Wesensart. Dennoch kann er weder unsere Siege verhindern noch seine Verluste vermeiden, denn er weiß nicht, wann und wo wir nach dieser Weise vorgehen werden. Das halten wir geheim. Die Rote Armee operiert im allgemeinen mit Überraschungsangriffen.

7. Bewegungskrieg

Bewegungskrieg oder Stellungskrieg? Unsere Antwort lautet: Bewegungskrieg. Unter Verhältnissen, da wir weder starke Streitkräfte noch einen Munitionsnachschub haben, da es in jedem Stützpunktgebiet lediglich einen Verband der Roten Armee gibt, der einmal hier, einmal dort eingesetzt werden muß, ist ein Stellungskrieg für uns grundsätzlich ungeeignet. Der Stellungskrieg ist für uns in der Regel nicht nur bei der Verteidigung, sondern auch beim Angriff unbrauchbar.

Eine der markanten Besonderheiten der Kampfhandlungen der Roten Armee - die sich daraus ergeben, daß der Feind mächtig, die Rote Armee selbst aber in technischer Hinsicht mangelhaft ausgerüstet ist - liegt im Fehlen stabiler Frontlinien.

Die Frontlinien der Roten Armee werden durch ihre Operationsrichtungen bestimmt. Die Operationsrichtungen sind nicht stabil, daher sind es auch nicht die Frontlinien. Wenn sich auch die allgemeine Richtung eine Zeitlang nicht ändert, so können sich dennoch innerhalb dieser allgemeinen Richtung die einzelnen Teilrichtungen fortwährend ändern: Sehen sich unsere Truppen in einer dieser Richtungen behindert, so müssen sie in eine andere abschwenken. Wenn wir nach einer gewissen Zeit in der allgemeinen Richtung nicht weiterkommen können, dann müssen wir eben auch diese ändern.

In einem revolutionären Bürgerkrieg können die Frontlinien nicht stabil sein; das war auch in der Sowjetunion der Fall. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Frontlinien der sowjetischen Armee nicht so beweglich waren wie die unseren. In keinem Krieg kann es absolut stabile Frontlinien geben, denn der Wechsel von Erfolg und Mißerfolg, von Vormarsch und Rückzug läßt das nicht zu. Aber relativ stabile Frontlinien sind in gewöhnlichen Kriegen oft anzutreffen. Ausnahmen gibt es nur dort, wo eine Armee einem viel stärkeren Feind gegenübersteht, so wie dies im gegenwärtigen Stadium bei der chinesischen Roten Armee der Fall ist.

Die Beweglichkeit der Frontlinien führt zu einer Beweglichkeit des territorialen Gefüges der Stützpunktgebiete. Es ist ständig so, daß unsere Stützpunktgebiete einmal groß, einmal klein sind, daß sie bald einschrumpfen, bald sich ausdehnen, und oft kommt es vor, daß eins fällt, während ein anderes neu entsteht. Diese Beweglichkeit des Territoriums ist ganz und gar durch die Beweglichkeit des Krieges bedingt.

Die Beweglichkeit des Krieges und des Territoriums verleiht auch der mannigfaltigen Aufbauarbeit in den Stützpunktgebieten einen beweglichen Charakter. Eine Aufbauplanung auf mehrere Jahre hinaus ist da undenkbar. Die häufige Änderung der Pläne ist bei uns eine alltägliche Erscheinung. Es ist für uns nur von Vorteil, wenn wir diese Besonderheit anerkennen. Wir müssen auf Grund dieser Besonderheit unsere täglichen Aufgaben festlegen und dürfen uns weder Illusionen von einem Krieg machen, bei dem es nur Vormärsche und keine Rückzüge gibt, noch uns durch zeitweilige Veränderungen unseres Territoriums und unseres militärischen Hinterlands ins Bockshorn jagen lassen, noch versuchen, konkrete Pläne auf lange Sicht aufzustellen. Wir müssen unser Denken und unsere Arbeit den Umständen anpassen, bereit sein, uns festzusetzen, und auch bereit sein, loszumarschieren, wir müssen unseren Brotsack stets bei der Hand haben. Nur die Anstrengungen, die wir während unseres gegenwärtigen bewegten Lebens unternehmen, können gewährleisten, daß wir in Zukunft eine verhältnismäßige Stetigkeit und schließlich völlige Stabilität erreichen.

Bei dem strategischen Kurs der sogenannten "regulären Kriegführung", der während der fünften Gegenoperation vorherrschte, wurde diese Beweglichkeit bestritten und das, was man "Partisanentum" nannte, bekämpft. Jene Genossen, die gegen die Beweglichkeit auftraten, gebärdeten sich in ihren Geschäften so, als ob sie einen großen Staat regierten, und dabei war das Resultat bereits eine ganz außerordentliche Beweglichkeit: der Lange Marsch über 25000 Li.

Unsere demokratische Arbeiter- und Bauernrepublik ist ein Staat, aber heute noch kein vollausgebildeter Staat. Heute befinden wir uns noch in der Periode der strategischen Verteidigung im Bürgerkrieg, unsere politische Macht hat noch lange nicht die Gestalt eines vollausgebildeten Staates angenommen, unsere Armee steht nach Anzahl und technischer Ausrüstung dem Feind noch beträchtlich nach, unser Territorium ist noch klein, der Feind ist unausgesetzt darauf aus, uns zu vernichten, und will niemals Ruhe geben, bis er das erreicht hat. Wir sollen auf Grund dieser Tatsachen unseren Kurs bestimmen, dürfen nicht das Partisanentum in Bausch und Bogen ablehnen, müssen vielmehr den Partisanencharakter der Roten Armee ehrlich anerkennen. Man braucht sich dessen gar nicht zu schämen. Im Gegenteil, der Partisanencharakter ist gerade unsere Eigenart, unsere Stärke, ist das Mittel, mit dem wir den Feind besiegen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, den Partisanencharakter aufzugeben, aber heute können wir das noch nicht. In der Zukunft wird sicherlich dieser Partisanencharakter etwas sein, dessen man sich schämen kann und das man aufgeben muß; doch heute ist er etwas Wertvolles, woran man festhalten muß.

"Kämpfen, wenn man gewinnen kann; marschieren, wenn man es nicht kann" - das ist die populäre Auslegung des Bewegungskriegs, den wir heute führen. Es gibt auf der Welt keinen Militärfachmann, der nur den Kampf und nicht das Marschmanöver anerkennen würde; freilich wird nirgends soviel marschiert wie bei uns. Bei uns nehmen die Märsche gewöhnlich mehr Zeit in Anspruch als die Kämpfe, und wenn wir im Durchschnitt ein großes Gefecht im Monat austrügen, wären wir schon zufrieden. Alle "Märsche" werden um des "Kampfes" willen unternommen, und alle unsere strategischen und operativen Richtlinien laufen lediglich auf eins hinaus: auf den "Kampf". Doch es gibt eine Reihe von Umständen, unter denen es für uns nicht ratsam ist, den Kampf zu führen: Das ist erstens der Fall, wenn die uns gegenüberstehenden feindlichen Kräfte zahlenmäßig zu stark sind; zweitens ist es manchmal der Fall, wenn diese Kräfte zwar nicht zahlreich sind, aber enge Fühlung zu ihren Nachbareinheiten halten; drittens ist es im allgemeinen der Fall, wenn die gegnerischen Einheiten nicht isoliert sind und stark befestigte Stellungen bezogen haben; viertens ist es nicht zweckmäßig, ein begonnenes Gefecht fortzusetzen, wenn es uns keinen Erfolg verspricht. In allen diesen Fällen sind wir bereit, abzuziehen. Ein solcher Abzug ist nicht nur zulässig, sondern auch notwendig. Denn wenn wir die Notwendigkeit des Abzugs anerkennen, so unter der Voraussetzung, daß wir vor allen Dingen die Notwendigkeit des Kampfes anerkennen. Eben darin besteht die grundlegende Besonderheit des Bewegungskriegs, den die Rote Armee führt.

Grundlegend ist der Bewegungskrieg, doch das bedeutet nicht, daß wir den Stellungskrieg ablehnen, wenn er notwendig und möglich ist. Der Stellungskrieg muß als notwendig anerkannt werden, wenn während der Zeit der strategischen Verteidigung in der Richtung der Bindungsoperation gewisse Stützpunkte hartnäckig zu halten sind und wir beim strategischen Angriff auf eine isolierte feindliche Einheit stoßen, die von jeder Hilfe abgeschnitten ist. Wir haben ziemlich viel Erfahrung mit erfolgreichen Stellungskriegsoperationen dieser Art; viele Städte, Forts und befestigte Siedlungen haben wir so genommen, recht gut ausgebaute Feldstellungen des Feindes durchbrochen. In Zukunft müssen wir in dieser Hinsicht unsere Bemühungen verstärken und unsere Schwächen überwinden. Wir müssen den Angriff auf befestigte Stellungen und die Verteidigung von solchen aus vorbehaltlos befürworten, wann immer das die Umstände erfordern und erlauben. Wir sind lediglich dagegen, daß heute der Stellungskrieg allgemein angewendet oder dem Bewegungskrieg gleichgestellt wird; das ist unzulässig. Hat sich nun hinsichtlich des Partisanencharakters der Roten Armee, des Fehlens stabiler Frontlinien, der Beweglichkeit des Territoriums der Stützpunktgebiete und der Aufbauarbeit in diesen Gebieten im Laufe der zehn Kriegsjahre nichts geändert? Doch, es gab Änderungen. In der ersten Periode, vom Kampf im DjinggangGebirge bis zum Beginn der ersten Gegenoperation in Kiangsi, waren der Partisanencharakter und die Beweglichkeit noch sehr ausgeprägt, steckte die Rote Armee noch in ihren Kinderschuhen, waren die Stützpunktgebiete noch Partisanenzonen. In der zweiten Periode, von der ersten Gegenoperation bis zum Abschluß der dritten Gegenoperation, traten der Partisanencharakter und die Beweglichkeit beträchtlich zurück, wurden Frontarmeen aufgestellt, gab es schon Stützpunktgebiete mit mehreren Millionen Einwohnern. In der dritten Periode, vom Ende der dritten bis zur fünften Gegenoperation, traten der Partisanencharakter und die Beweglichkeit noch mehr zurück. Es waren bereits eine Zentralregierung und ein revolutionärer Militärausschuß errichtet worden. Der Lange Marsch bildete die vierte Periode. Da man den Fehler beging, den mäßigen Partisanencharakter und die mäßige Beweglichkeit zu leugnen, waren ein maßloser Partisanencharakter und eine maßlose Beweglichkeit die Folge. Derzeit befinden wir uns in der fünften Periode. Da der fünfte "Feldzug" nicht zerschlagen wurde und diese immense Beweglichkeit herauskam, sind die Rote Armee und die Stützpunktgebiete bedeutend zusammengeschrumpft, doch wir haben im Nordwesten Fuß gefaßt und unser hiesiges Stützpunktgebiet, das Schensi-Kansu-Ningsia-Grenzgebiet, gefestigt und entwickelt. Die drei Frontarmeen, die die reguläre Rote Armee bilden, wurden unter ein einheitliches Kommando gebracht, was es bisher noch nicht gegeben hatte.

Hat man den Charakter unserer Strategie im Auge, dann kann man auch sagen, daß der Zeitraum vom Kampf im Djinggang-Gebirge bis zum Ende der vierten Gegenoperation die erste Periode, die Zeit der fünften Gegenoperation die zweite und der Zeitraum vom Beginn des Langen Marsches bis zur Gegenwart die dritte Periode bildet. In der Zeit der fünften Gegenoperation beging man den Fehler, den ursprünglichen richtigen Kurs, den wir vorher eingehalten hatten, zu verwerfen; heute handeln wir wiederum richtig, wenn wir den falschen Kurs aus der Zeit der fünften Gegenoperation verwerfen und den richtigen Kurs von früher wiederbeleben. Doch wir verwerfen nicht alles, was während der fünften Gegenoperation getan wurde, und lassen auch nicht alles, was es früher gegeben hat, wieder aufleben. Wir stellen nur das wieder her, was in der Vergangenheit gut war, und lehnen nur das Fehlerhafte aus der Zeit der fünften Gegenoperation ab.

Das Partisanentum hat zwei Seiten. Die eine ist die Irregularität, das heißt, es mangelt an Zentralisierung und Einheitlichkeit, die Disziplin ist locker, die Arbeitsmethoden sind primitiv usw. Das alles stammt aus der Kindheitsperiode der Roten Armee, und manches '' davon war in der damaligen Zeit einfach notwendig. Nachdem aber die Rote Armee eine höhere Entwicklungsstufe erreicht hat, müssen wir uns davon allmählich bewußt freimachen, damit die Rote Armee zentralisierter, einheitlicher, disziplinierter und methodischer in ihrer Arbeit wird, das heißt einen reguläreren Charakter erhält. Auch bei der Leitung der militärischen Operationen muß man jenen auf der höheren Entwicklungsstufe unnötigen Partisanencharakter allmählich bewußt vermindern. Sich in dieser Hinsicht gegen Fortschritte zu stemmen und sich hartnäckig an das alte Stadium zu klammern, ist unzulässig, schädlich und allen großangelegten Operationen abträglich.

Die andere Seite des Partisanentums besteht in der Einstellung auf den Bewegungskrieg, in dem jetzt noch erforderlichen Partisanencharakter der strategischen und operativen Kampfhandlungen, in der unvermeidlichen Beweglichkeit der Stützpunktgebiete, in der Elastizität und Veränderlichkeit der Aufbauplanung in den Stützpunktgebieten sowie darin, daß man beim Aufbau der Roten Armee deren ' vorzeitige Verwandlung in eine reguläre Streitmacht ablehnen muß.

Wenn man in dieser Hinsicht die historischen Tatsachen leugnet, gegen die Beibehaltung dessen auftritt, was nützlich ist, sich unüberlegt vom gegenwärtigen Stadium löst, um blindlings auf ein vorläufig noch unerreichbares, wenn auch absehbares "neues Stadium" loszustürmen, das derzeit keinen realen Sinn hat, so ist das ebenso unzulässig, schädlich und unseren derzeitigen militärischen Operationen abträglich.

Jetzt stehen wir an der Schwelle eines neuen Stadiums in der Entwicklung der technischen Ausrüstung und Organisation der Roten Armee. Wir müssen uns auf den Übergang zu diesem neuen Stadium vorbereiten. Würden wir uns nicht darauf vorbereiten, dann wäre das falsch und für unsere künftigen Kriegsoperationen von Nachteil. Wenn sich in der Zukunft die technischen und organisatorischen Bedingungen für die Rote Armee geändert haben werden und der Aufbau der Roten Armee in ein neues Stadium getreten sein wird, dann werden ihre Operationsrichtungen und Frontlinien relativ stabil werden; es wird mehr Stellungskrieg geben; die Beweglichkeit des Krieges, des Territoriums und der Aufbauarbeit wird sich beträchtlich verringern, bis sie schließlich ganz verschwindet; das, was uns jetzt Schranken setzt, wie die Überlegenheit des Gegners und seine stark befestigten Stellungen, wird uns dann nicht mehr behindern.

Wir bekämpfen derzeit einerseits die während der Vorherrschaft des "linken" Opportunismus getroffenen falschen Maßnahmen, andererseits die Wiederbelebung jener zahlreichen Züge der Irregularität, die der Roten Armee in ihrer Kindheitsperiode eigen waren und heute nicht mehr notwendig sind. Wir müssen aber entschlossen jene zahlreichen wertvollen Prinzipien des Armeeaufbaus und der Strategie und Taktik wiederherstellen, dank deren Anwendung die Rote Armee stets Siege erfochten hat. Wir müssen aus der Vergangenheit all das, was gut ist, zusammenfassen und zu einer systematischen, höherentwickelten und inhaltsreicheren militärischen Linie verallgemeinern, um heute Siege über den Feind zu erringen und uns auf den künftigen Übergang in das neue Stadium vorzubereiten.

Hinsichtlich der praktischen Führung des Bewegungskriegs gibt es sehr viele Probleme wie zum Beispiel: Aufklärung, Beurteilung der Lage, Entschlußfassung, Gefechtsaufstellung, Kampfleitung, Verstecken, Konzentration der Kräfte, Anmarsch, Entfaltung, Sturm, Verfolgung, Überraschungsangriff, Angriff auf Stellungen, Verteidigung von Stellungen aus, Begegnungsgefecht, Rückzug, Nachtgefecht, Gefecht unter besonderen Bedingungen, Ausweichen vor dem starken und Angriff auf den schwachen Gegner, Belagerung einer Stadt zum Zwecke eines Schlags gegen die heranrückenden Verstärkungen, Scheinangriff, Luftabwehr, Aufenthalt zwischen mehreren feindlichen Einheiten, Umgehung eines Teils der feindlichen Truppen und Schlag gegen einen anderen Teil, serienweise Gefechte, Operieren ohne Hinterland, Erfordernis der Rast und Kräftesammlung usw. In der Geschichte der Roten Armee haben sich in allen diesen Fragen zahlreiche Besonderheiten gezeigt, die in der operativen Kunst systematisch behandelt und verallgemeinert werden sollen; hier will ich darauf nicht eingehen.

8. Krieg mit rascher Entscheidung

Ein langwieriger Krieg in strategischer Hinsicht und Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung in operativer und taktischer Hinsicht sind zwei Seiten ein und derselben Sache, zwei Prinzipien, auf die man im Bürgerkrieg gleichermaßen Nachdruck legen muß und die auch im antiimperialistischen Krieg anwendbar sind.

Da die reaktionären Kräfte sehr stark sind, können die revolutionären Kräfte nur allmählich anwachsen, was den langwierigen Charakter des Krieges bestimmt. Hier kann Hast nur Schaden bringen und wäre es falsch, eine "rasche Entscheidung" zu empfehlen. Daß wir schon zehn Jahre lang einen revolutionären Krieg führen, mag für andere Länder erstaunlich sein, für uns aber ist das gleichsam nur der Beginn eines "achtgliedrigen Aufsatzes" - die "Einleitung des Themas", die "Exposition des Themas" und die "Hauptthesen des Aufsatzes",[Anmerkung 74] und viele fesselnde Abschnitte werden noch folgen. Unter dem Einfluß der inneren und äußeren Bedingungen wird die Entwicklung in der Zukunft zweifellos bedeutend rascher vor sich gehen können, als es in der Vergangenheit der Fall war. Da in der internationalen und in der inneren Lage bereits Änderungen eingetreten sind und noch größere Änderungen bevorstehen, kann man wohl sagen, daß wir den früheren Zustand, als die Entwicklung langsam verlief und wir allein auf uns gestellt kämpften, schon hinter uns haben. Doch man darf nicht darauf rechnen, daß wir morgen schon am Ziel sein werden. "Den Feind vernichten und dann Frühstück essen" - die damit ausgedrückte Haltung ist gut, doch die darauf gegründeten konkreten Pläne sind schlecht. Da die reaktionären Kräfte in China von vielen imperialistischen Mächten unterstützt werden, wird unser revolutionärer Krieg weiterhin ein langwieriger Krieg bleiben, solange die revolutionären Kräfte Chinas nicht genügend erstarkt sind, um die wichtigsten Positionen der inneren und äußeren Feinde durchbrechen zu können, und solange die internationalen revolutionären Kräfte den Großteil der internationalen reaktionären Kräfte nicht zerschlagen oder gebunden haben: Einer der wichtigen Leitsätze unserer Strategie ist, daß man bei der Festlegung des strategischen Kurses auf eine langfristige Kriegführung von diesem .Punkt ausgeht.

Im Gegensatz dazu gilt für Schlachten oder Gefechte nicht das Prinzip der Langwierigkeit, sondern das der raschen Entscheidung. In einzelnen Schlachten oder Gefechten eine rasche Entscheidung anzustreben, gilt für die Gegenwart wie für die Vergangenheit, für China wie fürs Ausland. Auch in bezug auf den Krieg als Ganzes wird zu allen Zeiten und in allen Ländern eine rasche Entscheidung gesucht und ein Hinziehen des Krieges stets als unvorteilhaft angesehen. Was jedoch den Krieg in China betrifft, muß man größte Geduld üben und kann nicht umhin, ihn als einen langwierigen Krieg zu behandeln. zur zeit der Linie Li Li-sans machten sich manche Leute über unsere Handlungsweise lustig, die sie "Schattenboxen-Taktik" nannten (sie meinten damit, daß wir uns mit abwechselnden Abwehr- und Angriffsaktionen fortwährend hin und her bewegen, ehe wir an die Eroberung der Großstädte schreiten), und höhnten, wir würden alt und grau werden, ehe wir den Sieg der Revolution erlebten. Solche Stimmungen einer fieberhaften Ungeduld haben sich schon längst als unangebracht erwiesen. Bezögen sich aber die kritischen Bemerkungen jener Leute nicht auf die Strategie, sondern auf einzelne Schlachten oder Gefechte, dann wären sie durchaus am Platze. Die Gründe dafür sind folgende: Erstens hat die Rote Armee keine Hilfsquellen zur Ergänzung ihres Waffenbestands und vor allem ihrer Munitionsvorräte; zweitens hat die weiße Armee viele Truppenverbände, während die Rote Armee aber nur einen einzigen Truppenverband darstellt, der bereit sein muß, in rascher Folge eine Operation nach der anderen durchzuführen, um den jeweils fälligen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" zerschlagen zu können; drittens marschieren die Verbände der weißen Armee zwar getrennt, bleiben aber dabei meistens verhältnismäßig nahe beieinander, und wenn wir beim Angriff auf einen dieser Verbände nicht zu einer raschen Entscheidung gelangen, werden die anderen vereint über uns herfallen. Aus allen diesen Gründen müssen wir Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung durchführen. Es ist keine Seltenheit, daß wir ein Gefecht binnen weniger Stunden oder an einem Tag oder in zwei Tagen beenden. Nur wenn wir die Taktik "Eine Stadt belagern, um die Verstärkungen zu schlagen" befolgen, also den Schlag nicht gegen den eingeschlossenen Gegner, sondern gegen dessen heranrückende Verstärkungen führen wollen, dann sind wir bereit, die Belagerungsoperationen bis zu einem bestimmten Grad in die Länge zu ziehen, wobei wir jedoch den feindlichen Verstärkungen gegenüber wie üblich auf eine rasche Entscheidung drängen. Wenn wir in der strategischen Verteidigung einen in der Richtung der Bindungsoperation befindlichen Stützpunkt hartnäckig halten oder beim strategischen Angriff einen isolierten, von jeder Hilfe abgeschnittenen Gegner schlagen wollen, oder wenn es gilt, einen weißen Stützpunkt inmitten unseres Stützpunktgebiets zu vernichten, dann nehmen wir gleichfalls des öfteren Kurs auf Schlachten oder Gefechte von langwierigem Charakter. Aber langwierige Kampfhandlungen dieser Art sind nur eine Hilfe und kein Hindernis für die auf rasche Entscheidung abzielenden Aktionen der regulären Roten Armee. Eine rasche Entscheidung wird aber nicht einfach dadurch herbeigeführt, daß man sie zu erreichen wünscht, man braucht vielmehr dazu noch eine ganze Reihe konkreter Voraussetzungen. Die wichtigsten dieser Voraussetzungen sind: ausreichende Vorbereitungen treffen, den geeigneten Zeitpunkt nicht verpassen, überlegene Kräfte konzentrieren, Einkreisungs- und Umgehungsmanöver ausführen, eine gute Stellung wählen, den Gegner schlagen, wenn er auf dem Marsch ist, oder wenn er zwar haltgemacht, sich aber noch nicht fest verschanzt hat. Sind diese Voraussetzungen nicht geschaffen, dann ist es unmöglich, in einer Schlacht oder in einem Gefecht eine rasche Entscheidung herbeizuführen.

Die Zerschlagung eines "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" stellt eine große Operation dar, und auch hier gilt das Prinzip der raschen Entscheidung und nicht das der Langwierigkeit. Denn die Bedingungen der Stützpunktgebiete - ihre Menschenreserven, finanziellen Hilfsquellen und militärischen Kräfte - erlauben keine langwierigen Operationen.

Wenn aber auch im allgemeinen das Prinzip der raschen Entscheidung gilt, muß man doch jede ungebührliche Ungeduld bekämpfen. Es ist unbedingt notwendig, daß sich die höchsten militärischen und politischen Leitungen eines jeden revolutionären Stützpunktgebiets unter Berücksichtigung der obenerwähnten Bedingungen im Stützpunktgebiet und der Situation beim Feind durch dessen wildes und drohendes Gebaren nicht ins Bockshorn jagen, durch noch erträgliche Schwierigkeiten nicht kleinkriegen und durch diese oder jene Mißerfolge nicht entmutigen lassen, daß sie vielmehr die erforderliche Geduld und Ausdauer aufbringen. Um den ersten "Feldzug" des Feindes in Kiangsi zu zerschlagen, bedurfte es, vom ersten bis zum letzten Gefecht, insgesamt nur einer Woche; die Zerschlagung des zweiten "Feldzugs" dauerte nur einen halben Monat, die des dritten zog sich drei Monate hin; mit dem vierten waren wir in drei Wochen fertig, mit dem fünften hatten wir ein volles Jahr lang zu schaffen. Wir legten jedoch eine unnötige Hast an den Tag, als wir den fünften "Feldzug" nicht zerschlagen konnten und dann gezwungenermaßen die Einkesselung durchbrachen. Unter den damaligen Umständen hätten wir noch gute zwei bis drei Monate ausharren können, um unseren Truppen eine Erholung und Konsolidierung zu ermöglichen. Hätte man das getan und wäre die Führung nach dem Durchbruch etwas klüger gewesen, dann hätte sich die Lage wesentlich anders gestaltet. Ungeachtet dessen bleibt das erwähnte Prinzip, daß man die Dauer der ganzen Operation nach Möglichkeit abkürzen soll, noch immer in Geltung. Wir müssen nach Möglichkeit danach streben, daß die Voraussetzungen hinsichtlich der Konzentration der Kräfte, des Bewegungskriegs usw. geschaffen werden, daß die lebende Kraft des Feindes auf unseren inneren Linien (also im Stützpunktgebiet) vernichtet und der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" rasch zerschlagen wird, wie dies die operativen oder taktischen Pläne vorsehen; wenn es aber klar geworden ist, daß der feindliche "Feldzug" auf unseren inneren Linien nicht zerschlagen werden kann, müssen wir die Hauptkräfte der Roten Armee dazu einsetzen, die Einkreisungslinie des Feindes zu durchbrechen und auf unsere äußeren Linien, also auf die inneren Linien des Feindes, hinüberzuschwenken, um ihn dort zu schlagen. Heute, da der Feind die Blockhaus-Taktik so beträchtlich entwickelt hat, wird dies zur üblichen Methode unserer Kriegführung werden. zwei Monate nach Beginn unserer fünften Gegenoperation, als es zu den Fukien-Ereignissen[ProleWiki Anmerkung 12] kam, hätten die Hauptkräfte der Roten Armee zweifellos in das Gebiet der Provinzen Kiangsi, Tschekiang, Anhui und Kiangsi, mit Tschekiang im Mittelpunkt, vorstoßen, aktive Aktionen über den ganzen Raum zwischen den Städten Hangdschou, Sudschou, Nanking, Wuhu, Nantschang und Fudschou entfalten, die strategische Verteidigung in einen strategischen Angriff umwandeln, die lebenswichtigen Zentren des Feindes bedrohen und in dem ausgedehnten, von Blockhäusern freien Raum den Kampf suchen müssen. Auf diese Weise hätten wir die in Südkiangsi und Westfukien vorrückenden Verbände des Feindes zwingen können, umzukehren, um seine lebenswichtigen Zentren zu schützen, und damit seinen Angriff auf unser Stützpunktgebiet in Kiangsi vereiteln und zugleich der Volksregierung in Fukien Beistand leisten können; ganz gewiß hätten wir ihr damit geholfen. Da dieser Plan verworfen wurde, konnte der fünfte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" nicht zerschlagen werden und mußte die Volksregierung in Fukien fallen. Sogar nachdem wir bereits ein Jahr lang gekämpft hatten und ein Einmarsch in Tschekiang für uns unvorteilhaft geworden war, hätten wir noch immer zum strategischen Angriff in einer anderen Richtung übergehen, d. h. mit unseren Hauptkräften nach Hunan vorrücken - und zwar nicht, um durch Hunan nach Kueitschou zu marschieren, sondern um in den zentralen Teil Hunans vorzustoßen - und so den Gegner veranlassen können, seine Truppen aus Kiangsi abzuziehen und nach Hunan zu werfen, wo wir sie dann vernichtet hätten. Da auch dieser Plan verworfen wurde, zerrannen endgültig alle Hoffnungen auf eine Zerschlagung des fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs", und es blieb uns nur eins übrig den Langen Marsch anzutreten.

9. Vernichtungskrieg

Der chinesischen Roten Armee einen "Zermürbungsstreit" vorzuschlagen, wäre nicht zweckmäßig. Würden nicht zwei Drachenkönige,[ProleWiki Anmerkung 13] sondern ein Bettler und ein Drachenkönig miteinander wetteifern, wer von beiden der reichere sei, dann wäre das doch gewiß lächerlich. Für die Rote Armee, die sich in fast allem vom Feind beliefern läßt, ist der Vernichtungskrieg der grundlegende Kurs. Nur durch die Vernichtung der lebenden Kraft des Gegners können wir seine "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" zerschlagen und die revolutionären Stützpunktgebiete erweitern. Wenn wir dem Gegner Verluste zufügen, so betrachten wir das als eines der Mittel, um ihn zu vernichten; andernfalls wäre es sinnlos. Indem wir dem Gegner Verluste zufügen, haben wir dabei selbst auch Ausfälle; aber indem wir die gegnerischen Truppen vernichten, ergänzen wir unsere Bestände, wobei wir nicht nur unsere eigenen Verluste wettmachen, sondern darüber hinaus auch noch unsere Armee stärken. Eine Kampfhandlung mit dem Ziel, den Gegner in die Flucht zu schlagen, kann grundsätzlich für Sieg oder Niederlage nicht entscheidend sein, wenn man es mit einem mächtigen Gegner zu tun hat. Eine Vernichtungsschlacht übt hingegen sofort auf jeden Gegner eine starke Wirkung aus. Es ist wirksamer, jemandem einen Finger abzuhacken, als alle zehn zu verletzen; es ist wirksamer, eine Division des Gegners zu vernichten, als zehn in die Flucht zu schlagen.

Bei der Bekämpfung des ersten, zweiten, dritten und vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" nahmen wir stets Kurs auf einen Vernichtungskrieg. Obwohl die dabei vernichteten gegnerischen Truppen jedesmal nur einen Teil der Gesamtstärke des Gegners ausmachten, wurden alle diese "Feldzüge" zerschlagen. Bei der fünften Gegenoperation wurde jedoch ein entgegengesetzter Kurs eingeschlagen, was faktisch dem Gegner half, sein Ziel zu erreichen.

Der Vernichtungskrieg setzt die Konzentration überlegener Kräfte und die Anwendung der Einkesselungs- und Umgehungstaktik voraus. Fehlt das alles, dann kann es den Vernichtungskrieg nicht geben. Um den Feind zu vernichten, sind folgende Voraussetzungen unerläßlich: die Unterstützung durch die Bevölkerung, günstige Geländeverhältnisse, ein leicht zu schlagender Gegner, das Überraschungsmoment usw.

Den Feind in die Flucht zu schlagen, ja ihn entkommen zu lassen, hat lediglich dann einen Sinn, wenn im Rahmen des ganzen Gefechts oder der ganzen Schlacht unsere Hauptkräfte gegen einen bestimmten Teil der feindlichen Kräfte eine Vernichtungsoperation durchführen, sonst nicht. Hier haben wir wiederum ein Beispiel, wie Verluste durch Gewinne gerechtfertigt werden.

Wenn wir eine eigene Rüstungsindustrie aufbauen, dürfen wir nicht zulassen, daß wir von ihr abhängig werden. Unser grundlegender Kurs besteht darin, daß wir uns auf die Rüstungsindustrie der Imperialisten und unserer Feinde im eigenen Land stützen. Wir haben einen Anspruch auf die Rüstungsbetriebe Londons und Hanyangs, wobei uns der Feind als Transportbrigade dient. Das ist eine Wahrheit und kein Witz.

Die Frage der Militärstützpunkte

Die Parteiorganisation des Grenzgebiets hat noch eine Aufgabe zu erfüllen: die beiden Militärstützpunkte im Gebiet der "Fünf Djing" und bei Djiulung zu festigen. Im Berggebiet der "Fünf Djing" an den Grenzen der Kreise Yunghsin, Linghsiän, Ninggang und Suitschuan sowie in der Gebirgsgegend von Djiulung an den Grenzen der Kreise Yunghsin, Ninggang, Tschaling und Liänhua sind die Geländeverhältnisse ausgezeichnet, sie sind wichtige Militärstützpunkte nicht nur gegenwärtig für das Grenzgebiet, sondern bleiben wichtige Militärstützpunkte auch in der Zukunft, wenn sich in Hunan, Hupeh und Kiangsi Aufstände entwickeln werden; das gilt besonders für das Gebiet der "Fünf Djing", wo wir die Unterstützung bei den Volksmassen genießen und das Gelände schwer zugänglich und strategisch wichtig ist. Die Methoden zur Festigung dieser Stützpunkte sind: 1. feste Verteidigungsanlagen bauen; 2. Lebensmittelvorräte in ausreichenden Mengen anlegen; 3. relativ gute Lazarette für die Rote Armee einrichten. Die Parteiorganisation des Grenzgebiets muß danach streben, diese drei Aufgaben wirklich zu erfüllen.

Der Kampf im Djinggang-Gebirge[Anmerkung 75]

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.79-118)

(25. November 1928)

Die selbständige Macht im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi und die Augustniederlage

Die Situation, daß in einem Land ein oder mehrere kleine Gebiete der roten Macht inmitten des weißen Regimes entstanden sind, ist in der heutigen Welt allein in China zu beobachten. Eine der Ursachen hierfür sind, wie unsere Analyse ergibt, die in China nicht aufhörenden Zwistigkeiten und Kriege innerhalb der Klassen der Kompradoren und Feudalherren. Solange die Zwistigkeiten und Kriege innerhalb dieser Klassen andauern, kann auch die bewaffnete selbständige Macht der Arbeiter und Bauern weiter bestehen und sich entwickeln. Außerdem sind für das Bestehen und für die Entwicklung dieser Macht noch folgende Bedingungen erforderlich: 1. aktive Volksmassen; 2. eine feste Parteiorganisation; 3. eine genügend starke Rote Armee; 4. für militärische Operationen geeignete Geländeverhältnisse und 5. für die Versorgung ausreichende ökonomische Hilfsquellen.

Die Gebiete der selbständigen Macht müssen ihre Strategie gegenüber den herrschenden Klassen in den umliegenden Gebieten je nachdem ändern, ob es sich um eine Periode der zeitweiligen Stabilisierung der Macht der herrschenden Klassen oder um eine Periode der Spaltung ihrer Reihen handelt. In Perioden, da die Reihen der herrschenden Klassen gespalten sind, wie zum Beispiel während des Krieges zwischen Li Dsung-jen und Tang Scheng-dschi in den Provinzen Hupeh und Hunan[Anmerkung 76] oder während des Krieges zwischen Dschang Fa-kui und Li Dji-schen in der Provinz Kuangtung,[Anmerkung 77] können wir uns in unserer Strategie auf ein stürmischeres Vorstoßen einstellen; die Erweiterung des Gebiets unserer selbständigen Macht durch Einsatz bewaffneter Kräfte kann relativ groß sein. Aber dennoch müssen wir darauf achten, daß in den zentralen Gebieten eine feste Basis geschaffen wird, damit wir uns auf sie stützen können und uns dann nicht zu fürchten brauchen, wenn der weiße Terror einbricht. In Perioden der relativen Stabilisierung der Macht der herrschenden Klassen dagegen, wie das beispielsweise in den südlichen Provinzen nach dem April dieses Jahres der Fall war, müssen wir uns in unserer Strategie auf ein allmähliches Vorgehen einstellen. In solchen Perioden muß man sich bei militärischen Operationen vor allem vor der Auflockerung der Streitkräfte zu abenteuerlichen Vorstößen hüten, und auf dem Gebiet der örtlichen Arbeit (Aufteilung des Bodens, Schaffung der politischen Macht, Erweiterung der Parteiorganisation und Aufstellung örtlicher bewaffneter Kräfte) muß man vor allem eine Zersplitterung der Kräfte und die Vernachlässigung der Aufgabe zur Schaffung einer festen Basis in den zentralen Gebieten verhüten. Die Niederlagen, die viele kleine rote Gebiete erlitten, waren entweder auf das Fehlen objektiver Voraussetzungen oder auf subjektive taktische Fehler zurückzuführen. Die Taktik war einzig und allein deshalb falsch, weil man keinen klaren Unterschied zwischen den beiden Arten von Perioden gemacht hat: der Periode der zeitweiligen Stabilisierung der Macht der herrschenden Klassen und der Periode der Spaltung ihrer Reihen. Manche Genossen waren auch in der Periode der zeitweiligen Stabilisierung der Macht der herrschenden Klassen für eine Auflockerung der Streitkräfte zu abenteuerlichen Vorstößen und sogar dafür, die Verteidigung großer Gebiete allein den Kräften der Roten Garde zu überlassen, als wäre ihnen überhaupt nicht bekannt gewesen, daß der Feind neben den Hofwehren der Grundherren auch reguläre Truppeneinheiten zu Vorstößen zusammenziehen konnte. Auf dem Gebiet der örtlichen Arbeit jedoch mißachteten diese Genossen völlig die Aufgabe, eine feste Basis in den zentralen Gebieten zu schaffen, und - ohne die subjektiven Möglichkeiten zu berücksichtigen trachteten nur danach, die Gebiete unbegrenzt zu erweitern. Sie stempelten jeden zum "Konservativen", der dafür eintrat, bei militärischen Operationen die Taktik eines schrittweisen Vorrückens einzuschlagen und in der örtlichen Arbeit die Kräfte auf die Schaffung einer festen Basis in den zentralen Gebieten zu konzentrieren, um sich gegen die Möglichkeit einer Niederlage zu sichern. Diese irrigen Ansichten waren die Grundursache für die im August dieses Jahres im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi erlittene Niederlage sowie für die gleichzeitige Niederlage des 4. Korps der Roten Armee in Südhunan.

Die Arbeit im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi begann im Oktober vorigen Jahres. Anfangs waren in den Kreisen überhaupt keine Parteiorganisationen übriggeblieben. Die örtlichen bewaffneten Kräfte bestanden nur aus den Abteilungen von Yüan Wen-tsai und Wang Dsuo in der Nähe des Djinggang-Gebirges, die jeweils mit 60 abgenutzten Gewehren ausgerüstet waren; in vier Kreisen - Yunghsin, Liänhua, Tschaling und Linghsiän - hatte die Feudalherrenklasse den bäuerlichen Selbstschutzabteilungen ihre gesamten Waffen fortgenommen; die revolutionären Stimmungen der Volksmassen waren unterdrückt worden. Aber bereits im Februar dieses Jahres waren in den Kreisen Ninggang, Yunghsin, Tschaling und Suitschuan Kreisparteikomitees und in Linghsiän ein Sonderdistriktskomitee geschaffen worden, während man in Liänhua zunächst eine Parteiorganisation gegründet und die Verbindung mit dem Kreisparteikomitee in Wan-an hergestellt hatte. In allen Kreisen, außer Linghsiän, waren kleine örtliche bewaffnete Abteilungen entstanden. In den Kreisen Ninggang, Tschaling, Suitschuan und Yunghsin, vor allem in den beiden letzteren, wurden zahlreiche Partisanenaufstände zum Sturz der Feudalherren und zur Aufrüttelung der Volksmassen durchgeführt, und all diese Aufstände waren ziemlich erfolgreich ausgegangen. In dieser Periode war die Agrarrevolution noch nicht in die Tiefe gedrungen. Die Machtorgane trugen die Bezeichnung "Regierungen der Arbeiter, Bauern und Soldaten". In der Armee wurden Soldatenkomitees[Anmerkung 78] gebildet. Wenn die Truppen getrennt operierten, wurden zu ihrer Anleitung Aktionskomitees geschaffen. Das leitende Parteiorgan in jener Periode war das Frontkomitee (Sekretär dieses Komitees war Mao Tse-tung), das vom Hunaner Provinzparteikomitee während des Herbsternte-Aufstands eingesetzt worden war. In der ersten Dekade des Monats März wurde dieses Frontkomitee auf Verlangen des Südhunaner Sonderparteikomitees zu einem Divisionskomitee umgebildet (Sekretär des Komitees wurde Ho Ting-ying), zu einem Parteiorgan, das lediglich die Parteiorganisationen der Armee anleitete und keine Befugnis hinsichtlich der Arbeit der örtlichen Parteiorganisationen hatte. Gleichzeitig wurden die Truppenteile, die unter dem Befehl Mao Tse-tungs standen, auf Verlangen des Südhunaner Sonderparteikomitees nach Südhunan verlegt; infolgedessen wurde das Grenzgebiet vom Feind besetzt und befand sich länger als einen Monat in seinen Händen. Ende März kam es zu der Niederlage in Südhunan, und im April zogen sich die Einheiten Tschu Tehs und Mao Tse-tungs sowie die Bauernabteilungen Südhunans in den Kreis Ninggang zurück und gingen daran, die selbständige Macht im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet wiederherzustellen.

Die seit April erfolgte Schaffung der selbständigen Macht im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet fiel in die Periode einer zeitweiligen Stabilisierung der herrschenden Kräfte im Süden; die reaktionären Truppen, die aus den Provinzen Hunan und Kiangsi zu "Ausrottungsfeldzügen" gegen uns entsandt wurden, zählten mindestens acht bis neun Regimenter und zuweilen auch bis zu achtzehn Regimenter. Wir kämpften jedoch mit einer Streitmacht, die nicht einmal vier Regimenter zählte, gute vier Monate lang gegen den Feind, wobei wir von Tag zu Tag das Gebiet unserer selbständigen Macht erweiterten, die Agrarrevolution vertieften, die politische Macht der Volksmassen verbreiterten sowie die Rote Armee und die Rote Garde zahlenmäßig vergrößerten. All das war das Ergebnis der richtigen Politik der Parteiorganisationen (der örtlichen und der Armeeorganisationen) im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet. Die Politik des Sonderparteikomitees des Grenzgebiets (Sekretär Mao Tse-tung) und des Korpskomitees der Partei (Sekretär Tschen Yi) bestand damals in folgendem: gegen die Feinde entschlossen kämpfen, die politische Macht im zentralen Teil des Luohsiao-Gebirges schaffen und die Fluchtmentalität bekämpfen; die Agrarrevolution im Gebiet unserer selbständigen Macht vertiefen; durch die Armeeparteiorganisationen den örtlichen Parteiorganisationen bei ihrem Wachstum helfen und durch die regulären Truppen bei der Entfaltung der örtlichen bewaffneten Kräfte behilflich sein; gegenüber der Provinz Hunan, wo die herrschenden Kräfte relativ stark sind, eine defensive Taktik und gegenüber der Provinz Kiangsi, wo ihre Kräfte schwächer sind, eine offensive Taktik einschlagen; mit aller Macht das Gebiet von Yunghsin aufbauen, dort die selbständige Macht der Volksmassen schaffen und Vorbereitungen für einen langwierigen Kampf treffen; die Einheiten der Roten Arrnee konzentrieren, um im geeigneten Augenblick dem angreifenden Feind Schläge zu versetzen; gegen die Auflockerung der Truppen kämpfen, um nicht vom Feind einzeln geschlagen zu werden; zur Erweiterung des Gebiets der selbständigen Macht die Taktik des wellenförmigen Vorrückens anwenden und die Taktik des abenteuerlichen Vorstoßens ablehnen. Nur die Richtigkeit dieser taktischen Maßnahmen in Verbindung mit den für den Kampf günstigen Geländeverhältnissen des Grenzgebiets und dem Fehlen eines reibungslosen Zusammenwirkens bei den aus den Provinzen Hunan und Kiangsi angreifenden Truppen des Feindes gewährleistete uns innerhalb von vier Monaten - April bis Juli - eine Reihe militärischer Siege und die Ausweitung der selbständigen Macht der Volksmassen. Obwohl die Kräfte des Feindes unsere Kräfte zahlenmäßig um ein Mehrfaches übertrafen, konnte er diese selbständige Macht nicht vernichten, mehr noch, er konnte nicht einmal ihre weitere Ausdehnung verhindern. Es bestand damals vielmehr die Tendenz, daß sich der Einfluß dieser Macht auf die Provinzen Hunan und Kiangsi von Tag zu Tag ausdehnte. Die einzige Ursache für die Augustniederlage war: Manche Genossen hatten nicht begriffen, daß sich damals das Lager der herrschenden Klassen in einer Periode der zeitweiligen Stabilisierung befand, sie führten eine Politik durch, die für die Perioden der Spaltung in den Reihen der herrschenden Klassen gilt, und unternahmen mit aufgelockerten Kräften einen abenteuerlichen Vorstoß nach Südhunan; das führte zu einer Niederlage sowohl im Grenzgebiet als auch in Südhunan. Der Vertreter des Hunaner Provinzparteikomitees, Du Hsiu-djing, und der Sekretär des Sonderparteikomitees des Grenzgebiets, Yang Kai-ming, der vom Hunaner Provinzparteikomitee eingesetzt worden war, nutzten die Gelegenheit aus, daß Mao Tse-tung, Wan Hsi-hsiän und andere Genossen, die energisch einen anderen Standpunkt vertraten, sich zu dieser Zeit weit weg, in Yunghsin, befanden. Ohne gründliche Kenntnis der damaligen Lage und unter Ignorierung des Beschlusses der gemeinsamen Sitzung des Korpskomitees, des Sonderkomitees und des Yunghsiner Kreisparteikomitees, der die Meinung des Hunaner Provinzparteikomitees mißbilligte, wußten Du Hsiu-djing und Yang Kai-ming nur die Direktive des Hunaner Provinzparteikomitees mechanisch auszuführen, nach Südhunan vorzugehen, und gaben der Stimmung des 29. Regiments der Roten Armee nach (dieses Regiment bestand aus Bauern des Kreises Yidschang), dem Kampf auszuweichen und in die heimatlichen Gebiete zurückzukehren. Das hat zur Niederlage sowohl im Grenzgebiet als auch in Südhunan geführt.

Ursprünglich, etwa Mitte Juli, fiel das 8. Korps der Hunaner Truppen des Feindes unter dem Befehl von Wu Schang in den Kreis Ninggang ein und rückte sodann in den Kreis Yunghsin vor. Da es aber vergeblich Gefechtsberührung mit uns suchte (damals rückten unsere Truppen auf Umwegen vor und verfehlten den Gegner) und die Volksmassen unseres Gebiets fürchtete, zog es sich eiligst über Liänhua nach Tschaling zurück. Indessen rückte die Hauptmasse der Roten Armee aus Ninggang zum Angriff auf die Kreise Linghsiän und Tschaling vor, änderte in Linghsiän ihren Plan und marschierte nach Südhunan, während fünf Regimenter des 3. Korps der Kiangsi Truppen des Feindes unter dem Befehl von Wang Djün und Djin Han-ding sowie sechs Regimenter des 6. Korps unter dem Befehl von Hu Wen-dou gemeinsam zu einem Angriff gegen Yunghsin antraten. Zu dieser Zeit hatten wir in Yunghsin nur ein einziges Regiment, das - von den breiten Massen gedeckt - durch Anwendung der Partisanenmethode des Angriffs von allen Seiten diese elf Regimenter des Feindes 25 Tage lang in einem Umkreis von 30 Li[ProleWiki Anmerkung 14] rings um die Kreisstadt Yunghsin fesselte. Erst nach einem erbitterten gegnerischen Ansturm fielen schließlich Yunghsin und später auch Liänhua und Ninggang. Zu dieser Zeit brachen unter den Kiangsi-Truppen des Feindes plötzlich innere Zwistigkeiten aus, das 6. Korps Hu Wen-dous zog sich eilig zurück und geriet kurz darauf bei Dschangschu in ein Gefecht mit dem 3. Korps Wang Djüns. Die zurückgebliebenen fünf Kiangsi-Regimenter zogen sich ebenfalls eilig in die Stadt Yunghsin zurück. Wäre die Hauptmasse unserer Armee nicht nach Südhunan marschiert, hätten wir durchaus die Möglichkeit gehabt, diesen Gegner zu zerschlagen und das Gebiet der selbständigen Macht auf die Kreise Dji-an, Anfu und Pinghsiang auszudehnen und mit den Kreisen Pingdjiang und Liuyang zu vereinigen. Aber die Hauptmasse unserer Armee war nicht mehr da, überdies war das einzige uns verbliebene Regiment äußerst erschöpft, und deshalb wurde beschlossen, einen Teil des Regiments zusammen mit den beiden Abteilungen Yüan Wen-tsais und Wang Dsuos zur Verteidigung des Djinggang-Gebirges zurückzulassen, während ich mich mit dem anderen Teil nach dem Kreis Guidung begeben sollte, um dort die Hauptmasse unserer Arrnee zu treffen und sie zurückzuführen. Zu dieser zeit zog sich diese Hauptmasse bereits aus Südhunan nach Guidung zurück, und am 23. August vereinigten wir uns mit ihr in Guidung.

Bereits Mitte Juli, als die Hauptmasse der Roten Armee eben Erst in Linghsiän eingetroffen war, verweigerten Offiziere und Soldaten des 29. Regiments den Gehorsam - sie waren politisch wankend geworden und forderten die Rückkehr in ihre Heimat nach Südhunan; das 28. Regiment war dagegen, nach Südhunan zu gehen, und wollte nach Südkiangsi marschieren, aber auch nicht nach Yunghsin zurückkehren. Du Hsiu-djing bestärkte das 29. Regiment in seinen irrigen Ansichten, und auch das Korpskomitee der Partei konnte das Regiment nicht davon abbringen, so trat die Hauptmasse der Roten Armee am 17. Juli von Linghsiän aus den Marsch in Richtung auf Tschendschou an. Am 24. Juli geriet sie bei Tschendschou in ein Gefecht mit den feindlichen Truppen Fan Schi-schengs. Sie begann dieses Gefecht erfolgreich, erlitt am Ende aber eine Niederlage und mußte sich aus dem Gefecht zurückziehen. Danach handelte das 29. Regiment auf eigene Faust und zog eilig nach seinem Heimatort Yidschang; die Folge war, daß ein Teil des Regiments bei Lotschang durch Banditen unter Hu Feng-dschang vernichtet wurde und der andere Teil sich in den Kreisen Tschendschou und Yidschang zerstreute; das weitere Schicksal dieses Teils bleibt seither unbekannt; an diesem Tag konnten nicht mehr als hundert Mann wieder gesammelt werden. Glücklicherweise hatte das 28. Regiment, das unsere Hauptkraft bildete, keine großen Verluste erlitten und besetzte am 18. August Guidung. Am 23. August vereinigte sich dieses Regiment mit den Einheiten, die aus dem Djinggang-Gebirge eingetroffen waren, und es wurde beschlossen, über Tschungyi und Schangyu wieder nach dem Djinggang-Gebirge zurückzukehren. Nach der Ankunft in Tschungyi übte der Bataillonskommandeur Yüan Tschung-tjüan an uns Verrat und führte eine Infanteriekompanie und eine Artilleriebatterie mit sich fort; und wenn wir auch die beiden Einheiten einholten und zur Rückkehr bewogen, fiel dabei doch der Regimentskommandeur Wang Örl-dschuo. Am 30. August machten sich zwei feindliche Truppenteile aus Hunan und Kiangsi den Augenblick, da sich unsere Truppen bereits auf dem Rückweg befanden, aber noch nicht eingetroffen waren, zunutze und überfielen das Djinggang-Gebirge. Unsere Verteidigungstruppen, die weniger als ein Bataillon stark waren, leisteten ihnen unter Ausnutzung des schwer passierbaren Geländes Widerstand, schlugen den Gegner in die Flucht und behaupteten dadurch dieses Stützpunktgebiet.

Die Augustniederlage wurde durch folgende Ursachen hervorgerufen: 1. Die Offiziere und Soldaten eines Truppenteils waren wankend geworden und litten unter Heimweh, büßten daher ihre Kampffähigkeit ein; im anderen Truppenteil mangelte es den Offizieren und Soldaten, die nicht nach Südhunan gehen wollten, an Enthusiasmus; 2. unsere Kämpfer waren infolge des langen Marsches bei stärkster Sommerhitze erschöpft; 3. unsere Truppen waren isoliert, weil sie von Linghsiän aus einen abenteuerlichen Vorstoß über Hunderte von Li gewagt und dabei die Verbindung mit dem Grenzgebiet verloren hatten; 4. diese Operation erwies sich als rein militärisches Abenteuer, da sich die Volksmassen in Südhunan noch nicht erhoben hatten; 5. Informationen über die Lage des Gegners fehlten; 6. die Vorbereitungen waren unzulänglich, die Offiziere und Soldaten begriffen nicht die Bedeutung der Operation.

Die gegenwärtige Lage im Gebiet der selbstständigen Macht

Seit April dieses Jahres haben sich die roten Gebiete nach und nach erweitert. Nachdem wir am 23. Juni in der Schlacht bei Lungiüankou (an der Grenze der Kreise Yunghsin und Ninggang) die Kiangsi-Truppen des Feindes zum vierten Male geschlagen hatten, gehörten zu unserem Gebiet drei ganze Kreise - Ninggang, Yunghsin und Liänhua -, zwei kleinere Teile der Kreise Dji-an und Anfu sowie der Nordteil des Kreises Suitschuan und der Südostteil des Kreises Linghsiän; damit brach für das Grenzgebiet die größte Blütezeit an. Der größere Teil des Bodens in den roten Gebieten war bereits aufgeteilt, und die Aufteilung des übrigen Bodens war im Gange. Überall waren Machtorgane der Distrikte und Gemeinden geschaffen. In den Kreisen Ninggang, Yunghsin, Liänhua und Suischuan gab es Kreis-Machtorgane, und die Regierung des Grenzgebiets war auch gebildet worden. Überall in den Dörfern waren Abteilungen er aufständischen Arbeiter und Bauern und auf der Ebene der Distrikte und Kreise Abteilungen der Roten Garde organisiert worden. Im Juli begann die Offensive der Kiangsi-Truppen des Feindes, und im August griffen die Hunan- und Kiangsi-Truppen mit vereinten Kräften das Djinggang-Gebirge an. Die Kreisstädte und die in der Ebene gelegenen Teile aller Kreise des Grenzgebiets wurden gänzlich vom Feind besetzt. Die Sicherheitsabteilungen und die Hofwehren der Grundherren, die dem Feind Häscherdienste leisteten, wüteten hemmungslos; in den Städten und Dörfern herrschte der weiße Terror. Die meisten Parteiorganisationen und Machtorgane erlagen diesem Terror. Die Großbauern und die Karrieristen in der Partei gingen einer nach dem anderen auf die Seite des Feindes über: Die Hunan-Truppen des Feindes zogen sich erst nach der Schlacht im Djinggang-Gebirge am 30. August auf Linghsiän zurück, die Kiangsi-Truppen dagegen hielten nach wie vor die Kreisstädte und die meisten Dörfer besetzt. Aber die Gebirgsgegenden zu erobern, gelang dem Feind niemals, und in unseren Händen verblieben der westliche und der nördliche Distrikt des Kreises Ninggang, der Distrikt Tiänlung im Norden, der Distrikt Hsiaohsidjiang im Westen und der Distrikt Wanniänschan im Süden des Kreises Yunghsin, der Distrikt Schanghsi im Kreis Liänhua, der Distrikt Djinggangschan im Kreis Suitschuan die Distrikte Tjingschigang und Dayüan im Kreis Linghsiän. Im Juli und August lieferte ein Regiment der Roten Armee im Zusammenwirken mit den Kreisabteilungen der Roten Garde dem Feind Dutzende größere und kleinere Schlachten, verlor dabei nur dreißig Gewehre und zog sich schließlich ins Gebirge zurück.

Als unsere Einheiten über die Kreise Tschungyi und Schangyu nach dem Djinggang-Gebirge zurückkehrten, verfolgten uns feindliche Truppen aus Südkiangsi - die 7. selbständige Division Liu Schi-yis - bis in den Kreis Suitschuan. Am 13. September besetzten unsere Truppen, nachdem sie Liu Schi-yi geschlagen und einige hundert Gewehre erbeutet hatten, Suitschuan und trafen am 26. September wieder im Djinggang-Gebirge ein. Am 1. Oktober errangen wir in der Schlacht bei Ninggang den Sieg über eine der Brigaden unter Befehl Hsiung Schi-huis, die Brigade Dschou Hun-yüans, und eroberten den ganzen Kreis Ninggang zurück. Zu diesem Zeitpunkt gingen von dem Truppenteil Yän Dschung-jus, der den Hunan-Truppen des Feindes angehörte und im Kreis Guidung stationiert war, 126 Mann auf unsere Seite über; aus ihnen wurde ein Wachbataillon aufgestellt, zu dessen Kommandeur Bi Dschan-yün ernannt wurde. Am 9. November zerschlugen unsere Truppen in der Nähe der Kreisstadt Ninggang und bei Lungyüankou ein Regiment aus der Brigade Dschou Hun-yüans. Am nächsten Tag rückten wir vor und besetzten Yunghsin, zogen uns aber kurz darauf wieder nach Ninggang zurück. Gegenwärtig bildet unser Gebiet ein zusammenhängendes Territorium, das sich als schmaler Streifen von Süden nach Norden erstreckt, von den Südhängen des Djinggang-Gebirges im Kreis Suitschuan bis zur Grenze des Kreises Liänhua, einschließlich des ganzen Kreises Ninggang und je eines Teils der Kreise Suitschuan Linghsiän und Yunghsin. Der Distrikt Schanghsi des Kreises Liänhua und die Distrikte Tiänlung und Wanniänschan des Kreises Yunghsin sind aber nicht fest genug mit dem Hauptterritorium verbunden. Der Feind versucht, unser Stützpunktgebiet durch militärische Angriffe und eine ökonomische Blockade zu vernichten, wir aber bereiten uns darauf vor, seine Angriffe zu zerschlagen.

Militärische Fragen

Der Kampf im Grenzgebiet ist ein rein militärischer Kampf, und die Partei und die Massen müssen sich völlig auf den Krieg einstellen. Die Frage, wie man mit dem Feind fertig wird, wie man den Krieg führt, ist zur zentralen Frage unseres Alltagslebens geworden. Eine selbständige Macht muß eine bewaffnete Macht sein. Wo das Gebiet dieser Macht auch liegen mag, es wird sofort vom Feind erobert, wenn es dort keine oder nicht genug bewaffnete Kräfte gibt, oder wenn im Kampf mit dem Feind eine falsche Taktik angewandt wird. Dieser Kampf verschärft sich von Tag zu Tag, und die vor uns stehenden Fragen sind äußerst verwickelt und ernst geworden.

Die Rote Armee des Grenzgebiets hat sich gebildet: 1. aus den lten Einheiten Yä Tings und Ho Lungs in Tschaodschou und Swatou;[Anmerkung 79] 2. aus dem ehemaligen Wachregiment der Nationalregierung n Wutschang;[Anmerkung 80] 3. aus Bauern der Kreise Pingdjiang und Liuyang;[Anmerkung 81] 4. aus Bauern von Südhunan[Anmerkung 82] und aus Arbeitern von Schuikouschan[Anmerkung 83] 5. aus gefangenen Soldaten der Einheiten von Hsü Kö-hsiang, Tang cheng-dschi, Bai Tschung-hsi, Dschu Pe-dö, Wu Schang, Hsiung chi-hui; und 6. aus Bauern verschiedener Kreise des Grenzgebiets. Über nach über einem Jahr Kampf war von den alten Einheiten Yä ings und Ho Lungs, vom Wachregiment und von den Bauernabteilungen aus den Kreisen Pingdjiang und Liuyang nur ein Drittel des ursprünglichen Bestandes übriggeblieben. Die Verluste an Toten und Verwundeten sind unter den Bauern aus Südhunan ebenfalls hoch. obwohl also die ersten vier Kategorien bis heute das Rückgrat des 4. Korps der Roten Armee bilden, stehen sie doch zahlenmäßig stark hinter den beiden letzten Kategorien zurück. Von diesen beiden Kategorien bilden wiederum die gefangenen Soldaten des Gegners Die Mehrheit; gäbe es nicht diese Ergänzung, dann wäre die Frage es Mannschaftsbestands bei uns sehr brennend geworden. Trotzdem steht ein Mißverhältnis zwischen dem Anwachsen des Bestands an Menschen und dem an Gewehren: Ein Verlust an Gewehren kommt sehr selten vor, während der Menschenbestand sehr leicht Verluste an Verwundeten, Toten, Kranken und Deserteuren erleiden kann. das Hunaner Provinzparteikomitee hat versprochen, uns Arbeiter aus Anyüan[Anmerkung 84] zu schicken, und wir hoffen sehr, daß es sein Versprechen einlöst.

Die Rote Armee setzt sich zum Teil aus Arbeitern und Bauern zusammen sowie zum Teil aus vagierenden Proletariern. Das Vorhandensein zu vieler vagierender Elemente in der Roten Armee ist natürlich nicht gut. Aber diese Menschen verstehen zu kämpfen, und da wir täglich im Kampf stehen und immer wieder bedeutende Verluste an Toten und Verwundeten haben, ist es für uns nicht einmal leicht, selbst unter ihnen Ergänzung zu finden. Der einzige Ausweg unter diesen Umständen besteht darin, die politische Schulung zu verstärken.

Die meisten Soldaten der Roten Armee kamen aus Söldnertruppen, aber mit dem Eintritt in die Rote Armee ändert sich sofort ihr Charakter. Vor allem die Abschaffung des Söldnersystems in der Roten Armee weckt in den Soldaten das Bewußtsein, daß sie nicht für andere, sondern für sich selbst, für das Volk kämpfen. In der Roten Armee gibt es bis jetzt keine reguläre Auszahlung von Sold, es werden nur Getreide, Geld für Speiseöl, Salz, Brennholz und Gemüse sowie eine geringe Summe als Taschengeld gewährt. Alle Offiziere und Soldaten der Roten Armee, die im Grenzgebiet ansässig sind, haben Boden zugeteilt erhalten; viele Schwierigkeiten gibt es nur mit der Bodenzuteilung für diejenigen, die aus entfernten Gebieten kommen.

Dank der politischen Erziehung besitzen alle Soldaten der Roten Armee Klassenbewußtsein, haben sie Grundkenntnisse erworben über die Bodenaufteilung, die Schaffung der politischen Macht, die Bewaffnung der Arbeiter und Bauern usw. und wissen sie alle, daß sie für sich selbst, für die Arbeiterklasse und die Bauernschaft den Krieg führen. Deshalb können sie ohne Murren alle Härten des Kampfes durchstehen. Jede Kompanie, jedes Bataillon und jedes Regiment hat ein Soldatenkomitee, das die Interessen der Mannschaften vertritt und politische Arbeit sowie Massenarbeit leistet.

Die Einrichtung der Parteivertreter[Anmerkung 85] darf man, wie die Erfahrung gezeigt hat, nicht abschaffen. Vor allem auf der Ebene der Kompanien spielt der Parteivertreter eine besonders wichtige Rolle, da die Parteizelle auf der Ebene der Kompanie organisiert wird. Er muß das Soldatenkomitee zur Durchführung der politischen Schulung anhalten, die Massenbewegungen anleiten und gleichzeitig als Sekretär der Parteizelle fungieren. Wie die Tatsachen beweisen, ist dort, wo der Parteivertreter der Kompanie besser ist, auch die Kompanie tüchtiger. Dem Kompanieführer dagegen würde es nicht leichtfallen, in politischer Hinsicht eine solch wichtige Rolle zu spielen. Da die Verluste an unteren Kadern sehr hoch sind, muß man häufig ehemalige gefangene Soldaten des Gegners, die erst kürzlich in unsere Armee eingetreten sind, zu Zug- und Kompanieführern ernennen; einige der im Februar und März dieses Jahres gefangengenommenen Soldaten sind jetzt bereits Bataillonskommandeure. Oberflächlich gesehen, könnte es scheinen, daß wir, wenn wir uns schon Rote Armee nennen, auch ohne Parteivertreter auskommen könnten. Aber das ist grundfalsch. Im 28. Regiment wurde seinerzeit, als es sich in Südhunan befand, die Einrichtung der Parteivertreter abgeschafft, aber dann hat man sie wieder eingeführt. Die Parteivertreter in Instrukteure umbenennen hieße Anlaß bieten, sie mit den Kuomintang Instrukteuren zu verwechseln, und diese Bezeichnung wird von den gefangenen Soldaten verabscheut. Außerdem ändert sich nichts am Wesen des Systems, wenn man die Bezeichnung ändert. Deshalb beschlossen wir, keine Umbenennung vorzunehmen. Mit Rücksicht darauf, daß die Verluste an Toten und Verwundeten unter den Parteivertretern sehr hoch sind, haben wir aus eigener Kraft Kurse zur Ausbildung von Parteivertretern geschaffen, um die Lücken auszufüllen. Aber gleichzeitig erwarten wir vom Zentralkomitee und von den beiden Provinzparteikomitees, daß sie uns mindestens 30 Genossen schicken, die man als Parteivertreter einsetzen könnte.

Ein gewöhnlicher Soldat kann erst kämpfen, wenn er ein halbes oder ein ganzes Jahr ausgebildet worden ist; unser Soldat dagegen, der erst gestern in die Truppe eingereiht worden ist, muß heute schon in den Kampf ziehen, buchstäblich ohne jegliche Ausbildung. In der militärischen Technik ungeübt, sind unsere Soldaten im Kampf nur auf ihre Tapferkeit angewiesen. Eine längere Feuerpause für Erholung und Ausbildung kommt nicht in Frage; es bleibt daher nichts anderes übrig, als zu versuchen, einigen Kämpfen auszuweichen, soweit es möglich ist, um Zeit für die Ausbildung zu gewinnen. Zur Ausbildung von unteren Offizieren wurde jetzt ein Ausbildungskorps mit 150 Mann geschaffen; wir haben die Absicht, diesen Kurs als eine ständige Einrichtung zu behalten. Wir erwarten vom Zentralkomitee und von den beiden Provinzparteikomitees, daß sie uns mehr Offiziere vom Rang des Zug- und Kompanieführers und aufwärts schicken.

Das Hunaner Provinzparteikomitee forderte, wir sollten den materiellen Lebensbedingungen der Soldaten Beachtung schenken und danach streben, daß ihr Lebensstandard wenigstens etwas über dem Lebensstandard der einfachen Arbeiter und Bauern liege. Im Augenblick ist gerade das Gegenteil der Fall: Außer der Getreideration entfallen auf jeden Mann alles in allem 5 Fen pro Tag für Speiseöl, Salz, Brennholz und Gemüse, aber auch selbst diese Norm ist schwer weiterhin einzuhalten. Allein zur Auszahlung des Geldes für diese Posten brauchen wir über 10000 Yüan in Silber monatlich, die wir ausschließlich aus den Tuhao herauspressen müssen.[Anmerkung 86] Was die Versorgung der gesamten 5000 Mann starken Armee mit Winteruniformen anbelangt, so haben wir zwar Watte, aber es fehlt noch an Stoffen. Obwohl bereits Fröste eingesetzt haben, tragen viele Soldaten immer noch lediglich zwei ungefütterte dünne Kleider übereinander. Zum Glück sind wir an Entbehrungen gewöhnt. Mehr noch: Wir haben alle die gleichen Entbehrungen zu ertragen; auf Reden, vom Korpskommandeur bis zum Koch, kommen als Ergänzung zur Getreideration 5 Fen für Zukost; wenn Taschengeld ausgezahlt wird, erhalten alle die gleiche Summe, seien es 20, seien es 40 Fen.[Anmerkung 87] Deshalb murren die Soldaten über niemanden.

Nach jedem Gefecht gibt es Verwundete. Infolge Unterernährung, Kälte und aus anderen Gründen erkranken viele Offiziere und Soldaten. Die Lazarette der Roten Armee liegen in den Bergen, man behandelt dort nach den Regeln der chinesischen und der europäischen Medizin, aber es fehlt sowohl an Ärzten als auch an Medikamenten. Gegenwärtig befinden sich in den Lazaretten über 800 Menschen in Behandlung. Das Hunaner Provinzparteikomitee versprach, uns Medikamente zu verschaffen, hat sie aber bisher nicht geschickt. Wir bitten das Zentralkomitee und die beiden Provinzparteikomitees erneut, uns einige Ärzte zu schicken, die mit der europäischen Medizin vertraut sind, und uns eine gewisse Menge Jod in Tablettenform zu liefern.

Die Rote Armee vermochte trotz solcher dürftigen materiellen Lebensbedingungen und so häufiger Kämpfe deshalb durchzuhalten, weil abgesehen von der Rolle, die die Partei spielt, in ihren Reihen die Demokratie verwirklicht wurde. Die Offiziere mißhandeln nicht die Soldaten; Offiziere und Mannschaften genießen gleiche Behandlung; die Soldaten haben das Recht, Versammlungen abzuhalten und ihre Meinung auszusprechen, mit den lästigen Ehrenbezeigungen wurde Schluß gemacht; die Wirtschaftsführung ist öffentlich. Die Soldaten regeln selbst ihre Verpflegung und bringen es fertig, von den täglich ausgezahlten 5 Fen für Speiseöl, Salz, Brennholz und Gemüse noch etwas Geld für kleine Ausgaben einzusparen; diese Einsparung wird "Rest der Verpflegungsgelder" genannt und macht pro Mann rund 60 bis 70 Wän täglich aus. Das alles gefällt den Soldaten sehr. Insbesondere die Neulinge aus den Reihen der Gefangenen fühlen, daß die Kuomintang-Armee und unsere Truppen zwei verschiedene Welten sind. Zwar sehen sie, daß die materiellen Lebensbedingungen in der Roten Armee schlechter sind als in der weißen, aber dafür fühlen sie sich hier geistig befreit. Derselbe Soldat, der gestern auf Seiten des Feindes noch keine Tapferkeit gezeigt hat, kämpft heute in den Reihen der Roten Armee heldenmütig, und daraus läßt sich der Einfluß der Demokratie ersehen. Die Rote Armee gleicht einem Schmelztiegel, in dem die gefangenen Soldaten sofort umgeschmolzen werden. In China braucht nicht nur das Volk die Demokratie, sondern ebenso die Armee. Die demokratische Ordnung innerhalb der Armee ist eine wichtige Waffe für die Untergrabung der feudalen Söldnerarmee.[Anmerkung 88]

Heute gibt es in der Parteiorganisation vier Ebenen: Kompaniezellen, Bataillonskomitees, Regimentskomitees und das Korpskomitee. In der Kompanie wird eine Zelle, in jeder Gruppe aber eine Parteigruppe gebildet. Ein wichtiger Grund, warum die Rote Armee so harte Kämpfe durchfechten konnte, ohne auseinanderzufallen, liegt darin, daß "die Zelle der Partei auf Kompanieebene aufgebaut" ist. Vor zwei Jahren hatten unsere Parteiorganisationen in der Kuomintang-Armee unter den Soldatenmassen überhaupt nicht Wurzel gefaßt; selbst in den Einheiten Yä Tings[Anmerkung 89] bestand erst in jedem Regiment eine einzige Zelle. Deshalb waren solche Einheiten außerstande, sich bei einer ernsten Prüfung zu bewähren. Gegenwärtig ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Parteimitgliedern und Parteilosen in der Roten Armee etwa 1:3, das heißt, im Durchschnitt ist von je vier Mann einer Mitglied der Partei. Kürzlich wurde der Beschluß gefaßt, die Anzahl der Parteimitglieder unter den kämpfenden Mannschaften so zu erhöhen, daß diese zur Hälfte aus Parteimitgliedern und zur Hälfte aus Parteilosen bestehen.[Anmerkung 90] Augenblicklich fehlen uns gute Sekretäre der Kompaniezellen, und wir bitten das Zentralkomitee, uns für diese Arbeit mehrere Leute aus den Reihen der Parteiaktivisten zu schicken, für die es gefährlich ist, dort zu verbleiben, wo sie jetzt tätig sind. Fast alle Funktionäre, die aus Südhunan zu uns gekommen sind, leisten Parteiarbeit in der Armee. Aber im August ist während des Rückzugs ein Teil dieser Leute in Südhunan auseinandergelaufen, und jetzt haben wir niemanden, den wir einsetzen könnten. Unsere örtlichen bewaffneten Kräfte bestehen aus Abteilungen der Roten Garde und Abteilungen der aufständischen Arbeiter und Bauern. Die Abteilungen der Aufständischen sind mit Lanzen und Schrotflinten bewaffnet. In organisatorischer Hinsicht ist die Einheit die Gemeinde, in jeder Gemeinde gibt es eine Abteilung, deren Stärke von der Größe der Gemeinde abhängt. Die Aufgabe dieser Abteilungen ist die Unterdrückung der Konterrevolution, der Schutz der Machtorgane der Gemeinde und beim Auftauchen des Feindes die Unterstützung der Einheiten der Roten Armee sowie der Abteilungen der Roten Garde im Kampf. Die Abteilungen der Aufständischen wurden zuerst in Yunghsin geschaffen, zunächst als eine geheime und nach der Eroberung der Macht im ganzen Kreis als eine offene Organisation. Diese Organisation wurde jetzt auf alle Kreise des Grenzgebiets ausgedehnt, wobei ihre Bezeichnung unverändert erhalten geblieben ist. Die Abteilungen der Roten Garde sind im wesentlichen mit Magazingewehren für fünf Schuß bewaffnet, aber sie besitzen auch Magazingewehre für neun Schuß und Einlader. Die Anzahl der Gewehre beträgt nach Kreisen: Kreis Ninggang - 140, Yunghsin - 220, Liänhua - 43, Tschaling - 50, Linghsiän - 90, Suitschuan - 130, Wan-an - 10; insgesamt - 683. Den größeren Teil dieser Gewehre hat die Rote Armee unter sie verteilt, den kleineren haben sie selbst vom Feind erbeutet. Da die meisten Abteilungen der Roten Garde aller Kreise in ständigen Kämpfen mit den Sicherheitsabteilungen und Hofwehren der Feudalherren stehen, wächst die Kampffähigkeit der Roten Garde von Tag zu Tag. Vor den Ereignissen des 21. Mai[Anmerkung 91] bestanden in allen Kreisen bäuerliche Selbstschutzabteilungen. Sie hatten an Gewehren: Yuhsiän - 300, Tschaling - 300, Linghsiän - 60, Suitschuan - so, Yunghsin - 80, Liänhua - 60, Ninggang - 60 (Abteilungen Yüan Wen-tsais), Djinggangschan - 60 (Abteilungen Wang Dsuos); insgesamt - 970. Nach den Ereignissen des 21. Mai blieben aber - abgesehen von den Abteilungen Yüan Wen-tsais und Wang Dsuos, die keine Verluste an Waffen zu beklagen hatten - nur sechs Gewehre im Kreis Suitschuan und nur ein Gewehr im Kreis Liänhua übrig, während alle übrigen Waffen von den Feudalherren weggenommen worden waren. Daß die bäuerlichen Selbstschutzabteilungen dermaßen unfähig waren, ihre Waffen zu behalten, ist eine Folge der opportunistischen Linie. Jetzt leiden die Abteilungen der Roten Garde in den Kreisen immer noch einen akuten Mangel an Gewehren, sie haben weniger Gewehre als die Feudalherren, deshalb muß die Rote Armee nach wie vor den Abteilungen der Roten Garde mit Waffen aushelfen. Die Rote Armee muß sich in höchstem Maß anstrengen, bei der Bewaffnung des Volkes zu helfen, soweit ihre eigene Kampfkraft dadurch nicht gemindert wird. Nach einer von uns festgelegten Bestimmung besteht jedes Bataillon der Roten Armee aus vier Kompanien mit je 75 Gewehren; auf jedes Regiment entfallen insgesamt 1075 Gewehre die Gewehre der Wachkompanie, der Maschinengewehr- und der Granatwerferkompanie sowie des Regimentsstabs und der drei Bataillonsstäbe mit eingerechnet. Die im Kampf erbeuteten Gewehre müssen nach Möglichkeit für die Bewaffnung örtlicher Abteilungen abgegeben werden. Zu Kommandeuren der Roten Garde werden solche Leute ernannt, die von den Kreisen in die von der Roten Armee organisierten Ausbildungskorps geschickt und dort geschult worden sind. Man muß die Anzahl derjenigen, die aus weit entfernten Gebieten stammen und von der Roten Armee als Kommandeure in die örtlichen Abteilungen geschickt werden, allmählich verringern. Dschu Pe-dö seinerseits bewaffnet seine Sicherheitsabteilungen und Hofwehren; die zahlenmäßige Stärke und die Kampfkraft der bewaffneten Kräfte der Feudalherren in allen Kreisen des Grenzgebiets sind ziemlich beachtlich, und um so weniger duldet die Vergrößerung unserer örtlichen roten bewaffneten Kräfte auch nur den geringsten Aufschub.

Das Prinzip der Roten Armee ist die Konzentration der Kräfte, das Prinzip der Roten Garde dagegen die Auflockerung der Kräfte. In der gegenwärtigen Periode der zeitweiligen Stabilisierung der reaktionären Macht, da der Feind in der Lage ist, bedeutende Streitkräfte zusammenzuziehen und gegen die Rote Armee einzusetzen, wäre eine Auflockerung der Kräfte der Roten Armee von Nachteil. Unsere Erfahrung besagt, daß eine Auflockerung der Kräfte fast ausnahmslos Niederlagen zur Folge hatte, während eine Konzentration der Kräfte gegen einen Gegner, der über weniger, gleiche oder etwas mehr Kräfte als wir verfügte, sehr oft zum Siege führte. Das Gebiet, das wir auf Anweisung des Zentralkomitees durch Partisanenoperationen zu erfassen haben, erstreckt sich über viele tausend Quadrat-Li und ist für uns zu groß; eine solche Anweisung erklärt sich wahrscheinlich aus einer Überschätzung unserer Kräfte. Für die Abteilungen der Roten Garde dagegen ist es vorteilhafter, die Kräfte aufzulockern, und jetzt wenden sie in allen Kreisen das Verfahren an, Operationen mit aufgelockerten Kräften durchzuführen. Als die wirksamsten Methoden unserer Propaganda gegenüber den feindlichen Truppen haben sich die Freilassung von Gefangenen und die ärztliche Behandlung der Verwundeten erwiesen. Sobald Soldaten, Bataillonskommandeure, Kompanie- und Zugführer des Feindes in unsere Gefangenschaft geraten sind, nehmen wir unter ihnen die Propagandaarbeit auf. Dabei teilen wir sie in zwei Gruppen: In die eine kommen jene, die zu bleiben, in die andere jene, die zu gehen wünschen. Die letzteren entlassen wir, nachdem wir sie mit Reisespesen versehen haben. Das zerstört mit einem Schlag die Lügenpropaganda des Feindes, daß die "kommunistischen Banditen unterschiedslos alle töten". Über unsere Handlungsweise stieß das Blatt Zehntage-Rundschau der g. Division Yang Tschi-schengs den Ausruf aus: "Welche Arglist!" Die Soldaten der Roten Armee umsorgen die Gefangenen und verabschieden sie aufs wärmste, während die fortgehenden gefangenen Soldaten auf "Versammlungen zur Verabschiedung der neuen Brüder" in ihren Reden ihren heißen Dank zum Ausdruck bringen. Die ärztliche Behandlung der verwundeten Soldaten des Feindes ist ebenfalls eine sehr wirksame Maßnahme. Die Klügeren beim Gegner, wie Li Wen-bin, begannen in der letzten Zeit uns nachzuahmen: Sie hörten auf, Gefangene zu töten, und ließen die in Gefangenschaft geratenen Verwundeten ärztlich behandeln. Trotzdem kam es vor, daß in späteren Gefechten unsere Leute unter Mitnahme von Waffen zurückkehrten; solche Fälle wurden bereits zweimal festgestellt. Außerdem verwenden wir nach Möglichkeit die schriftliche Propaganda, zum Beispiel das Malen von Losungen usw. Wo immer wir hinkommen, werden die Mauern über und über mit unseren Losungen bedeckt. Aber es fehlt uns an Menschen, die Bildpropaganda machen können, und wir bitten das Zentralkomitee und die beiden Provinzparteikomitees, uns einige solche zu schicken.

Militärstützpunkte. Der erste Stützpunkt ist das Djinggang Gebirge, das an der Grenze liegt, wo die vier Kreise Ninggang, Linghsiän, Suitschuan und Yunghsin zusammenstoßen. Am Nordhang dieses Gebirges liegt Maoping, Kreis Ninggang, am Südhang Huang-ao, Kreis Suitschuan; die Entfernung zwischen diesen Ortschaften beträgt 90 Li. Am Osthang befindet sich Naschan, Kreis Yunghsin, am Westhang Schuikou, Kreis Linghsiän; die Entfernung zwischen diesen beiden Ortschaften beträgt 80 Li. Der Umfang des Stützpunkts von Naschan über Lungyüankou (beide im Kreis Yunghsin), Hsintscheng, Maoping, Dalung (alle drei im Kreis Ninggang), Schidu, Schuikou, Hsiatsun (alle drei im Kreis Linghsiän), Yingpanhsü, Daidjiapu, Dafen, Duidsitjiän, Huang-ao, Wudoudjiang, Tschöao (alle sieben im Kreis Suitschuan) bis Naschan beträgt 550 Li. In den Bergen, in Dadjing, Hsiaodjing, Schangdjing, Dschungdjing, Hsiadjing, Tsiping, Hsiadschuang, Hsingdschou, Tsaoping, Bainihu und Luofu gibt es Reisfelder und Dörfer. Hier hausten früher Räuber und Deserteure; jetzt ist dieses Gebiet unser Militärstützpunkt. Aber die Bevölkerung hier zählt nicht einmal 2000 Menschen, und die jährliche Ernte von ungeschältem Reis beträgt weniger als 10000 Dan; deshalb hängt die Versorgung der Armee mit Getreide gänzlich von den Lieferungen aus den Kreisen Ninggang, Yunghsin und Suitschuan ab. An allen strategisch wichtigen Pässen in den Bergen wurden Befestigungen errichtet. Hier befinden sich unsere Lazarette, unsere Bekleidungswerkstätten, unsere Feldzeugmeisterei und die Hinterlandsabteilungen der Regimenter. Gegenwärtig wird Getreide aus dem Kreis Ninggang in die Berge geschafft. Wenn die Versorgung ausreichend gesichert ist, wird sich der Feind hierher nicht durchschlagen. Der zweite Stützpunkt ist das Djiulung-Gebirge an den Grenzen der Kreise Ninggang, Yunghsin, Liänhua und Tschaling. Es ist nicht so bedeutend wie das Djinggang-Gebirge, aber es ist der am weitesten im Hinterland liegende Stützpunkt der örtlichen bewaffneten Kräfte der erwähnten vier Kreise, und hier wurden ebenfalls Befestigungen erbaut. Für die inmitten des weißen Regimes stehende selbständige rote Macht ist es notwendig, die schwer zugänglichen Gebirgsgegenden auszunutzen.

Die Agrarfrage

Bodenverhältnisse im Grenzgebiet. Grob gerechnet, befinden sich über 60 Prozent des gesamten Bodens in den Händen der Grundherren und weniger als 40 Prozent in den Händen der Bauern. In der Provinz Kiangsi ist die stärkste Konzentration des Grundbesitzes im Kreis Suitschuan zu beobachten, wo den Grundherren etwa 80 Prozent des Bodens gehören. Ihm folgt der Kreis Yunghsin, wo in den Händen der Grundherren etwa 70 Prozent des Bodens konzentriert sind. In den Kreisen Wan-an, Ninggang und Liänhua gibt es relativ mehr Bauern auf Eigenland, aber auch hier gehört den Grundherren immer noch der größere Teil des Bodens - etwa 60 Prozent, den Bauern aber gehören nur 40 Prozent. In den Kreisen Tschaling und Linghsiän der Provinz Hunan befinden sich in den Händen der Grundherren rund 70 Prozent des Bodens.

Über die Zwischenklassen. Bei solchen Bodenverhältnissen könnte eine bedeutende Mehrheit der Bevölkerung die Beschlagnahme und die Neuverteilung des ganzen Bodens[Anmerkung 92] unterstützen. Aber die Bevölkerung des Dorfes teilt sich etwa in drei Gruppen von Klassen, und zwar: die Klassen der großen und mittleren Grundherren, die Zwischenklassen der kleinen Grundherren und der Großbauern sowie die Klassen der Mittelbauern und der armen Bauern. Die Interessen der Großbauern sind oft mit den Interessen der kleinen Grundherren verbunden. Der Boden der Großbauern macht einen geringen Teil des gesamten Bodens aus, aber zusammen mit dem Boden der kleinen Grundherren ergibt sich ziemlich viel. Ähnlich sieht es wahrscheinlich im ganzen Lande aus. Im Grenzgebiet wird die Politik der vollständigen Beschlagnahme und der gründlichen Neuverteilung des Bodens durchgeführt, deshalb richtet sich der Schlag hier sowohl gegen die Feudalherrenklasse als auch gegen die Zwischenklassen. Das ist unsere Politik, aber ihre praktische Durchführung stößt auf ernste Hindernisse von Seiten der Zwischenklassen. In der Anfangsperiode der Revolution kapitulierten die Zwischenklassen nur zum Schein vor der Klasse der armen Bauern, tatsächlich aber nutzten sie ihre althergebrachte gesellschaftliche Stellung und die Sippenmacht aus, um die armen Bauern einzuschüchtern und die Aufteilung des Bodens hinauszuschieben. Wenn aber ein Aufschub nicht mehr möglich war, verheimlichten sie die wahren Ausmaße ihres Grundbesitzes oder behielten den fruchtbaren Boden für sich und gaben den mageren ab. In dieser Periode ließen sich die armen Bauern, die lange Zeit mit Füßen getreten worden waren und den Sieg der Revolution nicht für gesichert hielten, häufig von den Zwischenklassen überreden und wagten kein aktives Vorgehen. Ein aktives Vorgehen gegen die Zwischenklassen im Dorf begann erst mit dem Aufschwung der Revolution, zum Beispiel nach der Eroberung der Macht in einem Kreis oder in mehreren Kreisen, nach mehrfachen Niederlagen der Truppen der Reaktion und nach mehrfacher Demonstration der Stärke der Roten Armee. Im Südteil des Kreises Yunghsin zum Beispiel, wo die Zwischenklassen zahlenmäßig am stärksten sind, kam es auch am häufigsten vor, daß die Bodenaufteilung hinausgeschoben und die Größe des Grundbesitzes verheimlicht wurde. Die Aufteilung begann hier tatsächlich erst, nachdem die Rote Armee am 23. Juni den großen Sieg bei Lungyüankou errungen und das Machtorgan des Distriktes einige Leute bestraft hatte, die die Aufteilung des Bodens verzögerten. In allen Kreisen herrscht jedoch das feudale Sippschaftssystem vor; oft trägt die Bevölkerung eines ganzen Dorfes oder sogar einiger Dörfer den gleichen Familiennamen, und es wird ziemlich lange dauern, bis im Dorf der Prozeß einer bewußten Abgrenzung der Klassenkräfte vollzogen und die Sippenmacht besiegt worden ist.

Der Verrat der Zwischenklassen unter dem weißen Terror. Die Zwischenklassen, die in der Periode des Aufschwungs der Revolution Schlägen ausgesetzt waren, gingen mit dem Einbruch des weißen Terrors sofort auf die Seite des Feindes über. In den Kreisen Yunghsin und Ninggang waren es gerade die kleinen Grundherren und die Großbauern, die die reaktionären Truppen beim Niederbrennen der Häuser revolutionärer Bauern anführten. Auf Anweisung der Reaktionäre steckten sie Häuser in Brand und nahmen Verhaftungen vor, wobei sie ungewöhnlich dreist auftraten. Als die Rote Armee in das Gebiet von Ninggang, Hsintscheng, Gutscheng und Lungschi zurückkehrte, flüchteten einige tausend Bauern, die auf die Agitation der Reaktionäre, die behaupteten, die Kommunisten würden sie niedermachen, hereingefallen waren, zusammen mit den Reaktionären nach Yunghsin. Und als wir in unserer Propaganda erklärt hatten, daß wir "keine zum Feind übergelaufenen Bauern töten" und daß wir "die Rückkehr der zum Feind übergelaufenen Bauern zur Einbringung der Ernte begrüßen" würden, kehrte ein gewisser Teil der Bauern nach und nach zurück.

In der Periode des Abflauens der Revolution im ganzen Land besteht in den Gebieten der selbständigen Macht das schwierigste Problem darin, die Zwischenklassen in Schach zu halten. Die Hauptursache für ihren Übergang zum Feind besteht darin, daß ihnen von der Revolution zu schwere Schläge versetzt wurden. Wenn aber das ganze Land einen revolutionären Aufschwung erlebt, wird die arme Bauernschaft, da sie nun eine Stütze hinter sich weiß, kühner handeln, während die Zwischenklassen aus Angst keine Ausschreitungen wagen. Als der Krieg zwischen Li Dsung-jen und Tang Scheng-dschi auf Hunan übergriff, richteten die kleinen Grundherren des Kreises Tschaling an die Bauern ein Friedensangebot, manche beschenkten die Bauern zu Neujahr sogar mit Schweinefleisch (obwohl sich die Rote Armee zu diesem Zeitpunkt bereits aus Tschaling nach Suitschuan zurückgezogen hatte). Aber nach Beendigung des Krieges zwischen Li Dsung-jen und Tang Scheng-dschi waren solche Dinge nicht mehr zu beobachten. Heute, da sich im ganzen Land die Welle der Konterrevolution erhebt, hängen die Zwischenklassen, die schweren Schlägen ausgesetzt waren, in den weißen Gebieten fast restlos der Feudalherrenklasse an, und die arme Bauernschaft ist isoliert. Das ist tatsächlich eine sehr ernste Frage.[Anmerkung 93]

Der Verrat der Zwischenklassen unter dem Druck materieller Entbehrungen im Alltagsleben. Die miteinander kämpfenden roten und weißen Gebiete stellen gleichsam zwei feindliche Staaten dar. Infolge der vom Feind durchgeführten harten Blockade und unserer fehlerhaften Behandlung des Kleinbürgertums hat der Handel zwischen diesen Gebieten fast gänzlich aufgehört. Es mangelt an Gegenständen des täglichen Bedarfs, wie an Salz, Baumwollstoffen und Medikamenten, und sie sind überdies teuer; die Ausfuhr von Erzeugnissen der bäuerlichen Wirtschaft wie Holz, Tee und Öl wurde unmöglich, den Bauern fließt kein Geld mehr zu, und das alles wirkt sich auf die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit aus. Die arme Bauernschaft kann solche Härten noch eher ertragen, aber die Mittelschichten kapitulieren vor der Feudalherrenklasse, wenn sie es nicht mehr aushalten können. Wenn im Lager der Feudalherren und Militärmachthaber die Zwistigkeiten und Kriege nicht weitergehen, wenn sich die revolutionäre Situation im ganzen Land nicht weiter entwickelt, werden die kleinen Gebiete der selbständigen roten Macht unter einem äußerst starken wirtschaftlichen Druck leiden, und die Möglichkeit ihres längeren Bestehens wird fraglich werden. Denn ein solcher ökonomischer Druck ist nicht nur für die Mittelschichten unerträglich, es besteht sogar die Möglichkeit, daß eines Tages auch die Arbeiter, die armen Bauern und die Rote Armee diesem Druck nicht standhalten können. In den Kreisen Yunghsin und Ninggang gab es kein Salz, ganz verschwunden waren Baumwollstoffe und Medikamente, von allem übrigen gar nicht erst zu reden. Jetzt gibt es wohl Salz im Verkauf, aber es ist äußerst teuer; Baumwollgewebe und Medikamente fehlen nach wie vor. Die Ausfuhr von Holz, Tee und Öl ist immer noch unmöglich, das heißt die Ausfuhr von Produkten, die es im Kreis Ninggang, im Westteil des Kreises Yunghsin und im Nordteil des Kreises Suitschuan (alle diese Gebiete gehören jetzt zum Gebiet der selbständigen Macht) in Hülle und Fülle gibt.[Anmerkung 94]

Kriterium für die Aufteilung des Bodens. Bei der Aufteilung des Bodens galt die Gemeinde als eine Einheit. In Gegenden, wo es mehr gebirgiges Land als Ackerboden gibt, wie beispielsweise im Distrikt Hsiaodjiang, Kreis Yunghsin, galten manchmal drei bis vier Gemeinden als eine Einheit; allerdings gab es sehr wenige solcher Fälle. Der Boden wurde zu gleichen Teilen allen Einwohnern eines jeden Dorfes - Männern und Frauen, alt und jung - zugeteilt. Jetzt haben wir entsprechend den Richtlinien des Zentralkomitees die Arbeitsfähigkeit als Maßstab genommen: Arbeitsfähige erhalten doppelt soviel Boden wie Arbeitsunfähige.[Anmerkung 95]

Die Frage der Zugeständnisse an Bauern auf Eigenland. Diese Frage wurde noch nicht eingehend erörtert. Die Großbauern unter den Bauern auf Eigenland haben von sich aus gefordert, daß für die Aufteilung des Bodens die Produktionskapazität als Maßstab diene, das heißt, diejenigen, die mehr Arbeitskraft und Kapital (landwirtschaftliche Geräte usw.) besitzen, sollten mehr Boden erhalten. Die Großbauern fühlen, daß eine Aufteilung des Bodens zu gleichen Teilen oder nach der Anzahl der Arbeitsfähigen für sie Gleicherweise ungünstig ist. Sie gaben zu verstehen, daß sie höhere Ernten einbringen könnten, da sie gewillt seien, mehr Fleiß aufzubieten und außerdem das Gewicht ihres Kapitals in die Waagschale zu werfen. Deshalb wollten sie nichts davon wissen, wenn ihnen ebenso viel Boden wie allen anderen zugeteilt würde und ihr besonderer Fleiß und ihre Kapitalüberschüsse unbeachtet (ungenutzt) blieben. Hier halten wir uns bei der Aufteilung des Bodens weiterhin an die Richtlinien, die vom Zentralkomitee herausgegeben wurden. Aber diese Frage bedarf dennoch einer Erörterung, über deren Ergebnisse wir berichten werden, wenn wir bestimmte Schlußfolgerungen gezogen haben.

Bodensteuer. Die Bodensteuer, die im Kreis Ninggang erhoben wird, macht 20 Prozent der Ernte aus, was die vom Zentralkomitee festgelegte Norm um 5 Prozent übersteigt. Jetzt, da die Steuereinhebung bereits im Gange ist, wären Änderungen nicht ratsam; allerdings wird die Norm im kommenden Jahr gesenkt. Außerdem gehört je ein Teil der Kreise Suitschuan, Linghsiän und Yunghsin zum Gebiet der selbständigen Macht, alle diese Teile sind in gebirgigen Gegenden gelegen, dort leben die Bauern in solcher Not, daß man davon absehen muß, von ihnen noch Steuern zu holen. Die zur Deckung der Ausgaben der Regierung und der Roten Garde benötigten Mittel pressen wir aus den Tuhao in den weißen Gebieten heraus. Was die Verpflegung der Roten Armee anbelangt, so kann man den Reis vorläufig dem Bodensteueraufkommen im Kreis Ninggang entnehmen, das Geld aber muß man gänzlich aus den Tuhao herauspressen. Im Oktober haben wir während unserer Partisanenoperationen im Kreis Suitschuan mehr als 10000 Yüan beschafft. Eine gewisse Zeit lang reicht dieses Geld, dann wird man weitersehen.

Die Frage der politischen Macht

Die Organe der politischen Macht der Volksmassen in den Kreisen, Distrikten und Gemeinden sind überall geschaffen, aber die Bezeichnung entspricht nicht ihrem Wesen. An vielen Orten gibt es keine Deputiertenräte der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Die Exekutivkomitees der Machtorgane der Gemeinden, der Distrikte und sogar der Kreise werden alle auf einer Art Massenkundgebung gewählt. Solche Massenkundgebungen, die aus einer momentanen Betriebsamkeit Zustandekommen, machen eine Erörterung der Fragen unmöglich und tragen zur politischen Schulung der Massen nicht bei; außerdem sind solche Kundgebungen sehr geeignet, von Intellektuellen oder Karrieristen manipuliert zu werden. An einigen Orten existieren die Deputiertenräte, die aber lediglich als zeitweilige Organe zur Wahl der Exekutivkomitees angesehen werden; nach den Wahlen konzentriert sich die ganze Macht in den Komitees, und an die Räte denkt keiner mehr. Nicht, daß wir überhaupt keine Deputiertenräte der Arbeiter, Bauern und Soldaten hätten, die ihrer Bezeichnung entsprächen; es gibt solche, aber es sind nur sehr wenige. Das erklärt sich eben aus dem Mangel an Propaganda und Aufklärung über diese neue politische Einrichtung - den Deputiertenrat. Die üblen Praktiken der Diktatur und Willkür aus der Feudalepoche haben sich den Volksmassen und sogar den einfachen Parteimitgliedern so tief ins Bewußtsein eingeprägt, daß sie nicht von heute auf morgen beseitigt werden können; beim Auftauchen von Fragen pflegen die Menschen zu ihrer Lösung den bequemsten Weg zu wählen und haben kein Gefallen an dem umständlichen demokratischen System. Das System des demokratischen Zentralismus wird sich in den Massenorganisationen erst dann überall und richtig einbürgern, wenn es seine Wirksamkeit im revolutionären Kampf an den Tag gelegt und die Massen zu der Einsicht gebracht hat, daß es die Kräfte der Volksmassen am besten mobilisiert und ihrem Kampf am meisten förderlich ist. Wir arbeiten jetzt ein ausführliches organisatorisches Statut über die Deputiertenräte aller Stufen aus (gemäß den allgemeinen Richtlinien des Zentralkomitees), um die Fehler der Vergangenheit allmählich zu korrigieren. In der Roten Armee sind wir jetzt im Begriff, die Deputiertenräte der Soldaten aller Stufen ebenfalls als regelmäßig funktionierende Organe zu errichten, um den früheren Fehler zu korrigieren, der darin bestand, daß es nur Soldatenkomitees, aber keine Deputiertenräte der Soldaten gab.

Unter der im Volk jetzt allgemein bekannten Bezeichnung "Regierung der Arbeiter, Bauern und Soldaten" wird das Exekutivkomitee verstanden, weil die Menschen die Macht der Deputiertenräte noch nicht kennen und glauben, nur die Exekutivkomitees seien die wahre Macht. Ein Exekutivkomitee, das sich nicht auf einen Deputiertenrat stützt, entscheidet häufig die Angelegenheiten, ohne Rücksicht auf die Meinungen der Massen zu nehmen, und überall sind Fälle festzustellen, in denen die Exekutivkomitees Unschlüssigkeit und Kompromißlertum in Fragen der Beschlagnahme und der Aufteilung des Bodens zeigen, ihre Fonds verschwenden bzw. unterschlagen, aus Angst vor den weißen Kräften zurückweichen oder sich nur unentschlossen auf den Kampf mit ihnen einlassen. Überdies treten die Exekutivkomitees nur selten zu Vollversammlungen zusammen, und alle Angelegenheiten werden von den ständigen Ausschüssen entschieden. In den Machtorganen der Distrikte und Gemeinden treten auch die ständigen Ausschüsse selten zusammen, und die Angelegenheiten werden je nachdem getrennt vom Vorsitzenden, vom Sekretär, vom Kassierer bzw. vom Kommandeur der Abteilung der Roten Garde (oder der Abteilung der Aufständischen) geregelt und entschieden; diese vier arbeiten auch ständig im Büro des Komitees. So ist das Prinzip des demokratischen Zentralismus nicht einmal in der Arbeit der Machtorgane üblich geworden.

Anfänglich rissen sich die kleinen Grundherren und die Großbauern darum, in die Exekutivkomitees, insbesondere in die der Gemeinden, einzudringen. Indem sie rote Binden anlegten und einen ungewöhnlichen Enthusiasmus vortäuschten, brachten sie es durch Betrug fertig, sich in die Exekutivkomitees einzuschleichen und alles unter ihre Kontrolle zu stellen, wobei sie die Mitglieder der Komitees aus der armen Bauernschaft in einfache Statisten verwandelten. Und die Beseitigung solcher Menschen aus den Komitees gelingt nur, wenn man ihnen im Verlauf des Kampfes die lügnerische Maske herunterreißt und die arme Bauernschaft ihre Macht zur Geltung bringt. Derartige Erscheinungen wurden schon an vielen Orten festgestellt, wenn auch nicht überall.

Die Partei erfreut sich unter den Massen einer gewaltigen Autorität, während die Machtorgane viel weniger Autorität genießen. Das kommt daher, daß die Partei aus Bequemlichkeit viele Fragen selbst, über die Köpfe der Machtorgane hinweg, entscheidet. Solche Fälle kommen sehr häufig vor. Parteigruppen der leitenden Funktionäre in den Machtorganen gibt es mancherorts noch nicht, und dort, wo es solche gibt, werden sie unzureichend ausgenutzt. Von nun an muß die Partei die Aufgabe erfüllen, die Machtorgane anzuleiten; Vorschläge und Empfehlungen der Partei - nicht aber die Propaganda - müssen durch die Machtorgane durchgeführt werden. Man muß die verwerfliche Praxis der Kuomintang, ihre Befehle unmittelbar den Regierungsorganen zu diktieren, vermeiden.

Fragen der Parteiorganisation

Der Verlauf des Kampfes gegen den Opportunismus. Man kann sagen, daß vor und nach den Ereignissen des 21. Mai die Parteiorganisationen in den Kreisen des Grenzgebiets in den Händen der Opportunisten waren. In dem Augenblick, als die Konterrevolution zuschlug, wurde in seltenen Fällen der entschlossene Kampf gegen sie aufgenommen. Im Oktober vorigen Jahres, als die Rote Armee (das I. Regiment der I. Division des I. Korps der Revolutionären Arbeiter- und Bauernarmee) in die Kreise des Grenzgebiets kam, gab es dort nur noch einige wenige Parteimitglieder, die sich vor den Verfolgungen versteckt hielten, während die Parteiorganisationen restlos vom Feind zerschlagen waren. Die Zeit von November vorigen Jahres bis April dieses Jahres war eine Periode des Wiederaufbaus der Parteiorganisationen, und ab Mai setzte die Periode ihres stürmischen Wachstums ein. Seit einem Jahr sind noch überall in der Partei Erscheinungen des Opportunismus zu beobachten: Ein Teil der Parteimitglieder zeigte keine Entschlossenheit zum Kampf und versteckte sich beim Nahen des Feindes tief in die Berge, was "sich in den Hinterhalt legen" genannt wurde; andere dagegen glitten in ihrem Aktivitätsdrang auf den Weg des blinden Putschismus ab. Alles das sind Äußerungen kleinbürgerlicher Ideologie. Nach einer längeren Zeit der Stählung im Kampf und der innerparteilichen Erziehung sind allmählich immer weniger derartige Erscheinungen zu verzeichnen. Diese kleinbürgerliche Ideologie fand sich zur gleichen Zeit auch in der Roten Armee. Beim Angriff des Feindes wurde vorgeschlagen, entweder einen rücksichtslosen Kampf aufzunehmen oder die Flucht zu ergreifen. Häufig war es der Fall, daß bei der Erörterung von Fragen der Kampfoperationen die beiden Meinungen von ein und derselben Person geäußert wurden. Erst im Verlauf eines langwierigen innerparteilichen Kampfes und durch Lehren, die aus objektiven Tatsachen gezogen wurden - wenn beispielsweise ein rücksichtsloser Kampf zu Verlusten und die Flucht zur Niederlage geführt hat -, besserte sich allmählich die Lage.

Lokale Beschränktheit. Die Wirtschaft des Grenzgebiets ist eine Agrarwirtschaft, die hier und da noch in dem Stadium des Mörsers und Stößels zurückgeblieben ist (in den Berggebieten wendet man zum Schälen von Reis im wesentlichen Mörser und Stößel an, in den Ebenen gibt es hingegen viele Stampfvorrichtungen mit Fußbetrieb). Die Einheit der sozialen Organisation ist überall die Sippe, deren Angehörige denselben Familiennamen tragen. Die Parteiorganisationen in den Dörfern sind mit Rücksicht auf den Wohnsitz ihrer Mitglieder aufgebaut worden, daher stellt es sich häufig heraus, daß die Parteizelle aus Menschen mit dem gleichen Familiennamen besteht und daß die Versammlung der Parteizelle einfach eine Sippenversammlung darstellt. Unter diesen Umständen ist es wirklich äußerst schwierig, eine "kämpferische bolschewistische Partei" zu schaffen. Wenn den Menschen gesagt wird, daß es für die Kommunistische Partei keine Staats- und Provinzgrenzen gibt, können sie sich das kaum vorstellen; ebenso ist es ihnen ziemlich unklar, daß es für sie weder Kreis- noch Distrikts- und Gemeindegrenzen gibt. Die lokale Beschränktheit äußert sich sehr stark in den Beziehungen zwischen den Kreisen. Sie macht sich auch in starkem Maße in den Beziehungen zwischen den Distrikten und sogar zwischen den Gemeinden ein und desselben Kreises bemerkbar. Bei der Überwindung der lokalen Beschränktheit können Auseinandersetzungen bestenfalls nur sehr geringe Ergebnisse zeitigen; wesentlich aber hilft uns dabei objektiv der Druck der weißen Kräfte, der keinerlei lokale Beschränktheit kennt. So haben beispielsweise die "vereinten Ausrottungsfeldzüge" der konterrevolutionären Kräfte zweier Provinzen bewirkt, daß sich die Volksmassen im Kampf gegen sie ihrer gemeinsamen Interessen bewußt wurden, und nur auf diese Weise konnte ihre lokale Beschränktheit nach und nach liquidiert werden. Dank einer ganzen Reihe derartiger Lehren sind die Erscheinungen der lokalen Beschränktheit seltener geworden.

Die Frage der eingesessenen und der zugewanderten Bevölkerung. In den Kreisen des Grenzgebiets gibt es noch eine besondere Erscheinung: das ist die Kluft zwischen der eingesessenen und der zugewanderten Bevölkerung. zwischen der örtlichen Stammbevölkerung und den Nachkommen der Einwanderer, die vor einigen hundert Jahren aus dem Norden zugewandert sind, besteht eine tiefe Kluft, herrscht eine starke traditionelle Feindschaft, die zuweilen in einen erbitterten Kampf ausartet. Diese zugewanderte Bevölkerung, die sich von der Grenze zwischen den Provinzen Fukien und Kuangtung entlang der Grenze zwischen den Provinzen Hunan und Kiangsi bis zum Südteil der Provinz Hupeh angesiedelt hat, zählt einige Millionen. Die Zugewanderten, die sich in den Bergen niedergelassen hatten, wurden von der Stammbevölkerung, die die Ebenen besiedelte, unterdrückt und waren immer politisch rechtlos. Die nationale Revolution der letzten beiden Jahre wurde von der zugewanderten Bevölkerung freudig begrüßt, in der Annahme, daß nun die Zeit anbrechen würde, da sie ihren Kopf hochhalten könnten. Aber zu ihrer Enttäuschung erlitt die Revolution eine Niederlage, und die zugewanderten werden nach wie vor von der Stammbevölkerung unterdrückt. In unserem Gebiet, in den Kreisen Ninggang, Suitschuan, Linghsiän und Tschaling, stößt man überall auf die Frage der Beziehungen zwischen der Stammbevölkerung und der zugewanderten Bevölkerung, wobei diese Frage im Kreis Ninggang außerordentlich schwerwiegend ist. 1926/27 stürzte der revolutionär gesinnte Teil der Stammbevölkerung des Kreises Ninggang, nachdem er sich mit der zugewanderten Bevölkerung vereinigt hatte, unter Führung der Kommunistischen Partei die Macht der eingesessenen Feudalherren und bemächtigte sich des ganzen Kreises. Im Juni vorigen Jahres wandte sich die Regierung der Provinz Kiangsi unter Dschu Pe-dö gegen die Revolution, im September führten die Feudalherren die Truppen Dschu Pe-dös zum "Ausrottungsfeldzug" nach Ninggang und schürten erneut den Konflikt zwischen der Stammbevölkerung und der zugewanderten Bevölkerung. Theoretisch sollte eigentlich eine solche Kluft zwischen Ortsansässigen und Zugewanderten nicht in die ausgebeuteten Klassen der Arbeiter und Bauern hineinreichen, erst recht nicht in die Kommunistische Partei. Aber in der Tat besteht diese Kluft als Erbübel aus vielen Jahren weiter. Hier ein Beispiel: Nach unserer Augustniederlage kehrten die Feudalherren aus der Stammbevölkerung mit reaktionären Truppen nach Ninggang zurück und verbreiteten das Gerücht, die zugewanderte Bevölkerung werde die Stammbevölkerung niedermetzeln; die meisten Bauern aus der Stammbevölkerung gingen auf die Seite des Feindes über, legten weiße Binden an und dienten den weißen Truppen bei den Brandstiftungen und Razzien in den Bergen als Wegweiser. Als aber die Rote Armee im Oktober und November die Weißen in die Flucht schlug, flohen die Bauern der Stammbevölkerung zusammen mit den Reaktionären, und nun waren es die Bauern der zugewanderten Bevölkerung, die das Eigentum der Geflüchteten beschlagnahmten. Diese Sachlage, die ihre Widerspiegelung innerhalb der Partei findet, führt oft zu sinnlosen Konflikten. Unsere Methode zur Lösung dieser Frage läuft auf folgendes hinaus: Einerseits erklären wir in unserer Aufklärungspropaganda, daß "die zum Feind übergelaufenen Bauern nicht getötet werden" und daß "ein übergelaufener Bauer, falls er zurückkehrt, ebenso wie die anderen Boden erhält"; auf diese Weise helfen wir den übergelaufenen Bauern, sich von dem Einfluß der Feudalherren frei zu machen und beruhigt nach Hause zurückzukehren. Andererseits sollen die Machtorgane der Kreise die Bauern der zugewanderten Bevölkerung verpflichten, den früheren Besitzern ihr Eigentum zurückzugeben, und eine Bekanntmachung herausgeben, wonach die Bauern der Stammbevölkerung unter Schutz genommen würden. In der Partei aber verstärken wir die Erziehungsarbeit, um unbedingt den Zusammenschluß der Parteimitglieder, die den beiden Gruppen angehören, zu erzielen.

Der Verrat der Karrieristen. In der Periode des Aufschwungs der Revolution (Juni) schlichen sich viele Karrieristen unter Ausnutzung der offenen Werbung von Parteimitgliedern in die Partei ein, so daß die Anzahl der Parteimitglieder im Grenzgebiet bald über zehntausend hinausging. Die leitenden Funktionäre der Zellen und der Distriktskomitees waren überwiegend neue Parteimitglieder, und deshalb konnte eine gute innerparteiliche Erziehung nicht zustande kommen. Mit Einbruch des weißen Terrors verrieten uns die Karrieristen und dienten den Reaktionären als Führer bei der Verfolgung unserer Genossen, mit dem Ergebnis, daß der größte Teil der Parteiorganisationen in den weißen Gebieten aufflog. Nach dem September gingen wir tatkräftig daran, die Partei zu säubern, und legten strenge Maßstäbe für die Zugehörigkeit zur Partei fest. In den Kreisen Yunghsin und Ninggang wurden die Parteiorganisationen völlig aufgelöst, und es wurde eine Neuregistrierung durchgeführt. Die Anzahl der Parteimitglieder ging stark zurück, dafür aber wuchs die Kampfkraft der Parteiorganisationen. In der Vergangenheit waren alle Parteiorganisationen offen gewesen, aber nach dem September wurden Geheimorganisationen geschaffen, die selbst nach dem Einfall reaktionärer Kräfte ihre Tätigkeit fortsetzen können. Gleichzeitig haben wir uns bemüht, auf allen möglichen Wegen in die weißen Gebiete einzudringen, um im Lager des Feindes selbst unsere Tätigkeit zu entfalten. Allein in den nahegelegenen Städten ist noch keine Grundlage für den Parteiaufbau vorhanden, weil erstens der Feind in den Städten relativ stark ist und weil zweitens unsere Truppen während der Besetzung dieser Städte zu sehr die Interessen der Bourgeoisie verletzt haben, so daß es unseren Parteimitgliedern schwerfällt, dort Fuß zu fassen. Jetzt korrigieren wir diese Fehler und machen die größten Anstrengungen, in den Städten unsere Organisationen zu schaffen, haben jedoch vorläufig noch nicht viel erreicht.

Die leitenden Parteiorgane. Die Büros der Zellen sind in Komitees umbenannt worden. Über der Zelle steht das Distriktskomitee und über dem Distriktskomitee das Kreiskomitee. Unter besonderen Umständen werden Sonderdistriktskomitees als Zwischenglied zwischen den Distrikts- und Kreiskomitees geschaffen; das sind zum Beispiel das Nord-Sonderdistriktskomitee und das Südost-Sonderdistriktskomitee des Kreises Yunghsin. Insgesamt gibt es im Grenzgebiet fünf Kreiskomitees: in Ninggang, Yunghsin, Liänhua, Suitschuan und Linghsiän. Ein Kreiskomitee bestand früher auch in Tschaling, aber da die Arbeit dort nicht Wurzel fassen konnte, wurde der größere Teil der im vergangenen Winter und in diesem Frühjahr geschaffenen Organisationen von den weißen Kräften zerschlagen, und im letzten halben Jahr vermochten wir nur in den Berggebieten zu arbeiten, die an die Kreise Ninggang und Yunghsin angrenzen; deshalb wurde das Kreiskomitee in Tschaling in ein Sonderdistriktskomitee umgewandelt. In die Kreise Yuhsiän und Anjen gelangt man nur über Tschaling. Wir schickten Menschen dahin, aber sie kehrten unverrichteterdinge zurück. Das Kreiskomitee von Wan-an hat mit uns im Januar dieses Jahres eine gemeinsame Sitzung in Suitschuan abgehalten, danach war es durch die weißen Kräfte über ein halbes Jahr lang von uns abgeschnitten, und erst im September, als Einheiten der Roten Armee während ihrer Partisanenaktionen in den Kreis Wan-an einzogen, gelang es uns, ein zweites Mal mit ihm Verbindung aufzunehmen. Zusammen mit unseren Einheiten gingen von dort 80 revolutionäre Bauern nach dem Djinggang Gebirge, und aus ihnen ist die Abteilung der Roten Garde von Wan-an geschaffen worden. Im Kreis Anfu gibt es keine Parteiorganisationen. Das Parteikomitee des Kreises Dji-an, der dem Kreis Yunghsin benachbart ist, hat nur zweimal Verbindung mit uns aufgenommen und uns keinerlei Hilfe geleistet. Das ist in höchstem Maße sonderbar. Im Gebiet von Schatiän, Kreis Guidung, wurde die Aufteilung des Bodens zweimal - im März und im August durchgeführt, es wurden Parteiorganisationen geschaffen, die dem Südhunaner Sonderkomitee mit dem Zentrum in Lunghsischidung unterstellt sind. Die Kreiskomitees des Grenzgebiets Hunan-Kiangsi sind dem Sonderkomitee dieses Gebiets unterstellt. Am 20. Mai wurde in Maoping, Kreis Ninggang, der 1. Parteitag des Grenzgebiets durchgeführt, der zum erstenmal dieses Sonderkomitee, bestehend aus 23 Genossen mit Mao Tse-tung als Sekretär, wählte. Im Juli wurde vom Hunaner Provinzparteikomitee Yang Kai-ming geschickt, der als kommissarischer Sekretär eingesetzt wurde. Im September erkrankte Yang Kai-ming, und an seine Stelle trat Tan Dschen-lin. Im August, als die Hauptmasse der Roten Armee nach Südhunan abgerückt war und die weißen Kräfte einen starken Druck auf das Grenzgebiet ausübten, führten wir in Yunghsin eine außerordentliche Beratung durch. Als dann die Rote Armee im Oktober nach Ninggang zurückgekehrt war, wurde in Maoping der 2. Parteitag des Grenzgebiets einberufen. Auf diesem Parteitag, der am 14. Oktober eröffnet wurde und drei Tage dauerte, wurden die Resolution "Die politischen Fragen und die Aufgaben der Parteiorganisation des Grenzgebiets" und andere Beschlüsse angenommen sowie folgende 19 Genossen in das neue Sonderkomitee des Grenzgebietes gewählt: Tan Dschen-lin, Tschu Teh, Tschen Yi, Lung Tschao-tjing, Dschu Tschang-djiä, Liu Tiän-tjiän, Yüan Pan-dschu, Tan Si-tsung, Tan Bing, Li Hsi-fe, Sung Yi-yüä, Yüan Wen-tsai, Wang Dsuo-nung, Tschen Dscheng-jen, Mao Tse-tung, Wan Hsi-hsiän, Wang Dsuo, Yang Kai-ming und Ho Ting-ying. In den ständigen Ausschuß wurden fünf Genossen mit Tan Dschen-lin (Arbeiter) als Sekretär und Tschen Dscheng-jen (Intellektueller) als stellvertretendem Sekretär gewählt. Am 14. November trat der VI. Parteitag des 4. Korps der Roten Armee zusammen, auf dem das Korpskomitee, bestehend aus 23 Genossen, und der ständige Ausschuß, bestehend aus 5 Genossen mit Tschu Teh als Sekretär, gewählt wurden. Das Sonderkomitee des Grenzgebiets und das Korpskomitee unterstehen dem Frontkomitee. Dem Frontkomitee, das am 6. November reorganisiert wurde, gehören laut Weisung des Zentralkomitees der Partei folgende 5 Genossen an: Mao Tse-tung, Tschu Teh, der Sekretär der örtlichen Parteiorganisation (Tan Dschen-lin), ein Genosse aus den Reihen der Arbeiter (Sung Tjiao-scheng) und ein Genosse aus den Reihen der Bauern (Mao Kö-wen), mit Mao Tse-tung als Sekretär. Im Frontkomitee wurden provisorisch eingerichtet: das Sekretariat, die Propagandaabteilung, die Organisationsabteilung, eine Kommission für die Gewerkschaftsbewegung und eine Militärkommission. Das Frontkomitee leitet die örtlichen Parteiorganisationen. Die Existenz des Sonderparteikomitees des Grenzgebiets bleibt trotzdem notwendig, da das Frontkomitee zuweilen mit den Truppen unterwegs sein muß. Wir sind uns bewußt, daß die Frage der führenden Rolle der proletarischen Ideologie äußerst wichtig ist. Die Parteiorganisationen in den Kreisen des Grenzgebiets bestehen fast ausschließlich aus Bauern, und ohne die proletarische ideologische Führung werden sie eine falsche Richtung einschlagen. Abgesehen davon, daß man der Gewerkschaftsbewegung in den Kreisstädten und in großen Marktflecken starke Beachtung schenken muß, ist die Anzahl der Arbeitervertreter in den Machtorganen zu erhöhen. Ebenso ist es notwendig, den Anteil der Arbeiter und der armen Bauern in den leitenden Parteiorganen auf allen Ebenen zu vergrößern.

Die Frage des Charakters der Revolution

Wir sind mit der Resolution der Kommunistischen Internationale über die chinesische Frage voll und ganz einverstanden. Gegenwärtig durchlebt China tatsächlich noch das Stadium der bürgerlichdemokratischen Revolution. Das Programm der konsequenten demokratischen Revolution in China schließt ein: auf außenpolitischem Gebiet - Sturz des Imperialismus und damit vollständige nationale Befreiung; auf innenpolitischem Gebiet - Liquidierung der Macht der Kompradorenklasse in der Stadt, Vollendung der Agrarrevolution zur Vernichtung der Feudalverhältnisse im Dorf und Sturz der Regierung der Militärmachthaber. Nur durch eine solche demokratische Revolution kann die wahre Grundlage für den Übergang zum Sozialismus geschaffen werden. Während wir seit einem Jahr die verschiedensten Gebiete kämpfend durchziehen, spüren wir zutiefst das Abebben der revolutionären Flut im ganzen Land. Einerseits besteht in wenigen kleinen Gebieten die rote Macht; andererseits genießt das Volk in seiner Gesamtheit noch nicht die üblichen demokratischen Rechte, die Arbeiter, die Bauern und sogar die demokratischen Kreise der Bourgeoisie besitzen keine Rede- und Versammlungsfreiheit, die Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei gilt als schwerstes Verbrechen. Wohin auch die Rote Armee kommt, überall verhalten sich die Massen teilnahmslos und passiv, und erst nachdem eine Agitationsarbeit geleistet worden ist, treten sie nach und nach in Aktion. Auf welche Teile des Gegners wir auch stoßen, wir müssen einen erbitterten Kampf mit ihnen ausfechten; Fälle des Überlaufens auf unsere Seite oder Aufstände innerhalb der gegnerischen Armee gibt es nicht. So steht es sogar auch um das 6. Korps des Gegners, das nach den Ereignissen des 21. Mai die meisten "Aufrührer" angeworben hat. Wir fühlen uns stark isoliert und sehnen uns die ganze Zeit nach dem Ende dieses Zustands. Doch der Weg zum stürmischen Aufschwung der Revolution im ganzen Land verläuft unbedingt über die Entfaltung des politischen und ökonomischen Kampfes für die Demokratie unter Einbeziehung des städtischen Kleinbürgertums in diesen Kampf.

Die Politik gegenüber dem Kleinbürgertum wurde von uns bis Februar dieses Jahres verhältnismäßig richtig durchgeführt. Im März kam ein Vertreter des Südhunaner Sonderkomitees nach Ninggang, der uns kritisierte, weil wir angeblich zu weit nach rechts abgewichen seien, weil wir zu wenig niederbrannten und töteten und nicht die sogenannte Politik durchführten, "die Kleinbürger in Proletarier umzuwandeln und sie dann zum Anschluß an die Revolution zu zwingen". Infolgedessen wurde die Leitung des Frontkomitees umbesetzt und unsere Politik geändert. Im April, als das ganze Korps in das Grenzgebiet kam, wurde zwar auch weiterhin wenig niedergebrannt und getötet, aber mit außerordentlicher Härte wurden die Beschlagnahme des Vermögens der mittleren Kaufleute in den Städten und die Zwangsbesteuerung der kleinen Grundherren und der Großbauern in den Dörfern durchgeführt. Die Losung des Südhunaner Sonderkomitees "Alle Betriebe den Arbeitern!" wurde ebenfalls weit und breit propagiert. Diese linksradikale Politik, die gegen die Kleinbürger gerichtet war, drängte die meisten von ihnen auf die Seite der Feudalherren und trieb sie dazu, weiße Binden anzulegen und den Kampf gegen uns aufzunehmen. In der letzten Zeit jedoch hat sich die Lage infolge der allmählichen Änderung dieser Politik etwas gebessert. Besonders im Kreis Suitschuan wurden gute Ergebnisse erzielt, die Kaufleute in der Kreisstadt und in den Marktflecken meiden uns nicht mehr aus Angst, und es gibt recht viele von ihnen, die sogar Gutes von der Roten Armee zu erzählen wissen. In Tsaolinhsü (wo alle drei Tage mittags ein Markt abgehalten wird) kommen bis zu 20000 Menschen auf dem Marktplatz zusammen, was früher nie vorgekommen ist. Diese Tatsache zeugt davon, daß wir die richtige Politik eingeschlagen haben. Die Steuern und Abgaben, die die Feudalherren der Bevölkerung auferlegt hatten, waren sehr drückend; auf der 70 Li langen Landstraße zwischen Huang-ao und Tsaolin wurde vom Suitschuaner Befriedungskorps[Anmerkung 96] fünfmal Zoll erhoben, und kein landwirtschaftliches Erzeugnis blieb davon verschont. Wir zerschlugen dieses Befriedungskorps, hoben den Zoll auf und erwarben damit die Unterstützung aller Bauern, der mittleren und der kleinen Händler.

Das Zentralkomitee hat uns aufgefordert, ein politisches Programm zu veröffentlichen, das auch den Interessen des Kleinbürgertums Rechnung trägt, und wir schlagen unsererseits dem Zentralkomitee vor, als Richtlinie für die örtlichen Organisationen ein politisches Programm für die gesamte demokratische Revolution auszuarbeiten, das die Interessen der Arbeiter, die Agrarrevolution und die nationale Befreiung in Betracht zieht.

Ein besonderes Merkmal der Revolution in China, das in der Hauptsache ein Agrarland ist, besteht darin, daß man Aufstände mit militärischen Kräften entwickelt. Wir machen den Vorschlag, das Zentralkomitee möge sich energisch mit der militärischen Tätigkeit befassen.

Die Frage der Gebiete der selbständigen Macht

Das Gebiet, das sich vom Nordteil der Provinz Kuangtung entlang der Grenze der Provinzen Hunan und Kiangsi bis zum Südteil der Provinz Hupeh erstreckt, liegt gänzlich im Bereich der Luohsiao Gebirgskette. Wir haben das ganze Luohsiao-Gebirgsland durchstreift, und wenn man seine verschiedenen Teile miteinander vergleicht, so ist sein mittlerer Teil mit dem Zentrum in Ninggang am günstigsten geeignet für unsere bewaffnete selbständige Macht. Der Nordteil der Gebirgskette ist mit dem zentralen Teil nicht zu vergleichen, dessen Geländeverhältnisse sowohl für Angriff als auch für Verteidigung günstig sind; außerdem liegt der Nordteil zu nahe bei den großen politischen Zentren, und wenn uns keine Pläne für die rasche Eroberung von Tschangscha oder Wuhan vorliegen, ist die Unterbringung des größeren Teils unserer militärischen Kräfte im Gebiet der Kreise Liuyang, Liling, Pinghsiang und Tunggu äußerst riskant. Im Südteil der Gebirgskette sind die Geländeverhältnisse für uns günstiger als im Nordteil, aber die Massenbasis ist hier schwächer als im Zentralteil, und die politischen Einflüsse, die von hier aus auf die Provinzen Hunan und Kiangsi ausgeübt werden können, sind beschränkter als im Zentralteil, wo wir bei unseren Operationen mit jedem Zug die am Unterlauf des Hsiang-Flusses bzw., des Gan-Flusses gelegenen Teile der beiden Provinzen beeinflussen können. Vorzüge des zentralen Teils der Luohsiao-Gebirgskette: 1. Es gibt da eine Massenbasis, an der wir über ein Jahr gearbeitet haben; 2. die Parteiorganisationen stützen sich auf eine relativ feste Grundlage; 3. es bestehen örtliche bewaffnete Kräfte, die im Verlauf von mehr als einem Jahr geschaffen wurden und über reiche Kampferfahrungen verfügen - ein Erfolg, wie wir ihn nur selten erzielen konnten; diese Kräfte bilden, unterstützt von dem 4. Korps der Roten Armee, eine Macht, die kein Feind zu vernichten vermag; 5. hier befindet sich ein vortrefflicher militärischer Stützpunkt - das Djinggang-Gebirge, und Stützpunkte der örtlichen bewaffneten Kräfte sind in allen Kreisen vorhanden; 6. es ist möglich, Einfluß auf die beiden Provinzen und die Gebiete am Unterlauf ihrer Flüsse auszuüben; im Vergleich zu Südhunan oder Südkiangsi, von wo aus man jeweils nur auf eine Provinz, und zwar nur auf die Gebiete am Oberlauf der Flüsse und auf entlegene Gebiete der jeweiligen Provinz Einfluß ausüben kann, ist das Gebiet des zentralen Teils der Luohsiao-Gebirgskette von unvergleichlich größerer politischer Bedeutung. Nachteile dieses Teils bestehen in außerordentlichen ökonomischen Schwierigkeiten, besonders im Hinblick auf Bargeld, weil er bereits lange Zeit unter der selbständigen Macht gestanden hat und ringsum starke Kräfte des Feindes zu "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzügen" konzentriert sind.

Im Laufe weniger Wochen des Juni und des Juli änderte das Hunaner Provinzparteikomitee dreimal seine Stellung zu dem Aktionsplan im Grenzgebiet. Das erstemal kam Yüan Dö-scheng zu uns und billigte den Plan, die Macht im zentralen Teil der Luohsiao Gebirgskette zu schaffen. Das zweitemal kamen Du Hsiu-djing und Yang Kai-ming mit der Anweisung, die Rote Armee solle, ohne auch nur im geringsten zu zögern, den Vormarsch nach Südhunan antreten und nur einen Truppenteil mit Zoo Gewehren zurücklassen, der zusammen mit den Abteilungen der Roten Garde das Grenzgebiet schützen sollte, und sie erklärten, das sei der "absolut richtige" Kurs. Das drittemal, nur zehn Tage später, kam erneut Yüan Dö-scheng. Diesmal wurde uns in einem Schreiben, in dem wir mit Beschimpfungen überschüttet wurden, die Anweisung gegeben, die Rote Armee nach Osthunan in Marsch zu setzen, wobei wiederum betont wurde, das sei der "absolut richtige" Kurs und wir sollten handeln, "ohne auch nur im geringsten zu zögern". Als wir solche kategorischen Anweisungen erhielten, gerieten wir tatsächlich in ein Dilemma: Sich nicht fügen grenzte an Gehorsamverweigerung, sich fügen bedeutete eine ganz sichere Niederlage herbeiführen. Nach Erhalt des zweiten Briefes wurde eine gemeinsame Sitzung des Korpskomitees, des Sonderkomitees und des Yunghsiner Kreiskomitees einberufen. Diese Sitzung betrachtete den Marsch nach Südhunan als gefährlich und beschloß, die Direktive des Provinzparteikomitees nicht auszuführen. Einige Tage später verleiteten Du Hsiu-djing und Yang Kai-ming, die sich auf den Standpunkt des Provinzparteikomitees versteiften, unter Ausnutzung der Heimwehstimmungen im 29. Regiment, die Rote Armee zu einem Angriff auf Tschendschou; das Resultat war, daß sowohl das Grenzgebiet als auch die Rote Armee eine Niederlage erlitten. Die Rote Armee verlor rund die Hälfte ihres Bestands. Im Grenzgebiet wurden unzählige Häuser niedergebrannt und zahllose Menschen niedergemetzelt, die Kreise fielen einer nach dem anderen dem Feind in die Hand, und es ist uns bis jetzt noch nicht gelungen, sie alle zurückzuerobern. Was den Marsch nach Osthunan betrifft, darf man - solange das Regime der Feudalherren der Provinzen Hunan, Hupeh und Kiangsi noch nicht gespalten ist - die Hauptkräfte der Roten Armee unter keinen Umständen dorthin schicken. Wäre der Julifeldzug nach Südhunan nicht unternommen worden, so wäre es uns gelungen, nicht nur die Augustniederlage im Grenzgebiet zu vermeiden, sondern auch die Rauferei zwischen dem 6. Korps der Kuomintang und den Truppen Wang Djüns bei Dschangschu in der Provinz Kiangsi auszunutzen, um die Truppenteile des Feindes in Yunghsin zu zerschlagen und die Kreise Dji-an und Anfu aufzurollen; da hätte unsere Vorhut Pinghsiang erreichen und die Verbindung mit dem 5. Korps der Roten Armee herstellen können, das im Nordteil der Gebirgskette operierte. Aber selbst in diesem Fall hätte man Ninggang als Hauptstützpunkt behalten müssen und nach Osthunan nur Partisaneneinheiten schicken dürfen. Da es im Lager der Feudalherren noch nicht zum Krieg gekommen ist und sich noch starke Truppenteile des Feindes in den Kreisen Pinghsiang, Tschaling und Yuhsiän an der Grenze der Provinz Hunan befinden, wäre die Verlegung unserer Hauptkräfte nach Norden unweigerlich vom Feind ausgenutzt worden. Das Zentralkomitee gab uns die Anweisung, ein Vorrücken nach Ost- oder Südhunan zu überlegen, aber die Verwirklichung dieses Planes wäre in beiden Fällen sehr gefährlich gewesen. zwar haben wir nicht versucht, die Osthunan-Variante zu verwirklichen, dafür erwies sich die Erfahrung der Südhunan-Variante als überzeugend genug. An diese bittere Lehre sollten wir stets denken.

Gegenwärtig befinden wir uns in einer Periode, wo das Regime der Feudalherrenklasse noch nicht gespalten ist, und die "Ausrottungs"-Truppen des Feindes, die das Grenzgebiet eingeschlossen haben, zählen immer noch über zehn Regimenter. Aber wenn es uns gelingt, auch künftig Wege zur Beschaffung von Bargeld ausfindig zu machen (Lebensmittel und Kleidung sind für uns kein brennendes Problem mehr), dann werden wir, gestützt auf die von uns im Grenzgebiet geschaffene Grundlage, imstande sein, mit diesen und sogar noch größeren Kräften des Feindes fertig zu werden. Was das Grenzgebiet betrifft, wird es sofort erneut solchen Verwüstungen, wie sie im August waren, ausgesetzt sein, falls die Rote Armee abzieht. Wenn auch die Abteilungen der Roten Garde nicht völlig vernichtet sein werden, so würden doch die Basis der Parteiorganisationen und unsere Basis unter den Massen stark zerstört werden, und abgesehen von einigen Gebieten der selbständigen Macht in den Bergen, die verschont bleiben können, würden wir alle in den Ebenen genau so wie im August und September in die Illegalität gehen müssen. Rückt jedoch die Rote Armee nicht ab, dann kann man, gestützt auf die von uns bereits geschaffene Grundlage, allmählich das Territorium unseres Gebiets nach allen Richtungen erweitern, und die Perspektiven in dieser Hinsicht sind überaus vielversprechend. Wenn wir die Rote Armee vergrößern wollen, müssen wir in der Umgebung des Djinggang-Gebirges, nämlich in den Kreisen Ninggang, Yunghsin, Linghsiän und Suitschuan, wo wir eine Massenbasis haben, einen langwierigen Kampf gegen den Feind führen, wobei wir den Umstand ausnutzen müssen, daß die Interessen der feindlichen Kräfte Hunans und Kiangsis auseinandergehen, diese Gruppen sich daher gegen Angriffe von allen Seiten sichern müssen und außerstande sind, ihre Kräfte zu konzentrieren. Bei Anwendung einer richtigen Taktik das heißt: wir kämpfen nur, wenn wir des Sieges sicher sind und unbedingt Gefangene und Beute machen werden, sonst lassen wir uns überhaupt auf keinen Kampf ein - können wir die Rote Armee nach und nach erweitern. Zieht man die Vorbereitungsarbeiten in Betracht, die unter den Volksmassen des Grenzgebiets in der Periode von April bis Juli getroffen wurden, so ist nicht daran zu zweifeln, daß sich die Rote Armee im August vergrößert hätte, wenn die Hauptmasse der Roten Armee nicht nach Südhunan abgerückt wäre. Trotz dieses Fehlers ist die Rote Armee wieder in das Grenzgebiet zurückgekehrt, das sowohl hinsichtlich der geographischen Bedingungen als auch der Stimmung der Massen für uns günstig ist, und unsere Perspektiven sind auch heute nicht schlecht. Nur wenn die Rote Armee sich fest für den Kampf in solchen Gebieten wie dem Grenzgebiet entschließt und den Mut aufbringt, beharrlich langwierige Kämpfe zu führen, kann sie ihre Bewaffnung verstärken und gute Kämpfer heranbilden. Schon seit einem Jahr weht über dem Grenzgebiet die rote Fahne; sie ruft bei der Feudalherrenklasse der Provinzen Hunan, Hupeh und Kiangsi, ja sogar des ganzen Landes Haß hervor; gleichzeitig erweckt sie aber allmählich Hoffnungen bei den Arbeitern, Bauern und Soldaten in den nahegelegenen Provinzen. Nehmen wir die Soldaten als Beispiel. Da die Militärmachthaber den "Ausrottungsfeldzügen gegen Banditen" im Grenzgebiet große Bedeutung beimessen und solche Erklärungen abgeben wie etwa: "Wir haben für die über ein Jahr lang währenden Ausrottungsfeldzüge gegen die Banditen eine Million Yüan hinausgeworfen" (Lu Di-ping) und "Sie sollen eine Stärke von 20000 Mann mit 5000 Gewehren haben" (Wang Djün), wird allmählich die Aufmerksamkeit der Soldaten und der keinen Ausweg sehenden unteren Offiziere der feindlichen Truppen auf uns gelenkt, wird die Zahl jener, die freiwillig dem Feind den Rücken kehren und zu uns überlaufen, von Tag zu Tag wachsen, und das wird eine weitere Quelle für die Ergänzung der Roten Armee sein. Ferner zeugt die Tatsache, daß die rote Fahne des Grenzgebiets niemals eingezogen wurde, nicht nur von der Kraft der Kommunistischen Partei, sondern auch vom Bankrott der herrschenden Klassen, und das ist für die politische Lage im ganzen Land von großer Bedeutung. Deshalb vertreten wir nach wie vor die Meinung, daß es absolut notwendig und absolut richtig ist, im zentralen Teil der Luohsiao-Gebirgskette die rote Macht zu schaffen und auszudehnen.

Über die Berichtigung Falscher Ansichten in der Partei

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.119-132)

(Dezember 1929)[Anmerkung 97]

In der Organisation der Kommunistischen Partei im 4. Korps der Roten Armee gibt es verschiedene unproletarische Ansichten, was die Durchführung der richtigen Parteilinie sehr behindert. Wenn diese Ansichten nicht gründlich berichtigt werden, dann ist das 4. Korps der Roten Armee nicht imstande, die Aufgaben zu erfüllen, die ihm der große revolutionäre Kampf in China stellt. Die verschiedenen falschen Ansichten in der Parteiorganisation des 4. Korps rühren natürlich von der Tatsache her, daß die organisatorische Basis der Partei größtenteils aus Bauern und Leuten anderer kleinbürgerlicher Herkunft besteht; aber das Fehlen eines einmütigen und entschlossenen Kampfes der Parteileitungen gegen diese falschen Ansichten und der Erziehung der Parteimitglieder im Sinne der richtigen Parteilinie ist ebenfalls eine wichtige Ursache für das Bestehen und die Entwicklung solcher falschen Ansichten. Vom Geist des Septemberbriefs des Zentralkomitees geleitet, weist dieser Parteitag hiermit auf die verschiedenen Äußerungen unproletarischer Ansichten in der Parteiorganisation des 4. Korps, auf die Ursachen und die Methoden der Berichtigung solcher Ansichten hin und ruft die Genossen auf, sie restlos zu beseitigen.

Über den rein militärischen Gesichtspunkt

Unter einem Teil der Genossen in der Roten Armee ist ein rein militärischer Gesichtspunkt ungemein verbreitet. Er äußert sich folgendermaßen:

1. Sie betrachten die militärische und die politische Tätigkeit als einander entgegengesetzt und erkennen nicht an, daß die militärische Tätigkeit nur eines der Mittel zur Erfüllung politischer Aufgaben ist. Manche versteigen sich zu der Behauptung: "Wenn militärisch alles gut steht, steht selbstverständlich auch politisch alles gut; wenn es aber militärisch schlecht steht, kann es auch politisch nicht gut stehen." Damit wird noch ein Schritt weitergegangen und das Militärwesen der Politik gegenüber als führend angesehen.

2. Sie meinen, die Aufgabe der Roten Armee sei der der weißen Armee ähnlich und bestünde lediglich im bloßen Kriegführen; sie begreifen nicht, daß die chinesische Rote Armee eine bewaffnete Organisation ist, die politische Aufgaben der Revolution ausführt. Besonders jetzt darf sie sich keinesfalls auf die reine Kriegführung beschränken; neben den Kriegsoperationen zur Vernichtung der militärischen Kräfte des Feindes sind ihr auch andere wichtige Aufgaben übertragen, nämlich: unter den Massen Propaganda zu treiben, sie zu organisieren und zu bewaffnen, ihnen bei der Errichtung der revolutionären Macht und bei der Gründung von Organisationen der Kommunistischen Partei zu helfen. Die Rote Armee führt nicht Krieg um des Krieges willen, sondern um unter den Massen eine Propaganda zu entfalten, sie zu organisieren und zu bewaffnen, ihnen bei der Errichtung der revolutionären Macht zu helfen; losgelöst von diesen Zielen, verliert der Krieg seinen Sinn und die Rote Armee ihre Existenzberechtigung.

3. Auf organisatorischem Gebiet unterstellen sie deshalb die Organe der politischen Arbeit in der Roten Armee den Militärorganen und geben die Losung aus: "Das Kommando wende sich äußeren Angelegenheiten zu." Bei Weiterentwicklung derartiger Ansichten entsteht die Gefahr, daß man sich von den Massen loslöst, daß die Armee die Machtorgane beherrscht, sich der proletarischen Führung entzieht und so den gleichen Weg des Militärmachthabertums geht wie die Kuomintang-Armee.

4. Gleichzeitig übersehen sie bei der Propagandaarbeit die Bedeutung der Propagandatrupps. Bei der Organisierung der Massen vernachlässigen sie die Bildung von Soldatenkomitees in der Armee sowie die Vereinigung der örtlichen Arbeiter- und Bauernmassen; infolgedessen wird die Propaganda- und Organisationsarbeit so gut wie aufgegeben.

5. Im Falle eines Sieges werden sie überheblich, im Falle eines Mißerfolges sind sie niedergeschlagen.

6. Ressortgeist. Sie gehen an alles nur im Interesse des 4. Korps heran und begreifen nicht, daß eine der wichtigen Aufgaben der Roten Armee darin besteht, die örtlichen Massen zu bewaffnen; das ist Gruppenwesen in erweiterter Form.

7. Abgekapselt in dem begrenzten Milieu des 4. Korps, glauben einige wenige Genossen, es gäbe außer ihnen selbst überhaupt keine anderen revolutionären Kräfte. Infolgedessen findet unter ihnen die Idee, ihre Kräfte zu bewahren und Kampfhandlungen auszuweichen, ungemein starke Verbreitung. Das sind Überreste des Opportunismus.

8. Einige Genossen berücksichtigen nicht die subjektiven und objektiven Bedingungen, sind voller revolutionärer Fiebrigkeit; sie wollen keine mühselige, umsichtige Kleinarbeit unter den Massen leisten, schwelgen in Illusionen und wollen nur große Taten vollbringen. Das sind Überreste des Putschismus.[Anmerkung 98]

Ursachen des rein militärischen Gesichtspunktes:

1. Niedriges politisches Niveau. Infolgedessen erkennt man nicht die Rolle der politischen Führung in der Armee sowie den grundlegenden Unterschied zwischen der Roten Armee und den weißen Armeen.

2. Söldnermentalität. Da nach jedem Gefecht sehr viele Gefangene in die Rote Armee aufgenommen wurden, die eine ausgesprochene Söldnermentalität mitbrachten, ergab sich in den unteren Einheiten die Grundlage für einen rein militärischen Gesichtspunkt.

3. Aus diesen beiden Ursachen ergibt sich die dritte, nämlich: übermäßiger Glaube an die militärischen Kräfte und kein Vertrauen zur Kraft der Volksmassen.

4. Daß die Partei der militärischen Arbeit keine intensive Aufmerksamkeit zuwandte und darüber nicht sorgfältig diskutierte, ist ebenfalls eine Ursache für die Herausbildung des rein militärischen Gesichtspunktes bei einem Teil der Genossen.

Methoden der Berichtigung:

1. Durch Erziehungsarbeit muß man das politische Niveau in der Partei heben, die theoretischen Wurzeln des rein militärischen Gesichtspunktes ausrotten, den grundlegenden Unterschied zwischen der Roten Armee und den weißen Armeen klarstellen. Gleichzeitig sind auch die Überreste von Opportunismus und Putschismus zu beseitigen und ist dem Ressortgeist des 4. Korps ein Ende zu machen.

2. Die politische Ausbildung der Offiziere und Mannschaften, besonders die Schulung ehemaliger Gefangener, muß intensiviert werden. Gleichzeitig müssen die örtlichen Machtorgane nach Möglichkeit kampferfahrene Arbeiter und Bauern auswählen und in die Rote Armee schicken, damit der rein militärische Gesichtspunkt organisatorisch geschwächt wird, bis er mit Stumpf und Stiel ausgerottet ist.

3. Die örtlichen Parteiorganisationen sind zur Kritik an den Parteiorganisationen der Roten Armee und die Machtorgane der Volksmassen zur Kritik an der Roten Armee aufzurufen, um auf die Parteiorganisationen sowie auf die Offiziere und Mannschaften der Roten Armee einzuwirken.

4. Die Partei muß der militärischen Arbeit intensive Aufmerksamkeit schenken und über sie sorgfältig diskutieren. Jede Tätigkeit wird erst von den Massen durchgeführt, nachdem sie von der Parteiorganisation diskutiert und beschlossen worden ist.

5. Es sind Regeln und Vorschriften auszuarbeiten, die die Aufgaben der Roten Armee, die Beziehungen zwischen ihren militärischen und politischen Organen, die Beziehungen zwischen der Roten Armee und den Volksmassen, die Befugnisse der Soldatenkomitees und deren Beziehungen zu den militärischen und politischen Organen klar festlegen.

Über die extreme Demokratisierung

Nach Eingang der Anweisungen des Zentralkomitees sind Erscheinungen der extremen Demokratisierung im 4. Korps der Roten Armee bedeutend seltener geworden. Zum Beispiel können die Beschlüsse der Partei leichter durchgeführt werden; niemand erhebt mehr die falschen Forderungen: in der Roten Armee wäre ein sogenannter "demokratischer Zentralismus von unten nach oben" durchzuführen, oder man müßte "zunächst unten diskutieren und dann oben Beschlüsse fassen" usw. Tatsächlich aber ist der Rückgang dieser Erscheinungen nur vorübergehend und oberflächlich und bedeutet keineswegs die Ausmerzung solcher Ansichten. Das heißt, daß die extreme Demokratisierung noch tief in den Köpfen vieler Genossen verwurzelt ist. Ein Beweis dafür ist, daß sich z. B. auf verschiedene Weise ein Widerstreben bei der Durchführung von Beschlüssen der Partei zeigt.

Methoden der Berichtigung:

1. Die Wurzeln der extremen Demokratisierung müssen von der Theorie her beseitigt werden. Vor allen Dingen muß man auf die Gefahr der extremen Demokratisierung hinweisen, nämlich darauf, daß diese die Parteiorganisation schädigt oder sogar völlig zerstört und die Kampfkraft der Partei schwächt oder sogar völlig untergräbt, so daß die Partei nicht mehr imstande ist, ihre Kampfaufgaben zu erfüllen, wodurch eine Niederlage der Revolution herbeigeführt wird. Ferner muß man feststellen, daß die Wurzeln der extremen Demokratisierung in der kleinbürgerlichen individualistischen Undiszipliniertheit zu suchen sind. Wenn diese Haltung in die Partei hineingetragen wird, so entwickelt sie sich politisch und organisatorisch zu ultrademokratischen Ansichten. Solche Ansichten sind mit den Kampfaufgaben des Proletariats von Grund aus unvereinbar.

2. In organisatorischer Hinsicht ist ein demokratisches Leben unter zentralisierter Führung zu gewährleisten. Dabei sind folgende Linien einzuhalten:

(1) Die Parteileitungen müssen eine korrekte richtungweisende Linie festlegen, sie müssen für jedes Problem eine Lösung finden, um so zu führenden Zentren zu werden.

(2) Die Parteileitungen auf höherer Ebene müssen sich mit der Lage in den Parteileitungen auf den unteren Ebenen und mit dem Leben der Massen vertraut machen, um auf diese Weise die objektive Grundlage für eine richtige Führung zu erhalten.

(3) Die Parteileitungen aller Stufen dürfen bei der Lösung der Probleme keine unüberlegten Entscheidungen treffen. Ist ein Beschluß einmal gefaßt, muß er strikt durchgeführt werden.

(4) Alle wichtigen Beschlüsse der oberen Parteileitungen sind den unteren Leitungen und der Masse der Parteimitglieder rasch zur Kenntnis zu bringen. Die Methode besteht darin, daß man Aktivistenversammlungen, Versammlungen der Parteizellen oder sogar (falls es die Umstände erlauben) Parteiversammlungen der Kolonne einberuft, zu denen von oben Referenten entsandt werden.

(5) Die unteren Parteileitungen und die Parteimitglieder müssen die Anweisungen der oberen Leitungen in allen Einzelheiten diskutieren, um ihren Sinn voll und ganz zu verstehen und die Methoden ihrer Durchführung zu bestimmen.

Über Missachtung der Organisationsdisziplin

Die Mißachtung der organisatorischen Disziplin in der Parteiorganisation des 4. Korps äußert sich folgendermaßen:

A. Die Minderheit fügt sich nicht der Mehrheit. Wird beispielsweise ein Antrag der Minderheit abgelehnt, führt diese den Beschluß der Parteiorganisation nicht ehrlich durch.

Methoden der Berichtigung:

1. In den Versammlungen sollen alle Anwesenden ermutigt werden, ihre Meinung voll auszusprechen. Bei allen strittigen Fragen muß man ohne Kompromiß und Oberflächlichkeit klarstellen, was richtig und was falsch ist. Um eine klare Schlußfolgerung zu erreichen, muß eine Frage, wenn sie auf einer Versammlung nicht gelöst werden kann, auf einer zweiten diskutiert werden, vorausgesetzt, daß die Arbeit dadurch nicht behindert wird.

2. Zur Parteidisziplin gehört auch, daß sich die Minderheit der Mehrheit fügt. Wird die Ansicht der Minderheit abgelehnt, muß diese den von der Mehrheit angenommenen Beschluß unterstützen. Nötigenfalls kann sie die Angelegenheit in der nächsten Versammlung erneut zur Sprache bringen; abgesehen davon sind aber alle dem gefaßten Beschluß zuwiderlaufenden Handlungen unzulässig.

B. Eine Kritik, bei der die organisatorische Disziplin mißachtet wird.

1. Die innerparteiliche Kritik ist eine Waffe zur Festigung der Parteiorganisation und zur Stärkung der Kampffähigkeit der Partei. In der Parteiorganisation der Roten Armee trägt die Kritik jedoch manchmal nicht diesen Charakter, sondern verwandelt sich in persönliche Angriffe. Das Ergebnis ist, daß nicht nur einzelne Menschen, sondern auch die Parteiorganisation Schaden erleidet. Darin äußert sich ein kleinbürgerlicher Individua1ismus. Die Methode der Berichtigung dieses Fehlers: Man muß den Parteimitgliedern begreiflich machen, daß die Kritik den Zweck hat, die Kampffähigkeit der Partei zu steigern, um den Sieg im Klassenkampf zu erringen, und nicht als Werkzeug für persönliche Angriffe benutzt werden darf.

2. Viele Parteimitglieder üben Kritik nicht innerhalb, sondern außerhalb der Partei. Das erklärt sich dadurch, daß die Parteimitglieder im allgemeinen noch nicht die Bedeutung der Parteiorganisation (der Versammlungen usw.) begriffen haben und keinen Unterschied zwischen einer Kritik innerhalb und einer solchen außerhalb der Organisation sehen. Die Methode der Berichtigung besteht darin, die Parteimitglieder dazu zu erziehen, daß sie die Wichtigkeit der Parteiorganisation erkennen und ihre Kritik an Parteikomitees oder an einzelnen Genossen auf Parteiversammlungen vorbringen.

Über absolute Gleichmacherei

Absolute Gleichmacherei war in der Roten Armee eine Zeitlang in einem ernsten Ausmaß verbreitet. So war man beispielsweise bei der Auszahlung von Taschengeld an verwundete Soldaten dagegen, zwischen Leicht- und Schwerverwundeten einen Unterschied zu machen, und forderte den gleichen Betrag für alle. Wenn ein Offizier ritt, so wollte man nicht einsehen, daß das zur Erfüllung seiner Dienstpflichten nötig war, sondern sah darin eine Erscheinungsform der Ungleichheit. Bei der Verteilung forderte man extreme Gleichmacherei, ohne Sonderfälle, wo mehr zugeteilt werden mußte, zu berücksichtigen. Auch wurde gefordert, daß alle die gleiche Menge Reis auf dem Rücken trugen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob es sich um einen Erwachsenen oder um ein Kind handelte, ob einer stärker oder schwächer war. Bei der Unterbringung der Truppen wurde gefordert, daß allen der gleiche Raum zugeteilt wurde, und hatte der Stab einen etwas größeren Raum, begann man zu schimpfen. Im Dienst forderte man gleiche Aufgaben für alle und verweigerte jede Extraarbeit. Wenn für zwei Verwundete nur eine Tragbahre vorhanden war, kam es sogar vor, daß man lieber keinen als nur einen forttrug. All das zeugt davon, daß die absolute Gleichmacherei unter den Offizieren und Soldaten der Roten Armee noch sehr ernst ist.

Wie die extreme Demokratisierung auf politischem Gebiet, ist auch die absolute Gleichmacherei Produkt der handwerklichen und kleinbäuerlichen Wirtschaft; der einzige Unterschied besteht darin, daß sich die absolute Gleichmacherei im materiellen Leben äußert, während die extreme Demokratisierung im politischen Leben auftritt.

Methoden der Berichtigung: Man muß darauf hinweisen, daß absolute Gleichmacherei nicht nur in der Periode, da der Kapitalismus noch nicht vernichtet ist, eine reine Illusion der Bauern und Kleineigentümer ist; selbst im Sozialismus werden die materiellen Güter nach dem Prinzip "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung" und je nach den Erfordernissen der Arbeit verteilt und kann es keinesfalls eine sogenannte absolute Gleichheit geben. Die materiellen Güter müssen im großen und ganzen zu gleichen Teilen unter den Angehörigen der Roten Armee verteilt werden, zum Beispiel gleicher Sold für Offiziere und Soldaten, weil das in der gegenwärtigen Kampflage erforderlich ist. Eine absolute Gleichmacherei ohne jeden triftigen Grund ist jedoch zu bekämpfen, weil sie für den Kampf nicht erforderlich ist, sondern im Gegenteil den Kampf behindert.

Über den Subjektivismus

Gewisse Parteimitglieder sind stark mit Subjektivismus behaftet. Das wirkt sich auf die Analyse der politischen Lage und auf die Leitung der Arbeit äußerst ungünstig aus. Eine subjektivistische Analyse der politischen Lage und Subjektivismus in der Leitung der Arbeit führen unvermeidlich entweder zu Opportunismus oder zu Putschismus. Subjektivistische Kritik, unbegründeter Klatsch und gegenseitiger Argwohn in der Partei führen oft zu prinzipienlosen Zwistigkeiten und zum Zerfall der Parteiorganisationen.

Was die innerparteiliche Kritik betrifft, ist noch ein weiterer Punkt zu erwähnen, nämlich: Einige Genossen richten, wenn sie Kritik üben, ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Hauptsache, sondern nur auf die Nebenumstände. Sie begreifen nicht, daß es Hauptaufgabe der Kritik ist, auf politische und organisatorische Fehler hinzuweisen. Persönliche Mängel sollen, wenn sie nicht mit politischen oder organisatorischen Fehlern verbunden sind, nicht allzuviel getadelt werden, damit die Genossen nicht in Verlegenheit geraten. Mehr noch, wenn sich eine solche Kritik entfaltet, dann wird sich die Aufmerksamkeit in der Partei aussch1ieß1ich auf kleine Mängel konzentrieren, die Menschen werden ängstlich und übervorsichtig werden und die politischen Aufgaben der Partei vergessen; darin liegt eine große Gefahr.

Methoden der Berichtigung: Die Hauptsache ist, die Parteimitglieder so zu erziehen, daß ihr Denken und das innerparteiliche Leben von einem politischen und wissenschaftlichen Geist durchdrungen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, muß man: I. die Parteimitglieder lehren, mit der marxistisch-leninistischen Methode die politische Lage zu analysieren und die Klassenkräfte einzuschätzen, statt sich subjektivistischer Analysen und Einschätzungen zu bedienen; 2. die Aufmerksamkeit der Parteimitglieder auf sozial-ökonomische Untersuchungen und Forschungen 1enken, damit sie davon ausgehend die Kampftaktik und die Arbeitsmethoden festlegen können; die Genossen zur Erkenntnis bringen, daß sie ohne das Studium der praktischen Umstände in den Abgrund der Phantasterei und des blinden Draufgängertums stürzen werden; sich bei der innerparteilichen Kritik vor Subjektivismus, Willkür und Vulgarisierung der Kritik hüten; jede Meinungsäußerung muß auf Tatsachen beruhen, die Kritik muß den politischen Aspekt betonen.

Über den Individualismus

Individualistische Tendenzen in den Parteiorganisationen der Roten Armee zeigen sich in folgendem:

1. Rachsucht. Wird ein Parteimitglied innerhalb der Partei von einem Genossen, der ein Soldat ist, kritisiert, sucht es außerhalb der Partei Gelegenheit, sich an ihm zu rächen; Schläge und Schimpfworte sind eines der Mittel der Rache. Vergeltung wird auch innerhalb der Partei gesucht. "Hast du mich in dieser Versammlung kritisiert, so werde ich in der nächsten Versammlung ebenfalls einen Anlaß finden, um an dir etwas auszusetzen und mich zu rächen." Eine derartige Rachsucht entsteht ausschließlich durch persönliche Erwägungen, sie erkennt weder die Klasseninteressen noch die Interessen der Gesamtpartei an. Sie ist nicht gegen die feindlichen Klassen, sondern gegen Einzelpersonen in den eigenen Reihen gerichtet. Wie ein Ätzmittel zerfrißt sie die Organisation und schwächt ihre Kampffähigkeit.

2. Gruppenwesen. Wenn man sich nur um die Interessen der eigenen kleinen Gruppe kümmert und die allgemeinen Interessen vernachlässigt, so birgt das, auch wenn es, oberflächlich gesehen, nicht im Interesse einer Einzelperson geschieht, in Wirklichkeit doch einen äußerst engstirnigen Individualismus in sich und wirkt ebenso sehr zersetzend und zentrifugal. Seit jeher hat in der Roten Armee der Gruppengeist üppige Blüten getrieben; durch Kritik hat sich die Lage jetzt zwar etwas gebessert, aber Überreste dieser Mentalität bestehen noch, und zu ihrer Überwindung sind weitere Anstrengungen erforderlich.

3. Söldnermentalität. Es gibt Genossen, die nicht begreifen, daß die Partei und die Rote Armee, denen sie angehören, Werkzeuge zur Durchführung der Aufgaben der Revolution sind. Sie erkennen nicht, daß sie selber berufen sind, die Revolution durchzuführen, und glauben, daß sie ausschließlich vor ihren Vorgesetzten, nicht aber vor der Revolution die Verantwortung tragen. Diese passive Söldnermentalität in bezug auf die Revolution ist ebenfalls eine Erscheinungsform des Individualismus. Aus ihr erklärt sich, warum wir nicht sehr viel Aktivisten haben, die vorbehaltlos der Revolution dienen: Wenn wir die Söldnermentalität nicht liquidieren, wird die Zahl der Aktivisten nicht wachsen, und die ganze Schwere der Aufgaben der Revolution wird nach wie vor auf den Schultern weniger ruhen. Das würde sich sehr ungünstig auf den Kampf auswirken.

4. Genußsucht. In der Roten Armee gibt es auch nicht wenige, bei denen der Individualismus als Genußsucht in Erscheinung tritt. Sie hoffen stets, daß ihre Einheiten in Großstädte einmarschieren werden. Sie wollen dorthin nicht der Arbeit, sondern der Vergnügungen wegen gehen. Die Arbeit in den roten Gebieten, wo die Lebensbedingungen schwer sind, sagt ihnen gar nicht zu.

5. Passivität und Lässigkeit. Geht etwas nicht nach Wunsch, wird man passiv und weigert sich, zu arbeiten. Die Ursache dafür ist im wesentlichen mangelnde Erziehungsarbeit, aber manchmal liegt es auch an der ungeeigneten Art, in der die führenden Funktionäre Probleme behandeln, die Arbeit verteilen oder die Disziplin durchsetzen.

6. Das Verlangen, aus der Armee auszuscheiden. Mit jedem Tag wächst die Zahl von Angehörigen der Roten Armee, die um Zuweisung einer zivilen Tätigkeit bitten. Das ist nicht immer auf Ursachen rein persönlicher Natur zurückzuführen, sondern erklärt sich auch daraus, daß (1) die materiellen Lebensbedingungen in der Roten Armee zu schlecht sind, (2) man im langwierigen Kampf ermüdet ist, (3) die Führer in ungeeigneter Weise an die Behandlung der Probleme, an die Verteilung der Arbeit oder an die Durchsetzung der Disziplin herangehen.

Methoden der Berichtigung:

Vor allem ist die Erziehungsarbeit zu intensivieren, um von der Ideologie her den Individualismus zu überwinden. Dann muß bei der Behandlung der Probleme, bei der Verteilung der Arbeit und beim Durchsetzen der Disziplin richtig vorgegangen werden. Zugleich müssen Maßnahmen zur Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der Roten Armee getroffen werden; jede Gelegenheit ist zu nutzen, damit sich die Truppen ausruhen und konsolidieren können, so daß sich ihre materiellen Bedingungen verbessern. Der Individualismus, wie er in der Partei in Erscheinung tritt, hat seinen gesellschaftlichen Ursprung in der kleinbürgerlichen und bürgerlichen Ideologie. Das muß bei unserer Erziehungsarbeit klargestellt werden.

Über die Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen

Da es in der Roten Armee eine große Zahl vagabundierender Elemente gibt und im ganzen Land, besonders in den südlichen Provinzen, große Massen solcher Elemente umherziehen, ist in der Roten Armee die politische Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen entstanden.

Diese Mentalität äußert sich folgendermaßen:

(1) Man ist nicht gewillt, durch mühselige Arbeit Stützpunktgebiete zu schaffen und die politische Macht der Volksmassen zu errichten, um dadurch unseren politischen Einfluß auszudehnen, sondern gedenkt, diesen nur mit den Methoden beweglicher Partisanenoperationen zu erweitern. (2) Bei der Erweiterung der Roten Armee folgt man der Linie der "Rekrutierung von Roß und Reiter" und der "Anwerbung von Überläufern und Aufnahme von Meuterern", anstatt sich an die Linie einer Erweiterung der regulären Roten Armee über die Erweiterung der örtlichen Roten Garde und der örtlichen Einheiten der Roten Armee zu halten. (3) Man bringt nicht die Geduld auf, gemeinsam mit den Massen den schweren Kampf zu führen, sondern wünscht in große Städte zu kommen, um dort zu schmausen und zu zechen.

Alle diese Erscheinungsformen der Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen hindern die Rote Armee im höchsten Maße an der Durchführung ihrer richtigen Aufgaben, und deshalb ist die Ausmerzung dieser Mentalität eines der Hauptziele des ideologischen Kampfes innerhalb der Parteiorganisation der Roten Armee. Man muß begreifen, daß die Mentalität solcher aus der Geschichte bekannten im Lande umherziehenden Rebellen wie Huang Tschao[Anmerkung 99] oder Li Tschuang[Anmerkung 100] in der gegenwärtigen Situation unzulässig ist.

Methoden der Berichtigung:

1. Die Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen durch verstärkte Erziehungsarbeit und durch Kritik falscher Ansichten liquidieren.

2. Unter jenen Truppen, die den Stamm der Roten Armee bilden, sowie unter jenen Gefangenen, die kürzlich in die Rote Armee aufgenommen wurden, die Erziehungsarbeit zur Überwindung der Landstreichermentalität verstärken.

3. Kampferfahrene Aktivisten aus den Reihen der Arbeiter und Bauern in die Rote Armee eingliedern, um deren klassenmäßige Zusammensetzung zu ändern.

4. Aus den Massen der kämpfenden Arbeiter und Bauern neue Truppeneinheiten der Roten Armee aufstellen.

Über die Überreste des Putschismus

In der Parteiorganisation der Roten Armee wurde zwar ein Kampf gegen den Putschismus geführt, aber noch nicht in ausreichendem Maße. Deshalb gibt es in der Roten Armee noch Überreste von putschistischen Ansichten. Sie äußern sich: (1) in Operationen, die blindlings, ohne Berücksichtigung der subjektiven und objektiven Bedingungen durchgeführt werden; (2) in der unzulänglichen und unentschlossenen Durchführung unserer Politik in bezug auf die Städte;(3) in der Lockerung der militärischen Disziplin, vor allem im Augenblick militärischer Niederlagen;(4.) in dem von einigen Einheiten noch zuweilen praktizierten Niederbrennen von Häusern;(5) im Erschießen von Deserteuren und in Körperstrafen, worin sich ebenfalls Züge des Putschismus zeigen. Seinem gesellschaftlichen Ursprung nach ist der Putschismus eine Verschmelzung der Ideologie des Lumpenproletariats mit der des Kleinbürgertums.

Methoden der Berichtigung:

1. Den Putschismus von der Ideologie her beseitigen.

2. Putschistische Aktionen durch Vorschriften und politische Richtlinien korrigieren.

Aus einem Funken kann ein Steppenbrand entstehen

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.133-146)

(5.Januar 1930)[Anmerkung 101]

Was die Einschätzung der gegenwärtigen Lage und die sich daraus ergebende Frage unseres Vorgehens betrifft, fehlt es manchen Genossen in unserer Partei noch an einem richtigen Verständnis. Sie glauben zwar daran, daß ein revolutionärer Aufschwung unvermeidlich kommen wird, aber sie glauben nicht an die Möglichkeit, daß er bald kommen wird. Deshalb billigen sie nicht den Plan, die Provinz Kiangsi einzunehmen, sondern sind nur mit beweglichen Partisanenaktionen in den drei Gebieten an den Grenzen der Provinzen Fukien, Kuangtung und Kiangsi einverstanden. Gleichzeitig zeigen sie kein tiefgehendes Verständnis dafür, daß man in den Partisanengebieten die rote Macht errichten muß. Daher sind sie auch nicht von der Idee durchdrungen, daß durch die Festigung und Erweiterung der roten Macht der revolutionäre Aufschwung im ganzen Land gefördert werden muß. Sie sind anscheinend der Meinung, daß in einer Periode, da der revolutionäre Aufschwung noch in weiter Ferne liege, diese harte Arbeit zur Errichtung der politischen Macht vergeblich wäre. Anstatt dessen hoffen sie, unseren politischen Einfluß mit der leichteren Methode beweglicher Partisanenaktionen zu erweitern, und erst wenn die Massen im ganzen Land gewonnen oder bis zu einem gewissen Grad gewonnen sein würden, in ganz China zum bewaffneten Aufstand zu schreiten und obendrein zugleich die Kräfte der Roten Armee einzusetzen, wodurch eine große Revolution im ganzen Land zustande käme. Diese ihre Theorie, daß man zunächst die Massen im ganzen Land und in all den einzelnen Landesteilen gewinnen und erst dann die politische Macht errichten soll, entspricht nicht der Sachlage der chinesischen Revolution. Der Ursprung dieser Theorie liegt hauptsächlich im mangelnden Verständnis für die Tatsache, daß China ein halbkoloniales Land ist, um das mehrere imperialistische Staaten miteinander streiten. Hat man dies jedoch begriffen, dann wird erstens klar, warum es unter allen Ländern der Welt nur China ist, wo solch merkwürdige Dinge wie die andauernden Kriegswirren unter den herrschenden Klassen bestehen, warum diese Kriegswirren sich von Tag zu Tag verschärfen und ausdehnen, warum es in China bisher nicht gelungen ist, eine einheitliche Staatsmacht zu errichten. Zweitens wird klar, wie ernst die Bauernfrage ist, und man kann folglich verstehen, warum jetzt die Bauernaufstände ein solches Ausmaß angenommen haben, daß sie sich über das ganze Land ausbreiten. Drittens wird die Richtigkeit der Losung von der demokratischen Staatsmacht der Arbeiter und Bauern klar. Viertens wird auch ein weiteres merkwürdiges Phänomen verständlich, das aus der merkwürdigen Erscheinung der andauernden Kriegswirren unter den herrschenden Klassen, die es nirgends in der Welt außer in China gibt, hervorgeht, nämlich die Existenz und Entwicklung der Roten Armee und der Partisanenabteilungen sowie die damit verbundene Existenz und Entwicklung kleiner roter Gebiete inmitten des weißen Regimes (eine merkwürdige Erscheinung, wie sie nur in China zu beobachten ist). Fünftens wird ebenfalls klar, daß im halbkolonialen China die Schaffung und das Wachstum der Roten Armee, der Partisanenabteilungen und der roten Gebiete die höchste Form des Kampfes der Bauernschaft unter Führung des Proletariats darstellen und das unvermeidliche Ergebnis der Entwicklung des Kampfes der Bauernschaft in einem halbkolonialen Land sind; und daß dies zweifellos der wichtigste Faktor ist, der den revolutionären Aufschwung im ganzen Land beschleunigt. Sechstens wird schließlich klar, daß die Politik der beweglichen Partisanenaktionen allein die Aufgabe der Beschleunigung des revolutionären Aufschwungs im ganzen Land nicht erfüllen kann; daß hingegen die von Tschu Teh und Mao Tse-tung beziehungsweise von Fang Dschi-min[Anmerkung 102] verfolgte politische Linie zweifellos richtig ist, jene Linie, die darauf abzielt, Stützpunktgebiete zu schaffen, systematisch die politische Macht zu errichten, die Agrarrevolution zu vertiefen, in einem umfassenden Prozeß - angefangen mit der Aufstellung von Gemeinde-, dann Distrikts- und hierauf Kreisabteilungen der Roten Garde über die Bildung von örtlichen Truppen der Roten Armee bis zur Schaffung der regulären Roten Armee - die bewaffneten Kräfte des Volkes zu entwickeln, die politische Macht wellenförmig voranzutreiben usw. Nur so kann man den revolutionären Massen des ganzen Landes Vertrauen einflößen, wie es die Sowjetunion in der ganzen Welt getan hat. Nur so kann man die reaktionären herrschenden Klassen vor gewaltige Schwierigkeiten stellen, den Boden unter ihren Füßen ins Wanken bringen und ihren inneren Zerfall beschleunigen. Nur so kann man wirklich eine Rote Armee schaffen, die zum Hauptwerkzeug der künftigen großen Revolution werden wird. Kurz gesagt: Nur so kann man den revolutionären Aufschwung beschleunigen.

Die Genossen, die an revolutionärer Fiebrigkeit leiden, überschätzen die subjektiven Kräfte der Revolution[Anmerkung 103] und unterschätzen die Kräfte der Konterrevolution. Eine derartige Einschätzung entstammt meistens einer subjektivistischen Denkweise. In der Folge wird sie zweifellos zum Putschismus führen. Wenn man andererseits die subjektiven Kräfte der Revolution unterschätzt und die Kräfte der Konterrevolution überschätzt, ist das ebenfalls eine falsche Einschätzung, die ebenso zwangsläufig zu negativen Ergebnissen, wenn auch anderer Art, führen würde. Deshalb müssen bei der Beurteilung der politischen Lage in China folgende Hauptmomente berücksichtigt werden:

1. Zwar sind gegenwärtig die subjektiven Kräfte der chinesischen Revolution schwach, doch alle auf der rückständigen und brüchigen sozialökonomischen Struktur Chinas beruhenden Organisationen der reaktionären herrschenden Klassen (Staatsmacht, bewaffnete Kräfte, Parteien usw.) sind gleichfalls schwach. Dadurch erklärt sich denn auch, daß in den westeuropäischen Ländern, obwohl dort die subjektiven Kräfte der Revolution gegenwärtig vielleicht etwas größer sind als die der chinesischen Revolution, die Revolution dennoch nicht sofort ausbrechen kann, denn in diesen Ländern sind ja die Kräfte der reaktionären herrschenden Klassen um ein Vielfaches stärker als in China. Obwohl derzeit die subjektiven Kräfte der chinesischen Revolution schwach sind, wird der Aufschwung der Revolution in China dennoch eher einsetzen als in Westeuropa, weil bei uns auch die Kräfte der Konterrevolution verhältnismäßig schwach sind.

2. Seit der Niederlage der Revolution im Jahre 1927 sind die subjektiven Kräfte der Revolution tatsächlich viel schwächer geworden. Die geringe Zahl der verbliebenen Kräfte kann selbstverständlich, wenn man nur nach gewissen äußerlichen Erscheinungen urteilt, bei den Genossen (die so an die Frage herangehen) pessimistische Gedanken auslösen. Geht man aber vom Wesen der Sache aus, dann liegen die Dinge ganz anders. Hier ist das alte chinesische Sprichwort anwendbar: "Aus einem Funken kann ein Steppenbrand entstehen." Das bedeutet, daß sich die Kräfte der Revolution rasch entwickeln werden, wenn sie auch heute nur sehr gering sind. Unter den Bedingungen Chinas ist das Wachstum dieser Kräfte nicht nur möglich, sondern auch faktisch unvermeidlich. Das ist bereits durch die Bewegung des 30. Mai und die darauffolgende große Revolution voll und ganz bestätigt worden. Zur Beurteilung der Dinge muß man von ihrem Wesen ausgehen, ihre äußeren Erscheinungen dagegen darf man nur als Wegweiser betrachten, der zu einer Pforte führt. Ist man durch diese Pforte eingetreten, dann muß man das Wesen der Frage erfassen. Eben das ist die zuverlässige, wissenschaftliche Methode der Analyse.

3. Dasselbe gilt auch für die Einschätzung der Kräfte der Konterrevolution: Man darf keineswegs nur ihre äußere Erscheinung sehen, sondern muß ihr Wesen betrachten. In der Frühzeit unserer selbständigen Macht im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet schenkten manche Genossen der damaligen falschen Einschätzung des Provinzparteikomitees von Hunan tatsächlich Glauben und maßen dem Klassenfeind nicht die geringste Bedeutung bei; bis auf den heutigen Tag macht man sich bei uns über die Bezeichnungen "äußerste Zerrüttung" und "völlige Panik" lustig, mit denen das Provinzparteikomitee von Hunan damals (Mai bis Juni 1928) Lu Di-ping,[Anmerkung 104] den Machthaber von Hunan, eingeschätzt hat. In der Politik führen derartige Einschätzungen unvermeidlich zum Putschismus. Doch bereits in den rund vier Monaten von November 1928 bis Februar 1925 (vor Ausbruch des Krieges zwischen Tschiang Kai-schek und der Kuangsi-Clique,[Anmerkung 105] als sich der Feind bei seinem dritten "vereinigten Ausrottungsfeldzug"[Anmerkung 106] dem Djinggang-Gebirge näherte, äußerten manche Genossen wieder Zweifel: "Wie lange werden wir noch die rote Fahne hochhalten können?" Tatsächlich aber hatte in dieser Periode der Kampf, den England, die USA und Japan in China führten, bereits ganz offene Formen angenommen, und die Kriegswirren, in die sich Tschiang Kai-schek, die Kuangsi-Clique und Feng Yü-hsiang verwickelten, nahmen bereits Gestalt an. Im Grunde genommen war das der Beginn eines Abebbens der Konterrevolution und eines neuen Aufschwungs der Revolution. Und trotzdem gab es damals nicht nur in der Roten Armee und in den örtlichen Parteiorganisationen pessimistische Gedanken, sondern auch das Zentralkomitee, das sich durch die oberflächlichen Erscheinungen irreführen ließ, schlug pessimistische Töne an. Der Februarbrief des Zentralkomitees[Anmerkung 107] ist ein Beweis für die damals in der Partei gegebene pessimistische Einschätzung.

4. Die gegenwärtige objektive Lage kann noch immer jene Genossen leicht irreführen, die nur die augenblicklichen oberflächlichen Erscheinungen betrachten und nicht in das Wesen der Dinge eindringen. Insbesondere unsere in der Roten Armee tätigen Leute brauchen nur einen Mißerfolg im Kampf zu erleiden oder umzingelt oder von einem starken Gegner verfolgt zu werden, und schon beginnen sie, oft ohne es selber zu merken, ihre zeitgebundene, lokal begrenzte besondere Situation zu verallgemeinern und zu übertreiben, als gäbe die Lage im ganzen Land und in der ganzen Welt überhaupt keinen Grund zu Optimismus, als sei die Aussicht auf den Sieg der Revolution in sehr weite Ferne gerückt. Daß diese Genossen bei der Betrachtung der Dinge nur die äußere Erscheinung berücksichtigen, das Wesen aber ignorieren, erklärt sich daraus, daß sie nicht das Wesen der allgemeinen Lage einer wissenschaftlichen Analyse unterzogen haben. Fragt man, ob der Aufschwung der Revolution in China bald einsetzen wird, so findet man die Antwort erst dann, wenn man sorgfältig untersucht hat, ob die verschiedenen Widersprüche, die zum Aufschwung der Revolution führen, wirklich anwachsen. Da im internationalen Maßstab die Widersprüche unter den imperialistischen Staaten, zwischen diesen und ihren Kolonien, zwischen den Imperialisten und dem Proletariat ihrer eigenen Länder angewachsen sind, fühlen die Imperialisten die Notwendigkeit des Kampfes um China noch dringlicher. Sobald sich der Kampf der Imperialisten um China verschärft, wachsen auch gleichzeitig innerhalb der Grenzen Chinas die Widersprüche zwischen dem Imperialismus und ganz China sowie die Widersprüche unter den Imperialisten selber; das führt zu Kriegswirren unter den verschiedenen Cliquen der herrschenden reaktionären Kräfte in China, die sich von Tag zu Tag ausweiten und verschärfen, so daß wiederum die Widersprüche unter diesen reaktionären Kräften immer weiter wachsen. Die Widersprüche zwischen den verschiedenen Cliquen der herrschenden reaktionären Kräfte - die Kriegswirren unter den Militärmachthabern - bringen ein Anwachsen der Steuerlasten mit sich. Das wiederum wird die Widersprüche zwischen den breiten Massen der Steuerzahler und den herrschenden reaktionären Kräften immer mehr verschärfen. Die Widersprüche zwischen dem Imperialismus und der chinesischen nationalen Industrie führen dazu, daß letztere keine Zugeständnisse vom Imperialismus erreichen kann. Infolgedessen vertiefen sich die Widersprüche zwischen der chinesischen Bourgeoisie und der chinesischen Arbeiterklasse, indem die chinesischen Kapitalisten den Ausweg in der erbarmungslosen Ausbeutung der Arbeiter suchen und die chinesischen Arbeiter sich dem widersetzen. Die imperialistische Wareninvasion, die Ausplünderung durch das chinesische Handelskapital, das Anwachsen der von der Regierung auferlegten Steuerlast usw. führen zu einer weiteren Vertiefung der Widersprüche zwischen der Grundherrenklasse und der Bauernschaft, das heißt, zu der verstärkten Ausbeutung durch Pachtzins und Wucher, die den Haß der Bauern gegen die Grundherren noch mehr steigert. Der Druck ausländischer Waren, die Erschöpfung der Kaufkraft der breiten Massen der Arbeiter und Bauern und das Anwachsen der von der Regierung auferlegten Steuern ruinieren die Kaufleute, die mit einheimischen Waren handeln, sowie die selbständigen Produzenten immer mehr. Da die reaktionäre Regierung trotz des Mangels an Lebensmitteln und Geld die Armee ins Uferlose aufbläht und so die Kriegswirren mit jedem Tag an Umfang zunehmen, sind die Soldatenmassen zu ständigen schweren Entbehrungen verurteilt. Das Anwachsen der Staatssteuern, die Erhöhung der Pachten und Zinsen durch die Grundherren, die sich von Tag zu Tag verbreitende Kriegsnot, das alles führt im ganzen Land zu Hungersnöten und Banditentum und stürzt die Massen der Bauernschaft und der städtischen Armut in eine ausweglose Lage. Da die Mittel für den Unterhalt der Schulen fehlen, droht vielen Schülern die Gefahr, ihr Studium unterbrechen zu müssen, während die Rückständigkeit der Produktion vielen Schulabsolventen die Hoffnung nimmt, Arbeit zu finden. Wenn wir alle erwähnten Widersprüche begreifen, werden wir uns darüber klar, in welcher alarmierenden Situation, in welchem chaotischen Zustand sich China befindet. Dann verstehen wir auch, wie unvermeidlich der Aufschwung der gegen den Imperialismus, die Militärmachthaber und die Grundherren gerichteten Revolution ist und warum er bald eintreten muß. Ganz China ist voller Zündstoff, der bald in Flammen aufgehen wird. "Aus einem Funken kann ein Steppenbrand entstehen" - dieses Sprichwort kennzeichnet sehr treffend die Entwicklung der gegenwärtigen Lage. Es genügt, das Umsichgreifen der Arbeiterstreiks, Bauernaufstände, Soldatenmeutereien und Studentenstreiks an vielen Orten zu betrachten, um zu begreifen, daß es vom "Funken" bis zum "Steppenbrand" unzweifelhaft nicht mehr weit ist. Die Grundgedanken des oben Gesagten waren bereits im Brief des Frontkomitees an das Zentralkomitee vom 5. April des Vorjahrs enthalten. Darin hieß es u. a.:

In seinem Brief (vom 9. Februar 1929) hat das Zentralkomitee eine zu pessimistische Einschätzung der objektiven Lage und der subjektiven Kräfte gegeben. Der dritte "Ausrottungsfeldzug" der Kuomintang gegen das Djinggang-Gebirge markierte den höchsten Pegelstand der konterrevolutionären Hochflut. Aber das war die Grenze, nach der das allmähliche Abebben der Konterrevolution und der allmähliche Aufschwung der Revolution begann. Die Kampfkraft und die organisatorische Stärke der Partei sind zwar so gering geworden, wie es vom Zentralkomitee festgestellt wurde, aber unter den Verhältnissen des allmählichen Abebbens der Konterrevolution werden sie sicher rasch wiederhergestellt, und die Passivität der Parteikader kann ebenfalls schnell überwunden werden. Die Massen werden sicherlich zu uns kommen. Die Massakerpolitik[Anmerkung 108] bedeutet allerdings nichts anderes als "die Fische dorthin treiben, wo das Wasser tiefer ist"[ProleWiki Anmerkung 15] der Reformismus kann ebenfalls die Massen nicht mehr anziehen. Die Illusionen der Massen über die Kuomintang werden bestimmt sehr schnell verfliegen. Unter den künftigen Bedingungen wird keine einzige Partei imstande sein, es mit der Kommunistischen Partei im Kampf um die Massen aufzunehmen. Die vom 6. Parteitag[Anmerkung 109] festgelegte politische und organisatorische Linie ist richtig: Im gegenwärtigen Zeitabschnitt ist die Revolution eine demokratische und keine sozialistische; die gegenwärtige Aufgabe der Partei (man sollte hinzufügen: "in den großen Städten" der Verfasser) besteht darin, die Massen zu gewinnen, nicht aber in der unverzüglichen Auslösung von Aufständen. Doch die Revolution wird sich rasch entwickeln, und bei der Propaganda sowie bei den Vorbereitungen für den bewaffneten Aufstand muß man eine aktive Haltung einnehmen. In der gegenwärtigen chaotischen Situation können wir die Massen nur mit anfeuernden Losungen, bei einer aktiven Haltung, führen. Die Wiederherstellung der Kampfkraft der Partei ist ebenfalls nur bei einer solchen aktiven Haltung möglich . . . Der Schlüssel zum Sieg der Revolution ist einzig und allein die proletarische Führung. Die Schaffung einer proletarischen Basis der Partei, die Gründung von Zellen in Industriebetrieben in zentralen Gebieten - das ist augenblicklich eine wichtige organisatorische Aufgabe der Partei; aber gleichzeitig sind besonders die Entfaltung des Kampfes auf dem Lande, die Errichtung der roten Macht in kleinen Gebieten, die Aufstellung und Erweiterung der Roten Armee jene Hauptvoraussetzungen, die den Kampf in den Städten fördern und den Aufschwung der Revolution beschleunigen. Deshalb ist der Verzicht auf den Kampf in den Städten ein Fehler; aber die Entwicklung der Kräfte der Bauern zu fürchten und zu glauben, es würde für die Revolution von Nachteil sein, wenn die Kräfte der Bauern die der Arbeiter übertreffen werden, halten wir, falls es solche Ansichten unter den Parteimitgliedern gibt, ebenfalls für falsch. Denn die Revolution im halbkolonialen China muß stets eine Niederlage erleiden, wenn den Bauern in ihrem Kampf die Führung durch die Arbeiterklasse fehlt, aber es kann niemals ungünstig für die Revolution selbst sein, wenn im Laufe des Kampfes die Kräfte der Bauern die der Arbeiter übertreffen.

Auf die Frage nach der Operationstaktik der Roten Armee gab dieser Brief folgende Antwort:

Um die Rote Armee zu erhalten und die Massen zu mobilisieren, fordert das Zentralkomitee von uns, die Truppen in recht kleine Einheiten zu gliedern und über die ländlichen Gebiete zu verteilen, wobei Tschu Teh und Mao Tse-tung die Armee verlassen sollen, so daß dem Feind keine großen Angriffsobjekte geboten würden. Das ist eine wirklichkeitsfremde Vorstellung. Die Truppen nach Kompanien oder Bataillonen auflockern, wobei jede Einheit selbständig operiert, sie über die ländlichen Gebiete verteilen und die Massen durch Partisanentaktik aufrütteln, um dem Feind keine Angriffsziele zu bieten - all das haben wir seit dem Winter 1927 geplant und viele Male auch durchgeführt, aber jedesmal eine Niederlage erlitten. Die Gründe dafür sind: 1. Die reguläre Rote Armee besteht in ihrer Mehrheit nicht aus Einheimischen und unterscheidet sich darin von der örtlichen Roten Garde; 2. infolge der Auflockerung der Einheiten wird ihre Führung geschwächt, finden sie sich in schwierigen Situationen nicht zurecht und erleiden leicht Niederlagen; 3. es wird dem Gegner leicht gemacht, uns einzeln zu schlagen; 4. je schwieriger die Lage, desto mehr muß man die Truppen konzentrieren, desto energischer müssen die Führer im Kampf handeln, denn nur so kann man die innere Einheit erreichen und mit dem Gegner fertig werden. Nur in einer günstigen Lage darf man die Truppen für Partisanenaktionen auflockern, und auch die Führer sind dann nicht so gebunden wie in einer schwierigen Lage, in der sie die Truppen nicht für einen Augenblick verlassen dürfen.

Die eben angeführte Stelle weist folgenden Mangel auf: Alle gegen die Auflockerung vorgebrachten Argumente haben einen negativen Charakter, und das ist durchaus unzureichend. Das positive Argument für die Konzentration der Truppen ist: Erst nachdem man die Truppen konzentriert hat, kann man größere Kräfte des Gegners vernichten und Städte einnehmen. Erst nachdem man größere Kräfte des Gegners vernichtet und Städte erobert hat, kann man die Klassen in großem Umfang in Bewegung setzen und die politische Macht in einem mehrere anstoßende Kreise umfassenden Gebiet errichten. Nur so kann man in breitem Ausmaß Aufsehen erregen (das heißt, den politischen Einfluß erweitern) und wirksam zur Beschleunigung des Aufschwungs der Revolution beitragen. So war beispielsweise die von uns im Jahr 1928 im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi und im Vorjahr in Westfukien errichtete politische Macht[Anmerkung 110] Ergebnis dieser Politik der Truppenkonzentration. Das ist ein allgemeines Prinzip. Gibt es aber Fälle, in denen wir unsere Truppen auflockern müssen? Ja, es gibt solche. Im Brief des Frontkomitees an das Zentralkomitee wird von der Taktik des Partisanenkampfes der Roten Armee gesprochen, einschließlich der Dekonzentration der Truppen in einem kleinen Umkreis:

Die Taktik, die wir auf Grund der Kämpfe der letzten drei Jahre ausgearbeitet haben, unterscheidet sich tatsächlich von der Taktik aller Zeiten in China und im Ausland. Dank unserer Taktik werden die Massen in einem immer größeren Umfang zum Kampf mobilisiert, und kein Feind, wie stark er auch sei, kann mit uns fertig werden. Unsere Taktik ist die des Partisanenkriegs. Im wesentlichen besteht sie in folgendem: "Die Truppen auflockern, um die Massen aufzurütteln; die Truppen konzentrieren, um dem Feind zu begegnen." "Rückt der Feind vor, ziehen wir uns zurück; macht er halt, umschwärmen wir ihn; ist er ermattet, schlagen wir zu; weicht er, verfolgen wir ihn." "Bei der Schaffung stabiler Gebiete der selbständigen Macht[Anmerkung 111] wendet man die Taktik des Vorrückens in Wellenlinien an; wird man von einem starken Gegner verfolgt, wendet man die Taktik des spiralförmigen Kreiseziehens an." "Mit geringstem Zeitaufwand unter Anwendung bester Methoden breiteste Massen aufrütteln." Diese Taktik gleicht dem Auswerfen eines Netzes - man muß imstande sein, es in jedem Moment auszuwerfen und in jedem Moment wieder einzuziehen. Man wirft es aus, um die Massen für sich zu gewinnen; man zieht es ein, um dem Feind zu begegnen. In den letzten drei Jahren haben wir durchweg eine solche Taktik angewandt.

Hier heißt "Netz auswerfen" die Truppen in einem kleinen Umkreis auflockern. Als wir beispielsweise Yunghsin im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet zum ersten Mal eingenommen hatten, wurden die Kräfte des 29. und des 31. Regiments innerhalb des Kreises Yunghsin aufgelockert. Ferner, als wir Yunghsin zum dritten Mal erobert hatten, wurde das 28. Regiment an die Grenze des Kreises Anfu, das 29. Regiment nach Liänhua und das 31. Regiment an die Grenze des Kreises Dji-an verlegt. Als Beispiel könnte man auch die Aufteilung der Truppen auf die Kreise in Südkiangsi im April/Mai des Vorjahrs oder auf die Kreise in Westfukien im Juli anführen. Die Truppen in einem weiten Umkreis aufzulockern, ist nur unter zwei Bedingungen möglich: Wenn die Lage einigermaßen günstig ist und wenn verhältnismäßig gesunde Führungsorgane vorhanden sind. Denn die Auflockerung der Truppen soll uns größere Möglichkeiten verschaffen, die Massen für uns zu gewinnen, die Agrarrevolution zu vertiefen und die politische Macht zu errichten sowie die Reihen der Roten Armee und der örtlichen bewaffneten Kräfte zu erweitern. Wenn dieses Ziel nicht zu erreichen ist oder wenn die Auflockerung der Truppen Niederlagen und eine Schwächung der Roten Armee verursacht, wie das beispielsweise im August 1928 der Fall war, als unsere Truppen im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet für einen Vorstoß gegen die Stadt Tschendschou dekonzentriert wurden, ist es besser, die Truppen nicht aufzulockern. Wenn aber die obenerwähnten zwei Bedingungen gegeben sind, soll man zweifellos die Truppen auflockern, da unter diesen beiden Bedingungen die Auflockerung vorteilhafter ist als die Konzentration.

Der Februarbrief des Zentralkomitees war seinem Geist nach nicht gut. Er hatte einen ungünstigen Einfluß auf einen Teil der Genossen der Parteiorganisation des 4. Korps. Außerdem behauptete damals das Zentralkomitee in einem Rundschreiben, daß es nicht unbedingt zum Krieg zwischen Tschiang Kai-schek und der Kuangsi-Clique kommen würde. Von da an jedoch waren die Einschätzungen des Zentralkomitees und seine Weisungen im großen und ganzen richtig. Um die in dem erwähnten Rundschreiben gegebene unrichtige Einschätzung zu korrigieren, hat das Zentralkomitee bereits ein anderes Rundschreiben verschickt. Und wenn auch der Brief an die Rote Armee nicht berichtigt wurde, verklangen jedoch in den späteren Weisungen des Zentralkomitees jene pessimistischen Töne, und auch seine Ansichten über die Operationen der Roten Armee stimmten dann mit den unsrigen überein. Dennoch bleibt nach wie vor der ungünstige Einfluß, den jener Brief des Zentralkomitees auf einen Teil unserer Genossen ausgeübt hat. Deshalb bin ich der Meinung, daß es auch heute noch notwendig ist, diese Frage klarzustellen.

Der Plan, die Provinz Kiangsi innerhalb eines Jahres in Besitz zu nehmen, wurde ebenfalls im April des Vorjahrs vom Frontkomitee dem Zentralkomitee vorgelegt, worauf dann in Yüdu ein Beschluß dazu gefaßt wurde. Die damals vorgebrachten Argumente wurden in dem betreffenden Brief an das Zentralkomitee wie folgt dargelegt:

Die Truppen Tschiang Kai-scheks und der Kuangsi-Clique nähern sich einander im Gebiet von Djiudjiang, eine große Schlacht steht unmittelbar bevor. Dadurch, daß die Volksmassen den Kampf wiederaufgenommen haben und sich außerdem die Widersprüche innerhalb des herrschenden reaktionären Lagers vertiefen, wird es wahrscheinlich, daß bald ein Aufschwung der Revolution eintritt. Wenn wir unter diesen Umständen unsere Pläne ausarbeiten, gehen wir davon aus, daß in zwei der südlichen Provinzen - in Kuangtung und in Hunan - die bewaffneten Kräfte der Kompradoren und der Grundherren zu stark sind, wobei in Hunan infolge der putschistischen Fehler der Partei unsere Massenbasis sowohl innerhalb wie außerhalb der Partei fast ganz verlorengegangen ist. Anders ist die Lage in den Provinzen Fukien, Kiangsi und Tschekiang. Erstens sind die bewaffneten Kräfte des Feindes in diesen drei Provinzen am schwächsten. In Tschekiang gibt es nur die zahlenmäßig schwachen Garnisonstruppen der Provinz unter Djiang Bo-tscheng.[Anmerkung 112] In Fukien gibt es zwar 5 Verbände mit 14 Regimentern, jedoch ist die Brigade Guo Feng-mings[Anmerkung 113] bereits zerschlagen; die Einheiten Tschen Guo-huis und Lu Hsing-bangs[Anmerkung 114] bestehen aus Banditen, und ihre Kampfkraft ist sehr gering; die zwei Brigaden der Marineinfanterie an der Küste haben nie an Gefechten teilgenommen, und ihre Kampfkraft kann nicht groß sein; nur die Truppen Dschang Dschens[Anmerkung 115] verfügen über eine gewisse Schlagkraft, doch nach einer Analyse des Provinzparteikomitees von Fukien haben auch unter ihnen nur zwei Regimenter eine verhältnismäßig hohe Kampfkraft. Dazu kommt, daß in Fukien gegenwärtig völliges Chaos, Verwirrung und Zwietracht herrschen. In Kiangsi zählen die Truppen Dschu Pe-dös[Anmerkung 116] und Hsiung Schi-huis[Anmerkung 117] alles in allem 16 Regimenter, die zwar die militärischen Kräfte von Fukien und Tschekiang überragen, aber gegenüber den in Hunan stehenden beträchtlich schwächer sind. Zweitens wurden in diesen drei Provinzen verhältnismäßig wenig putschistische Fehler gemacht. Abgesehen von Tschekiang, wo die Lage für uns nicht ganz klar ist, hat die Partei in den Provinzen Kiangsi und Fukien eine etwas festere organisatorische und Massenbasis als in Hunan. Nehmen wir Kiangsi als Beispiel, so haben wir im Nordteil - in Dö-an, Hsiuschui und Tunggu - noch eine ziemlich feste Basis; im Westteil dieser Provinz - in Ninggang, Yunghsin, Liänhua und Suitschuan besitzen die Partei und die Rote Garde immer noch eine gewisse Stärke; im Südteil sind die Aussichten noch besser: Es gibt Anzeichen, daß das 2. und das 4. Regiment der Roten Armee in den Kreisen Dji-an, Yungfeng und Hsingguo von Tag zu Tag stärker werden; die Einheiten der Roten Armee unter Fang Dschi-min sind keineswegs vernichtet. So ergibt sich die Situation, daß wir Nantschang einkreisen. Wir unterbreiten dem Zentralkomitee den Vorschlag, während der andauernden Kriege der Kuomintang-Militärmachthaber untereinander den Kampf gegen Tschiang Kai-schek und die Kuangsi-Clique um Kiangsi und daneben auch um den Westteil der Provinzen Fukien und Tschekiang aufzunehmen. Ferner sollen wir den zahlenmäßigen Bestand der Roten Armee in diesen drei Provinzen vergrößern und die selbständige Macht der Massen schaffen. Die Frist für die Durchführung dieses Planes soll mit einem Jahr bemessen sein.

Der einzige Fehler in dem oben zitierten Passus über die Einnahme von Kiangsi lag darin, eine Frist von einem Jahr anzusetzen. Die Einnahme von Kiangsi hätte, außer den Bedingungen in Kiangsi selbst, auch zur Voraussetzung, daß bald im ganzen Land ein Aufschwung der Revolution eintreten würde. Denn ohne die Überzeugung, daß der Aufschwung der Revolution bald beginnen würde, hätten wir doch auf keinen Fall zur Schlußfolgerung kommen können, Kiangsi innerhalb eines Jahres in Besitz zu nehmen. Die Schwäche unseres Vorschlags lag nur darin, daß wir die Frist von einem Jahr festgesetzt haben, denn dadurch wurde unvermeidlich dem Wörtchen "bald" in der Formulierung ". . . daß bald ein Aufschwung der Revolution eintritt" eine Nuance von Ungeduld verliehen. Was die subjektiven und objektiven Bedingungen in Kiangsi anbelangt, so verdienen sie ernste Beachtung. Neben den subjektiven Bedingungen, wie sie im Brief ans Zentralkomitee erwähnt wurden, sind heute drei objektive Bedingungen hervorzuheben: 1. Die Wirtschaft von Kiangsi hat im wesentlichen einen feudalen Charakter, der Einfluß des Handelskapitals ist hier verhältnismäßig gering, und die bewaffneten Kräfte der Grundherren sind in Kiangsi schwächer als in jeder anderen südlichen Provinz; 2. Kiangsi hat keine eigenen Provinztruppen, dort sind stets Truppen aus anderen Provinzen stationiert; diese Truppen aber, die zur "Ausrottung der Kommunisten" und "Ausrottung der Banditen" eingesetzt werden, sind mit den örtlichen Verhältnissen nicht vertraut und an diesen Operationen bei weitem nicht so interessiert, wie es Truppen der eigenen Provinz wären; sie zeigen häufig keine besondere Begeisterung; 3. der Einfluß des Imperialismus ist hier schwächer als in der Hongkong benachbarten Provinz Kuangtung, die fast in jeder Hinsicht unter britischer Kontrolle steht. Verstehen wir diese drei Punkte, dann können wir erklären, warum in Kiangsi Bauernaufstände verbreiteter und die Rote Armee sowie die Partisanentruppen zahlenmäßig stärker sind als in jeder anderen Provinz.

Viele Genossen bewegt dieselbe Frage, wie denn nun das Wörtchen "bald" in der Formulierung ". . . daß bald ein Aufschwung der Revolution eintritt" zu verstehen sei. Marxisten sind keine Wahrsager. Sie sollen und können nur die allgemeine Richtung der künftigen Entwicklung und Veränderungen aufzeigen, aber sie dürfen nicht und können auch nicht mechanisch Tag und Stunde festlegen. Wenn ich jedoch sage, daß bald ein Aufschwung der chinesischen Revolution eintreten wird, so spreche ich keineswegs davon, daß er, wie manche Leute sagen, "möglicherweise eintreten könnte", als von etwas Illusorischem, Unerreichbarem, für das praktische Tun völlig Bedeutungslosem. Der Aufschwung der Revolution gleicht einem Schiff, dessen Mastspitzen bereits vom Meeresufer aus am fernen Horizont zu sehen sind; er gleicht der Morgensonne, deren leuchtende Strahlen bereits die Finsternis im Osten durchbrechen und vom Gipfel eines hohen Berges aus zu sehen sind; er gleicht einem Kind, das sich im Schoß der Mutter unruhig bewegt und bald geboren werden wird.

Man muss die Arbeit auf wirtschaftlichem Gebiet beachten

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.147-156)

(20. August 1933)[Anmerkung 118]

Die stürmische Entwicklung des revolutionären Krieges fordert von uns die Mobilisierung der Massen, um unverzüglich eine Bewegung an der Wirtschaftsfront zu entfalten und alle notwendigen und möglichen Aufgaben auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Aufbaus durchzuführen. Warum? Gegenwärtig muß unsere gesamte Arbeit darauf gerichtet sein: den Sieg im revolutionären Krieg und vor allem den endgültigen Sieg im Kampf um die Zerschlagung des fünften feindlichen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs"[Anmerkung 119] zu erringen; die materiellen Bedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, die Verpflegung und Versorgung der Roten Armee zu gewährleisten; das Leben der Volksmassen zu verbessern, um dadurch ihre Begeisterung zur Teilnahme am revolutionären Krieg noch mehr zu entfachen; an der Wirtschaftsfront die breiten Volksmassen zu organisieren und sie zu erziehen, damit aus den Massen neue Kräfte für den Krieg gewonnen werden; durch den wirtschaftlichen Aufbau das Bündnis der Arbeiter und Bauern zu festigen, die demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern zu verankern und die Führung des Proletariats zu stärken. Um all das zu erreichen, bedarf es einer Aufbauarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet. Das muß jeder revolutionäre Funktionär klar verstehen. Früher meinten manche Genossen, sie seien schon vom revolutionären Krieg stark in Anspruch genommen, wie könnten sie da noch Zeit für den wirtschaftlichen Aufbau finden? Deshalb beschimpften sie jeden, der vom Wirtschaftsaufbau sprach, als "rechten Abweichler". Ihrer Meinung nach sei der wirtschaftliche Aufbau unter den Verhältnissen des revolutionären Krieges unmöglich, würde man sich erst nach dem endgültigen Sieg in diesem Krieg, nur unter friedlichen, ruhigen Verhältnissen damit befassen können. Genossen, diese Ansichten sind falsch. Wer solche Ansichten vertritt, begreift nicht, daß wir, falls wir uns nicht mit dem wirtschaftlichen Aufbau befassen, außerstande sein werden, die materiellen Voraussetzungen für die Führung des revolutionären Krieges sicherzustellen, und dann werden sich die Volksmassen durch einen langwierigen Krieg erschöpft fühlen. Seht, der Feind führt eine Wirtschaftsblockade durch; Spekulanten und Reaktionäre untergraben unsere Finanzen und unseren Handel, und der Außenhandel unserer roten Gebiete stößt auf ernste Hindernisse. Wird nicht der revolutionäre Krieg, wenn wir mit all diesen Schwierigkeiten nicht fertig werden, darunter stark leiden? Salz ist sehr teuer und zuweilen auch gar nicht zu haben. Im Herbst und im Winter ist Reis billig, aber im Frühjahr und im Sommer ist er ungeheuer teuer. Das alles beeinträchtigt unmittelbar die Lebensbedingungen der Arbeiter und Bauern und macht es unmöglich, sie zu verbessern. Wird das dem Bündnis der Arbeiter und Bauern, unserer grundlegenden Linie, keinen Schaden zufügen? Wenn die Arbeiter- und Bauernmassen mit ihren Lebensbedingungen unzufrieden sein werden, wird sich das etwa nicht negativ auf den Ausbau unserer Roten Armee und auf die Mobilisierung der Massen für die Teilnahme am revolutionären Krieg auswirken? Völlig falsch ist deshalb die Meinung, daß man sich unter den Verhältnissen des revolutionären Krieges nicht mit dem wirtschaftlichen Aufbau befassen sollte. Die Leute, die diese Meinung vertreten, behaupten zwar oft, daß alles dem Krieg unterzuordnen sei; sie begreifen jedoch nicht, daß der Verzicht auf den wirtschaftlichen Aufbau durchaus nicht bedeutet, alles dem Krieg unterzuordnen, sondern vielmehr bedeutet, unsere Kriegsanstrengungen zu schwächen. Nur durch Entfaltung der Arbeit an der Wirtschaftsfront und durch Entwicklung der Wirtschaft der roten Gebiete kann man eine entsprechende materielle Basis für den revolutionären Krieg schaffen, kann man unsere militärischen Angriffe erfolgreich entfalten und die feindlichen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" mit wuchtigen Schlägen parieren; nur so kann man die Kräfte für die Vergrößerung der Roten Armee finden und unsere Front so weit ausdehnen, daß sie einige tausend Li entfernte Orte erreicht, kann unsere Rote Armee unter günstigen Verhältnissen in Zukunft völlig unbesorgt die Kämpfe um Nantschang und Djiudjiang aufnehmen und kann sie - bei der Lebensmittelbeschaffung wesentlich erleichtert - ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Kampf mit dem Feind konzentrieren; nur so kann man erreichen, daß die breiten Volksmassen mit ihren Lebensbedingungen einigermaßen zufrieden sind und mit noch größerer Begeisterung in die Rote Armee eintreten oder auf anderen Gebieten Arbeit für die Sache der Revolution leisten. Nur das bedeutet, daß alles dem Krieg untergeordnet wird. Gegenwärtig gibt es noch viele revolutionäre Funktionäre in den verschiedenen Orten, die nicht begreifen, wie wichtig der wirtschaftliche Aufbau für den revolutionären Krieg ist, und zahlreiche örtliche Machtorgane, die nicht das Hauptgewicht auf die Erörterung der Fragen des wirtschaftlichen Aufbaus legen. In den örtlichen Machtorganen sind die Abteilungen für Volkswirtschaft organisatorisch noch unvollkommen. Bei manchen Abteilungen gibt es nicht einmal einen Leiter, oder man setzt lediglich um die Lücken auszufüllen - Leute ein, die dieser Arbeit nicht gewachsen sind. Die Entwicklung der Genossenschaften befindet sich noch im Anfangsstadium, während die Arbeit zur Regelung der Getreideversorgung vorerst nur an einzelnen Orten aufgenommen worden ist. In den verschiedenen Orten sind die breiten Volksmassen durch unsere Propaganda mit dieser Aufgabe des wirtschaftlichen Aufbaus noch nicht vertraut gemacht worden (eine überaus wichtige Arbeit), unter den Massen wurde noch keine Atmosphäre der Begeisterung für den Kampf um den wirtschaftlichen Aufbau geschaffen. All das ist die Folge davon, daß die Wichtigkeit des wirtschaftlichen Aufbaus ignoriert wird. Dadurch, daß die Genossen darüber auf dieser Beratung diskutieren und nach ihrer Heimkehr Bericht erstatten, müssen wir unter allen Funktionären der Machtorgane und unter den breiten Massen der Arbeiter und Bauern eine Atmosphäre der Begeisterung für den wirtschaftlichen Aufbau schaffen. Es ist notwendig, daß alle die Bedeutung des wirtschaftlichen Aufbaus für den revolutionären Krieg begreifen, sich energisch für die Unterbringung der Aufbauanleihe einsetzen, die Genossenschaftsbewegung entfalten, überall Getreidespeicher bauen und Reservelager für den Fall von Naturkatastrophen anlegen. Jeder Kreis muß eine Abteilung für die Regelung der Getreideversorgung mit Unterabteilungen in den wichtigen Distrikten und auf den wichtigen Marktplätzen einrichten. Einerseits müssen wir erreichen, daß innerhalb der roten Gebiete Getreide aus den Überschußgebieten in die Zuschußgebiete geliefert wird, und dürfen nicht zulassen, daß sich an einer Stelle Getreide häuft, während es an einer anderen nicht zu haben ist, oder daß an einer Stelle die Preise übermäßig niedrig und an einer anderen übermäßig hoch sind. Andererseits muß man erreichen, daß unser Getreideüberschuß planmäßig (aber nicht uneingeschränkt) und ohne Ausplünderung durch Spekulanten ausgeführt wird, damit wir die benötigten Waren aus den weißen Gebieten einführen können. Wir müssen uns bemühen, die Landwirtschafts- und Handwerksproduktion zu entwickeln sowie mehr Ackergeräte und mehr Kalk zu erzeugen, um die Ernte im kommenden Jahr zu erhöhen, und wir müssen durchsetzen, daß der frühere Stand in der Wolframerzförderung, in der Erzeugung von Nutzholz, Kampfer, Papier, Tabak, Leinengeweben, Champignon, Pfefferminzöl und anderen Spezialprodukten wieder erreicht wird; alle diese Waren sind in großen Mengen nach den weißen Gebieten auszuführen.

Was den Umfang unseres Außenhandels anbelangt, steht Getreide unter den wichtigsten Ausfuhrgütern an erster Stelle. Wir führen alljährlich rund drei Millionen Dan ungeschälten Reis aus; das bedeutet, daß von den drei Millionen Menschen unserer Bevölkerung jeder für die Ausfuhr im Durchschnitt mindestens ein Dan ungeschälten Reis pro Jahr im Austausch gegen einzuführende Massenbedarfsgüter hergibt. Weniger wird es nicht sein. Wer aber treibt diesen Handel? Ausschließlich die Kaufleute, die dabei das Volk unbarmherzig ausplündern. Im vergangenen Jahr verkauften die Bauern der Kreise Wan-an und Taiho den ungeschälten Reis an die Kaufleute zu einem Preis von einem halben Yüan je Dan, die Kaufleute aber setzten diesen Reis in Gandschou zu vier Yüan je Dan ab und erzielten so bei diesem Geschäft 700 Prozent Gewinn. Oder hier noch ein Beispiel: Unsere Drei-Millionen-Bevölkerung verbraucht alljährlich Salz für etwa neun Mil1ionen Yüan und Baumwollstoffe für die Summe von rund sechs Millionen Yüan. Bisher wurden diese Baumwollstoffe und das Salz für insgesamt 15 Millionen Yüan selbstverständlich durch die Kaufleute eingeführt, und wir haben uns überhaupt nicht darum gekümmert. Der Profit, den die Kaufleute bei diesen Geschäften erzielten, war ungeheuer groß. So bringen beispielsweise die Kaufleute Salz, das sie in Mehsiän zu einem Preis von einem Yüan für sieben Djin[Anmerkung 120] einkaufen, in unser Gebiet und verkaufen es zu einem Preis von einem Yüan für 3/4 Djin. Ist das etwa keine empörende Ausplünderung? Solche Zustände dürfen wir nicht mehr ignorieren, sondern müssen uns künftig selbst mit all diesen Angelegenheiten befassen. Unser Amt für Außenhandel muß in dieser Hinsicht große Anstrengungen machen. Wie wird die in Höhe von drei Millionen Yüan aufzulegende Anleihe für den wirtschaftlichen Aufbau verwendet? Wir haben vor, sie folgendermaßen auszunutzen: eine Million Yüan für die Kriegsaufwendungen der Roten Armee, zwei Millionen als Leihkapital für die Genossenschaften, das Amt für die Regelung der Getreideversorgung und das Amt für Außenhandel. Von dem Darlehen wird ein geringer Teil zur Entwicklung der Produktion, der größere Teil aber zur Entwicklung des Außenhandels verwendet werden. Unser Ziel besteht darin, nicht nur die Produktion zu entwickeln, sondern auch zu erreichen, daß die auszuführenden Waren zu angemessenen Preisen verkauft, die aus den weißen Gebieten einzuführenden Waren - Salz und Baumwollstoffe - dagegen zu niedrigen Preisen eingekauft und unter die Volksmassen verteilt werden. Auf diese Weise werden wir die Blockade des Feindes durchbrechen und die Ausplünderung der Bevölkerung durch die Kaufleute unterbinden. Wir müssen die Wirtschaft des Volkes von Tag zu Tag weiter entwickeln, die Lebensbedingungen der Volksmassen bedeutend verbessern, unsere Geldeinnahmen beträchtlich vermehren und damit eine solide materielle Basis für den revolutionären Krieg und den wirtschaftlichen Aufbau schaffen.

Das ist eine große Aufgabe, ein großer Klassenkampf. Aber wir müssen uns fragen: Ist diese Aufgabe unter den Bedingungen eines erbitterten Krieges zu verwirklichen? Ich meine, daß sie zu verwirklichen ist. Wir sprechen doch nicht vom Bau einer Eisenbahn bis Lungyän, augenblicklich auch nicht vom Bau einer Landstraße bis Gandschou. Wir sprechen nicht von einem vollständigen Getreidemonopol und auch nicht davon, daß beim Handel mit Salz und Baumwollstoffen der gesamte Umsatz von 15 Millionen Yüan durch die Hände der Regierung gehen sollte und die Kaufleute auszuschalten wären. Nein, wir sprechen nicht davon und handeln auch nicht so. Wovon wir sprechen und was wir tun, das ist die Entwicklung der landwirtschaftlichen und Handwerksproduktion, die Ausfuhr von Getreide und Wolframerz, die Einfuhr von Salz und Baumwollstoffen. Dabei beginnen wir vorläufig mit einem Kapital von zwei Millionen Yüan zuzüglich der Anteile der örtlichen Bevölkerung. Sind das Dinge, die wir nicht tun sollten, die wir nicht bewerkstelligen könnten, die uns mißlingen müßten? Wir haben diese Arbeit in Angriff genommen und bereits Erfolge erzielt. Die diesjährige Herbsternte ist um 20 bis 25 Prozent höher als die des Vorjahrs, so daß die von uns vorgesehene zwanzigprozentige Steigerung der Ernteerträge übertroffen wurde. Auf dem Gebiet der Handwerksindustrie wird die Produktion von Ackergeräten und von Kalk wieder aufgenommen. Die Wiederaufnahme der Wolframerzförderung läuft an. Eingesetzt hat eine gewisse Belebung auch in der Erzeugung von Tabak, Papier und Nutzholz. Bei der Regelung der Getreideversorgung sind in diesem Jahr beachtliche Erfolge zu verzeichnen. Auch die Salzeinfuhr hat zum Teil begonnen. Diese Erfolge sind die Grundlage für unsere feste Zuversicht, daß ein weiteres Vorwärtsschreiten möglich ist. Ist es nicht eine offenkundig falsche Auffassung, wenn man behauptet, der wirtschaftliche Aufbau wäre erst nach Beendigung des Krieges möglich, gegenwärtig aber undurchführbar?

Es ist daher auch klar, daß sich in dem gegenwärtigen Stadium der Wirtschaftsaufbau auf die zentrale Aufgabe - den revolutionären Krieg - orientieren muß. Gegenwärtig ist der revolutionäre Krieg die zentrale Aufgabe, und der wirtschaftliche Aufbau muß ihm dienstbar gemacht, auf ihn konzentriert und ihm untergeordnet werden. Den wirtschaftlichen Aufbau schon heute für den Mittelpunkt aller Aufgaben zu halten, und den revolutionären Krieg außer acht zu lassen, den wirtschaftlichen Aufbau losgelöst vom revolutionären Krieg zu betreiben, ist ebenso eine falsche Auffassung. Erst nach Abschluß des Bürgerkriegs wird man sagen können und auch müssen, daß der wirtschaftliche Aufbau im Mittelpunkt aller Aufgaben steht. Der Versuch, während des Bürgerkriegs einen friedlichen Wirtschaftsaufbau zu betreiben, wie er erst in der Zukunft notwendig und möglich sein wird, es aber derzeit nicht ist, bedeutet, sich einem leeren Wahn hinzugeben. Die gegenwärtig vor uns stehenden Aufgaben sind solche, die der Krieg dringend erfordert. Jede dieser Aufgaben muß dem Krieg dienen und darf kein vom Krieg losgelöstes friedliches Vorhaben sein. Wenn unter den Genossen manche glauben, man müsse den wirtschaftlichen Aufbau losgelöst vom Krieg durchführen, so müssen sie diese Ansicht unverzüglich korrigieren.

Man kann eine rasche Entfaltung der Bewegung an der Wirtschaftsfront nicht durchsetzen, ohne einen richtigen Führungsstil und ohne richtige Arbeitsmethoden anzuwenden. Das ist ebenfalls eine wichtige Frage, die wir auf dieser Beratung lösen müssen, da doch die Genossen nach der Rückkehr in ihre Orte nicht nur sofort eine Menge Arbeit zu verrichten, sondern auch viele Funktionäre, mit denen sie diese Arbeit gemeinsam durchführen sollen, anzuleiten haben. Das gilt besonders für die Genossen, die auf der Ebene der Gemeinden und Städte sowie in den Genossenschaften, in den Ämtern bzw. Abteilungen für Getreideversorgung, Handel und Beschaffung tätig sind. Sie sind die Funktionäre, die praktische Arbeit leisten, die Massen persönlich zur Organisierung der Genossenschaften, zur Regelung der Getreideversorgung und zum Transport des Getreides sowie zur Verwaltung der Ein- und Ausfuhr mobilisieren. Finden sie nicht den richtigen Führungsstil, verwenden sie nicht richtige und wirksame Arbeitsmethoden, so wird das unverzüglich die Ergebnisse unserer Arbeit beeinträchtigen und dazu führen, daß unsere Arbeit nicht die Unterstützung der breiten Massen erhalten wird und wir in diesem Herbst und Winter sowie im kommenden Frühjahr und Sommer außerstande sein werden, den Plan der Zentralregierung auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Aufbaus vollständig zu erfüllen. Infolgedessen möchte ich die Genossen auf nachstehende Momente hinweisen:

1. Die Volksmassen müssen durch organisatorische Maßnahmen mobilisiert werden. Vor allem sollen die Genossen, die in den Präsidien der Machtorgane aller Ebenen bzw. in deren Abteilungen für Volkswirtschaft und für Finanzen tätig sind, solche Aufgaben wie die Verbreitung der Anleihe, die Entwicklung der Genossenschaften, die Regelung der Getreideversorgung und die Entwicklung der Produktion und des Handels regelmäßig auf die Tagesordnung setzen, um sie zu diskutieren, zu überwachen und zu überprüfen. Ferner ist es notwendig, die Massenorganisationen, vor allem die Gewerkschaften und die Vereinigungen der armen Bauern, in Bewegung zu setzen. Die Gewerkschaften müssen die Massen ihrer Mitglieder zum Kampf an der Wirtschaftsfront mobilisieren. Die Vereinigungen der armen Bauern sind eine mächtige Basis für die Mobilisierung der Massen zur Entwicklung der Genossenschaften und Unterbringung der Anleihe; die Machtorgane der Distrikte und Gemeinden müssen sie tatkräftig anleiten. Ferner ist in den Massenversammlungen, die dorfweise oder hofweise einzuberufen sind, der wirtschaftliche Aufbau zu propagieren, dabei muß man den Zusammenhang zwischen dem revolutionären Krieg und dem wirtschaftlichen Aufbau erschöpfend erläutern und auf praktische Weise klarlegen, wie die Lebensbedingungen der Massen zu verbessern sind, wie unsere Kampfkraft zu vergrößern ist. Man muß die Bevölkerung aufrufen, die Anleihe zu zeichnen, die Genossenschaften zu entwickeln, die Getreideversorgung zu regeln, die Finanzen zu festigen und den Handel zu erweitern; man muß an sie appellieren, für die Verwirklichung dieser Losungen zu kämpfen, und den Enthusiasmus der Volksmassen steigern. Falls die Massen nicht auf diese Weise durch organisatorische Maßnahmen mobilisiert werden und keine Aufklärungsarbeit unter ihnen geleistet wird, das heißt, wenn sich die Präsidien der Machtorgane aller Ebenen und deren Abteilungen für Volkswirtschaft und für Finanzen keine große Mühe geben, die Arbeit für den Wirtschaftsaufbau zu diskutieren und zu überprüfen, und wenn sie nicht darauf achten, die Massenorganisationen zu mobilisieren und zur Durchführung der Propaganda Massenversammlungen zu veranstalten, werden wir unser Ziel nicht erreichen können.

2. Die Methoden der Mobilisierung der Massen dürfen nicht bürokratisch sein. Bürokratische Führungsmethoden sind bei jeder revolutionären Tätigkeit unzulässig, und so auch beim wirtschaftlichen Aufbau. Man muß den Bürokratismus, diesen Greuel, den kein Genosse leiden kann, auf den Müllhaufen werfen. Alle Genossen müssen solchen Arbeitsmethoden den Vorzug geben, welche die Massen ansprechen, das heißt jedem Arbeiter und Bauern willkommen sind. Eine der Erscheinungsformen des Bürokratismus ist der Schlendrian in der Arbeit, der durch gleichgültiges und rein formales Verhalten gekennzeichnet ist. Wir müssen einen ernsten Kampf gegen diese Erscheinung führen. Eine andere Erscheinungsform des Bürokratismus ist die Kommandiererei. Nach außen hin zeigt ein Funktionär, dem diese Art des Bürokratismus eigen ist, keine Nachlässigkeit in der Arbeit und macht den Eindruck, als ob er eifrig bei der Sache wäre. In der Tat aber wird es ihm niemals gelingen, mit Kommandomethoden Genossenschaften zu entwickeln. Selbst wenn sie dem Anschein nach eine Zeitlang wüchsen, könnten sie nicht gefestigt werden. Letzten Endes würden die Massen das Vertrauen zu ihnen verlieren, und dadurch wäre ihre Entwicklung gehemmt. Die Verbreitung der Anleihe durch Kommandiererei - mittels einer willkürlichen Umlage auf Grund eigener Zahlen und Berechnungen, ohne Rücksicht darauf, ob die Massen verstehen, worum es sich handelt, und ob sie solche Summen zeichnen können oder nicht - kann diesen nur mißfallen, wodurch es unmöglich wird, die Anleihe erfolgreich unterzubringen. Kommandomethoden müssen wir unbedingt verwerfen. Wir müssen beharrlich agitieren und die Massen überzeugen. Wir müssen die Genossenschaften entwickeln, die Anleihe verbreiten, die gesamte Arbeit zur wirtschaftlichen Mobilisierung durchführen und dabei mit den konkreten Verhältnissen und den jeweiligen Stimmungen der Massen rechnen.

3. Zur Entfaltung der Bewegung für den Wirtschaftsaufbau sind zahlreiche Kader erforderlich. Es geht nicht um Dutzende oder Hunderte, sondern um Tausende und Zehntausende von Menschen, die man organisieren, ausbilden und an die Front des wirtschaftlichen Aufbaus schicken muß. Sie werden an der Wirtschaftsfront die Kommandeure und die breiten Volksmassen die Kämpfer sein. Häufig klagt man, es fehle an Kadern. Aber haben wir denn wirklich keine Kader, Genossen? Aus den im Kampf um den Boden, im ökonomischen Kampf und im revolutionären Krieg gestählten Massen sind zahlreiche Funktionäre hervorgegangen; wie kann man da noch sagen, es gäbe keine Kader? Man braucht nur diese falsche Ansicht abzulegen, und die Kader werden sich sofort finden.

4. Den wirtschaftlichen Aufbau darf man heute weder von der allgemeinen Aufgabe des Krieges noch von den anderen Aufgaben trennen. Nur durch eine gründliche Durchführung der Kampagne zur Überprüfung der Bodenzuteilungen[Anmerkung 121] kann man das feudale und halbfeudale System des Grundbesitzes mit der Wurzel ausrotten, die Produktionsaktivität der Bauern entfalten und erreichen, daß die breiten Massen der Bauern rasch in die Front des Wirtschaftsaufbaus einbezogen werden. Nur durch entschlossene Durchführung der Arbeitsgesetze kann eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeitermassen erzielt werden; das wird dazu führen, daß die Massen der Arbeiter rasch zur aktiven Teilnahme am Wirtschaftsaufbau herangezogen werden und daß ihre führende Rolle gegenüber der Bauernschaft verstärkt wird. Nur bei richtiger Anleitung der Wahlkampagne und der Entlarvungskampagne,[Anmerkung 122] die zugleich mit der Kampagne zur Überprüfung der Bodenzuteilungen entfaltet wird, können unsere Regierungsorgane kräftig werden und kann unsere Regierung die Möglichkeit erhalten, den revolutionären Krieg und die Arbeit auf allen Gebieten - einschließlich der Wirtschaft - noch tatkräftiger anzuleiten. Die Hebung des politischen und kulturellen Niveaus der Volksmassen durch die Kultur- und Erziehungsarbeit ist für die Entwicklung der Volkswirtschaft ebenfalls von gewaltiger Bedeutung. Daß die Erweiterung der Roten Armee auch nicht einen Tag lang vernachlässigt werden darf, versteht sich ja von selbst. Allen ist klar: Wenn die Rote Armee keine Siege erringen sollte, würde die ökonomische Blockade sich noch weiter verstärken. Andererseits können die Entwicklung der Volkswirtschaft und die Verbesserung der Lebensbedingungen der Massen zweifellos eine beträchtliche Hilfe bei der Erweiterung der Roten Armee sein und dazu führen, daß die breiten Volksmassen mit Begeisterung an die Front gehen Kurzum, wenn wir alle obenerwähnten Voraussetzungen, einschließlich der neuen, äußerst wichtigen Aufgaben des wirtschaftliche Aufbaus, erfüllt und alle diese Voraussetzungen dem revolutionäre Krieg dienstbar gemacht haben, dann wird der Sieg im revolutionäre Krieg zweifellos unser sein.

Wie man die Klassen im Dorf unterscheidet

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.157-160)

(Oktober 1933)[Anmerkung 123]

1. Grundherren

Als Grundherren bezeichnet man jene, die Grund und Boden besitzen, selbst nicht arbeiten oder nur Nebenarbeiten verrichten und von der Ausbeutung der Bauern leben. Die Eintreibung des Pachtzinses ist die Hauptform der Ausbeutung durch die Grundherren, die daneben auch Leihgeschäfte betreiben, Landarbeiter anstellen oder Industrie- bzw. Handelsunternehmen besitzen können. Die Hauptform der grundherrlichen Ausbeutung ist jedoch die Ausbeutung der Bauern durch die Eintreibung des Pachtzinses. Die Verwaltung der Ländereien der öffentlichen Hand und die Pachteinnahmen von Grund und Boden der Schulen[Anmerkung 124] sind ebenfalls Formen der Ausbeutung durch Eintreibung des Pachtzinses.

Grundherren, die, obwohl ruiniert, dennoch nicht arbeiten, sondern von Gaunereien und Erpressungen oder von der Unterstützung durch Verwandte und Freunde leben, wobei ihre Lebensbedingungen besser sind als die der einfachen Mittelbauern, gelten nichtsdestoweniger als Grundherren.

Die Militärmachthaber, Bürokraten, Tuhao und Liäschen sind die politischen Repräsentanten der Grundherrenklasse, sind die grausamsten unter den Grundherren. Weniger einflußreiche Tuhao und Liäschen trifft man häufig auch unter den Großbauern an. Personen, die den Grundherren bei der Eintreibung des Pachtzinses und bei der Führung der Wirtschaft helfen, deren Hauptexistenzquelle die Ausbeutung der Bauern durch den Grundherrn ist und deren Lebensbedingungen besser sind als die der einfachen Mittelbauern, sind den Grundherren gleichzustellen.

Personen, deren Hauptexistenzquelle die Ausbeutung durch Wucher ist und deren Lebensbedingungen besser sind als die der einfachen Mittelbauern, werden Wucherer genannt; sie sind den Grundherren gleichzustellen.

2. Großbauern

Die Großbauern besitzen in der Regel Grund und Boden, manchen von ihnen gehört jedoch nur ein Teil des von ihnen bearbeiteten Bodens, während sie den anderen Teil hinzugepachtet haben; andere besitzen überhaupt kein eigenes Land und haben den ganzen von ihnen bearbeiteten Boden in Pacht. Die Großbauern besitzen in der Regel relativ mehr und bessere Produktionsinstrumente und mehr Umlaufskapital, arbeiten selbst mit, jedoch die Quelle des Großteils oder eines Teils ihrer Einnahmen ist stets die Ausbeutung. Die Hauptform der Ausbeutung durch die Großbauern ist die Ausbeutung von Lohnarbeitern (Knechten). Gleichzeitig können die Großbauern auch einen Teil ihres Landes verpachten und dafür Pachtzins erhalten oder sich mit Leihgeschäften befassen oder Industrie- bzw. Handelsunternehmen besitzen. Die meisten Großbauern verwalten auch Ländereien der öffentlichen Hand. Als Großbauer muß auch betrachtet werden, wer, im Besitz einer ziemlich großen Fläche fruchtbaren Landes, zwar seinen Boden selbst bearbeitet und keine Lohnarbeiter beschäftigt, aber durch Eintreibung von Pachtzins, durch Wucher oder auf andere Weise die Bauern ausbeutet. Die großbäuerliche Ausbeutung trägt ständigen Charakter, und die Einnahmen daraus bilden bei vielen Großbauern den Hauptteil ihres Gesamteinkommens:

3. Mittelbauern

Viele Mittelbauern besitzen eigenes Land. Manche Mittelbauern besitzen nur einen Teil des von ihnen bearbeiteten Bodens, während sie den anderen Teil gepachtet haben; manche haben überhaupt kein eigenes Land und haben den ganzen von ihnen bearbeiteten Boden in Pacht. Die Mittelbauern besitzen in gewissem Umfang eigene Ackergeräte. Die Existenzquelle der Mittelbauern ist ausschließlich oder hauptsächlich ihre persönliche Arbeit. Die Mittelbauern Beuten in der Regel keine fremde Arbeitskraft aus; viele von ihnen werden selber ausgebeutet, indem sie kleinere Beträge als Pachtzins oder Darlehenszinsen zahlen. Die Mittelbauern verkaufen jedoch in der Regel nicht ihre Arbeitskraft. Ein gewisser Teil der Mittelbauern (die wohlhabenden Mittelbauern) Beuten in geringem Ausmaße fremde Arbeitskraft aus, aber diese Ausbeutung trägt keinen ständigen Charakter und bildet nicht die Hauptquelle ihrer Einnahmen.

4. Arme Bauern

Manche arme Bauern sind Eigentümer eines Teils des von ihnen bearbeiteten Bodens, aber sie haben nicht genügend Ackergeräte; andere besitzen überhaupt kein Land, sondern nur wenige Ackergeräte. Die armen Bauern sind in der Regel gezwungen, Boden zu pachten, und sie werden ausgebeutet, da sie Pachtzins und Darlehenszinsen zahlen und ihre Arbeitskraft zu einem kleinen Teil verkaufen müssen.

Während die Mittelbauern in der Regel ihre Arbeitskraft nicht zu verkaufen brauchen, sind die armen Bauern in der Regel gezwungen, ihre Arbeitskraft zu einem kleinen Teil zu verkaufen - das ist das Hauptkriterium, durch das der Unterschied zwischen den Mittelbauern und den armen Bauern bestimmt wird.

5. Arbeiter

Die Arbeiter (einschließlich der Landarbeiter) haben in der Regel weder Land noch Ackergeräte; nur manche von ihnen besitzen winzige Parzellen und einige Geräte. Die Arbeiter beziehen ihren Lebensunterhalt ausschließlich oder hauptsächlich durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft.

Unsere Wirtschaftspolitik

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.161-167)

(23.Januar 1934)[Anmerkung 125]

Nur die unverschämtesten Militärmachthaber der Kuomintang, die in ihrem Herrschaftsbereich das Volk ins Elend gestürzt und die Wirtschaft an den Rand des Ruins gebracht haben, sind fähig, tagaus, tagein die Verleumdung zu verbreiten, in den roten Gebieten herrsche völliger Verfall. Die Imperialisten und die Kuomintang setzen sich das Ziel, die roten Gebiete zu zerstören, den sich in diesen Gebieten entfaltenden wirtschaftlichen Aufbau zu hintertreiben und den Wohlstand der viele Millionen zählenden Massen der Arbeiter und Bauern, die ihre Befreiung erkämpft haben, zu zerstören. Deshalb haben sie nicht nur Streitkräfte zur Durchführung von militärischen "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzügen" organisiert, sondern betreiben auch eine unbarmherzige Politik der Wirtschaftsblockade. Unter unserer Führung haben jedoch die breiten Volksmassen und die Rote Armee nicht nur mehrmals diese "Feldzüge" des Feindes zerschlagen, sondern tun auch beim wirtschaftlichen Aufbau alles Mögliche und Notwendige, um seine heimtückische Wirtschaftsblockade zu durchkreuzen. Auch in dieser Richtung schreiten wir unentwegt von Erfolg zu Erfolg.

Die Prinzipien unserer Wirtschaftspolitik sind folgende: alles tun, was auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Aufbaus möglich und notwendig ist, und die ökonomischen Hilfsquellen konzentrieren, um die Front zu versorgen; gleichzeitig die Lebensbedingungen der Volksmassen so weit wie möglich verbessern, das Bündnis der Arbeiter und Bauern auf wirtschaftlichem Gebiet festigen, die Führung der Bauernschaft durch das Proletariat sicherstellen und danach streben, daß der staatliche Sektor der Volkswirtschaft die führende Stellung gegenüber dem Privatsektor einnimmt, um somit die Voraussetzungen für die künftige Entwicklung zum Sozialismus zu schaffen.

Im Mittelpunkt unseres wirtschaftlichen Aufbaus steht: Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion, Entwicklung der Industrieproduktion, Entwicklung des Außenhandels und Entwicklung der Genossenschaften.

Die Landwirtschaft der roten Gebiete ist gegenwärtig offensichtlich im Aufstieg begriffen. Die landwirtschaftliche Produktion ist 1933 im Gebiet Südkiangsi-Westfukien im Vergleich zu 1932 um 15 Prozent und im Grenzgebiet Fukien-Tschekiang-Kiangsi um 20 Prozent gestiegen. Eine gute Ernte wurde im Grenzgebiet Szetschuan-Schensi eingebracht. In den ersten ein bis zwei Jahren nach der Schaffung der roten Gebiete war oft ein gewisses Absinken der landwirtschaftlichen Produktion zu beobachten.[Anmerkung 126] Als wir aber nach der Bodenaufteilung die Eigentumsrechte der Bauern am Grund und Boden festgelegt hatten und zudem die Produktion förderten, wuchs der Arbeitsenthusiasmus der Bauernmassen und erholte sich die Produktion. Gegenwärtig ist der vorrevolutionäre Stand der landwirtschaftlichen Produktion in manchen Gebieten nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen worden. In einigen Gegenden werden nicht nur die Ländereien, die während der revolutionären Erhebungen verödet waren, wieder bestellt, sondern auch neue Ländereien wurden urbar gemacht. In vielen Gegenden wurden im Dorf zur Regelung des Einsatzes der Arbeitskräfte Gruppen der gegenseitigen Arbeitshilfe und Feldbestellungsgruppen[Anmerkung 127] organisiert; zur Überwindung der Schwierigkeiten, die sich aus dem Mangel an Zugvieh ergaben, wurden Genossenschaften zur gemeinsamen Nutzung von Zugvieh gegründet. Gleichzeitig schalteten sich die breiten Massen der Frauen in die Produktionsarbeit ein. In der Zeit der Kuomintang-Herrschaft wäre eine solche Lage völlig unmöglich gewesen. Damals gehörte der Boden den Grundherren, und die Bauern waren weder gewillt noch imstande, die Fruchtbarkeit des Bodens mit eigenen Kräften zu steigern. Erst als wir den Boden unter den Bauern aufgeteilt und ihre Produktionstätigkeit anzuspornen und zu fördern begonnen hatten, legten die Bauernmassen einen Arbeitsenthusiasmus an den Tag, und es wurden große Siege in der Produktion möglich. Hier muß darauf hingewiesen werden, daß unter den gegenwärtigen Bedingungen die landwirtschaftliche Produktion den ersten Platz in unserem wirtschaftlichen Aufbau einnimmt; sie soll nicht nur das wichtigste Problem, das Ernährungsproblem, lösen, sondern auch das Problem der Rohstoffe für die Produktion solcher Massenbedarfsgüter wie Kleidung, Zucker, Papier usw., das heißt, sie soll das Problem der Versorgung mit Baumwolle, Flachs, Zuckerrohr, Bambus usw. lösen. Wichtige Bestandteile der Landwirtschaft sind auch die Forstpflege und die Vergrößerung des Viehbestands. Auf der Grundlage der bäuerlichen Kleinwirtschaft ist es nicht nur zulässig, sondern auch notwendig, entsprechende Produktionspläne für gewisse wichtige Arten landwirtschaftlichen Erzeugnisse auszuarbeiten und die Bauern zum Kampf für die Verwirklichung dieser Pläne zu mobilisieren. Dieser Aufgabe müssen wir noch mehr Beachtung schenken und noch mehr Kraft widmen. Wir müssen die Bauern tatkräftig dazu anleiten, daß sie mit den schwierigen Problemen fertig werden, die bei der Schaffung der notwendigen Bedingungen für die landwirtschaftliche Produktion auftreten, z. B. mit den Problemen der Arbeitskräfte, des Zugviehs, der Düngemittel, des Saatguts und der Bewässerung. In dieser Hinsicht besteht unsere grundlegendste Aufgabe auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Produktion darin, den Einsatz von Arbeitskräften auf organisiertem Wege zu regeln und die Frauen zur Teilnahme an der landwirtschaftlichen Produktion zu ermutigen. Die Organisierung von Gruppen der gegenseitigen Arbeitshilfe und von Feldbestellungsgruppen, die Anspornung und Mobilisierung der gesamten Dorfbevölkerung in den Zeiten der wichtigsten Feldarbeiten, wie der Frühjahrs- und der Sommerbestellung - das sind die zur Lösung des Arbeitskräfteproblems notwendigen Maßnahmen. Ein nicht kleiner Teil der Bauern (rund 25 Prozent) leidet Mangel an Zugvieh, was ebenfalls ein sehr ernstes Problem darstellt. Wir müssen unsere Aufmerksamkeit darauf richten, Genossenschaften zur gemeinsamen Nutzung von Zugvieh zu bilden und die Bauern, die solches nicht besitzen, anzuregen, aus freien Stücken auf gemeinsame Kosten Zugvieh zu kaufen. Maximale Beachtung muß auch dem Bewässerungsproblem geschenkt werden, das für die Landwirtschaft von lebenswichtiger Bedeutung ist. Gegenwärtig kann die Frage einer staatlichen bzw. kollektiven Landwirtschaft selbstverständlich noch nicht gestellt werden; um aber die Entwicklung der Landwirtschaft zu fördern, ist es dringend erforderlich, überall kleine Versuchsstationen zu gründen und landwirtschaftliche Forschungsinstitute einzurichten sowie Ausstellungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu veranstalten.

Die vom Feind durchgeführte Blockade brachte Schwierigkeiten für die Ausfuhr unserer Waren. Infolgedessen sind viele Zweige der Handwerksproduktion in den roten Gebieten verkümmert, besonders solche wie die Tabak- und Papiererzeugung. Aber diese Schwierigkeiten mit der Ausfuhr sind nicht ganz unüberwindlich. Infolge der Bedürfnisse der breiten Volksmassen haben wir einen eigenen umfangreichen Markt. Wir müssen die handwerkliche Produktion und gewisse Industriezweige planmäßig wiederherstellen und entwickeln, vor allem zur Befriedigung des eigenen Bedarfs und dann auch für die Ausfuhr. Im Laufe der letzten zwei Jahre, besonders seit der ersten Hälfte des Jahres 1933, begann bereits die Wiederbelebung vieler Zweige der Handwerksproduktion und einzelner Industriezweige, weil wir anfingen, ihnen unsere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und weil sich die Produktionsgenossenschaften der Massen allmählich entwickelten. Es handelt sich dabei vor allem um die Tabak- und Papiererzeugung, die Wolframerzförderung, die Kampfererzeugung, um die Herstellung von Ackergeräten und von Düngemitteln (Kalk u.a.). Überdies darf man in der gegenwärtigen Lage auch die eigene Produktion von Geweben, Medikamenten und Zucker nicht vernachlässigen. Im Grenzgebiet Fukien-Tschekiang-Kiangsi waren in der Vergangenheit manche Industriezweige wie die Papier-, Webwaren und Zuckerfabrikation niemals vorhanden. Gegenwärtig aber werden sie entwickelt, und diese Entwicklung zeitigt schon gute Ergebnisse. Um den Mangel an Kochsalz zu beheben, gewinnt man es dort aus salzhaltiger Erde. Um die Industrie in Gang zu halten, bedarf es einer entsprechenden Planung. Auf der Grundlage der zersplitterten Handwerksindustrie ist aber eine umfassende und genaue Planung selbstverständlich unmöglich. Doch für gewisse wichtige Betriebe, vor allem für jene, die sich in staatlichem oder genossenschaftlichem Besitz befinden, ist ein ziemlich genauer Produktionsplan unbedingt notwendig. Jeder unserer staatlichen oder genossenschaftlichen Industriebetriebe muß gleich bei Beginn seiner Tätigkeit auf eine genaue Einschätzung der Rohstoffquellen und der Absatzmöglichkeiten sowohl in den Gebieten des Feindes als auch in unseren Gebieten Wert legen.

Gegenwärtig ist es besonders notwendig, daß wir den Außenhandel der Bevölkerung planmäßig organisieren und daß der Staat den notwendigen Handel mit gewissen Waren, wie die Einfuhr von Kochsalz und Baumwollstoffen, die Ausfuhr von Getreide und Wolframerz sowie die Regelung der Getreideversorgung innerhalb unserer Gebiete, unmittelbar in seine Hände nimmt. Im Zentralen Gebiet wurde diese Arbeit im Frühjahr 1933, im Grenzgebiet FukienTschekiang-Kiangsi schon früher in Angriff genommen. Durch die Bildung des Außenhandelsamtes und anderer Institutionen wurden in dieser Richtung bereits die ersten Erfolge erzielt.

Heute besteht unsere Volkswirtschaft aus drei Sektoren: dem staatlichen, dem genossenschaftlichen und dem privaten Sektor.

Die staatlichen Betriebe beschränken sich gegenwärtig auf das, was möglich und notwendig ist. Sowohl die staatliche Industrie als auch der staatliche Handel haben bereits begonnen, sich zu entwickeln, und ihnen eröffnen sich unbegrenzte Perspektiven.

Was die Privatwirtschaft betrifft, behindern wir ihre Tätigkeit nicht, sondern spornen sie an und fördern sie, solange die Privatunternehmer die von der Regierung erlassenen Gesetze nicht überschreiten. Denn die Entwicklung der Privatwirtschaft ist heute im Interesse des Staates und des Volkes notwendig. Gegenwärtig hat die Privatwirtschaft selbstverständlich das absolute Übergewicht und wird ein solches Übergewicht unvermeidlich noch ziemlich lange besitzen. Die Privatwirtschaft in den roten Gebieten besteht gegenwärtig in der Form von kleinen Unternehmen.

Der genossenschaftliche Sektor ist in rascher Entwicklung begriffen. Nach statistischen Angaben gab es in den 17 Kreisen der Provinzen Kiangsi und Fukien im September 1933 insgesamt 1423 verschiedene Genossenschaften mit einem Anteilkapital von mehr als 300000 Yüan. Am stärksten haben sich die Konsum- und Getreidegenossenschaften entwickelt, ihnen folgen die Produktionsgenossenschaften. Die Kreditgenossenschaften haben ihre Tätigkeit eben erst aufgenommen. Im Verlauf ihrer gemeinsamen Tätigkeit wird sich die genossenschaftliche und staatliche Wirtschaft mit der Zeit zu einer gewaltigen wirtschaftlichen Kraft entwickeln, sie wird allmählich das Übergewicht über die Privatwirtschaft erlangen und dieser gegenüber die führende Stellung einnehmen. Deshalb ist es notwendig, gleichzeitig mit der Förderung der Entwicklung der Privatwirtschaft die staatliche Wirtschaft so weit wie möglich zu entwickeln und die genossenschaftliche Wirtschaft in großem Maßstab zu erweitern.

Um die staatliche Wirtschaft zu entwickeln und der genossenschaftlichen Wirtschaft zu helfen, haben wir mit Unterstützung der Volksmassen eine Anleihe für den wirtschaftlichen Aufbau in Höhe von drei Millionen Yüan aufgelegt. Sich in solcher Weise auf die Kraft der Massen zu stützen, ist gegenwärtig der einzig mögliche Weg zur Finanzierung des wirtschaftlichen Aufbaus.

Die Vergrößerung unserer finanziellen Einnahmen durch die Entwicklung der Volkswirtschaft, das ist der Hauptkurs unserer Finanzpolitik, der im Grenzgebiet Fukien-Tschekiang-Kiangsi bereits augenfällige Ergebnisse gezeitigt hat und auch im Zentralen Gebiet Früchte zu tragen beginnt. Die entschlossene Verwirklichung dieses Kurses ist die Pflicht unserer Finanz- und Wirtschaftsorgane. Im Zusammenhang damit muß höchst aufmerksam darauf geachtet werden, daß die Staatsbank bei der Herausgabe von Banknoten grundsätzlich von den Bedürfnissen der Entwicklung der Volkswirtschaft ausgeht, die rein finanziellen Bedürfnisse aber auf den zweiten Platz verweist.

Bei den Budgetausgaben muß man das Prinzip der Sparsamkeit einhalten. Alle Mitarbeiter der Regierungsinstitutionen müssen begreifen, daß Korruption und Verschwendung schwerste Verbrechen sind. Im Kampf gegen Korruption und Verschwendung sind bereits einige Erfolge erzielt worden, doch man muß weiterhin energisch dagegen vorgehen. Unser Rechnungswesen ist von dem Prinzip geleitet, daß jeder Groschen gespart werden muß für den Krieg und die Revolution, für unseren Wirtschaftsaufbau. Unsere Methoden der Verwendung der Staatseinnahmen müssen sich streng von den Kuomintang-Methoden unterscheiden.

In dem Augenblick, da das ganze Land in eine wirtschaftliche Katastrophe gestürzt ist, da Hunderte Millionen von Menschen unter Hunger und Kälte leiden, hat unsere Volksregierung um des revolutionären Krieges willen, im Interesse der Nation, ungeachtet aller Schwierigkeiten den wirtschaftlichen Aufbau ernsthaft in Angriff genommen. Es ist völlig klar, daß nur unser Sieg über den Imperialismus und über die Kuomintang, nur unsere planmäßige und organisierte Arbeit am wirtschaftlichen Aufbau das ganze chinesische Volk aus der beispiellosen Katastrophe retten kann.

Kümmern wir uns um das Alltagsleben der Volksmassen, achten wir auf die Arbeitsmethoden!

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.169-175)

(27.Januar 1934)[Anmerkung 128]

Es gibt zwei Fragen, die von den Genossen in der Diskussion nicht ausreichend beachtet worden sind. Ich bin der Ansicht, daß sie behandelt werden sollen.

Die erste Frage betrifft das Alltagsleben der Volksmassen.

Gegenwärtig besteht unsere zentrale Aufgabe darin, die breiten Volksmassen für die Teilnahme am revolutionären Krieg zu mobilisieren, durch diesen Krieg den Imperialismus und die Kuomintang zu zerschlagen, die Revolution über das ganze Land auszubreiten und die Imperialisten aus China zu verjagen. Wer diese zentrale Aufgabe unterschätzt, ist kein guter revolutionärer Funktionär. Wenn unsere Genossen diese zentrale Aufgabe wirklich klar sehen und begreifen, daß man die Revolution um jeden Preis über das ganze Land ausbreiten muß, dann sollen sie auch nicht im geringsten die Fragen der unmittelbaren Interessen der breiten Volksmassen, die Fragen ihres Alltagslebens, vernachlässigen oder unterschätzen. Denn der revolutionäre Krieg ist ein Krieg der Volksmassen. Nur wenn man die Massen mobilisiert, kann man Krieg führen, nur wenn man sich auf die Volksmassen stützt, kann man Krieg führen.

Werden wir den Feind besiegen können, wenn wir uns nur auf die Mobilisierung des Volkes für den Krieg beschränken und uns mit nichts anderem befassen, gewiß nicht. Wenn wir siegen wollen, müssen wir noch sehr viele andere Dinge tun. Wir müssen die Bauern in dem Kampf um den Boden führen und den Boden unter sie aufteilen, ihren Arbeitsenthusiasmus steigern und die landwirtschaftliche Produktion erhöhen; wir müssen die Interessen der Arbeiter verteidigen, Genossenschaften gründen und den Außenhandel entwickeln, wir müssen die Probleme der Volksmassen lösen: Fragen der Bekleidung, Ernährung und Wohnung, das Problem der Versorgung mit Brennholz, Reis, Speiseöl und Salz, Fragen des Gesundheitsschutzes und Eheprobleme. Kurzum, allen praktischen Fragen des täglichen Lebens der Volksmassen müssen wir unsere Beachtung schenken. Wenn wir diesen Fragen unsere Aufmerksamkeit zuwenden, sie lösen und die Bedürfnisse der Volksmassen befriedigen, werden wir zu wahren Organisatoren des Lebens der Volksmassen, die Massen werden sich wirklich um uns scharen und uns begeistert unterstützen. Die Genossen, werden wir dann erreichen können, daß die Volksmassen unserem Aufruf zum revolutionären Krieg Folge leisten? Ja, wir werden es erreichen - wir werden es bestimmt erreichen.

Unter manchen unserer Funktionäre haben wir beobachtet, daß sie nur von der Vergrößerung des Bestandes der Roten Armee, von der Vergrößerung der Transportabteilungen, von der Eintreibung der Bodensteuer, von der Zeichnung der Anleihe sprechen. Was aber das übrige betrifft, diskutieren sie weder darüber, noch kümmern sie sich darum; mehr noch, sie machen sich überhaupt keine Sorgen. So befaßte sich zum Beispiel die Stadtverwaltung von Tingdschou eine Zeitlang nur mit der Vergrößerung der Roten Armee und mit der Mobilisierung für die Transportabteilungen, schenkte aber den Fragen des Alltagslebens der Volksmassen nicht die geringste Beachtung. Dabei hatten die Volksmassen von Tingdschou kein Brennholz, sie konnten kein Salz kaufen, da es von den Kapitalisten versteckt wurde, ein Teil der Volksmassen hatte kein Obdach, und Reis war knapp und teuer. Das waren praktische Probleme der Volksmassen der Stadt Tingdschou, die sehnlichst erwarteten, daß wir ihnen bei der Lösung dieser Probleme helfen würden. Aber die Stadtverwaltung von Tingdschou hat diese Fragen nicht einmal diskutiert. Deshalb waren, nachdem der Deputiertenrat der Arbeiter und Bauern der Stadt Tingdschou neu gewählt worden war, mehr als 100 Deputierte nicht mehr gewillt, zu den Sitzungen zu erscheinen, da dort die ersten Male nur über die Vergrößerung der Roten Armee und über die Mobilisierung für die Transportabteilungen diskutiert worden war, während man dem Alltagsleben der Volksmassen überhaupt keine Beachtung geschenkt hatte; damit wurde es unmöglich, Sitzungen zuhalten. Deshalb hatte dort auch die Arbeit zur Vergrößerung der Roten Armee und zur Mobilisierung für die Transportabteilungen nur sehr geringe Ergebnisse. So sah es in diesem einen Fall aus.

Genossen, ihr habt wahrscheinlich die an euch verteilten Broschüren über die zwei vorbildlichen Gemeinden gelesen. Dort ist das Bild ganz anders. Wie stark hat sich in den Gemeinden Tschanggang,[Anmerkung 129] Provinz Kiangsi, und Tsaihsi,[Anmerkung 130] Provinz Fukien, die Rote Armee vergrößert 1. In Tschanggang sind 80 Prozent der gesamten Jugend und der Männer und Frauen reiferen Alters in die Reihen der Roten Armee eingetreten, in Tsaihsi, sogar 88 Prozent. Auch die Anleihezeichnung ergab große Summen: 4500 Yüan wurden in 'Tschanggang gezeichnet, das 1500 Einwohner zählt. Sehr gute Ergebnisse wurden dort auch bei anderen Arbeiten erzielt. Wie erklärt sich eine solche Lage An einigen Beispielen kann man das deutlich zeigen. Als einem armen Bauern in Tschanggang anderthalb Zimmer seines Wohnhauses niederbrannten, appellierte die Gemeindeverwaltung an die Volksmassen, ihm durch Geldspenden zu helfen. Als drei Einwohner Hunger litten, spendeten ihnen die Gemeindeverwaltung und die Gesellschaft für gegenseitige Hilfe unverzüglich Reis. Während der Lebensmittelknappheit im Sommer vorigen Jahres beschaffte die Gemeindeverwaltung aus dem über 200 Li entfernten Kreis Gunglüä[Anmerkung 131] Reis und half damit den Volksmassen. Eine sehr gute Arbeit auf diesen Gebiet wurde auch in Tsaihsi geleistet. Das sind wirklich vorbildliche Gemeindeverwaltungen. Sie unterscheiden sich ganz und gar von der Stadtverwaltung in Tingdschou mit ihren bürokratischen Leitungsmethoden. Wir müssen von den Gemeinden Tschanggang und Tsaihsi lernen und uns gegen solche bürokratischen Führer wie die der Stadt Tingdschou wenden.

Mit allem Nachdruck möchte ich den Kongreß darauf hinweisen, daß wir den Fragen des Alltagslebens der Volksmassen eindringlich unsere Aufmerksamkeit widmen müssen, angefangen von den Fragen des Grund und Bodens und der Arbeit bis zu den Fragen der Versorgung mit Brennholz, Reis, Speiseöl und Salz. Da wollen Frauen pflügen und eggen lernen. Wer könnte ihnen das beibringen? Die Kinder möchten in die Schule gehen. Haben wir schon Grundschulen eingerichtet? Die Holzbrücke da drüben ist so schmal, daß man abstürzen könnte. Sollten wir sie nicht einmal erneuern? Viele Menschen leiden an Geschwüren und anderen Krankheiten. Was machen wir da? Alle diese Fragen des täglichen Lebens der Volksmassen müssen auf unsere Tagesordnung gesetzt werden. Man muß sie erörtern, Beschlüsse dazu fassen, diese Beschlüsse in die Tat umsetzen und ihre Durchführung kontrollieren. Wir müssen den breiten Volksmassen klarmachen, daß wir ihre Interessen vertreten, daß wir mit ihnen die gleiche Luft atmen. Wir müssen ihnen helfen, davon ausgehend die von uns gestellten noch größeren Aufgaben, die Aufgaben des revolutionären Krieges, zu verstehen, damit sie die Revolution unterstützen, sie über das ganze Land ausbreiten ind - unseren politischen Aufrufen folgend - für den Sieg der Revolution bis zum Ende kämpfen. Die Volksmassen von Tschangang sagen: "Die Kommunistische Partei ist wirklich großartig, sie denkt an alle unsere Nöte." Ehre und Ruhm den vorbildlichen Funktionären der Gemeinde Tschanggang! Sie haben sich die aufrichtige Liebe der breiten Volksmassen erworben, und ihr Aufruf zur Mobilisierung für den Krieg findet die Unterstützung der breiten Volksmassen. Wollen wir die Unterstützung der Massen gewinnen wollen wir, daß die Massen ihre ganze Kraft für die Front hergeben? Wenn dem so ist, dann müssen wir mit den Massen verbunden sein, .ihre Aktivität entfalten, uns um ihr Wohl und Wehe sorgen, ehrlich und aufrichtig in ihrem Interesse arbeiten und die Fragen ihrer Produktion und ihres Alltagslebens wie die der Versorgung mit Salz, Reis, Wohnung, Kleidung, die Frage der Sorge um Mutter und Kind - kurzum, alle möglichen Fragen der Volksmassen lösen. Wenn wir so handeln, werden uns die breiten Volksmassen unbedingt unterstützen, werden sie die Revolution als die Sache ihres Lebens und als ihr glorreiches Banner betrachten. Wenn die Kuomintang die roten Gebiete überfällt, werden die Volksmassen, ohne ihr Leben zu schonen, den Kampf aufnehmen. Das unterliegt keinem Zweifel. Haben wir denn nicht tatsächlich den ersten, den zweiten, den dritten und den vierten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes zerschlagen?

Gegenwärtig verfolgt die Kuomintang die Blockhaus-Taktik,[Anmerkung 132] sie baut in verstärktem Maße diese ihre "Schildkrötenpanzer" und hält sie für eherne Festungen. Sind das aber, Genossen, tatsächlich eherne Festungen? Nicht im geringsten! Erinnert euch an die Paläste der feudalen Kaiser Waren sie nicht mit ihren Mauern und Gräben Jahrtausendelang fest genug Aber sie fielen einer nach dem anderen, als sich die Volksmassen erhoben. Der russische Zar war einer der grausamsten Herrscher der Welt; ist aber dieser Zar heil davongekommen, als das Proletariat und die Bauernschaft sich zur Revolution erhoben? Nein, er kam nicht heil davon. Und seine ehernen Festungen? Sie sind gefallen. Genossen, was ist denn eine wahrhaft eherne Festung? Die Volksmassen, die Millionenmassen, die ehrlich und aufrichtig die Revolution unterstützen. Das ist eine wirklich eherne Festung, die keine Kraft zerstören kann, die absolut nicht zu zerstören ist. Die Konterrevolution kann uns nicht zerbrechen, sondern wir werden sie zerbrechen. Wenn wir die Millionenmassen des Volkes um die revolutionäre Regierung. zusammenschließen und unseren revolutionären Krieg entfalten, wird es uns gelingen, die Konterrevolution völlig zu vernichten und ganz China zu gewinnen.

Die zweite Frage bezieht sich auf unsere Arbeitsmethoden.

Wir sind die Führer und Organisatoren des revolutionären Krieges, und zugleich sind wir die Führer und Organisatoren des Lebens der Volksmassen. Den revolutionären Krieg zu organisieren und die Lebensbedingungen der Massen zu verbessern - das sind unsere beiden großen Aufgaben. Und hier erhebt sich vor uns die ernste Frage der Arbeitsmethoden. Wir müssen nicht nur Aufgaben stellen, sondern auch die Frage lösen, mit welchen Methoden diese Aufgaben zu erfüllen sind. Wenn wir die Aufgabe haben, einen Fluß zu überschreiten, können wir das ohne eine Brücke oder ein Boot nicht tun. Wird die Frage der Brücke oder des Bootes nicht gelöst, dann ist es müßig, von einem Übersetzen auf das andere Ufer zu reden. Wird die Frage der Methoden nicht gelöst, dann ist auch das, was man über die Aufgabe sagt, nur ein leeres Geschwätz. Wenden wir der Anleitung zur Vergrößerung der Roten Armee keine Aufmerksamkeit zu und schenken wir den diesbezüglichen Methoden keine Beachtung, dann werden wir keinen Erfolg haben, wenn wir auch tausendmal die Parole von der Vergrößerung der Roten Armee im Munde führen. Auch auf allen anderen Tätigkeitsgebieten wie bei der Überprüfung der Bodenzuteilungen, beim Aufbau der Wirtschaft, auf dem Gebiet der Kultur und Volksbildung, bei der Arbeit in den neuen Gebieten und Grenzgebieten werden wir keine Aufgabe erfüllen können, wenn wir nur Aufgaben stellen, ohne den zu ihrer Erfüllung notwendigen Arbeitsmethoden Beachtung zu schenken, ohne die bürokratischen Arbeitsmethoden zu bekämpfen und praktische, konkrete Arbeitsmethoden anzuwenden, ohne mit der Arbeitsmethode des Kommandierens Schluß zu machen und uns der Methode der geduldigen Überzeugung zu bedienen.

Die Genossen im Kreis Hsingguo haben erstklassige Arbeit geleistet und verdienen es, daß wir sie als vorbildliche Funktionäre anerkennen. Ebenso schöpferisch haben die Genossen in Nordostkiangsi gearbeitet, und sie sind gleichfalls vorbildliche Funktionäre. Solche Genossen wie die Funktionäre des Kreises Hsingguo und des Nordostens von Kiangsi haben das Alltagsleben der Massen mit dem revolutionären Krieg verbunden und die Probleme der revolutionären Arbeitsmethoden und die Probleme der revolutionären Arbeitsaufgaben gleichzeitig gelöst. Sie arbeiten gewissenhaft, lösen sorgfältig die Fragen und tun der Revolution gegenüber ehrlich ihre Pflicht; sie sind gute Organisatoren und Führer im revolutionären Krieg und zugleich hervorragende Organisatoren und Führer im Alltagsleben der Massen. Auch in vielen anderen Gegenden, beispielsweise in einigen Gegenden der Kreise Schanghang, Tschangting und Yungding der Provinz Fukien, in Hsidjiang und anderen Gegenden in Südkiangsi, in einigen Gegenden der Kreise Tschaling, Yunghsin und Dji-an im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi sowie des Kreises Yanghsin im Grenzgebiet Hunan-Hupeh-Kiangsi, ferner in einzelnen Distrikten bzw. Gemeinden vieler anderer Kreise der Provinz Kiangsi und im regierungsunmittelbaren Kreis Juidjin haben die Genossen auch Fortschritte bei ihrer Arbeit zu verzeichnen und verdienen ebenso unsere Anerkennung.

Zweifellos gibt es in allen von uns geleiteten Gebieten nicht wenig aktive Funktionäre, ausgezeichnete Genossen, die aus den Massen hervorgegangen sind. Diese Genossen tragen die Verantwortung, sofort zu helfen, wo die Arbeit schwach organisiert ist, und den Genossen, die es noch Nicht verstehen, ihre Arbeit gut zu verrichten, an die Hand zu gehen. Wir stehen inmitten eines großen revolutionären Krieges, wir müssen den großangelegten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes durchbrechen und die Revolution über das ganze Land ausbreiten. Dabei tragen alle revolutionären Funktionäre eine überaus große Verantwortung. Nach diesem Kongreß müssen wir wirksame Maßnahmen zur Verbesserung unserer Arbeit treffen; die fortgeschrittenen Gegenden müssen weiter vorwärtsschreiten, die zurückgebliebenen aber die fortgeschrittenen einholen. Nlan muß Tausende solcher Gemeinden wie Tschanggang, Dutzende solcher Kreise wie Hsingguo schaffen. Das sind unsere festen Stellungen. Wenn wir diese Stellungen eingenommen haben, werden wir von ihnen aus zur Zerschlagung der feindlichen "Feldzüge", zum Sturz der Herrschaft des Imperialismus und der Kuomintang in ganz China vorstoßen.

Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.177-208)

(27.Dezember 1935)[Anmerkung 133]

Die Besonderheiten der gegenwärtigen politischen Lage

Genossen! In der politischen Lage sind gegenwärtig gewaltige Veränderungen vor sich gegangen. Entsprechend dieser veränderten Lage hat unsere Partei ihre Aufgaben festgelegt. Wie ist die gegenwärtige Lage? Die grundlegende Besonderheit der gegenwärtigen Lage besteht darin, daß der japanische Imperialismus bestrebt ist, China in seine Kolonie zu verwandeln. Bekanntlich ist China seit fast einem Jahrhundert ein halbkoloniales Land, das unter der gemeinsamen Herrschaft mehrerer imperialistischer Staaten steht. Dank dem Kampf des chinesischen Volkes gegen den Imperialismus und infolge der Konflikte unter den imperialistischen Staaten konnte sich China eine halb unabhängige Stellung bewahren. Der erste Weltkrieg bot eine Zeitlang dem japanischen Imperialismus die Gelegenheit, seine Alleinherrschaft über China aufzurichten. Aber infolge des Kampfes des chinesischen Volkes gegen den japanischen Imperialismus und der Einmischung anderer imperialistischer Staaten mußte der 21-Forderungen-Vertrag,[Anmerkung 134] der von dem damaligen Erzlandesverräter Yüan Schi-liai[Anmerkung 135] unterzeichnet worden war und der China Japan preisgab, für null und nichtig erklärt werden. Auf der Washingtoner Neunmächtekonferenz, die die USA im Jahr 1922 einberufen hatten, wurde ein Vertrag[Anmerkung 136] unterzeichnet durch den China erneut unter die gemeinsame Herrschaft einiger imperialistischer Staaten geriet. Aber es dauerte nicht lange, und die Lage änderte sich wieder. Die Ereignisse des 18. September 1931[Anmerkung 137] treten das Stadium der Umwandlung Chinas in eine japanische Kolonie ein. Da nun der Bereich der japanischen Aggression zeitweilig auf die vier nordöstlichen Provinzen[Anmerkung 138] beschränkt war, schien es manchen Leuten, als ob die japanischen Imperialisten nicht mehr weiter vorstoßen würden. Heute ist es anders geworden. Die japanischen Imperialisten haben nämlich ihre Absicht gezeigt, südlich er Großen Mauer vorzudringen und sich des ganzen Landes zu ermächtigen. Sie sind jetzt bestrebt, ganz China aus einer Halbkolonie, n der von einigen imperialistischen Staaten jeder seinen Anteil hat, in eine von Japan monopolisierte Kolonie zu verwandeln. Die kürzlichen Ereignisse in Osthopeh[Anmerkung 139] und die diplomatischen Verhandlungen[Anmerkung 140] demonstrierten deutlich diese Tendenz und bedrohten die Existenz des ganzen chinesischen Volkes. Diese Umstände haben allen Klassen und allen politischen Gruppen Chinas die Frage gestellt: Was tun?" Widerstand leisten? Oder kapitulieren? Oder vielleicht zwischen den beiden Eventualitäten hin und her schwanken?

Nun wollen wir mal sehen, wie die verschiedenen Klassen Chinas diese Frage beantworten.

Die chinesischen Arbeiter und Bauern fordern den Widerstand. Die Revolution von 1924-1927 die Agrarrevolution, die von 1927 bis auf den heutigen Tag vor sich geht, und die Welle der antijapanischen Bewegung nach den Ereignissen des 18. September 1931 - das alles zeugt davon, daß die Arbeiterklasse und die Bauernschaft Chinas die entschiedenste Kraft der chinesischen Revolution darstellen.

Das Kleinbürgertum Chinas fordert ebenfalls den Widerstand. Denn haben nicht bereits die studierende Jugend und das städtische Kleinbürgertum eine breite antijapanische Bewegung entfaltet?[Anmerkung 141] Diese Gruppen des Kleinbürgertums Chinas haben sich an der Revolution von 1924-1927 beteiligt. Ihrer ökonomischen Stellung nach sind sie ebenso wie die Bauern Kleinproduzenten, und ihre Interessen stehen in krassem Gegensatz zu denen des Imperialismus. Der Imperialismus und die konterrevolutionären Kräfte Chinas haben ihnen großen Schaden zugefügt, indem sie viele von ihnen Arbeitslos, Bankrott oder halb Bankrott machten. Jetzt, da sie sich durch die Gefahr, Kolonialsklaven zu werden, bedroht sehen, haben sie keinen anderen Ausweg als den Widerstand.

Und was tut die nationale Bourgeoisie, was tun die Klassen der Kompradoren und der Grundherren, und was tut die Kuomintang angesichts dieser Frage?

Die großen Tuhao, die großen Liäschen, die großen Militärmachthaber, die großen Bürokraten und die großen Kompradoren haben ihren Entschluß längst gefaßt. Sie haben es früher gesagt und sagen es auch heute: Eine Revolution (ganz gleich was für eine Revolution) ist stets schlimmer als der Imperialismus. Sie haben ein Lager der Landesverräter gebildet. Für sie existiert nicht die Frage der Verwandlung in Kolonialsklaven, denn sie haben ihr Nationalgefühl verloren und ihre Interessen sind von denen des Imperialismus nicht zu trennen. Ihr Häuptling ist Tschiang Kai-schek.[Anmerkung 142] Dieses Lager der Landesverräter ist der 'Todfeind des chinesischen Volkes. Gäbe es nicht diese Bande von Verrätern, hätte der japanische Imperialismus nicht dermaßen zügellos werden können. Sie sind Lakaien des Imperialismus.

Bei der nationalen Bourgeoisie handelt es sich um eine komplizierte Frage. Diese Klasse beteiligte sich an der Revolution von 1924-1927, wechselte aber später, durch die Flammen der Revolution ins Bockshorn gejagt, auf die Seite der Feinde des Volkes, d. h. der Tschiangkaischek-Clique, hinüber. Die Frage lautet so: Besteht die Möglichkeit, daß sich die nationale Bourgeoisie unter den heutigen Umständen ändert Wir sind der Meinung, daß eine solche Möglichkeit besteht. Denn die nationale Bourgeoisie ist nicht das gleiche wie die Klasse der Grundherren und wie die Kompradorenklasse. Es gibt Unterschiede zwischen ihnen. Die nationale Bourgeoisie ist weniger feudal als die Grundherrenklasse und besitzt weniger Kompradorencharakter als die Kompradorenklasse. Unter der nationalen Bourgeoisie gibt es eine Gruppe, die mehr Beziehungen mit dem Auslandskapital und mit dem Grundbesitz in China unterhält. Das ist der rechte Flügel der nationalen Bourgeoisie, und wir wollen darüber, ob sich dieser Flügel ändern kann, vorläufig kein Urteil abgeben. Es handelt sich um die anderen Gruppen, die solche Beziehungen überhaupt nicht oder in geringerem Maße haben. Wir glauben, daß sich in der neuen Situation, da China die Verwandlung in eine Kolonie droht, die Haltung dieser Gruppen der nationalen Bourgeoisie ändern kann. Das charakteristische Merkmal dieser Änderung werden Schwankungen sein. Einerseits lieben sie den Imperialismus nicht, aber andererseits fürchten sie die konsequente Durchführung der Revolution und schwanken zwischen dem einen und dem anderen. Das ist der Grund, weshalb sie sich an der Revolution von 1924-1927 beteiligt haben und gegen Ende dieser Periode auf die Seite Tschiang Kai-scheks übergegangen sind. wodurch unterscheidet sich die gegenwärtige Periode vom Jahre 1927, als Tschiang Kai-schek die Revolution verriet? Damals war China noch eine Halbkolonie, aber jetzt ist es auf dem Weg zur Umwandlung in eine Kolonie. Hat die nationale Bourgeoisie, nachdem sie ihren Verbündeten, die Arbeiterklasse, im Stich gelassen und ich die Klassen der Grundherren und der Kompradoren zum Freund gemacht hatte, in diesen neun Jahren irgend etwas erworben? Nichts außer dem Bankrott oder dem halben Bankrott der nationalen Industrie und des nationalen Handels. Deshalb glauben wir, daß in er gegenwärtigen Situation eine Änderung der Haltung der nationalen Bourgeoisie möglich ist. Wie weit kann sich ihre Haltung ändern? Das allgemeine charakteristische Merkmal dieser Äußerung werden Schwankungen sein, aber in gewissen Stadien des Kampfes kann sich ein Teil der nationalen Bourgeoisie (der linke Flügel) am Kampf beteiligen, während ein anderer Teil von Schwankungen zu einer neutralen Haltung übergehen wird.

Welche Klassen sind es, deren Interessen die von Tsai Ting-kai und anderen geführte 19. Route-Armee[Anmerkung 143] vertritt? Sie vertritt die nationale Bourgeoisie und die Oberschicht des Kleinbürgertums sowie im Dorf die Großbauern und die kleinen Grundherren. Haben nicht Tsai Ting-kai und seine Leute einst erbittert gegen die Rote Armee gekämpft Ja, aber später schlossen sie mit der Roten Armee ein Bündnis zum Widerstand gegen die japanische Aggression und dem Kampf gegen Tschiang Kai-schek. In Kiangsi griffen sie die Rote Armee an, als sie aber dann nach Schanghai gekommen waren, leisteten sie dem japanischen Imperialismus Widerstand; auch später, in Fukien angelangt, schlossen sie Kompromisse mit der Roten Armee und eröffneten das Feuer gegen Tschiang Kai-schek. Was immer auch Tsai Ting-kai und seine Leute in Zukunft machen mögen, wie wenig auch ihre damalige Fukiener Volksregierung, die an den alten Regeln festhielt, gewillt war, die Volksmassen zum Kampf zu mobilisieren, muß es als eine für die Revolution nützliche Tat anerkannt werden, daß sie das Feuer von der Roten Arrnee auf den japanischen Imperialismus und auf Tschiang Kai-schek verlegten. Das bedeutete eine Spaltung im Lager der Kuomintang. Wenn die Lage nach den Ereignissen des 18. September dazu führen konnte, daß sich vom Lager der Kuomintang eine solche Gruppe abspaltete, warum soll dann nicht die heutige Situation eine Spaltung in der Kuomintang herbeiführen können Im Unrecht sind jene Mitglieder unserer Partei, die behaupten, daß das ganze Lager der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie einheitlich und beständig sei, daß unter keinen Umständen eine Änderung in ihm hervorgerufen werden könne. Sie begreifen nicht nur die heutige ernste Lage nicht, sondern haben auch die Geschichte vergessen.

Gestattet mir, noch etwas über die Vergangenheit zu sagen. In den Jahren 1926/27, als die revolutionären Truppen gegen Wuhan vorrückten und dann Wuhan nahmen und nach Honan vorstießen, schlossen sich Tang Scheng-dschi und Feng Yü-hsiang[Anmerkung 144] der Revolution an. Im Jahre 1933 arbeitete Feng Yü-hsiang in der Provinz Tschahar eine Zeitlang mit der Kommunistischen Partei zusammen, und es wurde die Verbündete Antijapanische Armee geschaffen. Noch ein markantes Beispiel: Hat nicht die 26. Route-Armee, die zusammen mit der 19. Route-Armee gegen die Rote Armee in der Provinz Kiangsi kämpfte, sich im Dezember 1931 in Ningdu zum Aufstand erhoben[Anmerkung 145] und sich der Roten Armee angeschlossen. Die Führer des Aufstands von Ningdu, Dschao Bo-scheng, Dung Dschentang und andere, sind standhafte Genossen in der Revolution geworden.

Die antijapanischen Operationen Ma Dschan-schans[Anmerkung 146] in den Drei Nordöstlichen Provinzen stellten ebenfalls eine Spaltung im Lager der herrschenden Klassen dar.

Alle diese Beispiele zeigen, daß eine Spaltung im Lager des Feindes vor sich gehen wird, wenn ganz China von japanischen Bomben bedroht wird und wenn der Kampf seinen gewöhnlichen Fortgang ändert und sich plötzlich stürmisch vorwärtsentwickelt.

Genossen, wir wollen jetzt diese Fragen von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachten.

Ist es richtig, wenn man unseren Ansichten widerspricht, indem nian sich auf die politische und ökonomische Schwäche der chinesischen nationalen Bourgeoisie beruft und behauptet, daß sie deswegen - trotz der neuen Lage; in der sie sich befindet - ihre Haltung nicht ändern könne? Meiner Meinung nach ist eine solche Behauptung ebenfalls unrichtig. Wenn die Ursache dafür, daß die nationale Bourgeoisie ihre Haltung nicht ändern könne, in ihrer Schwäche liegt, warum hat sie sich dann in den Jahren 1924-1927 anders verhalten als sonst und nicht nur der Revolution gegenüber geschwankt, sondern sich sogar an der Revolution beteiligt Ist etwa die Schwäche der nationalen Bourgeoisie eine neuerworbene Krankheit und nicht eine Alte Krankheit, die vom Mutterleib her mitgegeben worden ist? Wie denn, sie ist heute schwach, und damals war sie nicht schwach? Eine der hauptsächlichen politischen und ökonomischen Besonderheiten eines halbkolonialen Landes ist die Schwäche der nationalen Bourgeoisie. Ebendeswegen wagen es die Imperialisten, sie zu tyrannisieren, und das wiederum bedingt eine der Besonderheiten der nationalen Bourgeoisie: ihre Abneigung gegen den Imperialismus. Selbstverständlich bestreiten wir nicht, sondern geben im Gegenteil voll und ganz zu, daß der Imperialismus und die Klassen der Grundherren und der Kompradoren eben aus diesem selben Grund die nationale Bourgeoisie mühelos auf ihre Seite hinüberziehen können, wobei sie ls Köder zeitweilige Bestechungen benutzen, und das wiederum bedingt ihre Inkonsequenz in der Revolution. Jedoch kann man auf einen Fall behaupten, daß es in der heutigen Lage zwischen der nationalen Bourgeoisie und den Klassen der Grundherren und der Kompradoren keinen Unterschied mehr gibt.

Deshalb betonen wir, daß in kritischen Augenblicken der nationalen Krise Spaltungen im Kuomintang-Lager eintreten werden: Diese Spaltungen fanden ihren Ausdruck in den Schwankungen der nationalen Bourgeoisie, in dem Hervortreten solcher antijapanischen Persönlichkeiten wie Feng Yü-hsiang, Tsai Ting-kai und Ma Dschan-schan, die eine Zeitlang große Popularität genossen. Dieser Umstand ist im wesentlichen ungünstig für die Konterrevolution und günstig für die Revolution. Die Ungleichmäßigkeit der politischen und ökonomischen Entwicklung Chinas und die dadurch entstandene Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Revolution vergrößern die Möglichkeit derartiger Spaltungen.

Genossen! So viel über die positive Seite der Frage. Nun gestattet mir, auf ihre negative Seite einzugehen, nämlich auf die Tatsache, daß gewisse Elemente in den Reihen der nationalen Bourgeoisie oft Meister in der Täuschung der Volksmassen sind. Weshalb Weil es in ihren Reihen neben Leuten, die die revolutionäre Sache des Volkes wirklich unterstützen, viele gibt, die sich in einer gewissen Periode äußerlich revolutionär oder halbrevolutionär gebärden, womit sie sich aber die "Qualifikation" erwerben, die Volksmassen zu täuschen, so daß diese ihre Inkonsequenz und Heuchelei nicht leicht durchschauen können. Dieser Umstand verpflichtet die Kommunistische Partei noch mehr, an ihren Verbündeten Kritik zu üben, die Pseudorevolutionäre zu entlarven und um die Führung zu kämpfen. Bestritten wir die Möglichkeit, daß bei ernsten Erschütterungen die nationale Bourgeoisie schwankt und an der Revolution teilnimmt, so würden wir die Aufgabe unserer Partei, um die Führung zu kämpfen, entweder von der Tagesordnung absetzen oder zumindest einengen. Denn würde die nationale Bourgeoisie den Grundherren und den Kompradoren haargenau gleichen und die gleiche tierische Fratze haben wie die Landesverräter, so könnte man die Aufgabe des Kampfes um die Führung ohne weiteres fallenlassen oder zumindest einengen.

Bei einer allgemeinen Analyse des Verhaltens der chinesischen Grundherrenklasse und Bourgeoisie in den Zeiten großer Erschütterungen muß man noch auf eine Seite hinweisen, und zwar darauf, daß es selbst in dem Lager der Grundherren- und der Kompradorenklasse keine völlige Einheit gibt. Der Grund dafür liegt in der Tatsache, daß China ein halbkoloniales Land ist, um das mehrere imperialistische Mächte miteinander kämpfen. In dem Augenblick, da der Kampf gegen den japanischen Imperialismus gerichtet ist, konnen die Lakaien der USA und sogar die Großbritanniens je nachdem, wie heftig sie von ihren Herren angeschnauzt werden einen geheimen, ja sogar offenen Kampf gegen die japanischen Imperialisten und deren Lakaien aufnehmen. Es hat in der Vergangenheit sehr viele Fälle einer solchen Beisserei unter Hunden gegeben; wir wollen nicht darauf verweilen. Wir wollen jetzt nur die Tatsache erwähnen, daß auch der Kuomintang-Politiker Hu Han-min,[Anmerkung 147] den Tschiang Kai-schek einst in Haft gehalten hatte, kürzlich das von uns vorgeschlagene Dokument, nämlich das Sechs-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands,[Anmerkung 148] unterzeichnet hat. Die Militarmachthaber der Kuangtung- und der Kuangsi-Clique,[Anmerkung 149] auf die sich Hu Han-min stützt, treten ebenfalls Tschiang Kai-schek entgegen, wobei sie unter solchen verlogenen Losungen vorgehen wie "Wiedergewinnung der verlorenen Territorien" und "Widerstand gegen Japan und zugleich Ausrottung der Banditen"[Anmerkung 150] (hingegen Tschiang Kai-scheks Losung: "Erst Ausrottung der Banditen und dann Widerstand gegen Japan") Erscheint euch das ein wenig sonderbar? Nicht das geringste ist hier sonderbar. Das ist nichts weiter als eine äußerst interessante Beißerei zwischen großen Rüden und kleinen Kläffern, zwischen satten und hungrigen Hunden, ein kleiner beziehungsweise großer Riß, ein kitzelnder und zugleich auch schmerzender Widerspruch. Aber solche Beißereien, Risse und Widersprüche gereichen dem revolutionären Volk zum Nutzen. Wir müssen uns all diese Beißereien, Risse und Widersprüche im feindlichen Lager vor Augen halten und sie im Kampf gegen unseren Hauptfeind von heute ausnutzen.

Wenn wir die Frage der Beziehungen zwischen den Klassen zusammenfassen, können wir sagen, daß sich mit der grundlegenden Änderung der Lage, nämlich mit dem Vordringen der japanischen Imperialisten südlich der Großen Mauer, auch die Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Klassen in China geändert haben, daß die Kräfte des Lagers der nationalen Revolution größer, die Kräfte der nationalen Konterrevolution jedoch kleiner geworden sind.

Gehen wir nun zur Situation im Lager der chinesischen nationalen Revolution über.

Zuerst über die Rote Armee. Genossen, ihr wißt, daß die drei Verbände der regulären Roten Armee Chinas schon seit etwa anderthalb Jahren eine großangelegte Standortverlegung vollziehen; im August vorigen Jahres begann die von Jen Bi-schi[Anmerkung 151] und anderer Genossen geführte 6. Armeegruppe den Marsch nach dem Gebiet, wo die Truppen des Genossen Ho Lung[Anmerkung 152] standen. Dann wurde im Oktober mit der Verlegung des Standorts unserer Armee[Anmerkung 153] begonnen, und im März dieses Jahres haben auch die Einheiten der Roten Armee des Szetschuan-Schensi-Grenzgebiets mit der Verlegung ihres Standorts begonnen.[Anmerkung 154] Diese drei Verbände der Roten Armee haben ihre früheren Standorte aufgegeben und marschieren nach neuen Gebieten. Infolge dieser großangelegten Standortverlegung haben sich die alten Gebiete in Guerilla-Zonen verwandelt, und die Rote Armee selbst ist im Verlauf der Standortverlegung bedeutend schwächer geworden. Betrachtet man die gesamte Lage unter diesem Gesichtspunkt, so hat der Feind einen zeitweiligen und teilweisen Sieg errungen, während wir eine zeitweilige und teilweise Niederlage erlitten haben. Ist eine solche Behauptung richtig Ich glaube; daß sie richtig ist, denn sie entspricht den Tatsachen. Manch einer jedoch (beispielsweise Dschang Guo-tao[Anmerkung 155] behauptet, die Zentrale Rote Armee[Anmerkung 156] habe eine Niederlage erlitten. Ist das richtig? Nein, es ist falsch, denn es entspricht nicht den Tatsachen. Wenn ein Marxist ein Problem betrachtet, dann soll er nicht nur die einzelnen Teile, sondern auch das Ganze sehen. Ein Frosch sitzt in einem Brunnen und sagt : "Der Himmel reicht nicht über den Brunnenrand hinaus." Das ist nicht richtig; denn der Himmel beschränkt sich nicht auf jenes Stück, das die Brunnenöffnung freigibt. Hätte der Frosch gesagt: "Ein Teil des Himmels ist so groß wie die Umrandung des Brunnens", dann wäre das richtig, denn dies stimmt mit den Tatsachen überein: Wir sagen, die Rote Armee habe in einem Sinne (im Sinne der Behauptung ihrer früheren Standorte) eine Niederlage erlitten, in einem anderen Sinne jedoch (im Sinne der Erfüllung des Planes des Langen Marsches) einen Sieg errungen. Der Feind aber hat in einem Sinne (im Sinne der Eroberung unserer früheren Standorte) einen Sieg errungen, in einem anderen Sinne jedoch (im Sinne der Ausführung seines Planes der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" und der "Verfolgungs- und Ausrottungsfeldzüge") eine Niederlage erlitten. Nur eine solche Formulierung ist richtig, denn wir haben den Langen Marsch vollendet. Wenn die Rede schon vom Langen Marsch ist, so erhebt sich die Frage: Worin besteht seine Bedeutung? Wir antworten: Der Lange Marsch ist ein Feldzug, wie ihn die Geschichte noch nicht gekannt hat. Der Lange Marsch ist ein Manifest, ein Propagandatrupp, eine Sähmaschine. Kennt die Geschichte, seit Pan Gu[ProleWiki Anmerkung 16] den Himmel von der Erde getrennt und somit die Welt geschaffen hat, seit die Drei Souveräne und die Fünf Kaiser[ProleWiki Anmerkung 17] regierten, einen Feldzug, der unserem Langen Marsch glich. Zwölf Monate lang wurden wir einerseits aus der Luft tagtäglich von Dutzenden Flugzeugen aufgespürt und mit Bomben belegt, und andererseits auf dem Boden von einer starken Armee mit einigen Hunderttausend Mann eingekreist, verfolgt, aufgehalten oder abgeriegelt, und wir stießen unterwegs auf unzählige Schwierigkeiten und Gefahren; wir haben uns aber auf die Beine gemacht und mehr als 20000 Li zurückgelegt, sind kreuz und quer durch elf Provinzen gezogen. Sagt nur: Hat es in der Geschichte derartige Feldzüge wie unseren Langen Marsch schon gegeben Nein, niemals. Der Lange Marsch ist ein Manifest, das der ganzen Welt verkündet hat, daß die Rote Armee aus Helden besteht, während die Imperialisten und ihre Lakaien - nämlich Tschiang Kai-schek und seinesgleichen - zu nichts taugen. Der Lange Marsch hat verkündet, daß alle Versuche der Imperialisten und Tschiang Kai-scheks, uns einzukesseln, zu verfolgen, aufzuhalten oder abzuriegeln, gescheitert sind. Der Lange Marsch ist auch ein Propagandatrupp, der die rund 200 Millionen zählende Bevölkerung in den elf Provinzen darüber aufgeklärt hat, daß nur der Weg der Roten Armee der Weg zu ihrer Befreiung ist. Woher - wenn nicht durch den Langen Marsch sollten die breiten Volksmassen so rasch erfahren, daß es auf der Welt eine so große Wahrheit gibt, wie sie in der Roten Armee verkörpert ist? Der Lange Marsch ist auch eine Sähmaschine, die über die elf Provinzen unzählige Samen ausgestreut hat, die aufgehen, grünen, blühen, Frucht ansetzen und in Zukunft die Ernte bringen werden. Kurz gesagt, der Lange Marsch endete mit unserem Sieg und mit der Niederlage des Feindes. Wer aber hat den Langen Marsch zum Sieg geführt Die Kommunistische Partei. Ohne die Kommunistische Partei wäre ein solcher Langer Marsch undenkbar gewesen. Die Kommunistische Partei Chinas, ihre leitenden Organe, ihre Funktionäre, ihre einfachen Mitglieder fürchten keinerlei Schwierigkeiten und Entbehrungen. Wer daran zweifelt, daß wir fähig sind, führend an der Spitze des revolutionären Krieges zu stehen, der wird in den Sumpf des Opportunismus geraten. Sobald der Lange Marsch beendet war, entstand eine neue Lage. In der Schlacht bei Dschiluodschen haben die Zentrale Rote Armee und die Nordwestliche Rote Armee dank ihrer brüderlichen Einheit den "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Landesverräters Tschiang Kai-schek gegen das Grenzgebiet Schensi-Kansu[Anmerkung 157] zerschlagen. Damit wurde feierlich der Grundstein gelegt für die Erfüllung der vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei gestellten Aufgabe, das gesamtchinesische Hauptquartier der Revolution im Nordwesten zu errichten.

So steht es um die reguläre Rote Armee. Wie aber ist es um den Partisanenkrieg in den südlichen Provinzen bestellt? Die Partisanenkräfte im Süden haben gewisse Rückschläge erlitten, aber sie sind keineswegs vernichtet. In vielen Orten entstehen sie aufs neue, wachsen und entwickeln sich.[Anmerkung 158]

In den Gebieten der Kuomintang-Herrschaft tragen die Arbeiter ihren Kampf bereits aus den Betrieben heraus, sie gehen vom ökonomischen zum politischen Kampf über. Der heroische Kampf der Arbeiterklasse gegen Japan und die Landesverräter gärt stark, und der Ausbruch ist offensichtlich nicht mehr fern.

Der Kampf der Bauern hat niemals aufgehört. Die Bauern, die unter der fremden Invasion, den inneren Schwierigkeiten und unter Naturkatastrophen leiden, haben den Kampf breit entfaltet in Form von Partisanenkrieg, Volksaufständen, Hungerrevolten usw. Der antijapanische Partisanenkrieg im Nordosten und in Osthopeh[Anmerkung 159] ist die Antwort auf die Offensive des japanischen Imperialismus.

Die Studentenbewegung ist bereits beachtlich gewachsen, und sie wird sich zweifellos noch breiter entfalten. Aber nur wenn die Studentenbewegung mit dem Kampf der Arbeiter, Bauern und Soldaten koordiniert ist, wird es möglich sein, daß sie einen dauerhaften Charakter erhält und den von den Landesverrätern verhängten Belagerungszustand sowie die von der Polizei, den Geheimagenten, den Schurken in den Lehranstalten und den Faschisten betriebene Politik der Sabotage und der Metzeleien durchbricht.

Über die Schwankungen der nationalen Bourgeoisie, der Großbauern und der kleinen Grundherren und über die Möglichkeit ihrer Beteiligung am antijapanischen Kampf habe ich bereits gesprochen.

Die nationalen Minderheiten, besonders die Bevölkerung der Inneren Mongolei, die unmittelbar vom japanischen Imperialismus bedroht sind, erheben sich zum Kampf. In der Perspektive wird ihr Kampf mit dem Kampf der Bevölkerung in Nordchina und mit den Operationen der Roten Armee im Nordwesten zusammenfließen.

All das zeugt davon, daß die revolutionäre Situation, die früher einen lokalen Charakter trug, das ganze Land zu erfassen beginnt und daß ihre Entwicklung, die früher einen ungleichmäßigen Charakter trug, allmählich in einem gewissen Grade gleichmäßig wird. Wir stehen am Vorabend großer Veränderungen. Die Aufgabe der Partei in besteht darin, durch Vereinigung der Tätigkeit der Roten Armee mit der Tätigkeit der Arbeiter, Bauern und Studenten, des Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie in ganz China eine revolutionäre nationale Einheitsfront zu schaffen.

Die nationale Einheitsfront

Nachdem wir die Lage im Lager der Konterrevolution und im Lager der Revolution untersucht haben, können wir jetzt leicht die taktischen Aufgaben der Partei darlegen.

Was ist die grundlegende taktische Aufgabe der Partei? Sie besteht einzig und allein in der Bildung einer breiten revolutionären nationalen Einheitsfront.

Wenn die Lage der Revolution sich geändert hat, ist es notwendig, auch die Taktik der Revolution und die Methoden der Führung der Revolution entsprechend zu ändern. Die Aufgabe des japanischen Imperialismus, der Kollaborateure und der Landesverräter besteht darin, China in eine Kolonie zu verwandeln, während unsere Aufgabe darin besteht, China in einen unabhängigen, freien Staat mit territorialer Integrität zu verwandeln.

Unabhängigkeit und Freiheit für China zu erringen ist eine große Aufgabe. Hierfür ist es notwendig, den Krieg gegen den ausländischen Imperialismus und die inneren konterrevolutionären Kräfte zu Führen. Der japanische Imperialismus ist voller Entschlossenheit, rücksichtslos tief in China einzudringen. Gegenwärtig sind im Lande die konterrevolutionären Kräfte der Feudalherren- und Kompradorenklasse noch stärker als die revolutionären Kräfte des Volkes. Der Sturz des japanischen Imperialismus und der konterrevolutionären Kräfte Chinas kann nicht in ein oder zwei Tagen erreicht werden, Wir müssen uns auf eine lange zeit einstellen; es kann ebensowenig mit unbedeutenden Kräften erreicht werden, wir müssen dafür nächtige Kräfte sammeln. Die Kräfte der Konterrevolution sind in China und in der ganzen Welt im Vergleich zur Vergangenheit schwächer geworden, während die Kräfte der Revolution in China und in der ganzen Welt gewachsen sind. Diese Einschätzung ist richtig, aber das ist nur die eine Seite der Sache. Gleichzeitig müssen Wir feststellen, daß die Kräfte der Konterrevolution in China und in der ganzen Welt vorläufig noch die Kräfte der Revolution übertreffen. Diese Einschätzung ist auch richtig, und das ist die andere Seite der Sache. Die Ungleichmäßigkeit der politischen und ökonmischen Entwicklung Chinas erzeugt auch die Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der Revolution. Die Revolution beginnt, entwickelt sich und siegt zuerst stets dort, wo die Kräfte der Konterrevolution verhältnismäßig schwach sind; dort aber, wo die Kräfte der Konterrevolution sehr stark sind, hat die Revolution entweder noch nicht begonnen oder entwickelt sich sehr langsam. In einer solchen Lage sah sich die chinesische Revolution bereits während einer längeren Periode in der Vergangenheit. Man kann annehmen, daß in der Zukunft die allgemeine revolutionäre Situation in gewissen Stadien weiter anwachsen, die Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der Revolution jedoch erhalten bleiben wird. Um die Ungleichmäßigkeit in eine allgemeine Gleichmäßigkeit zu verwandeln, braucht man noch viel Zeit, bedarf es noch gewaltiger Bemühungen, ist noch eine richtige taktische Linie der Partei erforderlich. War der revolutionäre Krieg, der von der Kommunistischen Partei der Sowjetunion geführt wurde,[Anmerkung 160] in drei Jahren beendet, so müssen wir bereit sein, auf den revolutionären Krieg, der von der Kommunistischen Partei Chinas geführt wird und bereits lange gedauert hat, noch mehr Zeit zu verwenden, eine Zeit, die erforderlich ist, um endgültig und gründlich mit den Kräften der inneren und äußeren Konterrevolution Schluß zu machen; die hastige Überstürzung, die in der Vergangenheit zuweilen zutage trat, taugt überhaupt nichts. Es ist ferner notwendig, eine richtige revolutionäre Taktik zu entwickeln; tappt man jedoch immer im engen Kreis herum, wie das in der Vergangenheit geschah, so können keine großen Taten vollbracht werden. Das bedeutet nicht, daß man in China langsam ans Werk gehen muß ; nein, man muß kühn ans Werk gehen, weil die Gefahr der nationalen Unterjochung uns nicht gestattet, auch nur eine Minute lang nachzulassen. Von nun an wird das Tempo der Entwicklung der Revolution im Vergleich zur Vergangenheit bedeutend ansteigen, denn sowohl China als auch die ganze Welt nähern sich einer neuen Periode von Kriegen und Revolutionen. Trotzdem wird der revolutionäre Krieg in China langwierig sein; dieser langwierige Charakter ist durch die Stärke des Imperialismus und durch die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Revolution bedingt. Wir sagen, die gegenwärtige Situation ist dadurch gekennzeichnet, daß ein neuer Aufschwung der nationalen Revolution naht, daß China am Vorabend einer neuen großen Revolution im ganzen Land steht; das ist eine Besonderheit der gegenwärtigen revolutionären Situation. Das ist eine Tatsache, und sie zeigt die eine Seite der Sache. Aber zu gleicher Zeit sagen wir, daß der Irnperialismus immer noch eine ernstzunehmende Kraft darstellt, daß die im Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der revolutionären Kräfte ein ernster Mangel ist, daß man, um den Feind zu zerschlagen, sich auf ein langwierigen Krieg vorbereiten muß. Das ist eine andere Besonderheit der gegenwärtigen revolutionären Situation. Das ist auch eine Tatsache, und sie zeigt die andere Seite der Sache. Diese zwei Besonderheiten, diese zwei Tatsachen lehren uns und drängen da s, der Lage entsprechend unsere Taktik zu ändern und die Methoden der Gruppierung unserer Kräfte für den Kampfeinsatz zu mobilisieren. Die gegenwärtige Lage verlangt, daß wir den Mut haben, die Politik der verschlossenen Tür aufzugeben, eine breite Einheitsfront zu bilden und ein Abenteurertum zu verhüten. Solange der Augenblick der Entscheidungsschlacht nicht gekommen ist, solange wir keine Kräfte dafür haben, dürfen wir uns nicht Hals über Kopf in diese Schlacht stürzen.

Wir wollen hier weder über den Zusammenhang zwischen der Politik der verschlossenen Tür und dem Abenteurertum noch über die Gefahr sprechen, die das Abenteurertum in Zukunft darstellen kann, wenn die Ereignisse große Dimensionen annehmen werden. Al rüber wird man später noch rechtzeitig sprechen können. Wir wollen hier nur darauf eingehen, daß die Taktik der Einheitsfront die Taktik der verschlossenen Tür zwei verschiedene, und zwar einander diametral entgegengesetzte Taktiken sind.

Die eine Taktik lautet: Wir müssen ein mächtiges Heer rekrutieren, um den Feind einzukreisen und zu vernichten.

Die andere dagegen lautet: Wir müssen uns allein in einen erbitterten Kampf gegen einen mächtigen Feind stürzen.

Die eine Taktik lautet: Wenn wir jene Lage nicht richtig einschätzen, daß die Versuche des japanischen Imperialismus, China in eine Kolonie zu verwandeln, Änderungen an der Front der Revolution und der Konterrevolution Chinas hervorzurufen vermögen, dann werden wir die Möglichkeit für die Bildung einer breiten revolutionären nationalen Einheitsfront nicht richtig einschätzen können. Wenn wir die starken und schwachen Seiten der japanischen und Chinesischen konterrevolutionären Kräfte sowie der chinesischen revolutionären Kräfte nicht richtig einschätzen, dann werden wir die Notwendigkeit der Bildung einer breiten revolutionären nationalen Einheitsfront nicht richtig einzuschätzen wissen; dann werden wir nicht imstande sein, entschlossene Maßnahmen zu treffen, um mit der Politik der verschlossenen Tür aufzuräumen ; wir werden nicht imstande sein, die Einheitsfront als eine Waffe zur Organisierung und Vereinigung der viele Millionen zählenden Volksmassen und alle möglichen Verbündeten der Revolution zu benutzen, um zum Angriff auf unser Hauptziel - den japanischen Imperialismus und seine Lakaien, die chinesischen Landesverräter - vorzugehen; ferner werden wir nicht imstande sein, unsere taktische Waffe zu benutzen, um das vor uns liegende Hauptziel zu treffen, sondern wir werden unser Feuer so sehr streuen, daß unsere Kugeln nicht den Hauptfeind, sondern den zweitrangigen Feind und sogar unsere Verbündeten treffen werden. Das nennt man Unfähigkeit, den Feind richtig zu bestimmen, und Munitionsverschwendung. Auf diese Weise vermag man nicht, den Feind in bedrängte, isolierte Positionen zu treiben. Auf diese Weise ist es unmöglich, aus dem feindlichen Lager und aus der feindlichen Front diejenigen auf unsere Seite herüberzuziehen, die sich zwangsweise im Lager des Feindes befinden, sowie jene, die gestern Feinde waren und heute Verbündete werden können. Auf diese Weise werden wir faktisch dem Feind behilflich sein, werden wir die Revolution zur Stagnation, zur Isolierung, zur Einengung, zum Abebben und sogar auf den Weg der Niederlage führen.

Die andere Taktik dagegen lautet: Diese ganze Kritik ist falsch. Die Kräfte der Revolution müssen sauber, absolut sauber, der Weg der Revolution muß gerade, absolut gerade sein. Richtig ist nur das, was in der Heiligen Schrift steht. Die nationale Bourgeoisie ist ein für allemal und durch und durch Konterrevolutionär. Den Großbauern dürfen nicht die geringsten Zugeständnisse gemacht werden. Gegen die gelben Gewerkschaften gilt nur der Kampf auf Leben und Tod. Drückt man Tsai Ting-kai die Hand, darf man nicht vergessen, ihn im Augenblick des Händedrucks einen Konterrevolutionär zu schimpfen. Kann man denn eine Katze finden, die keine Fische frißt, kann man einen Militärmachthaber finden, der kein Konterrevolutionär ist Der revolutionäre Geist der Intellektuellen reicht nur für drei Tage, und ihre Anwerbung ist gefährlich. Daher dann die Schlußfolgerung: die Politik der verschlossenen Tür, das ist das einzige Zaubermittel, die Einheitsfront aber ist eine opportunistische Taktik.

Genossen, was ist nun eigentlich richtig - die Einheitsfront oder die Politik der verschlossenen Tür? Welches von beiden entspricht denn dem Marxismus-Leninismus ? Ich antworte mit aller Entschiedenheit: die Einheitsfront und nicht die Politik der verschlossenen Tür. Selbst dreijährige Kinder urteilen vielfach richtig, aber man kann ihnen trotzdem nicht die Leitung der großen nationalen und internationalen Angelegenheiten anvertrauen, weil sie das noch nicht beurteilen können. Der Marxismus-Leninismus kämpft gegen die Kinderkrankheiten in den Reihen der Revolutionäre. Alles, was die Anhänger der Taktik der verschlossenen Tür verfechten, ist eben eine ganze Sammlung von Kinderkrankheiten. Der Weg der Revolution ist ebenso wie der Weg der Entwicklung aller Dinge in der Welt stets gewunden und nicht gerade. Die Front der Revolution und die Front der Konterrevolution können Änderungen unterliegen, so wie die Dinge in der Welt Änderungen unterworfen sind. Der japanische Imperialismus trachtet danach, ganz China in seine Kolonie zu verwandeln, und es gibt gegenwärtig im Lager der chinesischen Revolution noch recht schwache Stellen. Diese zwei grundlegenden Tatsachen dienen als Ausgangspunkte der neuen Taktik der Partei - der breiten Einheitsfront. Die Millionenmassen des Volkes organisieren und eine gewaltige revolutionäre Armee in Marsch setzen - das ist es, was heute für den Angriff der Revolution gegen die Konterrevolution erforderlich ist. Nur eine solche Kraft ist imstande, den japanischen Imperialismus, die Kollaborateure und die Landesverräter zu zerschlagen; das ist die offensichtliche Wahrheit. Und deshalb ist allein die Taktik der Einheitsfront eben die marxistisch-leninistische Taktik. die Taktik der verschlossenen Tür dagegen ist eine Taktik der Selbstisolierung. Die Politik der verschlossenen Tür "treibt die Fische dorthin, wo das Wasser tiefer ist, treibt die Spatzen dorthin, wo die Sträucher dichter stehen". Sie treibt jene Millionenmassen, jene gewaltige Armee auf die Seite des Feindes, und das ruft lediglich den begeisterten Beifall des Feindes hervor. In der Tat dient die Politik er verschlossenen Tür wie ein unterwürfiger Knecht dem japanischen Imperialismus, den Kollaborateuren und den Landesverrätern. Eine solche "Sauberkeit" und "Geradheit", von der die Anhänger der Politik der verschlossenen Tür immer wieder reden, wird von den Marxisten-Leninisten getadelt, hingegen von den japanischen Imperialisten gelobt. Wir lehnen die Politik der verschlossenen Tür entschieden ab; was wir brauchen, ist die revolutionäre nationale Einheitsfront, die dem japanischen Imperialismus, den Kollaborateuren und den Landesverrätern den Todesstoß versetzen wird.

Die Volksrepublik[Anmerkung 161]

Wenn unsere frühere Regierung auf einem Bündnis der Arbeiter, der Bauern und des städtischen Kleinbürgertums beruhte, müssen wir sie so umbilden, daß von nun an neben den Arbeitern, den Bauern und dem städtischen Kleinbürgertum auch jene Leute aus allen anderen Klassen in sie einbezogen werden, die an der nationalen Revolution teilzunehmen wünschen.

Gegenwärtig besteht die grundlegende Aufgabe dieser Regierung darin, gegen eine Annexion Chinas durch den japanischen Imperialismus zu kämpfen. Hinsichtlich ihrer Zusammensetzung wird der Rahmen dieser Regierung sehr weit gespannt sein; zur Teilnahme an der Regierung können nicht nur Leute zugelassen werden, die lediglich an der nationalen Revolution und nicht an der Agrarrevolution interessiert sind, sondern - wenn sie es wünschen - sogar Leute, die mit dem europäischen und amerikanischen Imperialismus verbunden sind und ihn nicht bekämpfen können, dafür aber imstande sind, den Kampf gegen den japanischen Imperialismus und seine Lakaien zu führen. Und deshalb muß das Programm einer solchen Regierung im Prinzip der grundlegenden Aufgabe entsprechen - dem Kampf gegen den japanischen Imperialismus und seine Lakaien. Auf dieser Grundlage wird dann auch unsere frühere Politik entsprechend geändert.

Die Besonderheit des revolutionären Lagers besteht jetzt darin, daß es eine gestählte Kommunistische Partei, daß es eine gestählte Rote Armee gibt. Das ist außerordentlich wichtig. Hätten wir jetzt keine gestählte Kommunistische Partei und keine gestählte Rote Armee, würden gewaltige Schwierigkeiten auftreten. Weshalb? Nun, weil es in China viele Kollaborateure und Landesverräter gibt und weil sie stark sind ; sie werden unweigerlich alles anstellen, um die Einheitsfront zu sprengen, um durch Drohungen und Bestechungen, durch gerissene Manöver Zwietracht zu stiften ; sie setzen ihre Truppen ein, um jene Kräfte, die schwächer sind als sie, die aber mit den Landesverrätern brechen und sich mit uns zum Kampf gegen Japan vereinigen wollen, zu unterdrücken und einzeln zu schlagen. Das wird unweigerlich geschehen, wenn in der antijapanischen Regierung und in der antijapanischen Armee so wichtige Faktoren wie die Kommunistische Partei und die Rote Armee fehlen werden. Die Hauptursache für die Niederlage der Revolution im Jahre 1927 bestand darin, daß infolge des Vorhandenseins einer opportunistisch weichen Linie in der Kommunistischen Partei keine Anstrengungen gemacht wurden, um die eigenen Reihen (das heißt die Arbeiter- und  Bauernbewegung und die von der Kommunistischen Partei geführte Armee) zu entfalten, sondern daß man sich nur auf den zeitweiligen Verbündeten, auf die Kuomintang, stützte. Das Ergebnis war, daß die Lakaien der Imperialisten - die Klassen der Feudalherren und der Kompradoren - auf Befehl ihrer Herren alle Hebel in Bewegung setzten, zunächst Tschiang Kai-schek und später auch Wang Djing-we auf ihre Seite hinüberzogen, und die Revolution erlitt eine Niederlage. Zu jener Zeit hatte die revolutionäre Einheitsfront keine Hauptstütze, hatte keine starken revolutionären bewaffneten Kräfte, und als überall der Verrat begann, mußte die Kommunistische Partei allein auf sich gestellt kämpfen. Sie vermochte die Taktik der Imperialisten und der chinesischen Konterrevolution, die Kräfte der Revolution einzeln zu schlagen, nicht zu vereiteln. Obwohl damals bereits die Truppen Ho Lungs und Yä Tings existierten, waren sie noch keine politisch feste Armee, und außerdem verstand es die Partei nicht, sie führen; so erlitten sie letzten Endes eine Niederlage. Das ist eine blutige Lehre; sie zeigt, daß die Revolution eine Niederlage erleidet, wenn ihr die Zentralkraft fehlt. Jetzt hat sich die Lage in dieser Hinsicht geändert: Es gibt nun sowohl eine mächtige Kommunistische Partei als auch eine mächtige Rote Armee, es gibt auch die Stützpunktgebiete der Roten Armee. Nicht nur heute treten die Kommunistische Partei und die Rote Armee als die Initiatoren der antijapanischen nationalen Einheitsfront auf, sondern auch in Zukunft werden zweifelsohne der feste Stützpfeiler der antijapanischen Regierung  der antijapanischen Armee sein: Sie werden imstande sein, die - die Zersetzung der antijapanischen nationalen Einheitsfront gerichtete Politik der japanischen Imperialisten und Tschiang Kai- scheks zum Scheitern zu bringen. Zweifellos werden die japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-schek zu allerlei Drohungen und Bestechungen, zu allen möglichen gerissenen Manövern ihre zuflucht nehmen, und wir müssen sehr auf der Hut sein.

Natürlich können wir nicht damit rechnen, daß jeder Teil der breiten antijapanischen nationalen Einheitsfront genauso fest sein  wie die Kommunistische Partei und die Rote Armee. Es kann geschehen, daß im Verlauf ihrer Tätigkeit gewisse schlechte Elemente er dem Einfluß des Feindes diese Einheitsfront verlassen werden. Aber wir fürchten uns nicht davor. Unter dem Einfluß des Feindes werden gewisse schlechte Leute fortgehen, und unter unserem Einfluß werden andere, gute Leute kommen. Solange die Kommunistische Partei und die Rote Armee existieren und sich entwickeln, wird zweifelsohne auch die antijapanische nationale Einheitsfront existieren und sich entwickeln. Hierin zeigt sich die führende Rolle der Kommunistischen Partei und der Roten Armee in der nationalen Einheitsfront. Jetzt sind die Kommunisten schon keine Kinder mehr, sie wissen sich zu verhalten und wissen, wie mit Verbündeten umzugehen ist. Die japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-schek können schlaue Manöver gegen die revolutionären Kräfte durchführen, aber auch die Kommunisten können mit den gleichen Manövern gegen die konterrevolutionären Kräfte vorgehen. Die japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-schek können schlechte Elemente aus unseren Reihen zu sich hinüberziehen, aber auch wir können selbstverständlich "schlechte Elemente" (von unserem Standpunkt aus gute Leute) aus ihren Reihen zu uns herüberziehen. Wenn wir es verstehen, aus den Reihen der Feinde möglichst viele Leute herüberzuziehen, werden sich ihre Reihen lichten, unsere aber werden sich verstärken. Kurzum, jetzt ist ein Kampf zwischen den beiden grundlegenden Kräften im Gange, und alle Zwischenkräfte müssen sich entweder der einen oder der anderen Seite anschließen. Das ist ein unumstößliches Gesetz. Dabei muß die auf Unterjochung beziehungsweise Verschacherung Chinas gerichtete Politik der japanischen Imperialisten und Tschiang Kai-scheks zwangsläufig dazu führen, daß viele Kräfte zu uns stoßen. Sie werden entweder unmittelbar in die Reihen der Kommunistischen Partei Chinas und der Roten Armee eintreten oder mit ihnen eine vereinigte Front bilden. Wenn unsere Taktik nicht eine Taktik der verschlossenen Tür ist, kann dieses Ziel erreicht werden.

Warum muß man die Arbeiter- und Bauernrepublik in eine Volksrepublik umbilden?

Unsere Regierung repräsentiert nicht nur die Arbeiter und die Bauern, sondern die ganze Nation. Das war schon in der Losung der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik enthalten, denn die Arbeiter und Bauern machen 80 bis 90 Prozent der gesamten Nation aus. Das Zehn-Punkte-Programm,[Anmerkung 162] das vom 4. Parteitag unserer Partei ausgearbeitet wurde, vertritt nicht allein die Interessen der Arbeiter und Bauern, sondern auch die der ganzen Nation. Die gegenwärtige Lage fordert jedoch von uns eine Änderung dieser Losung, und zwar ihre Ersetzung durch die Losung der Volksrepublik. Denn die japanische Aggression hat die Beziehungen zwischen den Klassen in China verändert und es möglich gemacht, daß nicht nur das Kleinbürgertum, sondern auch die nationale Bourgeoisie am antijapanischen Kampf teilnimmt.

Selbstverständlich wird die Volksrepublik nicht die Interessen der feindlichen Klassen vertreten. Im Gegenteil, sie steht in direktem Gegensatz zu den Lakaien des Imperialismus - der Feudalherren- der Kompradorenklasse - und bezieht diese Elemente Nicht in ¨ Reihen des Volkes ein. Genauso vertritt Tschiang Kai-scheks Nationalregierung der Republik China" nur die Reichsten, keineswegs- aber das einfache Volk, bezieht das einfache Volk nicht in die Nation" ein. 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung Chinas sind Arbeiter und Bauern, und deshalb muß die Volksrepublik in erster Linie die Interessen der Arbeiter und der Bauern vertreten. Die Volksrepublik wird das imperialistische Joch abwerfen und damit China Freiheit und Unabhängigkeit führen, sie wird das Joch der Grundherren abwerfen und China von den halbfeudalen Zuständen freien; die Volksrepublik wird nicht nur den Arbeitern und Bauern, sondern auch dem übrigen Teil des Volkes Nutzen bringen. Aus der Gesamtheit der Interessen der Arbeiter und der Bauern sowie des übrigen Teils des Volkes setzen sich die Interessen der chinesischen Nation zusammen. Obwohl die Klassen der Kompradoren und der Grundherren ebenfalls auf chinesischem Boden leben, nehmen sie noch auf die Interessen der Nation keine Rücksicht, ihre Interessen stoßen mit den Interessen der Mehrheit zusammen. Nur von dieser kleinen Minderheit sagen wir uns los, nur mit dieser kleinen Minderheit geraten wir in Kollision, und deshalb haben wir das Recht zu sagen, daß wir die ganze Nation vertreten.

Die Interessen der Arbeiterklasse stoßen auch mit den Interessen der nationalen Bourgeoisie zusammen. Es ist unmöglich, die nationale Revolution erfolgreich zu entfalten, ohne der Vorhut der nationalen Revolution politische und ökonomische Rechte zu gewähren, ohne der Arbeiterklasse die Möglichkeit zu geben, ihre Anstrengungen auf den impf gegen den Imperialismus und seine Lakaien, die Landesverräter-, zu richten. Wenn sich jedoch die nationale Bourgeoisie der antiimperialistischen Einheitsfront anschließt, werden die Arbeiterklasse und die nationale Bourgeoisie gemeinsame Interessen haben. In der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution schafft die Volksrepublik das Privateigentum nicht ab, sofern es kein imperialististisches oder feudales ist, sie beschlagnahmt nicht die Industrie- und Handelsunternehmen der nationalen Bourgeoisie, sondern fördert die Entwicklung solcher Unternehmen. Wir nehmen jeden nationalen Kapitalisten in unseren Schutz, vorausgesetzt, daß er die Imperialisten und die chinesischen Landesverräter nicht unterstützt. Im Stadium der demokratischen Revolution hat der Kampf zwischen Arbeit und Kapital seine Grenzen. Die Arbeitsgesetze der Volksrepublik schützen die Interessen der Arbeiter, aber sie verhindern nicht, daß die nationale Bourgeoisie Profite macht, daß sich die nationale Industrie und der nationale Handel entwickeln; denn eine solche Entwicklung liegt nicht im Interesse des Imperialismus, sondern im Interesse des chinesischen Volkes. Hieraus folgt, daß die Volksrepublik die Interessen aller Schichten des Volkes vertritt, die zu den antiimperialistischen, antifeudalen Kräften zählen. Die Regierung der Volksrepublik wird sich hauptsächlich auf die Arbeiter und die Bauern stützen, aber gleichzeitig werden auch die Vertreter der anderen antiimperialistischen, antifeudalen Klassen zur Teilnahme an der Regierung zugelassen.

Ist es nicht gefährlich, diese Leute zur Teilnahme an der Regierung der Volksrepublik zuzulassen? Nein, es ist nicht gefährlich. Die Arbeiter und Bauern bilden die Hauptmasse der Bevölkerung dieser Republik. Wenn man dem städtischen Kleinbürgertum, den Intellektuellen und anderen Leuten, die das Programm des Kampfes gegen Imperialismus und Feudalismus unterstützen, das Recht einräumt, in der Regierung der Volksrepublik mitzusprechen und mitzuarbeiten, wenn man ihnen das Recht zu wählen und gewählt zu werden zugesteht, so kann das nicht den Interessen der Arbeiter und Bauern, der Hauptmasse der Bevölkerung, zuwiderlaufen. Der wesentliche Teil unseres Programms muß die Wahrung der Interessen der Hauptmasse, der Arbeiter und Bauern, sein. Durch die Tatsache, daß die Vertreter der Arbeiter und Bauern in der Regierung der Volksrepublik die große Mehrheit bilden, und durch die führende Stellung und die Tätigkeit der Kommunistischen Partei in dieser Regierung ist gewährleistet, daß die Teilnahme dieser Leute nicht gefährlich werden kann. Im gegenwärtigen Stadium ist die chinesische Revolution ihrem Charakter nach immer noch eine bürgerlich-demokratische Revolution und keine proletarisch-sozialistische Revolution. Das ist völlig klar. Nur konterrevolutionäre Trotzkisten[Anmerkung 163] können einen solchen Unsinn schwätzen, daß die bürgerlich-demokratische Revolution in China bereits vollendet sei und die weitere Entwicklung der Revolution nur eine sozialistische Revolution bedeuten könne. Die Revolution von 1924-1927 war eine bürgerlich-demokratische Revolution, aber diese Revolution wurde nicht vollendet, sondern erlitt eine Niederlage. Die Agrarrevolution, die unter unserer Führung seit 1927 bis heute durchgeführt wird, ist ebenfalls eine bürgerlich-demokratische Revolution, wenn die Aufgabe dieser Revolution ist der Kampf gegen den Imperialismus und den Feudalismus, nicht aber gegen den Kapitalismus. Einen solchen Charakter wird die Revolution noch ziemlich inne tragen.

Die Triebkräfte der Revolution bleiben nach wie vor im wesentlichen die Arbeiter, die Bauern und das städtische Kleinbürgertum, wobei jetzt auch noch die nationale Bourgeoisie hinzukommen kann.

Eine Wendung in der Revolution ist eine Sache der Zukunft.

In der Zukunft wird die demokratische Revolution unweigerlich in eine sozialistische Revolution hinüberwachsen. Wann sich dieser Übergang vollziehen wird, hängt davon ab, inwieweit die Voraussetzungen dafür herangereift sein werden, und dazu kann eine ziemlich lange Zeit benötigt werden. Solange nicht alle notwendigen politischen und ökonomischen Voraussetzungen gegeben sind, solange eine solche Wendung für die überwiegende Mehrheit unseres Volkes nicht von nutzen, sondern von Schaden sein kann, soll man nicht leichtfertig darüber reden. Es ist falsch, daran zu zweifeln und zu erwarten, der Übergang würde in der nächsten Zeit vollzogen werden, wie es bei manchen Genossen der Fall war, als sie erklärten, der Tag er ersten Erfolge der demokratischen Revolution in den wichtigsten Provinzen des Landes werde jener Tag sein, an dem das Hinüberwachsen beginnt. Diese Genossen urteilten so, weil sie nicht erkannt hatten, was für ein Land China in politischer und ökonomischer Hinsicht ist, weil sie nicht begriffen hatten, daß die Vollendung der demokratischen Revolution auf politischem und ökonomischem Gebiet in China eine bedeutend schwierigere Sache sein wird als in Rußland, aß sie mehr Zeit und größere Anstrengungen erfordern wird.

Internationale Hilfe

Zum Schluß halte ich es für nötig, einige Worte über die Wechselbeziehungen zwischen der chinesischen Revolution und der Weltrevolution zu sagen.

Seit der Imperialismus, dieses Ungeheuer, auf die Welt gekommen ,hat sich alles in der Welt so eng verflochten, daß man beim besten Willen das eine nicht vom anderen trennen kann. Unsere chinesische Nation ist von dem Geist beseelt, die blutigen Kämpfe gegen ihre Feinde bis zuletzt auszufechten, sie ist entschlossen, ihre verlorenen Gebiete und ihre verlorene nationale Ehre aus eigener Kraft wiederzugewinnen, sie verfügt über die Fähigkeit, inmitten der Nationen der Welt auf eigenen Füßen zu stehen. Aber das bedeutet nicht, daß wir keine internationale Hilfe brauchen. Nein, heute ist die internationale Hilfe nötig für den revolutionären Kampf eines jeden Landes und einer jeden Nation. Ein alter Philosoph hat gesagt: "ln der ,Frühlings- und Herbstperiode gab es keine gerechten Kriege."[Anmerkung 164] Heute aber kann es bei den Imperialisten noch viel weniger gerechte Kriege geben; gerechte Kriege können nur die unterdrückten Nationen und die unterdrückten Klassen führen. Alle Kriege der Welt, in denen sich das Volk gegen seine Unterdrücker erhebt, sind gerechte Kriege. Die Februarrevolution und die Oktoberrevolution in Rußland waren gerechte Kriege. Die Revolutionen der Völker in verschiedenen europäischen Ländern nach dem ersten Weltkrieg waren gerechte Kriege. In China sind folgende Kriege sämtlich gerechte Kriege : der Widerstandskrieg gegen die 0piumeinfuhr,[Anmerkung 165] der Taiping-Tiänguo Krieg,[Anmerkung 166] der Yihotuan-Krieg,[Anmerkung 167] der Revolutionskrieg von 1911,[Anmerkung 168] der Nordfeldzug von 1926/27, der Agrarrevolutionäre Krieg, der seit 1927 bis heute andauert, und der gegenwärtige Krieg, der das Ziel hat, die japanische Aggression zu bekämpfen und die Landesverräter zu bestrafen. Bei dem gegenwärtigen Aufschwung des Widerstandes gegen die japanische Aggression in ganz China und dem gegenwärtigen Aufschwung des antifaschistischen Kampfes in der ganzen Welt werden gerechte Kriege ganz China und die ganze Welt erfassen. Alle gerechten Kriege helfen einander, alle ungerechten Kriege gilt es in gerechte Kriege umzuwandeln - das ist die leninistische Linie[Anmerkung 169] Wir brauchen im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression die Hilfe der Völker der ganzen Welt und vor allem die Hilfe des Sowjetvolkes, und sie werden uns gewiß helfen, denn wir sind mit ihnen durch die Bande lebenswichtiger Interessen verbunden. In der Vergangenheit waren die Kräfte der chinesischen Revolution eine Zeitlang durch Tschiang Kai-schek von den internationalen revolutionären Kräften abgeschnitten, und wir waren in diesem Sinne isoliert. Jetzt hat sich die Lage geändert, und zwar in einer für uns günstigen Richtung. Und sie wird sich weiterhin in einer für uns günstigen Richtung ändern. Wir werden nicht mehr isoliert sein. Das ist eine der notwendigen Voraussetzungen für den Sieg Chinas in seinem Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression und für den Triumph der chinesischen Revolution.

Eine Erklärung zur Erklärung Tschiang Kai-Scheks

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.299-309

(28. Dezember 1936)

In Sian nahm Tschiang Kai-schek die Forderung der Generale Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng sowie der Bevölkerung des Nordwestens an, der japanischen Aggression Widerstand entgegenzusetzen, und als einen einleitenden Schritt befahl er seinen den Bürgerkrieg führenden Truppen, sich aus den Provinzen Schensi und Kansu zurückzuziehen. Das ist der Beginn einer Änderung der zehnjährigen falschen Politik Tschiang Kai-scheks.[Anmerkung 170] Damit wurde den japanischen Imperialisten und der chinesischen Strafexpeditionsgruppe[Anmerkung 171] ein Schlag versetzt, die Intrigen schmiedeten mit der Absicht, den Bürgerkrieg zu dirigieren, eine Spaltung herbeizuführen und Tschiang während der Sian-Ereignisse zu töten. Ihre Enttäuschung ist offenkundig. Die Anzeichen, daß Tschiang sich der Lage bewußt zu werden begann, konnten als ein Symptom für die Bereitwilligkeit der Kuomintang angesehen werden, mit ihrer zehnjährigen falschen Politik Schluß zu machen.

Am 26. Dezember veröffentlichte Tschiang Kai-schek in Loyang eine Erklärung, die sogenannte "Belehrung für Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng", die so nebelhaft und ausweichend war, daß sie wahrhaftig als eines der interessantesten politischen Dokumente Chinas gelten kann. Wenn Tschiang tatsächlich eine ernste Lehre aus diesen Ereignissen ziehen und sich um die Erneuerung der Kuomintang bemühen will, wenn er mit seiner traditionellen falschen Politik der Kompromisse in außenpolitischen Angelegenheiten, des Bürgerkriegs und der Unterdrückung des Volkes im Lande Schluß machen will, so daß die Kuomintang nicht länger den Wünschen des Volkes zuwiderhandeln wird, dann hätte er - um seine Aufrichtigkeit zu beweisen - ein würdigeres Schriftstück abfassen sollen, in dem er seine politische Vergangenheit bitter bereuen und sich bereit erklären würde, künftig einen neuen Kurs einzuschlagen. Die Erklärung vom 26. Dezember vermag die Forderungen der Volksmassen Chinas nicht zu erfüllen.

In der Erklärung Tschiangs verdient jedoch eine Stelle Anerkennung, nämlich jene, wo es unter anderem heißt: "Das Wort muß gehalten werden, die Tat muß entschlossen sein." Das bedeutet: Obwohl Tschiang Kai-schek in Sian die von Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng gestellten Bedingungen nicht unterzeichnet hat, sei er nichtsdestoweniger bereit, die den Interessen des Staates und der Nation dienenden Forderungen anzunehmen, werde er das Wort nicht deswegen brechen, weil er seine Unterschrift nicht gegeben hat. Wir werden sehen, ob Tschiang nach dem Abzug seiner Truppen sein Wort halten und die Bedingungen, die er angenommen hat, einhalten wird. Diese Bedingungen lauten: 1. Die Kuomintang und die Nationalregierung sind zu reorganisieren, die pro-japanische Gruppe ist zu verjagen, und antijapanische Vertreter sind aufzunehmen; 2. die patriotischen Führer in Schanghai[Anmerkung 172] und alle anderen politischen Häftlinge sind freizulassen, das Recht auf Freiheit für das Volk ist zu garantieren; 3. mit der Politik der "Kommunistenausrottung" ist Schluß zu machen, und ein Bündnis mit der Roten Armee gegen die japanische Aggression ist zu schließen; 4. es ist eine Konferenz zur Rettung des Vaterlands einzuberufen, an der Vertreter aller Parteien und Gruppen, aller Bevölkerungskreise und aller Armeen teilnehmen werden und die die Richtlinien für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands festlegen soll; 5. mit jenen Staaten, die mit dem Widerstand Chinas gegen die japanische Aggression sympathisieren, sind Beziehungen der Zusammenarbeit aufzunehmen; 6. andere konkrete Maßnahmen zur Rettung des Vaterlands sind festzulegen. Um diese Bedingungen zu verwirklichen, bedarf es vor allem der strikten Einhaltung des gegebenen Wortes und auch eines gewissen Mutes. Wir werden Tschiang nach seinen künftigen Handlungen zu beurteilen haben.

In der Erklärung Tschiangs wird aber unter anderem erwähnt, daß die Sian-Ereignisse unter dem Druck der "Reaktionäre" zustande kamen. Leider erklärte Tschiang nicht, was für Leute gemeint sind, wenn er von "Reaktionären" spricht. Man weiß auch nicht, wie das Wort "Reaktionäre" in Tschiangs Wörterbuch definiert wird. Aber fest steht, daß die Sian-Ereignisse unter dem Einfluß folgender Kräfte ausgelöst wurden: 1. die wachsende Empörung gegen die japanische Aggression unter den Truppen Dschang Hsüä-liangs und Yang Hutschengs sowie unter den revolutionären Volksmassen des Nordwestens; 2. die wachsende Empörung gegen die japanische Aggression im gesamten Volk; 3. das Anwachsen der Kräfte des linken Flügels der Kuomintang; 4. die Forderungen nach Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands, erhoben von Gruppen, die in verschiedenen Provinzen über reale Kräfte verfügen; 5. das Eintreten der Kommunistischen Partei für die Schaffung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront; 6. die Erweiterung der Friedensfront in der ganzen Welt. Das sind Tatsachen, die man nicht zu verheimlichen vermag. Mit den von Tschiang genannten "Reaktionären" ist niemand anders gemeint als eben diese Kräfte; nur ist es so, daß Tschiang diese Kräfte, die man Revolutionäre nennt, als "Reaktionäre" bezeichnet. In Sian erklärte Tschiang, er wolle ernstlich gegen die japanische Aggression kämpfen; voraussichtlich wird Tschiang nach seiner Abreise von Sian nicht sofort zu einem neuen massiven Angriff gegen die revolutionären Kräfte übergehen; denn von der Treue zu seinem gegebenen Wort hängt nicht nur das politische Leben Tschiangs und seiner Gruppe ab, überdies stehen er und seine Gruppe auf ihrem jetzigen politischen Weg einer zu ihrem Nachteil erstarkten Kraft; der sogenannten Strafexpeditions-Gruppe, gegenüber, die während der Sian-Ereignisse versucht hat, Tschiang zu töten. Daher raten wir Tschiang, sein politisches Wörterbuch zu revidieren, das Wort "Reaktionäre" durch das Wort Revolutionäre zu ersetzen. Denn es dürfte wohl angebracht sein, die Dinge beim rechten Namen zu nennen.

Tschiang sollte beherzigen: Wenn er Sian unversehrt verlassen konnte, verdankte er dies nicht nur den Generalen Dschang Hsüäliang und Yang Hu-tscheng, den führenden Persönlichkeiten bei den Sian-Ereignissen; eine bedeutende Rolle spielte dabei auch die Vermittlung der Kommunistischen Partei. Während des Zwischenfalls trat die Kommunistische Partei für eine friedliche Regelung ein und machte alle möglichen Anstrengungen, um dieses Ziel zu erreichen; sie ging ausschließlich von dem Standpunkt des Fortbestands der Nation aus. Wäre der Bürgerkrieg ausgeweitet worden, hätten Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng Tschiang lange Zeit in Haft behalten, dann wäre die weitere Entwicklung der Ereignisse nur den japanischen Imperialisten und der chinesischen Strafexpeditiongruppe zugute gekommen. Es war die Kommunistische Partei, die in dieser Situation die Intrigen der japanischen Imperialisten sowie Wang Djing-wes,[Anmerkung 173] Ho Ying-tjins[Anmerkung 174] und anderer Angehörigen der chinesischen Strafexpeditions-Gruppe mit aller Entschiedenheit entlarvte und konsequent eine friedliche Regelung des Vorfalls befürwortete. Wie es der Zufall will, stimmt der Standpunkt der Kommunistischen Partei in dieser Frage mit dem Standpunkt der Generale Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng sowie solcher Vertreter der Kuomintang wie Sung Dsi-wens[Anmerkung 175] überein. Das ist eben der Standpunkt des ganzen Volkes, weil der gegenwärtige Bürgerkrieg von ihm zutiefst verabscheut wird.

Da Tschiang die Sian-Bedingungen annahm, wurde er bereits freigelassen. Jetzt kommt es darauf an, ob er sein Versprechen "Das Wort muß gehalten werden, die Tat muß entschlossen sein" ohne jegliche Vorbehalte erfüllt, ob er alle Bedingungen für die Rettung des Vaterlands bis aufs i-Tüpfelchen einhält. Im ganzen Land wird ihm das Volk kein weiteres Zögern gestatten und nicht den geringsten Nachlaß gewähren. Sollte er in der Frage des Widerstands gegen die japanische Aggression hin und her schwanken und die Einlösung des gegebenen Versprechens hinausschieben, dann wird ihn die revolutionäre Flut des ganzen Volkes hinwegspülen. Tschiang und seine Gruppe sollten den alten Ausspruch "Wenn ein Mensch sein Wort nicht hält; wozu taugt er noch?" ernsthaft beachten.

Wenn Tschiang den Schmutz der zehnjährigen reaktionären Politik der Kuomintang abwaschen und seine grundlegenden Fehler restlos korrigieren kann, nämlich die Kompromisse in den außenpolitischen Angelegenheiten, den Bürgerkrieg und die Unterdrückung des Volkes, wenn er unverzüglich der Einheitsfront aller Parteien und Gruppen für den einmütigen Widerstand gegen die japanische Aggression beitritt, wenn er tatsächlich sowohl militärisch als auch politisch Maßnahmen zur Rettung des Landes ergreift, dann wird ihn die Kommunistische Partei natürlich unterstützen. Die Kommunistische Partei hat bereits in ihrem Brief an die Kuomintang vom 25. August Tschiang und der Kuomintang eine solche Unterstützung versprochen.[Anmerkung 176] Partei Im Lauf von 15 Jahren hat sich das ganze Volk schon davon überzeugt, daß die Kommunistische Partei die Maxime "Das Wort muß gehalten werden, die Tat muß entschlossen sein" befolgt. Den Worten und Taten der Kommunistischen Partei schenkt das ganze Volk fürwahr mehr Glauben als den Worten und Taten irgendeiner anderen Partei im Land.

Die Aufgaben der kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.309-335

(3. Mai 1937)[Anmerkung 177]

Das gegenwärtige Stadium der Entwicklung der äußeren und inneren Widersprüche in China

1. Da die Widersprüche zwischen China und Japan jetzt zu den Hauptwidersprüchen geworden und die inneren Widersprüche an eine zweitrangige, untergeordnete Stelle gerückt sind, gehen in den internationalen Beziehungen und in den Beziehungen zwischen den Klassen innerhalb des Landes Änderungen vor sich; diese Änderungen haben einen neuen Zeitabschnitt in der Entwicklung der gegenwärtigen Lage eingeleitet.

2. China befindet sich schon seit langem in zwei krassen grundlegenden Widersprüchen: Widerspruch zwischen dem Imperialismus und China sowie Widerspruch zwischen dem Feudalsystem und den breiten Volksmassen. Im Jahre 1927 hat die Bourgeoisie, durch die Kuomintang vertreten, Verrat an der Revolution geübt und die nationalen Interessen an den Imperialismus verschachert; da ergab sich die Situation, daß die Arbeiter- und Bauernmacht dem Kuomintang-Regime in scharfem Antagonismus gegenüberstand und die Kommunistische Partei Chinas nicht umhinkonnte, allein die Aufgabe der nationalen und demokratischen Revolution zu übernehmen.

3. Die Lage, die nach den Ereignissen des 18. September 1931 und insbesondere nach den Nordchina-Ereignissen[Anmerkung 178] des Jahres 1935 entstanden war, führte zu folgenden Änderungen in den obenerwähnten Widersprüchen:

a. Von den Widersprüchen zwischen den imperialistischen Ländern im allgemeinen und China sprangen die Widersprüche zwischen dem japanischen Imperialismus und China besonders markant und scharf hervor. Der japanische Imperialismus hat begonnen, eine Politik der völligen Unterwerfung Chinas zu betreiben. Deshalb wurden die Widersprüche zwischen gewissen anderen imperialistischen Staaten und China an die zweitrangige Stelle verdrängt, und die Kluft der Widersprüche zwischen allen diesen imperialistischen Staaten und dem imperialistischen Japan wurde dadurch vergrößert. Infolgedessen hat sich für die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk die Aufgabe ergeben, die antijapanische nationale Einheitsfront in China mit der Friedensfront der Welt zu verbinden. Das heißt, daß China sich nicht nur mit dem festen und guten Freund des chinesischen Volkes, mit der Sowjetunion, vereinigen muß, sondern auch nach Möglichkeit auf gemeinsamen Kampf gegen den japanischen Imperialismus abzielende Beziehungen zu jenen imperialistischen Staaten aufnehmen sollte, die gegenwärtig den Frieden zu erhalten wünschen und gegen einen neuen Aggressionskrieg auftreten. Unsere Einheitsfront muß sich den Widerstand gegen die japanische Aggression zum Ziel setzen, nicht aber den gleichzeitigen Kampf gegen alle imperialistischen Mächte.

b. Die Widersprüche zwischen China und Japan haben zu Änderungen in den Beziehungen zwischen den verschiedenen Klassen innerhalb unseres Landes geführt; für die Bourgeoisie und selbst für die Militärmachthaber wurde ihre bloße Existenz in Frage gestellt; in ihren Reihen und in ihren Parteien begann allmählich der Prozeß einer Revision ihrer politischen Stellungen. Das hat die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk vor die Aufgabe gestellt, eine antijapanische nationale Einheitsfront zu schaffen. Unsere Einheitsfront erfaßt die Bourgeoisie und all jene, die für die Verteidigung des Vaterlands eintreten; sie stellt den Zusammenschluß des ganzen Landes gegen den äußeren Feind dar. Die Lösung der Aufgabe, eine solche Front zu schaffen, ist nicht nur notwendig, sondern auch möglich.

c. Die Widersprüche zwischen China und Japan haben zu Änderungen in der Lage und in der Politik der Volksmassen des ganzen Landes (des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums) sowie zu Änderungen in der Lage und in der Politik der Kommunistischen Partei geführt. Die Volkserhebung für die Rettung des Vaterlands hat einen noch größeren Umfang angenommen. Die Politik der Kommunistischen Partei nach den Ereignissen des 18. September war darauf gerichtet, mit dem Teil der Kuomintang-Leute, der beim Widerstand gegen die japanische Aggression mit uns zusammenzuarbeiten wünscht, unter drei Bedingungen (Einstellung der Offensive gegen die revolutionären Stützpunktgebiete, Gewährleistung des Rechts auf Freiheit für das Volk, Bewaffnung des Volkes) eine Vereinbarung über den Widerstand gegen Japan zu treffen; unsere Partei hat diese Politik zur Politik der Schaffung einer Einheitsfront der ganzen Nation gegen die japanische Aggression entwickelt. Deshalb hat unsere Partei eine Reihe von Schritten unternommen, und zwar folgende: die Augustdeklaration des Jahres 1935,[Anmerkung 179] der Dezemberbeschluß,[Anmerkung 180] der Verzicht auf "Anti-Tschiangkaischek Losungen im Mai 1936,[Anmerkung 181] der Augustbrief an die Kuomintang,[Anmerkung 182] der Septemberbeschluß über die demokratische Republik,[Anmerkung 183] das Bestehen auf friedlicher Beilegung der Sian-Ereignisse im Dezember des gleichen Jahres, das Telegramm an das 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang im Februar 1937.[Anmerkung 184]

d. Solche Erscheinungen wie die Separatregimes der Militärmachthaber in China und Kriege zwischen ihnen infolge der imperialistischen Politik der Einflußsphären und der halbkolonialen Wirtschaft Chinas haben angesichts der Widersprüche zwischen China und Japan ebenfalls Änderungen erfahren. Die japanischen Imperialisten ermuntern zu derartigen Separatregimes und Bürgerkriegen, um sich den Weg zu ihrer Alleinherrschaft über China zu erleichtern. Einige andere imperialistische Staaten unterstützen in ihrem eigenen Interesse zeitweilig die Einigung Chinas und die Herstellung des Friedens im Land. Die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk indessen spannen alle ihre Kräfte an zum Kampf gegen die Bürgerkriege und die Zersplitterung des Landes, zum Kampf für Frieden und Einheit.

e. Die Entwicklung der nationalen Widersprüche - der Widersprüche zwischen China und Japan - hat im politischen spezifischen Gewicht die Widersprüche zwischen den Klassen und zwischen den politischen Gruppierungen innerhalb des Landes an eine zweitrangige, untergeordnete Stelle gerückt. Die Klassenwidersprüche und die Widersprüche zwischen den politischen Gruppierungen im Land bestehen jedoch nach wie vor. Sie sind weder vermindert worden, noch sind sie verschwunden. Das gleiche gilt auch für die Widersprüche zwischen China und den imperialistischen Staaten, Japan ausgenommen. Gerade das hat die Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk vor folgende Aufgabe gestellt: sowohl jene inneren als auch äußeren Widersprüche, deren Regelung gegenwärtig möglich und notwendig ist, so zu regeln, wie es sich gehört, damit sie der allgemeinen Aufgabe des Zusammenschlusses zum Widerstand gegen die japanische Aggression entsprechen. Gerade das begründete eine ganze Reihe politischer Richtlinien der Kommunistischen Partei Chinas, wie die für Frieden und Einheit, für politische Demokratie, für Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes und Verhandlungen mit den ausländischen Staaten, die gegen Japan auftreten.

4. Der erste Zeitabschnitt der neuen Periode der chinesischen Revolution, der am 9. Dezember 1935 begann, war mit dem 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang, das im Februar 1937 stattfand, beendet. Die bedeutendsten Ereignisse in diesem Zeitabschnitt waren folgende: Bewegung der Studentenschaft, der Kulturschaffenden und der Öffentlichkeit zur Rettung des Vaterlands; Einrücken der Roten Armee in die nordwestlichen Gebiete des Landes; die propagandistische und organisatorische Arbeit der Kommunistischen Partei für ihre Politik einer antijapanischen nationalen Einheitsfront; die antijapanischen Streiks in Schanghai und Tsingtao;[Anmerkung 185] die Tendenz Großbritanniens, Japan gegenüber eine relativ straffere Politik einzuschlagen;[Anmerkung 186] die Kuangtung-Kuangsi-Ereignisse[Anmerkung 187] der Widerstandskampf in der Provinz Suiyüan und die Bewegung zur Unterstützung der Suiyüanfront;[Anmerkung 188] die relativ festere Haltung Nankings bei den chinesisch-japanischen Verhandlungen;[Anmerkung 189] die SianEreignisse und schließlich das in Nanking abgehaltene 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang.[Anmerkung 190] Alle diese Ereignisse entfalteten sich um den grundlegenden Widerspruch, den Antagonismus zwischen China und Japan, sie alle standen in unmittelbarer Beziehung zu der historischen Notwendigkeit der Schaffung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront. Die grundlegende Aufgabe der Revolution in diesem Zeitabschnitt ist die Erringung des Friedens innerhalb des Landes, die Einstellung der inneren bewaffneten Konflikte, damit der Zusammenschluß zum gemeinsamen Widerstand gegen Japan verwirklicht wird. In diesem Zeitabschnitt erließ die Kommunistische Partei den Aufruf: "Mit dem Bürgerkrieg Schluß machen und Japan einmütigen Widerstand leisten" Dieser Aufruf wurde im wesentlichen verwirklicht, und auf diese Weise wurde die erste unerläßliche Bedingung für die tatsächliche Bildung der antijapanischen nationalen Einheitsfront geschaffen.

5. Da es in den Reihen der Kuomintang eine projapanische Gruppe gibt, wurde auf dem 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang keine eindeutige und vollständige Wendung in der Politik der Kuomintang zum Ausdruck gebracht, und es hat auch keine konkrete Lösung des Problems gegeben. Aber unter dem Druck des Volkes und unter dem Einfluß der Verschiebungen, die innerhalb der Kuomintang vor sich gegangen sind, mußte sie zwangsläufig damit beginnen, sich von der falschen Politik der vergangenen zehn Jahre, von der Politik des Bürgerkriegs, der Diktatur und des Nichtwiderstands gegen Japan abzuwenden und sich der Politik des inneren Friedens, der Demokratie und des Widerstands gegen Japan zuzuwenden. Sie begann die Politik einer antijapanischen nationalen Einheitsfront anzunehmen; dieser Anfang einer Wendung hat sich auf dem 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang abgezeichnet. Von nun an muß man danach streben, daß sich in der Politik der Kuomintang die endgültige Wendung vollzieht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir und das ganze chinesische Volk die antijapanische und demokratische Bewegung noch breiter entfalten, in der Kritik, im Vorwärtsstoßen und Vorwärtstreiben der Kuomintang noch weiter gehen, uns mit den in ihren Reihen vorhandenen Anhängern des Friedens, der Demokratie und des Widerstands gegen die japanische Aggression zusammenschließen, die Schwankenden und Unentschlossenen vorwärtsdrängen und die projapanisch gesinnten Elemente vertreiben.

6. Der gegenwärtige Zeitabschnitt ist der zweite Zeitabschnitt der neuen Periode. Der erste wie der zweite Zeitabschnitt sind Zeitabschnitte des Übergangs zum bewaffneten Widerstandskampf des ganzen Landes gegen die japanischen Eindringlinge. Bestand die Aufgabe des ersten Zeitabschnitts hauptsächlich im Kampf um den Frieden, so ist die Aufgabe des zweiten Zeitabschnitts hauptsächlich der Kampf um die Demokratie. Man muß begreifen, daß die Schaffung einer wahren, festen nationalen Einheitsfront gegen Japan ohne die Demokratie innerhalb des Landes selbstverständlich ebenso unmöglich ist wie ohne den inneren Frieden. Deshalb ist der Kampf um die Demokratie in dem gegenwärtigen Entwicklungsstadium das Hauptkettenglied in der Aufgabe der Revolution. Werden wir uns der Wichtigkeit der Aufgabe, die Demokratie zu erkämpfen, nicht bewußt und lassen wir im Bestreben um die Demokratie nach, so werden wir die Schaffung einer wahren, festen nationalen Einheitsfront gegen Japan nicht erreichen können.

Der Kampf um Demokratie und Freiheit

7. Die japanischen Imperialisten bereiten sich gegenwärtig verstärkt auf eine Aggression gegen Chinas Gebiete südlich der Großen Mauer vor. Im Einklang mit den intensiven Vorbereitungen Hitlers und Mussolinis für einen Raubkrieg im Westen spannt Japan im Osten nach seinen festgelegten Plänen alle Kräfte an, um Voraussetzungen zu schaffen, China mit einem Schlag zu unterwerfen: im eigenen Land handelt es sich um militärische, politische, ökonomische und ideologische Voraussetzungen und in der internationalen Arena um diplomatische Voraussetzungen; und in China züchtet es die projapanischen Kräfte hoch. Die Propagierung der sogenannten "chinesisch-japanischen Zusammenarbeit" und eine gewisse Mäßigung in den diplomatischen Maßnahmen Japans werden genau diktiert von taktischen Bedürfnissen der Aggressionspolitik Japans am Vorabend des Krieges. Der ausschlaggebende Augenblick rückt heran, da China die Frage seiner Existenz oder seines Untergangs entscheiden muß; man muß sich im raschesten Tempo auf den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zur Rettung Chinas vorbereiten. Wir sind eben nicht gegen solche Vorbereitung, aber wir sind gegen die Theorie der endlosen Vorbereitung, gegen den für das Vaterland verhängnisvollen müßigen und liederlichen Zeitvertreib ziviler und militärischer Beamter, der in Wirklichkeit dem Feind hilft und den man unverzüglich radikal unterbinden muß.

8. Vorbereitungen für die Landesverteidigung auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet sowie auf dem Gebiet des Erziehungswesens sind gleichfalls unerläßliche Voraussetzungen für den Widerstandskrieg gegen Japan zur Rettung des Vaterlands und dulden nicht einmal den geringsten Verzug. Die Erringung der Demokratie und Freiheit auf politischem Gebiet ist eben das Hauptkettenglied, das den Sieg im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression gewährleisten wird. Für den Widerstandskrieg bedarf es des inneren Friedens und der Einheit des ganzen Landes, ohne Demokratie und Freiheit können wir weder den von uns bereits erreichten inneren Frieden verankern noch die innere Einheit stärken. Für den Widerstandskrieg ist die Mobilisierung des Volkes notwendig, aber ohne Demokratie und Freiheit ist an die Durchführung dieser Mobilisierung gar nicht zu denken. Sind der Frieden und die Einheit nicht gefestigt und die Kräfte des ganzen Volkes nicht mobilisiert worden, kann der Widerstandskrieg das gleiche Schicksal erleiden wie Abessinien. Abessinien erlitt eine Niederlage hauptsächlich deshalb, weil dort das Feudalsystem herrschte und folglich Abessinien außerstande war, die innere Einheit zu festigen und die Aktivität des Volkes zu entfalten. Ohne die Demokratie im Land ist es unmöglich, in China eine wahre, feste nationale Einheitsfront gegen Japan zu schaffen und deren Aufgaben zu lösen.

9. China muß unverzüglich demokratische Umgestaltungen in folgenden zwei Richtungen in Angriff nehmen: Erstens, auf dem Gebiet des politischen Systems ist das Regierungssystem der reaktionären Diktatur einer Partei und einer Klasse - der Diktatur der Kuomintang - durch ein demokratisches Regierungssystem zu ersetzen, das auf der Zusammenarbeit aller Parteien und aller Klassen beruht. Hierfür muß man damit beginnen, die antidemokratischen Verfahren für die Durchführung der Wahlen zur Nationalversammlung und für ihre Einberufung zu ändern, demokratische Wahlen durchzuführen und die freie Tätigkeit der Nationalversammlung zu gewährleisten, bis eine wahrhaft demokratische Verfassung ausgearbeitet und angenommen, ein wahrhaft demokratisches Parlament einberufen, eine wahrhaft demokratische Regierung gewählt und eine wahrhaft demokratische Politik durchgeführt wird. Nur so kann man den inneren Frieden richtig festigen, die bewaffnete Konfrontation im Land einstellen, die innere Einheit stärken, damit sich das ganze Land wie ein Mann zum Widerstand gegen den äußeren Feind erhebt. Es kann auch so kommen, daß der Angriff der japanischen Imperialisten beginnt, bevor wir mit unseren Umgestaltungen fertig sind. Deshalb müssen wir diese Umgestaltungen rasch durchführen und darauf vorbereitet sein, sie im Verlauf des Widerstandskriegs zu vollenden, um jederzeit dem japanischen Angriff Widerstand leisten und Japan endgültig besiegen zu können. Das ganze chinesische Volk und die Patrioten aller Parteien müssen ihre bisherige gleichgültige Einstellung zu den Fragen der Nationalversammlung und der Ausarbeitung der Verfassung aufgeben und alle ihre Kräfte auf die konkrete, für die Landesverteidigung bedeutsame Bewegung für die Nationalversammlung und für die Verfassung konzentrieren; sie müssen die an der Macht befindliche Kuomintang streng kritisieren; sie müssen sie Vorwärtsstoßen und vorwärtstreiben, damit sie auf ihre Diktatur einer Partei und einer Klasse verzichtet und den Willen des Volkes erfüllt. Im Verlauf einiger Monate des laufenden Jahres muß man im ganzen Land eine breite demokratische Bewegung entfachen, deren nächstes Ziel die Vollendung der Demokratisierung der Nationalversammlung und der Verfassung sein muß. Zweitens handelt es sich um die Freiheit der Rede, der Versammlung und der Vereinigung für das Volk. Ohne diese Freiheiten wird man die demokratische Umgestaltung des politischen Systems nicht vollziehen können, wird man weder das Volk für den Widerstandskrieg mobilisieren noch bei der Verteidigung des Vaterlands und der Rückgewinnung der verlorenen Territorien den Sieg erringen können. Im Verlauf der nächsten Monate muß die demokratische Bewegung des ganzen Volkes die Erfüllung gewisser Mindestforderungen auf diesem Gebiet erzwingen, die Freilassung der politischen Häftlinge, die Aufhebung des Parteiverbots usw. mit eingeschlossen. Die demokratische Umgestaltung des politischen Systems und das Recht auf Freiheit für das Volk sind ein wichtiger Teil des Programms der antijapanischen nationalen Einheitsfront und zugleich eine notwendige Voraussetzung für die Schaffung einer wahren, festen nationalen Einheitsfront gegen Japan.

10. Unsere Feinde - die japanischen Imperialisten, die chinesischen Landesverräter, die projapanischen Elemente und die Trotzkisten - setzen alles daran, jede unserer Maßnahmen zu hintertreiben, die auf die Herstellung von Frieden und Einheit in China, die Einführung der Demokratie und Freiheit und den Widerstandskrieg gegen Japan gerichtet sind. Früher, als wir mit allen Kräften für Frieden und Einheit kämpften, schürten sie auf jede Weise den Bürgerkrieg und die Zersplitterung des Landes. Jetzt wie auch in der nächsten Zukunft, wo wir mit allen Kräften für Demokratie und Freiheit kämpfen, werden sie zweifellos ihre Wühltätigkeit fortsetzen. Ihr allgemeines Ziel besteht darin, uns bei der Erfüllung der Aufgabe des Widerstandskriegs zum Schutz des Vaterlands zu verhindern und ihre aggressiven Pläne der Unterwerfung Chinas zu verwirklichen. Von nun an müssen wir uns im Kampf für die Erringung der Demokratie und Freiheit nicht nur anstrengen, Propaganda und Agitation unter den Ultrakonservativen in der Kuomintang und unter dem rückständigen Teil des Volkes zu leisten und Kritik an ihnen zu üben, sondern auch die Umtriebe der japanischen Imperialisten und der projapanischen Elemente und der Trotzkisten, die ihnen bei der Aggression in China als Kettenhunde dienen, restlos entlarven und einen entschlossenen Kampf gegen sie führen.

11. Um den Frieden herzustellen und die Demokratie zu errichten, um den Widerstandskrieg zu führen, um die antijapanische nationale Einheitsfront zu schaffen, hat die Kommunistische Partei Chinas in dem Telegramm an das 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang folgende vier Garantien gegeben: a. die unter Führung der Kommunistischen Partei stehende Regierung des revolutionären Stützpunktgebiets Schensi-Kansu-Ningsia umzubenennen in Regierung des Sondergebiets der Republik China und die Rote Armee umzubenennen in Nationalrevolutionäre Armee und sie der Anleitung der Zentralregierung beziehungsweise ihrem Militärrat in Nanking zu unterstellen; b. auf dem Territorium der Regierung des Sondergebiets ein konsequentes demokratisches System einzuführen; c. mit der Politik des gewaltsamen Sturzes der Kuomintang Schluß zu machen; d. die Beschlagnahme des Bodens der Grundherren einzustellen. Diese Verpflichtungen sind notwendig und zulässig. Denn nur so kann man in Übereinstimmung mit der Änderung des politischen spezifischen Gewichts der äußeren und der inneren Widersprüche die Lage der antagonistischen Gegenüberstellung zweier politischer Mächte im Land ändern und auf diese Weise sich für den gemeinsamen Kampf gegen den Feind zusammenschließen. Das sind Zugeständnisse nach bestimmten Prinzipien und unter bestimmten Bedingungen, Zugeständnisse, die gemacht wurden, um - wie es die ganze Nation braucht - im Austausch dagegen Frieden, Demokratie und den Widerstandskrieg zu erhalten. Aber unsere Zugeständnisse haben ihre Grenzen. Die Kommunistische Partei behält die Führung im Sondergebiet und in der Roten Armee und wahrt in den Beziehungen zur Kuomintang ihre Unabhängigkeit und die Freiheit der Kritik. Das sind die Grenzen dieser Zugeständnisse, und es ist unzulässig, diese Grenzen zu überschreiten. Zugeständnisse müssen von beiden Parteien gemacht werden: Die Kuomintang verzichtet auf die Politik des Bürgerkriegs, der Diktatur und auf die Politik, dem äußeren Feind keinen Widerstand zu leisten; die Kommunistische Partei verzichtet auf die Politik der antagonistischen Gegenüberstellung der beiden politischen Mächte. Wir tauschen das letztere gegen das erstere aus und nehmen die Zusammenarbeit mit der Kuomintang wieder auf zum Kampf für die Rettung des Vaterlands vor dem Untergang. Das als Kapitulation der Kommunistischen Partei zu bezeichnen, wäre nichts als "Ah-Queh-ismus"[Anmerkung 191] und böswillige Verleumdung.

12. Ist die Kommunistische Partei mit den Drei Volksprinzipien einverstanden? Wir antworten: Ja, sie ist einverstanden.[Anmerkung 192] Die Drei Volksprinzipien haben im Laufe ihrer Geschichte Veränderungen erfahren. Die revolutionären Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens eroberten sich das Vertrauen des Volkes und wurden in den Jahren 1924 bis 1927 zum siegreichen Banner der Revolution, weil sie von Dr. Sun Yat-sen in Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei unbeirrt in die Tat umgesetzt wurden. Aber als die Kuomintang im Jahre 1927 die Kommunistische Partei ausschaltete (die Säuberung der Partei[Anmerkung 193] und der antikommunistische Krieg) und eine entgegengesetzte Politik verfolgte, verschuldete sie die Niederlage der Revolution und stürzte die Nation in eine gefährliche Lage; infolgedessen hat das Volk das Vertrauen zu diesen Drei Volksprinzipien verloren. Gegenwärtig, da eine äußerst scharfe Krise über die Nation hereingebrochen ist, kann die Kuomintang bereits nicht mehr in der alten Manier regieren, und im Zusammenhang damit fordert das ganze chinesische Volk, fordern die patriotischen Kräfte der Kuomintang erneut aufs dringendste die Zusammenarbeit der beiden Parteien. Deshalb entspricht es voll und ganz den historischen Forderungen der chinesischen Revolution, den Geist der Drei Volksprinzipien zu erneuern und wiederherzustellen, die Zusammenarbeit der beiden Parteien in Übereinstimmung mit diesen Prinzipien wiederaufzunehmen: nach außen hin mit dem Prinzip des Nationalismus, das heißt um Unabhängigkeit und Befreiung zu kämpfen, und nach innen hin mit dem Prinzip der Demokratie, das heißt Demokratie und Freiheit zu verwirklichen, sowie mit dem Prinzip des Volkswohls, das heißt den Wohlstand des Volkes zu fördern. Beide Parteien müssen das Volk bei der entschlossenen Verwirklichung dieser drei Prinzipien führen. Und das muß jedem Kommunisten völlig klar sein. Die Kommunisten verzichten keineswegs auf ihre sozialistischen und kommunistischen Ideale; sie werden über das Stadium der bürgerlich-demokratischen Revolution zum Stadium des Sozialismus und Kommunismus gelangen. Die Kommunistische Partei Chinas hat ihr eigenes politisches und ökonomisches Programm. Ihr Maximalprogramm ist Sozialismus und Kommunismus, und das unterscheidet sich von den Drei Volksprinzipien. Auch ihr Programm in der Periode der demokratischen Revolution geht weiter als die Programme aller anderen Parteien Chinas, aber es widerspricht im wesentlichen nicht dem Programm der Drei Volksprinzipien, das vom I. Nationalkongreß der Kuomintang verkündet worden ist. Deshalb lehnen wir die Drei Volksprinzipien nicht ab, sondern wollen sie fest und entschlossen verwirklichen; wir fordern außerdem, daß die Kuomintang mit uns zusammen diese Prinzipien in die Tat umsetzt, und rufen das ganze chinesische Volk auf, das gleiche zu tun. Wir sind der Meinung, daß die Kommunistische Partei, die Kuomintang und das ganze chinesische Volk sich einmütig zum Kampf für die drei großen Ziele erheben müssen: für die nationale Unabhängigkeit, für Demokratie und Freiheit und für Glück und Wohlfahrt des Volkes.

13. War unsere frühere Losung von der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik ein Fehler? Nein, sie war kein Fehler. Da die Bourgeoisie und insbesondere die Großbourgeoisie sich von der Revolution abwandte, sich den Imperialisten und den feudalen Kräften verschrieb und folglich zum Feind des Volkes wurde, blieben nur das Proletariat, die Bauernschaft und das städtische Kleinbürgertum die Triebkräfte der Revolution; als revolutionäre Partei blieb nur die Kommunistische Partei; und die Mission des Organisators der Revolution mußte deshalb der einzigen revolutionären Partei der Kommunistischen Partei - zufallen. Nur die Kommunistische Partei hielt das Banner der Revolution weiterhin hoch, wahrte die revolutionären Traditionen, stellte die Losung der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik auf und führte viele Jahre lang einen harten Kampf für die Verwirklichung dieser Losung. Die Losung der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik lief den Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution nicht zuwider, sondern bedeutete die strikte Verwirklichung gerade dieser Aufgaben. In der Politik, die wir im Verlauf unseres tatsächlichen Kampfes betrieben, gibt es nichts, was nicht diesen Aufgaben entspräche. In unserer Politik, einschließlich der Beschlagnahme des Bodens der Grundherren sowie der Einführung des Achtstundentags, sind wir nicht über den Rahmen des Systems des kapitalistischen Privateigentums hinausgegangen und haben nicht den Sozialismus verwirklicht. Wie wird die Zusammensetzung der neuen demokratischen Republik sein? Sie besteht aus dem Proletariat, der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum, der Bourgeoisie und all jenen im Land, die die Ideen der nationalen und demokratischen Revolution teilen. Eine solche Republik wird ein Bündnis aller dieser Klassen in der nationalen und demokratischen Revolution sein. Die Besonderheit dieses Bündnisses besteht darin, daß ihm auch die Bourgeoisie angehört, weil in der gegenwärtigen Lage die Möglichkeit gegeben ist, daß sie erneut mit uns zusammenarbeitet und am Widerstand gegen die japanische Aggression teilnimmt; deshalb darf die Partei des Proletariats die Bourgeoisie nicht ablehnen - im Gegenteil, sie soll die Bourgeoisie heranziehen und das Bündnis mit ihr erneuern für den gemeinsamen Kampf im Interesse der Entwicklung der chinesischen Revolution. Um mit bewaffneten Zusammenstößen innerhalb des Landes Schluß zu machen, ist die Kommunistische Partei gewillt, die Politik der gewaltsamen Beschlagnahme des Bodens der Grundherren einzustellen, und sie ist bereit, die Bodenfrage auf dem Wege der Gesetzgebung und durch andere entsprechende Verfahren im Prozeß des Aufbaus der neuen demokratischen Republik zu lösen. Vor allem jedoch ist die Frage zu lösen, wem der chinesische Boden gehört: den Japanern oder den Chinesen. Da man bei der Lösung der Bodenfrage der Bauern von der Hauptvoraussetzung der Verteidigung Chinas ausgehen muß, ist der Übergang von den Methoden der gewaltsamen Beschlagnahme zu neuen, der Lage entsprechenden Methoden absolut notwendig geworden.

Die Losung der demokratischen Arbeiter- und Bauernrepublik war in der Vergangenheit mit Recht aufgestellt worden und wird gegenwärtig ebenfalls mit Recht zurückgezogen.

14. Um die nationale Einheitsfront für den gemeinsamen Kampf gegen den Feind zu schaffen, muß man einige Widersprüche innerhalb des Landes auf gebührende Weise lösen, wobei man von dem Prinzip ausgehen muß, daß die Lösung dieser Widersprüche zur Verstärkung und Erweiterung der antijapanischen nationalen Einheitsfront beiträgt, keinesfalls aber zu ihrer Schwächung und Einengung führen darf. In dem Zeitabschnitt der demokratischen Revolution können Widersprüche und Kampf innerhalb des Landes zwischen den Klassen, Parteien sowie politischen Gruppierungen nicht vermieden werden, aber man kann und muß jene Kämpfe einstellen, die den Zusammenschluß der Kräfte für den Widerstand gegen die japanischen Eindringlinge behindern (Bürgerkrieg, antagonistische Gegenüberstellung der politischen Parteien, örtliche Separatregimes, feudale politische und ökonomische Unterdrückung einerseits und andererseits die Politik der Aufstände, übermäßige ökonomische Forderungen, die den Widerstand gegen die japanischen Aggressoren nicht fördern, usw.), aber man kann und muß jene Kämpfe beibehalten, die den Zusammenschluß für den Widerstand gegen Japan fördern (die Kämpfe für die Freiheit der Kritik, für die Unabhängigkeit der Parteien, für die Verbesserung des politischen und ökonomischen Lebens des Volkes usw.).

15. Im Rahmen der allgemeinen Aufgaben des Kampfes für die antijapanische nationale Einheitsfront und die einheitliche demokratische Republik stehen vor der Roten Armee und den Stützpunktgebieten des Widerstands gegen Japan. folgende Aufgaben: a. Es ist zu erreichen, daß die Rote Armee der Situation des Widerstandskriegs entspricht, und dazu muß die Rote Armee unverzüglich zur Nationalrevolutionären Armee reorganisiert und das Niveau ihrer militärischen, politischen und kulturellen Erziehung noch höher gehoben werden, damit die Rote Armee im Widerstandskrieg als Vorbild dienen wird; b. die Stützpunktgebiete sind in einen Bestandteil der gesamten Republik umzuwandeln, in denen ist eine den neuen Bedingungen entsprechende demokratische Ordnung zu errichten, die Sicherheitstruppen sind zu reorganisieren, die Landesverräter und Saboteure zu liquidieren, damit diese Stützpunktgebiete zum Vorbild im Widerstandskrieg und zum Muster der Demokratie werden; c. in diesen Gebieten ist der notwendige wirtschaftliche Aufbau durchzuführen, und die Lebensbedingungen der Volksmassen sind zu verbessern; d. der notwendige kulturelle Aufbau ist durchzuführen.

Unsere Verantwortung für die Führung

16. Die chinesische Bourgeoisie, die in einer bestimmten historischen Situation fähig ist, sich am Kampf gegen den Imperialismus und das Feudalsystem zu beteiligen, kann in einer anderen historischen Situation infolge ihrer ökonomischen und politischen Schwäche ins Schwanken geraten und Verrat üben. Diese Gesetzmäßigkeit ist durch Tatsachen aus der chinesischen Geschichte bestätigt worden. Deshalb können die Aufgaben der antiimperialistischen und antifeudalen bürgerlich-demokratischen Revolution in China nur dann erfüllt werden, wenn die Führung, wie das durch den Lauf der Geschichte bestimmt ist, nicht die Bourgeoisie, sondern das Proletariat innehat. Überdies kann man nur dann die der Bourgeoisie angeborene Unbeständigkeit und Inkonsequenz überwinden und verhindern, daß die Revolution mit einer Fehlgeburt endet, wenn das Proletariat seine Beharrlichkeit und Konsequenz bei der Durchführung der demokratischen Revolution in vollem Maße zur Geltung bringt. Soll das Proletariat der Bourgeoisie folgen oder die Bourgeoisie dem Proletariat? Von dieser Frage der Verantwortung für die Führung der chinesischen Revolution hängt der Ausgang dieser Revolution ab. Die Erfahrungen der Jahre 1924 bis 1927 haben gezeigt, wie erfolgreich die Revolution sich entwickelte, als die Bourgeoisie der politischen Führung des Proletariats folgte, und welche Niederlage die Revolution erlitt, als das Proletariat (dafür trägt die Kommunistische Partei die Verantwortung) in politischer Hinsicht der Bourgeoisie nachtrabte.[Anmerkung 194] Man darf nicht zulassen, daß sich eine derartige Geschichte wiederholt. In der gegenwärtigen Situation wird es ohne die politische Führung durch das Proletariat und seine Partei unmöglich sein, die antijapanische nationale Einheitsfront herzustellen, unsere Ziele Frieden, Demokratie und Widerstandskrieg - zu verwirklichen und das Vaterland zu verteidigen; wird es nicht gelingen, eine einheitliche demokratische Republik erfolgreich zu schaffen. Heute ist die durch die Kuomintang vertretene chinesische Bourgeoisie noch sehr passiv und konservativ; der Beweis dafür ist die Tatsache, daß sie lange zögert, die antijapanische nationale Einheitsfront, deren Initiator die Kommunistische Partei ist, zu akzeptieren. Dieser Umstand erlegt dem Proletariat und seiner Partei eine noch größere Verantwortung für die politische Führung auf. Die Rolle des Generalstabs im Widerstandskampf gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands zu übernehmen ist die heilige Pflicht der Kommunistischen Partei, die sie weder ablehnen darf noch kann.

17. Wie verwirklicht das Proletariat durch seine Partei die politische Führung aller revolutionären Klassen im Land? Erstens wird entsprechend dem Ablauf der historischen Entwicklung die politische Hauptlosung ausgegeben, und zu ihrer Verwirklichung werden in jedem Entwicklungsstadium und am Wendepunkt eines jeden wichtigen Ereignisses Aktionslosungen aufgestellt. So haben wir beispielsweise als konkrete Ziele einmütiger Aktionen des ganzen Volkes folgende Hauptlosungen aufgestellt: "Antijapanische nationale Einheitsfront", "Einheitliche demokratische Republik", und wir haben die Losungen "Einstellung des Bürgerkriegs", "Kampf um die Demokratie", "Verwirklichung des Widerstandskriegs" hinzugefügt. Ohne solche konkreten Zielsetzungen kann von einer politischen Führung nicht die Rede sein. Zweitens müssen das Proletariat und insbesondere seine Avantgarde, die Kommunistische Partei, grenzenlose Aktivität und Ergebenheit an den Tag legen und zum Vorbild bei der Verwirklichung dieser konkreten Ziele werden, wenn in Übereinstimmung mit diesen konkreten Zielsetzungen das ganze Land in Bewegung gerät. Im Kampf für die Lösung aller Aufgaben der antijapanischen nationalen Einheitsfront und der demokratischen Republik müssen die Kommunisten den größten Weitblick besitzen, den höchsten Grad von Opferbereitschaft aufweisen, die größte Standhaftigkeit an den Tag legen, mit maximaler Unbefangenheit eine Situation erfassen können; sie müssen sich auf die Mehrheit der Volksmassen stützen und die Unterstützung der Volksmassen erlangen. Drittens muß man, indem man an dem Prinzip festhält, das gestreckte politische Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren, entsprechende Beziehungen zu den Verbündeten aufnehmen und das Bündnis mit ihnen entwickeln und festigen. Viertens muß man die Reihen der Kommunistischen Partei erweitern, ihre ideologische Einheit und eine strenge Disziplin wahren. Die politische Führung des ganzen Volkes durch die Kommunistische Partei wird dadurch verwirklicht, daß alle oben aufgezählten Bedingungen erfüllt werden. Diese Bedingungen sind die Grundlage dafür, daß unsere politische Führung gewährleistet und die Revolution den vollständigen Sieg erhalten und nicht durch die Unbeständigkeit unserer Verbündeten fehlgeleitet wird.

18. Nachdem der Frieden verwirklicht und die Zusammenarbeit der beiden Parteien hergestellt worden ist, müssen die Formen des Kampfes, die Formen der Organisation und die Methoden der Arbeit geändert werden, die wir früher bei der Befolgung der Linie anwandten, die durch die antagonistische Gegenüberstellung zweier politischer Mächte bedingt war. Diese Änderungen müssen hauptsächlich darin bestehen, daß von bewaffneten Formen zu friedlichen Formen, von illegalen zu legalen Formen übergegangen wird. Eine solche Wendung ist nicht leicht zu vollziehen, man wird umlernen müssen. Die Umschulung der Kader wird zum Hauptkettenglied in unserer Arbeit.

19. Viele Genossen haben bereits die Frage nach dem Charakter der demokratischen Republik und nach ihren Perspektiven gestellt. Darauf antworten wir so: Ihrem Klassencharakter nach ist sie das Bündnis aller revolutionären Klassen, in der Perspektive aber kann sie auf den Sozialismus zusteuern. Unsere demokratische Republik wird geschaffen im Prozeß der Erfüllung der Aufgaben des nationalen Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression, sie wird geschaffen unter der Führung des Proletariats, in einer neuen internationalen Situation (Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion, Vorabend einer neuen Periode in der Weltrevolution). Darum muß sie, obwohl sie infolge der sozialen und ökonomischen Bedingungen ihrem Charakter nach ein bürgerlich-demokratischer Staat bleibt, dennoch infolge der konkreten politischen Bedingungen zu einem Staat werden, der auf dem Bündnis der Arbeiter, der Bauern, des Kleinbürgertums und der Bourgeoisie beruht - darin eben unterscheidet sie sich von einer gewöhnlichen bürgerlichen Republik. Aus dem gleichen Grunde besteht, obwohl sie in der Perspektive immer noch die kapitalistische Richtung einschlagen könnte, zugleich auch die Möglichkeit ihres Übergangs auf den Weg zum Sozialismus, und die Partei des chinesischen Proletariats muß mit allen Kräften für diese zweite Perspektive kämpfen.

20. Eine notwendige Bedingung für die Erfüllung der vor der Partei stehenden Aufgaben ist der Kampf gegen die Politik der verschlossenen Tür, gegen Abenteurertum und Nachtrabpolitik. In den Massenbewegungen sind in unserer Partei althergebrachte Tendenzen vorhanden - die starke Tendenz zur Politik der verschlossenen Tür und die Tendenz zum überheblichen Sektierertum und zum Abenteurertum. Diese üblen Tendenzen hindern die Partei, die antijapanische nationale Einheitsfront zu schaffen und die Mehrheit der Volksmassen zu gewinnen. Es ist unbedingt notwendig, daß man sie in jeder konkreten Arbeit ausmerzt. Unsere Forderung geht dahin, sich auf die Mehrheit zu stützen und Rücksicht auf die gesamte Lage zu nehmen. Wir können das Wiederaufleben der Nachtrabpolitik Tschen Du-hsius nicht zulassen, die eine Widerspiegelung des bürgerlichen Reformismus in den Reihen des Proletariats gewesen ist. Von dem Standpunkt der Partei heruntergehen, ihr politisches Gepräge vertuschen, die Interessen der Arbeiter und Bauern opfern, um sich den Forderungen des bürgerlichen Reformismus anzupassen heißt die Revolution unweigerlich zur Niederlage führen. Unsere Forderung besteht darin, eine entschlossene revolutionäre Politik durchzuführen und den vollen Sieg der bürgerlich-demokratischen Revolution zu erringen. Um alle obenerwähnten schädlichen Tendenzen zu überwinden, ist es absolut notwendig, das marxistischleninistische theoretische Niveau in der ganzen Partei zu heben, weil die marxistisch-leninistische Theorie allein der Kompaß ist, der der chinesischen Revolution den Weg zum Sieg weist.

Die Millionenmassen für die antijapanische nationale Einheitsfront gewinnen

Mao Tse-Tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.335-347

(Mai 1937)[Anmerkung 195]

Genossen! Im Verlauf der Diskussionen in den letzten Tagen habt ihr meinen Bericht "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression" gebilligt; nur einige Genossen brachten Einwände vor. Da sie ziemlich wichtig sind, werde ich in meinem Schlußwort zuerst auf diese Einwände eingehen, bevor ich andere Fragen behandle.

Die Frage des Friedens

Unsere Partei hat annähernd zwei Jahre für den inneren Frieden gekämpft. Nach dem 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang sagten wir, daß dieser Frieden errungen ist, daß der Zeitabschnitt des "Kampfes um den Frieden" vorüber war, daß die neue Aufgabe darin bestand, "den Frieden zu festigen". Dabei wiesen wir darauf hin, daß diese neue Aufgabe mit dem "Kampf um die Demokratie" verbunden ist, d. h. den Frieden durch den Kampf um die Demokratie zu festigen. Einige Genossen behaupten jedoch, daß diese unsere Meinung unhaltbar sei. Sie müssen entweder zu entgegengesetzten Schlußfolgerungen gelangt sein oder zwischen diesen und unseren Schlußfolgerungen schwanken. Denn sie sagen: "Japan zieht sich zurück,[Anmerkung 196] die Schwankungen Nankings werden stärker, die Widersprüche zwischen den beiden Nationen werden schwächer, während die Widersprüche innerhalb des Landes im Anwachsen begriffen sind." Geht man von einer solchen Einschätzung aus, dann kann selbstverständlich von einem neuen Zeitabschnitt und einer neuen Aufgabe nicht die Rede sein, dann kehrt die Situation des alten Zeitabschnitts zurück, oder die Situation wird noch schlimmer. Aber ich meine, daß eine solche Ansicht nicht richtig ist.

Wenn wir sagen, daß der Frieden errungen ist, bedeutet das keineswegs, daß der Frieden gefestigt ist; im Gegenteil, wir sagen, daß er labil ist. Die Herstellung des inneren Friedens und die Konsolidierung dieses Friedens sind zwei verschiedene Dinge. In der Geschichte ist eine zeitweilige Umkehr möglich, und die Sache des Friedens kann auch Rückschläge erleiden. Die Ursachen dafür liegen in der Existenz des japanischen Imperialismus und der Landesverräter, der projapanischen Gruppe. Jedoch ist nach den Sian-Ereignissen der innere Frieden eine Tatsache geworden. Diese Lage hat sich infolge verschiedener Umstände herausgebildet (Japans grundlegende Politik zum Angriff; das Eintreten der Sowjetunion sowie Großbritanniens, der USA und Frankreichs für den inneren Frieden in China; der Druck von Seiten des chinesischen Volkes; der Friedenskurs der Kommunistischen Partei während der Sian-Ereignisse und ihre auf die Einstellung der antagonistischen Gegenüberstellung der beiden politischen Mächte gerichtete Politik; die Differenzierung innerhalb der Bourgeoisie, die Differenzierung ,in den Reihen der Kuomintang usw.), und allein Tschiang Kai-schek ist außerstande, den inneren Frieden herzustellen oder ihn zu hintertreiben. Um den inneren Frieden zu hintertreiben, müßte er gegen viele Kräfte kämpfen und sich den japanischen Imperialisten und der projapanischen Gruppe nähern. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die japanischen Imperialisten und die projapanische Gruppe immer noch versuchen, den Bürgerkrieg in China zu verlängern. Und wenn der Frieden bisher nicht konsolidiert ist, dann eben aus diesem Grund. Bei der gegebenen Sachlage lautet unsere Schlußfolgerung: nicht zurückkehren zu den alten Losungen "Stellt den Bürgerkrieg ein!" oder "Kämpft um den Frieden!", sondern noch einen Schritt vorwärts tun und die neue Losung "Kämpft um die Demokratie!" ausgeben. Denn das ist der einzige Weg, den inneren Frieden zu konsolidieren und den Widerstandskrieg gegen Japan zu führen. Warum geben wir die dreieinige Losung aus: "Festigt den Frieden", "Kämpft um die Demokratie!" und "Führt den Widerstandskrieg gegen Japan!"? Weil wir den Wagen der Revolution ein Stück vorantreiben wollen, weil die Lage uns bereits gestattet, einen neuen Schritt vorwärts zu tun. Wer die Tatsachen bestreitet, daß es einen neuen Zeitabschnitt und eine neue Aufgabe gibt, daß in der Kuomintang eine "Wendung begonnen" hat, und wer dann mit derselben Logik die Erfolge jener Kräfte bestreitet, die seit anderthalb Jahren den Kampf um den Frieden innerhalb des Landes führen, der wird auf der Stelle treten und nicht einen Schritt vorwärts tun.

Warum haben diese Genossen eine derart falsche Einschätzung? Weil sie bei der Beurteilung der gegenwärtigen Lage nicht davon ausgehen, was an ihr grundlegend ist, sondern von vielen Erscheinungen, die lokalen und zeitweiligen Charakter haben (die Diplomatie Satos, der Gerichtsprozeß in Sudschou,[Anmerkung 197] die Niederschlagung von Streiks, die Verlegung der Nordostarmee nach dem Osten,[Anmerkung 198] die Abreise Yang Hu-tschengs ins Ausland,[Anmerkung 199] usw.), und all das ergibt in ihren Augen ein so düsteres Bild. Wir sagen, daß in der Kuomintang eine Wendung begonnen aber gleichzeitig stellen wir fest, daß die Kuomintang keine volle Wendung vollzogen hat. Es ist doch nicht anzunehmen, daß die zehnjährige reaktionäre Politik der Kuomintang sich radikal ändern kann ohne neue, vermehrte und größere Anstrengungen unsererseits und von Seiten des ganzen Volkes. Nicht wenige sich "Linke" nennende Leute, die auf die Kuomintang tüchtig zu schimpfen pflegten, die während der Sian-Ereignisse verlangten, daß Tschiang Kai-schek getötet wird, und sich für einen "Durchbruch durch den Paß von Tungguan"[Anmerkung 200] aussprachen, fragen jetzt, wo gleich nach Herstellung des Friedens solche Ereignisse wie der Gerichtsprozeß in Sudschou eintreten, ganz erstaunt: "Warum geht dann Tschiang Kai-schek schon wieder so vor?" Diese Menschen sollten begreifen, daß die Kommunisten oder Tschiang Kai-schek weder Götter noch isolierte Einzelpersonen sind, sondern jeweils Angehörige einer Partei, einer Klasse. Die Kommunistische Partei vermag die Revolution Schritt für Schritt voranzutreiben, aber sie ist außerstande, alle Übel im Land über Nacht restlos zu liquidieren. Tschiang Kaischek und die Kuomintang haben begonnen, eine Wendung vorzunehmen, aber ohne noch bedeutendere Anstrengungen des ganzen Volkes werden sie sich gewiß nicht über Nacht völlig von dem ganzen Schmutz säubern können, der sich im Laufe von zehn Jahren angesammelt hat. Wenn wir sagen, daß das Land sich zum inneren Frieden, zur Demokratie und zum Widerstandskrieg hinbewegt, so bedeutet das jedoch keineswegs, daß man die alten 'Übel - den Bürgerkrieg, die Diktatur und den Nichtwiderstand - ohne Anstrengungen restlos beseitigen kann. Alte Übel, alter Schmutz, zeitweilige Rückschläge in der Entwicklung der Revolution und mögliche Umkehr - das alles kann nur durch Kampf und Anstrengungen, und zwar durch langwierigen Kampf und langwierige Anstrengungen überwunden werden.

Man sagt: "Sie sind darauf versessen, uns zu vernichten." Das ist richtig. Sie versuchen stets, uns zu vernichten. Ich erkenne die Richtigkeit dieser Einschätzung voll und ganz an. Nur ein Schlafender kann das unberücksichtigt lassen. Aber es geht darum, ob sich die Methoden, nach denen sie uns vernichten wollen, geändert haben. Ich denke, sie haben sich geändert. Von der Politik des Krieges und der Massaker sind sie zu einer Politik der Reformen und des Betrugs, von einer "harten" zu einer "weichen" Politik, von einer militärischen Taktik zu einer politischen Taktik übergegangen. Wie erklären sich diese Änderungen? Da die Bourgeoisie und die Kuomintang dem japanischen Imperialismus gegenüberstehen, sind sie gezwungen, zeitweilig einen Verbündeten im Proletariat zu suchen, genauso wie wir einen Verbündeten in der Bourgeoisie suchen. Von dieser Lage muß man bei der Einschätzung der gegebenen Frage ausgehen. Und wenn in der internationalen Arena die französische Regierung von der Feindschaft gegen er der Sowjetunion zu einem Bündnis mit ihr übergegangen ist,[Anmerkung 201] tut sie das aus den gleichen Beweggründen. Auf dem Gebiet der Innenpolitik werden auch bei uns militärische Aufgaben von politischen Aufgaben abgelöst. Aber wir brauchen weder Intrigen noch Tricks. Unser Ziel besteht darin, uns mit allen Elementen der Bourgeoisie und der Kuomintang, die mit dem Widerstandskampf sympathisieren, zu vereinigen und auf diese Weise gemeinsam den japanischen Imperialismus zu besiegen.

Die Frage der Demokratie

Man sagt: "Es ist ein Fehler, das Schwergewicht auf die Demokratie zu legen. Man muß das Schwergewicht nur auf den Widerstand gegen die japanische Aggression legen, denn ohne unmittelbare Aktionen gegen die japanische Aggression kann es auch keine Bewegung für Demokratie geben; die Mehrheit fordert nicht die Demokratie, sondern nur den Widerstand gegen die japanische Aggression; es ist notwendig, die Bewegung des 9. Dezember zu wiederholen."

Gestattet mir zuerst einige Fragen aufzuwerfen. Kann man behaupten, die Mehrheit habe in dem zurückgelegten Zeitabschnitt (von der Bewegung des 9. Dezember 1935 bis zum 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang im Februar 1937) nur den Widerstand gegen die japanische Aggression und nicht den inneren Frieden gefordert? War es etwa ein Fehler, das Schwergewicht auf den inneren Frieden zu legen? Konnte es ohne unmittelbare Aktionen gegen die japanische Aggression keine Bewegung für den inneren Frieden geben? (Sowohl die Sian-Ereignisse als auch das 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang fielen bereits in die Zeit nach der Beendigung des Widerstandskampfs gegen die japanische Aggression in der Provinz Suiyüan; und auch heute gibt es nichts Gleiches wie den Widerstandskampf in Suiyüan oder wie die Bewegung des 9. Dezember.) Jedermann weiß, daß für den Widerstand gegen Japan der innere Frieden notwendig war, daß es ohne einen solchen Frieden keinen Widerstand gegen die japanische Aggression geben konnte und daß dieser Frieden die Voraussetzung für den Widerstand gegen die japanische Aggression darstellte. In dem vergangenen Zeitabschnitt (von der Bewegung des 9. Dezember bis zum 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang) drehten sich alle direkten oder indirekten Aktionen gegen die japanische Aggression um den Kampf für den inneren Frieden. Der innere Frieden war in dem vergangenen Zeitabschnitt das Hauptkettenglied, das Wesentlichste der antijapanischen Bewegung.

Auch in dem neuen Zeitabschnitt ist die Demokratie das Wesentlichste für den Widerstand gegen die japanische Aggression; und für die Demokratie eintreten heißt für den Widerstand gegen die japanische Aggression eintreten. Der Widerstand und die Demokratie bedingen sich gegenseitig genauso, wie sich der Widerstand und der innere Frieden oder die Demokratie und der innere Frieden einander bedingen. Die Demokratie ist die Gewähr für den Widerstand, während der Widerstand für die Entwicklung der Bewegung für die Demokratie günstige Bedingungen schaffen kann.

Wir hoffen, daß es in dem neuen Zeitabschnitt viele direkte und indirekte Kämpfe gegen die japanische Aggression geben wird, und es wird auch der Fall sein; das wird einen Anstoß zur Entfaltung des Widerstandskriegs gegen Japan geben und die Bewegung für die Demokratie stark fördern. Aber der Kern und das Wesen der uns von der Geschichte gestellten revolutionären Aufgabe ist der Kampf um die Demokratie. Ist es dann ein Fehler, das Schwergewicht immer wieder auf die Demokratie zu legen? Nein, ich glaube nicht.

"Japan zieht sich zurück, Großbritannien und Japan sind geneigt, ein Gleichgewicht herzustellen, die Schwankungen Nankings verstärken sich" - diese unbegründeten Befürchtungen sind durch mangelndes Verständnis für die Gesetze der historischen Entwicklung hervorgerufen. Denn käme es in Japan zu einer Revolution und zöge es sich deshalb tatsächlich aus China zurück, so würde das der chinesischen Revolution helfen und unseren Wünschen entsprechen. Das wäre der Beginn des Zerfalls der internationalen Aggressionsfront. Warum macht man sich darum Sorgen? Allerdings ist es noch nicht soweit. Die Diplomatie Satos ist auf die Vorbereitung eines großen Krieges gerichtet, und wir stehen vor einem solchen Krieg. Die Politik der Schwankungen Englands wird zu keinerlei Ergebnissen führen. Das ist durch das Auseinandergehen der Interessen Englands und Japans vorausbestimmt. Wenn Nanking lange schwankt, wird es zum Feind des ganzen Volkes, und seine eigenen Interessen erlauben auch nicht, daß es weiterhin schwankt. Eine solche Erscheinung wie ein zeitweiliger Rückzug vermag allgemeine historische Gesetzmäßigkeiten nicht aufzuheben. Ebendeshalb kann man nicht bestritten, daß es einen neuen Zeitabschnitt gibt, daß man die Aufgaben des Kampfes um die Demokratie stellen muß. Mehr noch, die Losung des Kampfes um die Demokratie ist in jedem Fall am Platz. Denn jedermann weiß, daß das chinesische Volk zu wenig, aber nicht zu viel Demokratie hat. Auch die Tatsachen zeigen: Die Feststellung, daß wir uns in einem neuen Zeitabschnitt befinden, und die Aufgabenstellung, um die Demokratie zu kämpfen, bringen uns dem bewaffneten Widerstand gegen die japanische Aggression einen Schritt näher. Die Zeit ist vorwärtsgeschritten, und wir wollen die Uhr nicht zurückstellen.

Man fragt: "Warum legt man das Schwergewicht auf die Nationalversammlung?" Ebendarum, weil die Nationalversammlung alle Seiten des Lebens wird beeinflussen können, weil sie die Brücke von der reaktionären Diktatur zur Demokratie darstellt, weil sie für die Landesverteidigung von Bedeutung ist, weil sie eine rechtmäßige Institution ist. Die Forderungen nach Rückeroberung von Osthopeh und Nordtschahar, nach Bekämpfung des Schmuggels, nach Bekämpfung der "wirtschaftlichen Zusammenarbeit" und andere Forderungen - wie sie von unseren Genossen gestellt wurden - sind völlig richtig; sie widersprechen nicht im geringsten dem Kampf um Demokratie und auch nicht der Nationalversammlung. Die einen und die anderen ergänzen sich gegenseitig, aber im Mittelpunkt stehen dennoch die Nationalversammlung und die Freiheit für das Volk.

Der tagtägliche Kampf gegen die japanische Aggression und für die Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes muß sich mit der Bewegung für die Demokratie verbinden. Das ist völlig richtig, und keiner kann das bestreiten. Im gegenwärtigen Zeitabschnitt sind Demokratie und Freiheit die zentralen und wesentlichen Dinge.

Die Frage der Perspektiven der Revolution

Einige Genossen warfen die Frage nach den Perspektiven der Revolution auf, und ich kann darauf nur kurz antworten.

Wenn ein Werk aus zwei Teilen besteht, so kann man erst dann, wenn man den ersten Teil beendet hat, den zweiten Teil schreiben. Eine entschlossene Führung der demokratischen Revolution ist die Voraussetzung für den Sieg des Sozialismus. Wir kämpfen für den Sozialismus, und das unterscheidet uns von jedem Anhänger der revolutionären Drei Volksprinzipien. Die gegenwärtigen Anstrengungen müssen darauf gerichtet sein, das künftige große Ziel zu erreichen; dieses große Ziel aus dem Auge verlieren heißt aufhören, Kommunist zu sein. Und in den gegenwärtigen Anstrengungen nachlassen heißt ebenfalls aufhören, Kommunist zu sein.

Wir sind Verfechter der Theorie des Hinüberwachsens der Revolution,[Anmerkung 202] wir sind für das Hinüberwachsen der demokratischen in die sozialistische Revolution. Die demokratische Revolution wird unter der Losung der demokratischen Republik einige Entwicklungsetappen durchlaufen. Der Übergang von der Vormacht der Bourgeoisie zur Vormacht des Proletariats wird ein langwieriger Prozeß des Kampfes sein, eines Kampfes um die Hegemonie, dessen Ausgang von der Tätigkeit der Kommunistischen Partei zur Hebung des Bewußtseinsund Organisationsgrades des Proletariats sowie der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums abhängen wird. Ein fester Verbündeter des Proletariats ist die Bauernschaft und nach dieser das städtische Kleinbürgertum. Die Bourgeoisie hingegen ist unser Rivale im Kampf um die Hegemonie.

Um die Schwankungen und die Inkonsequenz der Bourgeoisie zu überwinden, müssen wir uns auf die Kräfte der Volksmassen stützen und eine richtige Politik betreiben; sonst wird die Bourgeoisie die Oberhand über das Proletariat gewinnen.

Wir wollen ein Hinüberwachsen ohne Blutvergießen und müssen danach streben; ob wir das erreichen werden, hängt jedoch von der Stärke der Volksmassen ab.

Wir sind Verfechter der Theorie des Hinüberwachsens der Revolution, wir sind keine Anhänger der trotzkistischen Theorie der "permanenten Revolution".[Anmerkung 203] Wir sind der Meinung, daß wir zum Sozialismus gelangen werden, nachdem alle notwendigen Entwicklungsstufen der demokratischen Republik durchlaufen sind. Wir sind gegen eine Nachtrabpolitik, aber auch gegen Abenteurertum und Fiebrigkeit.

Die Teilnahme der Bourgeoisie an der Revolution wegen ihres zeitweiligen Charakters abzulehnen und das Bündnis mit der antijapanischen Fraktion der Bourgeoisie (in einem halbkolonialen Land) als Kapitulantentum zu bezeichnen - das ist eine trotzkistische These, der wir nicht zustimmen können. Heute ist gerade das Bündnis mit der antijapanischen Fraktion der Bourgeoisie eine notwendige Brücke auf dem Weg zum Sozialismus.

Die Frage der Kader

Will man eine große Revolution führen, muß man eine große Partei haben, muß man zahlreiche erstklassige Kader besitzen. Die große, in der Geschichte beispiellose Revolution in China mit seiner 450-Millionen-Bevölkerung kann nicht verwirklicht werden, wenn sie von einem abgekapselten Grüppchen geführt wird oder wenn die Partei nur engstirnige, kurzsichtige, unfähige Führer und Funktionäre hat. Die Kommunistische Partei Chinas ist schon lange eine große politische Partei. Sie hat in der Periode der Reaktion Verluste erlitten, aber sie bleibt trotzdem eine große politische Partei, hat viele gute Führer und Funktionäre, und dennoch reichen diese noch nicht aus. Wir müssen die Parteiorganisationen über das ganze Land erweitern, wir müssen zielbewußt Zehntausende Funktionäre heranbilden, wir brauchen Hunderte erstklassige Führer der Massen. Diese Funktionäre und Führer sollen den Marxismus-Leninismus verstehen, politische Weitsicht haben, fähig sein ihre Arbeit zu leisten, Opferbereitschaft besitzen, imstande sein selbständig Probleme zu lösen, bei Schwierigkeiten nicht schwanken, treu und ergeben der Nation, der Klasse und der Partei dienen. Gestützt auf solche Kader verbindet sich die Partei mit ihren Mitgliedern und mit den Massen, und gestützt auf die entschlossene Führung der Massen durch diese Kader wird die Partei ihr Ziel, den Feind niederzuschlagen, erreichen. Solche Kader müssen frei sein von Selbstsucht, Neigung zu individuellem Heldentum und Geltungsdrang, von Trägheit, Passivität und überheblichem Sektierertum, sie müssen uneigennützige Helden ihrer Nation und ihrer Klasse sein; das sind die Eigenschaften und der Stil, die von den Kommunisten, den Funktionären und Führern der Partei verlangt werden. Das ist das geistige Vermächtnis von Zehntausenden gefallenen Mitgliedern, Tausenden Funktionären und Dutzenden der besten Führer der Partei. Wir müssen uns zweifelsohne diese Eigenschaften aneignen, uns noch besser umformen, uns auf ein noch höheres revolutionäres Niveau erheben. Aber auch das genügt noch nicht: Man muß sich noch eine Aufgabe stellen, nämlich die Aufgabe, in der gesamten Partei und im ganzen Land zahlreiche neue Kader, neue Führer zu ermitteln. Unsere Revolution hängt von den Kadern ab. Wie Stalin sagt: "Die Kader entscheiden alles."[Anmerkung 204]

Die Frage der innerparteilichen Demokratie

Zur Erreichung dieses Ziels ist die innerparteiliche Demokratie notwendig. Wenn wir die Partei stark machen wollen, müssen wir den demokratischen Zentralismus verwirklichen, damit sich die Aktivität der ganzen Partei entfaltet. In der Periode der Reaktion und des Bürgerkriegs trat bei uns der Zentralismus etwas stärker in Erscheinung. In dem neuen Zeitabschnitt muß sich der Zentralismus eng mit der Demokratie verbinden. Man muß durch Verwirklichung der Demokratie die Aktivität der gesamten Partei entwickeln, durch Entwicklung der Aktivität der gesamten Partei zahlreiche Kader schmieden, die Überreste des Sektierertums liquidieren und die ganze Partei fest wie Stahl zusammenschließen.

Die Einmütigkeit der Konferenz und die Geschlossenheit der gesamten Partei

Nach entsprechenden Erläuterungen sind die Meinungsverschiedenheiten in politischen Fragen auf der Konferenz beseitigt und Einmütigkeit ist erreicht worden. Die früheren Differenzen zwischen der Linie des Zentralkomitees und der von einzelnen Genossen verfolgten Rückzugslinie sind ebenfalls überwunden.[Anmerkung 205] Das zeigt, daß die Reihen unserer Partei bereits sehr fest geschlossen sind. Diese Geschlossenheit ist die wichtigste Grundlage der gegenwärtigen nationalen und demokratischen Revolution, da nur über die Geschlossenheit der Kommunistischen Partei die Einheit der ganzen Klasse und der ganzen Nation erreicht werden kann, und nur durch die Einheit der ganzen Klasse und der ganzen Nation kann der Feind besiegt, können die Aufgaben der nationalen und demokratischen Revolution erfüllt werden.

Die Millionenmassen für die antijapanische Einheitsfront gewinnen

Es ist das Ziel unserer richtigen politischen Linie und unserer festen Geschlossenheit, die Millionenmassen für die antijapanische nationale Einheitsfront zu gewinnen. Die breiten Massen des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums müssen durch unsere propagandistische, agitatorische und organisatorische Arbeit erfaßt werden. Weitere Arbeit ist ferner erforderlich, damit die für den Widerstand gegen die japanische Aggression eintretende Fraktion der Bourgeoisie ein Bündnis mit uns eingeht. Damit die Politik der Partei zur Politik der Volksmassen wird, ist es erforderlich, daß wir lange, beharrliche, zähe, schwierige, geduldige und umsichtige Anstrengungen machen. Ohne solche Anstrengungen ist ein Erfolg unmöglich. Die Bildung der antijapanischen nationalen Einheitsfront, ihre Festigung und die Lösung der vor ihr stehenden Aufgaben, die Schaffung einer demokratischen Republik in China können von unseren Anstrengungen für die Gewinnung der Massen keineswegs getrennt werden. Wenn es uns im Ergebnis unserer Anstrengungen gelingt, die Millionenmassen unter unsere Führung zu bringen, dann werden wir alle Aufgaben unserer Revolution rasch erfüllen können. Mit unseren Anstrengungen werden wir gewiß den japanischen Imperialismus niederschlagen und unsere vollständige nationale und soziale Befreiung erlangen.

Über die Praxis: Über den Zusammenhang von Erkenntnis und Praxis, von Wissen und Handeln

Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.347-364)

(Juli 1937)[Anmerkung 206]

Der vormarxsche Materialismus betrachtete das Problem der Erkenntnis losgelöst vom gesellschaftlichen Charakter des Menschen und von seiner geschichtlichen Entwicklung, darum konnte er die Abhängigkeit der Erkenntnis von der gesellschaftlichen Praxis, das heißt, die Abhängigkeit der Erkenntnis von der Produktion und vom Klassenkampf, nicht verstehen.

Vor allen Dingen sind die Marxisten der Meinung, daß die Produktionstätigkeit der Menschen die allerwesentlichste praktische Tätigkeit darstellt, die jede andere Tätigkeit bestimmt. Die Erkenntnis der Menschen hängt hauptsächlich von ihrer Tätigkeit in der materiellen Produktion ab, in deren Verlauf die Menschen allmählich die Erscheinungen, Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten der Natur und die Beziehungen zwischen dem Menschen und der Natur begreifen; zugleich erkennen sie durch ihre Produktionstätigkeit auch allmählich in unterschiedlichem Maß bestimmte Beziehungen zwischen den Menschen. Alle diese Kenntnisse können nicht losgelöst von der Produktionstätigkeit erworben werden. In der klassenlosen Gesellschaft wirkt jeder einzelne Mensch als Mitglied dieser Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftsmitgliedern zusammen, geht mit ihnen bestimmte Produktionsverhältnisse ein und übt eine Produktionstätigkeit aus, trägt somit zur Lösung der Fragen der materiellen Existenz der Menschheit bei. In den Klassengesellschaften gehen die zu den verschiedenen Klassen gehörenden Mitglieder der Gesellschaft ebenfalls, und zwar in verschiedenen Formen, bestimmte Produktionsverhältnisse ein, üben eine Produktionstätigkeit aus und lösen so die Fragen der materiellen Existenz der Menschheit. Das ist die Hauptquelle für die Entwicklung der menschlichen Erkenntnis.

Die gesellschaftliche Praxis der Menschen beschränkt sich nicht auf die Produktionstätigkeit, sondern hat noch viele andere Formen: den Klassenkampf, das politische Leben, die wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeit; kurz gesagt, der gesellschaftliche Mensch nimmt an allen Bereichen des praktischen Lebens der Gesellschaft teil. Darum erfaßt der Mensch in seiner Erkenntnis in unterschiedlichem Maße die verschiedenartigen Beziehungen zwischen den Menschen nicht nur im materiellen, sondern auch im politischen und kulturellen Leben (das eng mit dem materiellen Leben verbunden ist). Unter diesen Formen der gesellschaftlichen Praxis übt vor allem der Klassenkampf in seinen verschiedensten Formen einen tiefwirkenden Einfluß auf die Entwicklung der menschlichen Erkenntnis aus. In der Klassengesellschaft lebt jeder Mensch in einer bestimmten Klassenlage, und es gibt keine Ideen, die nicht den Stempel einer Klasse trügen.

Die Marxisten sind der Ansicht, daß sich die Produktionstätigkeit der menschlichen Gesellschaft Schritt für Schritt von niederen zu höheren Stufen entwickelt und sich deshalb auch die Erkenntnis sowohl der Natur als auch der Gesellschaft durch die Menschen Schritt für Schritt von niederen zu höheren Stufen, das heißt von der Ober fläche in die Tiefe, vom Einseitigen zum Vielseitigen entwickelt. Im Verlauf einer sehr langen historischen Periode konnten die Menschen die Geschichte der Gesellschaft notwendigerweise nur einseitig verstehen, weil einerseits die Voreingenommenheit der Ausbeuterklassen die Geschichte der Gesellschaft ständig verzerrte und andererseits der enge Umfang der Produktion den Gesichtskreis der Menschen beschränkte. Erst als zusammen mit den riesigen Produktivkräften - der Großindustrie - das moderne Proletariat auf den Plan trat, konnten die Menschen zum allseitigen geschichtlichen Verständnis der historischen Entwicklung der Gesellschaft gelangen und ihre Erkenntnis der Gesellschaft in eine Wissenschaft verwandeln. Diese Wissenschaft ist der Marxismus.

Die Marxisten sind der Ansicht, daß nur die gesellschaftliche Praxis der Menschen das Kriterium für den Wahrheitsgehalt ihrer Erkenntnis der Außenwelt ist. In der Tat wird ihre Erkenntnis erst dann als richtig bestätigt, wenn die Menschen im Prozeß der gesellschaftlichen Praxis (im Prozeß der materiellen Produktion, des Klassenkampfes und wissenschaftlicher Experimente) die von ihnen erwarteten Ergebnisse erzielt haben. Wenn die Menschen Erfolge in der Arbeit erzielen, das heißt die erwarteten Ergebnisse erhalten wollen, müssen sie unbedingt ihre Ideen in Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten der objektiven Außenwelt bringen, anderenfalls erleiden sie in der Praxis Niederlagen. Wenn sie Niederlagen erleiden, ziehen sie daraus Lehren, berichtigen ihre Ideen, um sie in Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten der Außenwelt zu bringen und können dann die Niederlagen in Siege verwandeln; diese Wahrheit findet ihren Ausdruck in den Sprichwörtern "Die Niederlage ist die Mutter des Erfolgs" und "Durch Schaden wird man klug". Die Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus stellt die Praxis an die erste Stelle; sie ist der Meinung, daß die menschliche Erkenntnis keineswegs von der Praxis losgelöst werden kann, und lehnt alle Theorien, die die Bedeutung der Praxis verneinen und die Erkenntnis von der Praxis lösen, als falsch ab. Lenin sagte: "Die Praxis ist höher als die (theoretische) Erkenntnis, denn sie hat nicht nur die Würde des Allgemeinen, sondern auch der unmittelbaren Wirklichkeit.[4] Die marxistische Philosophie, der dialektische Materialismus, weist zwei am meisten hervorstechende Merkmale auf: Zunächst ist sie durch ihren Klassencharakter gekennzeichnet. Sie erklärt offen, daß der dialektische Materialismus dem Proletariat dient. Weiter ist sie gekennzeichnet durch ihre Bezogenheit auf die Praxis. Sie betont, daß die Theorie von der Praxis abhängt, daß die Praxis die Grundlage der Theorie bildet und die Theorie ihrerseits der Praxis dient. Ob eine Erkenntnis oder eine Theorie der Wahrheit entspricht, wird nicht durch die subjektive Empfindung, sondern durch die objektiven Ergebnisse der gesellschaftlichen Praxis bestimmt. Das Kriterium der Wahrheit kann nur die gesellschaftliche Praxis sein. Der Gesichtspunkt der Praxis ist der erste und grundlegende Gesichtspunkt der Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus.[5]

Aber auf welche Weise entsteht nun aus der Praxis die menschliche Erkenntnis, und wie dient sie ihrerseits der Praxis? Um das zu verstehen, braucht man sich nur mit dem Entwicklungsprozeß der Erkenntnis zu befassen.

Die Menschen sehen nämlich im Prozeß ihrer praktischen Tätigkeit zuerst lediglich die Erscheinung der Dinge, ihre einzelnen Seiten und den äußerlichen Zusammenhang zwischen den Dingen. Hier ein Beispiel: Leute, die zu einer Studienreise von auswärts nach Yenan kommen, sehen hier in den ersten Tagen das Gelände, die Straßen und Häuser, kommen mit vielen Menschen in Berührung, nehmen an Empfängen, Abendveranstaltungen und Massenkundgebungen teil, hören allerlei Reden und lesen verschiedene Dokumente; alles das ist die Erscheinung der Dinge, sind ihre einzelnen Seiten und ihr äußerlicher Zusammenhang. Das nennt man die Stufe der sinnlichen Erkenntnis, die Stufe der Empfindungen und Eindrücke.

Das heißt, diese verschiedenen Dinge in Yenan wirken auf die Sinnesorgane der Mitglieder der Studiengruppe ein, rufen in ihnen Empfindungen hervor, und so entstehen in ihrem Gehirn zahlreiche Eindrücke und eine grobe äußerliche Verbindung zwischen diesen Eindrücken; das ist die erste Stufe der Erkenntnis. Auf dieser Stufe kann man noch keine tiefgehenden Begriffe bilden und keine folgerichtigen (d.h. der Logik entsprechenden) Schlüsse ziehen. Indem sich die gesellschaftliche Praxis fortsetzt, wiederholen sich mehrmals die Dinge, die bei den Menschen in ihrer praktischen Tätigkeit Empfindungen und Eindrücke hervorrufen; dann tritt im menschlichen Gehirn ein Umschlag (d.h. Sprung) im Erkenntnisprozeß ein, und es entstehen Begriffe. Der Begriff spiegelt schon nicht mehr die Erscheinung der Dinge, ihre einzelnen Seiten und den äußeren Zusammenhang zwischen ihnen wider; er erfaßt das Wesen der Dinge, ihre Totalität und ihren inneren Zusammenhang. Zwischen Begriff und Empfindung besteht nicht nur ein quantitativer, sondern auch ein qualitativer Unterschied. Wenn man in dieser Richtung weiterschreitet, die Methode des Urteilens und Ableitens anwendet, dann können folgerichtige Schlüsse gezogen werden. Wenn es in dem Roman San Guo Yän Yi[Anmerkung 207] heißt: "Man zieht die Brauen zusammen und kommt auf eine Idee", oder wenn wir im Alltagsleben sagen: "Laß mich einmal nachdenken", so bedeutet das, daß der Mensch in seinem Gehirn mit Begriffen operiert, um Urteile zu fällen und Schlußfolgerungen zu ziehen. Das ist die zweite Stufe der Erkenntnis. Nachdem die Mitglieder der Studiengruppe allerhand Material gesammelt und obendrein darüber "nachgedacht" haben, können sie folgendes Urteil fällen: "Die von der Kommunistischen Partei betriebene Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront ist konsequent, aufrichtig und ehrlich." Nachdem sie dieses Urteil abgegeben haben, können sie, wenn sie ebenfalls ehrlich für die Einheit zur Rettung des Vaterlands eintreten, einen Schritt weitergehen und folgenden Schluß ziehen: "Die antijapanische nationale Einheitsfront kann zustande kommen." Im Gesamtprozeß der Erkenntnis eines Dinges durch die Menschen ist diese Stufe der Begriffe, Urteile und Schlußfolgerungen eine noch wichtigere Stufe, nämlich die Stufe der rationalen Erkenntnis. Die eigentliche Aufgabe der Erkenntnis besteht darin, vom Empfinden zum Denken und somit dahin zu gelangen, sich Schritt für Schritt über die inneren Widersprüche der objektiv existierenden Dinge, über ihre Gesetzmäßigkeiten, über den inneren Zusammenhang zwischen dem einen und dem anderen Prozeß klarzuwerden, das heißt, zur logischen Erkenntnis zu kommen. Wiederholen wir: Die logische Erkenntnis unterscheidet sich von der sinnlichen Erkenntnis dadurch, daß die sinnliche Erkenntnis die einzelnen Seiten der Dinge, ihre Erscheinung und den äußeren Zusammenhang zwischen ihnen betrifft, während die logische Erkenntnis einen gewaltigen Schritt vorwärts macht, zur Totalität der Dinge, zu ihrem Wesen und ihrem inneren Zusammenhang vorstößt, zur Aufdeckung der inneren Widersprüche der Umwelt gelangt. Dadurch ist die logische Erkenntnis imstande, die Entwicklung der Umwelt in ihrer Gesamtheit und im inneren Zusammenhang aller ihrer Seiten zu erfassen.

Diese auf der Praxis beruhende und von der Oberfläche in die Tiefe dringende dialektisch-materialistische Theorie des Entwicklungsprozesses der Erkenntnis ist in vormarxistischer Zeit von niemandem ausgearbeitet worden. Der marxistische Materialismus hat zum erstenmal diese Frage richtig gelöst: er hat materialistisch und dialektisch die sich vertiefende Bewegung der Erkenntnis dargestellt und gezeigt, wie sich der gesellschaftliche Mensch in seiner komplizierten und sich ständig wiederholenden Praxis der Produktion und des Klassenkampfes von der sinnlichen zur logischen Erkenntnis fortbewegt. Lenin sagte: "Die Abstraktion der Materie, des Naturgesetzes,die Abstraktion des Wertes usw., mit einem Worte, alle wissenschaftlichen (richtigen, ernst zu nehmenden, nicht unsinnigen) Abstraktionen spiegeln die Natur tiefer, richtiger, vollständiger wider."[6] Nach marxistisch-leninistischer Auffassung bestehen die Unterscheidungsmerkmale der beiden Stufen des Erkenntnisprozesses darin, daß auf der niederen Stufe die Erkenntnis als sinnliche, auf der höheren Stufe aber als logische Erkenntnis auftritt; diese beiden Stufen sind jedoch Stufen im einheitlichen Erkenntnisprozeß. Das Sinnliche und das Rationale unterscheiden sich ihrem Charakter nach, doch sind sie voneinander nicht losgelöst, sondern sie vereinigen sich auf der Grundlage der Praxis. Unsere Praxis beweist: Wenn wir etwas wahrgenommen haben, können wir es nicht sofort begreifen; erst wenn wir begriffen haben, können wir es tiefer wahrnehmen. Die sinnliche Wahrnehmung löst nur das Problem der äußeren Erscheinung; das Problem des inneren Wesens wird erst durch die Theorie gelöst. Die Lösung dieser Probleme kann keinesfalls von der Praxis getrennt werden. Kein Mensch kann ein Ding erkennen, wenn er nicht mit ihm in Berührung kommt, das heißt, wenn sein eigenes Leben (seine Praxis) nicht in dem Milieu dieses Dinges verläuft. Es war in der Feudalgesellschaft unmöglich, schon im voraus die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Gesellschaft zu erkennen; denn damals war der Kapitalismus noch nicht aufgekommen, und es fehlte die entsprechende Praxis. Der Marxismus konnte erst als Produkt der kapitalistischen Gesellschaft entstehen. Marx konnte nicht in der Epoche des liberalen Kapitalismus im voraus gewisse besondere Gesetzmäßigkeiten der Epoche des Imperialismus konkret erkennen, da der Imperialismus als letztes Stadium des Kapitalismus noch nicht in Erscheinung getreten war und es noch keine entsprechende Praxis gab; erst Lenin und Stalin konnten diese Aufgabe auf sich nehmen. Abgesehen von ihrer Genialität, konnten Marx, Engels, Lenin und Stalin ihre Theorie hauptsächlich deswegen aufstellen, weil sie zu ihrer Zeit persönlich an der Praxis des Klassenkampfes und der wissenschaftlichen Experimente teilnahmen; ohne letztere Voraussetzung hätte keinerlei Genialität zum Erfolg führen können. Der Satz, daß "der Gelehrte, ohne seine Stube zu verlassen, alle Vorgänge in der Welt kennt", war in alten Zeiten, als sich die Technik noch nicht entwickelt hatte, bloß leeres Gerede. In der modernen Zeit der entwickelten Technik kann dieser Satz zwar einen realen Sinn haben, doch sind es die praktisch tätigen Menschen in aller Welt, die wirklich über ein persönlich erworbenes Wissen verfügen; diese Menschen erlangen im Verlauf ihrer praktischen Tätigkeit jene "Kenntnisse", die durch Vermittlung des geschriebenen Wortes und der Technik in die Hände des "Gelehrten" geraten, der so in die Lage kommt, indirekt die "Vorgänge in der Welt zu kennen". Wer ein bestimmtes Ding oder einen Komplex von Dingen direkt kennenlernen will, muß persönlich an dem praktischen Kampf zur Veränderung der Wirklichkeit, zur Veränderung des Dinges oder des Komplexes von Dingen teilnehmen; denn nur so kommt er mit den Erscheinungen der betreffenden Dinge in Berührung, und erst durch die persönliche Teilnahme am praktischen Kampf zur Veränderung der Wirklichkeit ist er imstande, das Wesen jenes Dinges bzw. jenes Komplexes von Dingen zu enthüllen und sie zu verstehen. Das ist der Weg der Erkenntnis, den in Wirklichkeit jeder Mensch geht, obwohl es Menschen gibt, die vorsätzlich die Wahrheit verdrehen und das Gegenteil behaupten. Die lächerlichsten Menschen in der Welt sind die "Alleswisser", die, nachdem sie irgendwo fragmentarische Kenntnisse aufgeschnappt haben, sich selbst zu einer "ersten Autorität in der Welt" ernennen, was lediglich von ihrer maßlosen Einbildung zeugt. Kenntnisse gehören zur Wissenschaft, und auf diesem Gebiet ist nicht die geringste Unehrlichkeit oder Überheblichkeit statthaft, da bedarf es entschieden gerade des Gegenteils - der Ehrlichkeit und Bescheidenheit. Willst du Kenntnisse erwerben, mußt du an der die Wirklichkeit verändernden Praxis teilnehmen. Willst du den Geschmack einer Birne kennenlernen, mußt du sie verändern, das heißt sie in deinem Mund zerkauen. Willst du Struktur und Eigenschaften des Atoms kennenlernen, mußt du physikalische und chemische Versuche durchführen, um den Zustand des Atoms zu verändern. Willst du die Theorie und die Methoden der Revolution kennenlernen, mußt du an der Revolution teilnehmen. Alle echten Kenntnisse stammen aus der unmittelbaren Erfahrung. Der Mensch kann jedoch nicht alles unmittelbar erfahren, und tatsächlich ist der größere Teil unserer Kenntnisse das Produkt mittelbarer Erfahrung, nämlich die in der Vergangenheit oder in fremden Ländern erworbenen Kenntnisse. Für unsere Vorfahren und für die Ausländer waren es Produkte der unmittelbaren Erfahrung, und wenn diese Kenntnisse zur Zeit ihrer Erwerbung als unmittelbare Erfahrung jener Bedingung entsprachen, die Lenin "wissenschaftliche Abstraktion" nannte, und die objektiv existierenden Dinge wissenschaftlich widerspiegelten, dann sind sie zuverlässig, sonst nicht. Darum setzen sich die Kenntnisse eines Menschen aus zwei Bestandteilen zusammen: aus direkter Erfahrung und aus mittelbarer Erfahrung. Außerdem bleibt das, was für mich mittelbare Erfahrung ist, für andere unmittelbare Erfahrung. Nimmt man also die Kenntnisse in ihrer Gesamtheit, gibt es keine, die von der unmittelbaren Erfahrung losgelöst sein könnten. Der Ursprung aller Kenntnisse sind die Empfindungen, die die physischen Sinnesorgane des Menschen von der objektiven Außenwelt empfangen; wer die Empfindungen verneint, die unmittelbare Erfahrung leugnet und die persönliche Teilnahme an der die Wirklichkeit verändernden Praxis ablehnt, ist kein Materialist. Darum eben sind die "Alleswisser" so lächerlich. Es gibt ein altes chinesisches Sprichwort: "Wie kann man ein Tigerjunges fangen, wenn man nicht in die Höhle des Tigers geht?" Dieses Sprichwort drückt eine Wahrheit aus, die gleichermaßen für die menschliche Praxis wie für die Erkenntnistheorie gilt. Eine von der Praxis losgelöste Erkenntnis kann es nicht geben.

Um die dialektisch-materialistische Bewegung der Erkenntnis klarzumachen, die auf der Grundlage der die Wirklichkeit verändernden Praxis entsteht - eine Bewegung der allmählichen Vertiefung der Erkenntnis -, seien nachstehend noch einige konkrete Beispiele angeführt.

In der Anfangsperiode seiner Praxis - in der Periode der Maschinenstürmerei und des spontanen Kampfes -stand das Proletariat, was die Erkenntnis der kapitalistischen Gesellschaft betrifft, noch auf der Stufe der sinnlichen Erkenntnis; es erkannte nur die einzelnen Seiten und den äußeren Zusammenhang der Erscheinungen des Kapitalismus. Damals war das Proletariat noch eine sogenannte "Klasse an sich". Als es aber dann zur zweiten Periode seiner Praxis, zur Periode des bewußten und organisierten wirtschaftlichen und politischen Kampfes gelangte, war es imstande, auf Grund der Praxis, auf Grund der in langwierigen Kämpfen gesammelten vielfältigen Erfahrungen - die von Marx und Engels wissenschaftlich verallgemeinert wurden, wodurch die marxistische Theorie entstanden war, mit deren Hilfe das Proletariat geschult wurde - das Wesen der kapitalistischen Gesellschaft, das zwischen den Gesellschaftsklassen bestehende Ausbeutungsverhältnis und die historische Aufgabe des Proletariats zu verstehen. So wurde das Proletariat zur "Klasse für sich".

Ebenso verhielt es sich mit der Erkenntnis des Imperialismus durch das chinesische Volk. Die erste Stufe war die Stufe der oberflächlichen sinnlichen Erkenntnis, wie sie in dem durch Fremdenfeindlichkeit schlechthin gekennzeichneten Kampf der Taiping-Tiänguo-, Yihotuan- und anderer Bewegungen ihren Ausdruck fand. Erst die zweite Stufe war für das chinesische Volk die Stufe der rationalen Erkenntnis, wo es hinter die verschiedenen inneren und äußeren Widersprüche des Imperialismus kam und den wahren Sachverhalt erkannte, nämlich daß der Imperialismus im Verein mit den Klassen der chinesischen Kompradoren und Feudalherren die Volksmassen Chinas unterdrückte und ausplünderte; diese Erkenntnis begann erst um die Zeit der Bewegung des 4. Mai im Jahre 1919.

Wenden wir uns nun dem Krieg zu. Wenn die Führung in einem Krieg in der Hand von militärisch unerfahrenen Menschen liegt, dann können diese im Anfangsstadium die tieferen Gesetzmäßigkeiten der Lenkung des gegebenen konkreten Krieges (zum Beispiel unseres Agratrevolutionären Krieges in den vergangenen zehn Jahren) nicht verstehen. Sie werden im Anfangsstadium lediglich viele persönliche Kampferfahrungen erwerben und dabei eine beträchtliche Anzahl von Niederlagen erleiden. Nichtsdestoweniger werden diese Erfahrungen (die Erfahrungen der Siege und besonders der Niederlagen) ihnen die Möglichkeit geben, das, was dem ganzen Krieg von Anfang bis Ende innewohnt, nämlich die Gesetzmäßigkeiten dieses konkreten Krieges, zu begreifen, die Strategie und Taktik zu verstehen und folglich den Krieg mit sicherem Griff zu leiten. Wenn zu diesem Zeitpunkt ein Mensch ohne Erfahrungen die Führung im Krieg übernähme, würde er seinerseits die wirklichen Gesetze des Krieges erst dann verstehen, nachdem er eine Reihe von Niederlagen erlitten (das heißt Erfahrungen erworben) hat.

Häufig hört man Genossen, die zögern, eine bestimmte Arbeit zu übernehmen, sagen, sie wären nicht sicher, ob sie mit dieser Arbeit fertig werden könnten. Warum fühlen sie sich nicht sicher? Da sie in bezug auf den Inhalt und die Umstände dieser Arbeit kein Verständnis für Gesetzmäßigkeiten haben oder mit einer derartigen Arbeit niemals oder nur selten zu tun hatten, kann auch keine Rede davon sein, daß sie die Gesetzmäßigkeiten dieser Arbeit kennen. Nachdem man ihnen jedoch den Charakter und die Umstände der Arbeit ausführlich analysiert hat, werden sie sich sicherer fühlen und sich bereit erklären, diese Arbeit zu übernehmen. Wenn sie diese Arbeit einige Zeit geleistet und Erfahrungen darin erworben haben, wenn sie zudem aufgeschlossen die Umstände erforschen wollen und die Dinge nicht subjektiv, einseitig und oberflächlich betrachten, werden sie selbst Schlußfolgerungen zu ziehen vermögen, wie die Arbeit zu verrichten ist, und sie werden mit viel mehr Mut an die Arbeit herangehen. Leute, die subjektiv, einseitig und oberflächlich an die Fragen herangehen, beginnen nach der Ankunft am neuen Ort sofort, selbstgefällig Anordnungen zu treffen und Befehle zu erlassen, ohne sich über die Lage zu informieren, ohne in die Sache als Ganzes (in ihre Geschichte und ihre gesamten gegenwärtigen Umstände) einzudringen und ohne bis zum Wesen der Sache (ihrem Charakter und ihrem inneren Zusammenhang mit anderen Sachen) vorzudringen - solche Leute werden unweigerlich straucheln.

Im Erkenntnisprozeß besteht also der erste Schritt darin, daß man zunächst mit den Erscheinungen der Außenwelt in Berührung kommt; das ist die Stufe der Empfindungen. Der zweite Schritt ist die Synthese des durch die Empfindungen erhaltenen Materials, seine Einordnung und Verarbeitung; das ist die Stufe der Begriffe, Urteile und Schlußfolgerungen. Nur wenn durch die Empfindungen sehr reichhaltige (nicht vereinzelte und unvollständige) Angaben erhalten wurden und diese der Wirklichkeit entsprechen (keine Sinnestäuschungen sind), kann man auf Grund dieser Angaben richtige Begriffe bilden und logische Schlüsse ziehen.

Hier müssen zwei wichtige Momente besonders hervorgehoben werden. Über das erste wurde schon oben gesprochen, doch muß es hier noch einmal wiederholt werden: die Abhängigkeit der rationalen Erkenntnis von der sinnlichen. Wer der Meinung ist, die rationale Erkenntnis brauche nicht aus der sinnlichen Erkenntnis zu entspringen, ist ein Idealist. In der Geschichte der Philosophie gab es die Richtung des sogenannten "Rationalismus", die nur die Realität der Vernunft anerkannte und die Realität der Erfahrung verneinte, da sie der Meinung war, nur die Vernunft sei zuverlässig, während die durch sinnliche Wahrnehmung gewonnene Erfahrung unzuverlässig sei. Der Fehler dieser Richtung bestand darin, daß sie die Tatsachen auf den Kopf stellte. Das Rationale ist ja gerade deshalb zuverlässig, weil es seinen Ursprung in der sinnlichen Wahrnehmung hat; andernfalls würde es zu einem Fluß ohne Quelle, zu einem Baum ohne Wurzeln, wäre es etwas nur subjektiv Erstandenes, Unzuverlässiges. Vom Standpunkt der Reihenfolge im Erkenntnisprozeß ist die sinnliche Erfahrung das Primäre, und wir unterstreichen deshalb die Bedeutung der gesellschaftlichen Praxis im Erkenntnisprozeß, weil nur die gesellschaftliche Praxis den Anstoß dazu geben kann, daß der Mensch zu erkennen beginnt, daß er beginnt, aus der objektiven Außenwelt sinnliche Erfahrung zu gewinnen. Wenn sich jemand die Augen verschlösse, die Ohren verstopfte und sich völlig von der objektiven Außenwelt absonderte, könnte für ihn von Erkenntnis keine Rede sein. Die Erkenntnis beginnt mit der Erfahrung - das ist der Materialismus der Erkenntnistheorie.

Das zweite Moment ist die Notwendigkeit, die Erkenntnis zu vertiefen, die Notwendigkeit, von der sinnlichen Stufe der Erkenntnis zu ihrer rationalen Stufe fortzuschreiten - das ist die Dialektik der Erkenntnistheorie.[7] Anzunehmen, die Erkenntnis könne auf der niederen Stufe, der Stufe der sinnlichen Erkenntnis, verharren, anzunehInen, nur die sinnliche Erkenntnis sei zuverlässig, die rationale Erkenntnis aber unzuverlässig - das hieße, den aus der Geschichte bekannten Fehler des "Empirismus" zu wiederholen. Der Fehler dieser Theorie liegt in der mangelnden Kenntnis dessen, daß die Sinnesangaben zwar eine Widerspiegelung gewisser Realitäten der objektiven Außenwelt (ich spreche hier nicht von dem idealistischen Empirismus, der die Erfahrung nur auf die sogenannte innere Selbstbetrachtung zurückführt), jedoch nur etwas Einseitiges und Oberflächliches sind; eine solche Widerspiegelung ist unvollständig, ist keine Widerspiegelung des Wesens der Dinge. Zur vollständigen Widerspiegelung des Dinges in seiner Totalität, zur Widerspiegelung seines Wesens und seiner inneren Gesetzmäßigkeiten muß man durch den Denkprozeß mannigfaltige Sinnesangaben verarbeiten, d.h. die Spreu vom Weizen sondern, das Falsche ausmerzen und das Wahre behalten, vom einen zum anderen fortschreiten, von der Oberfläche in den Kern eindringen und dadurch ein System von Begriffen und Theorien schaffen - muß man den Sprung von der sinnlichen Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis tun. Die so bearbeitete Erkenntnis ist nicht ärmer, nicht unzuverlässiger. Im Gegenteil, alles, was im Erkenntnisprozeß auf der Grundlage der Praxis wissenschaftlich verarbeitet worden ist, spiegelt - wie Lenin sagt - die objektiven Dinge tiefer, richtiger und vollständiger wider. Gerade das verstehen die vulgären Praktizisten nicht: Sie schätzen die Erfahrung hoch, achten aber die Theorie gering, infolgedessen können sie keine Übersicht über den objektiven Prozeß in seiner Gesamtheit gewinnen, fehlt ihnen die klare Orientierung, haben sie keine weitreichende Perspektive, berauschen sie sich an zufälligen Erfolgen und an einem Schimmer von Wahrheit. Leiteten solche Menschen die Revolution an, würden sie diese in eine Sackgasse führen.

Die rationale Erkenntnis hängt von der sinnlichen Erkenntnis ab, die sinnliche Erkenntnis aber muß sich zur rationalen Erkenntnis entwickeln - das ist die Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus. In der Philosophie versteht weder der "Rationalismus" noch der "Empirismus" den historischen oder dialektischen Charakter der Erkenntnis, und obwohl jede dieser Richtungen eine Seite der Wahrheit enthält (wir sprechen hier vom materialistischen und nicht vom idealistischen Rationalismus und Empirismus), sind sie, vom Standpunkt der Erkenntnistheorie in ihrer Gesamtheit betrachtet, beide falsch. Die dialektisch-materialistische Bewegung der Erkenntnis vom Sinnlichen zum Rationalen gilt sowohl für einen Erkenntnisprozeß kleineren Maßstabs (zum Beispiel die Erkenntnis eines Gegenstands oder einer Arbeit) als auch für einen Erkenntnisprozeß größeren Maßstabs (zum Beispiel die Erkenntnis einer Gesellschaft oder einer Revolution).

Jedoch ist die Bewegung der Erkenntnis damit noch nicht vollendet. Bliebe die dialektisch-materialistische Bewegung der Erkenntnis lediglich bei der rationalen Erkenntnis stehen, so wäre damit nur die Hälfte des Problems bewältigt, und vom Standpunkt der marxistischen Philosophie betrachtet wäre das gar nicht das Wichtigste. Die marxistische Philosophie ist der Ansicht, daß die wichtigste Frage nicht darin besteht, die Gesetzmäßigkeiten der objektiven Welt zu verstehen, um die Welt interpretieren zu können, sondern darin, die Erkenntnis dieser objektiven Gesetzmäßigkeiten auszunutzen, um die Welt aktiv umzugestalten. Der Marxismus erkennt die große Bedeutung der Theorie an, und diese Bedeutung fand ihren vollkommenen Ausdruck in der Leninschen These: "Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben."[8] Aber der Marxismus legt der Theorie darum und nur darum ernste Bedeutung bei, weil sie die Anleitung zum Handeln sein kann. Wenn man über eine richtige Theorie verfügt, sie aber nur als etwas behandelt, worüber man einmal schwatzt, um es dann in die Schublade zu legen, was man jedoch keineswegs in die Praxis umsetzt, dann wird diese Theorie, so gut sie auch sein mag, bedeutungslos. Die Erkenntnis beginnt mit der Praxis, und die theoretischen Erkenntnisse, die man durch die Praxis erworben hat, müssen wiederum zur Praxis zurückkehren. Die aktive Rolle der Erkenntnis findet ihren Ausdruck nicht nur in dem aktiven Sprung von der sinnlichen Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis, sondern, was noch wichtiger ist, sie muß auch in dem Sprung von der rationalen Erkenntnis zur revolutionären Praxis zum Ausdruck kommen. Nachdem man die Gesetzmäßigkeiten der Welt erkannt hat, muß diese Erkenntnis wiederum zur Praxis der Umgestaltung der Welt zurückkehren, wiederum auf die Praxis der Produktion, die Praxis des revolutionären Klassenkampfes und des revolutionären nationalen Kampfes sowie die Praxis wissenschaftlicher Experimente angewandt werden. Das ist ein Prozeß der Überprüfung und der Entwicklung der Theorie, eine Fortsetzung des gesamten Erkenntnisprozesses. Die Frage, ob ein theoretischer Leitsatz der objektiven Wahrheit entspricht, wird durch die Bewegung von der sinnlichen zur rationalen Erkenntnis - von der wir weiter oben gesprochen haben - nicht völlig entschieden und kann auch dadurch nicht völlig entschieden werden. Der einzige Weg zur gründlichen Lösung dieser Frage besteht darin, die rationale Erkenntnis wieder in die gesellschaftliche Praxis zurückzuführen, die Theorie auf die Praxis anzuwenden und zu prüfen, ob sie zu dem gesteckten Ziel zu führen vermag. Viele naturwissenschaftliche Theorien werden deshalb für wahr befunden, weil dies nicht nur zu der Zeit geschah, als die Naturforscher die betreffenden Lehren aufstellten, sondern auch später, als diese durch die wissenschaftliche Praxis bestätigt wurden. Genauso wird der Marxismus-Leninismus nicht nur deshalb als wahr anerkannt, weil er so galt, als ihn Marx, Engels, Lenin und Stalin wissenschaftlich ausgearbeitet hatten, sondern auch deshalb, weil er durch die spätere Praxis des revolutionären Klassenkampfes und des revolutionären nationalen Kampfes seine Bestätigung fand. Der dialektische Materialismus ist eine allgemeingültige Wahrheit, weil sich seinem Bereich die Praxis keines einzigen Menschen entziehen kann. Die Geschichte der menschlichen Erkenntnis sagt uns, daß der Wahrheitsgehalt vieler Theorien zunächst unvollkommen war, diese Unvollkommenheit aber durch ihre Erprobung in der Praxis beseitigt wurde. Viele Theorien sind irrig, aber durch die Erprobung in der Praxis werden ihre Fehler korrigiert. Darum eben ist die Praxis das Kriterium der Wahrheit, und darum "muß der Gesichtspunkt des Lebens, der Praxis der erste und grundlegende Gesichtspunkt der Erkenntnistheorie sein".[9] Stalin sagte sehr richtig:"... die Theorie wird gegenstandslos, wenn sie nicht mit der revolutionären Praxis verknüpft wird, genauso wie die Praxis blind wird, wenn sie ihren Weg nicht durch die revolutionäre Theorie beleuchtet."[10]

Kann man, hier angelangt, die Bewegung der Erkenntnis als abgeschlossen betrachten? Wir antworten: Sie ist abgeschlossen und auch nicht abgeschlossen. Wenn sich die in der Gesellschaft lebenden Menschen einer praktischen Tätigkeit widmen, um einen bestimmten objektiven Prozeß (sei es einen natürlichen, sei es einen gesellschaftlichen Prozeß) auf einer bestimmten Stufe seiner Entwicklung zu verändern, bewirken die Widerspiegelung des objektiven Prozesses in ihrem Bewußtsein und ihre eigene subjektive Aktivität, daß sie von der sinnlichen Erkenntnis zur rationalen Erkenntnis weiterschreiten und Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte ausarbeiten, die im großen und ganzen den Gesetzmäßigkeiten dieses objektiven Prozesses entsprechen. Sie wenden dann diese Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte auf die Praxis der Veränderung desselben objektiven Prozesses an. Wenn sie dabei zum gesteckten Ziel gelangen, d. h. wenn die ausgearbeiteten Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte in der Praxis der Veränderung desselben Prozesses in die Tat umgesetzt oder im großen und ganzen verwirklicht sind, dann kann man die Erkenntnisbewegung in bezug auf diesen konkreten Prozeß als abgeschlossen betrachten. So kann man beispielsweise, im Prozeß der Veränderung der Natur, die Realisierung eines Bauplans, die Bestätigung einer wissenschaftlichen Hypothese, die Schaffung eines Geräts, die Ernte einer landwirtschaftlichen Kultur und, im Prozeß der Veränderung der Gesellschaft, den Erfolg eines Streiks, den Sieg in einem Krieg, die Erfüllung eines Erziehungsprogramms als die Verwirklichung eines gesteckten Ziels betrachten. Im allgemeinen jedoch kommt es in der Praxis der Veränderung der Natur oder der Gesellschaft selten vor, daß die von den Menschen ursprünglich ausgearbeiteten Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte ohne die geringsten Änderungen verwirklicht werden. Das rührt daher, daß die Menschen, die an der Veränderung der Wirklichkeit arbeiten, gewöhnlich zahlreichen Beschränkungen unterliegen, die nicht nur durch die wissenschaftlichen und technischen Bedingungen gegeben sind, sondern auch durch die Entwicklung des objektiven Prozesses selbst und den Grad seiner Äußerung (die verschiedenen Seiten und das Wesen des objektiven Prozesses sind noch nicht vollständig aufgedeckt). Unter diesen Umständen, da man in der Praxis von unvorhergesehenen Situationen überrascht wird, werden die Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte nicht selten teilweise, ja, manchmal völlig geändert. Das heißt, es kommt vor, daß die ursprünglich ausgearbeiteten Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte der Wirklichkeit teilweise oder insgesamt nicht entsprechen, daß sie zum Teil oder vollkommen falsch sind. In vielen Fällen gelingt es erst nach mehrmaligen Mißerfolgen, fehlerhafte Erkenntnisse richtigzustellen, die Übereinstimmung mit den Gesetzmäßigkeiten des objektiven Prozesses zu erreichen und auf diese Weise Subjektives in Objektives zu verwandeln, das heißt, in der Praxis die erwarteten Ergebnisse zu erzielen. Auf jeden Fall kann man aber zu diesem Zeitpunkt die Bewegung der Erkenntnis eines bestimmten objektiven Prozesses durch die Menschen auf einer bestimmten Stufe seiner Entwicklung als abgeschlossen betrachten.

Betrachtet man jedoch den Prozeß in seinem Fortschreiten, so ist die Bewegung der menschlichen Erkenntnis nicht abgeschlossen. jeder Prozeß, ob in Natur oder Gesellschaft, schreitet infolge der inneren Widersprüche und des inneren Kampfes weiter fort und entwickelt sich, und die Bewegung der menschlichen Erkenntnis muß, ihm folgend, ebenfalls weiter fortschreiten und sich entwickeln. Was die Bewegung der Gesellschaft betrifft, so müssen es wahre revolutionäre Führer nicht nur verstehen, die etwaigen Fehler in ihren Ideen, Theorien, Plänen oder Projekten zu korrigieren, wie oben gesagt wurde, sondern sie müssen es auch verstehen, ihre eigene subjektive Erkenntnis sowie die subjektive Erkenntnis aller an der Revolution Beteiligten entsprechend vorwärtszubringen und umzustellen, wenn ein bestimmter objektiver Prozeß von einer bestimmten Entwicklungsstufe zu einer anderen fortgeschritten ist und sich umgewandelt hat; das heißt, sie müssen es erreichen, daß die gestellten neuen revolutionären Aufgaben und neuen Arbeitsprojekte mit der neuen Veränderung der Lage übereinstimmen. In einer revolutionären Periode ändert sich die Lage sehr schnell, und wenn die Erkenntnis der Revolutionäre mit diesen raschen Veränderungen nicht Schritt hält, werden sie die Revolution nicht zum Sieg führen können.

Es kommt jedoch häufig vor, daß das Denken hinter der Wirklichkeit zurückbleibt; das kommt daher, daß die menschliche Erkenntnis durch viele gesellschaftliche Bedingungen eingeschränkt ist. Wir kämpfen gegen Ultrakonservative in unseren revolutionären Reihen, deren Denken mit der sich ändernden objektiven Lage nicht Schritt hält, was in der Geschichte als Rechtsopportunismus in Erscheinung trat. Diese Menschen sehen nicht, daß der Kampf der Widersprüche den objektiven Prozeß schon vorangetrieben hat, während ihre Erkenntnis immer noch auf der früheren Stufe verharrt. Das ist für das Denken aller Ultrakonservativen charakteristisch. Ihr Denken ist von der gesellschaftlichen Praxis losgelöst, sie können die Aufgabe, dem Zug der menschlichen Gesellschaft voranzugehen und ihn vorwärtszuführen, nicht auf sich nehmen; sie traben bloß hinterher und klagen, daß er sich zu schnell bewegt, und versuchen, ihn zurückzuzerren und in die entgegengesetzte Richtung zu lenken.

Wir kämpfen auch gegen "linke" Phrasendrescherei. Das Denken dieser "Linken" überspringt bestimmte Entwicklungsstufen des objektiven Prozesses; die einen halten ihre Illusionen für Wahrheit, die anderen versuchen, verfrüht in der Gegenwart Ideale zu verwirklichen, die erst in der Zukunft verwirklicht werden können. Sie haben sich von der jeweiligen Praxis der Mehrheit der Menschen, von der aktuellen Wirklichkeit losgelöst und erweisen sich in ihren Handlungen als Abenteurer.

Für den Idealismus und den mechanischen Materialismus, den Opportunismus und das Abenteurertum ist der Riß zwischen dem Subjektiven und dem Objektiven, die Loslösung der Erkenntnis von der Praxis charakteristisch. Die marxistisch-leninistische Erkenntnistheorie, die durch die wissenschaftliche Praxis in der Gesellschaft gekennzeichnet ist, kann nicht umhin, entschieden gegen diese falschen Anschauungen zu kämpfen. Die Marxisten erkennen an, daß im absoluten und gesamten Entwicklungsprozeß des Universums die Entwicklung der einzelnen konkreten Prozesse relativ ist und daß daher im unendlichen Strom der absoluten Wahrheit die menschliche Erkenntnis eines einzelnen konkreten Prozesses auf jeder gegebenen Stufe seiner Entwicklung nur den Charakter einer relativen Wahrheit besitzt. Aus der Summe der unzähligen relativen Wahrheiten ergibt sich die absolute Wahrheit.[11] Die Entwicklung eines objektiven Prozesses ist voller Widersprüche und Kämpfe; und ebenso voller Widersprüche und Kämpfe ist die Entwicklung der menschlichen Erkenntnisbewegung. jede dialektische Bewegung in der objektiven Welt kann früher oder später ihre Widerspiegelung in der menschlichen Erkenntnis finden. Der Prozeß des Entstehens, der Entwicklung und des Untergangs in der gesellschaftlichen Praxis ist unendlich, und ebenso unendlich ist der Prozeß des Entstehens, der Entwicklung und des Untergangs in der menschlichen Erkenntnis. Da die Praxis, die sich auf Grund bestimmter Ideen, Theorien, Pläne oder Projekte mit der Veränderung der objektiven Wirklichkeit befaßt, immer wieder vorwärtsschreitet, vertieft sich auch die Erkenntnis der objektiven Wirklichkeit durch den Menschen immer mehr. Der Prozeß der Veränderung der objektiven realen Welt hat nie ein Ende, und ebenso unendlich ist die Erkenntnis der Wahrheit durch die Menschen im Verlauf ihrer Praxis. Der Marxismus-Leninismus hat die Wahrheit keineswegs ausgeschöpft, sondern bahnt der Erkenntnis der Wahrheit in der Praxis ununterbrochen neue Wege. Unsere Schlußfolgerung ist die konkrete geschichtliche Einheit des Subjektiven und Objektiven, der Theorie und Praxis, des Wissens und Handelns sowie die Bekämpfung aller falschen, von der konkreten Geschichte losgelösten "linken" oder rechten Anschauungen.

In der gegenwärtigen Epoche der gesellschaftlichen Entwicklung hat die Geschichte die Verantwortung für die richtige Erkenntnis der Welt und deren Umgestaltung dem Proletariat und seiner Partei auferlegt. Dieser Prozeß, die Praxis der Umgestaltung der Welt, ein Prozeß, der durch die wissenschaftliche Erkenntnis determiniert ist - hat bereits in der Welt und in China einen historischen Augenblick erreicht, einen Augenblick von großer Bedeutung, wie ihn die Geschichte noch nicht gekannt hat: die vollständige Beseitigung der Finsternis in der Welt und in China und die Umwandlung in eine noch nie dagewesene lichtvolle Welt. Der Kampf des Proletariats und der revolutionären Völker für die Umgestaltung der Welt schließt die Verwirklichung folgender Aufgaben ein: die Umgestaltung der objektiven Welt sowie die Umgestaltung der eigenen subjektiven Welt - des eigenen Erkenntnisvermögens und der Beziehungen zwischen subjektiver und objektiver Welt. Auf einem Teil des Erdballs - in der Sowjetunion - ist diese Umgestaltung schon im Gange. Dort ist man dabei, den Umgestaltungsprozeß zu beschleunigen. Das chinesische Volk und die Völker der ganzen Welt durchlaufen gegenwärtig ebenfalls diesen Prozeß oder werden ihn durchlaufen. Die umzugestaltende objektive Welt, von der hier die Rede ist, schließt auch alle Gegner der Umgestaltung ein; sie müssen zunächst die Etappe einer zwangsweisen Umformung durchlaufen, bevor sie in die Etappe der bewußten Umerziehung eintreten können. Wenn es so weit ist, daß die ganze Menschheit sich selbst und die Welt bewußt umgestaltet, dann wird die Epoche des Kommunismus in der ganzen Welt erreicht sein.

Durch die Praxis die Wahrheit entdecken und in der Praxis die Wahrheit bestätigen und weiterentwickeln; von der sinnlichen Erkenntnis ausgehen und diese aktiv zur rationalen Erkenntnis fortentwickeln, sodann wieder, ausgehend von der rationalen Erkenntnis, aktiv die revolutionäre Praxis anleiten, die subjektive und objektive Welt umzugestalten; Praxis, Erkenntnis, wieder Praxis und wieder Erkenntnis - diese zyklische Form wiederholt sich endlos, und der Inhalt von Praxis und Erkenntnis wird bei jedem einzelnen Zyklus auf eine höhere Stufe gehoben. Das ist die ganze Erkenntnistheorie des dialektischen Materialismus, das ist die dialektisch-materialistische Theorie der Einheit von Wissen und Handeln.

Fußnoten

  1. Dieser Artikel des Genossen Mao Tse-tung richtet sich gegen zwei Arten von Abweichungen, die zu jener Zeit in der Partei zu verzeichnen waren. Die Anhänger der ersten Abweichung, deren Vertreter Tschen Du-hsiu war, achteten nur auf die Zusammenarbeit mit der Kuomintang und vergaßen die Bauern. Das war rechter Opportunismus. Die Anhänger der zweiten Abweichung, deren Vertreter Dschang Guo-tao war, achteten nur auf die Arbeiterbewegung und vergaßen ebenfalls die Bauern. Das war "linker" Opportunismus. Die Anhänger dieser beiden opportunistischen Abweichungen fühlten, daß die auf seiten der Revolution kämpfenden Kräfte nicht ausreichten, wußten aber nicht, wo Kräfte zu suchen, wo Bundesgenossen in größeren Massen zu finden wären. Genosse Mao Tse-tung wies darauf hin, daß der zahlenmäßig stärkste und treuste Bundesgenosse des chinesischen Proletariats die Bauernschaft ist, und löste damit die Frage, wer der Hauptverbündete in der chinesischen Revolution ist. Überdies sah Genosse Mao Tse-tung, daß die nationale Bourgeoisie eine schwankende Klasse war, und sagte voraus, daß es im Augenblick des Aufschwungs der Revolution zu einer Spaltung in ihren Reihen kommen und ihr rechter Flügel auf die Seite des Imperialismus übergehen würde. Die Ereignisse des Jahres 1927 haben das bestätigt.
  2. Es handelt sich hier um eine Handvoll schamloser, faschistisch gesinnter Politiker, die den "Etatistischen Jugendverband Chinas" organisierten, der später in "Jugendpartei Chinas" umbenannt wurde. Die "Etatisten", die von verschiedenen an der Macht stehenden reaktionären Gruppierungen sowie von den Imperialisten Subventionen erhielten, spezialisierten sich auf konterrevolutionäre Aktionen gegen die Kommunistische Partei und gegen die Sowjetunion.
  3. Dai Dji-tao war schon in seiner Jugendzeit Mitglied der Kuomintang. Er spekulierte eine Zeitlang gemeinsam mit Tschiang Kai-schek an der Börse. Nachdem Tode Sun Yat-sens im Jahre 1925 betrieb er eine Hetzkampagne gegen die Kommunistische Partei und bereitete auf diese Weise geistig den Boden für Tschiang Kai-scheks konterrevolutionären Staatsstreich im Jahre 1927 vor. Er war lange Zeit ein treuer Handlanger Tschiang Kai-scheks bei dessen konterrevolutionärer Tätigkeit. Als er sah, daß der Zusammenbruch der Herrschaft Tschiang Kai-scheks bevorstand und die Lage völlig ausweglos war, beging er im Februar 1949 Selbstmord.
  4. Tscbenbao war das in Peking herausgegebene Organ der Gesellschaft zum Studium der Verfassung, einer der politischen Gruppen, die damals die Herrschaft der Militärmachthaber des Nordens unterstützten.
  5. Im Jahre 1923 faßte Sun Yat-sen mit Hilfe der Kommunistischen Partei Chinas den Beschluß über die Reorganisierung der Kuomintang, deren Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei und die Aufnahme von Kommunisten in die Kuomintang, worauf er im Januar 1924 auf dem nach Kanton einberufenen 1. Nationalkongreß der Kuomintang die drei politischen Hauptrichtlinien formulierte: Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei, Unterstützung der Bauern und Arbeiter. An diesem Kongreß beteiligten sich Genosse Mao Tse-tung und die Genossen Li Da-dschao, Lin Bo-tjü, Tjü Tjiu-bai und andere; sie spielten eine wichtige Rolle dabei, der Kuomintang auf den revolutionären Weg zu helfen. Einige von ihnen wurden auch zu Mitgliedern bzw. Kandidaten des damaligen Zentralexekutivkomitees der Kuomintang gewählt.
  6. Genosse Mao Tse-tung meint hier die Mittelbauern.
  7. Marwhall Dschao - Dschao Gung-ming, Gott des Reichtums in der chinesischen Volksmythologie.
  8. Gemeint ist die antiimperialistische Protestbewegung des ganzen chinesischen Volkes gegen das Gemetzel, das die britische Polizei am 30. Mai 1925 unter der chinesischen Bevölkerung in Schanghhai angerichtet hat. Im Mai 1925 entbrannte in einer Reihe japanischer Textilfabriken in Tsingtao und Schanghai ein Streikkampf, der riesige Ausmaße annahm. Die Streiks wurden von den japanischen Imperialisten und ihren Helfershelfern, den Militärmachthabern des Nordens, unterdrückt. Am 15. Mai erschossen die japanischen Textilfabrikanten in Schanghai den Arbeiter Gu Dscheng-hung und verwundeten ein Dutzend andere. Am 28. Mai wurden in Tsingtao von den reaktionären Behörden acht Arbeiter ermordet. Am 30. Mai begannen über zweitausend Schanghaier Studenten in den ausländischen Konzessionen die Agitation für die Unterstützung der streikenden Arbeiter und riefen auf, die Rückgabe der Konzessionen an China durchzusetzen. Danach führten sie über zehntausend Einwohner vor das Verwaltungsgebäude der britischen Polizei der internationalen Niederlassung. Die Demonstranten riefen laut "Nieder mit dem Imperialismus!", "Vereinige dich, chinesisches Volk!" und andere Losungen. Die Polizei des britischen Imperialismus eröffnete das Feuer, durch das viele Studenten getötet und verwundet wurden. Dieses Blutbad wurde als "Massaker des 30. Mai" bekannt. Es löste den Zorn des gesamten chinesischen Volkes aus, und durch das Land ging eine Welle von Demonstrationen und Streiks der Arbeiter, Studenten und Kaufleute, die in eine gigantische antiimperialistische Bewegung auslief.
  9. Die überwiegende Mehrheit der Halbbesitzer - Genosse Mao Tse-tung meint hier jene armen Bauern, die teils Eigengrund, teils Pachtgrund bearbeiteten.
  10. Die Handlungsgehilfen im alten China teilten sich in verschiedene Schichten. Genosse Mao Tse-tung meint hier die zahlenmäßig größere dieser Schichten. Es gab auch noch eine untere Schicht, die das Leben von Proletariern führte.
  11. Gemeint sind der Streik der Hongkonger Seeleute und der Streik der Yangtse-Schiffer Anfang 1922. Die Hongkonger Seeleute harrten acht Wochen im Streik aus; nach einem erbitterten, blutigen Kampf waren die Behörden des britischen Imperialismus in Hongkong schließlich gezwungen, eine Erhöhung der Löhne, die Aufhebung des Verbots der Gewerkschaft, die Freilassung der verhafteten Arbeiter sowie die Auszahlung von Beihilfen an die Familien der Getöteten zuzugestehen. Auch die Yangtse-Schiffer begannen bald danach einen Streik, den sie zwei Wochen lang führten und ebenfalls mit einem Sieg beendeten.
  12. Die Kommunistische Partei Chinas entfaltete gleich nach ihrer Gründung im Jahr 1921 die organisatorische Arbeit unter den Eisenbahnern; in den Jahren 1922/23 gab es auf den Haupteisenbahnlinien des Landes Streikkämpfe, die von der Kommunistischen Partei geleitet wurden. Am bekanntesten wurde der Generalstreik der Arbeiter der Peking-Hankou-Eisenbahnlinie um die Freiheit der Organisierung einer allgemeinen Gewerkschaft, der am 4. Februar 1923 begann. Am 7. Februar richteten die vom britischen Imperialismus unterstützten Militärmachthaber des Nordens, Wo Pe-fu und Hsiao Yao-nan, unter den streikenden Arbeitern ein grausames Gemetzel an, das in der Geschichte Chinas als das "Massaker des 7. Februar" bekannt ist.
  13. Kailuan-Kohlengruben - Sammelbezeichnung der beiden Kohlengrubengebiete Kaiping und Luandschou in der Provinz Hopeh, ein großes zusammenhängendes Kohlerevier mit über 50 000 Arbeitern. Nachdem die britischen Imperialisten während der Yihotuan-Bewegung im Jahr 1900 die Kaiping-Gruben an sich gerissen hatten, gründeten chinesische Unternehmer die Luandschou-Kohlenbergbaugesellschaft. Später wurden diese Grubengebiete der Kailuan-Bergwerksgeneralverwaltung einverleibt. Damit gingen die beiden Kohlengrubengebiete in den Alleinbesitz der britischen Imperialisten über. Mit dem Streik von Kailuan ist der Streik gemeint, den die Bergarbeiter im Oktober 1922 durchgeführt hatten. Die Kohlengruben Djiaodsuo, ein bekanntes Kohlenrevier Chinas, befinden sich im Norden der Provinz Honan. Mit dem Streik von Djiaodsuo ist der vom 1. Juli bis zum 9, August 1925 durchgeführte Streik gemeint.
  14. Schamiän - ehemalige Konzession des britischen Imperialismus in Kanton. Im Juli 1924 führten die britischen Imperialisten, die in Schamiän schalteten und waltetern, eine neue Polizeivorschrift ein, wonach die in Schamiän lebenden chinesischen Bürger beim Betreten und Verlassen der Konzession einen Personalausweis mit Lichtbild vorzuweisen hatten, während die Ausländer frei aus- und eingehen durften. Am 15. Juli traten die Arbeiter von Schamiän aus Protest gegen diese rechtswidrige Maßnahme in den Streik. Dadurch wurden die britischen Imperialisten gezwungen, ihre neue Polizeivorschrift außer Kraft zu setzen.
  15. Nach den Schanghaier Ereignissen des 30. Mai 1925 traten am 1. Juni in Schanghai und am 19. Juni in Hongkong die Arbeiter in den Generalstreik. Im ersteren Fall zählte man über 200 000, im letzteren 250 000 Teilnehmer. Der große Streik in Hong-kong, der die Unterstützung des gesamten chinesischen Volkes genoß, dauerte ein Jahr und vier Monate und war der längste Streik in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung.
  16. Dreier-Bund, Bund der Brüder, Gesellschaft der großen Schwerter, Gesellschaft für eine vernünftige Lebensweise und Grüne Gilde - primitive Geheimbünde, die unter der Bevölkerung verbreitet waren. Sie setzten sich hauptsächlich aus ruinierten Bauern, arbeitslosen Handwerkern und Lumpenproletariern zusammen. In der feudalen Zeit Chinas vereinigten sich diese Elemente häufig auf religiöser oder abergläubischer Basis zu Organisationen, die eine patriarchalische Form hatten und verschiedene Namen trugen; einige dieser Organisationen verfügten auch über Waffen. Mit Hilfe der Geheimbünde waren deren Mitglieder bestrebt, einander sozial und wirtschaftlich zu helfen; in bestimmten Momenten benutzten sie die Geheimbünde zum Kampf gegen die sie unterdrückenden Bürokraten und Grundherren. Diese rückständigen Organisationen konnten jedoch den Bauern und Handwerkern offensichtlich keinen Ausweg bieten. Ferner konnten sie oft leicht von den Grundherren und örtlichen Despoten kontrolliert und für deren Zwecke benutzt werden. Dazu kam noch ihre Neigung zu blinden Zerstörungsaktionen. Manche von ihnen verwandelten sich deshalb in reaktionäre Kräfte. Im Jahre 1927 bediente sich Tschiang Kai-scheck bei seinem konterrevolutionären Staatsstreich dieser rückständigen Organisationen als Instrument, um die Einheit des werktätigen Volkes zu zerstören und die Revolution zu untergraben. Als die Kräfte des modernen Industrieproletariats mächtig zu wachsen begannen und die Bauernschaft unter Führung der Arbeiterklasse nach und nach Organisationen völlig neuen Typs bildete, verloren solche primitive, rückständige Organisationen ihre Existenzberechtigung.
  17. Diese Schrift des Genossen Mao Tse-tung wurde als Antwort auf die Vorwürfe geschrieben, die innerhalb und außerhalb der Partei gegen den revolutionären Kampf der Bauern erhoben wurden. Um diesen Vorwürfen eine Abfuhr erteilen zu können, begab sich Genosse Mao Tse-tung in die Provinz Hunan, wo er zweiunddreißig Tage lang an Ort und Stelle die Lage untersuchte. Die von Tschen Du-hsiu geführten Rechtsopportunisten in der Partei waren damals nicht bereit, die Ansichten von Genossen Mao Tse-tung zu akzeptieren, und beharrten auf ihrer eigenen falschen Auffassung. Ihr Fehler bestand hauptsächlich darin, daß sie, eingeschüchtert durch die reaktionäre Strömung in der Kuomintang, nicht den Mut hatten, die bereits ausgebrochenen beziehungsweise gerade im Aufflammen begriffenen großen revolutionären Kämpfe der Bauern zu unterstützen. Um der Kuomintang entgegenzukommen, zogen sie es vor, den Hauptverbündeten, die Bauernschaft, von sich zu stoßen, und versetzten so die Arbeiterklasse und die Kommunistische Partei in eine Position der Isolierung und Hilflosigkeit. Wenn es die Kuomintang im Sommer 1927 wagen konnte, Verrat zu üben, ihre "Kampagne der Parteisäuberung" zu entfesseln und den Krieg gegen das Volk zu beginnen, so war das hauptsächlich der Tatsache zuzuschreiben, daß sie eben diese Schwäche der Kommunistischen Partei ausnutzen konnte.
  18. Hunan war damals das Zentrum der Bauernbewegung von ganz China.
  19. Dschao Heng-ti, der damalige Beherrscher Hunans, war ein Agent der Militärmachthaber des Nordens. Er wurde 1926 von der Armee des Nordfeldzugs gestürzt.
  20. Die Revolution von 1911 war eine Revolution, in der das autokratische Regime der Tjing-Dynastie gestürzt wurde. Am 10. Oktober 1911 entfesselte ein Teil der Neuen Armee auf Betreiben der bürgerlichen und kleinbürgerlichen revolutionären Organisationen einen Aufstand in Wutschang. Der Aufstand griff von einer Provinz auf die andere über, und bald war die Herrschaft der Tjing-Dynastie zerfallen. Am 1. Januar 1912 wurde in Nanking die provisorische Regierung der Republik China gebildet, und Sun Yat-sen wurde zum provisorischen Präsidenten gewählt. Die Revolution von 1911 errang den Sieg dank dem Bündnis der Bourgeoisie mit der Bauernschaft, den Arbeitern und dem städtischen Kleinbürgertum. Da aber der an der Spitze der Revolution stehende Block infolge seines kompromißlerischen Charakters den Bauern nichts Reales gab und vor dem Druck des Imperialismus und der feudalen Kräfte zurückwich, gelangte die Macht in die Hände eines der Militärmachthaber im Norden, Yüan Schi-kai, und die Revolution erlitt letzten Endes eine Niederlage.
  21. Die alte chinesische Redensart "Beim Korrigieren eines Fehlers das Maß überschritten" wurde in früheren Zeiten oft dazu benutzt, um die Aktivität der Menschen zu hemmen, ihnen nur Korrekturen im Rahmen der bestehenden Ordnung zu gestatten, deren völligen Umsturz jedoch zu verbieten. Korrekturen im Rahmen der bestehenden Ordnung wurden als "maßhaltend" bezeichnet, radikale Umsturzaktionen hingegen als "Überschreitung des Maßes". Das ist eben eine Theorie der Reformisten sowie der Opportunisten in den Reihen der Revolutionäre. Genosse Mao Tse-tung widerlegt hier solche reformistische Theorien. Seine Feststellung: "Um einen Fehler zu korrigieren, muß man das Maß überschreiten, anderenfalls kann der Fehler nicht korrigiert werden" bedeutet, daß man nur mit der revolutionären Methode der Massenaktionen der alten, feudalen Ordnung ein Ende setzen kann, nicht aber mit der revisionistisch-reformistischen Methode.
  22. Im Winter 1926 und Frühjahr 1927, als die Armee des Nordfeldzugs in die Yangtse-Ebene vorrückte, war die konterrevolutionäre Fratze Tschiang Kai-scheks noch nicht genügend entlarvt, und die Bauernmassen hielten ihn noch immer für einen Revolutionär. Die Grundherren und Großbauern mochten ihn aber nicht und verbreiteten Gerüchte, wonach die Nordfeldzugsarmee Niederlagen erlitten hätte und Tschiang Kai-schek am Bein verwundet worden wäre. Tschiang Kai-schek wurde erst am 12. April 1927, als er in Schanghai und andernorts den konterrevolutionären Staatsstreich unternahm, die Arbeiter niederzumetzeln, die Bauern zu unterdrücken und die Kommunistische Partei anzugreifen begann, vollends als Konterrevolutionär entlarvt. Dann änderten die Grundherren und Großbauern ihre Haltung und begannen ihn zu unterstützen.
  23. Die Provinz Kuangtung war das erste revolutionäre Stützpunktgebiet in der Periode des Ersten Revolutionären Bürgerkrieges (1924-27).
  24. Wu Pe-fu war einer der bekanntesten Militärmachthaber des Nordens. Zusammen mit Tsao Kun, der dadurch berüchtigt war, daß er 1923 mittels Bestechungen zum Präsidenten der Republik gewählt wurde, gehörte er der Dschili(Hopeh)-Clique der Militärmachthaber im Norden an. Wu unterstützte Tsao als Führer, und die beiden wurden im allgemeinen "Tsao-Wu" genannt. Nachdem Wu im Jahre 1920 den Militärmachthaber der Anhui-Clique Duan Tji-jui besiegt hatte, errang er als Agent der englisch-amerikanischen Imperialisten die Kontrolle über die Regierung der Militärmachthaber des Nordens in Peking; er war es, der am 7. Februar 1923 den Befehl gab, die streikenden Eisenbahner der Peking-Hankou-Linie zu massakrieren. Im Jahre 1924 wurde Wu im Krieg mit Dschang Dsuo-Iin (im allgemeinen als "Krieg zwischen der Dschili- und der Fengtiän[Liaoning]-Clique" bekannt) besiegt und sodann aus dem Pekinger Regime ausgebootet. Auf Betreiben der japanischen und englischen Imperialisten ging er jedoch 1926 ein Bündnis mit Dschang Dsuo-Iin ein und kam somit wieder auf. Als sich 1926 die Nordfeldzugsarmee von Kanton aus in Bewegung setzte, war er der erste Gegner, der von ihr niedergeschlagen wurde.
  25. Die Drei Volksprinzipien sind die von Sun Yat-sen für die chinesische bürgerlich-demokratische Revolution aufgestellten Grundsätze und Programmpunkte bezüglich der drei Probleme: Nationalismus, Demokratie und Volkswohl. Im Jahre 1924 gab Sun Yat-sen im "Manifest des I. Nationalkongresses der Kuomintang" diesen drei Prinzipien neue Erklärungen, denen zufolge der Nationalismus der Kampf gegen den Imperialismus ist. Dabei sprach er sich für die aktive Unterstützung der Bewegung der Arbeiter und Bauern aus. Somit entwickelten sich die alten Drei Volksprinzipien zu den neuen Drei Volksprinzipien, deren Inhalt die drei politischen Hauptrichtlinien: "Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei und Unterstützung der Bauern und Arbeiter" bildeten. Die neuen Drei Volksprinzipien wurden zur politischen Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen der Kommunistischen Partei und der Kuomintang in der Periode des Ersten Revolutionären Bürgerkriegs. Näheres darüber siehe in der Schrift "Über die Neue Demokratie", Abschnitt 10, Band II der Ausgewählten Werke Mao Tse-tungs.
  26. Großbauern hätten in die Vereinigungen nicht aufgenommen werden sollen, was 1927 die Bauernmassen noch nicht verstanden haben.
  27. Zur Kategorie der "Bettelarmen", über die Genosse Mao Tse-tung spricht, gehören die Landarbeiter (Dorfproletarier) und die vagierenden Landproletarier.
  28. Gemeint ist hier das ländliche Halbproletariat.
  29. Yüan Dsu-ming war ein Militärmachthaber der Provinz Kueitschou, der damals Westhunan beherrschte.
  30. In Hunan entsprach "Du" einem Distrikt und "Tuan" einer Gemeinde. Die alten Verwaltungsbehörden in einem "Du" und "Tuan" waren Instrumente des Grundherrenregimes.
  31. Die Pro-Mu-Steuer (Ein Mu ist etwa ein Fünfzehntel Hektar. - Der übers.) war eine den Bauern vom Grundherrenregime zusätzlich zur regulären Grundsteuer auferlegte Abgabe, die rücksichtslos eingetrieben wurde.
  32. "Militärgouverneur" war der Titel für ein Militäroberhaupt, das unter dem Regime der Militärmachthaber des Nordens in jeder Provinz eingesetzt wurde. Die Militärgouverneure hatten nicht nur die militärische, sondern auch die politische Macht in ihren Händen und waren praktisch Provinzdiktatoren. Sie hatten geheime Beziehungen zu den Imperialisten und hielten auf ihrem Gebiet ein separatistisches feudalmilitärisches Regime aufrecht.
  33. "Militärgouverneur" war der Titel für ein Militäroberhaupt, das unter dem Regime der Militärmachthaber des Nordens in jeder Provinz eingesetzt wurde. Die Militärgouverneure hatten nicht nur die militärische, sondern auch die politische Macht in ihren Händen und waren praktisch Provinzdiktatoren. Sie hatten geheime Beziehungen zu den Imperialisten und hielten auf ihrem Gebiet ein separatistisches feudalmilitärisches Regime aufrecht.
  34. Damals befolgten viele der Kreisleitungen der Kuomintang, die unter deren Wuhaner Zentralexekutivkomitee standen, die drei politischen Hauptrichtlinien Sun Yat-sens, nämlich: Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei und Unterstützung der Bauern und Arbeiter. Sie waren Organisationen des revolutionären Bündnisses der Kommunisten, des linken Kuomintang-Flügels und anderer Revolutionäre.
  35. Der Ausspruch stammt von Menzius. Er besagt: Ein fachkundiger Lehrer im Bogenschießen spannt, wenn er einen Schützen unterweist, die Sehne und mimt den Abschuß des Pfeiles. Hier bedeutet das Zitat, daß die Kommunisten die Bauern anleiten sollen, zu vollem politischem Bewußtsein zu gelangen, jedoch die Ablegung des religiösen Aberglaubens und sonstiger schlechter Sitten und Gebräuche der eigenen Initiative der Bauern zu überlassen haben und weder den Bauern diesbezügliche Befehle erteilen noch das, was Sache der Bauern selbst ist, an ihrer Statt tun dürfen.
  36. Tang Scheng-dschi war ein General, der während des Nordfeldzugs auf seiten der Revolution kämpfte. Yä Kai-hsin war ein auf der Seite der Militärmachthaber des Nordens gegen die Revolution kämpfender General.
  37. Sun Tschuan-fang war ein Militärmachthaber, dessen Gewalt sich über die fünf Provinzen Kiangsu, Tschekiang, Fukien, Kiangsi und Anhui erstreckte. Er war für die blutige Niederwerfung des Aufstands der Schanghaier Arbeiter verantwortlich. Seine Hauptstreitkräfte wurden im Winter 1926 von der Nordfeldzugsarmee in Nantschang und Djiudjiang, Provinz Kiangsi, zerschlagen.
  38. Die "Doktrin der östlichen Kultur" war eine reaktionäre Auffassung, der zufolge die moderne wissenschaftliche Zivilisation zu verwerfen sei, dagegen die rückständige landwirtschaftliche Produktion und die feudale Kultur des Ostens konserviert werden sollten.
  39. "Berg", "Tempel", "Weihrauch'. und "Gewässer" waren Namen, die von manchen Sekten unter den primitiven Geheimbünden benutzt wurden.
  40. Als die Armee des Nordfeldzugs im November 1926 die Stadt Nantschang besetzte, benutzte Tschiang Kai-schek die Gelegenheit, um hier seinen Generalstab zu etablieren. Er sammelte um sich die rechten Kuomintang-Leute sowie eine Anzahl von Politikern der Militärmachthaber des Nordens und schmiedete im geheimen Einverständnis mit den Imperialisten seine konterrevolutionären Ränke gegen Wuhan, das damalige Zentrum der Revolution. Schließlich unternahm Tschiang Kai-schek am 12. April 1927 seinen konterrevolutionären Staatsstreich, der durch das ungeheuerliche Gemetzel in Schanghai gekennzeichnet war.
  41. Dschang Djing-djiang, einer der Führer des rechten Kuomintang-Flügels, war ein Berater Tschiang Kai-scheks.
  42. Liu Yüä-dschi war Oberhaupt der "Linken Gesellschaft", einer bedeutenden antikommunistischen Gruppe jener Zeit in Hunan.
  43. Wie Liu Hsiang (77-6 v. u. Z.) in seinem Buch Hsin Hsü erzählt, liebte der Ehrwürdige Schö die Drachen so sehr, daß er seine Gebrauchsgegenstände und Gemächer mit Drachenabbildungen verziert hatte. Als ein richtiger Drache davon hörte und Schö einen Besuch abstattete, war dieser zu Tode erschrocken. Es stellte sich somit heraus, daß der Ehrwürdige Schö durchaus nicht die Drachen, sondern nur alles das liebte, was einem Drachen glich. Genosse Mao Tse-tung zieht diesen Vergleich, um zu zeigen, daß Tschiang Kai-schek und seinesgleichen zwar über die Revolution schwatzten, in Wirklichkeit aber vor ihr Angst hatten und sie bekämpften.
  44. Der Ausdruck "Schidji" (Wirklichkeit) hat im Chinesischen zwei Bedeutungen: Die eine weist auf die tatsächlichen Umstände hin, die andere auf die Tätigkeit der Menschen (oder das, was man gemeinhin Praxis nennt). Genosse Mao Tse-tung pflegt in seinen Werken diesen Begriff in seinem Doppelsinn zu verwenden.
  45. Sun Wu-dsi oder Sun Wu war ein berühmter chinesischer Militärwissenschaftler des 9. Jahrhunderts v. u. Z. und Autor des aus 1; Kapiteln bestehenden Traktats Sun Dsi. Das vorliegende Zitat ist dem ;. Kapitel dieses Buches - "Planung des Angriffs" entnommen.
  46. Im Jahre 1936, als Genosse Mao Tse-tung diesen Artikel verfaßte, waren seit der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas im Juli 1921 genau 15 Jahre ', vergangen.
  47. Tschen Du-hsiu war ursprünglich Professor an der Peking-Universität und machte sich als Redakteur der Zeitschrift Neue Jugend einen Namen. Er gehört zu den Begründern der Kommunistischen Partei Chinas. Auf Grund des Rufes, den er zur Zeit der Bewegung des 5. Mai genoß, und auch infolge der Unreife der Partei in ihrem Anfangsstadium wurde er Generalsekretär der Partei. In der letzten Periode der Revolution von 1924-1927 entwickelten sich die von Tschen Du-hsiu vertretenen rechtsopportunistischen Auffassungen innerhalb der Partei zu einer Kapitulationslinie. Damals "gaben die Kapitulanten, freiwillig die Führung der Bauernmassen, des städtischen Kleinbürgertums und der mittleren Bourgeoisie, vor allem aber die Führung der Streitkräfte auf und verursachten so die Niederlage der Revolution" ("Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs. Bd. IV). Nach der Niederlage der Revolution im Jahre 1927 verloren Tschen Du-hsiu und eine kleine Zahl anderer Kapitulanten den Glauben an die Zukunft der Revolution, verfielen in Pessimismus und wurden zu Liquidatoren. Sie nahmen den reaktionären Standpunkt des Trotzkismus ein, verbündeten sich mit den Trotzkisten zu einer parteifeindlichen Splitterfraktion. Daher wurde Tschen Du-hsiu im November 1929 aus der Partei ausgeschlossen. Er starb im Jahre 1942. Über den Rechtsopportunismus Tschen Du-hsius siehe auch die Anmerkungen zu den Überschriften der beiden Werke "Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft" und "Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan" (vorliegender Band, S. 5 f. und S. 21 f.) sowie die Arbeit "Der Zeitschrift Kommunist zum Geleit" (Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. II).
  48. Der "linke" Opportunismus Li Li-sans, gewöhnlich die "Linie Li Li-sans" genannt, war die "links"opportunistische Linie, die von Genossen Li Li-san, der zu jener Zeit an der Spitze des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas stand, vertreten wurde und von Juni 1930 an etwa vier Monate lang in der Partei herrschte. Die Linie Li Li-sans ist durch folgendes gekennzeichnet: Entgegen dem vom VI. Parteitag festgelegten Kurs bestritt sie die Notwendigkeit der Vorbereitung der Massen auf die Revolution und die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der Revolution; sie betrachtete die Idee des Genossen Mao Tse-tung, daß man auf lange Zeit hinaus das Hauptaugenmerk darauf richten müßte, ländliche Stützpunktgebiete zu schaffen, von den Dörfern aus die Städte einzukreisen und, auf diese Gebiete gestützt, den Aufschwung der Revolution im ganzen Land zu fördern, als einen "äußerst irrigen", "für die bäuerliche Mentalität charakteristischen lokal beschränkten und konservativen Standpunkt"; sie war der Ansicht, daß man Vorbereitungen für sofortige Aufstände in allen Teilen des Landes treffen solle. Dieser falschen Linie entsprechend entwarf Genosse Li Li-san einen abenteuerlichen Plan zur Organisierung sofortiger bewaffneter Aufstände in allen Schlüsselstädten des Landes. Gleichzeitig weigerte er sich, die Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der Weltrevolution anzuerkennen, und behauptete, der allgemeine Ausbruch der chinesischen Revolution müsse unweigerlich zu einem allgemeinen Ausbruch der Weltrevolution führen und die chinesische Revolution könne nur unter der Bedingung eines Ausbruchs der Weltrevolution Erfolg haben. Er wollte auch nicht einsehen, daß die bürgerlich-demokratische Revolution in China einen langwierigen Charakter trägt, und erklärte, der Sieg der Revolution in einer oder mehreren Provinzen werde der Beginn des Hinüberwachsens in eine sozialistische Revolution sein. In dieser Weise arbeitete er eine ganze Reihe unzeitiger und abenteuerlicher "linker" Richtlinien aus. Genosse Mao Tse-tung kämpfte gegen diese irrige Linie, und auch die breiten Massen der Funktionäre und Mitglieder der Partei verlangten ihre Berichtigung. Auf dem 3. Plenum des VI. Zentralkomitees der Partei im September 1930 gab Genosse Li Li-san die aufgezeigten Fehler zu und trat dann von seinem leitenden Posten im Zentralkomitee zurück. Da Genosse Li Li-san im Lauf einer längeren Zeit seine falschen Ansichten korrigieren konnte, wurde er auf dem VII. Parteitag wieder zum Mitglied des Zentralkomitees gewählt.
  49. Das auf dem VI. Parteitag gewählte Zentralkomitee ergriff auf seinem;. Plenum, das im September 1930 stattfand, und in dem nachfolgenden Zeitabschnitt eine Reihe positiver Maßnahmen, um der Linie Li Li-sans ein Ende zu setzen. Nach dem Plenum jedoch traten einige Leute, die keine Erfahrung im praktischen revolutionären Kampf besaßen - mit Tschen Schao-yü (Wang Ming) und Tji Bang-hsiän (Bo Gu) an der Spitze -, gegen die Maßnahmen des Zentralkomitees auf. In ihrer Broschüre Zwei Linien (oder Der Kampf um die imeitese Bolschewisierung der Kommunistischen Partei Chinas) erklärten sie mit besonderem Nachdruck, daß die Hauptgefahr seinerzeit in der Partei nicht der "linke" Opportunismus, sondern der "Rechtsopportunismus" war. Um ihre eigene Tätigkeit zu rechtfertigen, "kritisierten" sie die Linie Li Li-sans als "rechtsorientiert". Sie legten ein neues politisches Programm vor, das die Linie Li Li-san sowie andere "linke" Anschauungen und Richtlinien in einer neuen Form fortführte, wiederbelebte oder entwickelte, und setzten es der richtigen Linie des Genossen Mao Tse-tung entgegen. Genosse Mao Tse-tung schrieb das Werk, Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China" in der Hauptsache deshalb, um die Fehler, die auf militärischem Gebiet durch diese neue "links"opportunistische Linie verursacht worden waten, einer Kritik zu unterziehen. Diese irrige Linie dominierte in der Partei vom 4. Plenum des VI. Zentralkomitees im Januar 1931 bis zur Tagung des Politbüros des Zentralkomitees, die im Januar 1935 in Dsunyi in der Provinz Kueitschou stattfand. Hier endete die Vorherrschaft dieser irrigen Linie, und es wurde eine neue Führung des Zentralkomitees mit Genossen Mao Tse-tung an der Spitze eingesetzt. Diese irrige "linke" Linie herrschte also eine besonders lange Zeit (vier Jahre) in der Partei und brachte der Partei wie der Sache der Revolution außerordentlich schwere Verluste. Die verhängnisvollen Folgen waren, daß etwa 90 Prozent des Bestands der Kommunistischen Partei Chinas, der chinesischen Roten Armee und ihrer Stützpunktgebiete verlorengingen, Dutzende Millionen Menschen in den revolutionären Stützpunktgebieten der grausamen Unterdrückung durch die Kuomintang ausgesetzt und der Vormarsch der chinesischen Revolution verzögert wurden. Die überwältigende Mehrheit der Genossen, die die Fehler der "linken" Linie begingen, haben auf Grund persönlicher Erfahrungen im Verlauf von langen Jahren ihre Fehler erkannt und korrigiert und später viel Arbeit zum Nutzen der Partei und des Volkes geleistet. Unter der Führung des Genossen Mao Tse-tung haben sie sich mit allen anderen Genossen auf der Basis gemeinsamer politischer Ansichten zusammengeschlossen.
  50. Das Offiziersausbildungskorps in Luschan war eine Organisation, die Tschiang Kai-schek im Juli 1933 auf dem Luschan-Berg im Kreis Djiudjiang, Provinz Kiangsi, gründete, um antikommunistische Militärkader auszubilden. Offiziere der Streitkräfte Tschiang Kai-scheks wurden turnusweise dorthin entsandt, um von deutschen, italienischen und amerikanischen militärischen Instrukteuren im Geist des Faschismus militärisch und politisch geschult zu werden.
  51. Die im fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" angewandten neuen militärischen Prinzipien bestanden hauptsächlich in der "Blockhaus-Taktik", bei der die Banden Tschiang Kai-scheks nur schrittweise vorrückten und die jeweils eingenommenen Stellungen ausbauten.
  52. Siehe Lenins Artikel "Kommunismus" (Werke, Bd. 31). In diesem Artikel kritisierte Lenin den ungarischen Kommunisten Bela Kun und schrieb: "Er umgeht das, worin das innerste Wesen, die lebendige Seele des Marxismus besteht: die konkrete Analyse einer konkreten Situation."
  53. Der 1. Parteitag des Hunan-Kiangsi-Grenzgebiets fand am 20. Mai 1928 in Maoping, Kreis Ninggang, statt.
  54. Die Bezeichnung "Banditentum" bezieht sich auf Plünderungen, die sich aus dem Fehlen von Disziplin, Organisation und klarer politischer Zielsetzung ergeben.
  55. Gemeint ist der Lange Marsch der Roten Armee über 25 000 Li (12 500 km) aus der Provinz Kiangsi nach dem Norden der Provinz Schensi. Siehe auch Anmerkung 20 zum Referat "'Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus" (vorliegender Band, S. 204).
  56. Gemeint ist die Periode, in der nach der Niederlage des Dezemberaufstands von 1905 die revolutionäre Flut in Rußland nach und nach abebbte. Siehe Geschichte der KPdSU (BJ, Kurzer Lehrgang, Kapitel III, Abschnitte 5 und 6.
  57. Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wurde im März 1918 zwischen Sowjetrußland und Deutschland geschlossen. Angesichts der offenkundigen Überlegenheit der feindlichen Kräfte mußten sich die Kräfte der Revolution zeitweilig zurückziehen, um den Überfall der deutschen Imperialisten auf die soeben gebildete Sowjetrepublik abzuwenden, die noch keine eigene Armee hatte. Durch den Abschluß dieses Vertrags gewann die Sowjetrepublik Zeit, um die proletarische Staatsmacht zu festigen, die Wirtschaft in Ordnung zu bringen und die Rote Armee aufzubauen. Das Proletariat wurde somit instand gesetzt, die Führung der Bauernschaft zu behaupten und Kräfte zu sammeln, um sodann in den Jahren 1918 bis 1920 die Weißgardisten und die Interventionstruppen Englands, der USA, Frankreichs, Japans, Polens und anderer Staaten zu schlagen.
  58. Am 30. Oktober 19z7 erhoben sich die Bauern von Haifeng und Lufeng (Provinz Kuangtung) unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas zu ihrem dritten Aufstand. Sie nahmen Haifeng und Lufeng samt den umliegenden Gegenden ein, organisierten eine Rote Armee und errichteten die demokratische Macht der Arbeiter und Bauern. Sie unterlagen in der Folge, weil sie den Fehler begingen, den Feind zu unterschätzen.
  59. Im Herbst 19;6 vereinigten sich die 4. und die 2. Frontarmee der Roten Armee und marschierten von Nordost-Sikang nordwärts. Dschang Guo-tao hielt damals hartnäckig an seinem parteifeindlichen Standpunkt fest und befolgte nach wie vor unentwegt seine Rückzugspolitik und sein Liquidatorentum. Im Oktober desselben Jahres, als die 2. und die 4. Frontarmee in der Provinz Kansu eingetroffen waren, befahl er den mehr als 20000 Mann zählenden vorausmarschierenden Einheiten der 5. Frontarmee, eine Westkolonne zu bilden, die den Gelben Fluß überschreiten und westwärts in die Provinz Tschinghai vorstoßen sollte. Diese Kolonne, die bereits in den Kämpfen vom Dezember 1936 durch verheerende Schläge praktisch eine Niederlage erlitten hatte, wurde dann im März 19;7 völlig zerschlagen.
  60. Dieser berühmte chinesische Roman, der im Original Schui Hu Dscbuan (Helden vom Liangschan-Moor) heißt, handelt von einem Bauernkrieg. Als sein Verfasser gilt Schi Nai-an, der gegen Ende der Yüan-Dynastie und zu Beginn der MingDynastie (im 14. Jahrhundert) lebte. Lin Tschung und Tschai Djin sind Figuren dieses Romans. Hung ist ein Trainer auf dem Landgut Tschai Djins.
  61. Lu und Tji waren zwei Feudalstaaten während der Frühlings- und Herbstperiode" (722-481 v. u. Z.). Tji war ein großer Staat, im Zentralteil der heutigen Provinz Schantung gelegen, Lu ein kleiner, im Südteil dieser Provinz. Herzog Dschuang regierte Lu von 643 bis 662 v. u. Z.
  62. Dsuotjiu Ming ist der Verfasser von Dsuo Dscbuan einer klassischen Chronik der Periode der Dschou-Dynastie. Die zitierte Stelle ist dem Abschnitt "Das zehnte Regierungsjahr des Herzogs Dschuang" (684 v. u. Z.) entnommen.
  63. Die alte Stadt Tschenggao im Nordwesten des gegenwärtigen Kreises Tschenggao (Provinz Honan) war im Altertum ein Punkt von großer militärischer Bedeutung. Hier fanden im Jahre 203 v. u. Z. Kämpfe zwischen Liu Bang, dem König von Han, und Hsiang Yü, dem König von Tschu, statt. Zuerst hatte Hsiang Yü die Städte Hsingyang und Tschenggao erobert, und Liu Bangs Truppen wurden fast völlig in die wilde Flucht geschlagen. Dann aber nutzte Liu Bang den günstigen Zeitpunkt aus, da die Tschu-Truppen, die den Si-Fluß überschritten, mitten im Fluß standen, führte gegen sie einen vernichtenden Schlag und eroberte Tschenggao zurück.
  64. Bei der alten Stadt Kunyang, im heutigen Kreise Yähsiän, Provinz Honan, schlug der Begründer der östlichen Han-Dynastie Liu Hsiu im Jahre 23 u. Z. die Truppen Wang Mangs. Die zahlenmäßige Stärke der beiden Seiten in dieser Schlacht war sehr ungleich: Die Streitkräfte Liu Hsius zählten nur 8 000-9 00o Mann, während Wang Mang über mehr als 400 00o Mann verfügte. Liu Hsiu machte sich aber die Sorglosigkeit der Wang Mangs Truppen befehligenden Heerführer, Wang Hsün und Wang Yi, die ihren Gegner unterschätzten, zunutze und zerschlug mit seinen Elitetruppen von nur 30000 Mann den Kern der Streitmacht Wang Mangs; sodann ging er unter Ausnutzung seines Erfolgs zum Angriff über und schlug den Rest des feindlichen Heeres in die Flucht.
  65. Kuandu, im Nordosten des gegenwärtigen Kreises Dschungmou (Provinz Honan) gelegen, war im Jahre 200 v. u. Z. Schauplatz einet Schlacht zwischen den Armeen von Tsao Tsao und Yüan Schao. Letzterer hatte ein Heer von 100 00o Mann, während ersterer nur über eine zahlenmäßig geringe Streitmacht verfügte, deren Proviantvorräte erschöpft waten. Tsao Tsao nutzte aber die mangelnde Wachsamkeit der Truppen Yüan Schaos aus, die ihren Gegner unterschätzten, unternahm mit seinen leicht beweglichen Truppen einen Überraschungsangriff und setzte den Troß der Truppen Yüan Schaos in Brand. Als diese in Panik gerieten, schlugen die Truppen Tsao Tsaos zu und vernichteten die Hauptkräfte Yüan Schaos.
  66. Der Staat Wu wurde von Sun Tjüan regiert, der Staat We von Tsao Tsao. Tschibi befindet sich am Südufer des Yangtse im Nordosten des heutigen Kreises Djiayü, Provinz Hupeh. Im Jahre 208 u. Z. führte Tsao Tsao ein etwas mehr als 500 000 Mann zählendes Heer, dessen Stärke er jedoch für 800 000 Mann ausgab, zum Angriff gegen Sun Tjüan. Letzterer, der sich mit Tsao Tsaos Gegenspieler Liu Be verbündete, bot 30000 Mann auf. Er zerschlug die Armee Tsao Tsaos, indem er eine unter dessen Truppen ausgebrochene Epidemie sowie ihre Unfähigkeit, zu Wasser zu kämpfen, ausnutzte und die Kriegsschiffe Tsao Tsaos in Brand steckte.
  67. Yiling, im Osten des gegenwärtigen Kreises Yitschang, Provinz Hupeh, war der Schauplatz der vernichtenden Niederlage, die im Jahre 222 u. Z. Lu Hsün, ein Heerführer des Staates Wu, dem Herrscher von Schu, Liu Be, bereitete. Liu Bes Truppen hatten zu Beginn des Krieges einen Sieg nach dem anderen errungen und waren 500 bis 600 Li tief in das Gebiet von Wu eingedrungen, bis zur Stadt Yiling. Lu Hsün, der Yiling verteidigte, wich sieben bis acht Monate lang einer Schlacht aus, bis "Liu Be mit seiner Weisheit zu Ende war und seine Truppen äußerst erschöpft und völlig demoralisiert waren". Dann benutzte Lu Hsün einen günstigen Wind, steckte das Lager Liu Bes in Brand und zerschlug dessen Truppen.
  68. Im Jahre 383 u. Z. brachte Hsiä Hsüan, ein General der Östlichen Djin-Dynastie, dem Beherrscher des Staates Tjin, Fu Djiän, am Fe-Flusse in der heutigen Provinz Anhui eine schwere Niederlage bei. Fu Djiän standen mehr als 600 000 Mann Fußvolk, 270 000 Berittene und eine Leibgarde von über 30 000 Reitern zur Verfügung, während die Land- und Flußstreitkräfte Hsiä Hsüans zusammen nur 80 000 Mann zählten. Als die Armeen an beiden Ufern des Fe-Flusses Stellung bezogen hatten, machte sich Hsiä Hsüan die Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit der feindlichen Truppen zunutze und bat Fu Djiän, seine Einheiten etwas zurückzunehmen, so daß die Truppen der Östlichen Djin den Fluß überqueren und die entscheidende Schlacht auf dem jenseitigen Ufer liefern könnten. Fu Djiän stimmte zu, doch als seine Truppen den Rückzug begonnen hatten, waren sie nicht mehr aufzuhalten. Die Truppen der Östlichen Djin nahmen die Gelegenheit wahr, setzten über den Fluß, starteten eine Offensive und zerschlugen die Armee Fu Djiäns.
  69. Nantschang, die Hauptstadt der Provinz Kiangsi, war der Schauplatz des berühmten Aufstands vom 1. August 1927, der von der Kommunistischen Partei Chinas geleitet wurde und zum Ziel hatte, die von Tschiang Kai-schek und Wang Djing-we entfesselte Konterrevolution zu bekämpfen und die Sache der Revolution von 1923-1927 fortzusetzen. Mehr als 30000 bewaffnete Kämpfer nahmen an diesem Aufstand teil, der von Tschou En-lai, Tschu Teh, Ho Lung, Yä Ting und anderen Genossen geleitet wurde. Die aufständischen Truppen zogen sich am 5. August gemäß dem vorher festgelegten Plan aus Nantschang zurück, erlitten aber eine Schlappe, als sie Tschaodschou und Swatou in der Provinz Kuangtung erreichten. Ein Teil dieser Truppen schlug sich später unter dem Kommando der Genossen Tschu Teh, Tschen Yi und Lin Biao nach dem Djinggang-Gebirge durch, wo er sich mit der von Genossen Mao Tse-tung geführten t. Division des 1. Korps der Revolutionären Arbeiter- und Bauernarmee vereinigte.
  70. Der berühmte Herbsternte-Aufstand wurde unter Führung des Genossen Mao Tse-tung im September 1927 von den bewaffneten Volkskräften der Kreise Hsiuschui, Pinghsiang, Pingdjiang und Liuyang im Hunan-Kiangsi-Grenzgebiet unternommen, die dann die 1. Division des 1. Korps der Revolutionären Arbeiter- und Bauernarmee bildeten. Genosse Mao Tse-tung führte sie in das Djinggang-Gebirge an der Grenze zwischen den Provinzen Hunan und Kiangsi, wo ein revolutionäres Stützpunktgebiet errichtet wurde.
  71. Der A-B-Bund (nach den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnung "Anti-Bolshevik" so genannt) war eine konterrevolutionäre Organisation von Geheimagenten der Kuomintang, die damals illegal in den roten Gebieten tätig war.
  72. Vgl. Lenin, "Zur Geschichte der Frage eines unglückseligen Friedens, Thesen über den sofortigen Abschluß eines annexionistischen Separatfriedens" (Werke Bd. 26); "Seltsames und Ungeheuerliches" (Werke. Bd. 27). Eine ernste Lehre und eine ernste Verantwortung" (Werke, Bd. 27) "Referat über Krieg und Frieden" auf dem VII. Parteitag der KPR(B) (Werke, Bd. 27) sowie Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang, Kapitel VII, Abschnitt 7.
  73. Es handelt sich um die Tibeter, die in Sikang leben, sowie um die Angehörigen der Hui-Nationalität, die in den Provinzen Kansu, Tschinghai und Sinkiang beheimatet sind.
  74. Der "achtgliedrige Aufsatz" ("Bagu") war eine besondere Aufsatzform, die im feudalen China vom 15. bis zum 19. Jahrhundert für die kaiserlichen Examen vorgeschrieben wurde. Ein jeder solcher Aufsatz mußte aus folgenden Abschnitten bestehen: "Einleitung des Themas", "Exposition des Themas", "Hauptthesen des Aufsatzes", "Übergang zur Darlegung", "Anfang der Darlegung", , Mittelteil der Darlegung", "Weiterführung der Darlegung" und "Abschluß der Darlegung". Die "Einleitung des Themas" enthielt zwei Sätze, die den Hauptinhalt des Themas andeuteten. Die "Exposition des Themas" wurde in drei bis vier Sätzen ausgeführt, die die "Einleitung des Themas" fortführten und dessen Sinn erläuterten. In dem Abschnitt Hauptthesen des Aufsatzes" wurde in allgemeinen Zügen der Inhalt der Arbeit bekanntgegeben, was praktisch den Beginn der Darlegung bedeutete. Der Abschnitt "Übergang zur Darlegung" diente als Einführung in die Darlegung. Erst die vier letzten Abschnitte bildeten die eigentliche Darlegung, wobei der "Mittelteil der Darlegung" die Grundlage des ganzen Aufsatzes darstellte, und bestanden aus je einer These und einer Antithese, was insgesamt acht Glieder ergab. Deshalb wurde der ganze Aufsatz als "achtgliedrig" oder "achtthesig" bezeichnet. Genosse Mao Tse-tung nimmt hier auf die abschnittsweise folgerichtige Entwicklung des Themas in dieser Aufsatzform Bezug, um die Entwicklung der Revolution in ihren aufeinanderfolgenden Etappen anschaulich zu machen. Gewöhnlich verwendet jedoch Genosse Mao Tse-tung den Ausdruck "Bagu" als eine Metapher, um den Dogmatismus zu ironisieren.
  75. Bericht des Genossen Mao Tse-tung an das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas.
  76. Dieser Krieg fand im Oktober 1927 statt.
  77. Dieser Krieg fand im November/Dezember 1927 statt.
  78. Das System der Deputiertenräte der Soldaten und der Soldatenkomitees in der Roten Armee wurde später abgeschafft. Im Jahre 1947 wurde in der Volksbefreiungsarmee das System der Konferenzen der Militärangehörigen und der Soldatenkomitees neu eingeführt; sowohl die Konferenzen wie die Komitees wurden von Funktionären geleitet.
  79. Hier sind die Truppen gemeint, die früher unter dem Befehl der Genossen Yä Ting und Ho Lung standen und sich am 1. August 1927 in Nantschang zum Aufstand erhoben hatten (über die Truppen Yä Tings siehe Anmerkung 14). Nach der Niederlage dieser Truppen bei ihrem Vormarsch auf Tschaodschou und Swatou zog sich ein Teil unter dem Befehl der Genossen Tschu Teh, Lin Biao und Tschen Yi aus Kuangtung über Kiangsi nach dem Südteil von Hunan zurück, um dort den Partisanenkrieg aufzunehmen. Im April 1928 trafen diese Einheiten im Djinggang-Gebirge ein und vereinigten sich mit den Einheiten des Genossen Mao Tse-tung.
  80. Der Kaderbestand des Wachregiments der Nationalregierung in Wutschang setzte sich in den Tagen der Revolution im Jahre 1927 in seiner Mehrheit aus Kommunisten zusammen. Nachdem Wang Djing-we und seinesgleichen die Revolution verraten hatten, verließ dieses Wachregiment Ende Juli 1927 Wutschang in der Absicht, sich mit den aufständischen Einheiten in Nantschang zu vereinigen. Als das Regiment auf halbem Weg erfuhr, daß die aufständischen Einheiten aus Nantschang nach dem Süden gezogen waren, wandte sich dieses Regiment nach dem Kreis Hsiuschui, wo es sich mit den Bauernabteilungen aus den Kreisen Pingdjiang und Liuyang vereinigte.
  81. Im Frühjahr 1927 hatten sich im Gebiet der Kreise Pingdjiang und Liuyang in der Provinz Hunan ziemlich starke bewaffnete Bauernabteilungen gebildet. Am 21. Mai 1927 entfesselte Hsü Kö-hsiang den konterrevolutionären Handstreich in Tschangscha (Ereignisse des 21. Mai) und richtete ein Blutbad unter den revolutionären Massen an. Am 31. Mai traten die Bauernabteilungen aus dem Gebiet der Kreise Pingdjiang und Liuyang den Vormarsch gegen Tschangscha an, um den Konterrevolutionären eine Abfuhr zu erteilen, aber ihr Vormarsch wurde von dem Opportunisten Tschen Du-hsiu aufgehalten, und sie kehrten um. Aus einem Teil der Bauernabteilungen wurde kurz darauf ein selbständiges Regiment gebildet, das den Partisanenkrieg aufnahm. Nach dem Nantschang-Aufstand am 1. August vereinigten sich die Bauernabteilungen aus Pingdjiang und Liuyang im Gebiet der Kreise Hsiuschui, Tunggu, Pingdjiang und Liuyang mit dem ehemaligen Wachregiment der Nationalregierung in Wutschang und führten gemeinsam mit den bewaffneten Bergarbeitern der Pinghsianger Kohlengruben den Herbsternte-Aufstand durch. Im Oktober trafen diese Abteilungen der Aufständischen unter dem Befehl des Genossen Mao Tse-tung im Djinggang-Gebirge ein.
  82. Anfang 1928, als Genosse Tschu Teh die revolutionären Partisanenaktionen in Südhunan leitete, wurden in den Kreisen Yidschang, Tschendschou, Leyang, Yunghsing und Dsihsing, wo die Bauernbewegung bereits eine Grundlage hatte, Bauernabteilungen aufgestellt. Später trafen diese Bauernabteilungen unter dem Befehl des Genossen Tschu Teh im Djinggang-Gebirge ein und vereinigten sich mit den Einheiten des Genossen Mao Tse-tung.
  83. Schuikouschan - im Kreis Tschangning in der Provinz Hunan, wichtig wegen der Bleierzvorkommen. Die Bergarbeiter von Schuikouschan hatten bereits im Jahre 1922 unter Führung der Kommunistischen Partei eine Gewerkschaft gegründet und führten einige Jahre lang den Kampf gegen die Konterrevolution. Nach dem Herbsternte-Aufstand von 1927 traten viele Bergarbeiter in die Rote Armee ein.
  84. Die Kohlengruben von Anyüan im Kreis Pinghsiang, Provinz Kiangsi, gehörten zum Hüttenkombinat von Hanyäping. In dieser Periode arbeiteten in Anyüan 12000 Bergarbeiter. Seit 1921 schickte das Hunaner Provinzkomitee der Kommunistischen Partei Chinas zur Arbeit unter den Bergarbeitern Genossen nach Anyüan, die dort eine Partei- und eine Gewerkschaftsorganisation gründeten.
  85. Seit 1929 wurden die Parteivertreter in der Roten Armee als Politkommissare bezeichnet, während im Jahre 1931 die Politkommissare der Kompanien in Politleiter umbenannt wurden.
  86. Die Methode, für den Unterhalt der Truppen durch Geldstrafen "Geld aus den Tuhao herauszupressen", konnte das Problem nur vorübergehend und teilweise lösen. Als die Armee größer wurde und das Territorium sich erweiterte, wurde es notwendig und auch möglich, zur Methode der Steuereinziehung überzugehen, um Mittel für den Unterhalt der Armee zu erhalten.
  87. Eine solche Regelung bestand in der Roten Armee sehr lange und war damals notwendig; später wurden geringe Unterschiede entsprechend der Dienststellung eingeführt.
  88. Genosse Mao Tse-tung betont hier besonders die Notwendigkeit des demokratischen Lebens in einem bestimmten Umfang innerhalb der revolutionären Truppen, da es in der Anfangsperiode der Schaffung der Roten Armee ohne eine beharrliche Durchsetzung der demokratischen Prinzipien unmöglich gewesen wäre, die revolutionäre Aktivität der neu in die Armee eingetretenen Bauern und gefangengenommenen Soldaten der weißen Armee zu heben; es wäre unmöglich gewesen, die von den reaktionären Truppen in die Reihen unseres Kaderbestands hineingetragenen Manieren des Militärmachthabertums auszurotten. Natürlich ist das demokratische Leben in den Truppen nur im Rahmen der militärischen Disziplin annehmbar und soll darauf gerichtet sein, die Disziplin zu festigen, nicht aber sie zu schwächen; deshalb muß man bei der Förderung der notwendigen Demokratie in den Truppen zugleich den Kampf gegen die Disziplinlosigkeit führen, die aus der Tendenz zur extremen Demokratisierung stammt. Diese Erscheinungen stellten in der Anfangsperiode zeitweilig ein ernstes Problem für die Rote Armee dar. Siehe die Arbeit des Genossen Mao Tse-tung "Über die Berichtigung falscher Ansichten in der Partei" (vorliegender Band, S. 119 ff.), in der sein Kampf gegen die extreme Demokratisierung in der Armee zum Ausdruck kommt.
  89. Die Einheiten des Genossen Yä Ting, die in der Periode des Nordfeldzugs im Jahre 1926 ein selbständiges Regiment bildeten, dessen Kern aus Kommunisten bestand, machten sich in den Schlachten des Nordfeldzugs einen Namen. Nach der Einnahme Wutschangs durch die Revolutionäre Armee wurde das Regiment zur 24. Division und nach dem Nantschang-Aufstand zum 11. Korps erweitert.
  90. Faktisch hat es sich als angemessen erwiesen, wenn in der Roten Armee etwa ein Drittel des gesamten Armeebestands aus Parteimitgliedern besteht; später ist es in der Roten Armee und in der Volksbefreiungsarmee im großen und ganzen bei diesem Verhältnis geblieben.
  91. Am 21. Mai 1927 unternahmen die konterrevolutionären Hunaner Kuomintang Kommandeure Hsü Kö-hsiang, Ho Djiän und andere auf Betreiben Tschiang Kai-scheks und Wang Djing-wes in der Stadt Tschangscha einen Überfall auf den Hunaner Provinzrat der Gewerkschaften, das Provinzkomitee der Bauernvereinigungen und auf alle anderen revolutionären Organisationen, wobei sie unter den Kommunisten und den revolutionären Massen der Arbeiter und Bauern Verhaftungen vornahmen und ein Blutbad anrichteten. Diese Ereignisse, die als Ereignisse des 21. Mai bekannt sind, waren das Signal zum offenen Paktieren der von Wang Djing-we geführten Kuomintang-Konterrevolutionäre in Wuhan mit den Konterrevolutionären in Nanking, an deren Spitze Tschiang Kai-schek stand.
  92. Gemeint ist eine der Bestimmungen des Bodengesetzes, das im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi im Jahre 1928 ausgearbeitet wurde. Genosse Mao Tse-tung wies später darauf hin, daß die Beschlagnahme des gesamten Bodens und nicht nur des Bodens der Grundherren ein Fehler war, der sich aus dem damaligen Mangel an Erfahrungen im Kampf um Boden erklärte. Im April 1924 wurde in dem Bodengesetz des Kreises Hsingguo die Formulierung "Beschlagnahme des gesamten Grund und Bodens" durch die Formulierung ersetzt: "Beschlagnahme des öffentlichen Grund und Bodens sowie des Grund und Bodens der Grundherren".
  93. In Anbetracht der Wichtigkeit, die Zwischenklassen des Dorfes zu gewinnen, korrigierte Genosse Mao Tse-tung bald die falsche Politik, wonach den Zwischenklassen allzu schwere Schläge versetzt worden waren. Die Einstellung des Genossen Mao Tse-tung zur Politik gegenüber den Zwischenklassen ist - abgesehen vom vorliegenden Artikel - ersichtlich aus seinem Antrag an den im November 1928 durchgeführten 4. Parteitag des 4. Korps der Roten Armee (in dem es solche Punkte gab wie "Verbot sinnloser Brandstiftungen und Tötungen", "Schutz der Interessen der mittleren und kleinen Händler" usw.), aus der Bekanntmachung des 4. Korps der Roten Armee im Januar 1929 (in der es unter anderem hieß: "Die städtischen Kaufleute, die nach und nach einiges Vermögen angehäuft haben, dürfen ihren Geschäften nachgehen, solange sie uns gehorchen"), sowie aus dem Bodengesetz des Kreises Hsingguo vom April 1929 (siehe Anmerkung 17), usw.
  94. Mit der Entwicklung des revolutionären Krieges und mit der Erweiterung der Stützpunktgebiete sowie durch die Politik der revolutionären Regierung zum Schutz von Industrie und Handel war es möglich, die geschilderte Lage zu ändern, und sie wurde dann auch geändert. Das Entscheidende war hier der entschlossene Schutz der nationalen Industrie und des nationalen Handels, der Kampf gegen linksradikale Richtlinien.
  95. Die Methode der Bodenverteilung nach dem Prinzip der Arbeitsfähigkeit war unangebracht. Faktisch bestand auf dem Territorium der roten Gebiete lange Zeit das Prinzip der ausgleichenden Pro-Kopf-Verteilung des Bodens.
  96. Befriedungskorps - örtliche konterrevolutionäre bewaffnete Kräfte.
  97. Die vorliegende Schrift ist ein Resolutionsentwurf, den Genosse Mao Tse-tung für den 9. Parteitag des 4. Korps der Roten Armee ausgearbeitet hat. Die Armee des chinesischen Volkes hat bei ihrem Aufbau einen schwierigen Weg zurückgelegt. Die chinesische Rote Armee (in der Periode des Widerstandskrieges gegen die japanische Aggression Achte Route-Armee und Neue Vierte Armee, heute Volksbefreiungsarmee genannt) wurde am 1. August 1927 während des Nantschang-Aufstandes gegründet. Im Dezember 1929 waren seither mehr als zwei Jahre vergangen. Während dieser zeit hatten die Parteiorganisationen der Roten Armee im Kampf gegen verschiedene falsche Ansichten vieles gelernt und ziemlich reiche Erfahrungen gesammelt. In der von Genossen Mao Tse-tung ausgearbeiteten Resolution sind diese Erfahrungen zusammengefaßt. Diese Resolution trug dazu bei, die Rote Armee völlig auf eine marxistisch-leninistische Grundlage zu stellen und den Einfluß aller Armeen alten Typs zu beseitigen. Die Resolution wurde nicht nur in dem 4. Korps, sondern nach und nach auch in den anderen Einheiten der Roten Armee in die Tat umgesetzt; dadurch verwandelte sich die gesamte chinesische Rote Armee in jeder Hinsicht in eine wahre Volksarmee. In mehr als 20 Jahren erfuhr sowohl die Parteiarbeit als auch die politische Arbeit in den Einheiten der bewaffneten Kräfte des chinesischen Volkes eine breite Entfaltung, wobei viel Neues geschaffen wurde, so daß diese Arbeit heute ein völlig neues Gepräge hat, aber die Grundlinie bleibt dieselbe, wie sie in dieser Resolution festgelegt wurde.
  98. Nach der Niederlage der Revolution im Jahre 1927 traten in der Kommunistischen Partei Chinas für kurze Zeit "links"putschistische Tendenzen in Erscheinung. Die Anhänger des Putschismus waren der Meinung, daß die chinesische Revolution ihrem Charakter nach eine "permanente Revolution" und die revolutionäre Situation in China ein "ununterbrochener Aufschwung" sei. Deshalb lehnten sie es ab, einen geordneten Rückzug zu organisieren, und fälschlicherweise versuchten sie, mit der Methode des Kommandierens - nur auf wenige Mitglieder der Partei und auf einen unbedeutenden Teil der Massen gestützt - im ganzen Land eine Reihe lokaler Aufstände zu organisieren, die nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hatten. Ende 1927 waren solche putschistischen Aktionen weit verbreitet, aber Anfang 1928 hörten sie allmählich auf. Bei einzelnen Parteimitgliedern blieben jedoch derartige Stimmungen erhalten. Putschismus ist Abenteurertum.
  99. Huang Tschao, aus Yüandjü, Bezirk Tsaodschou (heute Kreis Hodsö, Provinz Schantung), gebürtig, war Führer eines Bauernaufstands gegen Ende der Tang-Dynastie (618-907). Im Jahre 87f sammelte Huang Tschao das Volk um sich und schloß sich dem Aufstand unter Führung Wang Hsiän-dschis an. Nachdem Wang Hsiän-dschi getötet worden war, vereinigte Huang Tschao die Reste von dessen Truppen mit seinen eigenen Streitkräften und ließ sich zum "großen Feldherrn, der den Himmel stürmt", ausrufen. Zweimal zog er mit seinen aufständischen Truppen weit über die Grenzen der Provinz Schantung hinaus. Im ersten Feldzug wandte sich Huang Tschao aus seiner Heimatprovinz erst nach Honan, dann nach Anhui und Hupeh, von wo er nach Schantung zurückkehrte. Der zweite Feldzug brachte ihn von Schantung über Honan nach Kiangsi, von wo er durch Osttschekiang in die Provinzen Fukien und Kuangtung einrückte; von da aus ging er über Kuangsi und Hunan nach der Provinz Hupeh weiter, von wo er sich dann ostwärts, nach den Provinzen Anhui, Tschekiang usw. wandte. Danach überquerte er den Huai-Fluß, rückte in Honan ein, besetzte die Stadt Loyang, erstürmte den Paß von Tungguan und nahm schließlich die Stadt Tschang-an (das heutige Sian, Provinz Schensi) ein. Nach der Eroberung der Stadt Tschang-an gründete er den Staat Tji und ließ sich zum Kaiser ausrufen. Später mußte Huang Tschao infolge innerer Zwistigkeiten (sein Feldherr Dschu Wen ergab sich dem Tang-Kaiser) und infolge der Angriffe der Truppen Li Kö-yungs, des Führers des Schatuo-Stammes, Tschang-an aufgeben; über Honan kehrte er nach Schantung zurück. Nach seiner Niederlage machte Huang Tschao seinem Leben durch Selbstmord ein Ende. Der Krieg, der Huang Tschao zehn Jahre lang führte, ist einer der bekanntesten Bauernkriege in der Geschichte Chinas. In den offiziellen Chroniken der alten herrschenden Klassen heißt es von Huang Tschao, daß damals "alle Menschen, die unter den drückenden Abgaben litten, ihm zuströmten". Huang Tschao beschränkte sich jedoch auf eine bewegliche Kriegführung und schuf keine mehr oder minder festen Stützpunktgebiete. Seine Aufständischen wurden daher als "umherschweifende Rebellen" bezeichnet.
  100. Li Tschuang, auch Li Dsi-tscheng genannt, der aus dem Kreis Midschi, Provinz Schensi, stammte, war Führer eines Bauernaufstands gegen Ende der Ming-Dynastie (1363-l644). Im Jahre l628 ging eine Welle von Bauernaufständen durch Nordschensi, Li Dsi-tscheng schloß sich den Aufständischen unter Gao Ying-hsiang an, zog von Schensi über Honan nach Anhui und kehrte von dort nach Schensi zurück. Gac Ying-hsiang starb 1636, und Li Dsi-tscheng wurde dann unter dem Namen Tschuang zum König ausgerufen. Eine wichtige Losung, mit der sich Li Dsi-tscheng an das Volk wandte, war: "Wer für König Tschuang ist, leistet keine Abgaben." Li Dsi-tscheng hielt in seiner Armee eine strenge Disziplin aufrecht. Sein Motto war: "Wer einen Mann tötet, wird wie der Mörder meines eigenen Vaters behandelt. Wird eine Frau vergewaltigt, so ist, das, als hätte man meine Mutter vergewaltigt." Li Dsi-tscheng hatte daher sehr viele Anhänger, und seine Bewegung bildete die Hauptströmung der Bauernaufstände der damaligen Zeit. Aber auch er schuf keine mehr oder minder festen Stützpunktgebiete und zog unstet von Ort zu Ort. Nachdem er zurr König ausgerufen worden war, führte er seine Truppen in die Provinz Szetschuan, wandte sich von dort nach Südschensi, durchquerte sodann Hupeh und rückte abernah in Honan ein. Bald darauf besetzte er die Stadt Hsiangyang in der Provinz Hupel und kehrte über Honan erneut nach Schensi zurück, wo er Sian einnahm. Im Jahre l644 durchzog er die Provinz Schansi und eroberte Peking, wurde aber bald darauf von den vereinten Kräften Wu San-guis, eines Feldherrn der Ming-Dynastie, und dei Tjing-Truppen geschlagen.
  101. Die vorliegende Arbeit ist ein Brief, den Genosse Mao Tse-tung als Kritik schrieb an den pessimistischen Ansichten, die es damals in der Partei gab.
  102. Genosse Fang Dschi-min - geboren im Kreis Yiyang, Provinz Kiangsi - war Mitglied des 6. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und Begründer des roten Gebiets im Nordostteil der Provinz Kiangsi und des 10. Korps der Roten Armee. Im Jahre 1934 führte er die Antijapanischen Vorausabteilungen der Roten Armee nach Nordchina. Im Januar 1935 wurde er in einem Gefecht mit konterrevolutionären Kuomintang-Truppen gefangengenommen. Im Juli desselben Jahrs erlitt er in Nantschang den Heldentod.
  103. Mit den "subjektiven Kräften der Revolution" meint hier Genosse Mao Tse-tung die organisierten Kräfte der Revolution.
  104. Lu Di-ping, Militärmachthaber der Kuomintang, war 1928 Gouverneur der Provinzregierung der Kuomintang in Hunan.
  105. Gemeint ist der Krieg von März bis April 1929 zwischen Tschiang Kai-schek, dem Militärmachthaber der Kuomintang in Nanking, und Li Dsung-jen und Bai Tschung-hsi, den Militärmachthabern der Kuomintang in der Provinz Kuangsi.
  106. Gemeint ist die dritte Offensive der Hunan- und Kiangsi-Militärmachthaber der Kuomintang gegen das Djinggang-Gebirge, das Stützpunktgebiet der Roten Armee, Ende 1928 und Anfang 1929.
  107. Es handelt sich um den Brief des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas vom 9. Februar 19z9 an das Frontkomitee der Partei. Der Brief des Frontkomitees an das Zentralkomitee vom 5. April 1929, von dem Auszüge in der vorliegenden Arbeit zitiert wurden, gibt in allgemeinen Zügen den Inhalt des erwähnten Briefs des Zentralkomitees wieder, vor allem den mit der Einschätzung der damaligen Lage und der Frage der Taktik bei den Operationen der Roten Armee im Zusammenhang stehenden Teil. Da die im Februarbrief dargelegte Meinung des Zentralkomitees unzutreffend war, wurden im Brief des Frontkomitees an das Zentralkomitee andere Ansichten vorgetragen.
  108. Gemeint sind die Massakermethoden, die von der konterrevolutionären Macht zur Unterdrückung der revolutionären Kräfte des Volkes angewandt wurden.
  109. Gemeint ist der 6. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Juli 1928. Der Parteitag wies darauf hin, daß die chinesische Revolution nach der Niederlage der Revolution im Jahre 1927 ihrem Charakter nach auch weiterhin eine antiimperialistische und antifeudale bürgerlich-demokratische Revolution bleibe und daß ein neuer Aufschwung der Revolution unvermeidlich sei; da aber dieser neue Aufschwung noch nicht begonnen habe, bestehe zu dieser Zeit die Generallinie der Revolution darin, die Massen zu gewinnen. Der 6. Parteitag machte Schluß mit dem rechtsopportunistischen Kapitulantentum Tschen Du-hsius vom Jahre 1927 und verwarf auch den "linken" Putschismus, der in der Partei Ende 1927 und Anfang 19z8, nach der Niederlage der Revolution im Jahr 1927, in Erscheinung trat.
  110. Um neue revolutionäre Stützpunktgebiete zu schaffen, unternahm die Rote Armee im Jahr 1929 vom Djinggang-Gebirge aus einen Feldzug ostwärts nach der Provinz Fukien, wo sie in den Kreisen Lungyän, Yungding und Schanghang in Westfukien die revolutionäre Macht des Volkes errichtete.
  111. Gemeint sind die von der Roten Armee der Arbeiter und Bauern geschaffenen relativ stabilen revolutionären Stützpunktgebiete.
  112. Djiang Bo-tscheng - damaliger Befehlshaber der Sicherheitstruppen der Kuomintang in der Provinz Tschekiang.
  113. Gemeint ist die Brigade der Kuomintang-Truppen unter Guo Feng-ming, die in der Provinz Fukien stand.
  114. Tschen Guo-hui und Lu Hsing-bang - berüchtigte Banditen in der Provinz Fukien, deren Truppen in Einheiten der Kuomintang eingegliedert waren.
  115. Dschang Dschen - Kommandeur einer Division der Kuomintang-Truppen.
  116. Dschu Pe-dö, Kuomintang-Militärmachthaber, war damals Gouverneur der Provinzregierung der Kuomintang in Kiangsi.
  117. Hsiung Schi-hui war zu jener Zeit Kommandeur einer Division der KuomintangTruppen in der Provinz Kiangsi.
  118. Eine Rede, die Genosse Mao Tse-tung im August 1933 auf einer Beratung der Vertreter von 17 Kreisen des Südteils der Provinz Kiangsi über den wirtschaftlichen Aufbau gehalten hat.
  119. In der Periode von 193o bis 1934 wurden von den Truppen Tschiang Kai-schek fünf große militärische Offensiven, die sogenannten "Einkreisungs- und Ausrottung Feldzüge", gegen das rote Gebiet unternommen, dessen Zentrum die Stadt Juidj in der Provinz Kiangsi war. Der fünfte "Feldzug" setzte im Oktober 1933 ein, ab mit den aktiven Vorbereitungen dazu hatte Tschiang Kai-schek bereits im Sommer 1933 begonnen.
  120. Nach dem alten Gewichtssystem beträgt ein Djin 0,5968 kg.
  121. In der Periode von 193o bis 1934 wurden von den Truppen Tschiang Kai-schek fünf große militärische Offensiven, die sogenannten "Einkreisungs- und Ausrottung Feldzüge", gegen das rote Gebiet unternommen, dessen Zentrum die Stadt Juidj in der Provinz Kiangsi war. Der fünfte "Feldzug" setzte im Oktober 1933 ein, ab mit den aktiven Vorbereitungen dazu hatte Tschiang Kai-schek bereits im Sommer 1933 begonnen.
  122. Gemeint ist eine demokratische Kampagne, die das Ziel hatte, schädliche Handlungen von Mitarbeitern der demokratischen Regierung durch die breiten Volksmassen an den Tag zu bringen.
  123. Diese Arbeit wurde von Genossen Mao Tse-tung im Oktober 1933 geschrieben, um Abweichungen, die bei der Durchführung der Bodenreform vorgekommen waren, zu korrigieren und zur richtigen Lösung der Bodenfrage beizutragen; sie wurde seinerzeit von der Zentralen Demokratischen Arbeiter- und Bauernregierung als ein Dokument angenommen, in welchem die Kriterien für die Bestimmung der Klassenzugehörigkeit im Dorfe festgelegt sind.
  124. In den Dörfern Chinas gab es viel Grundbesitz der öffentlichen Hand. Das waren Ländereien, die politischen Körperschaften, wie beispielsweise den Verwaltungen der Distrikte oder der Gemeinden, gehörten; Ländereien der Sippen, wie beispielsweise solche, die zum Ahnentempel einer Sippe gehörten; Grundstücke der Religionsgemeinschaften, wie beispielsweise jene, die zu buddhistischen oder taoistischen Tempeln, katholischen Kirchen oder Moscheen gehörten; Böden, deren Erträge für die Bedürfnisse der sozialen Fürsorge oder der öffentlichen Wohlfahrt bestimmt waren, wie zum Beispiel solche, die der öffentlichen Vorratsbildung für Hilfeleistung im Falle einer Hungersnot dienten, oder solche, die dem Fonds für den Bau und die Instandsetzung von Straßen und Brücken gehörten; Grundstücke, deren Erträge für pädagogische Zwecke bestimmt waren, wie beispielsweise solche, die Schulen gehörten. Alle diese Ländereien lagen größtenteils in den Händen der Grundherren und Großbauern, und die Bauern hatten nur bei der Verwaltung eines kleinen Teils dieser Grundstücke ein Mitspracherecht.
  125. Referat des Genossen Mao Tse-tung auf dem 2. Landeskongreß der Arbeiter und Bauerndeputierten, der im Januar 1934 in der Stadt Juidjin, Provinz Kiangsi, stattfand.
  126. Im Laufe der ersten ein bis zwei Jahre nach der Schaffung roter Gebiete war nicht selten ein gewisses Absinken der landwirtschaftlichen Produktion zu beobachten, das sich hauptsächlich daraus erklärte, daß in der Zeit der Bodenaufteilung die Eigentumsrechte der Bauern am Grund und Boden noch nicht festgelegt worden waren und sich die neue ökonomische Ordnung noch nicht eingespielt hatte; das führte zeitweilig zu einem gewissen Absinken der Produktionsaktivität der Bauern.
  127. Gruppen der gegenseitigen Arbeitshilfe und Feldbestellungsgruppen waren Organisationen einer gegenseitigen Arbeitshilfe, die in den roten Gebieten von den Bauern auf der Grundlage der individuellen Wirtschaft für die Regelung des Einsatzes ihrer Arbeitskräfte zur Förderung der Produktion gebildet wurden. Der Beitritt zu diesen Gruppen war freiwillig und an die Bedingung des gegenseitigen Nutzens geknüpft: Jede Leistung wurde mit gleicher Gegenleistung vergolten, und alle Differenzen mußten vergütet werden. Die Gruppen dienten nicht nur der gegenseitigen Hilfe unter ihren Mitgliedern, sondern ließen auch den Familien der Rotarmisten eine Vorzugsbehandlung zuteil werden und halfen alleinstehenden alten Leuten mit Arbeitsleistungen aus (ohne dafür, außer Mahlzeiten während der betreffenden Arbeit, ein Entgelt zu fordern). Da sich diese Organisationen als sehr wirkungsvoll für die Hebung der Produktion erwiesen und die von ihnen angewandten Methoden vernünftig waren, erfreuten sie sich einer enthusiastischen Unterstützung seitens der Massen. Darüber hat Genosse Mao Tse-tung in seinen Arbeiten Untersuchung in der Gemeinde Tschanggang" und "Untersuchung in der Gemeinde Tsaihsi" berichtet.
  128. Aus dem Schlußwort, das Genosse Mao Tse-tung auf dem im Januar 1934 nach Juidjin in der Provinz Kiangsi einberufenen 2. Landeskongreß der Arbeiter- und Bauerndeputierten gehalten hat.
  129. Tschanggang - Gemeinde im Kreis Hsingguo, Provinz Kiangsi.
  130. Tsaihsi - Gemeinde im Kreis Schanghang, Provinz Fukien.
  131. Gunglüä - ein Kreis im damaligen roten Gebiet der Provinz Kiangsi, mit dem Marktflecken Dunggu, südöstlich der Kreisstadt Dji-an gelegen, als Zentrum. Im Oktober 1931 fiel hier der Kommandeur des 3. Korps der Roten Armee Genosse Huang Gung-lüä. Zur Erinnerung an ihn wurde dieser Kreis errichtet, der seinen Namen trug.
  132. Im Juli 1933 faßte Tschiang Kai-schek auf einer Militärberatung in Luschan, Provinz Kiangsi, den Beschluß, im fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" eine neue Kriegstaktik anzuwenden, nämlich rings um die roten Gebiete Blockhäuser zu errichten. Statistischen Angaben zufolge wurden bis Ende Januar 1934 in Kiangsi insgesamt 2900 Blockhäuser erbaut. Diese Taktik Tschiang Kai-scheks wurde auch von den japanischen Aggressoren im Kampf gegen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee angewandt. Auf Grund der von Genossen Mao Tse-tung ausgearbeiteten Strategie des Volkskriegs war es durchaus möglich, diese konterrevolutionäre Taktik zu durchkreuzen und sie zu besiegen, was auch durch den weiteren Verlauf der Ereignisse vollauf bestätigt wurde.
  133. Referat des Genossen Mao Tse-tung auf der Beratung der Parteiaktivisten in Wayaobao, Nordschensi, gehalten nach der Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Wayaobao im Dezember 1935. Auf dieser Tagung des Politbüros - einer vom Zentralkomitee einberufenen außerordentlich wichtigen Tagung - wurde an der in der Partei bestehenden falschen Ansicht Kritik geübt, die chinesische nationale Bourgeoisie könne nicht Verbündeter der Arbeiter und Bauern im gemeinsamen Kampf gegen den japanischen Imperialismus sein; gleichzeitig wurde die Tabak der nationalen Einheitsfront gebilligt. Auf Grund des Beschlusses des Zentralkomitees erklärte Genosse Mao Tse-tung in seinem Referat ins einzelne gehend, daß es möglich und wichtig ist, unter den Bedingungen des Widerstands gegen die japanische Aggression erneut eine Einheitsfront mit der nationalen Bourgeoisie herzustellen. Er unterstrich die entscheidende Bedeutung der führenden Rolle der Kommunistischen Partei und der Roten Armee in dieser Einheitsfront, wies auf den langwierigen Charakter der chinesischen Revolution hin, verurteilte die engstirnige Politik der verschlossenen Tür und die revolutionäre Fiebigkeit, die lange Zeit in der Partei bestanden hatten und die Hauptursache für die ernsten Rückschläge der Partei und der Roten Armee in der Periode des Zweiten Revolutionären Bürgerkrieges gewesen waren. Gleichzeitig machte Genosse Mao Tse-tung die Partei auf die historische Lehre aus der Niederlage der Revolution im Jahre 1927, die der rechte Opportunismus Tschen Du-hsius verursacht hatte, aufmerksam. Ferner wies er darauf hin, daß Tschiang Kai-schek unbedingt versuchen werde, die Kräfte der Revolution zu untergraben; auf diese Weise machte es Genosse Mao Tse-tung unserer Partei möglich, in der neuen Lage einen klaren Kopf zu behalten und die revolutionären Kräfte trotz Tschiang Kai-scheks endloser Betrugsmanöver und zahlreicher bewaffneter Überfälle vor möglichen Verlusten zu bewahren. Die erweiterte Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Januar 1935 in Dsunyi, Provinz Kueitschou, hatte eine neue Führung des Zentralkomitees mit Genossen Mao Tse-tung an der Spitze gebildet und die frühere "links" opportunistische Führung abgesetzt. Aber diese Tagung fand während des Langen Marsches der Roten Armee statt, und deshalb konnte sie nur zu den damals aktuellsten militärischen Fragen und zu organisatorischen Fragen des Sekretariats und des Revolutionären Militärausschusses des Zentralkomitees Beschlüsse fassen. Erst nachdem die Rote Armee nach dem Langen Marsch Nordschensi erreicht hatte, erhielt das Zentralkomitee die Möglichkeit, die verschiedenen Fragen der Taktik auf politischem Gebiet systematisch zu erläutern. Diese Fragen werden von Genossen Mao Tse-tung in diesem Referat am umfassendsten analysiert.
  134. Am 18. Januar 1915 legten die japanischen Imperialisten der chinesischen Regierung unter Yüan Schikai 21 Forderungen vor, und am 7. Mai verlangten sie in einem Ultimatum eine Antwort auf diese Forderungen innerhalb von 48 Stunden. Die Forderungen Japans gliederten sich in fünf Gruppen. Die ersten vier Gruppen enthielten folgende Forderungen: Die Rechte, die sich Deutschland in der Provinz Schantung angeeignet hatte, sind an Japan zu übertragen, darüber hinaus sind Japan neue Rechte in Schantung einzuräumen; in der Südmandschurei und in der Ostmongolei soll Japan das Recht auf Pacht oder Besitz von Ländereien, das Niederlassungsrecht, das Recht auf industrielle und kommerzielle Tätigkeit, das ausschließliche Recht auf den Bau von Eisenbahnlinien und die Erschließung von Bodenschätzen erhalten; das Hanyäping-Hüttenkombinat soll in den gemeinsamen Besitz Chinas und Japans übergehen; Häfen, Buchten und Inseln an der chinesischen Küste dürfen nicht an einen dritten Staat abgetreten werden. In der fünften Gruppe wird gefordert: Japan soll die politischen, Finanziellen, polizeilichen und militärischen Angelegenheiten Chinas kontrollieren und das Recht auf den Bau von wichtigen Eisenbahnstrecken erhalten, die die Provinzen Hupeh, Kiangsi und Kuangtung miteinander verbinden. Mit Ausnahme der fünften Gruppe, für die Yüan Schikai "sich eine spätere Vereinbarung ausbat" nahm er alle diese Forderungen an. Dank dem einmütigen Protest des chinesischen Volkes war es Japan jedoch nicht gelungen, seine Forderungen zu realisieren.
  135. Yüan Schikai war in den letzten Jahren der Tjing-Dynastie das Oberhaupt der Militärmachthaber des Nordens. Nachdem die Tjing-Dynastie durch die Revolution von 1911 gestürzt worden war, usurpierte Yüan Schikai den Präsidentenposten der Republik, gestützt auf die konter-revolutionären bewaffneten Kräfte und unterstützt vom Imperialismus unter Ausnutzung der Kompromißbereitschaft der Bourgeoisie, die damals die Führung in der Revolution innehatte. Er bildete die erste Regierung der Militärmachthaber des Nordens, die die Interessen der Klassen der Großgrundherren und der Großkompradoren vertrat. In seinem Bestreben, sich zum Kaiser zu machen, nahm er im Jahre 1915, um die Unterstützung der japanischen Imperialisten zu erhalten, die 21 Forderungen Japans an, die darauf abzielten, die Alleinherrschaft Japans über China aufzurichten. Im Dezember des gleichen Jahres brach in der Provinz Hünnan ein Aufstand aus, der sich gegen die Ausrufung Yüan Schikais zum Kaiser richtete. Dieser Aufstand fand sogleich Widerhall im ganzen Land. Yüan Schikai starb im Juni 1916 in Peking.
  136. Im November 1921 berief die USA-Regierung in Washington die Neunmächtekonferenz ein, auf der außer den USA China, England, Frankreich, Italien, Belgien, Holland, Portugal und Japan vertreten waren. Das war eine Konferenz, auf der die USA und Japan miteinander um die Vorherrschaft im Fernen Osten kämpften. Am 6. Februar 1922 wurde auf der Grundlage des von den USA vorgeschlagenen Prinzips der "gleichen Chance für alle Länder in China" und der "offenen Tür" ein Neunmächtevertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag diente dazu, eine Lage zu schaffen, den imperialistischen Mächten die gemeinsame Herrschaft über China zu ermöglichen, im Grunde aber die Bedingungen für eine Alleinherrschaft des amerikanischen Imperialismus über China vorzubereiten und damit den Plan Japans für dessen Alleinherrschaft über China zu durchkreuzen.
  137. Am 18. September 1931 hatte die in Nordostchina stationierte japanische "Guandung-Armee" überraschend die Stadt Schenyang besetzt. Die chinesischen Truppen in Schenyang und anderen Orten Nordostchinas (die Nordostarmee) fügten sich dem Befehl Tschiang Kai-scheks, "absolut keinen Widerstand zu leisten", und zogen sich bis südlich des Passes von Schanhaiguan zurück, so daß die japanischen Truppen rasch die Provinzen Liaoning, Kirin und Heilungkiang besetzen konnten. Das chinesische Volk nannte diesen aggressiven Akt der japanischen Eindringlinge gewöhnlich die Ereignisse des 18. September.
  138. Die vier nordöstlichen Provinzen waren Liaoning, Kirin, Heilungkiang und Jehol. (Diese Provinzen entsprechen heute den Provinzen Liaoning, Kirin, Heilung kiang, dem nordöstlichen Teil der Provinz Hopeh nördlich der Großen Mauer und , dem Ostteil des Autonomen Gebiets der Inneren Mongolei - der Übers.) Nach den Ereignissen des 18. September besetzten die japanischen Aggressionstruppen zunächst die Provinzen Liaoning, Kirin und Heilungkiang und dann im Jahre 1933 die Provinz Jehol.
  139. Am 25. November 1935 bildete Yin Ju-geng, ein der Kuomintang angehörender Landesverräter, auf Anstiftung der Japaner eine Marionettenregierung, der 22 Kreise in Osthopeh unterstanden und die sich "Autonome Regierung von Osthopeh zum Schutz gegen den Kommunismus" nannte. Das nannte man die Ereignisse von Osthopeh.
  140. Mit den diplomatischen Verhandlungen sind die Verhandlungen zwischen der, Tschiangkaischek-Regierung und der japanischen Regierung über die sogenannten "Drei Prinzipien Hirotas" gemeint. Die "Drei Prinzipien Hirotas" waren von dem damaligen japanischen Außenminister Hirota aufgestellt und als die "Drei Prinzipien für die Beziehungen zu China" bezeichnet worden. Sie bestanden in folgendem: 1. die Unterbindung aller antijapanischen Bewegungen durch China; 2. die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China, Japan und "Mandschuguo"; 3. die gemeinsame Verteidigung Chinas und Japans gegen den Kommunismus. Am 21. Januar 1936 erklärte Hirota vor dem japanischen Parlament: "Die chinesische Regierung hat die drei vom Kaiserreich vorgeschlagenen Prinzipien bereits angenommen."
  141. 1939 begann in der das ganze Land umfassenden patriotischen Bewegung des Volkes ein neuen Aufschwung. Unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas veranstalteten die Studenten Pekings am g. Dezember als erste eine patriotische Demonstration und stellten dabei Losungen auf wie "Stellt den Bürgerkrieg ein, kämpft gemeinsam gegen die fremde Aggression!", "Nieder mit dem japanischen Imperialismus!" Diese Bewegung durchbrach die langwierige Terrorherrschaft, die die Kuomintang-Regierung im Bunde mit den japanischen Eindringlingen ausgeübt hatte, und fand gleich beim ganzen Volk Widerhall. Sie wurde Bewegung des 9. Dezember genannt. Folglich sind in den Beziehungen zwischen den verschiedenen Klassen des Landes augenscheinlich neue Änderungen eingetreten, und die antijapanische nationale Einheitsfront, die die Kommunistische Partei vorgeschlagen hatte, wurde zu einer Politik, für die alle vaterlandsliebenden Menschen gemeinsam und offen eintraten. Die Tschiangkaischek-Regierung war wegen ihrer landesverräterischen Politik beträchtlich isoliert.
  142. Dieses Referat wurde von Genossen Mao Tse-tung in einer Zeit gehalten, als Tschiang Kai-schek - nachdem er Nordostchina verkauft hatte - gerade dabei war, Rotchina zu verschachern, und die aktiven Kriegshandlungen gegen die Rote Armee fortsetzte. Darum war es für die Kommunistische Partei Chinas notwendig, diesen Landesverräter Tschiang Kai-schek vollends zu demaskieren; ebenso würde die antijapanische nationale Einheitsfront, die zu dieser Zeit von der Kommunistischen Partei Chinas vorgeschlagen worden war, Tschiang Kai-schek noch nicht einbeziehen. Genosse Mao Tse-tung erwähnt jedoch bereits in diesem Referat die Differenzierung, die im Lager der chinesischen Grundherren- und Kompradorenklassen infolge der Widersprüche zwischen den verschiedenen imperialistischen Mächten eintreten könnte. Da das Vordringen des japanischen Imperialismus in Nordchina die Interessen des englischen und des amerikanischen Imperialismus ernstlich bedrohte, kam die Kommunistische Partei Chinas zu dem Schluß, daß die mit diesen Interessen eng verbundene Tschiangkaischek-Clique auf Befehl ihrer Herren ihre Einstellung zu Japan ändern könnte, und befolgte deshalb die Politik, Tschiang Kai-schek zum Widerstand gegen Japan zu zwingen. Im Mai 1936 kehrte die Rote Armee aus der Provinz Schansi nach Nordschensi zurück und wandte sich unmittelbar an die Kuomintang-Regierung in Nanking mit der Forderung, den Bürgerkrieg um des gemeinsamen Kampfes gegen Japan willen einzustellen. Im August desselben Jahres richtete das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas an das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang erneut ein Schreiben, worin es forderte, eine Einheitsfront beider Parteien zum gemeinsamen Widerstand gegen die japanische Aggression zu bilden und für Verhandlungen Vertreter zu benennen. Aber Tschiang Kai-schek lehnte auch dieses Mal den Vorschlag der Kommunistischen Partei ab. Erst im Dezember 193G, als Tschiang Kai-schek von Kuomintang-Offizieren, die für die Vereinigung mit der Kommunistischen Partei zum Widerstand gegen die japanische Aggression waren, in Sian festgenommen wurde, sah er sich gezwungen, die Forderung der Kommunistischen Partei Chinas nach Einstellung des Bürgerkriegs und nach Vorbereitung des Widerstands gegen die japanische Aggression anzunehmen.
  143. Tsai Ting-kai war zu jener Zeit Kommandeur eines Korps der 13. Route-Armee der Kuomintang und stellvertretender Befehlshaber dieser Armee. Zusammen mit Tschen Ming-schu und Djiang Guang-nai stand er an der Spitze der 19. Route-Armee. Die 19. Route-Armee, die Operationen gegen die Rote Armee in Kiangsi durchgeführt hatte, wurde nach den Ereignissen des 18. September nach Schanghai verlegt. Der Aufschwung in der antijapanischen Bewegung der Bevölkerung Shanghais wie auch des ganzen Landes übte einen starken Einfluß auf die 19. Route-Armee aus. In der Nacht des 28. Januar 1932, als japanische Marine-Infanteristen einen Überfall auf Schanghai verübten, leistete die 19. Route-Armee zusammen mit der Schanghaier Bevölkerung Widerstand. Durch den Verrat Tschiang Kai-scheks und Wang Djing-wes endete jedoch dieser Widerstandskampf mit einer Niederlage. Danach wurde die 19. Route-Armee von Tschiang Kai-schek nach Fukien geworfen, um den Kampf gegen die Rote Armee fortzusetzen. Zu dieser Zeit kam die Führung der 18. Route-Armee allmählich zu der Einsicht, daß der Krieg gegen die Rote Armee aussichtslos war. Im November 1933 erklärte die Führung der 19. Route-Armee, die mit einem Teil der Kuomintang-Kräfte, an dessen Spitze Li Dji-schen u. a. standen, verbündet war, öffentlich den Bruch mit Tschiang Kai-schek. Sie bildeten in der Provinz Fukien die "Revolutionäre Volksregierung der Chinesischen Republik" und trafen mit der Roten Armee eine Vereinbarung über den gemeinsamen Widerstand gegen Japan und über den Kampf gegen Tschiang Kai-schek. Unter den Schlägen der Streitkräfte Tschiang Kai-scheks brachen die 19. Route-Armee und die Fukiener Volksregierung zusammen. Danach gingen Tsai Ting-kai und andere allmählich auf die Position der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas über.
  144. Im September 1926, als die Revolutionäre Armee auf dem Nordfeldzug Wuhan erreichte, erklärte Feng Yü-hsiang, der die Armee in der Provinz Suiyüan (im Westteil des heutigen Autonomen Gebiets der Inneren Mongolei gelegen - der Übers.) befehligte, daß er sich von der Clique der Militärmachthaber des Nordens lossage, und schloß sich der Revolution an. Anfang 1927 brachen seine Truppen aus der Provinz Schensi auf und unternahmen gemeinsam mit der Armee des Nordfeldzugs einen Angriff auf die Provinz Honan. Nach dem Verrat Tschiang Kai-scheks und Wang Djing-wes im Jahre 1927 beteiligte sich auch Feng Yü-hsiang am Kampf gegen die Kommunisten, aber es bestand stets ein Konflikt zwischen seinen Interessen und denen der Tschiangkaischek-Clique. Nach den Ereignissen des 18. September setzte sich Feng Yü-hsiang für den Widerstand gegen Japan ein, und im Mai 1933 begann er mit der Kommunistischen Partei Chinas zusammenzuarbeiten, es wurde in Dschangdjiakou die Verbündete Antijapanische Volksarmee geschaffen. Unter den von zwei Seiten geführten Schlägen der Kräfte Tschiang Kai-scheks und der japanischen Aggressionstruppen scheiterten im August seine Anstrengungen. In den letzten Jahren seines Lebens vertrat Feng Yü-hsiang weiterhin den Standpunkt der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas.
  145. Die 26. Route-Armee der Kuomintang wurde von Tschiang Kai-schek nach der Provinz Kiangsi zum Angriff gegen die Rote Armee verlegt. Als Antwort auf den Aufruf der Kommunistischen Partei Chinas zum Widerstand gegen die japanische Aggression erhoben sich im Dezember 1931 über 10 000 Mann dieser Armee unter Führung der Genossen Dschao Bo-scheng, Dung Dschen-tang und anderer in der Stadt Ningdu, Provinz Kiangsi, zum Aufstand und schlossen sich der Roten Armee an.
  146. Ma Dschan-schan war ein Offizier der Nordostarmee der Kuomintang. Seine Truppen standen in der Provinz Heilungkiang. Als die japanischen Aggressionstruppen nach den Ereignissen des 18. September aus der Provinz Liaoning nach Heilungkiang vorrückten, leisteten ihnen die Truppen Ma Dschan-schans Widerstand.
  147. Hu Han-min, ein bekannter Kuomintang-Politiker, trat seinerzeit gegen die von Sun Yat-sen verkündete Politik der Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Chinas auf und war Tschiang Kai-scheks Komplize beim konterrevolutionären Staatsstreich vom 12. April 19z7. Später wurde er von Tschiang Kai-schek in Haft genommen, weil er diesem die Macht streitig gemacht hatte. Nach den Ereignissen des 18. September wurde er freigelassen und begab sich von Nanking nach Kanton, wo er die Militärmachthaber der Kuangtung- und Kuangsi-Clique gegen die Nanking-Regierung Tschiang Kai-scheks ausspielte, so daß sie lange Zeit hindurch im Gegensatz zu ihr standen.
  148. Das "Sechs-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands" oder das "Grundsatzprogramm des chinesischen Volkes für den Krieg gegen Japan" wurde von der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1934 aufgestellt und mit den Unterschriften Sung Tjing-lings und anderer veröffentlicht. Dieses Programm bestand aus folgenden Punkten: (1) allgemeine Mobilisierung der See-, Land- und Luftstreitkräfte für den Krieg gegen Japan; (2) Mobilisierung des ganzen Volkes; (3) allgemeine Volksbewaffnung; (4) Beschlagnahme des Vermögens der japanischen Imperialisten in China und des Vermögens der Landesverräter zur Deckung der Ausgaben für den Widerstandskrieg; (5) Bildung eines gesamtchinesischen Komitees für bewaffnete nationale Selbstverteidigung, das durch Vertreter der Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute zu wählen ist; (6) Bündnis mit allen Gegnern des japanischen Imperialismus und Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen zu allen Ländern, die eine wohlwollende Neutralität wahren.
  149. Gemeint sind der Kuangtung-Militärmachthaber Tschen Dji-tang und die Kuangsi-Militärmachthaber Li Dsung-jen, Bai Tschung-hsi und andere.
  150. Die Tschiangkaischek-Bande nannte das revolutionäre Volk "Banditen" und bezeichnete die Angriffe ihrer Truppen gegen das revolutionäre Volk und die Massengemetzel als "Ausrottung der Banditen".
  151. Genosse Jen Bi-schi war eines der ältesten Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas und einer ihrer ersten Organisatoren. Seit dem V. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1927 war er Mitglied des Zentralkomitees. Auf dem 4. Plenum des VI. Zentralkomitees im Jahre 1930 wurde er zum Mitglied des Politbüros gewählt. Im Jahre 1933 war er Sekretär des Provinzparteikomitees im Grenzgebiet Hunan-Kiangsi und gleichzeitig Politkommissar der 6. Armeegruppe der Roten Armee. Nach der Vereinigung der 6. Armeegruppe mit der 2. Armeegruppe wurde er zum Politkommissar der aus diesen zwei Armeegruppen gebildeten 2. Frontarmee ernannt. In den ersten Jahren des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression war er Leiter der Politischen Hauptabteilung der Achten Route-Armee. Seit 1940 arbeitete er im Sekretariat des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Auf dem i. Plenum des VII. Zentralkomitees im Jahre 1941 wurde er zum Mitglied des Politbüros und des Sekretariats des Zentralkomitees gewählt. Er starb am 27. Oktober 1950 in Peking.
  152. Die 6. Armeegruppe der Roten Arbeiter- und Bauernarmee Chinas stand zunächst im Stützpunktgebiet an der Grenze Hunan-Kiangsi. Im August 1934 durchbrach sie auf Befehl des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas die Einkreisung und begann ihren Standort zu ändern; im Oktober des gleichen Jahres vereinigte sie sich im Ostteil der Provinz Kueitschou mit der 2. Armeegruppe der Roten Armee unter dem Befehl des Genossen Ho Lung. Aus diesen zwei Armeegruppen wurde die 2. Frontarmee der Roten Armee gebildet, die ein revolutionäres Stützpunktgebiet an den Grenzen zwischen den Provinzen Hunan, Hupeh, Szetschuan und Kueitschou schuf.
  153. Im Oktober 1934 begannen die 1., 3. und 5. Armeegruppe der Roten Arbeiter und Bauernarmee Chinas (d. h. die 5. Frontarmee der Roten Armee, auch die Zentrale Rote Armee genannt) von Tschangting und Ninghua im Westteil der Provinz Fukien sowie von Juidjin und Yüdu und anderen Orten im Südteil der Provinz Kiangsi aus eine große strategische Standortverlegung. Die Rote Armee durchquerte elf Provinzen - Fukien, Kiangsi, Kuangtung, Hunan, Kiangsi, Kueitschou, Szetschuan, Yenan, Sikang (Sikang entspricht heute dem Westteil der Provinz Szetschuan und dem Ostteil des Autonomen Gebiets Tibet - der Übers.), Kansu und Schensi -, überwand hohe, mit ewigem Schnee bedeckte Gebirge und zog durch versumpfte Ebenen, die kaum jemals von eines Menschen Fuß betreten worden waren. Unter Schwierigkeiten und Entbehrungen legte die Rote Armee, obwohl sie wiederholt vom Feind eingekreist, verfolgt, aufgehalten oder abgeriegelt wurde, 25000 (500 km) zu Fuß zurück und erreichte endlich im Oktober 1935 siegreich das revolutionäre Stützpunktgebiet im Norden der Provinz Schensi.
  154. Die Rote Armee des Grenzgebiets Szetschuan-Schensi war nämlich die 4. Frontarmee der Roten Arbeiter- und Bauernarmee Chinas. Im März 1935 verließ die 4. Frontarmee das Stützpunktgebiet an der Grenze der Provinzen Szetschuan und Schensi und begann ihre Standortverlegung nach den Grenzen der Provinzen Szetschuan und Sikang. Im Juni des gleichen Jahres vereinigte sie sich im Gebiet Maogung im Westen der Provinz Szetschuan mit der 1. Frontarmee der Roten Armee. wonach beide Frontarmeen in zwei Kolonnen - eine rechte und eine linke - nach dem Norden marschierten. Als sie im September das Gebiet Maoörlgai unweit von Sungpan erreicht hatten, führte der in der 4. Frontarmee tätige Dschang Guo-tao entgegen dem Befehl des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas die Truppen der linken Kolonne eigenmächtig nach dem Süden und spaltete auf diese Weise die Rote Armee. Im Juni 1936 vereinigte sich die 2. Frontarmee der Roten Armee, die vom Grenzgebiet Hunan-Hupeh-Szetschuan-Kueitschou aus die feindliche Einkreisung durchbrochen und die Provinzen Hunan, Kueitschou und Yünnan durchquert hatte, mit der 4. Frontarmee in Gandsi, Provinz Sikang. Nun wandten sich die Genossen aus der 4. Frontarmee gegen den Willen Dschang Guo-taos gemeinsam mit der 2. Frontarmee nach dem Norden. Im Oktober desselben Jahres trafen alle Truppen der 2. Frontarmee und ein Teil der 4. Frontarmee in Nordschensi ein, wo es ihnen gelang, sich mit der 1. Frontarmee zu vereinigen.
  155. Dschang Guo-tao war ein Verräter an der chinesischen Revolution. In seiner Jugend spekulierte er darauf, in der Revolution Karriere zu machen, und trat in die Kommunistische Partei ein. In der Partei beging er sehr viele Fehler, die zu schweren Verbrechen führten. Sein hervorstechendster Fehler war folgender: 1935 trat er gegen den Marsch der Roten Armee nach dem Norden auf, trat für einen defätistischen und liquidatorischen Rückzug in die Gebiete der nationalen Minderheiten an der Grenze der Provinzen Szetschuan und Sikang ein, betrieb offen eine gegen die Partei und das Zentralkomitee gerichtete verräterische Tätigkeit, bildete sein eigenes Pseudozentralkomitee, untergrub die Einheit der Partei und der Roten Armee und fügte der 4. Frontarmee schweren Schaden zu. Dank der geduldigen Erziehung durch Genossen Mao Tse-tung und das Zentralkomitee unterstellten sich die 4. Frontarmee und ihre zahlreichen Kader bald wieder der richtigen Führung des Zentralkomitees und spielten in den späteren Kämpfen eine ruhmreiche Rolle. Dschang Guo-tao selbst aber war schließlich nicht mehr zu retten; er flüchtete im Frühling 1938 allein aus dem Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und trat in den Dienst der Geheimpolizei der Kuomintang.
  156. Gemeint ist die Rote Armee oder die 1. Frontarmee der Roten Armee, die im Gebiet Kiangsi-Fukien aufgestellt worden war und unter der unmittelbaren Führung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas stand.
  157. Im Juli 1935 begannen die Kuomintang-Truppen den dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" gegen das revolutionäre Stützpunktgebiet Schensi-Kansu. Zunächst schlug das 26. Korps der Roten Armee von Nordschensi an der Ostfront zwei Brigaden der feindlichen Truppen in die Flucht und warf den Feind auf das Ostufer des Gelben Flusses zurück. Im September des gleichen Jahres vereinigte sich das 25. Korps der Roten Armee, das ursprünglich im Stützpunktgebiet Hupeh-Honan-Anhui gestanden hatte, mit den Einheiten der Roten Armee von Nordschensi, nachdem es über Südschensi und Ostkansu den Norden von Schensi erreicht hatte. So wurde die 15. Armeegruppe der Roten Armee gebildet. Die 15. Armeegruppe vernichtete in der Gantjüan-Laoschan-Schlacht den Großteil der no. Division des Feindes; der Divisionskommandeur wurde getötet. Bald darauf rieb sie in Yülintjiao, Kreis Gantjüan, vier Bataillone der 107. Division des Feindes auf. Daraufhin begann der Feind mit der Vorbereitung einer neuen Offensive. Unter dem Befehl von Dung Ying-bin (Kommandeur eines Armeekorps der Nordostarmee) traten fünf Divisionen des Feindes in zwei Kolonnen zum Angriff an. Im Osten rückte eine Division auf der Straße Luotschuan-Fuhsiän in nördliche Richtung vor, während im Westen vier Divisionen von den Kreisen Tjingyang und Hoschui, Provinz Kansu, aus den Hulu-Fluß entlang in Richtung Fuhsiän, Nordschensi, vorstießen. Im Oktober des gleichen Jahres traf die Zentrale Rote Armee in Nordschensi ein. Im November vernichtete diese Armee gemeinsam mit der 65. Armeegruppe bei Dschiluodschen südwestlich von Fuhsiän die 109. Division des Feindes und rieb im Zuge der Verfolgung in Heschuisi ein Regiment der 106. Division auf. Damit war der dritte "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" des Feindes gegen das Stützpunktgebiet Schensi-Kansu vollkommen zerschlagen.
  158. Als in den Jahren 1934/35 die Hauptkräfte der Roten Armee aus Südchina abmarschierten, um ihren Standort zu verlegen, ließen sie dort Partisanenabteilungen zurück. Diese Partisanenabteilungen führten in 14 Gebieten auf dem Territorium von acht Provinzen einen hartnäckigen Partisanenkrieg. Es handelt sich um Südtschekiang, Nordfukien, Ostfukien, Südfukien, Westfukien, Nordostkiangsi, um die Grenzgebiete Fukien-Kiangsi und Kuangtung-Kiangsi, um Südhunan, um die Grenzgebiete HunanKiangsi, Hunan-Hupeh-Kiangsi und Hupeh-Honan-Anhui, um das Tungbai-Gebirge in Südhonan und um die Insel Hainan in Kuangtung.
  159. Nachdem die japanischen Imperialisten im Jahre 1931 in die Provinzen Nordostchinas eingefallen waten, rief die Kommunistische Partei Chinas das Volk zum bewaffneten Widerstand auf, organisierte antijapanische Partisanenabteilungen und die Revolutionäre Nordost-Volksarmee und unterstützte die verschiedenen antijapanischen Freiwilligenabteilungen. Nach 1934 wurden unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas alle antijapanischen Einheiten im Nordosten zu der Vereinigten Antijapanischen Nordostarmee unter dem Oberbefehl des hervorragenden Kommunisten Yang Djing-yü zusammengefaßt. Diese Armee führte lange Zeit im Nordosten einen zähen Partisanenkrieg gegen die japanischen Aggressoren. Mit dem antijapanischen Partisanenkrieg in Osthopeh ist der antijapanische Bauernaufstand gemeint, der im Mai 1935 im Osten der Provinz Hopeh ausbrach.
  160. Mit dem revolutionären Krieg, der unter der Führung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion stand, ist jener Krieg gemeint, den das sowjetische Volk in den Jahren 1918-1920 gegen die bewaffneten Interventionen Großbritanniens, der USA, Frankreichs, Japans, Polens und anderer imperialistischer Staaten sowie zur Niederwerfung des Aufruhrs der Weißgardisten führte.
  161. Die politische Macht und die verschiedenen politischen Richtlinien einer Volksrepublik, von denen Genosse Mao Tse-tung hier spricht, wurden zur Zeit des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression in den unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas stehenden befreiten Gebieten des Volkes errichtet bzw. restlos verwirklicht. Deshalb konnte die Kommunistische Partei das Volk hinter den feindlichen Frontlinien in einem siegreichen Krieg gegen die japanischen Eindringlinge führen. Im Verlauf des nach der Kapitulation Japans ausgebrochenen Dritten Revolutionären Bürgerkriegs dehnten sich die befreiten Gebiete des Volkes allmählich auf ganz China aus, und auf diese Weise entstand die einheitliche Volksrepublik China. So wurde das Ideal des Genossen Mao Tse-tung von einer Volksrepublik in ganz China verwirklicht.
  162. Der VI. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, der im Juli 1928 stattfand, nahm ein Programm an, das aus folgenden zehn Punkten bestand: 1. Sturz der Herrschaft des Imperialismus; 2. Beschlagnahme der Betriebe und Banken, die dem ausländischen Kapital gehören; 3. Vereinigung Chinas und Anerkennung des nationalen Selbstbestimmungsrechts; 4. Sturz der Regierung der Kuomintang-Militärmachthaber; 5. Bildung einer Regierung der Deputiertenräte der Arbeiter, Bauern und Soldaten; 6. Einführung des Achtstundentags, Erhöhung der Löhne, Unterstützung der Arbeitslosen, Sozialversicherung usw.; 7. Beschlagnahme des Grund und Bodens aller Grundherren, Übergabe des Ackerlands an die Bauernschaft; 8. Verbesserung der Lebensbedingungen der Soldaten, Zuweisung von Boden und Arbeitsplätzen an die Soldaten; 9. Abschaffung sämtlicher drückender Abgaben und verschiedenartiger Steuern und Einführung einer einheitlichen progressiven Steuer; 10. Bündnis mit dem Weltproletariat und mit der Sowjetunion.
  163. Trotzkisten - ursprünglich eine antileninistische Fraktion in der russischen Arbeiterbewegung die später zu einer durch und durch konterrevolutionären Bande herabsank. Über die Wandlung dieser verräterischen Fraktion hat Genosse Stalin in seinem Referat auf dem Plenum des ZK der KPdSU (B) im Jahre 1937 folgendes erklärt: "Der Trotzkismus war in der Vergangenheit, vor sieben oder acht Jahren, eine solche politische Strömung in der Arbeiterklasse, allerdings eine antileninistische und daher grundfalsche, aber immerhin eine politische Strömung . . . Der gegenwärtige Trotzkismus ist keine politische Strömung in der Arbeiterklasse, sondern eine prinzipien- und ideenlose Bande von Schädlingen, Diversanten, Kundschaftern, Spionen, Mördern, eine Bande geschworener Feinde der Arbeiterklasse, die im Solde der Spionageorgane ausländischer Staaten tätig sind." Nach der Niederlage der chinesischen Revolution im Jahre 1927 traten in China ebenfalls eine kleine Anzahl von Trotzkisten auf, die sich mit Tschen Du-hsiu und anderen Renegaten vereinigten und im Jahre 1929 ein konterrevolutionäres Grüppchen bildeten, das solche konterrevolutionären Gedanken propagierte wie: die Kuomintang habe die bürgerlich-demokratische Revolution bereits vollendet. Dieses Grüppchen verwandelte sich restlos in ein schmutziges Werkzeug des Imperialismus und der Kuomintang in ihrem Kampf gegen das Volk. Die chinesischen Trotzkisten träten offen in den Spionagedienst der Kuomintang ein. Nach den Ereignissen des 18. September führten sie die Anweisung des Banditen Trotzki aus, "das japanische Kaiserreich bei der Eroberung Chinas nicht zu hindern", nahmen die Zusammenarbeit mit den japanischen Spionageorganen auf, bezogen Subsidien von den japanischen Eindringlingen und entfalteten die verschiedenartigsten Tätigkeiten im Interesse der japanischen Aggressoren.
  164. Diese Äußerung stammt aus dem Buch Menzius. In China führten in der "Frühlings- und Herbstperiode" (222-481 v. u. Z.) zahlreiche Feudalfürsten ununterbrochen untereinander Kriege um die Macht, woraus sich auch die betreffende Äußerung von Menzius erklärt.
  165. Infolge des Kampfes des chinesischen Volkes gegen den Opiumhandel schickte Großbritannien in den Jahren 1840-1842 unter dem Vorwand, den Handel schützen zu müssen, Truppen zur Invasion nach China. Die chinesischen Truppen führten unter Leitung von Lin Dsö-hsü einen Widerstandskrieg. Die Bevölkerung von Kanton organisierte spontan das "Korps zur Niederwerfung der Engländer" (Pingyingtuan), das den englischen Aggressoren ebenfalls schwere Schläge versetzte.
  166. Der Taiping-Tiänguo-Krieg, der Mitte des 19. Jahrhunderts ausbrach, war ein revolutionärer Bauernkrieg gegen die Feudalherrschaft der Tjing-Dynastie und die von dieser ausgeübte nationale Unterdrückung. Im Januar 1851 entfesselten die Führer dieser Revolution Hung Hsiu-tjüan, Yang Hsiu-tjing und andere einen Aufstand in dem Dorf Djintiän, Kreis Guiping, Provinz Kuangsi, und riefen das "Himmlische Reich des Ewigen Friedens" (Taiping Tiänguo) aus. Im Jahre l852 marschierte die Bauernarmee aus Kuangsi nach Norden, durchquerte Hunan, Hupeh, Kiangsi und Anhui und besetzte im Jahre 1833 Nanking. Aus Nanking setzte ein Teil der Truppen den Feldzug nach Norden fort und gelangte bis vor Tientsin. Weil die Taiping-Armee es unterließ, in den von ihr besetzten Gebieten feste Stützpunktgebiete zu schaffen, und die Führungsgruppe nach der Ausrufung Nankings zur Hauptstadt des Reiches viele politische und militärische Fehler machte, konnte sie den gemeinsamen Angriffen der konterrevolutionären Truppen der Tjing-Regierung und der englischen, amerikanischen und französischen Aggressoren nicht standhalten und wurde 1864 besiegt.
  167. Der Yihotuan-Krieg, der im Jahre 1900 im Norden Chinas ausbrach, war eine breite spontane Bewegung der Bauern und Handwerker, die, zu einem mystischen Geheimbund vereint, den bewaffneten Kampf gegen die Imperialisten führten. Vereinigte bewaffnete Kräfte von acht imperialistischen Staaten schlugen, nachdem sie Peking und Tientsin erobert hatten, diese Bewegung grausam nieder.
  168. Siehe "Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan"
  169. Siehe W. I. Lenin, Das Militärprogramm der proletarischen Revolution", und Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang, Kapitel VI, Abschnitt
  170. Unter dem Einfluß der Roten Armee Chinas und der Bewegung der Volksmassen gegen die japanische Aggression erklärten sich die Nordostarmee der Kuomintang unter dem Kommando Dschang Hsüä-liangs und die 17. Route-Armee der Kuomintang unter dem Kommando Yang Hu-tschengs mit der von der Kommunistischen Partei Chinas vorgeschlagenen antijapanischen nationalen Einheitsfront einverstanden und forderten, daß sich Tschiang Kai-schek mit der Kommunistischen Partei zum Widerstand gegen die japanische Aggression vereinige. Tschiang Kai-schek weigerte sich, diese Forderung anzunehmen, schwamm noch mehr gegen den Strom, indem er die militärische "Kommunistenausrottung" aktiv vorbereitete und unter der Jugend in Sian, die gegen die japanische Aggression auftat, ein Blutbad anrichtete. Daraufhin verhafteten Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng in gemeinsamer Aktion Tschiang Kai-schek. Das waren die bekannten Sian-Ereignisse vom 12. Dezember 1936. Tschiang Kai-schek war gezwungen, die Forderung nach einem Bündnis mit der Kommunistischen Partei zum Widerstand gegen Japan anzunehmen. Danach wurde er freigelassen und kehrte nach Nanking zurück.
  171. Gemeint ist eine projapanische Gruppe in der Nankinger Kuomintang-Regierung, die mit Tschiang Kai-schek um die Macht kämpfte und während der Sian-Ereignisse für eine "Strafexpedition" gegen Dschang Hsüä-liang und Yang Hu-tscheng eintrat. An der Spitze dieser Gruppe standen Wang Djing-we und Ho Ying-tjin. Unter Ausnutzung der Sian-Ereignisse bereiteten sie einen Bürgerkrieg großen Maßstabs vor, um so der Offensive der japanischen Eindringlinge den Weg zu ebnen und die Gelegenheit wahrzunehmen, Tschiang Kai-schek selbst die Macht zu entreißen.
  172. Es handelt sich um die sieben Führer der patriotischen Bewegung gegen die japanische Aggression in Schanghai: Schen Djün-ju, Dschang Nai-tji, Dsou Tao-fen, Li Gung-pu, Scha Tjiän-li, Schi Liang und Wang Dsao-schi. Sie wurden von der Tschiangkaischek-Regierung im November 1936 verhaftet und erst im Juli 1937 freigelassen.
  173. Wang Djing-we war damals Führer der projapanischen Gruppe in der Kuomintang. Er trat seit der Aggression der japanischen Imperialisten im Jahre 1931 stets für Kompromisse mit ihnen ein. Im Dezember 1938 verließ er Tschungking, ging offen auf die Seite der japanischen Eindringlinge über und bildete eine Marionettenregierung in Nanking.
  174. Ho Ying-tjin war Kuomintang-Militärmachthaber und ein anderer Führer der projapanischen Gruppe in der Kuomintang. Während der Sian-Ereignisse bereitete er sich aktiv darauf vor, den Bürgerkrieg zu entfesseln, indem er Kuomintang-Truppen zu einem Angriff längs der Lunghai-Eisenbahn gegen die Provinz Schensi einsetzte. Er schmiedete auch Pläne, durch die Bombardierung der Stadt Sian Tschiang Kai-schek zu töten, um seinen Platz einzunehmen.
  175. Sung Dsi-wen war ein proamerikanischer Vertreter in der Kuomintang. Infolge der Gegensätze zwischen den beiden imperialistischen Mächten, Japan und den USA, die damals um die Vorherrschaft im Fernen Osten kämpften, setzte er sich im Interesse der USA ebenfalls für eine friedliche Regelung der Sian-Ereignisse ein.
  176. Dieser Brief unterzog die reaktionäre Herrschaft der Kuomintang und das 2. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang einer berechtigten, scharfen Kritik, gleichzeitig wurde in dem Brief die Politik der Kommunistischen Partei Chinas für die Schaffung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront und ihre Bereitschaft für die Wiederherstellung ihrer Zusammenarbeit mit der Kuomintang dargelegt. Nachstehend der Hauptteil dieses Briefes: Mit der "Zentralisierung und Einheit", von der das 2. Plenum des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei sprach, wird in der Tat die Frage verdreht. Es muß darauf hingewiesen werden, daß der Bürgerkrieg und die Uneinigkeit während der letzten zehn Jahre ausschließlich verursacht wurden durch die für den Staat verhängnisvolle Politik Ihrer Partei und deren Regierung, die darauf abzielte, sich von dem Imperialismus abhängig zu machen, sowie insbesondere durch die von Ihnen seit den Ereignissen des 18. September konsequent betriebene Politik des Nichtwiderstands. Unter der Losung Ihrer Partei und deren Regierung "Bevor man gegen den äußeren Feind kämpft, muß man im eigenen Land Ordnung schaffen" haben Sie seit vielen Jahren ununterbrochen den Bürgerkrieg gefühlt, haben Sie unzählige Einkreisungsfeldzüge gegen die Rote Armee unternommen und keine Mühe gescheut, die patriotische und demokratische Bewegung des ganzen Volkes zu unterdrücken. Sie haben den Nordosten und Norden des Landes preisgegeben, und das Schicksal dieser Gebiete läßt Sie heute noch kalt. Sie haben vergessen daß der japanische Imperialismus der Erzfeind Chinas ist, haben Ihre ganze Kraft gegen die Rote Armee und auf den Fraktionskampf innerhalb Ihrer eigenen Partei gerichtet; Sie haben alle Kräfte eingesetzt, um der Roten Armee den Weg zum Widerstand gegen die japanische Aggression zu verlegen und das Hinterland der Roten Armee im Widerstandskrieg zu desorganisieren; Sie haben die Forderung des Volkes nach Widerstand gegen die japanische Aggression ignoriert, haben dem Volk das Recht auf Freiheit geraubt. Die Vaterlandsliebe ist zu einem Verbrechen geworden, und die Gefängnisse überall im Land sind mit völlig unschuldigen Menschen überfüllt; der Vaterlandsverrat wird jedoch belohnt, und die Landesverräter schwelgen schon im Vorgeschmack ihres sicheren Aufstiegs in der Regierung. Mit Hilfe dieser falschen Politik nach Zentralisierung und Einheit streben ist das gleiche wie "auf einem Baum Fische suchen", nämlich es wird genau das Gegenteil dabei herauskommen. Wir erklären Ihnen mit Nachdruck, meine Herren: Wenn Sie nicht von Grund auf Ihren verderblichen Kurs ändern, wenn Sie nicht Ihren Haß gegen den japanischen Imperialismus, sondern weiterhin gegen Ihre Landsleute richten, werden Sie, so sehr Sie sich auch bemühen, nicht einmal den Status quo aufrechterhalten können. Das Gerede über Zentralisierung, Einheit und einen sogenannten "modernen Staat" ist ein um so größeres Geschwätz. Das ganze Volk braucht eine Zentralisierung und eine Einheit, wie sie die Sache des Widerstands gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands erfordert, nicht aber eine Zentralisierung und eine Einheit, die lediglich dazu dienen, vor dem äußeren Feind auf dem Bauch zu kriechen und das eigene Volk zu unterdrücken. Gegenwärtig fordert das gesamte Volk energisch die Bildung einer Regierung, die wirklich das Vaterland und das Volk zu retten vermag, es fordert die Schaffung einer wahrhaft demokratischen Republik. Das ganze Volk fordert die Bildung einer solchen demokratischen republikanischen Regierung, die für seine Interessen eintreten wird. Das Programm einer solchen Regierung muß folgende Hauptpunkte enthalten: Sie muß in der Lage sein, erstens der ausländischen Invasion Widerstand entgegenzusetzen, zweitens dem Volk demokratische Rechte zu geben und drittens die Volkswirtschaft zu entwickeln, die Leiden des Volkes zu erleichtern, ja sie überhaupt zu beenden. Wenn man schon von einem "modernen Staat" spricht, müßte sein Programm von dieser Art sein; eben ein solches Programm braucht im gegenwärtigen Augenblick das koloniale und halbkoloniale China. Das gesamte Volk kämpft jetzt mit heißem Wunsch und fester Entschlossenheit für die Verwirklichung dieses Zieles. Die Politik Ihrer Partei und deren Regierung dagegen ist diesen Wünschen des ganzen Volkes direkt entgegengesetzt. Es ist Ihnen absolut unmöglich, auf diese Weise sein Vertrauen zu gewinnen. Die Kommunistische Partei Chinas und die Rote Armee Chinas erklären hiermit feierlich: Wir sind für die Schaffung einer allchinesischen einheitlichen demokratischen Republik; wir sind für die Einberufung eines Parlaments, das auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts gewählt werden soll; wir unterstützen eine allchinesische Konferenz der Vertreter des ganzen Volkes und aller antijapanischen Streitkräfte für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands; wir unterstützen eine allchinesische einheitliche Regierung der Landesverteidigung. Wir erklären: Sobald eine allchinesische einheitliche demokratische Republik geschaffen wird, werden die toten Gebiete als Bestandteile in diese Republik eingehen, die Vertreter der Bevölkerung der roten Gebiete werden an dem allchinesischen Parlament teilnehmen, in den roten Gebieten wird die gleiche demokratische Ordnung eingeführt, wie sie in ganz China errichtet werden soll. Wir sind der Meinung, daß weder der Rat für Landesverteidigung, dessen Schaffung in den Beschlüssen des 2. Plenums des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei vorgesehen ist, noch die Nationalversammlung, deren Einberufung gegenwärtig von Ihrer Partei und deren Regierung vorbereitet wird, die Aufgaben der Zentralisierung und Vereinigung des Landes für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands erfüllen kann. Nach dem auf dem 2. Plenum des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei bestätigten Statut des Rates für Landesverteidigung zu urteilen, wird der Rat nur aus einem kleinen Häuflein von Beamten bestehen, die in Ihrer Partei und deren Regierung führende Stellungen bekleiden, und seine Aufgaben wären einzig und allein die, als ein beratendes Organ der Regierung Ihrer Partei zu dienen. Es ist offensichtlich, daß ein solcher Rat nichts zustande bringen und nicht im geringsten das Vertrauen des Volkes erwerben kann. Urteilt man aber nach dem "Entwurf der Verfassung der Republik China" und nach den ,Gesetzen zur Organisierung und Wahl der Nationalversammlung", die von der Regierung Ihrer Partei angenommen worden sind, dann kann die Nationalversammlung, die Sie, meine Herren, einzuberufen beabsichtigen, ebenfalls nichts zustande bringen und nicht das Vertrauen des Volkes erwerben, weil diese Nationalversammlung nur ein Organ wäre, das von einigen wenigen Beamten Ihrer Partei und deren Regierung manipuliert wird, zum Anhängsel dieser Beamten oder zu ihrer Fassade würde. Ein solcher Rat für Landesverteidigung und eine solche Nationalversammlung haben nichts gemein mit dem, was unsere Partei anstrebt - nichts gemein mit einer allchinesischen Konferenz für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands (das wäre ein Rat für Landesverteidigung), nichts gemein mit einer chinesischen demokratischen Republik und deren Parlament. Wir sind der Meinung, daß man in den Rat für Landesverteidigung, der sich mit der Organisierung des Widerstands gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands befassen soll, unbedingt Vertreter aller Parteien und Gruppen, aller Bevölkerungskreise und aller bewaffneten Kräfte einbeziehen muß, um ein Machtorgan zu schaffen, das die Hauptrichtlinie für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands tatsächlich festzulegen vermag; eben aus diesem Rat soll sich eine allchinesische einheitliche Regierung der Landesverteidigung ergeben. Die Nationalversammlung aber muß ihrerseits zum Parlament, zum höchsten Organ der Staatsgewalt der chinesischen demokratischen Republik werden, gewählt vom ganzen Volk auf der Grundlage des allgemeinen Wahlrechts. Nur ein solcher Rat für Landesverteidigung und ein solches allchinesisches Parlament werden damit rechnen können, daß das Volk sie begrüßt, unterstutzt und an ihnen teilnimmt, nur sie werden die feste, unerschütterliche Grundlage für die große Sache der Rettung des Vaterlands und des Volkes schaffen können. Umgekehrt ist der Sache durch keinerlei schöne Bezeichnungen zu helfen, und man kann keineswegs die Billigung des Volkes gewinnen. Als bester Beweis hierfür kann die Tatsache dienen, daß alle Konferenzen, die von Ihrer Partei und deren Regierung einberufen wurden, nur mit einem Fiasko geendet haben. In der Deklaration des 2. Plenums des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei heißt es: "Gefahren und Hindernisse tauchen für uns nicht unerwartet auf, aber die Schwierigkeiten, denen die Nation entgegensieht, dürfen für uns keinesfalls Gründe dafür sein, die Erfüllung der Verpflichtungen zu vernachlässigen." Und weiter: ,Was das Überleben unserer Nation betrifft, muß unsere Partei dafür beharrlich, mit Leib und Seele arbeiten." In der Tat muß Ihre Partei, die auf dem größten Teil des Territoriums Chinas regiert, die politische Verantwortung für alles, was getan wurde, auf sich nehmen. Angesichts der Tatsache, daß die Kuomintang-Regierung die Diktatur einer Partei ist, kann sich Ihre Partei dieser Verantwortung auf keinen Fall entziehen. Entgegen dem Willen des ganzen Volkes, entgegen den Interessen der ganzen Nation betreibt Ihre Partei, insbesondere seit den Ereignissen des 18. September eine absolut falsche Politik, wodurch fast die Hälfte des Territoriums Chinas verlorengegangen ist, und es wird Ihnen nie und nimmer gelingen, die Verantwortung dafür auf irgend jemand anderen abzuwälzen. Gemeinsam mit dem ganzen chinesischen Volk sind wir der Meinung, daß - da die Hälfte des chinesischen Territoriums durch Verschulden Ihrer Partei verlorengegangen ist - Ihre Partei unweigerlich die Verantwortung für die Zurückeroberung des Territoriums und die Wiederherstellung der Souveränität Chinas trägt. Zugleich gibt es in Ihrer Partei nicht wenig ehrliche Menschen, die sich darüber klar geworden sind, daß die Unterjochung des Vaterlands katastrophale Folgen hätte und daß man nicht den Volkswillen vergewaltigen darf, und sie haben nun begonnen, die Richtung zu ändern und Unzufriedenheit und Empörung über jene Elemente in der Kuomintang zu äußern, deren Tätigkeit eine Katastrophe für die Partei und den Staat heraufbeschwört. Die Kommunistische Partei Chinas sympathisiert voll und ganz mit dieser Änderung und begrüßt aufs wärmste die edle Gesinnung und das Erwachen der patriotischen und ehrlichen Mitglieder der Kuomintang, begrüßt die Bereitschaft zum aufopfernden Kampf und den Mut zur Erneuerung, was sie beides angesichts der Gefahr des Untergangs der Nation bekundet haben. Wir wissen, daß es im Zentralexekutivkomitee und in den Provinzkomitees Ihrer Partei, in der Zentralregierung und in den Provinzregierungen, auf dem Bildungssektor, in den Kreisen der Wissenschaftler und Künstler, unter den Journalisten, Unternehmern, unter den Frauen, in religiösen Kreisen, unter den Medizinern und den Angehörigen der Polizei, in den verschiedenen Massenorganisationen und erst recht in den Massen der Armee, unter den alten und neuen Mitgliedern der Kuomintang wie auch unter den Leitern der Kuomintang auf allen Ebenen wirklich viele bewußte und patriotisch gesinnte Menschen gibt; und ihre Zahl wächst von Tag zu Tag; das ist eine sehr erfreuliche Erscheinung. Die Kommunistische Partei Chinas ist stets bereit, mit diesen Mitgliedern der Kuomintang zusammenzuarbeiten, eine feste nationale Einheitsfront zu bilden zum Kampf gegen den Erzfeind der chinesischen Nation - den japanischen Imperialismus. Wir hoffen, daß diese Mitglieder der Kuomintang schnell zur dominierenden Kraft in der Kuomintang werden und über jene schlimmsten und schamlosesten Mitglieder der Kuomintang die Oberhand gewinnen, die die Interessen der Nation ignorieren, faktisch zu Agenten des japanischen Imperialismus, zu projapanischen Landesverrätern geworden sind - über jene Mitglieder der Kuomintang, die den Namen Dr. Sun Yat-sens mit Schande bedecken. Wir hoffen, daß sie den Geist der revolutionären Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens wieder erwecken und seine drei politischen Hauptrichtlinien Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei sowie Unterstützung der Bauern und Arbeiter - erneuern; wir hoffen, daß sie "beharrlich, mit Leib und Seele arbeiten werden, um die revolutionären Drei Volksprinzipien und die drei politischen Hauptrichtlinien in die Tat umzusetzen, um das revolutionäre Vermächtnis Dr. Sun Yat-sens zu verwirklichen. Wir hoffen, daß sie gemeinsam mit den patriotisch gesinnten Führern aller politischen Parteien und Gruppen sowie aller Bevölkerungskreise, gemeinsam mit den patriotisch gesinnten Volksmassen des ganzen Landes entschlossen die Verantwortung für die Fortsetzung des revolutionären Werkes Dr. Sun Yat-sens übernehmen werden, entschlossen für die Vertreibung der japanischen Imperialisten und für die Rettung Chinas vor dem Untergang, für die demokratischen Rechte des ganzen Volkes, für die Entwicklung der Volkswirtschaft Chinas, damit die überwiegende Mehrheit des Volkes von Not und Elend befreit wird, für die Schaffung der chinesischen demokratischen Republik mit ihrem demokratischen Parlament und ihrer demokratischen Regierung kämpfen werden. Die Kommunistische Partei Chinas wendet sich an alle Mitglieder der Kuomintang mit folgender Erklärung: Werden Sie tatsächlich in diesem Sinne handeln, so werden wir Sie entschlossen unterstützen; wir sind bereit, uns mit Ihnen zu einer festen revolutionären Einheitsfront zusammenzuschließen, wie es die große Einheitsfront der beiden Parteien zum Kampf gegen die imperialistische und feudale Unterjochung in der Periode der großen chinesischen Revolution von 1924 bis 1927 war. Denn gegenwärtig ist das der einzig richtige Weg, um das Vaterland vor dem Untergang zu retten und seine weitere Existenz zu sichern.
  177. Referat des Genossen Mao Tse-tung auf der Landeskonferenz der Kommunistischen Partei Chinas im Mai 1937 in Yenan.
  178. Die Nordchina-Ereignisse - gemeint sind eine Reihe von Ereignissen des Jahres 1935, bei denen die japanischen Eindringlinge ihre Aggression gegen Nordchina durchführten und die Kuomintang-Regierung mit Tschiang Kai-schek an der Spitze die souveränen Rechte auf Nordchina preisgab und die Nation demütigte. Im Mai 1935 richteten die japanischen Eindringlinge an die Kuomintang-Regierung die Forderung, ihnen das Recht auf die Errichtung ihrer Herrschaft über Nordchina zuzugestehen. Im Juni unterzeichnete der Vertreter der Kuomintang-Regierung in Nordchina, Ho Ying-tjin, mit dem Oberbefehlshaber der japanischen Truppen in Nordchina, Yoshijiro Umezu, ein Abkommen, in dem die Forderung der japanischen Eindringlinge erfüllt wurde - das war das sogenannte "Ho-Umezu-Abkommen". Kraft dieses Abkommens büßte China den größten Teil seiner souveränen Rechte in den Provinzen Hopeh und Tschahar (Tschahar entspricht jetzt dem Nordwestteil Hopehs und dem Zentralteil der Inneren Mongolei - der Übers.) ein. Im Oktober des gleichen Jahres entfesselten Landesverräter, von den japanischen Aggressoren angestiftet, einen Aufruhr im Kreis Hsiangho (Provinz Hopeh) und besetzten die Kreisstadt. Im November inszenierten Landesverräter auf Betreiben der japanischen Eindringlinge die sogenannte Bewegung für die Autonomie der fünf Provinzen Nordchinas und schufen in Osthopeh eine Marionettenregierung - die "Autonome Regierung zum Schutz gegen den Kommunismus". Auf Anweisung der Kuomintang-Regierung bildeten Sung Dschö-yüan und andere den ,Politischen Rat für Hopeh und Tschahar", um so der Forderung der japanischen Eindringlinge nach "Errichtung einer Spezialverwaltung in Nordchina" nachzukommen.
  179. Die Nordchina-Ereignisse - gemeint sind eine Reihe von Ereignissen des Jahres 1935, bei denen die japanischen Eindringlinge ihre Aggression gegen Nordchina durchführten und die Kuomintang-Regierung mit Tschiang Kai-schek an der Spitze die souveränen Rechte auf Nordchina preisgab und die Nation demütigte. Im Mai 1935 richteten die japanischen Eindringlinge an die Kuomintang-Regierung die Forderung, ihnen das Recht auf die Errichtung ihrer Herrschaft über Nordchina zuzugestehen. Im Juni unterzeichnete der Vertreter der Kuomintang-Regierung in Nordchina, Ho Ying-tjin, mit dem Oberbefehlshaber der japanischen Truppen in Nordchina, Yoshijiro Umezu, ein Abkommen, in dem die Forderung der japanischen Eindringlinge erfüllt wurde - das war das sogenannte "Ho-Umezu-Abkommen". Kraft dieses Abkommens büßte China den größten Teil seiner souveränen Rechte in den Provinzen Hopeh und Tschahar (Tschahar entspricht jetzt dem Nordwestteil Hopehs und dem Zentralteil der Inneren Mongolei - der Übers.) ein. Im Oktober des gleichen Jahres entfesselten Landesverräter, von den japanischen Aggressoren angestiftet, einen Aufruhr im Kreis Hsiangho (Provinz Hopeh) und besetzten die Kreisstadt. Im November inszenierten Landesverräter auf Betreiben der japanischen Eindringlinge die sogenannte Bewegung für die Autonomie der fünf Provinzen Nordchinas und schufen in Osthopeh eine Marionettenregierung - die "Autonome Regierung zum Schutz gegen den Kommunismus". Auf Anweisung der Kuomintang-Regierung bildeten Sung Dschö-yüan und andere den ,Politischen Rat für Hopeh und Tschahar", um so der Forderung der japanischen Eindringlinge nach "Errichtung einer Spezialverwaltung in Nordchina" nachzukommen.
  180. Gemeint ist der "Beschluß über die gegenwärtige politische Lage und die Aufgaben der Partei", der in der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas am 25. Dezember 1935 in Wayaobao, in Nordschensi, angenommen wurde. In diesem Beschluß unterzog das Politbüro die damalige äußere und innere Lage Chinas sowie die damals in den Beziehungen zwischen den Klassen im Lande eingetretenen Veränderungen einer allseitigen Analyse und legte die Politik der Partei fest. Nachstehend ein Abschnitt aus diesem Beschluß: "Die gegenwärtige Lage zeigt, daß die Schritte der japanischen Imperialisten, China zu annektieren, ganz China und die ganze Welt erschüttert haben. Die Klassen, die Gesellschaftsschichten, die politischen Parteien, die bewaffneten Kräfte - sie alle agieren in China in der politischen Arena - haben in ihren wechselseitigen Beziehungen Änderungen vorgenommen oder sind im Begriff, solche Änderungen vorzunehmen. Die Front der nationalen Revolution und die Front der nationalen Konterrevolution befinden sich im Prozeß der Umgruppierung. Im Zusammenhang damit muß die taktische Linie der Partei darin bestehen, die revolutionären Kräfte des ganzen Landes, der ganzen Nation zum Kampf gegen den gegenwärtigen Hauptfeind - den japanischen Imperialismus und den Häuptling der Landesverräter, Tschiang Kai-schek, - zu mobilisieren, zusammenzuschließen und zu organisieren. Alle Menschen, alle Parteien und Gruppen, alle bewaffneten Kräfte und alle Klassen, soweit sie gegen den japanischen Imperialismus und den Landesverräter Tschiang Kai-schek kämpfen, müssen sich vereinigen, den heiligen revolutionären nationalen Krieg entfalten, die japanischen Imperialisten aus China verjagen, die Herrschaft der Lakaien des japanischen Imperialismus in China stürzen, die völlige Befreiung der chinesischen Nation erringen und Chinas Unabhängigkeit sowie territoriale Integrität behaupten. Nur die breiteste antijapanische nationale Einheitsfront (einschließlich der unteren wie auch der oberen Gesellschaftsschichten) kann die japanischen Imperialisten und ihren Lakaien Tschiang Kai-schek besiegen. Gewiß gehen die verschiedensten Menschen, die verschiedensten Organisationen, die verschiedensten Gesellschaftsklassen und -schichten, die verschiedensten Streitkräfte bei ihrer Teilnahme an der antijapanischen nationalen Revolution von verschiedensten Beweggründen und Standpunkten aus. Die einen tun das, um ihre frühere Stellung zu behaupten, die anderen wollen die Führung in dieser Bewegung an sich reißen, damit diese den von ihrem Standpunkt aus zulässigen Rahmen nicht sprenge; die dritten kämpfen wirklich für die völlige Befreiung der chinesischen Nation. Eben weil jeder von seinen eigenen Beweggründen und seinem eigenen Standpunkt ausgeht, werden die einen schon gleich zu Beginn des Kampfes ins Schwanken geraten und Verrat üben, die anderen können auf halbem Wege passiv werden oder sich aus der Kampffront zurückziehen, die dritten aber wollen bis zu Ende kämpfen. Aber unsere Aufgabe beschränkt sich nicht darauf, alle möglichen antijapanischen Hauptkräfte zusammenzuschließen, wir müssen auch alle eventuellen antijapanischen Verbündeten vereinigen, d. h. wir müssen erreichen, daß vom ganzen Volk kein einziger chinesischer Patriot nicht an der antijapanischen Front teilnimmt: Wer körperlich stark ist, setzt seine Kräfte ein; wer Geld hat, spendet Geld; wer Waffen hat, gibt Waffen; wer Kenntnisse hat, stellt seine Kenntnisse zur Verfügung. Das ist die Generallinie der Taktik der Partei hinsichtlich der allumfassenden nationalen Einheitsfront. Nur auf Grund dieser Linie werden wir alle Kräfte des Volkes zum Kampf gegen den gemeinsamen Feind unseres ganzen Volkes - die japanischen Imperialisten und den Landesverräter Tschiang Kai-schek - mobilisieren können. Die chinesische Arbeiterklasse und Bauernschaft sind nach wie vor die Haupttriebkräfte der chinesischen Revolution, während die breiten Massen des Kleinbürgertums und die revolutionäre Intelligenz ihre zuverlässigsten Verbündeten in der nationalen Revolution sind. Das feste Bündnis der Arbeiter, der Bauern und des Kleinbürgertums ist die Hauptkraft, welche die japanischen Imperialisten sowie die Landesverräter und Kollaborateure besiegen wird. Wenn ein Teil der nationalen Bourgeoisie und der Militärmachthaber mit dem Kampf gegen den japanischen Imperialismus sowie gegen die Landesverräter und Kollaborateure sympathisiert, oder wenn er eine wohlwollende Neutralität wahrt oder sich selbst unmittelbar an diesem Kampf beteiligt, ist das in jedem Fall für die Entfaltung der antijapanischen Front von Nutzen - ganz gleich, wie ablehnend sie such zur Agrarrevolution und zur roten Macht eingestellt sein mögen. Denn das wird sie vom Lager der gesamten konterrevolutionären Kräfte losreißen und die revolutionären Kräfte in ihrer Gesamtheit mehren. Um dieses Ziel zu erreichen, muß die Partei alle entsprechenden Methoden und Formen anwenden, um diese Kräfte für die antijapanische Front zu gewinnen. Ferner gibt es selbst im Lager der Grundherren- und Kompradorenklasse keine völlige Einheit. Da der Kampf der verschiedenen imperialistischen Mächte um China zur Entstehung von miteinander rivalisierenden Cliquen der Landesverräter geführt hat, die den Interessen der verschiedenen imperialistischen Staaten dienen, und zur Entstehung von Widersprüchen und Konflikten unter diesen Cliquen, muß die Partei gleichfalls mannigfaltige Methoden anwenden, damit wenigstens ein Teil der konterrevolutionären Kräfte zeitweilig der antijapanischen Front nicht aktiv entgegentritt. Eine analoge Politik muß auch gegenüber allen imperialistischen Mächten, außer Japan, betrieben werden. Indem die Partei die Kräfte des chinesischen Volkes zum Kampf gegen seinen gemeinsamen Feind mobilisiert, zusammenschließt und organisiert, muß sie die Tendenzen zu Schwankungen, Kompromißlertum, Kapitulation und Verrat innerhalb der antijapanischen Einheitsfront entschlossen und unentwegt bekämpfen. Wer die Bewegung des chinesischen Volkes gegen den japanischen Imperialismus zu untergraben versucht, ist ein Landesverräter oder ein Kollaborateur; ihn anzuprangern muß die Sache der Volksmassen sein. Die Kommunistische Partei muß durch die Richtigkeit und Konsequenz ihrer Worte und Taten im Kampf gegen den japanischen Imperialismus, gegen die Landesverräter und Kollaborateure die Führung in der antijapanischen Front erobern. Die antijapanische Bewegung ihrerseits kann nur unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas den vollständigen Sieg erringen. Was die breiten Volksmassen betrifft, die am antijapanischen Krieg teilnehmen, müssen ihre Forderungen, die mit ihren elementaren Interessen verbunden sind (die Forderung der Bauern nach dem Boden, die Forderung der Arbeiter, der Soldaten, der Stadtarmut und der Intelligenz nach Verbesserung der Lebensbedingungen), befriedigt werden. Nur wenn diese Forderungen befriedigt werden, ist es möglich, noch breitere Volksmassen zu mobilisieren, daß sie sich in den Kampf gegen den japanischen Imperialismus einreihen, ist es möglich, der antijapanischen Bewegung einen dauerhaften Charakter zu geben und sie bis zum vollständigen Sieg durchzuführen. Und nur auf diesem Wege wird die Partei die Führung im antijapanischen Krieg erobern können." Siehe auch die Arbeit "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus" (vorliegender Band, S. 177 ff.).
  181. Am 5. Mai 1936 sendete die Rote Armee ein offenes Telegramm mit der Forderung an die Nanking-Regierung, den Krieg einzustellen, in Friedensverhandlungen einzutreten und am gemeinsamen Kampf gegen Japan teilzunehmen. Dieses Telegramm hat folgenden Wortlaut: An den Militärrat der Nankinger Nationalregierung, an alle See-, Land- und Luftstreitkräfte, an alle Parteien, Gruppen, Organisationen und Zeitungsredaktionen, an alle Landsleute, die keine Sklaven unter dem Joch der Fremdherrschaft sein wollen. Seitdem die Antijapanische Vorhutarmee der Roten Armee des Chinesischen Volkes, die von der Revolutionären Militärkommission der chinesischen Roten Armee organisiert worden war, den Gelben Fluß überschritten und ihren Feldzug nach dem Osten begonnen hat, errang sie überall Siege und gewann vom ganzen Land begeisterte Unterstützung. Als jedoch die Vorhutarmee die Datung-Pudschou-Eisenbahn besetzte und aktiv rüstete, nach dem Osten in die Provinz Hopeh vorzustoßen, um unmittelbar gegen die japanischen Imperialisten zu operieren, schickte Tschiang Kai-schek bewaffnete Kräfte in einer Stärke von mehr als zehn Divisionen nach der Provinz Schansi, um im Zusammenwirken mit Yän Hsi-schan die Rote Armee bei ihrem Vorrücken gegen die japanischen Aggressoren aufzuhalten. Außerdem befahl er den Truppen Dschang Hsüä-liangs und Yang Hu-tschengs sowie den in Nordschensi stehenden Truppen, nach dem roten Gebiet Schensi-Kansu vorzurücken, um das Hinterland unseres Widerstandskriegs zu desorganisieren. Um unmittelbar gegen die japanischen Eindringlinge kämpfen zu können, hätte die Antijapanische Vorhutarmee der Roten Armee des Chinesischen Volkes eigentlich all ihre Kräfte konzentrieren und die Truppen Tschiang Kai-scheks vernichten sollen, die der Vorhutarmee den Weg zur Front des Widerstandskriegs gegen Japan versperrten. Die Revolutionäre Militärkommission der Roten Armee kam jedoch nach wiederholten Überlegungen zu dem Schluß: Im jetzigen Augenblick einer bevorstehenden nationalen Katastrophe kann ein Entscheidungskampf zwischen den Truppen beider Seiten der Verteidigungskraft Chinas nur Verlust zufügen und allein den japanischen Imperialisten gelegen kommen - unabhängig davon, wer aus solchem Entscheidungskampf als Sieger hervorgehen würde. Außerdem gibt es unter den Truppen Tschiang Kai-scheks und Yän Hsi-schans nicht wenige patriotische Offiziere und Soldaten, die den Bürgerkrieg einstellen und mit vereinten Kräften den Kampf gegen Japan führen möchten. Diese Patrioten können es wahrhaftig nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, daß sie heute Tschiang Kai-scheks und Yän Hsi-schans Befehl gehorchen, der in den Kampf gegen Japan ziehenden Roten Armee den Weg zu verlegen. Deshalb hat die Revolutionäre Militärkommission der Roten Armee die Antijapanische Vorhutarmee des Volkes trotz ihrer zahlreichen Siege in der Provinz Schansi auf das Westufer des Gelben Flusses zurückgezogen, und zwar in dem Bestreben, Chinas Kräfte für die Landesverteidigung zu erhalten und dadurch die rascheste Entfaltung des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression zu fördern, sowie in dem Bestreben, die in unseren Deklarationen an das Volk wiederholten Forderungen nach Einstellung des Bürgerkriegs und nach Zusammenschluß für den Widerstand gegen Japan entschlossen zu verwirklichen und schließlich Tschiang Kai-schek und die patriotisch gesinnten Militärangehörigen unter seinem Befehl noch in letzter Minute wachzurütteln. Mit diesem Akt haben wir der Nanking-Regierung, allen See-, Land- und Luftstreitkräften des Landes und dem ganzen chinesischen Volk unsere Aufrichtigkeit bewiesen: Wir sind bereit, innerhalb eines Monats mit allen bewaffneten Kräften, die gegen die antijapanische Rote Armee kämpfen, den Waffenstillstand zu arrangieren und Friedensverhandlungen einzuleiten, um den Bürgerkrieg einzustellen und Japan Widerstand zu leisten. Die Revolutionäre Militärkommission der Roten Armee gibt Ihnen, meine Herren der Nanking-Regierung, mit allem Ernst den Rat, sich im gegenwärtigen äußerst kritischen Moment, da dem Vaterland der Untergang und dem Volk die Versklavung drohen, unverzüglich zu entschließen, die begangenen Sünden zu bekennen und Wiedergutzumachen und im Geiste des alten Spruchs "Brüder streiten zu Hause miteinander, aber einem äußeren Feind treten sie gemeinsam entgegen" den Bürgerkrieg im ganzen Land und vor allem in den Provinzen Schensi, Kansu und Schansi einzustellen; darauf sollen beide Seiten ihre Vertreter entsenden, um konkrete Maßnahmen zum Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands zu beraten. Das wird nicht nur ein günstiger Ausweg für Sie, meine Herren, sondern auch ein Glück für die Nation und den Staat sein. Wenn Sie das nicht einsehen wollen und weiterhin hartnäckig den falschen Weg verfolgen, wenn Sie es vorziehen, Landesverräter und Kollaborateure zu werden, dann wird am Ende Ihre Herrschaft unausbleiblich zusammenbrechen, werden Sie gewiß von dem ganzen Volk verächtlich zur Seite getreten und gestürzt werden. Ein alter Spruch lautet: "Wenn tausend anklagende Finger auf einen Menschen gerichtet werden, stirbt er, ohne krank gewesen zu sein `, und ein anderer lautet: "Der Metzger braucht nur sein Schlachtmesser fortzuwerfen, und er wird auf der Stelle ein Buddha." Sie möchten sich das alles ernstlich überlegen. Die Revolutionäre Militärkommission der Roten Armee wendet sich an alle Organisationen, Parteien, Gruppen und Landsleute, die keine Sklaven unter dem Joch der Fremdherrschaft sein wollen, mit dem Appell, unsere Forderung nach Einstellung des Bürgerkriegs, nach Friedensverhandlungen und Zusammenschluß zum Widerstand gegen Japan zu unterstützen, Komitees zur Förderung der Einstellung des Bürgerkriegs zu organisieren, Vertreter an die Front zu entsenden, damit sie den Feuerwechsel zwischen den beiden kämpfenden Seiten stoppen, zur vorbehaltlosen Durchsetzung dieser Forderung anhalten und darüber Aufsicht führen.
  182. Siehe "Eine Erklärung zur Erklärung Tschiang Kai-scheks", Anmerkung 7 (vorliegender Band, S. 30; ff.).
  183. In dem "Beschluß über die gegenwärtige politische Lage und die Aufgaben der Partei", der in der Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Dezember 1935 angenommen wurde, und in dem Referat des Genossen Mao Tse-tung "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus" wurde die Losung einer Volksrepublik aufgestellt. Später wandte die Partei, wie es die Entwicklung der Lage erforderte, die Politik an, Tschiang Kai-schek zum Widerstand gegen Japan zu zwingen; und da die Partei damit rechnete, daß die Losung einer Volksrepublik für die Tschiangkaischek-Clique unannehmbar war, ersetzte sie in ihrem Brief an die Kuomintang im August 1936 diese Losung durch die Losung einer demokratischen Republik. Kurz darauf gab das Zentralkomitee der Partei in seinem "Beschluß über die neue Lage in der Bewegung für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands sowie über die demokratische Republik", der im September des gleichen Jahres angenommen wurde, eine konkrete Erläuterung der Losung der demokratischen Republik. Obwohl sich diese zwei Losungen in der Form unterscheiden, sind sie ihrem Wesen nach gleichbedeutend. Nachstehend werden aus dem Beschluß, der im September 1936 vom Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas angenommen wurde, zwei Abschnitte über die Frage der demokratischen Republik angeführt: "Das Zentralkomitee ist der Meinung, daß in der gegenwärtigen Lage die Losung der Schaffung einer demokratischen Republik ausgegeben werden muß, da das der beste Weg ist, um alle antijapanischen Kräfte zusammenzuschließen zur Sicherung der territorialen Integrität Chinas und zur Abwendung der dem chinesischen Volk drohenden Katastrophe des Untergangs des Vaterlands und der Versklavung des Volkes. Zudem ist das auch die für die Einheitsfront geeigneteste Losung, die aus den demokratischen Forderungen der breiten Volksmassen hexvorgegangen ist. Die demokratische Republik verkörpert eine geographisch noch umfassendere Demokratie als die demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern in lediglich einem Teil des Territoriums Chinas, und sie ist ein weitaus fortschrittlicheres politisches System als die Diktatur einer Partei - die Diktatur der Kuomintang - in dem Hauptteil des Landes. Deshalb wird die demokratische Republik die allgemeine Mobilisierung des Volkes zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression und den vollständigen Sieg in diesem Krieg noch erfolgreicher gewährleisten können. Zugleich wird die demokratische Republik nicht nur die breitesten Volksmassen ganz Chinas zur Teilnahme am politischen Leben heranziehen, das Niveau ihrer politischen Bewußtheit heben und ihre organisierten Kräfte stärken, sondern auch dem chinesischen Proletariat und seiner Führerin, der Kommunistischen Partei Chinas, breiten Spielraum für ihre ungehinderte Tätigkeit im Kampf um den künftigen Sieg des Sozialismus gewähren. Deshalb erklärt die Kommunistische Partei Chinas, daß sie die Bewegung für die demokratische Republik aktiv unterstützt. Sie erklärt ferner: Sobald die demokratische Republik in ganz China geschaffen und das aus den allgemeinen Wahlen hervorgegangene Parlament einberufen sein wird, werden die roten Gebiete unverzüglich in diese Republik als ihr Bestandteil eingehen. Die Bevölkerung der roten Gebiete wird ihre Deputierten in das Parlament wählen, und in diesen Gebieten wird die gleiche demokratische Ordnung errichtet werden." "Das Zentralkomitee weist nachdrücklich darauf hin: Nur durch fortgesetzte Entfaltung der Bewegung des gesamten chinesischen Volkes für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands, nur durch Erweiterung der antijapanischen nationalen Einheitsfront aller Parteien, Gruppen und Bevölkerungskreise sowie aller Streitkräfte, nur durch Verstärkung der politisch führenden Rolle der Kommunistischen Partei Chinas in der nationalen Einheitsfront, nur durch maximale Festigung der roten Macht und der Roten Armee und nur durch entschlossenen Kampf gegen alle Äußerungen und Handlungen, die die Souveränität Chinas verraten und der chinesischen Nation Schmach und Schande antun sowie die Kräfte der nationalen Einheitsfront schwächen, - nur so können wir die Nankinger KuomintangRegierung dazu treiben, den Weg des Kampfes gegen Japan einzuschlagen, und die Voraussetzungen für die Errichtung einer demokratischen Republik schaffen. Die Realisierung einer solchen Republik ist ohne einen schweren und langwierigen Kampf, ohne die Mobilisierung des gesamten chinesischen Volkes und ohne einen Aufschwung der Revolution unmöglich. Im Verlauf des Kampfes für eine demokratische Republik muß die Kommunistische Partei Chinas erreichen, daß diese Republik mit der Verwirklichung des von unserer Partei aufgestellten Zehn-Punkte-Programms des Widerstands gegen Japan zur Rettung des Vaterlands beginnen muß, bis sie die grundlegenden Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution in China endgültig erfüllt hat."
  184. Dieses Telegramm wurde am 10. Februar 1937 abgesandt. Sein Wortlaut: An die Herren des 3. Plenums des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang! Die Sian-Ereignisse sind zur Beruhigung und Freude des ganzen Landes friedlich beigelegt worden. Von diesem Augenblick an besteht die reale Möglichkeit, den Kurs auf Herstellung von Frieden und Einheit, auf den Zusammenschluß der Kräfte für den Widerstand gegen den äußeren Feind einzuschlagen, und das ist ein wahres Glück für Staat und Nation. Im gegenwärtigen Augenblick, da die japanischen Aggressoren in ihrer maßlosen Arroganz außer Rand und Band geraten sind, da die bloße Existenz der chinesischen Nation an einem Haar hängt, wünscht unsere Partei von ganzem Herzen, daß das ;. Plenum des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei in Übereinstimmung mit diesem Kurs nachstehende Punkte als Staatspolitik festlegt: Alle Bürgerkriege sind einzustellen und alle Kräfte des Landes für den einmütigen Widerstand gegen den äußeren Feind zu konzentrieren; die Freiheit der Rede, der Versammlung und der Vereinigung ist zu garantieren, alle politischen Häftlinge sind freizulassen; eine Konferenz von Vertretern aller Parteien und Gruppen, aller Bevölkerungskreise und aller Streitkräfte ist einzuberufen, und auf diese Weise sind die besten Kräfte der Nation zum gemeinsamen Kampf für die Rettung des Vaterlands zusammenzufassen; alle Vorbereitungsarbeiten zur Führung des Widerstandskriegs gegen Japan sind möglichst rasch abzuschließen; die Lebensbedingungen des Volkes sind zu verbessern. Wenn das 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees Ihrer Partei es wirklich so weit bringen kann, diese Punkte entschlossen und fest als Staatspolitik festzulegen, ist unsere Partei bereit, als Beweis ihres aufrichtigen Wunsches nach dem Zusammenschluß gegen den äußeren Feind Ihrem Plenum folgende Garantien zu geben: Die Durchführung des Kurses auf den bewaffneten Aufstand zum Sturz der Nationalregierung wird im ganzen Land eingestellt. Die Demokratische Arbeiter- und Bauernregierung wird in Regierung des Sondergebiets der Republik China, die Rote Armee in Nationalrevolutionäre Armee umbenannt und direkt der Anleitung der Zentralregierung beziehungsweise ihres Militärrates in Nanking unterstellt. Auf dem gesamten Territorium unter der Regierung des Sondergebiets wird eine konsequent demokratische Ordnung errichtet, die auf allgemeinem Wahlrecht beruht. Die Politik der Beschlagnahme des Bodens von Grundherren wird eingestellt und das gemeinsame Programm der antijapanischen nationalen Einheitsfront entschieden durchgeführt.
  185. Vom November bis Dezember 1936 streikten in Schanghai über 41 000 Arbeiter von 26 japanischen und chinesischen Textilfabriken. Aus Solidarität mit den Schanghaier Arbeitern traten die Arbeiter aller japanischen Textilfabriken in Tsingtao im Dezember ebenfalls in den allgemeinen Streik. Die Schanghaier Arbeiter errangen den Sieg: Ab November wurde ihr Lohn um 5 Prozent erhöht; der Fabrikverwaltung wurde verboten, die Arbeiter willkürlich zu entlassen, zu schlagen oder zu beschimpfen. Der Streik der Tsingtaoer Arbeiter wurde jedoch durch Truppenteile der japanischen Marineinfanterie niedergeschlagen.
  186. Nach der Besetzung des Passes von Schanhaiguan durch die japanischen Aggressoren und deren Eindringen in Nordchina im Jahre 1933 und besonders nach dem Abschluß des "Ho-Umezu-Abkommens" im Jahre 1935 waren die Interessen des englisch-amerikanischen Imperialismus in Nord- und Zentralchina direkten Schlägen seitens des japanischen Imperialismus ausgesetzt; deshalb begannen Großbritannien und die USA ihre Haltung gegenüber Japan zu ändern und beeinflußten auch die Japanpolitik der Tschiangkaischek-Regierung. Während der Sian-Ereignisse des Jahres 1936 machte Großbritannien seinen Standpunkt klar, daß die Forderungen Japans, die die Interessen Großbritanniens in China beeinträchtigten, abgelehnt werden sollten, und ließ sogar durchblicken, daß - soweit die Tschiangkaischek-Regierung noch imstande sei, das chinesische Volk weiter zu regieren - es nicht schaden könne, "eine Art Bündnis mit der Kommunistischen Partei" einzugehen, um der Aggressionspolitik Japans einen Schlag zu versetzen.
  187. Im Juni 1936 gingen die Kuangsi-Militärmachthaber Li Dsung-jen und Bai Tschung-hsi sowie der Kuangtung-Militärmachthaber Tschen Dji-tang und andere, getarnt unter der Losung des "Widerstands gegen Japan zur Rettung des Vaterlands", gemeinsam gegen Tschiang Kai-schek vor. Im August des gleichen Jahres konnte Tschiang Kai-schek erreichen, daß diese Auflehnung im Sande verlief, indem er mit der Taktik der Spaltung und Bestechung lavierte.
  188. lm August 1936 begannen japanische und Marionettentruppen den Einfall in die Provinz Suiyüan. Im November traten ihnen chinesische Truppen in dieser Provinz entgegen. Das ganze chinesische Volk entfaltete eine Bewegung zur Unterstützung der Suiyüanfront.
  189. Nach Abschluß des "Ho-Umezu-Abkommens" im Jahre 1935 bezog die Nankinger Kuomintang-Regierung unter dem Druck der wachsenden antijapanischen Bewegung des chinesischen Volkes und unter dem Einfluß der relativ strafferen Japanpolitik der englisch-amerikanischen Imperialisten ebenfalls eine verhältnismäßig härtere Position Japan gegenüber. Während der Verhandlungen mit Japan, die von September bis Dezember 1936 stattfanden, nahm die Kuomintang-Regierung zu Verzögerungs- und Verschleppungsmanövern Zuflucht, so daß die Verhandlungen zu keinerlei Ergebnissen führten und abgebrochen wurden.
  190. Es handelt sich um eine Sitzung des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang, die am 15. Februar 1937 nach der friedlichen Beilegung der Sian-Ereignisse in Nanking stattfand.
  191. Ah Queh - die Hauptgestalt der bekannten Erzählung des großen chinesischen Schriftstellers Lu Hsün Die wahre Geschichte von Ah Queh. In der Gestalt Ah Quehs zeigt Lu Hsün einen Menschentyp, der sich über alles Mißgeschick hinwegzutrösten weiß, sich in allen Lebenslagen für den Sieger hält, indem er stets den "moralischen Sieg" errungen zu haben glaubt.
  192. In diesem Fall sind unter den Drei Volksprinzipien die Grundsätze und das Programm über Nationalismus, Demokratie und Volkswohl gemeint, die von Sun Yat-sen aufgestellt wurden, nicht aber seine Weltanschauung oder das theoretische System seiner Ansichten. In der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution stimmten die Kommunisten den Hauptthesen des Programms von Sun Yat-sen zu und arbeiteten seinerzeit mit ihm zusammen; aber mit der von ihm vertretenen Weltanschauung oder mit dem von ihm vertretenen theoretischen System der Ansichten der Bourgeoisie und des Kleinbürgertums sind sie durchaus nicht einverstanden. Als Vortrupp des chinesischen Proletariats unterscheiden sich die Kommunisten in ihrer Weltanschauung oder im theoretischen System ihrer Ansichten, in ihren theoretischen Anschauungen über die nationalen und sonstigen Fragen grundlegend von Sun Yat-sen. Siehe die Arbeit "Über die Neue Demokratie" (Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. II).
  193. Die Kuomintang war nach ihrer Reorganisation durch Sun Yat-sen im Jahre 1924 zu einem revolutionären Bündnis verschiedener Klassen geworden. In dieser Periode traten die Kommunisten als Einzelpersonen der Kuomintang bei. Nachdem die Kuomintang im Jahre 1927 die Revolution verraten hatte, wurde überall in China ein Blutbad unter den Kommunisten sowie jenen zahlreichen linken Kuomintang-Mitgliedern angerichtet, die wahre Anhänger der drei politischen Hauptrichtlinien Sun Yat-sens waren, was die Kuomintang als "Kampagne zur Säuberung der Partei` bezeichnete. Seitdem ist die Kuomintang zur konterrevolutionären Partei der Großgrundherren und der Großbourgeoisie geworden.
  194. Gemeint ist die Lage, die in der ersten Hälfte des Jahres 1927 durch die opportunistische Führung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verschuldet wurde.
  195. Schlußwort des Genossen Mao Tse-tung auf der Landeskonferenz der Kommunistischen Partei Chinas, die im Mai 1937 stattfand.
  196. Nach den Sian-Ereignissen nahmen die japanischen Imperialisten vorübergehend eine gemäßigte Positur ein, um die Kuomintang-Behörden zur Untergrabung des inneren Friedens in China, der sich damals schon anbahnte, und zum Bruch der sich allmählich herausbildenden antijapanischen nationalen Einheitsfront zu veranlassen. Die autonome Marionettenregierung der Inneren Mongolei sandte - angestiftet von den japanischen Eindringlingen - zweimal (im Dezember 1936 und im März 1937) offene Telegramme an die Kuomintang-Regierung in Nanking, um ihre Unterstützung zu bekunden. Der japanische Außenminister Sato, der selbst auftrat, um Tschiang Kai-schek auf seine Seite zu ziehen, erklärte heuchlerisch, daß Japan seine bisherigen Beziehungen zu China ändern werde und China helfen wolle, eine politische Vereinigung und die Wiederherstellung der Wirtschaft zu erreichen. Anderseits schickten die Japaner eine sogenannte "wirtschaftliche Studiengruppe" mit dem Finanzmagnaten Kenji Kodama an der Spitze nach China, angeblich mit dem Ziel, China in seinen Bemühungen "um den Abschluß der Organisierung eines modernen Staates" zu unterstützen. Mit der sogenannten "Diplomatie Satos" und dem "Rückzug Japans", den manche durch die Lügenmanöver der japanischen Imperialisten irregeführte Leute zu erkennen glaubten, sind alle diese aggressiven Umtriebe gemeint.
  197. Im November 1936 verhaftete die Kuomintang-Regierung in Schanghai sieben Führer der Bewegung für den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands (Schen Djün-ju und andere). Im April 1937 erhob der Staatsanwalt des Kuomintang-Obergerichts in Sudschou "Anklage" gegen Schen Djün-ju und andere. Sie wurden angeklagt, "die Republik gefährdet zu haben", mit derselben erdichteten Beschuldigung, mit welcher die Kuomintang-Behörden alle patriotischen Bewegungen zu brandmarken pflegten.
  198. Vor den Sian-Ereignissen hatte die an der Grenze der Provinzen Schensi und Kansu stationierte Nordostarmee unmittelbaren Kontakt mit der in Nordschensi stehenden Roten Armee und war deshalb ihrem starken Einfluß ausgesetzt. Das Ergebnis war dann auch, daß es zu den Sian-Ereignissen kam. Im März 1937 befahlen die Kuomintang-Reaktionäre der Nordostarmee kategorisch, ihre Standorte nach Osten in die Provinzen Honan und Anhui zu verlegen, um dadurch die zwischen der Roten Armee und der Nordostarmee angeknüpften Verbindungen abzubrechen und diese Gelegenheit zur Spaltung der Reihen der Nordostarmee auszunutzen.
  199. Yang Hu-tscheng war ein militärischer Führer im Nordwesten; neben Dschang Hsüä-liang war er der Initiator der Sian-Ereignisse. Deshalb wurden ihre Namen gekoppelt, und sie wurden "Dschang-Yang" genannt. Nach der Freilassung Tschiang Kai-scheks begleitete Dschang Hsüä-liang ihn nach Nanking. In Nanking wurde Dschang Hsüä-liang sofort verhaftet. Yang Hu-tscheng wurde im April 1937 auf Befehl der Kuomintang-Reaktionäre seines Postens enthoben und war gezwungen, ins Ausland zu gehen. Nach Ausbruch des Widerstandskriegs in China kehrte er in die Heimat zurück und beabsichtigte, am Kampf gegen Japan teilzunehmen. Aber er wurde ebenfalls von Tschiang Kai-schek verhaftet und für die restliche Zeit seines Lebens eingekerkert. Im September 1949, als sich die Volksbefreiungsarmee Tschungking näherte, wurde Yang Hu-tscheng im Konzentrationslager ermordet.
  200. Der Paß von Tungguan ist ein wichtiger strategischer Punkt an jener Stelle, wo die Provinzen Schensi, Honan und Schansi zusammenstoßen. Zur Zeit der SianEreignisse standen die Kuomintang-Truppen hauptsächlich ostwärts von Tungguan. Zu dieser Zeit bestanden einige Leute, die sich als "Linke" bezeichneten (darunter auch Dschang Guo-tao), auf einen "Durchbruch durch den Paß von Tungguan", das heißt einen Angriff gegen die Kuomintang-Truppen zu unternehmen. Dieser Vorschlag widersprach dem Kurs des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas auf friedliche Regelung der Sian-Ereignisse.
  201. Nach der Oktoberrevolution in Rußland betrieb der französische Imperialismus lange Zeit eine feindselige Politik gegenüber der Sowjetunion. Kurz nach der Oktoberrevolution - in den Jahren 1918 bis 1920 - beteiligte sich die französische Regierung aktiv an der bewaffneten Intervention der 4 Länder gegen Sowjetrußland. Nachdem diese Intervention gescheitert war, setzte die französische Regierung die reaktionäre Politik der Isolierung der Sowjetunion fort. Erst im Mai 1935, unter dem Einfluß der friedlichen Außenpolitik der Sowjetunion auf das französische Volk sowie wegen der Bedrohung Frankreichs durch das faschistische Deutschland schloß Frankreich mit der Sowjetunion einen Beistandspakt ab. Aber später hielt die reaktionäre Regierung Frankreichs diesen Pakt nicht ehrlich ein.
  202. Siehe Karl Marx und Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, Kapitel IV; W. I. Lenin, Zwei Taktiken der Sozialdemokratie in der demokratischen Revolution, Abschnitt 1z und 1; Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang, Kapitel III, Abschnitt 3.
  203. Siehe J. W. Stalin, Über die Grandlagen des Leninismus, Abschnitt III; Die Oktoberrevolution und die Taktik des russischen Kommunisten, Abschnitt II; Zu den Fragen des Leninismus, Abschnitt III.
  204. Siehe J. W. Stalin, "Rede im Kremlpalast vor den Absolventen der Akademien der Roten Armee", Mai 1935. In dieser Rede sagte Genosse Stalin, daß "von allen wertvollen Kapitalien die es in der Welt gibt, das wertvollste und entscheidendste Kapital die Menschen, die Kader sind. Man muß begreifen, daß unter unseren heutigen Verhältnissen ,die Kader alles entscheiden`."
  205. Gemeint sind die Differenzen zwischen der Linie des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und der von Dschang Guo-tao verfolgten Rückzugslinie in den Jahren 1931/1936· Siehe "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Anmerkung 22 (vorliegender Band, S. 205 ). Wenn Genosse Mao Tse-tung hier davon spricht, daß "die Differenzen überwunden sind", meint er die Vereinigung der Einheiten der 4. Frontarmee der Roten Armee mit den Einheiten der Zentralen Roten Armee. Was aber den späteren offenen Verrat Dschang Guo-taos anbelangt, der in das Lager der Konterrevolution überlief, so gehört das bereits nicht zu den Fragen der Linie der Führung, sondern zu den verräterischen Handlungen Dschang Guo-taos persönlich.
  206. In unserer Partei gab es eine Gruppe von Genossen, Vertreter des Dogmatismus, die lange Zeit die Erfahrungen der chinesischen Revolution verwarfen, die Wahrheit leugneten, daß "der Marxismus kein Dogma ist, sondern eine Anleitung zum Handeln", und die Menschen mit einzelnen, verständnislos aus dem Zusammenhang gerissenen Worten und Sätzen aus marxistischen Werken einschüchtern wollten. Es gab außerdem eine andere Gruppe von Genossen, Vertreter des Empirismus, die sich lange Zeit an ihre eigenen, fragmentarischen Erfahrungen klammerten, die Bedeutung der Theorie für die revolutionäre Praxis nicht verstanden und die Lage der Revolution nicht in ihrer Gesamtheit erkannten; sie gaben sich zwar auch viel Mühe, arbeiteten aber ins Blinde hinein. Die falschen Anschauungen dieser beiden Gruppen von Genossen, insbesondere der Dogmatiker, fügten der chinesischen Revolution in den Jahren 1931-1934 gewaltigen Schaden zu, und dennoch ließen sich viele Genossen von den Dogmatikern verwirren, die sich ein marxistisches Mäntelchen umgebängt hatten. Genosse Mao Tse-tung schrieb die Arbeit "Über die Praxis", um vom Standpunkt der marxistischen Erkenntnistheorie die subjektivistischen Fehler des Dogmatismus und des Empirismus in der Partei - insbesondere erstere - zu entlarven. Da in dieser Arbeit das Schwergewicht auf der Entlarvung des Dogmatismus liegt, also jener Art de Subjektivismus, bei der die Praxis geringgeschätzt wird, trägt sie den Titel "Über die Praxis". Die in dieser Arbeit enthaltenen Anschauungen des Genossen Mao Tse-tung wurden von ihm in einer Vorlesung an der Antijapanischen Militärisch-Politischen Akademie in Yenan dargelegt.
  207. San Guo Yän Yi (Die drei Reiche) ist ein bekannter chinesischer historischer Roman, der von Luo Guan-dschung (etwa 1330-1400) verfaßt wurde.
  1. Unter der Kompradorenklasse versteht man jene Chines*innen, die, nachdem die Imperialist*innen in China eingedrungen waren, von den fremdländischen Kapitalist*innen als ihre Stellvertreter bei den aggressiven Handlungen gegen die Wirtschaft Chinas eingesetzt wurden. Das war jener Teil der Bourgeoisie, der den Kapitalist*innen der imperialistischen Länder direkt diente und von ihnen gemästet wurde. Die Kompradorenklasse war mit den feudalen Kräften des Landes verbunden.
  2. Mit Tuhao (örtliche Despoten) sind solche Grundherren, Großbäuer*innen, Beamt*innen und Reiche gemeint, die in der alten chinesischen Gesellschaft durch ihre Machtstellung zügellose Willkürherrschaft im Dorf und in der Stadt ausüben konnten. Unter Liäschen (üble Vornehme) versteht man jene Tuhao, die einen relativ hohen Bildungsgrad besaßen und eine relativ hohe politische und soziale Stellung innehatten. Die Tuhao und Liäschen gehörten im jeweiligen Ort zu den politischen Repräsentant*innen der Grundherrenklasse.
  3. Dschili war der alte Name der Provinz Hopeh.
  4. Stand der "Vornehmen".
  5. Damals wurde ein Silbermünzsystem eingeführt, bei dem sich ein Yüan (im allgemeinen 24 g Silber) in 10 Jiao bzw. 100 Fen teilte.
  6. Der chinesische Ausdruck für "Er lebe hoch!" ist "wansui", was wörtlich "Zehntausend Lebensjahre" bedeutet. Er war die traditionelle Begrüßung der Kaiser und wurde zu einem Synonym für Kaiser. Heute hat der chinesische Ausdruck "wansui" diese Bedeutung verloren und heißt soviel wie "Hoch!" oder "Lebe hoch!"
  7. Wän ist eine Kupfermünze; eine gewisse Anzahl von Wän entspricht einem Fen. Der Wert eines Wän schwankt je nach Zeit und Ort.
  8. Als Bedingung für den Abschluß eines Pachtvertrags mußte der Pächter dem Grundherrn in der Regel eine Kaution in Geld oder in Waren geben. Obwohl die Kaution als eine Sicherstellung für die regelmäßige Pachtzinszahlung hingestellt wurde, bedeutete sie in Wirklichkeit eine zusätzliche Form der Ausbeutung.
  9. Die Geomantie ist eine Praktik, dass die Lage der Ahnengräber für das Schicksal der Nachkommen bestimmend wäre. Die Geomanten behaupten, eine glückverheißende Stelle und deren Umgebung für das Grab ausfindig machen zu können.
  10. Dan (Hohlmaß) = 100 l
  11. Dou = 10 l
  12. Im November 1933 erklärten die Führer der 19. Route-Armee der Kuomintang unter dem Einfluß der in ganz China stürmisch entfalteten antijapanischen Volksbewegung und im Bunde mit den von Li Dji-schen u. a. geführten Kräften der Kuomintang öffentlich, daß sie mit Tschiang Kai-schek gebrochen hätten. Sie errichteten in der Provinz Fukien die "Revolutionäre Volksregierung der Chinesischen Republik" und trafen mit der Roten Armee eine Vereinbarung über den gemeinsamen Widerstand gegen die japanischen Aggressoren und über den Kampf gegen Tschiang Kai-schek. Dies bezeichnete man als Fukien-Ereignisse. In der Folge erlitten jedoch die 19. Route-Armee und die Volksregierung von Fukien unter den Schlägen der Truppen Tschiang Kai-scheks eine Niederlage.
  13. Der Drachenkönig ist in der chinesischen Mythologie der Beherrscher der Meere und Besitzer zahlloser Schätze und Kostbarkeiten.
  14. Li (Längenmaß) = 0,5 km
  15. Dieser Satz stammt von Menzius. Mit dem Otter, der "die Fische dorthin treibt, wo das Wasser tiefer ist", vergleicht er einen Tyrannen, der das Volk dazu treibt, einen milden Herrscher zu suchen.
  16. Der chinesischen Mythologie zufolge war Pan Gu der Schöpfer der Welt und der erste Herrscher der Menschheit.
  17. Im Legendenbuch waren die Drei Souveräne und die Fünf Kaiser Herrscher in alten Zeiten Chinas.
  1. Siehe die Schrift "Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft", Anm. 15 (vorliegender Band, S. 19)
  2. Siehe Anmerkungen zum Referat "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus" (vorliegender Band, S. 205 f.).
  3. Siehe den Brief von Marx an Kugelmann über die Pariser Kommune.
  4. Lenin, "Konspekt zu Hegels Wissenschaft der Logik".
  5. Vgl. Karl Marx, Thesen über Feuerbach, und W. I. Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, Kapitel II, Abschnitt 6.
  6. Lenin, "Konspekt zu Hegels Wissenschaft der Logik".
  7. Vgl. Lenin, -Konspekt zu Hegels Wissenschaft der Logik". Lenin sagt dort: "Um zu begreifen, muß man mit dem Begreifen, dem Studieren empirisch anfangen und von der Empirie zum Allgemeinen aufsteigen."
  8. Lenin, Was tun?, Kapitel I, Abschnitt 4.
  9. Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, Kapitel II, Abschnitt 6.
  10. Stalin, Über die Grundlagen des Leninismus, Teil III.
  11. Vgl. Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, Kapitel II, Abschnitt 5.
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