Weitere Sprachen
Weitere Optionen
Ausgewählte Werke Band II | |
|---|---|
| Autor*in | Mao Zedong |
| Verlag | Verlag für fremdsprachige Literatur Peking, 1. Ausgabe |
| Veröffentlicht | Oktober 1968 |
Die Periode des Widerstands gegen die japanische Aggression (I)
Der politische Kurs, die Maßnahmen und die Perspektiven im Kampf gegen den Angriff Japans
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.7-17
(23. Juli 1933)[Anmerkung 1]
I. Zwei Arten von politischem Kurs
Gleich am ersten Tag nach den Ereignissen bei Lugoutjiao,[Anmerkung 2] am 8. Juli, wandte sich das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas an das ganze Land mit einer Deklaration, die zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression aufrief. In dieser Deklaration heißt es:
Landsleute! Peiping und Tientsin sind in Gefahr! Nordchina ist in Gefahr! Die chinesische Nation ist in Gefahr! Der Widerstandskrieg der ganzen Nation gegen die japanische Aggression ist unser einziger Ausweg. Wir fordern einen unverzüglichen entschlossenen Widerstand gegen die angreifende japanische Armee und sofortige Vorbereitungen, um neuen großen Wendungen wohlgerüstet entgegenzutreten. Das ganze Land, von oben bis unten, muß auf der Stelle alle Spekulationen aufgeben, daß es möglich wäre, irgendwie in Frieden mit den japanischen Eindringlingen auszukommen. Landsleute! Wir müssen den heroischen Widerstand der Einheiten Feng Dschi-ans rühmen und unterstützen. Wir müssen die Deklaration der Behörden Nordchinas rühmen und unterstützen, in der sie bekunden: mit dem Vaterland leben oder sterben. Wir fordern, daß General Sung Dschö-yüan das ganze 29. Korps[Anmerkung 3] unverzüglich in Kampfbereitschaft versetzt und zum Einsatz an die Front schickt. Wir fordern, daß die Zentralregierung in Nanking dem 29. Korps wirksame Hilfe leistet, daß sie der patriotischen Bewegung der Volksmassen im ganzen Land unverzüglich Freiheit gewährt und der Begeisterung des Volkes zum bewaffneten Widerstand freien Lauf läßt, daß die Regierung alle Land-, See- und Luftstreitkräfte des Landes unverzüglich zum Widerstand gegen den Feind in Kampfbereitschaft versetzt, daß sie das Land unverzüglich von den verborgenen Landesverrätern und Kollaborateuren sowie von den japanischen Spionen säubert und auf diese Weise das Hinterland festigt. Wir rufen das ganze Volk auf, mit allen Kräften den heiligen Verteidigungskrieg gegen die japanische Aggression zu unterstützen. Unsere Losungen lauten: Verteidigen wir mit der Waffe in der Hand Peiping, Tientsin und Nordchina! Wir werden den Heimatboden bis zum letzten Blutstropfen verteidigen! Volk, Regierung und Streitkräfte Chinas! Schließen wir uns zusammen und errichten wir die unzerstörbare Große Mauer der nationalen Einheitsfront zur Abwehr der Aggression der japanischen Eindringlinge! Mögen Kuomintang und Kommunistische Partei in enger Zusammenarbeit dem neuen Angriff der japanischen Eindringlinge Widerstand leisten! Verjagt die japanischen Eindringlinge aus China!
So steht es um den politischen Kurs.
Am 17. Juli gab Herr Tschiang Kai-schek in Luschan eine Erklärung ab. Diese Erklärung, welche die Linie auf Vorbereitung zum Widerstandskrieg festlegte, war seit vielen Jahren die erste richtige Erklärung der Kuomintang in Fragen der Außenpolitik. Deshalb wurde sie von uns wie von allen Landsleuten begrüßt. In dieser Erklärung wurden vier Bedingungen für die Beilegung der Ereignisse bei Lugoutjiao gestellt:
1. Keine Beilegung darf die Souveränität Chinas und seine territoriale Integrität verletzen;
2. unzulässig ist jegliche ungesetzliche Änderung im administrativen Aufbau der Provinzen Hopeh und Tschahar;[ProleWiki Anmerkung 1]
3. die von der Zentralregierung eingesetzten örtlichen Beamten dürfen nicht auf Drängen anderer abgesetzt bzw. ausgewechselt werden;
4. unzulässig sind alle Einschränkungen des Gebietes, in dem gegenwärtig das 29. Korps untergebracht ist.
Im Schlußteil der Erklärung heißt es:
Die Regierung hat in Bezug auf die Ereignisse bei Lugoutjiao einen unbeirrbaren politischen Kurs eingeschlagen und eine unbeirrbare Position bezogen. Wir sind uns darüber im klaren, daß uns in der Lage, die nach dem Eintritt der ganzen Nation in den Widerstandskrieg entstehen wird, nichts anderes übrigbleibt, als bis zum Äußersten Opfer zu bringen; wir dürfen nicht im geringsten mit dem Glück rechnen, davon verschont zu werden. Sobald der Krieg beginnt, wird jeder, wer er auch sei, ob im Norden oder im Süden, ob jung oder alt, verpflichtet sein, den Widerstandskrieg zu führen und den Heimatboden zu verteidigen.
So steht es um den politischen Kurs.
Das sind zwei historisch bedeutsame politische Deklarationen der Kommunistischen Partei und der Kuomintang zu den Ereignissen bei Lugoutjiao. Beide Deklarationen haben eins gemeinsam: für einen entschlossenen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression eintreten und gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse kämpfen.
Das ist der erste Kurs, um dem Angriff Japans zu begegnen - der richtige Kurs.
Es ist jedoch möglich, einen anderen Kurs einzuschlagen. Im Laufe der letzten Monate sind die Landesverräter und die projapanischen Elemente im Gebiet Peiping-Tientsin sehr aktiv geworden; sie versuchen, von allen Seiten her auf die örtlichen Behörden Peipings und Tientsins einzuwirken, um den japanischen Forderungen entgegenzukommen; sie untergraben den Kurs auf entschlossenen Widerstandskrieg und treten für Kompromisse und Zugeständnisse ein. Das sind äußerst alarmierende Anzeichen.
Dieser Kurs auf Kompromißlertum und Zugeständnisse ist dem Kurs auf einen entschlossenen Widerstandskrieg diametral entgegengesetzt. Wird dieser Kurs auf Kompromißlertum und Zugeständnisse nicht rasch geändert, so wird er dazu führen, daß Peiping, Tientsin und Nordchina restlos in die Hände des Feindes fallen und die ganze Nation in die allergrößte Gefahr gestürzt wird. Jeder sollte davor sehr auf der Hut sein.
Patriotische Offiziere und Soldaten des 29. Korps! Schließt euch zusammen, kämpft gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse, führt entschlossen den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge !
Patriotische Landsleute von Peiping, Tientsin und Nordchina! Schließt euch zusammen, kämpft gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse, setzt euch für den entschlossenen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression ein!
Patriotische Landsleute ganz Chinas! Schließt euch zusammen! Kämpft gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse, setzt euch für den entschlossenen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression ein!
Herr Tschiang Kai-schek und alle patriotisch gesinnten Mitglieder der Kuomintang! Wir hoffen, daß Sie den von Ihnen verkündeten Kurs unbeirrt einhalten, Ihre Versprechungen einlösen, gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse kämpfen und entschlossen den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression führen werden, um so auf die Erniedrigung durch den Feind mit Taten zu antworten.
Bewaffnete Kräfte ganz Chinas einschließlich der Roten Armee! Unterstützt die Deklaration des Herrn Tschiang Kai-schek, kämpft gegen Kompromißlertum und Zugeständnisse, führt einen entschlossenen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression!
Wir Kommunisten sind mit Leib und Seele dabei, unsere Deklaration getreu in die Tat umzusetzen; wir unterstützen zugleich entschieden die Deklaration des Herrn Tschiang Kai-schek und sind bereit, gemeinsam mit den Mitgliedern der Kuomintang und allen Landsleuten den Heimatboden bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen, gegen jedes Zaudern, jedes Schwanken, jedes Kompromißlertum und alle Zugeständnisse zu kämpfen und entschlossen den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge zu führen.
II. Zwei Systeme von Maßnahmen
Nachdem der Kurs auf entschlossenen Widerstandskrieg festgelegt worden ist, bedarf es eines ganzen Systems von Maßnahmen, um das Ziel zu erreichen.
Was sind das für Maßnahmen? Hier die wichtigsten:
1. Alle bewaffneten Kräfte des Landes sind zu mobilisieren. Unser weit über zwei Millionen Mann starkes stehendes Heer - einschließlich der Land-, See- und Luftstreitkräfte sowie einschließlich der Zentralarmee, der örtlichen Truppen und der Roten Armee - ist in Kampfbereitschaft zu versetzen; die Hauptkräfte müssen unverzüglich zur Landesverteidigung an die Front marschieren, wobei ein gewisser Teil der Streitkräfte zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Hinterland zu belassen ist. Der jeweilige Oberbefehl über einzelne Frontabschnitte ist Generalen zu übertragen, die den nationalen Interessen treu ergeben sind. Ein Rat für Landesverteidigung ist einzuberufen, um den strategischen Kurs festzulegen und die Einheit des Willens in den Kampfhandlungen zu erzielen. Die politische Arbeit in der Armee ist so umzugestalten, daß eine Einheit zwischen Offizieren und Soldaten sowie zwischen Armee und Volk hergestellt wird. Es muß festgelegt werden, daß ein Teil der strategischen Aufgaben dem Partisanenkrieg übertragen wird, um ihn mit der regulären Kriegführung zu koordinieren. Die Armee ist von Landesverrätern zu säubern. Reserven sind in entsprechender Stärke zu mobilisieren, auszubilden und auf den Einsatz an der Front vorzubereiten. Die Versorgung der Truppen mit Ausrüstung und Verpflegung ist in angemessenem Umfang zu verstärken. Im Einklang mit dem allgemeinen Kurs auf den entschlossenen Widerstandskrieg müssen militärische Pläne zur Erfüllung der obenerwähnten Aufgaben ausgearbeitet werden. Die bewaffneten Kräfte Chinas sind zahlenmäßig nicht gering, aber ohne die Verwirklichung dieser Pläne können sie den Feind nicht besiegen. Bei Vereinigung der politischen Bedingungen mit den materiellen Bedingungen werden unsere Streitkräfte in Ostasien keinen Gegner haben, der es mit ihnen aufnehmen könnte.
2. Das ganze Volk ist zu mobilisieren. Man muß der patriotischen Bewegung Freiheit gewähren, die politischen Häftlinge freilassen, das "Ausnahmegesetz über Strafen für Gefährdung der Republik[Anmerkung 4] und die "Verordnung über die Pressezensur"[Anmerkung 5] aufheben, den bestehenden patriotischen Organisationen ihren legalen Status zuerkennen, das Netz der patriotischen Organisationen in allen Bevölkerungskreisen unter den Arbeitern, Bauern, Geschäftsleuten und unter der Intelligenz - erweitern sowie die Volksmassen für den Selbstschutz und zur Unterstützung der Kampfhandlungen der Armee bewaffnen. Kurz gesagt, man muß dem Volk die Freiheit gewähren, seine patriotischen Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Mit vereinten Kräften werden Volk und Armee dem japanischen Imperialismus den Todesstoß versetzen. Es besteht kein Zweifel: Man kann in einem nationalen Krieg den Sieg nicht erringen, wenn man sich nicht auf die breiten Volksmassen verläßt. Möge uns das Unglück Abessiniens[1] als Warnung dienen. Wer aufrichtig bestrebt ist, den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression entschlossen zu führen, der darf diesen Punkt nicht außer acht lassen.
3. Das Regierungssystem ist umzugestalten. Um die Regierung mit den Volksmassen zu verbinden, muß man die verschiedenen Parteien und Gruppen sowie führende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zur Teilnahme an der gemeinsamen Ausübung der Staatsgeschäfte zulassen und die Regierung von verborgenen projapanischen Elementen und Landesverrätern säubern. Der Widerstandskrieg ist eine große Sache, wenige Menschen allein werden damit unter keinen Umständen fertig werden; sollten sich dennoch nur wenige daranmachen, werden sie die Sache nur verpfuschen. Die Regierung, falls sie eine wahre Regierung der Landesverteidigung sein will, muß sich auf die Volksmassen stützen und den demokratischen Zentralismus verwirklichen. Sie muß demokratisch und zugleich zentralisiert sein; die stärksten Regierungen sind solche Regierungen. Die Nationalversammlung muß die wahre Vertreterin des Volkes sein, muß zum höchsten Organ der Staatsgewalt werden; sie muß die grundlegende Politik und den Kurs des Staates lenken sowie die politischen Richtlinien und die Pläne des Widerstandskampfes gegen Japan zur Rettung des Vaterlands festlegen.
4. Eine antijapanische Außenpolitik ist einzuschlagen. Man darf den japanischen Imperialisten keinerlei Vorteile und Vergünstigungen gewähren; im Gegenteil, man muß ihr Eigentum beschlagnahmen, unsere Schulden an sie annullieren, mit ihren Lakaien aufräumen und ihre Spione verjagen. Man muß unverzüglich ein militärisch-politisches Bündnis mit der Sowjetunion schließen und sich aufs engste mit ihr vereinigen, mit dem Staat, der am zuverlässigsten, am mächtigsten und am ehesten fähig ist, China im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression Hilfe zu leisten. Man muß die Sympathien Großbritanniens, der USA und Frankreichs für unseren Widerstand gegen Japan gewinnen und - unter der Bedingung der Wahrung der territorialen Integrität und der souveränen Rechte Chinas - danach streben, daß sie uns Hilfe gewähren. Um die japanischen Eindringlinge zu besiegen, müssen wir uns hauptsächlich auf die eigenen Kräfte stützen, aber wir können die Hilfe von außen nicht entbehren; eine Politik der Selbstisolierung treibt Wasser auf die Mühlen des Feindes.
5. Ein Programm für die Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes ist zu verkünden und seine Verwirklichung sofort in Angriff zu nehmen. Man muß mit folgenden Minimalmaßnahmen beginnen: Abschaffung drückender Steuern und vielfältiger Abgaben, Senkung des Pachtzinses für den Boden, Einschränkung des Wuchers, Erhöhung der Arbeiterlöhne, Verbesserung der Lebensbedingungen der Soldaten und der unteren Offiziere, Verbesserung der Lebensbedingungen der kleinen Angestellten, Hilfe für die Katastrophengeschädigten. Alle diese neuen Maßnahmen werden in keiner Weise die Staatsfinanzen zerrütten, wie gewisse Leute behaupten, sondern sie werden zur Hebung der Kaufkraft der Bevölkerung, zum Gedeihen des Marktes, zur Belebung des Geldumlaufs führen. Diese neuen Maßnahmen werden ein unbegrenztes Anwachsen der antijapanischen Kräfte ermöglichen und die Basis der Regierung festigen.
6. Die Volksbildung ist im Sinne der Landesverteidigung zu gestalten. Man muß die alte Linie und das alte System der Volksbildung von Grund auf ändern. Man muß auf alle Vorhaben, die nicht dringlich sind, und auf alle unvernünftigen Maßnahmen verzichten; Presse, Verlagswesen, Film, Theater, Literatur und Kunst - alles muß den Interessen der Landesverteidigung untergeordnet werden. Landesverräterische Propaganda muß verboten werden.
7. Eine antijapanische Finanz- und Wirtschaftspolitik ist durchzuführen. Die Finanzpolitik muß auf dem Prinzip "Wer Geld hat, gibt Geld" aufgebaut werden sowie auf dem Prinzip der Beschlagnahme des Vermögens der japanischen Imperialisten und der Landesverräter; die Wirtschaftspolitik muß auf dem Prinzip des Boykotts der japanischen Waren und der Förderung der einheimischen Waren aufgebaut werden - alles für den Widerstand gegen die japanische Aggression. Die finanziellen Belastungen sind das Ergebnis falscher Maßnahmen und können bestimmt überwunden werden, nachdem man eine neue Politik eingeschlagen hat, die den Interessen des Volkes dient. Da unser Land ein so riesiges Territorium und eine so zahlreiche Bevölkerung hat, ist das Gerede von einer ausweglosen Wirtschafts- und Finanzlage purer Unsinn.
8. Das gesamte chinesische Volk, die Regierung und alle bewaffneten Kräfte sind zusammenzuschließen, um eine unzerstörbare Große Mauer der nationalen Einheitsfront zu errichten. Die Befolgung des Kurses auf den Widerstandskrieg und die Durchführung der obenerwähnten Maßnahmen ist von dieser vereinigten Front abhängig. Das A und O ist die enge Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei. Mögen sich die Regierung, die bewaffneten Kräfte, alle politischen Parteien und Gruppen sowie unser gesamtes Volk auf der Grundlage einer solchen Zusammenarbeit der beiden Parteien zusammenschließen. Die Losung "sich aufrichtig zusammenschließen, um gemeinsam der nationalen Krise entgegenzutreten" darf man nicht nur schönklingend deklamieren, man muß sie vielmehr durch gute Taten verwirklichen. Wenn schon Zusammenschluß, dann ein echter Zusammenschluß. Für Lug und Trug darf es hier keinen Platz geben. Man muß schon etwas großzügiger und freimütiger sein in der Führung der Staatsgeschäfte. Kleinkrämerei, Intrigantentum, Bürokratismus, Ah-Queh-ismus[2] sind zu nichts nütze. All dies Zeug taugt nicht einmal gegen den Feind, es aber gegen die eigenen Landsleute anwenden zu wollen ist einfach lächerlich. Bei jeder Sache gibt es hauptsächliche und nebensächliche Grundsätze, wobei die letzteren den ersteren untergeordnet werden müssen. Die Bürger unseres Landes müssen sich von den Hauptgrundsätzen her alles reiflich überlegen, und erst dann werden sie in der Lage sein, ihren Gedanken und Taten die entsprechende Richtung zu geben. Wer heute nicht eine gewisse Aufrichtigkeit in der Frage des Zusammenschlusses zeigt, der wird, wenn er in stiller Nacht die Hand aufs Herz legt, ein bißchen Scham und Gewissensbisse empfinden müssen, auch wenn die Leute nicht gerade auf ihn spucken und ihn beschimpfen.
Dieses System von Maßnahmen zur Verwirklichung des entschlossenen Widerstandskriegs kann man als Acht-Punkte-Programm bezeichnen.
Der Kurs auf entschlossenen Widerstandskrieg muß von der Durchführung des ganzen Systems der dargelegten Maßnahmen begleitet sein, andernfalls ist der Sieg undenkbar, wird mit der japanischen Aggression in China niemals Schluß gemacht werden, wird China gegen Japan nie etwas ausrichten und schwerlich dem verhängnisvollen Lauf Abessiniens entgehen können.
Wer für den Kurs auf entschlossenen Widerstandskrieg aufrichtig eintritt, muß dieses System von Maßnahmen in die Tat umsetzen. Um zu überprüfen, ob einer aufrichtig ist, den Widerstandskrieg entschlossen zu führen, muß man feststellen, ob er bereit ist, dieses System von Maßnahmen anzunehmen und zu verwirklichen.
Aber es gibt auch noch ein anderes System von Maßnahmen, das dem oben dargelegten in allen Teilen entgegengesetzt ist:
Keine allgemeine Mobilisierung der bewaffneten Kräfte, sondern Nichtmobilisierung oder Rückzug.
Keine Gewährung von Freiheiten für das Volk, sondern Unterdrückung des Volkes.
Keine Regierung der Landesverteidigung, aufgebaut nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus, sondern eine despotische Regierung der hohen Bürokratie, der Kompradoren, der Feudalherren und Grundherren.
Keine Außenpolitik des Widerstands gegen die japanische Aggression, sondern eine Außenpolitik der Liebedienerei vor Japan. Keine Verbesserung der Lebenshaltung des Volkes, sondern nach wie vor seine Unterdrückung und Ausbeutung, so daß es vor Qual stöhnt und keine Kräfte mehr hat zum Widerstand gegen Japan. Keine Volksbildung im Sinne der Landesverteidigung, sondern eine Volksbildung im Sinne der nationalen Unterjochung.
Keine Finanz- und Wirtschaftspolitik im Interesse des Widerstandskriegs, sondern die alte, unveränderte oder gar eine noch unheilvollere Finanz- und Wirtschaftspolitik, die nicht für das Vaterland, wohl aber für den Feind vorteilhaft ist.
Kein Aufbau der Großen Mauer der antijapanischen nationalen Einheitsfront, sondern ihre Zerstörung oder ein doppelzüngiges Geschwätz über den "Zusammenschluß", während in Wirklichkeit jedoch nichts getan wird.
Maßnahmen ergeben sich aus einem politischen Kurs. Wenn man einem Kurs auf Nichtwiderstand folgt, spiegelt sich dieser in allen Maßnahmen wider. Das haben uns die letzten sechs Jahre gelehrt. Verfolgt man aber den Kurs auf entschlossenen Widerstandskrieg, dann muß man unbedingt ein ganzes System von Maßnahmen verwirklichen, die dieser Kurs erfordert, nämlich das oben dargelegte Acht-Punkte-Programm.
III. Zwei Perspektiven
Welches sind die Perspektiven? Das liegt allen am Herzen.
Wenn wir den ersten Kurs verfolgen und das erste System von Maßnahmen in die Tat umsetzen, eröffnet sich uns mit Sicherheit die Perspektive der Vertreibung der japanischen Imperialisten und der Befreiung Chinas. Besteht noch irgendein Zweifel darüber? Ich glaube nicht.
Wenn der zweite Kurs eingeschlagen und das zweite System von Maßnahmen in die Tat umgesetzt wird, sehen wir mit Sicherheit der Perspektive der Besetzung Chinas durch die japanischen Imperialisten und der Verwandlung des chinesischen Volkes in Sklaven, in Arbeitsvieh entgegen. Besteht noch irgendein Zweifel darüber? Ich glaube ebenfalls nicht.
IV. SCHLUSSFOLGERUNGEN
Man muß - koste es, was es wolle - den ersten Kurs verwirklichen, das erste System von Maßnahmen in die Tat umsetzen, die erste Perspektive anstreben.
Man muß - koste es, was es wolle - gegen den zweiten Kurs, gegen das zweite System von Maßnahmen kämpfen und die zweite Perspektive abwenden.
Patriotische Mitglieder der Kuomintang und Mitglieder der Kommunistischen Partei! Schließt euch zusammen, schlagt unbeirrbar den ersten Kurs ein, verwirklicht das erste System von Maßnahmen, strebt nach der ersten Perspektive! Kämpft entschlossen gegen den zweiten Kurs, gegen das zweite System von Maßnahmen, vermeidet die zweite Perspektive!
Patriotische Landsleute, patriotische Truppen, patriotische Parteien und Gruppen im ganzen Land! Schließt euch zusammen, schlagt unbeirrbar den ersten Kurs ein, setzt das erste System von Maßnahmen in die Tat um, strebt nach der ersten Perspektive! Kämpft entschlossen gegen den zweiten Kurs, gegen das zweite System von Maßnahmen, vermeidet die zweite Perspektive!
Es lebe der revolutionäre nationale Krieg!
Es lebe die Befreiung der chinesischen Nation!
Für die Mobilisierung aller Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.19-26
(27. August 1937)[Anmerkung 6]
A. Die Ereignisse des 7. Juli bei Lugoutjiao waren der Beginn eines großangelegten Angriffs des japanischen Imperialismus auf Chinas Territorium südlich der Großen Mauer. Der Widerstand, den die chinesischen Truppen bei Lugoutjiao leisteten, wurde zum Auftakt des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression im Landesmaßstab. Die ununterbrochenen Angriffe der japanischen Eindringlinge, der entschlossene Kampf des ganzen chinesischen Volkes, die Neigung der nationalen Bourgeoisie zum Widerstand gegen die japanische Aggression, die tatkräftige Förderung und entschlossene Verwirklichung der Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront durch die Kommunistische Partei Chinas und die Unterstützung, die dieser Politik im ganzen Land zuteil wurde - all das führte dazu, daß die chinesischen Behörden nach den Ereignissen bei Lugoutjiao begannen, von der Politik des Nichtwiderstands, die sie seit den Ereignissen des 18. September 1931[3] betrieben hatten, zu einer Widerstandspolitik überzugehen, und daß sich die chinesische Revolution seit der Bewegung des 9. Dezember[4] von dem Stadium, da der Bürgerkrieg eingestellt und der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression vorbereitet wurde, zu dem Stadium entwickelt hat, da dieser Krieg tatsächlich geführt wird. Die Wendung in der Politik der Kuomintang, die nach den Sian-Ereignissen[5] und dem 3. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang begann, ebenso wie die Erklärung, die Herr Tschiang Kai-schek am 17. Juli in Luschan zur Frage des Widerstands gegen die japanische Aggression abgab, und eine Reihe von Maßnahmen, die er zur Landesverteidigung traf - all das verdient Anerkennung. Alle Truppen an der Front - Landstreitkräfte, Luftwaffe, örtliche Truppen - haben dem Feind tapfer Widerstand geleistet und dabei den Heldenmut der chinesischen Nation an den Tag gelegt. Die Kommunistische Partei Chinas entbietet allen patriotischen Armeen und Landsleuten von ganzem Herzen ihren revolutionären nationalen Gruß.
B. Anderseits setzen aber die Kuomintang-Behörden auch nach den Ereignissen des 7. Juli bei Lugoutjiao die von ihnen seit den Ereignissen des 18. September betriebene falsche Politik fort, indem sie sich auf Kompromisse und Zugeständnisse einlassen,[6] die Aktivität der patriotischen Armeen abwürgen und die Bewegung der patriotischen Volksmassen zur Rettung des Vaterlands unterdrücken. Gestützt auf ihre brutale militärische Gewalt, moralisch unterstützt durch den deutschen und italienischen Imperialismus und unter Ausnutzung der Schwankungen des britischen Imperialismus sowie der Entfremdung der Kuomintang von den breiten werktätigen Massen, werden die japanischen Imperialisten, nachdem sie Peiping und Tientsin erobert haben, zweifelsohne ihren Kurs auf die Entfaltung einer großangelegten Offensive weiterhin verfolgen, die von ihnen vorgesehenen Operationspläne der zweiten und der dritten Folge durchführen und eine wütende Offensive gegen ganz Nordchina und gegen andere Gebiete des Landes entfalten. Die Kriegsflamme lodert bereits in Tschahar und Schanghai. Um das Vaterland zu retten, die Offensive der starken Eindringlinge abzuwehren, Nordchina und die Küstengebiete des Landes zu verteidigen, Peiping, Tientsin und den Nordosten zurückzuerobern, müssen sich das ganze Volk und die Kuomintang-Behörden die Lehren, die sich aus dem Verlust des Nordostens, Peipings und Tientsins ergeben, gründlich zu eigen machen, sie müssen sich den Verlust der nationalen Unabhängigkeit Abessiniens als warnendes Beispiel vor Augen halten und aus der Geschichte des siegreichen Kampfes der Sowjetunion gegen die ausländischen Feinde[7] sowie aus den Erfahrungen Spaniens, das erfolgreich Madrid verteidigt,[Anmerkung 7] lernen; sie müssen sich eng zusammenschließen und bis zum Äußersten kämpfen, um das Vaterland zu verteidigen. Von nun an besteht die Aufgabe darin, "alle Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu mobilisieren". Entscheidend wird hierbei eine völlige und radikale Wendung in der Politik der Kuomintang sein. Der Schritt vorwärts, den die Kuomintang in der Frage des Widerstandskriegs getan hat, verdient Lob und Anerkennung; die Kommunistische Partei Chinas und das ganze chinesische Volk haben seit Jahren darauf gewartet. Wir begrüßen diesen Fortschritt. Aber in solchen Fragen wie Mobilisierung der Volksmassen und Durchführung politischer Reformen hat die Kuomintang noch immer keinerlei Wendung in ihrer Politik vorgenommen. Sie ist im Grunde nach wie vor nicht bereit, der antijapanischen Volksbewegung freien Lauf zu lassen, wünscht nach wie vor keine prinzipiellen Änderungen im Regierungsapparat, betreibt nach wie vor keine Politik für die Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes, und auch in ihren Beziehungen zur Kommunistischen Partei ist sie noch zu keiner aufrichtigen Zusammenarbeit gekommen. Wird die Kuomintang in einem so kritischen Augenblick, da Land und Volk von der Unterjochung bedroht sind, weiterhin im alten Trott bleiben und ihre Politik nicht schnellstens ändern wollen, so wird sich das äußerst nachteilig auf den Widerstandskrieg auswirken. Einige Kuomintang-Leute sagen: Laßt uns die politischen Reformen erst nach dem Sieg im Widerstandskrieg durchführen. Sie nehmen an, daß die japanischen Eindringlinge besiegt werden könnten, wenn der Widerstandskrieg allein von der Regierung geführt wird. Das ist falsch. In einem Widerstandskrieg, der nur von der Regierung geführt wird, können lediglich einzelne Erfolge errungen werden, es wird jedoch ein völliger Sieg über die japanischen Eindringlinge nicht möglich sein. Dieser Sieg kann nur in einem totalen, die ganze Nation umfassenden Widerstandskrieg errungen werden. Und damit ein solcher Widerstandskrieg zur Tatsache wird, ist eine völlige und radikale Wendung in der Politik der Kuomintang notwendig, muß das ganze Land, von oben bis unten, durch gemeinsame Anstrengungen ein Programm des konsequenten Widerstands gegen Japan durchführen, das heißt ein Programm zur Rettung des Vaterlands, ausgearbeitet im Geist der revolutionären Drei Volksprinzipien und der drei politischen Hauptrichtlinien,[ProleWiki Anmerkung 2] die Dr. Sun Yat-sen persönlich aufgestellt hat, als zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei erstmalig die Zusammenarbeit aufgenommen wurde.
C. Die Kommunistische Partei Chinas schlägt in aller Aufrichtigkeit der Kuomintang, dem ganzen Volk, allen politischen Parteien und Gruppen, allen Kreisen der Bevölkerung, allen Armeen unseres Landes ein Zehn-Punkte-Programm zur Rettung des Vaterlands vor, ein Programm für den völligen Sieg über die japanischen Eindringlinge. Die Kommunistische Partei Chinas ist fest davon überzeugt, daß es nur durch die vollständige, aufrichtige und entschlossene Verwirklichung dieses Programms möglich ist, das Vaterland zu verteidigen und die japanischen Eindringlinge zu besiegen. Andernfalls fällt die Verantwortung auf die Schultern jener, die alles beim alten lassen wollen und dadurch die ganze Sache verschlechtern. Ist das ganze Land erst versklavt, kommen Reue und Wehklagen zu spät. Das Zehn-Punkte-Programm zur Rettung des Vaterlands lautet wie folgt:
1. Den japanischen Imperialismus niederschlagen:
Die diplomatischen Beziehungen zu Japan abbrechen, japanische Beamte vertreiben, japanische Agenten verhaften, das japanische Vermögen in China beschlagnahmen, unsere Schuldverpflichtungen gegenüber Japan nicht anerkennen, die mit Japan abgeschlossenen Verträge annullieren, alle japanischen Konzessionen einziehen.
Für die Verteidigung Nordchinas und der Küstengebiete des Landes bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.
Für die Zurückeroberung Peipings, Tientsins und des Nordostens bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.
Die japanischen Imperialisten aus China verjagen.
Jegliche Schwankungen und jegliches Kompromißlertum bekämpfen.
2. Die militärischen Kräfte des ganzen Landes mobilisieren:
Alle Land-, See- und Luftstreitkräfte mobilisieren, im ganzen Land den Widerstandskrieg entfalten.
Einen passiven, auf reine Verteidigung abgestellten Operationskurs bekämpfen und einen aktiven, unabhängigen Operationskurs annehmen.
Einen ständigen Rat für Landesverteidigung schaffen, der die Pläne der Landesverteidigung und den Operationskurs erörtern und beschließen soll.
Das Volk bewaffnen, den antijapanischen Partisanenkrieg entfalten, der mit den Operationen der regulären Truppen zu koordinieren ist.
Die politische Arbeit in der Armee so umgestalten, daß die Einheit von Kommandeuren und Kämpfern erreicht wird.
Armee und Volk zu einer Einheit zusammenschließen, die Aktivität der Armee entwickeln.
Der Vereinigten Antijapanischen Nordostarmee[8] Hilfe leisten, das Hinterland des Feindes desorganisieren.
Alle im Widerstandskrieg kämpfenden Truppen gleich behandeln. In allen Teilen des Landes Militärbezirke errichten, die ganze Nation zur Teilnahme am Krieg mobilisieren, um schrittweise vom System der Söldnerarmee zum System der allgemeinen Wehrpflicht überzugehen.
3. Das ganze Volk mobilisieren:
Dem ganzen Volk, mit Ausnahme der Landesverräter, die Freiheit der Rede, der Presse, der Versammlung und der Vereinigung für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands, die Freiheit des bewaffneten Widerstands gegen den Feind gewähren.
Alle alten Gesetze und Verordnungen, welche die patriotische Bewegung des Volkes fesseln, annullieren, neue, revolutionäre Gesetze und Verordnungen erlassen.
Alle patriotischen und revolutionären politischen Häftlinge freilassen, das Parteiverbot aufheben.
Das ganze chinesische Volk muß zur Teilnahme am Widerstandskrieg mobilisiert und bewaffnet werden. Wer Kräfte hat, gibt seine Kräfte her; wer Geld hat, gibt Geld; wer Waffen hat, gibt Waffen; wer Kenntnisse hat, stellt seine Kenntnisse zur Verfügung.
Auf Grund der Prinzipien der nationalen Selbstbestimmung und Autonomie die mongolische Nationalität, die Hui-Nationalität und andere nationale Minderheiten zum gemeinsamen Kampf gegen die japanische Aggression mobilisieren.
4. Das Regierungssystem reformieren:
Eine Nationalversammlung einberufen, die tatsächlich das Volk vertritt; sie soll eine wahrhaft demokratische Verfassung annehmen, den Kurs auf den Widerstand gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands festlegen und eine Regierung der Landesverteidigung wählen.
In die Regierung der Landesverteidigung müssen Revolutionäre aus allen Parteien, Gruppen und Massenorganisationen aufgenommen werden, alle projapanischen Elemente sind aus ihr zu verjagen.
Die Regierung der Landesverteidigung muß das System des demokratischen Zentralismus einführen; sie muß demokratisch und zugleich auch zentralisiert sein.
Die Regierung der Landesverteidigung muß die revolutionäre Politik des Widerstands gegen die japanische Aggression zur Rettung des Vaterlands verfolgen.
Örtliche Selbstverwaltung einführen, korrupte Beamte ausschalten, eine von Korruption freie Regierung schaffen.
5. Eine antijapanische Außenpolitik verfolgen:
Bündnisse gegen die Aggression und Abkommen über gegenseitige militärische Hilfe im antijapanischen Kampf sind mit allen Staaten abzuschließen, die gegen die japanische Aggression kämpfen, vorausgesetzt, daß dadurch nichts von unserem Territorium oder unseren souveränen Rechten eingebüßt wird.
Die internationale Friedensfront unterstützen, gegen die deutschjapanisch-italienische Aggressionsfront kämpfen.
Sich mit den Arbeiter- und Bauernmassen Koreas und Japans zum Kampf gegen den japanischen Imperialismus vereinigen.
6. Eine Finanz- und Wirtschaftspolitik der Kriegszeit durchführen:
Der Finanzpolitik muß das Prinzip zugrunde liegen: Wer Geld hat, gibt Geld; und das Eigentum der Landesverräter ist zu beschlagnahmen, damit die Ausgaben zur Führung des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression gedeckt werden können. Die Wirtschaftspolitik muß darauf gerichtet sein, die Produktion auf dem Gebiet der Landesverteidigung neu zu regeln und zu erweitern, die Wirtschaft im Dorf zu entwickeln und die Selbstversorgung mit in der Kriegszeit nötigen Produkten zu gewährleisten. Den Konsum einheimischer Waren fördern und die Qualität der örtlichen Produkte verbessern. Japanische Waren strengstens verbieten, Schieber an die Kandare nehmen sowie jegliche Spekulation und Manipulation auf dem Markt bekämpfen.
7. Die Lebensbedingungen des Volkes verbessern:
Die Lebensbedingungen der Arbeiter, Angestellten und Lehrer und der gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Militärangehörigen verbessern.
Den Familien der gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Militärangehörigen Vorzugsbehandlung gewähren.
Die drückenden Abgaben und vielfältigen Steuern abschaffen. Die Pacht- und Darlehenszinsen herabsetzen.
Die Arbeitslosen unterstützen. Die Getreideversorgung regeln.
Den durch Naturkatastrophen Geschädigten Hilfe leisten.
8. Eine antijapanische Volksbildungspolitik einschlagen:
Das alte Bildungssystem sowie die alten Lehrpläne ändern und ein neues System sowie neue Pläne einführen, die beide dem Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands dienen.
9. Die Landesverräter, Kollaborateure und projapanischen Elemente hinaussäubern und das Hinterland festigen.
10. Die nationale Einheit für den Kampf gegen die japanische Aggression verwirklichen:
Auf der Grundlage der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei eine antijapanische nationale Einheitsfront schaffen, die alle politischen Parteien und Gruppen, alle Bevölkerungskreise sowie alle Armeen unseres Landes vereinigt, um die Führung im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu übernehmen, sich aufrichtig zusammenzuschließen und gemeinsam der nationalen Krise entgegenzutreten.
D. Es ist erforderlich, die Politik, wonach der Widerstandskrieg von der Regierung allein geführt werden sollte, aufzugeben und die Politik eines totalen, die ganze Nation umfassenden Widerstandskriegs durchzuführen. Die Regierung muß sich mit dem Volk zusammenschließen, den revolutionären Geist Dr. Sun Yat-sens voll wiederaufleben lassen, das oben dargelegte Zehn-Punkte-Programm in die Tat umsetzen und für den völligen Sieg im Widerstandskrieg kämpfen. Die Kommunistische Partei Chinas und die von ihr geführten Volksmassen und bewaffneten Kräfte sind entschlossen - dem oben dargelegten Programm folgend -, sich an die vorderste Front des Widerstandskriegs zu stellen und bis zum letzten Blutstropfen für die Verteidigung des Vaterlands zu kämpfen. Bei Befolgung ihres konsequenten Kurses ist die Kommunistische Partei Chinas bereit, mit der Kuomintang und den anderen Parteien und Gruppen des Landes in einer Frontlinie zu stehen, sich eng mit ihnen zur Errichtung einer soliden Großen Mauer der nationalen Einheitsfront für den Sieg über die verhaßten japanischen Eindringlinge, für den Kampf um ein unabhängiges, freies, glückliches, neues China zu vereinigen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß man entschlossen gegen die kapitulantenhaft-kompromißlerischen Theorien der Landesverräter wie auch gegen den nationalen Defätismus vorgehen, dessen Anhänger behaupten, daß die japanischen Eindringlinge nicht besiegt werden könnten. Die Kommunistische Partei Chinas ist fest davon überzeugt, daß der Sieg über die japanischen Eindringlinge bestimmt errungen werden kann, wenn das oben dargelegte Zehn-Punkte-Programm verwirklicht wird. Wenn unsere 450 Millionen Landsleute ihre Kräfte einmütig anspannen, dann wird der Endsieg der chinesischen Nation gehören!
Nieder mit dem japanischen Imperialismus!
Es lebe der revolutionäre nationale Krieg!
Es lebe das unabhängige, freie, glückliche, neue China!
Gegen den Liberalismus
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.27-30
(7. September 1937)
Wir sind für einen aktiven ideologischen Kampf, denn er ist die Waffe, mit der wir die Einheit innerhalb der Partei und innerhalb der revolutionären Organisationen im Interesse unseres Kampfes herbeiführen. Jeder Kommunist und jeder Revolutionär muß zu dieser Waffe greifen.
Der Liberalismus aber verzichtet auf den ideologischen Kampf und tritt für einen prinzipienlosen Frieden ein; das Ergebnis sind ein modriges, spießbürgerliches Verhalten und die politische Entartung gewisser Einheiten und Mitglieder der Partei und der revolutionären Organisationen.
Der Liberalismus hat verschiedene Erscheinungsformen: Wenn man genau weiß, daß jemand im Unrecht ist, und sich doch mit ihm nicht prinzipiell auseinandersetzt, sondern um des lieben Friedens und der Freundschaft willen darüber hinwegsieht, weil es sich um einen Bekannten, einen Landsmann, einen Schulkameraden, einen intimen Freund, einen, den man liebhat, einen alten Arbeitskollegen oder einen alten Untergebenen handelt, oder wenn man, um das gute Einvernehmen mit ihm zu wahren, die Frage nur flüchtig streift, ohne ihre gründliche Lösung anzustreben - aus all diesem ergibt sich dann ein Schaden sowohl für das Kollektiv wie für den Einzelnen -, so ist das eine der Erscheinungsformen des Liberalismus.
Andere hinter ihrem Rücken verantwortungslos kritisieren, statt sich mit positiven Vorschlägen an die Organisation zu wenden; jemandem seine Meinung nicht offen ins Gesicht sagen, sondern hinter seinem Rücken klatschen oder statt in der Versammlung das Wort zu ergreifen, dafür hinterher schwatzen; keine Grundsätze des Gemeinschaftslebens achten und sich völlig frei gehen lassen - das ist eine zweite Erscheinungsform.
Möglichst weit von sich weg schieben, was einen nicht selbst betrifft; am besten möglichst wenig sagen, selbst wenn man genau weiß, was falsch ist; um die eigene Haut besorgt sein, nur darauf achten, daß man nicht getadelt wird - das ist eine dritte Erscheinungsform.
Weisungen nicht befolgen und die eigene Meinung allem voranstellen; an die Organisation nur Ansprüche stellen, von ihrer Disziplin aber nichts wissen wollen - das ist eine vierte Erscheinungsform.
Anstatt um der Einheit, um des Fortschritts, um der guten Erledigung einer Sache willen eine falsche Auffassung zu bekämpfen oder sich mit ihr auseinanderzusetzen, andere persönlich angreifen, einen '' Streit vom Zaun brechen, seinem Groll Luft machen oder Rache nehmen - das ist eine fünfte Erscheinungsform.
Gegen falsche Auffassungen, die man hört, keine Einwände machen und sogar über die Äußerungen von Konterrevolutionären nicht berichten, sondern alles ruhig mit anhören und so tun, als ob nichts geschehen wäre - das ist eine sechste Erscheinungsform.
Wenn man unter den Massen weilt, aber keine Propaganda macht, nicht agitiert, nicht zu den Massen spricht, den Dingen nicht nachgeht, sich nach nichts erkundigt, sich um das Wohl und Wehe der Massen nicht kümmert und sich ihnen gegenüber gleichgültig verhält; wenn man vergißt, daß man ein Kommunist ist, und sich so verhält, als ob ein Kommunist dasselbe wäre wie ein x-beliebiger Bürger - so ist das eine siebente Erscheinungsform.
Sich über eine Verletzung der Interessen der Massen nicht entrüsten, den Schuldigen nicht ermahnen, ihm nicht Einhalt gebieten und das Unrecht seiner Handlungsweise erklären, sondern ihn gewähren lassen - das ist eine achte Erscheinungsform.
Die Arbeit nicht gewissenhaft leisten, sie ohne einen bestimmten Plan, eine bestimmte Orientierung verrichten, alles formell und oberflächlich erledigen und nach dem Spruch "Solange einer Mönch ist, läutet er die Glocke" in den Tag hinein leben - das ist eine neunte Erscheinungsform.
Sich für einen verdienstvollen Revolutionär halten und auf sein ` Veteranentum pochen; wichtigen Aufgaben nicht gewachsen sein, weniger wichtige aber ablehnen; Gleichgültigkeit bei der Arbeit und Nachlässigkeit beim Studium zeigen - das ist eine zehnte Erscheinungsform.
Einen Fehler, den man begangen hat, zwar erkennen, aber nicht daran denken, ihn zu korrigieren; eine liberale Haltung sich selbst gegenüber einnehmen - das ist eine elfte Erscheinungsform.
Man könnte noch andere aufzählen, diese elf aber sind die wichtigsten. Das alles sind Erscheinungsformen des Liberalismus.
In revolutionären Kollektiven ist der Liberalismus äußerst schädlich. Er ist ein Ätzmittel, das die Einheit anfrißt, den Zusammenhalt lockert, Passivität in der Arbeit sowie Zwistigkeiten hervorruft. Er raubt den revolutionären Reihen die straffe Organisation und Disziplin, verhindert die gründliche Durchführung der politischen Richtlinien und führt eine Entfremdung zwischen der Parteiorganisation und den von ihr geführten Massen herbei. Das ist eine ernstzunehmende üble Tendenz.
Der Liberalismus hat seinen Ursprung in der Selbstsucht des Kleinbürgertums, die das persönliche Interesse an die erste und das der Revolution an die zweite Stelle setzt, wodurch ein Liberalismus auf ideologischem, politischem und organisatorischem Gebiet entsteht.
Liberale betrachten die Grundsätze des Marxismus als abstrakte Dogmen. Sie erklären sich zwar für den Marxismus, sind aber nicht bereit, ihn in die Praxis umzusetzen oder dies in vollem Maße zu tun; sie sind nicht bereit, anstelle ihres Liberalismus den Marxismus zu setzen. Diese Leute haben einiges sowohl vom Marxismus als auch vom Liberalismus: Sie führen den Marxismus im Mund, handeln aber im Sinne des Liberalismus; anderen gegenüber sind sie marxistisch, sich selbst gegenüber aber liberal. Sie führen beide Sorten von Waren, und jede hat ihren eigenen Verwendungszweck. Das ist die Denkweise gewisser Leute.
Der Liberalismus ist eine Äußerung des Opportunismus und gerät von Grund auf in Kollision mit dem Marxismus. Er ist etwas Negatives und hilft objektiv dem Feind deshalb würde der Feind es begrüßen, wenn wir den Liberalismus in unserer Mitte konservierten. Weil der Liberalismus seinem Wesen nach so beschaffen ist, darf es in den Reihen der Revolution keinen Raum für ihn geben.
Wir müssen den negativen Liberalismus kraft des positiven Geistes des Marxismus überwinden. Ein Kommunist soll offenherzig, ehrlich und aktiv sein, das Interesse der Revolution muß ihm teurer sein als sein eigenes Leben, er hat seine persönlichen Interessen den
Interessen der Revolution unterzuordnen; er soll immer und überall an den richtigen Grundsätzen festhalten und einen unermüdlichen Kampf gegen alle falschen Ideen und Handlungen führen, um so das kollektive Leben der Partei und die Verbindung zwischen der Partei und den Massen zu festigen; er muß sich mehr um die Partei und um die Massen kümmern als um die eigene Person, mehr um andere Menschen als um sich selbst. Nur dann kann er als Kommunist angesehen werden.
Alle der Partei treu ergebenen, offenherzigen, aktiven und aufrechten Kommunisten müssen vereint gegen die liberalen Tendenzen gewisser Menschen auftreten, um sie auf den richtigen Weg zu bringen.
Das ist eine der Aufgaben an der ideologischen Front.
Dringende Aufgaben nach der Herstellung der Zusammenarbeit zwischen der Koumintang und der kommunistischen Partei
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.31-44
(25. September 1937)
Bereits im Jahre 1933 veröffentlichte die Kommunistische Partei Chinas eine Deklaration, in der sie sich bereit erklärte, auf der Grundlage dreier Bedingungen mit beliebigen Einheiten der Kuomintang-Truppen Abkommen über den Widerstand gegen die japanische Aggression zu schließen: Einstellung des Angriffs gegen die Rote Armee, Gewährung von Freiheiten für die Volksmassen und Bewaffnung der Volksmassen. Das geschah, weil nach den Ereignissen des 18. September 1937 der Kampf gegen die Aggression des japanischen Imperialismus in China zur wichtigsten Aufgabe des chinesischen Volkes geworden war. Aber es gelang uns damals nicht, das gesteckte Ziel zu erreichen.
Im August 1935 wandten sich die Kommunistische Partei Chinas und die chinesische Rote Armee an alle politischen Parteien und Gruppen sowie an alle Landsleute mit dem Aufruf, eine vereinigte antijapanische Armee sowie eine Regierung der Landesverteidigung für den gemeinsamen Kampf gegen den japanischen Imperialismus zu schaffen.[9] Im Dezember des gleichen Jahres nahm die Kommunistische Partei Chinas eine Resolution für die Organisierung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront mit der nationalen Bourgeoisie[10] an. Im Mai 1936 veröffentlichte die Rote Armee ein Telegramm, worin sie von der Nanking-Regierung forderte, den Bürgerkrieg einzustellen und gemeinsam gegen Japan zu kämpfen.[11] Im August 1936 richtete das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas an das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang ein Schreiben, in dem es von der Kuomintang die Einstellung des Bürgerkriegs und die Schaffung einer Einheitsfront der beiden Parteien für den gemeinsamen Kampf gegen den japanischen Imperialismus forderte.[12] Im September 1936 nahm die Kommunistische Partei eine Resolution über die Schaffung einer einheitlichen demokratischen Republik in China[13] an. Die Kommunistische Partei beschränkte sich nicht auf die Deklaration, das Telegramm, das Schreiben und die Resolutionen, sondern entsandte ihre Vertreter, die zu wiederholten Malen Verhandlungen mit der Kuomintang führten; aber auch das blieb ergebnislos. Erst als es Ende 1936 zu den Sian-Ereignissen gekommen war, erzielte der bevollmächtigte Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas mit den Hauptverantwortlichen der Kuomintang-Führung ein für die damalige Politik wichtiges Übereinkommen, nämlich die Einstellung des Bürgerkriegs zwischen den beiden Parteien, außerdem wurde eine friedliche Beilegung der Sian-Ereignisse herbeigeführt. Das war ein großes Ereignis in der Geschichte Chinas, und seitdem ist die notwendige Voraussetzung für die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien gegeben.
Am 10. Februar dieses Jahres, am Vorabend der 3. Plenartagung des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang, richtete das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas für die konkrete Aufnahme der Zusammenarbeit der beiden Parteien an die Kuomintang-Tagung ein Telegramm, in dem es seine Vorschläge systematisch darlegte.[14] In diesem Telegramm forderte das Zentralkomitee die Kuomintang auf, der Kommunistischen Partei zu versichern, daß sie folgende fünf Verpflichtungen eingehe: den Bürgerkrieg einzustellen, Demokratie und Freiheit zu verwirklichen, eine Nationalversammlung einzuberufen, unverzüglich Vorbereitungen zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu treffen und die Lebensbedingungen des Volkes zu verbessern. Die Kommunistische Partei garantierte ihrerseits der Kuomintang, folgende vier Verpflichtungen zu übernehmen: die Feindschaft zwischen den beiden politischen Mächten zu beseitigen, die Rote Armee umzubenennen, in den revolutionären Stützpunktgebieten eine neudemokratische Ordnung zu errichten und die Beschlagnahme des Bodens der Grundherren einzustellen. Das war ebenfalls ein wichtiger politischer Schritt, denn ohne diesen wäre die Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien bestimmt verzögert worden, und das hätte sich auf die schleunigst durchzuführenden Vorbereitungen zum Widerstandskrieg gegen Japan äußerst schädlich ausgewirkt.
Danach wurde in Verhandlungen von beiden Seiten ein Schritt zur gegenseitigen Annäherung getan. Zu den Fragen eines gemeinsamen politischen Programms der beiden Parteien, der Aufhebung des Verbots der Massenbewegung, der Freilassung der politischen Häftlinge, der Umbenennung der Roten Armee usw. machte die Kommunistische Partei noch konkretere Vorschläge. Obwohl die Verkündung eines gemeinsamen Programms, die Aufhebung des Verbots der Massenbewegung, die Anerkennung der neuen Ordnung in den revolutionären Stützpunktgebieten bis auf den heutigen Tag immer noch ausbleibt, wurde der Befehl über die Umbenennung der Roten Armee in Achte Route-Armee der Nationalrevolutionären Armee (entsprechend der Kriegsgliederung der an der antijapanischen Front kämpfenden Truppenverbände wird sie auch 18. Armee genannt) bereits erlassen - etwa einen Monat nach dem Fall von Peiping und Tientsin. Die der Kuomintang bereits am 19. Juli übergebene Deklaration des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas über die Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien und der Text der Erklärung Tschiang Kai-scheks über die Anerkennung des legalen Status der Kommunistischen Partei - der vereinbarungsgemäß gleich nach der Deklaration bekanntgegeben werden sollte - wurden ebenfalls schon am 22. und 23. September, als die Lage an der Front kritisch war, von der Zentralen Nachrichtenagentur der Kuomintang veröffentlicht, wenn auch bedauerlicherweise mit großer Verspätung. In dieser Deklaration sowie im Text der Erklärung Tschiang Kai-scheks wurde die Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien verkündet, und damit ist die unerläßliche Grundlage für die große Sache des gemeinsamen Kampfes der beiden Parteien zur Rettung des Vaterlands geschaffen worden. Die Deklaration der Kommunistischen Partei wird nicht nur die Richtlinie für den Zusammenschluß der beiden Parteien, sondern auch die grundlegende Richtlinie für den großen Zusammenschluß des ganzen Volkes darstellen. In seiner Erklärung hat Tschiang Kai-schek den legalen Status der Kommunistischen Partei im ganzen Land anerkannt und darauf verwiesen, daß der Zusammenschluß zur Rettung des Vaterlands notwendig ist. Das ist gut. Dennoch hat er weder den Eigendünkel der Kuomintang abgelegt noch die notwendige Selbstkritik geübt, und das kann uns nicht zufriedenstellen. Aber wie dem auch sei, die Einheitsfront der beiden Parteien ist bereits proklamiert. Das leitet eine neue Ära in der Geschichte der chinesischen Revolution ein, das wird weit und breit einen sehr tiefwirkenden Einfluß auf die chinesische Revolution ausüben und eine entscheidende Rolle bei der Zerschmetterung des japanischen Imperialismus spielen.
Vom Jahre 1924 an spielen die Beziehungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei in der chinesischen Revolution eine entscheidende Rolle. Infolge der Zusammenarbeit der beiden Parteien auf der Grundlage eines bestimmten Programms entfaltete sich die Revolution von 1924-1928. Das führte bereits in zwei bis drei Jahren zu gewaltigen Erfolgen in der nationalen Revolution, der Dr. Sun Yat-sen seine Kräfte vierzig Jahre lang gewidmet hatte, die er aber nicht vollenden konnte. Diese Erfolge fanden ihren Ausdruck in der Schaffung der revolutionären Basis in der Provinz Kuangtung und in dem Sieg des Nordfeldzugs. Das war das Ergebnis der Schaffung einer Einheitsfront der beiden Parteien. Da sich aber gewisse Leute nicht an die revolutionären Prinzipien halten konnten, spalteten sie gerade in dem Augenblick, als sich die Revolution ihrem siegreichen Abschluß näherte, die Einheitsfront der beiden Parteien, so daß die Revolution eine Niederlage erlitt, und es wurde damit der Invasion Tür und Tor geöffnet. Das war das Ergebnis der Spaltung der Einheitsfront der beiden Parteien. Die von den beiden Parteien heute neugeschaffene Einheitsfront bedeutet den Beginn einer neuen Periode der chinesischen Revolution. Und wenn auch mancher die historischen Aufgaben und die großen Perspektiven dieser Einheitsfront noch immer nicht begreift und immer noch meint, ihre Schaffung wäre nur ein erzwungener, um des Scheins willen ergriffener Notbehelf, so wird dennoch das Rad der Geschichte durch diese Einheitsfront die chinesische Revolution in ein völlig neues Stadium bringen. Ob China aus der so tiefen und ernsten nationalen und sozialen Krise herauszukommen vermag, hängt davon ab, wie sich diese Einheitsfront entwickeln wird. Neue positive Beweise liegen bereits vor. Der erste Beweis besteht darin, daß die Politik der Einheitsfront, kaum daß die Kommunistische Partei Chinas sie erstmalig vorgeschlagen hatte, sofort vom ganzen Volk unterstützt wurde. Das zeigt deutlich, wonach sich das Volk sehnt. Der zweite Beweis besteht darin, daß die friedliche Beilegung der Sian-Ereignisse und die Einstellung des Krieges zwischen den beiden Parteien sofort alle politischen Parteien und Gruppen, alle Bevölkerungskreise und alle Armeen des Landes zu einem beispiellosen Zusammenschluß angespornt haben, auch wenn dieser Zusammenschluß vom Standpunkt der Erfordernisse des Widerstandskriegs noch vieles zu wünschen übrig läßt, zumal die Frage der Einheit zwischen Regierung und Volk bis auf den heutigen Tag im wesentlichen noch nicht gelöst ist. Der dritte und klarste Beweis besteht darin, daß ein gesamtnationaler Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression begonnen hat. Dieser Widerstandskrieg kann uns im Hinblick auf seinen gegenwärtigen Stand nicht befriedigen, weil trotz seines gesamtnationalen Charakters nur die Regierung und die Armee daran beteiligt sind. Wie wir schon früher betont haben, kann man mit einem Widerstandskrieg dieser Art den japanischen Imperialismus unmöglich besiegen. Jedenfalls hat aber ein gesamtnationaler Widerstandskrieg gegen fremde Eindringlinge tatsächlich begonnen - ein Krieg, wie wir ihn in den letzten hundert Jahren nicht gesehen haben. Ohne die Herstellung des inneren Friedens, ohne die Zusammenarbeit der beiden Parteien wäre das unmöglich. Wenn es zu der Zeit, als die Einheitsfront der beiden Parteien gespalten war, den japanischen Eindringlingen gelungen ist, sich mühelos, ohne einen einzigen Schuß, in den Besitz der vier nordöstlichen Provinzen zu setzen, werden sie jetzt, da die Einheitsfront der beiden Parteien neu geschaffen worden ist, chinesischen Boden schon nicht anders erobern können als um den Preis blutiger Kämpfe. Der vierte Beweis ist das Echo im Ausland. Der Vorschlag der Kommunistischen Partei Chinas für eine antijapanische Einheitsfront findet die Unterstützung durch die Arbeiter- und Bauernmassen und die kommunistischen Parteien der ganzen Welt. Nach Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei werden die Völker der ganzen Welt, insbesondere die Sowjetunion, China noch aktiver unterstützen. China und die Sowjetunion haben bereits einen Nichtangriffspakt[Anmerkung 8] abgeschlossen, und man kann hoffen, daß sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auch weiterhin verbessern werden. Gestützt auf alle angeführten Beweise können wir mit Gewißheit behaupten, daß die Entwicklung der Einheitsfront China den Weg öffnen wird zu einer lichten und großen Zukunft, das heißt zur Zerschlagung des japanischen Imperialismus und zur Schaffung einer einheitlichen demokratischen Republik in China.
Aber die Einheitsfront wird diese große Aufgabe nicht erfüllen können, wenn sie in ihrem gegenwärtigen Zustand erstarrt. Die Einheitsfront der beiden Parteien muß weiter ausgebaut werden, da es der heute geschaffenen Einheitsfront noch an einer breiten Grundlage und an Festigkeit fehlt.
Beschränkt sich die antijapanische nationale Einheitsfront nur auf die zwei Parteien: die Kuomintang und die Kommunistische Partei? Nein, sie stellt eine Einheitsfront der gesamten Nation dar; die beiden Parteien sind nur ein Teil dieser Einheitsfront. Die antijapanische nationale Einheitsfront ist die Einheitsfront aller politischen Parteien und Gruppen, aller Bevölkerungskreise und aller Armeen, die Einheitsfront aller Patrioten - der Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute. Die gegenwärtige Einheitsfront ist faktisch noch nicht über die Grenzen der beiden Parteien hinausgekommen, die breiten Massen der Arbeiter, der Bauern, der Soldaten, des städtischen Kleinbürgertums und viele andere Patrioten sind noch nicht wachgerüttelt, noch nicht mobilisiert, noch nicht organisiert und bewaffnet worden. Das ist das ernsteste Problem im gegenwärtigen Augenblick, und zwar deshalb, weil dieser Umstand jeden Sieg an der Front unmöglich macht. Jetzt kann man schon kein Hehl mehr daraus machen - man hat es auch nicht mehr nötig -, daß die Lage an der ganzen Front in Nordchina wie auch in den Provinzen Kiangsi und Tschekiang äußerst kritisch geworden ist. Die Frage lautet jetzt, wie diese Krise zu überwinden ist. Der einzige Weg zu ihrer Überwindung ist die Verwirklichung des Testaments von Dr. Sun Yat-sen: "Die Volksmassen wecken." In diesem Testament hat Dr. Sun Yat-sen auf dem Sterbebett erklärt, daß er auf Grund vierzigjähriger Erfahrung zu der tiefen Überzeugung gekommen sei, man könne die Ziele der Revolution nur auf diesem Wege erreichen. Aus welchem Grund also weigert man sich so beharrlich, dieses Testament zu verwirklichen? Aus welchem Grund kann man sich in einem so kritischen Augenblick, da über Leben und Tod der Nation entschieden wird, immer noch nicht dazu entschließen, dieses Testament zu verwirklichen? Für jeden ist klar, daß Willkürherrschaft und Unterdrückung dem Prinzip "die Volksmassen wecken" zuwiderlaufen. Wird der Widerstandskrieg nur von der Regierung und der Armee geführt, dann wird es absolut unmöglich sein, den Sieg über den japanischen Imperialismus zu erringen. Davor haben wir die regierende Partei, die Kuomintang, noch im Mai dieses Jahres in aller Öffentlichkeit eindringlich gewarnt, wobei wir darauf hinwiesen, daß China, wenn sich die Volksmassen nicht zum Widerstand gegen die japanische Aggression erheben, genauso wie Abessinien auf den verhängnisvollen Weg der Unterjochung geraten wird. Darauf haben nicht nur die chinesischen Kommunisten, sondern auch viele andere fortschrittliche Leute im ganzen Land sowie eine Reihe einsichtiger Mitglieder der Kuomintang hingewiesen. Die Politik der Willkürherrschaft blieb jedoch unverändert. Die Folge davon ist, daß die Regierung und die Armee vom Volk losgelöst und in der Armee die Kommandeure von den Kämpfern getrennt sind. Gelingt es nicht, unter Einbeziehung der Volksmassen die Einheitsfront auf eine breite Grundlage zu stellen, wird die Krise an der Front unweigerlich schärfer und nicht schwächer werden.
Die derzeitige antijapanische Einheitsfront hat bislang noch kein von den beiden Parteien anerkanntes und offiziell veröffentlichtes politisches Programm, das die Politik der Willkürherrschaft der Kuomintang ersetzen würde. Gegenwärtig wendet die Kuomintang gegen die Volksmassen nach wie vor die gleichen gewohnten Praktiken an, derer sie sich in den letzten zehn Jahren bedient hat; angefangen von dem Regierungsapparat, dem System der Armee und der Politik gegenüber den Volksmassen bis zur Finanz-, Wirtschafts- und Volksbildungspolitik sind im wesentlichen keinerlei Änderungen vorgenommen worden - es bleibt seit zehn Jahren im großen und ganzen alles beim alten. Es lassen sich Änderungen feststellen, und zwar sehr bedeutende Änderungen: die Einstellung des Bürgerkriegs und der einmütige Widerstand gegen die japanische Aggression. Der Bürgerkrieg zwischen den beiden Parteien wurde beendet, und es begann ein gesamtnationaler Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression. Das ist eine gewaltige Veränderung in der politischen Lage in China seit den Sian-Ereignissen. Aber diese erwähnten alten Praktiken bleiben bis auf den heutigen Tag unverändert. Daraus eben ergibt sich die Diskrepanz zwischen dem, was unverändert geblieben ist, und dem, was sich bereits verändert hat. Die früheren Praktiken taugten nur zur Durchführung einer Kompromißpolitik nach außen und zur Unterdrückung der Revolution innerhalb des Landes. Aber da man noch heute zu denselben Praktiken Zuflucht nimmt, um dem Angriff des japanischen Imperialismus entgegenzutreten, erweisen sie sich auf Schritt und Tritt als untauglich und offenbaren allerlei Schwächen. Hätte man den Widerstandskrieg überhaupt nicht gewollt, dann brauchte man kein Wort mehr darüber zu verlieren; da man sich aber zu diesem Krieg entschlossen und ihn tatsächlich begonnen hat, da außerdem bereits eine ernste Krise entstanden ist, dann sind die Gefahren, die drohen, schier unvorstellbar, wenn man sich trotz alledem weigert, auf eine Reihe neuer Wege und Methoden umzuschalten. Der Widerstandskrieg erfordert eine Einheitsfront mit breiter Grundlage, und folglich muß man das ganze Volk mobilisieren und in die Einheitsfront einbeziehen. Der Widerstandskrieg erfordert eine feste Einheitsfront, und folglich ist ein gemeinsames Programm notwendig. Das gemeinsame Programm wird für die Einheitsfront eine Anleitung zum Handeln und zugleich eine Art Bindung sein, die als Richtschnur das Handeln aller politischen Parteien und Gruppen, aller Bevölkerungskreise und aller Armeen sowie aller Organisationen und Einzelpersonen, die der Einheitsfront angehören, aufs strengste regeln wird, und erst dann kann von einem festen Zusammenschluß die Rede sein. Wir sind gegen die alten Bindungen, weil sie für den revolutionären nationalen Krieg nicht taugen. Wir begrüßen die Schaffung neuer Bindungen an Stelle der alten, und zwar die Veröffentlichung eines gemeinsamen Programms und die Errichtung einer revolutionären Ordnung. Das allein entspricht den Erfordernissen des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge.
Was ist das gemeinsame Programm? Das sind die Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens und das Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands,[15] das von der Kommunistischen Partei am 25. August aufgestellt worden ist.
In ihrer Deklaration über die Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei bekundete die Kommunistische Partei Chinas: "Die Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens sind für das heutige China unerläßlich, und unsere Partei ist bereit, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen." Einigen erscheint es sonderbar, daß die Kommunistische Partei bereit ist, die Drei Volksprinzipien der Kuomintang zu verwirklichen. Als Beispiel kann Dschu Tjing-lai[Anmerkung 9] aus Schanghai dienen, der seine Zweifel darüber in einer Schanghaier Zeitschrift zum Ausdruck brachte. Diese Leute glauben, der Kommunismus und die Drei Volksprinzipien seien unvereinbar. Das ist ein formales Herangehen an die Frage. Der Kommunismus wird in einem künftigen Entwicklungsstadium der Revolution verwirklicht werden. Doch geben sich die chinesischen Kommunisten nicht der Illusion hin, daß der Kommunismus im gegenwärtigen Stadium verwirklicht werden könne, sondern sie wollen wie das durch die historische Entwicklung bestimmt ist - die nationale Revolution und die demokratische Revolution durchführen. Eben das ist der hauptsächliche Grund, warum die Kommunistische Partei die Schaffung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront und einer einheitlichen demokratischen Republik vorgeschlagen hat. Was die Drei Volksprinzipien betrifft, so haben die Kommunistische Partei und die Kuomintang bereits vor zehn Jahren, in der Periode des Bestehens der ersten Einheitsfront der beiden Parteien, auf dem 1. Nationalkongreß der Kuomintang gemeinsam beschlossen, sie in die Tat umzusetzen, und überdies wurden sie schon in der Periode von 1924 bis 1927 in den weiten Gebieten unseres Landes durch die
Bemühungen eines jeden treuen Kommunisten und eines jeden treuen Mitglieds der Kuomintang in die Tat umgesetzt. Leider wurde die Einheitsfront im Jahre 1927 gespalten, und von diesem Augenblick an begann die Periode des zehnjährigen Kampfes der Kuomintang gegen die Verwirklichung der Drei Volksprinzipien. Aber im wesentlichen entsprach die ganze Politik der Kommunistischen Partei im Laufe dieser zehn Jahre nach wie vor dem revolutionären Geist der Drei Volksprinzipien und der drei politischen Hauptrichtlinien Dr. Sun Yat-sens. Es verging kein Tag, an dem die Kommunistische Partei nicht gegen den Imperialismus gekämpft hätte, und das ist die konsequente Verwirklichung des Prinzips des Nationalismus; genauso ist die demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern nichts anderes als die konsequente Verwirklichung des Prinzips der Demokratie; die Agrarrevolution aber ist die konsequente Verwirklichung des Prinzips des Volkswohls. Warum erklärt dann die Kommunistische Partei jetzt, daß sie auf die demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern verzichte und die Beschlagnahme des Bodens der Grundherren einstelle? Der Grund dafür liegt, wie wir bereits vor einiger Zeit dargelegt haben, nicht darin, daß ein solches System und solche Maßnahmen überhaupt nicht notwendig wären, sondern darin, daß die bewaffnete Aggression des japanischen Imperialismus Änderungen in dem Verhältnis zwischen den Klassen innerhalb des Landes hervorgerufen und die Vereinigung aller Gesellschaftsschichten der Nation zum Widerstand gegen den japanischen Imperialismus notwendig und möglich gemacht hat. Nicht nur in China, sondern in der ganzen Welt wurde es notwendig und möglich, eine antifaschistische Einheitsfront für den gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus zu schaffen. Deshalb sind wir für die Herstellung der nationalen demokratischen Einheitsfront in China. Eben auf dieser Grundlage haben wir vorgeschlagen, die demokratische Diktatur der Arbeiter und Bauern durch die demokratische Republik des Bündnisses aller Gesellschaftsschichten zu ersetzen. Die Agrarrevolution, die das Prinzip "Jedem Pflüger sein Feld" in die Tat umgesetzt hat, ist eben die Politik, wie sie seinerzeit von Dr. Sun Yat-sen vorgeschlagen wurde. Und wenn wir heute die Durchführung dieser Politik einstellen, so tun wir das, um eine noch größere Anzahl von Menschen zum Kampf gegen den japanischen Imperialismus zusammenzuschließen, und nicht deshalb, weil China keine Lösung der Agrarfrage braucht. Wir haben unseren Standpunkt über die objektiven Ursachen und die zeitliche Bedingtheit für die Änderung dieser Politik klipp und klar auseinandergesetzt.
Eben weil die Kommunistische Partei, auf den Prinzipien des Marxismus fußend, sich konsequent an das gemeinsame Programm der ersten Einheitsfront der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, das heißt an die revolutionären Drei Volksprinzipien, hielt und dieses Programm weiterentwickelte, vermochte sie in dem Augenblick der nationalen Krise, als starke Eindringlinge unsere Grenzen überrannten, rechtzeitig die Politik der nationalen demokratischen Einheitsfront, die einzige Politik, die das Land vor der Unterjochung retten kann, vorzuschlagen und diese Politik unermüdlich in die Tat umzusetzen. Jetzt handelt es sich nicht darum, ob die Kommunistische Partei an die revolutionären Drei Volksprinzipien glaubt oder nicht glaubt, ob sie diese in die Tat umsetzt oder nicht; im Gegenteil, es handelt sich darum, ob die Kuomintang an die revolutionären Drei Volksprinzipien glaubt oder nicht glaubt, ob sie diese in die Tat umsetzt oder nicht. Jetzt besteht die Aufgabe darin, den revolutionären Geist der Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens im ganzen Land wieder aufleben zu lassen, auf ihrer Grundlage ein bestimmtes politisches Programm und eine bestimmte politische Linie auszuarbeiten und deren Verwirklichung aufrichtig, ohne Hintergedanken, tatsächlich und nicht formell, rasch und ohne Verzug in Angriff zu nehmen. Danach sehnt sich die Kommunistische Partei Chinas wahrlich Tag und Nacht. Deshalb schlug die Kommunistische Partei nach den Ereignissen bei Lugoutjiao ein Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands vor. Dieses Programm steht im Einklang sowohl mit dem Marxismus als auch mit den echt revolutionären Drei Volksprinzipien. Es ist das Minimalprogramm der chinesischen Revolution im gegenwärtigen Stadium, das heißt das Minimalprogramm des revolutionären nationalen Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge. Nur unter der Bedingung der Verwirklichung dieses Programms kann China gerettet werden. Die Geschichte wird alle jene strafen, die das fortsetzen wollen, was diesem Programm zuwiderläuft.
Die Verwirklichung dieses Programms im ganzen Land ist ohne das Einverständnis der Kuomintang unmöglich, da die Kuomintang augenblicklich noch die größte und dabei die regierende Partei in China ist. Wir glauben, die Zeit wird kommen, wo die einsichtigen Mitglieder der Kuomintang diesem Programm zustimmen werden, denn falls sie nicht zustimmen, werden die Drei Volksprinzipien immer eine hohle Phrase bleiben, wird es nicht gelingen, den revolutionären Geist Dr. Sun Yat-sens wieder aufleben zu lassen, wird es unmöglich sein, den Sieg über den japanischen Imperialismus zu erringen, und wird das chinesische Volk nicht davor entrinnen können, zu Kolonialsklaven zu werden. Das alles wollen die wirklich einsichtigen Mitglieder der Kuomintang bestimmt nicht; auch unser Volk wird auf keinen Fall tatenlos zuschauen, wie es bis auf den letzten Mann in Kolonialsklaven verwandelt wird. Außerdem sagte Herr Tschiang Kai-schek in seiner Erklärung vom 23. September:
Ich bin der Meinung, daß wir, die wir für die Revolution eintreten, den persönlichen Groll und die persönlichen Vorurteile ablegen und uns für die Verwirklichung der Drei Volksprinzipien einsetzen sollten. In dem kritischen Augenblick, da über Leben oder Tod der Nation entschieden wird, muß man um so mehr das Vergangene vergangen sein lassen, mit der ganzen Nation einen völlig neuen Anlauf nehmen und in jeder Weise den Zusammenschluß anstreben, um Leben und Existenz des Staates zu verteidigen.
Das ist völlig richtig. Die dringende Aufgabe der Gegenwart besteht darin, die Verwirklichung der Drei Volksprinzipien anzustreben, die Vorurteile einzelner Personen und kleiner Gruppierungen aufzugeben, die gewohnten Praktiken der Vergangenheit zu ändern, ein den Drei Volksprinzipien entsprechendes revolutionäres Programm unverzüglich in die Tat umzusetzen und mit dem Volk einen völlig neuen Anlauf zu nehmen. Das ist heute der einzige Weg. Zögert man die Sache weiter hinaus, dann wird die Reue zu spät kommen.
Aber zur Verwirklichung der Drei Volksprinzipien und des Zehn-Punkte-Programms braucht man ein entsprechendes Instrument. In diesem Zusammenhang taucht eben die Frage der Umgestaltung von Regierung und Armee auf. Die gegenwärtige Regierung ist immer noch eine Regierung der Einparteiendiktatur, nämlich der Diktatur der Kuomintang, und keine Regierung der nationalen demokratischen Einheitsfront. Die Verwirklichung der Drei Volksprinzipien und des Zehn-Punkte-Programms ist ohne eine Regierung der nationalen demokratischen Einheitsfront unmöglich. Das System der Kuomintang-Armee ist bis heute immer noch das alte geblieben. Es ist unmöglich, mit einer Armee, in der ein solches System herrscht, den Sieg über den japanischen Imperialismus zu erringen. Die Streitkräfte erfüllen gegenwärtig die Aufgaben des Widerstandskriegs. Wir bringen allen diesen Truppen, insbesondere den an der Front kämpfenden Truppen, Achtung und Bewunderung entgegen. Wie jedoch die Erfahrungen in den letzten drei Monaten des Widerstandskriegs gezeigt haben, ist das System der Kuomintang-Armee untauglich für die Erfüllung der Aufgabe, den vollständigen Sieg über die japanischen Eindringlinge zu erringen, untauglich für die erfolgreiche Verwirklichung der Drei Volksprinzipien und des revolutionären Programms; dieses System muß man ändern. Dieser Änderung müssen die Prinzipien der Einheit von Offizieren und Soldaten sowie der Einheit von Armee und Volk zugrunde liegen. Das gegenwärtige System in der Kuomintang-Armee widerspricht von Grund auf diesen beiden Prinzipien. Obwohl den breiten Massen der Offiziere und Soldaten Treue und Tapferkeit nicht fehlt, hält sie das alte System gefesselt und macht es ihnen unmöglich, ihre Aktivität zu entfalten, und deshalb soll man die Umgestaltung dieses alten Systems so rasch wie möglich in Angriff nehmen. Das bedeutet nicht, daß man die militärischen Operationen einstellen und sie erst wieder aufnehmen soll, wenn das System der Armee geändert sein wird. Man kann es schon im Verlauf des Krieges ändern. Dabei besteht die zentrale Aufgabe darin, den politischen Geist der Armee zu ändern und die politische Arbeit in der Armee umzugestalten. Als Vorbild in dieser Hinsicht kann die Nationalrevolutionäre Armee aus der Periode des Nordfeldzugs dienen. Das war eine Armee, in der die Einheit von Offizieren und Soldaten sowie von Armee und Volk im wesentlichen erreicht war. Es ist ganz unerläßlich, den Geist dieser Zeit wieder aufleben zu lassen. China muß aus den Lehren des Krieges in Spanien lernen. Die Armee der Spanischen Republik wurde in einer äußerst schwierigen Lage geschaffen. China befindet sich in einer besseren Position als Spanien, aber es fehlt ihm eine feste Einheitsfront mit einer breiten Grundlage, es fehlt ihm eine Regierung der Einheitsfront, die fähig ist, das revolutionäre Programm restlos zu verwirklichen, es fehlt ihm eine große Anzahl von Truppen, die nach dem neuen System aufgebaut sind. China muß alle diese Mängel beheben. Im Hinblick auf den Widerstandskrieg als Ganzes kann die von der Kommunistischen Partei Chinas geführte Rote Armee gegenwärtig nur die Rolle eines Vortrupps spielen; sie ist noch nicht imstande, im Maßstab des ganzen Landes die entscheidende Rolle zu übernehmen. Aber einige ihrer politischen, militärischen und organisatorischen Vorzüge verdienen es, von allen befreundeten Armeen des Landes ausgewertet zu werden. Und auch diese Armee war nicht von Anfang an so wie sie jetzt ist; seinerzeit hat sie ebenfalls eine ganze Reihe Umgestaltungen erfahren; die wichtigste davon war, daß in ihr die feudalen Zustände ausgemerzt und die Prinzipien der Einheit von Offizieren und Soldaten sowie von Armee und Volk verwirklicht wurden. Diese Erfahrungen können allen befreundeten Armeen im Land als lehrreiches Beispiel dienen.
Kameraden der regierenden Kuomintang, die ihr den japanischen Aggressoren Widerstand leistet! Heute tragen wir mit euch gemeinsam die Verantwortung für die Rettung des Vaterlands vor der Unterjochung und für die Sicherung seiner Existenz. Ihr habt bereits mit uns die antijapanische Einheitsfront geschaffen - und das ist sehr gut. Ihr habt bereits begonnen, den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge zu führen - das ist ebenfalls sehr gut. Aber wir billigen es nicht, daß ihr in allem Übrigen die alte Politik fortsetzt. Wir müssen die Einheitsfront entwickeln und erweitern, die Volksmassen in sie einbeziehen. Wir müssen sie festigen und ein gemeinsames Programm verwirklichen. Man muß sich entschließen, das politische Regime und das System der Armee zu ändern. Es ist unbedingt notwendig, eine neue Regierung zu bilden. Nur wenn eine neue Regierung da ist, kann man das revolutionäre Programm verwirklichen und die Umgestaltung der Armee im Landesmaßstab in Angriff nehmen. Dieser unser Vorschlag ist das Gebot der Stunde. Auch in eurer Partei gibt es nicht wenig Leute, die fühlen, daß es schon höchste Zeit ist, diesem Gebot zu genügen. Seinerzeit hatte sich Dr. Sun Yat-sen zur Umgestaltung des politischen Regimes sowie des Militärsystems entschlossen, und damit wurde das Fundament für die Revolution von 1924-1927 gelegt. Heute liegt die Verantwortung für eine ähnliche Umgestaltung auf euren Schultern. Es ist anzunehmen, daß alle jene Mitglieder der Kuomintang, die das Vaterland aufrichtig lieben, unseren Vorschlag nicht als unzweckmäßig ansehen werden. Wir sind fest davon überzeugt, daß dieser Vorschlag der objektiven Notwendigkeit entspricht.
Gegenwärtig befindet sich unsere Nation in einem kritischen Augenblick, da sich die Frage ihres Seins oder Nichtseins entscheidet. Mögen sich die Kuomintang und die Kommunistische Partei eng zusammenschließen! Landsleute, die ihr nicht Kolonialsklaven werden wollt, schließt euch auf der Grundlage der Einheit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei eng zusammen! Die notwendigen Umgestaltungen durchführen, um alle Schwierigkeiten zu überwinden - das ist die dringende Aufgabe, die heute vor der chinesischen Revolution steht. Wenn diese Aufgabe gelöst ist, werden wir den japanischen Imperialismus zweifellos niederschlagen können. Wir brauchen nur unsere Kräfte anzustrengen, und eine lichte Zukunft wird sich uns erschließen.
Gespräch mit dem englischen Journalisten James Bertram
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.45-61
(25. Oktober 1937)
Die Kommunistische Partei Chinas und der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression
Frage James Bertrams: Welchen konkreten Standpunkt hat die Kommunistische Partei Chinas vor und nach dem Ausbruch des chinesisch-japanischen Krieges zum Ausdruck gebracht?
Antwort Mao Tse-tungs: Vor Ausbruch dieses Krieges hat die Kommunistische Partei Chinas die ganze Nation wiederholt gewarnt, daß der Krieg gegen Japan unvermeidlich sei, daß alle Phrasen der japanischen Imperialisten über eine "friedliche Regelung", alle schönen Floskeln der japanischen Diplomaten nur ein Nebelschleier seien, der ihre Vorbereitungen zum Krieg tarnen soll. Wir haben mehrmals darauf hingewiesen, daß man den nationalen Befreiungskrieg nur dann siegreich führen kann, wenn man die Einheitsfront verstärkt und eine revolutionäre Politik durchführt. Es ist ein besonders wichtiger Teil der revolutionären Politik, daß die chinesische Regierung demokratische Umgestaltungen durchführen muß, um die Volksmassen des ganzen Landes zur Teilnahme an der antijapanischen Front zu mobilisieren. Wir haben immer wieder hingewiesen sowohl auf den Irrtum jener, die die japanischen "Friedensgarantien" für bare Münze nahmen und den Krieg zu vermeiden für möglich hielten, wie auch auf den Fehler jener, die glaubten, man könne den japanischen Eindringlingen auch ohne die Mobilisierung der Volksmassen Widerstand leisten. Der Ausbruch des Krieges und sein Verlauf haben die Richtigkeit dieser unserer Ansichten bewiesen. Gleich am ersten Tag nach den Ereignissen bei Lugoutjiao veröffentlichte die Kommunistische Partei eine Deklaration an die ganze Nation, in der sie alle politischen Parteien, alle politischen Gruppen und alle Bevölkerungsschichten aufrief, der japanischen Aggression einmütig Widerstand zu leisten und die nationale Einheitsfront zu verstärken. Kurz danach veröffentlichten wir das "Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands"; darin haben wir die Politik formuliert, die die chinesische Regierung während des Widerstandskriegs durchführen muß. In dem Augenblick, als die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei aufgenommen wurde, haben wir eine andere wichtige Deklaration veröffentlicht. Das alles zeugt davon, daß wir beharrlich und unentwegt den Kurs auf Führung des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression durch Verstärkung der Einheitsfront und durch Verwirklichung der revolutionären Politik verfolgen. In der gegenwärtigen Periode lautet unsere Hauptlosung: "Allgemeiner, gesamtnationaler Widerstandskrieg!"
Die Lage im Widerstandskrieg und seine Lehren
Frage: Was sind, wie Sie die Dinge betrachten, die bisherigen Ergebnisse des Krieges?
Antwort: Es sind zwei Hauptergebnisse zu verzeichnen. Einerseits haben die japanischen Imperialisten das chinesische Volk endgültig der Gefahr einer Unterjochung ausgesetzt, indem sie unsere Städte angreifen, unser Territorium überrennen, Vergewaltigungen, Plünderungen, Brandstiftungen und Massenmorde verüben. Anderseits ist das chinesische Volk dadurch in seiner überwältigenden Mehrheit zu der tiefen Einsicht gelangt, daß man ohne weiteren Zusammenschluß, ohne die Entfaltung eines Widerstandskriegs des ganzen Volkes nicht imstande ist, diese Krise abzuwenden. Gleichzeitig wurden sich dadurch alle friedliebenden Staaten der Welt der Notwendigkeit bewußt, gegen die Bedrohung durch Japan zu kämpfen. Das sind die bisherigen Ergebnisse des Krieges.
Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die Ziele Japans? Inwieweit hat es diese Ziele bereits verwirklicht?
Antwort: Japan geht darauf aus, als erstes Nordchina und Schanghai und danach die übrigen Gebiete Chinas an sich zu reißen. Was die Verwirklichung der Pläne der japanischen Eindringlinge anbelangt, so haben diese in kurzer Zeit bereits die Provinzen Hopeh, Tschahar und Suiyüan besetzen können und bedrohen nun auch die Provinz Schansi; das kommt daher, weil am Widerstandskrieg bislang nur die Regierung und die Armee teilgenommen haben. Der einzige Ausweg aus dieser gefährlichen Lage ist ein Widerstandskrieg, der einmütig von den Volksmassen und der Regierung geführt wird.Frage: Sind Sie der Meinung, daß Chinas Widerstandskrieg dennoch irgendwelche Erfolge erzielt hat? Wenn man von den Lehren des Krieges spricht - worin bestehen sie?
Antwort: Diese Frage möchte ich Ihnen ausführlicher beantworten. Vor allem ist zu sagen, daß es Erfolge gibt, und zwar gewaltige Erfolge. Sie bestehen in folgendem:
1. Einen solchen Krieg wie den gegenwärtigen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression hat es seit dem Beginn der imperialistischen Aggression gegen China noch nicht gegeben. Geographisch gesehen ist er ein tatsächlich ganz China erfassender Krieg. Seinem Charakter nach ist er ein revolutionärer Krieg.
2. Dank dem Krieg ist China aus dem Zustand des Verfalls und der Zersplitterung zu einer relativen Einheit gelangt. Dieser Einheit liegt die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zugrunde.
3. Der gegenwärtige Krieg hat dem chinesischen Volk die Sympathien der öffentlichen Weltmeinung eingebracht. Diejenigen im Ausland, die früher China geringschätzten, weil es den Aggressoren keinen Widerstand leistete, bringen ihm jetzt wegen seines Widerstands Achtung entgegen.
4. Den japanischen Eindringlingen kommt der Krieg teuer zu stehen. Sie geben dafür, wie mitgeteilt wird, täglich 20 Millionen Yen aus; ihre Verluste an Streitkräften müssen ebenfalls sehr hoch sein, wenn auch darüber vorläufig keine Zahlen vorliegen. Haben die japanischen Aggressoren in der Vergangenheit die vier nordöstlichen Provinzen fast ohne jede Anstrengung, sozusagen ohne die Finger zu rühren, einnehmen können, so gelingt es ihnen heute nicht mehr, chinesischen Boden ohne blutige Kämpfe zu besetzen. Die japanischen Eindringlinge rechneten ursprünglich damit, ihren gierigen Appetit in China zu stillen. Aber der langwierige Widerstand Chinas wird den japanischen Imperialismus selbst auf den Weg des Zusammenbruchs führen. In diesem Sinne kann man sagen, daß China den Widerstandskrieg nicht nur um der eigenen Rettung willen führt; es erfüllt gleichzeitig auch seine große Pflicht in der antifaschistischen Weltfront. Auch darin offenbart sich der revolutionäre Charakter des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression.
5. Wir haben aus dem Krieg Lehren gezogen. Dafür haben wir mit unserem Boden und mit unserem Blut bezahlen müssen.
Was die Lehren anbelangt, so sind sie von großer Bedeutung. In den wenigen Kriegsmonaten traten auf chinesischer Seite viele schwache Stellen zutage. Das zeigte sich vor allem auf politischem Gebiet. Obwohl dieser Krieg in geographischer Hinsicht das ganze Land erfaßt, ist er dennoch dem Bestand der Kräfte nach, die ihn führen, kein gesamtchinesischer Krieg. Die breiten Volksmassen werden von der Regierung nach wie vor davon abgehalten, sich zur Teilnahme am Krieg zu erheben, und deshalb läßt der Krieg bis auf den heutigen Tag noch den Massencharakter vermissen. Ein Krieg gegen die Aggression des japanischen Imperialismus ohne Massencharakter kann nie und nimmer vom Sieg gekrönt sein. Manche sagen: "Der Krieg ist schon jetzt ein allgemeiner Krieg." Das trifft insofern zu, als weite Gebiete Chinas in den Krieg einbezogen sind. Was aber den Bestand der am Krieg teilnehmenden Kräfte anbelangt, bleibt er immer noch einseitig, da er immer noch nur ein Widerstandskrieg der Regierung und der Armee ist, aber nicht der Volksmassen. Eben das war die Hauptursache für den Verlust ausgedehnter Gebiete und für zahlreiche militärische Mißerfolge innerhalb weniger Monate. Somit ist der gegenwärtige Widerstandskrieg zwar ein revolutionärer Krieg, aber sein revolutionärer Charakter ist noch nicht völlig zutage getreten - eben weil er noch nicht zum Krieg der Massen geworden ist. Das ist zugleich eine Frage des Zusammenschlusses. Obwohl die politischen Parteien und Gruppen in China jetzt enger als früher zusammengeschlossen sind, ist der notwendige Grad des Zusammenschlusses bei weitem noch nicht erreicht. Die große Mehrheit der politischen Häftlinge ist bis jetzt noch nicht freigelassen; das Parteienverbot ist noch nicht restlos aufgehoben. Die Beziehungen zwischen Regierung und Volk, Armee und Volk, Offizieren und Soldaten sind nach wie vor sehr schlecht, zwischen ihnen besteht eine Distanz und kein Zusammenschluß. Das ist ein fundamentales Problem. Wird dieses Problem nicht gelöst, kann von einem Sieg im Krieg nicht die Rede sein. Außerdem sind militärische Fehler eine andere wichtige Ursache für die Verluste an Streitkräften und an Territorium. Bisher wurden die meisten Gefechte in einer passiven Weise geführt, die in der Militärsprache als "reine Verteidigung" bezeichnet wird. Führt man auf diese Weise Krieg, kann man unmöglich den Sieg erringen. Um den Sieg zu erringen, ist es notwendig, auf politischem und militärischem Gebiet eine Linie einzuschlagen, die sich von der jetzt verfolgten Linie kraß unterscheidet. Das sind die von uns gezogenen Lehren.
Frage: Welche politischen und militärischen Voraussetzungen halten Sie in diesem Fall für notwendig?
Antwort: Auf politischem Gebiet ist es erstens notwendig, die gegenwärtige Regierung in eine Regierung der Einheitsfront unter Teilnahme von Vertretern des Volkes umzubilden. Diese Regierung muß demokratisch und zugleich zentralisiert sein. Sie muß die notwendige revolutionäre Politik durchführen. Zweitens muß dem Volk die Freiheit der Rede, der Presse, der Versammlungen, der Vereinigung und des bewaffneten Widerstands gegen den Feind gewährt werden, damit der Krieg einen Massencharakter erlangt. Drittens ist es notwendig, die Lebensbedingungen des Volkes durch solche Maß-. nahmen zu verbessern wie Abschaffung der drückenden Steuern und verschiedenartigen Abgaben, Senkung der Pacht- und Darlehenszinsen, Hebung der materiellen Versorgung der Arbeiter, der unteren Offiziere und der Soldaten, Vorzugsbehandlung der Familien der Widerstandskämpfer sowie Unterstützung der Katastrophengeschädigten und Kriegsflüchtlinge. Die Finanzpolitik der Regierung muß auf dem Prinzip der gerechten Verteilung der Lasten aufgebaut werden, das heißt auf dem Prinzip "Wer Geld hat, der zahlt". Viertens muß die Außenpolitik aktiviert werden. Fünftens ist die Politik auf dem Gebiet der Kultur und der Volksbildung umzustellen. Sechstens sind die Landesverräter aufs schärfste zu unterdrücken. Das letztere ist jetzt zu einem außerordentlich ernsten Problem geworden. Die Landesverräter treiben skrupellos ihr Unwesen: In den Frontgebieten helfen sie dem Feind; im Hinterland stiften sie rücksichtslos Unruhe. Es gibt sogar Fälle, wo diese Elemente unter antijapanischer Maske Patrioten als Landesverräter anzeigen und sie verhaften lassen. Eine wirksame Unterdrückung der Landesverräter wird jedoch nur dann möglich sein, wenn das Volk sich zur Zusammenarbeit mit der Regierung erhebt. Auf militärischem Gebiet ist es ebenfalls notwendig, eine allseitige Reform vorzunehmen. Das Wichtigste dabei ist, in der Strategie und Taktik von der reinen Verteidigung zu aktiven Angriffen gegen den Feind überzugehen; die Armee alten Systems in eine Armee neuen Systems umzuwandeln; die zwangsweise Aushebung durch Agitation unter den Massen für den freiwilligen Einsatz an der Front zu ersetzen; an Stelle der aufgesplitterten Truppenführung eine einheitliche zu setzen; mit der Disziplinlosigkeit, durch welche die Armee dem Volk entfremdet wird, Schluß zu machen und eine bewußte Disziplin einzuführen, die auch nicht die geringste Schmälerung der Interessen der Bevölkerung zuläßt; von den militärischen Operationen, die nur von der regulären Armee geführt werden, zur Entfaltung eines ausgedehnten Partisanenkriegs des Volkes überzugehen, der mit den Operationen der regulären Armee koordiniert sein würde usw. Alle eben dargelegten politischen und militärischen Voraussetzungen wurden in dem von uns veröffentlichten Zehn-Punkte-Programm aufgestellt. Diese Richtlinien entsprechen voll und ganz dem Geist der Drei Volksprinzipien, der drei politischen Hauptrichtlinien Dr. Sun Yat-sens und seines Testaments. Der Krieg wird nur dann vom Sieg gekrönt sein, wenn das alles in die Tat umgesetzt wird.
Frage: Was tut die Kommunistische Partei, um dieses Programm zu verwirklichen?
Antwort: Unsere Arbeit ist darauf gerichtet, unermüdlich die gegenwärtige Lage zu erläutern sowie im Bündnis mit der Kuomintang und mit allen übrigen patriotischen Parteien und Gruppen dafür zu kämpfen, daß die antijapanische nationale Einheitsfront erweitert und gefestigt wird, daß alle Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg mobilisiert werden. Gegenwärtig ist der Rahmen der antijapanischen nationalen Einheitsfront noch sehr eng. Es ist notwendig, diese Front zu verbreitern, das heißt "die Volksmassen zu wecken", wie es Dr. Sun Yat-sen in seinem Testament gefordert hatte, und die unteren Schichten der Gesellschaft zur Teilnahme an der Einheitsfront zu mobilisieren. Und die Festigung der nationalen Einheitsfront bedeutet die Verwirklichung eines gemeinsamen Programms, das für die Tätigkeit aller politischen Parteien und Gruppen bindend sein sollte. Wir sind einverstanden, die revolutionären Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens, seine drei politischen Hauptrichtlinien und sein Testament als das gemeinsame Programm der Einheitsfront aller Parteien, Gruppen und aller Bevölkerungsschichten anzunehmen. Jedoch ist dieses Programm bisher noch nicht von allen politischen Parteien und Gruppen anerkannt worden, und vor allem, die Kuomintang hat ein solches Gesamtprogramm noch nicht anerkannt und verkündet. Augenblicklich verwirklicht die Kuomintang bereits zum Teil das von Dr. Sun Yat-sen verkündete Prinzip des Nationalismus - das zeigt sich in der Verwirklichung des Widerstandskriegs gegen Japan. Aber das Prinzip der Demokratie wurde bisher nicht verwirklicht, ebensowenig das Prinzip des Volkswohls. Eben darum befindet sich gegenwärtig der Widerstandskrieg in einer ernsten Krise. In dieser kritischen militärischen Lage ist es für die Kuomintang höchste Zeit, die Drei Volksprinzipien restlos zu verwirklichen; andernfalls wird die Reue zu spät kommen. Es ist die Pflicht der Kommunistischen Partei, in aller Öffentlichkeit eindringlich und unermüdlich die Kuomintang und das ganze Volk aufzuklären und davon zu überzeugen, daß es notwendig ist, die wahrhaft revolutionären Drei Volksprinzipien, die drei politischen Hauptrichtlinien und das Testament Dr. Sun Yat-sens im Landesmaßstab vollständig und konsequent in die Tat umzusetzen, um die antijapanische nationale Einheitsfront zu erweitern und zu festigen.
Die achte Route-Armee im Widerstandskrieg
Frage: Erzählen Sie mir bitte etwas über die Lage der Achten Route-Armee. Dafür haben viele ein großes Interesse. Erklären Sie mir beispielsweise etwas über ihre Strategie und Taktik, über ihre politische Arbeit usw.
Antwort: In der Tat, nachdem die Rote Armee in die Achte Route-Armee umorganisiert und an die Front abgerückt war, begannen sehr viele, sich für ihre Tätigkeit zu interessieren. Ich will Ihnen jetzt in allgemeinen Zügen etwas über sie erzählen.
Ich werde vor allem auf die Kampflage eingehen. Strategisch ist die Provinz Schansi das Zentrum der militärischen Operationen der Achten Route-Armee. Wie Ihnen bekannt ist, hat die Achte Routearmee viele Siege errungen, beispielsweise in dem Gefecht bei Pinghsingguan, bei der Zurückeroberung von Djingping, Pinglu und Ningwu, bei der Wiedererlangung von Laiyüan und Guangling und bei der Einnahme von Dsidjingguan; sie unterbrach die drei wichtigsten Verbindungslinien der japanischen Armee, nämlich die Linien zwischen Datung und Yänmenguan, Yühsiän und Pinghsingguan, Schuohsiän und Ningwu; sie griff die japanischen Etappen südlich von Yänmenguan an und nahm zweimal Pinghsingguan und Yänmenguan wieder ein; in den letzten Tagen eroberte sie Tjüyang und Tanghsiän zurück. Die in Schansi eingefallenen japanischen Truppen sind gegenwärtig durch die Achte Route-Armee und andere chinesische Truppen strategisch eingekesselt. Wir können mit Sicherheit sagen, daß die japanischen Truppen in Nordchina von nun an auf zähesten Widerstand stoßen werden. Wenn die japanischen Truppen in der Provinz Schansi willkürlich zu schalten und zu walten trachten, werden sie unweigerlich auf Schwierigkeiten stoßen, wie sie solche noch nie erfahren haben.
Jetzt will ich zu Fragen der Strategie und der Taktik übergehen. Wir operieren so, wie bisher keine anderen chinesischen Truppen operiert haben, d. h., wir kämpfen vor allem in den Flanken und im Hinterland des Feindes. Diese Methode der Kriegführung unterscheidet sich kraß von der reinen Frontalverteidigung. Wir sind nicht gegen den Einsatz eines Teils der Kräfte in frontalen Kämpfen - das ist notwendig. Aber man muß die Hauptkräfte in den Flanken des Feindes einsetzen, die Taktik der Einkreisung und Umgehung anwenden und selbständig, aus eigener Initiative den Feind angreifen. Nur auf diese Weise kann man die eigenen Kräfte erhalten und die Kräfte des Feindes vernichten. Ferner ist der Einsatz eines gewissen Teils unserer Kräfte für Operationen im Hinterland des Feindes besonders wirksam, weil er die Verbindungslinien des Feindes und seine Stützpunkte desorganisiert. Aber auch die Truppen, die Frontalkämpfe führen, sollen nicht zur Kampfmethode der reinen Verteidigung Zuflucht nehmen; sie müssen hauptsächlich die Methode der "Gegenschläge" anwenden. Eine der wichtigsten Ursachen für die militärischen Mißerfolge in den letzten Monaten waren die falschen Methoden der Durchführung von Operationen. Die Methoden der Kriegführung, wie sie jetzt von der Achten Route-Armee angewandt werden, bezeichnen wir als selbständigen und unabhängigen Partisanenkrieg und Bewegungskrieg. In ihren Grundprinzipien sind das die gleichen Methoden, die wir während des vergangenen Bürgerkriegs angewandt haben, jedoch gibt es hier auch gewisse Unterschiede. Zum Beispiel, im gegenwärtigen Stadium des Krieges sind die Fälle eines konzentrierten Einsatzes der Truppen verhältnismäßig selten, während Operationen mit aufgelockerten Kräften häufiger durchgeführt werden. Das geschieht, um auf einem großen Territorium Überraschungsangriffe gegen die Flanken und gegen das Hinterland des Feindes zu erleichtern. Infolge ihrer großen zahlenmäßigen Stärke ist es für die gesamte chinesische Armee notwendig, einen Teil ihrer Kräfte zur frontalen Verteidigung, einen anderen Teil aber zur Führung des Partisanenkriegs mit aufgelockerten Kräften bereitzustellen; auch die Hauptkräfte müssen in der Regel konzentriert gegen die Flanken des Feindes eingesetzt werden. Das erste Gebot der Kriegführung ist die Erhaltung der eigenen Kräfte und die Vernichtung der feindlichen Kräfte. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, einen selbständigen und unabhängigen Partisanenkrieg und Bewegungskrieg zu führen und alle passiven, inflexiblen Methoden der Kriegführung zu vermeiden. Wenn eine große Anzahl der Truppen den Bewegungskrieg führt, während die Achte Route-Armee sie durch ihren Partisanenkrieg unterstützt, dann wird der Sieg zweifellos in unseren Händen liegen.
Nun zur Frage der politischen Arbeit. Die Achte Route-Armee hat ferner noch eine äußerst wichtige und stark ausgeprägte Besonderheit - ihre politische Arbeit. Es gibt drei Grundprinzipien für die politische Arbeit der Achten Route-Armee, und zwar: Erstens, das Prinzip der Einheit zwischen Offizieren und Soldaten. Es bedeutet die Liquidierung der feudalen Beziehungen in der Armee, die Abschaffung des Systems der Beschimpfungen und Mißhandlungen, die Herstellung einer bewußten Disziplin und die Einführung einer Lebensweise, bei der Offiziere und Soldaten Wohl und Wehe miteinander teilen. Dadurch ist die ganze Armee fest zusammengeschlossen. Zweitens, das Prinzip der Einheit von Armee und Volk. Es bedeutet die Aufrechterhaltung einer Disziplin, bei der nicht das geringste Vergehen gegen die Volksmassen geduldet wird, ferner Propaganda unter den Massen, ihre Organisierung und Bewaffnung sowie die Erleichterung ihrer ökonomischen Lasten und die Niederschlagung der Landesverräter und Kollaborateure, die der Armee und dem Volk Schaden zufügen. Dadurch ist die Armee fest mit dem Volk zusammengeschlossen und wird überall von den Volksmassen willkommen geheißen. Drittens, das Prinzip der Zersetzung der feindlichen Truppen und der milden Behandlung der Kriegsgefangenen. Unser Sieg hängt nicht nur von den militärischen Operationen unserer Truppen, sondern auch von der Zersetzung der Truppen des Feindes ab. Obwohl die Methode der Zersetzung der feindlichen Truppen und der milden Behandlung der Kriegsgefangenen jetzt noch keine sichtbaren Ergebnisse zeitigt, wird diese Methode in der Zukunft zweifellos ihre Früchte tragen. Darüber hinaus füllt die Achte Routearmee gemäß dem zweiten Prinzip ihre Reihen nicht durch die Methode der Zwangsaushebung unter der Bevölkerung auf, sondern durch die Methode der Agitation für den freiwilligen Einsatz an der Front. Diese Methode ist bedeutend wirksamer als die Zwangsmethode.
Jetzt sind die Provinzen Hopeh, Tschahar, Suiyüan und ein Teil der Provinz Schansi zwar verloren, aber wir lassen den Mut durchaus nicht sinken, sondern rufen entschlossen unsere gesamte Armee auf, im Zusammenwirken mit allen befreundeten Truppen bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen, um die Provinz Schansi zu verteidigen und die verlorenen Gebiete zurückzugewinnen. Die Achte Route-Armee wird ihre Operationen mit denen der übrigen chinesischen Truppen koordinieren, um den Widerstandskrieg in Schansi entschlossen weiterzuführen; dies wird für den gesamten Krieg, besonders für den Krieg in Nordchina, von großer Bedeutung sein.
Frage: Können Ihrer Meinung nach diese Prinzipien, die als Vorzüge der Achten Route-Armee anzusehen sind, auch von den übrigen chinesischen Truppen angewandt werden?
Antwort: Selbstverständlich, sie können durchaus angewandt werden. Seinerzeit war die Kuomintang-Armee im wesentlichen von dem gleichen Geist erfüllt wie heute die Achte Route-Armee. Das war in den Jahren 1924 bis 1927. Damals organisierten die Kommunistische Partei Chinas und die Kuomintang gemeinsam eine Armee neuen Systems, die zunächst nur aus zwei Regimentern bestand, aber schon vermochte, eine große Anzahl Truppenteile um sich zu scharen und den ersten Sieg über Tschen Djiung-ming zu erringen. Dann wurden diese Regimenter zu einem Korps ausgebaut, und unter ihren Einfluß gerieten noch mehr Truppen. Erst dann konnte es zum Nordfeldzug kommen. In der Armee herrschte damals eine neue Atmosphäre; zwischen Offizieren und Soldaten, zwischen Armee und Volk war der Zusammenschluß im wesentlichen erreicht worden, die Truppen waren von einem vorwärtsstürmenden, revolutionären Geist durchdrungen. Das in der damaligen Armee eingeführte System der Parteivertreter und der politischen Abteilungen, das es bis dahin in der Geschichte Chinas nicht gegeben hatte, verlieh der Armee ein neues Aussehen. Die 1927 gegründete Rote Armee und die heutige Achte Route-Armee haben dieses System übernommen und weiter ausgebaut. In der Periode der Revolution von 1924 bis I927 war eine Armee auf den Plan getreten, die von dem neuen Geist durchdrungen war, und ihre Methoden der Kriegführung entsprachen naturgemäß ihrem politischen Gepräge: Das war nicht mehr die passive, inflexible, sondern aktive, bewegliche Kriegführung, die von offensivem Geist durchdrungen war, und infolgedessen wurde im Nordfeldzug der Sieg errungen. Auf den gegenwärtigen Schlachtfeldern des Widerstandskriegs braucht man gerade solche Truppen. Es ist nicht unbedingt notwendig, daß sie einige Millionen Mann zählen. Um den Sieg über den japanischen Imperialismus zu erringen, genügt es, einige Hunderttausende solcher Soldaten als festen Kern zu haben. Wir bringen allen Truppenverbänden unseres Landes, die seit Beginn des Widerstandskriegs heroische Opfer gebracht haben, höchste Achtung entgegen; aber man muß aus diesen blutigen Kämpfen bestimmte Lehren ziehen.
Frage: Meinen Sie nicht, daß bei der in der japanischen Armee herrschenden Disziplin Ihre Politik der milden Behandlung der Gefangenen wohl kaum positive Ergebnisse zeitigen kann? So läßt beispielsweise das japanische Kommando die von Ihnen entlassenen Kriegsgefangenen gleich nach der Rückkehr hinrichten; der japanischen Armee als Ganzem bleibt der Sinn Ihrer Politik unbekannt.
Antwort: Das kann nicht sein. Je mehr von uns freigelassene Kriegsgefangene vom japanischen Kommando hingerichtet werden, desto mehr Sympathien werden unter den japanischen Soldaten für die chinesische Armee geweckt werden. Vor der Soldatenmasse lassen sich diese Tatsachen nicht geheimhalten. Wir werden an unserer Politik festhalten. So erklärt beispielsweise die japanische Armee heute schon offen, daß sie gegen die Achte Route-Armee Giftgase anwenden wird, aber selbst in diesem Fall werden wir unsere Politik der milden Behandlung der Gefangenen nicht ändern. Wir werden die gefangenen japanischen Soldaten und gewisse Offiziere unterer Dienstgrade, die man zu kämpfen zwang, nach wie vor mit Milde behandeln, wir werden sie nicht beleidigen noch schmähen, sondern werden ihnen die Gemeinsamkeit der Interessen der beiden Völker auseinandersetzen und sie freilassen. Denjenigen, die nicht zurückkehren wollen, wird die Möglichkeit geboten, in der Achten Routearmee zu dienen. Und falls in der Zukunft auf dem Kriegsschauplatz gegen die japanischen Eindringlinge eine "internationale Brigade" auftaucht, dann werden sie dieser beitreten und mit der Waffe in der Hand gegen den japanischen Imperialismus kämpfen können.
Kapitulantentum im Widerstandskrieg
Frage: Soviel mir bekannt ist, setzt Japan bei Fortführung des Krieges gleichzeitig in Schanghai Gerüchte über den Frieden in Umlauf. Was sind letzten Endes die Ziele Japans?
Antwort: Nachdem der japanische Imperialismus gewisse Ergebnisse bei der Durchführung seiner Pläne erzielt hat, wird er erneut versuchen, mit Hilfe eines Friedens-Nebelschleiers drei Ziele zu erreichen. Diese Ziele sind:
1. die bereits eroberten Positionen zu festigen, um sie im zweiten Stadium des Angriffs als strategischen Aufmarschraum auszunutzen;
2. die antijapanische Front in China zu spalten;
3. die internationale Front der Hilfe für China zu sprengen. Die jetzt in Umlauf gesetzten Gerüchte über einen Frieden bedeuten lediglich, daß Japan bereits seine erste Friedens-Rauchbombe geworfen hat. Gefährlich ist, daß es in China immerhin schwankende Elemente gibt, die bereit sind, auf den Köder des Feindes anzubeißen, und nun treiben sich die Landesverräter und Kollaborateure zwischen ihnen herum, verbreiten alle möglichen Gerüchte und versuchen dadurch, China zur Kapitulation vor den japanischen Eindringlingen zu verleiten.
Frage: Wozu kann Ihrer Meinung nach diese gefährliche Situation führen?
Antwort: Es gibt da nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird das Kapitulantentum durch das chinesische Volk überwunden, oder es gewinnt die Oberhand, und dann werden über China Wirren hereinbrechen, und die antijapanische Front wird gespalten werden.
Frage: Welche von diesen beiden Möglichkeiten ist die wahrscheinlichere?
Antwort: Das gesamte chinesische Volk fordert, daß der Widerstandskrieg bis zu Ende geführt wird. Selbst wenn ein gewisser Teil der herrschenden Kreise in China praktisch den Weg der Kapitulation einschlagen sollte, wird der übrige entschlossene Teil dem unbedingt entgegentreten und zusammen mit dem Volk den Widerstandskrieg fortführen. Eine solche Kapitulation wäre natürlich ein Unglück für die antijapanische Front in China. Ich glaube jedoch, daß es den Kapitulanten nicht gelingen wird, die Unterstützung der Volksmassen zu erhalten; die Volksmassen werden das Kapitulantentum überwinden, den Krieg entschlossen fortführen und den Sieg erringen.
Frage: Darf ich fragen: Wie kann man das Kapitulantentum überwinden?
Antwort: Sowohl in Worten auf die Gefahr des Kapitulantentums hinweisen wie auch in Taten die Volksmassen organisieren, um die Umtriebe der Kapitulanten zu unterbinden. Die Wurzeln des Kapitulantentums liegen im nationalen Defätismus, das heißt im nationalen Pessimismus. Solche Pessimisten sind der Meinung, daß China nach manchen verlorenen Schlachten keine Kräfte mehr hätte, den japanischen Eindringlingen Widerstand zu leisten. Sie begreifen nicht, daß gerade die Niederlage die Mutter des Erfolgs ist, daß die aus den Niederlagen gezogenen Lehren eben zur Grundlage des künftigen Sieges werden. Die Pessimisten sehen nur die Niederlagen im Widerstandskrieg, nicht aber die Erfolge in diesem Krieg, und noch weniger vermögen sie zu sehen, daß in unseren Niederlagen bereits Elemente des Sieges, in den Siegen des Feindes dagegen Elemente seiner Niederlage enthalten sind. Wir müssen den Volksmassen die Perspektive unseres Sieges im Krieg vor Augen führen und ihnen begreiflich machen, daß die Niederlagen und Schwierigkeiten vorübergehenden Charakter haben und daß der endgültige Sieg zweifellos unser sein wird, wenn wir trotz aller möglichen Rückschläge unbeugsam kämpfen. Verlieren die Kapitulanten die Stütze in den Massen, werden sie außerstande sein, ihre Machenschaften zu verwirklichen, und die antijapanische Front kann gefestigt werden.
Demokratie und Widerstandskrieg
Frage: Was ist der Sinn der von der Kommunistischen Partei in ihrem Programm formulierten "Demokratie"? Steht sie nicht im Widerspruch zu der "Regierung der Kriegszeit"?
Antwort: Nicht im geringsten. Die Kommunistische Partei hat bereits im August 1936 die Losung der Schaffung einer "demokratischen Republik" ausgegeben. Der politische und organisatorische Inhalt dieser Losung läuft auf folgende drei Leitsätze hinaus:
1. Kein Staat und keine Regierung e i n e r Klasse, sondern ein Staat und eine Regierung der Koalition aller antijapanischen Klassen, unter Ausschluß der Landesverräter und Kollaborateure; ein Staat und eine Regierung, denen unbedingt die Arbeiter, die Bauern und die anderen Schichten des Kleinbürgertums angehören müssen.
2. Die organisatorische Form dieser Regierung ist der demokratische Zentralismus. Diese Regierung muß demokratisch und zugleich zentralisiert sein, das heißt in bestimmter Form zwei dem Anschein nach einander widersprechende Dinge Demokratie und Zentralismus - in sich vereinen.
3. Die Regierung gewährt dem Volk alle notwendigen politischen Freiheiten, vor allem die Freiheit der Organisation, der Ausbildung und der Bewaffnung zum Selbstschutz. Wie aus diesen drei Leitsätzen zu ersehen ist, stehen eine demokratische Republik und eine "Regierung der Kriegszeit" überhaupt nicht im Widerspruch zueinander. Das eben ist die Staatsordnung und das Regierungssystem, die den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression begünstigen.
Frage: Ist der Ausdruck "demokratischer Zentralismus" nicht eigentlich ein Widerspruch in sich selbst?
Antwort: Man darf nicht nur auf den Ausdruck schauen, sondern man muß die Tatsachen sehen. Zwischen der Demokratie und dem Zentralismus liegt keine unüberbrückbare Kluft, sowohl das eine wie auch das andere ist für China unerläßlich. Einerseits muß die Regierung, die wir fordern, eine solche Regierung sein, die den Willen des Volkes tatsächlich repräsentieren kann. Diese Regierung muß unbedingt die Billigung und Unterstützung der breiten Volksmassen ganz Chinas genießen; das Volk muß unbedingt die Möglichkeit haben, die Regierung frei zu unterstützen, ihm müssen auch alle Möglichkeiten gewährt werden, auf die Politik der Regierung einzuwirken. Das ist die Bedeutung der Demokratie. Andererseits ist die Zentralisierung der administrativen Gewalt notwendig. Sobald die Politik, die das Volk verlangt, von seinen repräsentativen Organen angenommen und der vom Volk selbst gewählten Regierung übertragen ist, wird sie von dieser Regierung in die Tat umgesetzt werden. Nur wenn die Regierung bei der Durchführung dieser Politik die durch den Willen des Volkes angenommene Linie nicht verletzt, wird sie die gegebene Politik erfolgreich und ungehindert verwirklichen können. Das ist die Bedeutung des Zentralismus. Nur durch die Einführung des demokratischen Zentralismus kann die Regierung eine wirklich große Stärke besitzen. Die Regierung der Landesverteidigung muß in der Periode des Widerstandskriegs unbedingt dieses System annehmen.
Frage: Aber das dürfte wohl nicht dem System des Kriegszeitkabinetts entsprechen?
Antwort: Ja, das entspricht nicht dem System gewisser in der Geschichte bekannter Kabinette der Kriegszeit.
Frage: Und gab es etwa Fälle, in denen es ihm entsprach?
Antwort: Ja, es gab auch solche Fälle. Die politischen Systeme der Kriegszeit kann man im allgemeinen in zwei Kategorien teilen: das System des demokratischen Zentralismus und das System des absoluten Zentralismus. Das wird jeweils durch den Charakter des Krieges bestimmt. Alle Kriege, die es in der Geschichte gegeben hat, kann man ihrem Charakter nach in zwei Kategorien teilen: in gerechte Kriege und ungerechte Kriege. So war beispielsweise der große Krieg in Europa vor mehr als 20 Jahren seinem Charakter nach ein ungerechter, ein imperialistischer Krieg. Damals zwangen die Regierungen aller imperialistischen Staaten die Völker, für die Interessen des Imperialismus zu kämpfen, und handelten somit den Interessen der Völker zuwider. Unter diesen Umständen waren eben solche Regierungen wie die Lloyd-George-Regierung in England erforderlich. Lloyd George unterdrückte das englische Volk, gestattete ihm nicht, sich gegen den imperialistischen Krieg zu äußern, und verbot jede Organisation oder Versammlung, die die Antikriegsstimmungen des Volkes zum Ausdruck brachte; das Parlament bestand zwar weiter, aber das war ein Parlament, das die Kriegsbudgets auf Befehl von oben bestätigte, also gleichfalls ein Organ der imperialistischen Meute. In diesem Krieg waren Regierung und Volk nicht einig, und infolgedessen entstand eine Regierung, die nur den Zentralismus anstrebte und die Demokratie ablehnte - eine Regierung des absoluten Zentralismus. In der Geschichte gab es jedoch auch revolutionäre Kriege wie zum Beispiel die revolutionären Kriege in Frankreich, in Rußland und gegenwärtig in Spanien. In Kriegen dieser Art fürchtet die Regierung nicht, daß das Volk ihr die Unterstützung verweigert, weil das Volk zur Führung eines solchen Krieges vollauf bereit ist; die Regierung verläßt sich auf die freiwillige Unterstützung des Volkes, und deshalb braucht die Regierung das Volk nicht zu fürchten, im Gegenteil, sie muß das Volk wachrütteln und dazu anleiten, seine Ansichten zu äußern, damit es aktiv am Krieg teilnimmt. Der nationale Befreiungskrieg Chinas findet die volle Billigung des Volkes; zudem wird der Sieg im Krieg ohne die Beteiligung des Volkes unmöglich sein. Deshalb wird der demokratische Zentralismus zur Notwendigkeit. Der Sieg im Nordfeldzug der Jahre 1926/27 in China war ebenfalls dem demokratischen Zentralismus zu verdanken. Hieraus geht hervor, daß ein Krieg, wenn seine Ziele unmittelbar den Interessen des Volkes entsprechen, um so leichter geführt werden kann, je demokratischer die Regierung ist. Eine solche Regierung braucht nicht zu fürchten, daß das Volk gegen den Krieg sein wird; im Gegenteil, Passivität des Volkes und seine gleichgültige Einstellung zum Krieg können für sie Anlaß zur Beunruhigung sein. Der Charakter des Krieges bestimmt die Beziehungen zwischen Regierung und Volk - das ist ein Gesetz der Geschichte.
Frage: Wenn das so ist - welche Schritte werden Sie unternehmen, um das neue politische System zu verwirklichen?
Antwort: Der Schlüssel dazu liegt in der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei.
Frage: Wieso?
Antwort: In den letzten 15 Jahren waren die Beziehungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei der entscheidende Faktor der politischen Lage in China. Die Zusammenarbeit dieser beiden Parteien in den Jahren von 1924 bis 1927 hat zum Sieg der ersten Revolution geführt. Der Bruch zwischen diesen Parteien im Jahre 1927 hat die unglückliche Situation der letzten zehn Jahre verursacht. Aber nicht wir sind für diesen Bruch verantwortlich. Wir waren gezwungen, den Kurs des Widerstands gegen die Unterdrückung durch die Kuomintang einzuschlagen, und wir hielten unbeirrt das ruhmreiche Banner der Befreiung Chinas hoch. Jetzt ist das dritte Stadium angebrochen, und die beiden Parteien müssen auf der Grundlage eines bestimmten Programms in vollem Umfang zusammenarbeiten, um der japanischen Aggression Widerstand zu leisten und das Vaterland zu retten. Durch unsere unermüdlichen Anstrengungen ist eine solche Zusammenarbeit schließlich einigermaßen zustande gekommen, und jetzt geht es darum, daß beide Seiten ein gemeinsames Programm anerkennen und nach diesem Programm handeln. Ein wichtiger Teil dieses Programms ist die Errichtung eines neuen politischen Systems.
Frage: Auf welche Weise kann man über die Zusammenarbeit der beiden Parteien zur Errichtung eines neuen Systems gelangen?
Antwort: Wir machen jetzt den Vorschlag, den Regierungsapparat und das System der Armee umzugestalten. Um der gegenwärtigen Notlage Herr zu werden, schlagen wir vor, eine provisorische Nationalversammlung einzuberufen. In diese Versammlung müssen Vertreter aller antijapanischen Parteien und Gruppen, Armeen, Massenorganisationen und Organisationen der Unternehmer in einem bestimmten Verhältnis gewählt werden - im wesentlichen so, wie Dr. Sun Yat-sen im Jahre 1924 vorgeschlagen hat. Diese Versammlung muß als höchstes Organ der Staatsgewalt im Land funktionieren; ihr werden die Festlegung der Politik für die Rettung des Vaterlands, die Bestätigung des Verfassungsprogramms und die Wahl der Regierung übertragen werden. Wir sind der Meinung, daß im Verlauf des Widerstandskriegs jener kritische Wendepunkt bereits eingetreten ist, wo es nur durch die unverzügliche Einberufung einer solchen Nationalversammlung, die über Macht verfügt und den Willen des Volkes zu repräsentieren vermag, möglich ist, das politische Antlitz des Landes völlig neu zu gestalten und die gegenwärtige Krise abzuwenden. Wir tauschen gegenwärtig mit der Kuomintang Meinungen über diesen Vorschlag aus und hoffen, ihre Zustimmung zu erhalten.
Frage: Hat nicht die Nationalregierung in einer Erklärung die Einberufung der Nationalversammlung widerrufen?
Antwort: Dieser Widerruf ist eine richtige Maßnahme. Widerrufen wurde die Einberufung jener Nationalversammlung, die von der Kuomintang in der Vergangenheit vorbereitet worden war. Diese Nationalversammlung sollte, wie das von der Kuomintang bestimmt worden war, über keinerlei Macht verfügen, und ihre Wahlen wären in vollem Widerspruch zum Willen des Volkes verlaufen. Wie alle Kreise der Gesellschaft sind wir mit dieser Art von Nationalversammlung nicht einverstanden. Die von uns jetzt vorgeschlagene provisorische Nationalversammlung unterscheidet sich grundlegend von der Versammlung, deren Einberufung bereits widerrufen wurde. Nach der Einberufung der provisorischen Nationalversammlung wird das ganze Land ein völlig neues Antlitz erhalten, und es wird somit eine notwendige Voraussetzung für die Umgestaltung des Regierungsapparats und der Armee sowie für die Mobilisierung des Volkes geschaffen werden. Fürwahr, davon hängt eine Wendung zum Besseren im Widerstandskrieg ab.
Die Lage im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression nach dem Fall von Schanghai und Taiyüan und unsere Aufgaben
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.63-78
(12. November 1937)[Anmerkung 10]
I. Die gegenwärtige Lage ist durch den Übergang von einem partiellen zu einem totalen Widerstandskrieg gekennzeichnet
1. Wir unterstützen jeden Widerstandskrieg gegen die Invasion des japanischen Imperialismus, mag er auch nur ein partieller Widerstandskrieg sein, da dieser im Vergleich zum Nichtwiderstand ein Schritt vorwärts ist, da er bis zu einem gewissen Grad revolutionären Charakter trägt, da er ebenfalls um der Verteidigung des Vaterlands willen geführt wird.
2. Ein partieller Widerstandskrieg, der ohne Teilnahme der Volksmassen allein von der Regierung geführt wird, muß jedoch unweigerlich scheitern, worauf wir schon längst (auf der Versammlung der Parteiaktivisten im April dieses Jahres in Yenan, auf der Landeskonferenz der Partei im Mai und im Beschluß des Politbüros des Zentralkomitees vom August[Anmerkung 11] hingewiesen haben. Denn er ist kein vollständiger revolutionärer nationaler Krieg, kein Krieg der Volksmassen.
3. Wir sind für einen vollständigen revolutionären nationalen Krieg, zu dessen Teilnahme das ganze Volk mobilisiert wird, mit anderen Worten, wir sind für einen totalen Widerstandskrieg; denn nur ein solcher Widerstandskrieg ist ein Krieg der Volksmassen, und nur durch ihn kann man das Vaterland verteidigen.
4. Obwohl der partielle Widerstandskrieg, für den die Kuomintang eintritt, auch ein nationaler Krieg ist und gewissen revolutionären Charakter trägt, ist sein revolutionärer Charakter jedoch sehr unvollkommen. Ein partieller Widerstandskrieg wird unweigerlich zur Niederlage führen, und in einem solchen Krieg ist es ganz und gar unmöglich, das Vaterland erfolgreich zu verteidigen.
5. Darin besteht die prinzipielle Differenz zwischen dem Standpunkt der Kommunistischen Partei und dem gegenwärtigen Standpunkt der Kuomintang zum Widerstandskrieg. Vergessen die Kommunisten den prinzipiellen Charakter dieser Differenz, so werden sie den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression nicht richtig leiten können, werden sie unfähig sein, die Einseitigkeit der Kuomintang zu überwinden, werden sie in Prinzipienlosigkeit abgleiten und die Kommunistische Partei auf das Niveau der Kuomintang herabsetzen. Damit würden sie gegenüber der Sache des heiligen revolutionären nationalen Krieges und der Aufgabe der Verteidigung des Vaterlands verbrecherisch handeln.
6. In einem vollständigen revolutionären nationalen Krieg, d. h. in einem totalen Widerstandskrieg, ist es erforderlich, das von der Kommunistischen Partei vorgeschlagene Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands auszuführen, ist es erforderlich, eine Regierung und eine Armee zu haben, die dieses Programm voll und ganz in die Tat umsetzen.
7. Die Lage nach dem Fall von Schanghai und Taiyüan ist folgende:
(1) In Nordchina ist der reguläre Krieg, bei dem die Kuomintang die Hauptrolle gespielt hat, bereits zu Ende, und der Partisanenkrieg, in dem der Kommunistischen Partei die Hauptrolle zukommt, ist das Primäre geworden. In Kiangsi und Tschekiang ist die Front der Kuomintang durchbrochen, und die japanischen Eindringlinge stoßen nun gegen Nanking und gegen das Flußgebiet des Yangtse vor. Es ist klar geworden, daß der partielle Widerstand der Kuomintang nicht mehr lang anhalten kann.
(2) Von ihren eigenen imperialistischen Interessen ausgehend, haben sich die Regierungen Englands, der USA und Frankreichs bereit erklärt, China zu helfen, aber bisher ist es nur eine Sympathie in Worten geblieben; sie haben keinerlei reale Hilfe geleistet.
(3) Die deutschen und die italienischen Faschisten unterstützen mit aller Kraft den japanischen Imperialismus.
(4) Die Kuomintang ist noch immer nicht gewillt, in ihrer Einparteiendiktatur und in ihrer Politik der Beherrschung der Volksmassen, wodurch sie ihren partiellen Widerstand leistet, prinzipielle Änderungen vorzunehmen.
Das ist die eine Seite der Lage.
Die andere Seite zeigt sich in folgendem:
(1) Der politische Einfluß der Kommunistischen Partei und der Achten Route-Armee ist in raschem Tempo stark gewachsen, und ihr Ruf als "Retter der Nation" verbreitet sich im ganzen Land. Die Kommunistische Partei und die Achte Route-Armee sind entschlossen, den Partisanenkrieg in Nordchina beharrlich fortzusetzen, um so das ganze Land zu verteidigen und den Angriff der japanischen Eindringlinge zu binden, der gegen die Zentralebene Chinas und gegen Nordwestchina gerichtet ist.
(2) Die Massenbewegung hat sich einen Schritt weiter entwickelt.
(3) Die nationale Bourgeoisie tendiert nach links.
(4.) In der Kuomintang wachsen die Kräfte, die für Reformen eintreten.
(5) Die Bewegung der Völker der Welt gegen Japan und für Hilfe an China entfaltet sich.
(6) Die Sowjetunion bereitet sich vor, China reale Hilfe zu leisten. Das ist die andere Seite der Lage.
8. Somit befinden wir uns gegenwärtig in einer Periode des Übergangs von einem partiellen zu einem totalen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression. Der partielle Widerstand kann nicht länger anhalten, und der totale Widerstand hat noch nicht begonnen. Das ist eine Zeitlücke, eine Übergangsperiode voller Gefahren.
9. In dieser Periode kann sich der partielle Widerstandskrieg Chinas in folgenden drei Richtungen entfalten:
Die erste Richtung ist die Beendigung des partiellen Widerstandskriegs und seine Ersetzung durch den totalen Widerstandskrieg. Das ist die Forderung der gewaltigen Mehrheit des chinesischen Volkes, aber die Kuomintang hat sich dazu noch nicht entschlossen.
Die zweite Richtung ist die Beendigung des Widerstandskriegs und seine Ersetzung durch die Kapitulation. Das ist die Forderung der japanischen Eindringlinge, der Landesverräter und der projapanischen Elemente, aber sie stößt auf den Widerstand der gewaltigen Mehrheit des chinesischen Volkes.
Die dritte Richtung ist das Nebeneinanderbestehen des Widerstandskriegs und der Kapitulation in China. Sie wird sich aus den Ränken ergeben, die die japanischen Eindringlinge, die Landesverräter und die projapanischen Elemente zur Spaltung der antijapanischen Front Chinas schmieden würden, wenn es ihnen nicht gelingt, das Ziel der zweiten Richtung zu erreichen. Sie bereiten jetzt diesen Schachzug vor. Diese Gefahr droht.
10. Nach der gegenwärtigen Lage zu urteilen, herrschen sowohl im Inland als auch im Ausland die Faktoren vor, die dem Kapitulantentum nicht gestatten, die Oberhand zu gewinnen. Diese Faktoren sind: das Festhalten Japans an seinem Kurs auf die Versklavung Chinas, wodurch China nichts anderes übrigbleibt als zu kämpfen; das Bestehen der Kommunistischen Partei und der Achten Route-Armee; die Forderungen des chinesischen Volkes; die Forderungen der Mehrheit der Kuomintang-Mitglieder; die Bedenken Englands, der USA und Frankreichs, daß ihre Interessen durch eine Kapitulation der Kuomintang beeinträchtigt würden; das Bestehen der Sowjetunion und ihre Politik der Hilfe für China; die starken (nicht unbegründeten) Hoffnungen des chinesischen Volkes auf die Sowjetunion. Wenn wir all diese Faktoren richtig, koordiniert ausnutzen, werden wir in der Lage sein, nicht nur die Faktoren zu überwinden, die zur Kapitulation und zur Spaltung führen, sondern auch die Faktoren, die bewirken, daß man im partiellen Widerstandskrieg steckenbleibt.
11. Also besteht eine Perspektive des Übergangs vom partiellen zum totalen Widerstandskrieg. Für diese Perspektive zu kämpfen, das ist die gemeinsame dringende Aufgabe aller Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas, aller fortschrittlichen Mitglieder der Kuomintang und des gesamten chinesischen Volkes überhaupt.
12. Der revolutionäre nationale Krieg Chinas gegen die japanische Aggression befindet sich jetzt in einer ernsten Krise. Diese Krise kann sich möglicherweise verlängern, kann aber auch relativ schnell überwunden werden. Die entscheidenden Faktoren dabei sind folgende: innerhalb des Landes - die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, eine auf dieser Zusammenarbeit beruhende Änderung der Politik der Kuomintang und die Kräfte der Arbeiter- und Bauernmassen; außerhalb des Landes - die Hilfe der Sowjetunion.
13. Eine politische und organisatorische Umgestaltung der Kuomintang ist sowohl notwendig als auch möglich.[Anmerkung 12] Das erklärt sich hauptsächlich aus dem Druck, den Japan auf China ausübt, aus der von der Kommunistischen Partei Chinas betriebenen Politik der Einheitsfront, aus den Forderungen des chinesischen Volkes und aus dem Anwachsen neuer Kräfte innerhalb der Kuomintang. Unsere Aufgabe ist es, darauf hinzuwirken, daß diese Umgestaltung verwirklicht wird, die als Grundlage einer Umgestaltung der Regierung und der Armee dienen soll. Für eine Umgestaltung der Kuomintang ist zweifellos die Zustimmung ihres Zentralexekutivkomitees erforderlich; wir sind nur in der Lage, Vorschläge zu machen.
14. Umgestaltung der Regierung. Wir haben vorgeschlagen, eine provisorische Nationalversammlung einzuberufen, was auch notwendig und möglich ist. Für diese Umgestaltung ist zweifellos ebenso die Zustimmung der Kuomintang erforderlich.
15. Die Aufgabe der Umgestaltung der Armee besteht darin, eine neue Armee zu schaffen und die alten umzugestalten. Wenn eine neue Armee von 250000 bis 300 000 Mann, die von einem neuen politischen Geist durchdrungen ist, binnen sechs bis zwölf Monaten aufgestellt werden kann, wird auf dem antijapanischen Schlachtfeld bestimmt eine Wendung zum Besseren eintreten. Eine solche Armee wird auf alle alten Armeen Einfluß haben und sie um sich scharen. Das ist die militärische Grundlage für den Übergang zur strategischen Gegenoffensive im Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge. Für diese Umgestaltung ist ebenfalls die Zustimmung der Kuomintang erforderlich. Bei dieser Umgestaltung hat die Achte Route-Armee eine vorbildliche Rolle zu spielen. Und der Bestand der Achten Route-Armee selbst muß vergrößert werden.
II. Sowohl in der Partei als auch im ganzen Land muss gegen das Kapitulantentum gekämpft werden
In der Partei gegen das Klassenkapitulantentum kämpfen
16. Im Jahre 1927 hat das Kapitulantentum Tschen Du-hsius[16] zur Niederlage der Revolution geführt. Kein Kommunist darf diese blutige Lehre der Geschichte vergessen.
17. Was die von der Partei betriebene Linie der antijapanischen nationalen Einheitsfront betrifft, so bildete vor den Ereignissen bei Lugoutjiao der "linke" Opportunismus, das heißt die Politik der verschlossenen Tür, die Hauptgefahr in der Partei. Das erklärt sich hauptsächlich dadurch, daß die Kuomintang damals den japanischen Eindringlingen noch keinen Widerstand leistete.
18. Nach den Ereignissen bei Lugoutjiao war die Hauptgefahr in der Partei nicht mehr die "linke" Politik der verschlossenen Tür, sondern der rechte Opportunismus, das heißt das Kapitulantentum. Das erklärt sich hauptsächlich dadurch, daß die Kuomintang begonnen hat, den japanischen Eindringlingen Widerstand zu leisten.
19. Bereits auf der Versammlung der Parteiaktivisten im April in Yenan, dann wieder auf der Landeskonferenz der Partei im Mai und insbesondere auf der Tagung des Politbüros des Zentralkomitees im August (die Tagung in Luotschuan) stellten wir die Frage: Wird in der Einheitsfront die Bourgeoisie vom Proletariat oder das Proletariat von der Bourgeoisie geführt werden? Wird die Kommunistische Partei von der Kuomintang oder die Kuomintang von der Kommunistischen Partei angezogen werden? Im Zusammenhang mit der konkreten politischen Aufgabe der Gegenwart bedeutet diese Frage: Ist die Kuomintang auf die Stufe des von der Kommunistischen Partei vorgeschlagenen Zehn-Punkte-Programms für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands und auf die Stufe des totalen Widerstandskriegs zu heben, oder soll die Kommunistische Partei herabgedrückt werden auf die Stufe der Diktatur der Grundherren und der Bourgeoisie und auf die Stufe des partiellen Widerstands?
20. Warum müssen wir die Frage mit einer solchen Schärfe stellen? Hierfür gibt es folgende Gründe:
Einerseits: Die Neigung der chinesischen Bourgeoisie zu Kompromissen; das Übergewicht der Kuomintang hinsichtlich der materiellen Stärke; die gegen die Kommunistische Partei gerichteten Verleumdungen und Beschimpfungen sowie das Geschrei nach der "Einstellung des Klassenkampfes", was alles in der Deklaration und in den Beschlüssen des 3. Plenums des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang enthalten ist; die Sehnsucht der Kuomintang nach einer "Kapitulation der Kommunistischen Partei" und die breite Propaganda dafür; die Versuche Tschiang Kai-scheks, die Kommunistische Partei unter seine Kontrolle zu bringen; die auf Einschränkung und Schwächung der Roten Armee gerichtete Politik der Kuomintang; die auf Einschränkung und Schwächung der antijapanischen demokratischen Stützpunktgebiete gerichtete Politik der Kuomintang; der während des Luschan-Kursus[Anmerkung 13] der Kuomintang im Juli ausgeheckte heimtückische Plan, "die Kräfte der Kommunistischen Partei im Verlauf des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression um zwei Fünftel zu verringern"; die Versuche der Kuomintang, Kader der Kommunistischen Partei mit Offerten von Beförderung, Geld, Wein und Weib zu verführen; die politische Kapitulation gewisser radikaler Elemente des Kleinbürgertums (mit Dschang Nai-tji als Vertreter[Anmerkung 14]); usw.
Anderseits: Die Ungleichmäßigkeit des theoretischen Niveaus unter den Kommunisten; der bei vielen Mitgliedern unserer Partei bestehende Mangel an Erfahrungen der Zusammenarbeit zwischen den beiden Parteien, wie sie während des Nordfeldzugs gesammelt wurden; das Vorhandensein einer großen Anzahl von Parteimitgliedern kleinbürgerlicher Abstammung; der Widerwillen eines Teils der Parteimitglieder, das bisherige Leben harten Kampfes weiterzuführen; die Tendenz zu einem prinzipienlosen Entgegenkommen gegenüber der Kuomintang in der Einheitsfront; das Auftreten der Tendenz zu einem Militärmachthabertum neuen Typus in der Achten Routearmee; das Auftauchen der Frage der Beteiligung der Kommunistischen Partei an der Kuomintang-Regierung; das Auftreten der Tendenz zu übermäßiger Nachgiebigkeit in den antijapanischen demokratischen Stützpunktgebieten; usw.
Angesichts dieser von zwei Seiten geschilderten ernsten Situation muß die Frage, wer wen führen wird, scharf gestellt werden, muß das Kapitulantentum entschieden bekämpft werden.
21. Seit Monaten und vor allem seit Beginn des Widerstandskriegs haben das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und die Parteiorganisationen aller Ebenen einen zielbewußten und entschlossenen Kampf gegen die bereits aufgetretene oder möglicherweise auftretende Tendenz des Kapitulantentums geführt und notwendige Vorbeugungsmaßnahmen getroffen, und es wurden dabei Erfolge erzielt.
Das Zentralkomitee veröffentlichte einen Resolutionsentwurf zur Frage der Beteiligung der Kommunistischen Partei an der Kuomintang Regierung.[Anmerkung 15]
In der Achten Route-Armee begann der Kampf gegen die Tendenz eines Militärmachthabertums neuen Typus. Diese Tendenz kommt darin zum Ausdruck, daß gewisse Personen sich nach der Reorganisierung der Roten Armee nicht strikt der Führung der Kommunistischen Partei unterstellen wollen, einem individuellen Heldentum huldigen, es für eine Ehre halten, durch die Kuomintang einen Posten zu erhalten (d. h. Offizier zu werden) usw. Die Tendenz eines Militärmachthabertums neuen Typus hat dieselben Wurzeln wie die Tendenz des Militärmachthabertums alten Typus, die sich in Mißhandlungen, Beschimpfungen, Disziplinverstößen usw. äußert (Herabsetzung der Kommunistischen Partei auf das Niveau der Kuomintang), und führt zu demselben Ergebnis (Loslösung von den Massen) ; da sie in der Periode der Einheitsfront der Kuomintang und der Kommunistischen Partei auftritt, ist sie besonders gefährlich, verdient besondere Beachtung und fordert entschiedene Bekämpfung. Sowohl das System der politischen Kommissare, das infolge der Einmischung der Kuomintang abgeschafft worden war, als auch die Bezeichnung der politischen Abteilungen, die aus demselben Grund in Büros für politische Schulung umbenannt worden waren, wurden wiederhergestellt. Wir haben das neue strategische Prinzip des "unabhängigen und selbständigen Partisanenkriegs in Gebirgsgegenden" aufgestellt und es beharrlich in die Tat umgesetzt, was der Achten Route-Armee im wesentlichen sowohl bei den militärischen Operationen wie auch in ihrer sonstigen Arbeit die Erfolge sicherte. Wir haben die Forderung der Kuomintang, daß sie ihre Mitglieder als Kader in die Achte Route-Armee schicken könne, abgelehnt und an dem Prinzip der absoluten Führung der Achten Route-Armee durch die Kommunistische Partei festgehalten. In den revolutionären antijapanischen Stützpunktgebieten haben wir ebenfalls das Prinzip der "Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront" aufgestellt und die Tendenz zum "Parlamentarismus"[Anmerkung 16] (natürlich nicht zum Parlamentarismus der II. Internationale, den es in der Kommunistischen Partei Chinas nicht gegeben hat) korrigiert. Wir haben konsequent gegen Banditen, feindliche Spione und Saboteure gekämpft.
In Sian haben wir die Tendenz zur Prinzipienlosigkeit (die Nachgiebigkeitstendenz) in den Beziehungen mit der Kuomintang korrigiert und den Massenkampf aufs neue entfaltet.
In Ostkansu haben wir im großen und ganzen das gleiche wie in Sian getan.
In Schanghai haben wir an der Linie Dschang Nai-tjis "weniger Aufrufe, mehr Vorschläge" Kritik geübt und begonnen, die Nachgiebigkeitstendenz bei unserer Tätigkeit in der Bewegung zur Rettung des Vaterlands zu berichtigen.
In den Partisanengebieten des Südens - sie sind ein Teil unserer im zehnjährigen blutigen Ringen mit der Kuomintang erkämpften Erfolge, sind strategische Stützpunkte für den revolutionären nationalen Krieg gegen die japanischen Eindringlinge in den südlichen Provinzen, sind jene Kraft, die die Kuomintang auch nach den Sian-Ereignissen mit Hilfe ihrer "Einkreisungs- und Ausrottungs"-Politik vernichten und dann nach den Ereignissen bei Lugoutjiao mit der Methode, "den Tiger aus den Bergen zu locken", schwächen wollte haben wir unsere Aufmerksamkeit darauf konzentriert:
(I) eine Zusammenziehung unserer Kräfte ohne Berücksichtigung der Umstände (das würde der Forderung der Kuomintang entsprechen, diese Stützpunkte zu beseitigen) zu vermeiden;
(2) von der Kuomintang Ernannte zurückzuweisen;
(3) gegenüber der Gefahr einer Wiederholung des Vorfalls von Ho Ming wachsam zu sein, (d. h. gegenüber der Gefahr, von der Kuomintang eingekesselt und entwaffnet zu werden).[Anmerkung 17]
Unsere Haltung in der Wochenschrift Djiäfang Dschoukan[Anmerkung 18] zeichnet sich weiterhin durch ernste und gerechte Kritik aus.
22. Um im Widerstandskrieg durchzuhalten und den Endsieg zu erringen sowie um den partiellen Widerstand in einen totalen Widerstand zu verwandeln, muß man sich fest an die Linie der antijapanischen nationalen Einheitsfront halten, muß man die Einheitsfront erweitern und festigen. Keinerlei Ansichten, die auf eine Spaltung der Einheitsfront der Kuomintang und der Kommunistischen Partei hinauslaufen, sind zulässig. Man muß nach wie vor das Auftreten der "linken" Politik der verschlossenen Tür verhüten. Gleichzeitig müssen wir jedoch in der gesamten Arbeit der Einheitsfront das Prinzip der Unabhängigkeit und Selbständigkeit strikt einhalten. Unsere Einheitsfront mit der Kuomintang und mit allen anderen politischen Gruppen beruht auf der Verwirklichung eines bestimmten Programms; ohne diese Grundlage gäbe es keine Einheitsfront, würde sich die Zusammenarbeit in eine prinzipienlose Handlungsweise verwandeln und wäre ein Ausdruck des Kapitulantentums. Die Klarstellung, Verwirklichung und strenge Einhaltung des Prinzips der "Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront" bilden deshalb das zentrale Kettenglied, das den revolutionären nationalen Krieg gegen die japanischen Eindringlinge auf den Weg des Sieges führt.
23. Welches Ziel verfolgen wir bei all dem? Einerseits wollen wir die Positionen halten, die wir bereits erobert haben. Das sind unsere strategischen Ausgangspositionen; gehen sie verloren, dann ist alles aus. Unser Hauptziel besteht jedoch darin, die Positionen auszubauen, das positive Ziel der "Mobilisierung der Millionenmassen zur Teilnahme an der antijapanischen nationalen Einheitsfront und zur Niederschlagung des japanischen Imperialismus" zu verwirklichen.
Die Erhaltung der Positionen und deren Ausbau sind nicht voneinander zu trennen. In den letzten Monaten haben sich unter unserem Einfluß noch breitere Massen des linken Flügels des Kleinbürgertums zusammengeschlossen, sind die neuen Kräfte im Lager der Kuomintang im Wachsen begriffen, hat sich der Kampf der Volksmassen in Schansi entfaltet, sind die Parteiorganisationen an vielen Orten gewachsen.
24. Wir müssen jedoch klar verstehen, daß - allgemein gesagt im ganzen Land die organisatorische Kraft unserer Partei noch schwach ist, daß die Kraft der Massen im ganzen Land ebenfalls sehr schwach ist und daß die Hauptmasse des Volkes - die Arbeiter und Bauern - noch nicht organisiert ist. Das ergibt sich einerseits aus der Kontroll- und Unterdrückungspolitik der Kuomintang, anderseits aus unserer mangelnden oder ungenügenden Arbeit. Das ist die wesentlichste Schwäche unserer Partei im gegenwärtigen revolutionären nationalen Krieg gegen die japanische Aggression. Ohne diese Schwäche überwunden zu haben, kann man den japanischen Imperialismus nicht besiegen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß man das Prinzip der "Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront" verwirklichen, muß man unbedingt das Kapitulantentum oder die Nachgiebigkeitstendenz überwinden.
Im ganzen Land gegen das nationale Kapitulantentum kämpfen
25. Oben haben wir vom Klassenkapitulantentum gesprochen. Diese Abweichung würde das Proletariat auf den Weg der Anpassung an den Reformismus und an die Inkonsequenz der Bourgeoisie führen. Ohne sie überwunden zu haben, kann man den revolutionären nationalen Krieg gegen die japanische Aggression nicht siegreich führen, wird man nicht in der Lage sein, den partiellen Widerstand in einen totalen Widerstand zu verwandeln und das Vaterland zu verteidigen.
Es gibt jedoch noch eine andere Art Kapitulantentum, und zwar das nationale Kapitulantentum. Es würde China auf den Weg der Anpassung an die Interessen des japanischen Imperialismus führen, es in eine Kolonie des japanischen Imperialismus verwandeln und alle Chinesen zu Kolonialsklaven machen. Diese Abweichung ist nun im rechten Flügel der antijapanischen nationalen Einheitsfront aufgetaucht.
26. Der linke Flügel der antijapanischen nationalen Einheitsfront besteht aus den von der Kommunistischen Partei geführten Volksmassen, die das Proletariat, die Bauernschaft und das städtische Kleinbürgertum umfassen. Unsere Aufgabe ist es, diesen Flügel mit allen Kräften zu erweitern und zu festigen. Die Erfüllung dieser Aufgabe ist die grundlegende Voraussetzung für die Umgestaltung der Kuomintang, der Regierung und der Armee, ist die grundlegende Voraussetzung für die Schaffung einer einheitlichen demokratischen Republik, für die Verwandlung des partiellen Widerstands in einen totalen Widerstand und für die Niederschlagung des japanischen Imperialismus.
27. Die Mittelgruppe der antijapanischen nationalen Einheitsfront bilden die nationale Bourgeoisie und die Oberschicht des Kleinbürgertums. Leute, deren Sprachrohr die führenden Schanghaier Zeitungen sind, tendieren nach links,[Anmerkung 19] während manche Mitglieder der Fuhsingschö (Gesellschaft für die Wiedergeburt Chinas) zu schwanken begonnen haben und manche Mitglieder der CC-Clique ebenfalls wankelmütig geworden sind.[Anmerkung 20] Die gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Armeen haben eine ernste Lehre erhalten, und einige von ihnen haben schon mit der Umgestaltung begonnen oder bereiten die Umgestaltung vor. Unsere Aufgabe ist es, der Mittelgruppe zu helfen, damit sie Fortschritte macht und ihre Einstellung ändert.
28. Den rechten Flügel der antijapanischen nationalen Einheitsfront bilden die großen Grundherren und die Großbourgeoisie; sie sind das Hauptlager des nationalen Kapitulantentums. Einmal fürchten sie, daß der Krieg ihr Eigentum zerstören wird, ein andermal, daß sich die Volksmassen erheben werden; ihre Neigung zum Kapitulantentum ist also unvermeidlich. Viele von ihnen sind bereits Landesverräter geworden, viele wurden projapanisch oder sind bereit, es zu werden, viele wieder schwanken. Nur einzelne Personen kämpfen infolge besonderer Umstände entschlossen gegen Japan. Manche von ihnen haben sich nur zwangsweise und widerwillig der nationalen Einheitsfront vorübergehend angeschlossen. Allgemein gesprochen wird es nicht lang dauern, bis sie sich von der antijapanischen nationalen Einheitsfront loslösen. Gegenwärtig provozieren viele der schlechtesten Elemente unter den großen Grundherren und Großbourgeois eine Spaltung der antijapanischen nationalen Einheitsfront. Sie sind Lügenfabrikanten, und Gerüchte wie "Revolte der Kommunistischen Partei", "Rückzug der Achten Route-Armee" und ähnliche mehr werden sich mit jedem Tag häufen. Unsere Aufgabe ist es, entschieden gegen das nationale Kapitulantentum zu kämpfen und im Laufe dieses Kampfes den linken Flügel zu erweitern und zu festigen sowie danach zu streben, daß die Mittelgruppe Fortschritte macht und ihre Einstellung ändert.
Die Beziehung zwischen Klassenkapitulantentum und nationalem Kapitulantentum
29. Im revolutionären nationalen Krieg gegen die japanische Aggression ist das Klassenkapitulantentum faktisch eine Reservearmee des nationalen Kapitulantentums, die schädlichste Abweichung, die dem Lager des rechten Flügels hilft und den Krieg zur Niederlage führt. Um die Befreiung der chinesischen Nation und ihrer werktätigen Massen erkämpfen zu können, um den Kampf gegen das nationale Kapitulantentum zu verstärken, muß man die Abweichung des Klassenkapitulantentums in den Reihen der Kommunistischen Partei und des Proletariats bekämpfen und diesen Kampf auf allen Gebieten unserer Arbeit entfalten.
Bekanntmachung der Regierung des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia und der Hinterlandsverwaltung der achten Route-Armee
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S. 79-82
(15. Mai 1938)[Anmerkung 21]
Hiermit wird bekanntgegeben: Seit den Ereignissen bei Lugoutjiao führen alle unsere patriotischen Landsleute entschlossen den Widerstandskrieg. An der Front vergießen Offiziere und Soldaten ihr Blut, opfern ihr Leben. Alle politischen Parteien und Gruppen schließen sich aufrichtig zusammen. Alle Bevölkerungskreise vereinen ihre Kräfte, um das Vaterland vor der Unterjochung zu retten. Das weist der chinesischen Nation einen breiten, lichten Weg und gewährt die sichere Garantie für den Sieg über Japan. Alle unsere Landsleute müssen gemäß dieser Linie vorwärtsschreiten. Die Armee und die Bevölkerung unseres Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia[Anmerkung 22] folgen der Führung der Regierung, widmen alle ihre Kräfte der Sache der Rettung des Vaterlands. Was sie auch immer tun, ist gerecht und ehrenhaft. Sie führen einen erbitterten, harten Kampf, ohne über Müdigkeit zu klagen. Das ganze Volk lobt und preist sie einstimmig. Die Regierung unseres Grenzgebiets und unsere Hinterlandsverwaltung haben nur die eine Aufgabe, die Volksmassen des ganzen Grenzgebiets zu weiteren Anstrengungen zu begeistern, um das Werk durchzuführen. Es darf nicht vorkommen, daß auch nur ein einziger Mensch seine Pflicht nicht erfüllt, daß auch nur eine einzige Tat der Sache der Rettung des Vaterlands Schaden zufügt. Aber in der letzten Zeit ist festgestellt worden, daß es auf dem Territorium des Grenzgebiets dennoch Personen gibt, die die Interessen der Gesamtheit mißachten, die auf diese und jene Weise suchen, die Bauern zur Rückgabe ihrer durch die Aufteilung erhaltenen Ländereien und Wohnhäuser zu nötigen oder die Schuldner zur Zahlung bereits annullierter Schulden zu veranlassen,[Anmerkung 23] ferner die Bevölkerung zur Änderung der bereits eingeführten demokratischen Ordnung zu zwingen oder die schon geschaffenen militärischen, wirtschaftlichen, kulturellen Organisationen und Massenorganisationen zu zerstören. Mehr noch, sie betreiben Spionage, nehmen Verbindungen zu Banditen auf, stiften die Truppen zu Meutereien an, machen topographische Aufnahmen, sammeln heimlich Informationen und machen offen Propaganda gegen die Regierung des Grenzgebiets. Die obenerwähnten derartigen Handlungen verstoßen offenkundig gegen das Grundprinzip des Zusammenschlusses zum Widerstand gegen Japan, widersprechen dem Willen der Bevölkerung des Grenzgebiets, sind ein Versuch, innere Zwistigkeiten zu schüren, die Einheitsfront zu unterwühlen, die Interessen des Volkes zu schädigen, die Autorität der Regierung des Grenzgebiets zu erschüttern und die Schwierigkeiten bei der Mobilisierung des Widerstands gegen Japan zu vergrößern. Und das alles geschieht infolge der Skrupellosigkeit einiger weniger ultrakonservativer Elemente, welche die Interessen der Nation und des Staates mißachten. Mehr noch, einige von ihnen werden sogar von den japanischen Eindringlingen als Werkzeug benutzt, wobei sie sich hinter verschiedenen Aushängeschildern verstecken, um ihre verschwörerische Tätigkeit zu tarnen. In den letzten Monaten gehen von der Bevölkerung verschiedener Kreise täglich am laufenden Band Meldungen ein mit der Bitte, diese Wühltätigkeit zu unterbinden. Um die Kräfte des Widerstands gegen Japan zu stärken, um das Hinterland des Widerstands gegen Japan zu festigen und die Interessen des Volkes zu schützen, sind die Regierung und die Hinterlandsverwaltung gezwungen, die erwähnten Aktionen zu verbieten. In Anbetracht dessen geben wir unmißverständlich folgendes bekannt:
1. Die Regierung und die Hinterlandsverwaltung verbieten, um die bereits gesicherten Rechte des Volkes zu schützen, jegliche unbefugte Änderung bezüglich der Verteilung von Ländereien und Wohnhäusern sowie der Annullierung von Schuldverpflichtungen, die vor der Herstellung des inneren Friedens auf den der Gerichtsbarkeit der Regierung des Grenzgebiets unterstehenden Territorien vorgenommen wurden.
2. Die Regierung und die Hinterlandsverwaltung nehmen die Tätigkeit aller militärischen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen Organisationen und sonstigen Massenorganisationen unter ihren Schutz, die zur Zeit der Herstellung des inneren Friedens bestanden und später in Übereinstimmung mit den Prinzipien der antijapanischen nationalen Einheitsfront Fortschritte gemacht und sich entwickelt haben, und sie werden ihr Wachstum fördern sowie jegliche Intrige und jegliche zersetzende Aktion, die gegen sie gerichtet ist, unterbinden.
3. Die Regierung und die Hinterlandsverwaltung, die die Prinzipien des "Programms für den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes" entschlossen in die Tat umsetzen, sind freudig bereit, jedes Unternehmen zu fördern, das der Sache des Widerstands gegen Japan zur Rettung des Vaterlands dient, und werden ausnahmslos die Menschen aller Kreise begrüßen, die uns aufrichtig Hilfe zu leisten wünschen. Um aber das Eindringen von Betrügern zu verhindern und Unruhestifter auszuschalten, verbieten wir ausnahmslos allen Personen - einerlei, welche Tätigkeit sie ausüben -, ohne eine entsprechende Genehmigung unserer Regierung~ oder Hinterlandsverwaltung und die von ihnen ausgestellten Dokumente das Grenzgebiet zu betreten und sich dort aufzuhalten.
4. In der gegenwärtigen gespannten Periode des Widerstandskriegs gegen Japan ist es recht und angebracht, daß die Bevölkerung alle Elemente anzeigt, die sich im Grenzgebiet mit Sabotage und Wühltätigkeit befassen, oder skrupellos Unruhe stiften, Aufwiegelei betreiben oder Militärgeheimnisse ausspüren. Wenn gegen irgend jemand unbestreitbare Beweise vorliegen, darf er an Ort und Stelle festgenommen werden. Sofort nach Bestätigung des Tatbestands durch die Untersuchung sind die Schuldigen ohne jede Nachsicht zu bestrafen. Ausnahmslos alle Militärangehörigen und Zivilpersonen des Grenzgebiets haben die dargelegten vier Punkte zu befolgen; niemand darf ihnen zuwiderhandeln. Sollten es zügellose Personen wagen, Störungsmanöver anzuzetteln, werden die Regierung und die Hinterlandsverwaltung - entsprechend diesen Bestimmungen - harte Maßnahmen treffen, und eine Berufung auf die Unkenntnis dieser Bekanntmachung wird unbeachtet bleiben. Diese Bekanntmachung tritt hiermit voll in Kraft.
Strategische Probleme des Partisanenkriegs gegen die japanische Aggression
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.83-125
(Mai 1937)[Anmerkung 24]
Kapitel I: Warum stellen wir die Frage der Strategie des Partisanenkriegs?
Im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression spielt die reguläre Kriegführung die Hauptrolle und der Partisanenkrieg eine Hilfsrolle. Diese Frage haben wir bereits richtig gelöst. Wenn sich demnach im Partisanenkrieg nur taktische Probleme ergeben, warum stellen wir noch die Frage der Strategie?
Wäre China ein kleines Land, in dem der Partisanenkrieg lediglich die Aufgabe hätte, die Operationen der regulären Truppen unmittelbar über kurze Entfernung zu unterstützen, so erhöben sich selbstverständlich nur taktische, aber keine strategischen Probleme. Wäre China andererseits so stark wie die Sowjetunion und imstande, entweder den eingedrungenen Feind rasch zu vertreiben oder ihn, falls diese Vertreibung länger dauern sollte, daran zu hindern, größere Gebiete zu besetzen, dann bestünde die Rolle des Partisanenkriegs ebenfalls in einem operativen Zusammenwirken mit der regulären Kriegführung, und es würden natürlich in ihm auch nur taktische, aber keine strategischen Probleme auftauchen.
Die strategischen Probleme des Partisanenkriegs ergeben sich aus folgenden Umständen: China ist weder ein kleines Land, noch gleicht es der Sowjetunion, sondern es ist ein großes, aber schwaches Land. Dieses große, aber schwache Land ist von einem kleinen, aber starken Land angegriffen worden, es befindet sich jedoch in einer Epoche fortschrittlicher Entwicklung. Und daraus ergibt sich die ganze Problematik. Unter diesen Umständen sind ausgedehnte Gebiete in die Hand des Feindes geraten und hat der Krieg einen langwierigen Charakter angenommen. Da das Territorium, das der Feind in unserem riesigen Land besetzt hält, sehr groß, Japan aber ein kleines Land ist, dem es an Streitkräften mangelt, so daß es auf dem von ihm besetzten Territorium viele Lücken gibt, wird unser Partisanenkrieg gegen Japan in der Hauptsache nicht aus Aktionen auf den inneren Kampflinien zur Unterstützung der Operationen der regulären Truppen, sondern aus selbständigen Aktionen auf den äußeren Kampflinien bestehen; und weil China fortschrittlich ist, das heißt, weil hier eine zuverlässige Armee und breite Volksmassen von der Kommunistischen Partei geführt werden, wird der Partisanenkrieg gegen Japan keinen kleinen, sondern einen großen Maßstab haben. Hieraus ergibt sich eine ganze Reihe von Problemen, wie die der strategischen Verteidigung, des strategischen Angriffs usw. Die Langwierigkeit des Krieges und die damit auftretende Härte führen dazu, daß man sich im Partisanenkrieg mit vielen ungewöhnlichen Dingen zu befassen hat. So taucht die Frage der Stützpunktgebiete, der Entwicklung des Partisanenkriegs zum Bewegungskrieg usw. auf.
Aus all diesen Gründen betritt Chinas Partisanenkrieg, der die Grenzen der Taktik gesprengt hat, den Bereich der Strategie und verlangt, daß seine Probleme vom strategischen Standpunkt aus betrachtet werden. Besonders beachtenswert ist hierbei die Tatsache, daß in der gesamten Kriegsgeschichte der Menschheit ein derart ausgedehnter und langwieriger Partisanenkrieg etwas völlig Neues ist; und das ist nicht von der Tatsache zu trennen, daß wir uns jetzt bereits im dritten und vierten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts befinden und die Kommunistische Partei und die Rote Armee haben. Hier liegt der Kern der Frage. Unser Feind gibt sich vermutlich noch immer süßen Träumen hin, dynastische Umstürze bzw. Eroberungszüge nachahmen zu können, wie sie die Mongolen gegen die Sung-Dynastie, die Mandschu gegen die Ming-Dynastie, die Engländer gegen Nordamerika und Indien oder die Spanier und Portugiesen gegen Mittel- und Südamerika unternahmen. Doch solche Träume haben im China von heute keinen realen Wert, weil es gewisse Faktoren aufweist, die zu den Zeiten der obenerwähnten historischen Ereignisse fehlten; und einer dieser Faktoren ist eben der Partisanenkrieg, der etwas völlig Neues darstellt. Wenn unser Feind diese Tatsache übersieht, wird ihn das teuer zu stehen kommen.
Dies sind die Gründe, warum unser Partisanenkrieg gegen Japan, obgleich er innerhalb des gesamten Widerstandskriegs nur eine untergeordnete Rolle spielt, doch vom strategischen Gesichtspunkt aus betrachtet werden muß.
Warum sollten wir dann nicht die allgemeinen strategischen Prinzipien des Widerstandskriegs auch auf den Partisanenkrieg anwenden?
Im Grunde genommen sind die strategischen Probleme des antijapanischen Partisanenkriegs mit den strategischen Problemen des gesamten Widerstandskriegs aufs engste verknüpft, da beide vieles gemeinsam haben. Andererseits jedoch unterscheidet sich der Partisanenkrieg von der regulären Kriegführung; er hat seine Besonderheiten, und infolgedessen haben auch die strategischen Probleme des Partisanenkriegs viele Besonderheiten. Man darf nicht die allgemeinen strategischen Prinzipien des Widerstandskriegs gegen Japan unverändert auf den Partisanenkrieg mit seinen vielen Besonderheiten übertragen.
Kapitel II: Das Grundprinzip des Krieges ist, die eigenen Kräfte zu erhalten und die gegnerischen Kräfte zu vernichten
Bevor wir die strategischen Probleme des Partisanenkriegs im einzelnen untersuchen, sind einige Worte über das Grundproblem des Krieges notwendig.
Alle leitenden Prinzipien der militärischen Operationen fußen auf einem Grundprinzip, nämlich: so weit als nur möglich die eigenen Kräfte bewahren und die feindlichen vernichten. Bei einem revolutionären Krieg ist dieses Prinzip unmittelbar mit dem politischen Grundprinzip verknüpft. So ist zum Beispiel das politische Grundprinzip, das China bei seinem Widerstandskrieg gegen Japan verfolgt, also sein politisches Ziel, die Vertreibung des japanischen Imperialismus und die Schaffung eines unabhängigen, freien und glücklichen neuen China. Bei seiner Durchführung auf militärischem Gebiet bedeutet dieses Prinzip, das Vaterland mit bewaffneten Kräften zu verteidigen und die japanischen Eindringlinge zu vertreiben. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Streitkräfte in ihren Operationen danach streben, so weit als möglich einerseits die eigenen Kräfte zu erhalten, andererseits die gegnerischen zu vernichten. Wie läßt es sich dann erklären, daß wir im Krieg zu heroischen Opfern aufrufen? Jeder Krieg fordert seinen Preis, manchmal einen äußerst hohen. Steht das nicht im Widerspruch zur "Selbsterhaltung"? In Wirklichkeit gibt es hier gar keinen Widerspruch; genauer gesagt: Aufopferung und Selbsterhaltung sind Gegensätze, die einander bedingen. Denn solche Opfer sind nicht nur notwendig, um den Feind zu vernichten, sondern auch, um die eigenen Kräfte zu erhalten - ein teilweises und zeitweiliges "Sich-nicht-Erhalten" (die Aufopferung oder die Bezahlung des Preises) ist unerläßlich, wenn das Ganze für die Dauer erhalten werden soll. Von diesem Grundprinzip rührt eine Reihe von Prinzipien für die Leitung der militärischen Operationen her; sie alle sind von dem Geist dieses Grundprinzips durchdrungen - angefangen bei dem Prinzip der Feuerführung (daß man Deckung nehmen und das Feuer entfalten muß, das erste zur Erhaltung der eigenen Kräfte, das zweite zur Vernichtung der gegnerischen Kräfte) bis hin zu den Grundsätzen der Strategie. Alle technischen, taktischen, operativen und strategischen Prinzipien sind die Bedingungen für die Realisierung dieses Grundprinzips. Das Prinzip der Selbsterhaltung und der Vernichtung des Feindes ist die Basis aller militärischen Prinzipien.
Kapitel III: Sechs konkrete Probleme der Strategie im Partisanenkrieg gegen die japanische Aggression
Wir wollen jetzt untersuchen, welche Richtlinien oder Prinzipien in den militärischen Operationen des Partisanenkriegs gegen Japan befolgt werden müssen, wenn wir das Ziel der Selbsterhaltung und der Vernichtung des Feindes erreichen wollen. Da die Partisaneneinheiten im Widerstandskrieg (und in allen anderen revolutionären Kriegen) gewöhnlich aus dem Nichts erstehen und sich aus etwas Kleinem zu etwas Großem entwickeln, so gilt für sie neben dem Prinzip, sich selbst zu erhalten, noch das Prinzip, sich zu vergrößern. Folglich lautet die Frage, welche Richtlinien oder Prinzipien wir befolgen müssen, um unser Ziel zu erreichen, d. h. um uns selbst zu erhalten bzw. zu vergrößern und den Feind zu vernichten.
Allgemein gesprochen sind die wichtigen Richtlinien die folgenden:
1. Initiativreiche, flexible und planmäßige Durchführung von offensiven Aktionen im Rahmen der Defensive, von Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und von Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien;
2. Koordination mit der regulären Kriegführung;
3. Errichtung von Stützpunktgebieten;
4. Strategische Defensive und strategische Offensive;
5. Entwicklung des Partisanenkriegs zum Bewegungskrieg;
6. Richtige Beziehungen zwischen den Kommandostellen.
Diese sechs Punkte bilden das gesamte strategische Programm des Partisanenkriegs gegen Japan, und sie zeigen die Wege, die einzuschlagen sind, um die eigenen Kräfte zu erhalten und zu vergrößern, den Feind zu vernichten und zu vertreiben, um im Zusammenwirken mit der regulären Kriegführung den endgültigen Sieg zu erringen.
Kapitel IV: Initiativenreiche, flexible und planmäßige Durchführung von offensiven Aktionen im Rahmen der Defensive, vom Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und von Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien
Der Gegenstand läßt sich wiederum in vier Punkten abhandeln:
1. das Verhältnis zwischen Defensive und Offensive, zwischen Langwierigkeit und rascher Entscheidung, zwischen Operationen auf den inneren und den äußeren Linien;
2. Initiative bei allen Operationen;
3. flexibler Einsatz der Kräfte;
4. Planmäßigkeit bei allen Operationen.
Um mit dem ersten zu beginnen:
Die Tatsache, daß Japan, der Angreifer, ein starker Staat, und China, das sich verteidigt, schwach ist, bedingt, daß unser Widerstandskrieg als Ganzes genommen in strategischer Hinsicht ein defensiver und langwieriger Krieg ist. Was die Kampflinien betrifft, so operiert Japan auf den äußeren Linien und wir auf den inneren. So ist die Lage von der einen Seite aus gesehen. Auf der anderen Seite aber ist das Verhältnis genau umgekehrt. Die feindliche Armee ist zwar hinsichtlich gewisser Faktoren (Bewaffnung, bestimmte Eigenschaften ihrer Truppen) stark, aber zahlenmäßig schwach, während unsere Armee ebenfalls nur hinsichtlich gewisser Faktoren (Bewaffnung, bestimmte Eigenschaften der Truppen) schwach, jedoch zahlenmäßig stark ist. Nimmt man die Tatsache hinzu, daß der Gegner eine fremde Nation ist, die in unser Land eindringt, wir jedoch auf unserem eigenen Boden seiner Invasion Widerstand leisten, so ergibt sich hieraus der folgende strategische Kurs: Es ist möglich und notwendig, offensive Aktionen in operativer und taktischer Hinsicht im Rahmen der strategischen Defensive durchzuführen, Schlachten oder Gefechte mit rascher Entscheidung im Rahmen eines strategisch langwierigen Krieges und operative oder taktische Aktionen auf den äußeren Linien im Rahmen strategischer Operationen auf den inneren Linien auszutragen. Das ist der strategische Kurs, der im ganzen Widerstandskrieg eingehalten werden muß. Er gilt sowohl für die reguläre Kriegführung wie für den Partisanenkrieg. Der Unterschied besteht nur im Grad und in der Form. Im Partisanenkrieg nehmen Offensiven gewöhnlich die Form von Überraschungsangriffen an. Obgleich man auch bei der regulären Kriegführung Überraschungsangriffe unternehmen soll und kann, ist hier doch der Grad der Überraschung geringer. Im Partisanenkrieg besteht die gebieterische Forderung, die Operationen zu einer raschen Entscheidung zu bringen, und der Ring, mit dem wir den Feind in Schlachten und Gefechten auf unserer äußeren Kampflinie umzingeln, ist hier sehr eng. All das unterscheidet den Partisanenkrieg von der regulären Kriegführung.
Daraus ist ersichtlich, daß die Partisaneneinheiten bei ihren Operationen bemüht sein müssen, ihre Kräfte so weit wie möglich zu konzentrieren, geheim und rasch zu handeln, den Feind überraschend anzugreifen und eine rasche Entscheidung der Gefechte herbeizuführen, und daß sie jede passive Verteidigung, jede Verlängerung der Aktion und jede Aufsplitterung ihrer Kräfte vor dem Kampf unbedingt vermeiden müssen. Natürlich schließt der Partisanenkrieg nicht nur die strategische, sondern auch die taktische Verteidigung ein. Zur letzteren gehören unter anderem Bindungs- und Sicherungsaktionen während der Gefechte, die Aufstellung von Truppen zur Verteidigung an Engpässen, an schwer passierbaren Stellen, an Flüssen und in Ortschaften usw., um den Feind zu zermürben und zu erschöpfen, und die Deckung von Rückzugsbewegungen. Die grundlegende Richtlinie des Partisanenkriegs muß jedoch der Angriff sein, der viel offensiver ist als bei der regulären Kriegführung. Obendrein muß dieser Angriff die Form einer Überraschungsaktion haben. Im Partisanenkrieg ist es noch weniger zulässig als im regulären Krieg, sich durch auffällige Zurschaustellung und laute Angeberei zu exponieren. Obwohl es auch im Partisanenkrieg vorkommt, daß sich Kämpfe über einige Tage hinziehen, wie z. B. beim Angriff auf eine kleine und isolierte feindliche Einheit, die von jeder Hilfe abgeschnitten ist, müssen jedoch die Operationen der Partisanenkriegführung in der Regel noch rascher entschieden werden als die der regulären Kriegführung; dies ist dadurch bedingt, daß der Feind stark, wir aber schwach sind. Der Partisanenkrieg wird im allgemeinen mit verteilten Kräften geführt und kann sich daher überallhin ausdehnen; obendrein gilt bei vielen seiner Aufgaben - wie z. B. bei der Beunruhigung des Gegners, bei seiner Bindung und bei Störaktionen sowie bei der Arbeit unter den Massen - stets das Prinzip der Auflockerung der Kräfte. Andererseits jedoch muß eine Partisaneneinheit oder ein Partisanenverband die Hauptkräfte zusammenziehen, wenn die Aufgabe gestellt ist, eine feindliche Einheit zu vernichten, und vor allem, wenn man bestrebt ist, einen feindlichen Angriff zu zerschlagen. "Konzentriert eine große Kraft, um eine kleine feindliche Truppe zu schlagen" bleibt eines der Operationsprinzipien auf dem Schlachtfeld des Partisanenkriegs.
Daraus folgt ebenfalls, daß vom Standpunkt des Widerstandskriegs als Ganzes das Ziel der strategischen Verteidigung erreicht und der endgültige Sieg über die japanischen Imperialisten nur dadurch errungen werden kann, daß sowohl bei der regulären Kriegführung wie auch beim Partisanenkrieg eine große Zahl von operativen und taktischen Angriffskämpfen ausgefochten wird, und zwar durchweg mit Erfolg. Nur dadurch, daß wir zahlreiche Schlachten und Gefechte mit rascher Entscheidung ausgetragen haben, d. h., daß wir die zahlreichen operativen und taktischen Angriffskämpfe durch ihre rasche Entscheidung alle zum siegreichen Ende geführt haben, können wir unseren Zweck - einen strategisch langwierigen Krieg - erreichen, nämlich einerseits Zeit zur Stärkung der Widerstandskraft gewinnen und andererseits Veränderungen in der internationalen Lage und die innere Zersetzung im Lager des Feindes fördern und abwarten, so daß wir zur strategischen Gegenoffensive übergehen und die japanischen Eindringlinge aus China vertreiben können. Wir müssen bei jeder Operation überlegene Kräfte zusammenziehen und in den Schlachten und Gefechten immer nur Aktionen auf den äußeren Linien durchführen - sei es in der Zeit der strategischen Verteidigung, sei es in der Zeit der strategischen Gegenoffensive -, um die feindlichen Einheiten einzukreisen und zu vernichten; können wir nicht alle einkreisen, dann kreisen wir einen Teil ein, können wir nicht alle Eingekreisten vernichten, so tun wir das mit einem Teil, können wir die Eingekreisten nicht in Massen gefangennehmen, so müssen ihnen große Verluste an Toten und Verwundeten zugefügt werden. Nur dadurch, daß wir viele solche Vernichtungsschlachten schlagen, können wir das Kräfteverhältnis zwischen dem Feind und uns verändern, seine strategische Einkreisung - also seine Politik von Operationen auf den äußeren Kampflinien - von Grund auf durchkreuzen und schließlich im Zusammenwirken mit internationalen Kräften und dem revolutionären Kampf des japanischen Volkes die japanischen Imperialisten einkreisen und endgültig vernichten. Diese Erfolge sind vor allem durch die reguläre Kriegführung zu erzielen, und der Partisanenkrieg spielt hierbei eine untergeordnete Rolle. Für beide jedoch gilt das gleiche, daß die Anhäufung vieler kleiner Siege schließlich zu einem großen Sieg führt. Und mit der großen strategischen Rolle des Partisanenkriegs im Widerstandskrieg meinen wir eben das.
Jetzt wollen wir uns den Fragen der Initiative, der Flexibilität und der Planmäßigkeit im Partisanenkrieg zuwenden.
Was ist Initiative im Partisanenkrieg?
In jedem Krieg ringen die beiden kriegführenden Seiten mit allen Mitteln um die Initiative - ob auf einem Schlachtfeld, in einer Kampfzone, in einem Frontgebiet oder sogar im ganzen Krieg; denn Initiative bedeutet Handlungsfreiheit für eine Armee. Wenn eine Armee die Initiative verliert und in eine passive Lage gedrängt wird, büßt sie ihre Freiheit ein, gerät in Gefahr, vernichtet oder geschlagen zu werden. An sich ist es verhältnismäßig schwierig, die Initiative zu gewinnen, wenn man sich in der strategischen Verteidigung befindet und auf den inneren Kampflinien operiert, während man bei Angriffsoperationen auf den äußeren Kampflinien leichter die Initiative ergreifen kann. Der japanische Imperialismus weist jedoch zwei grundlegende Schwächen auf: Erstens mangelt es ihm an Streitkräften, und zweitens führt er den Krieg auf fremdem Boden. Außerdem haben die Unterschätzung der Stärke Chinas durch die Japaner und gewisse Gegensätze unter den japanischen Militaristen zu vielen Fehlern in der Truppenführung Anlaß gegeben: z. B. trafen die Verstärkungen nur in Abständen ein, es fehlte eine strategische Koordinierung, zu gewissen Zeiten gab es kein Hauptangriffsziel, bei einigen Operationen versäumten sie es, günstige Gelegenheiten auszunutzen, oder sie umzingelten Einheiten, ohne sie zu vernichten; das alles kann man als die dritte Schwäche des japanischen Imperialismus bezeichnen. So haben der Mangel Japans an Streitkräften (wozu noch kommt, daß das Land klein, die Bevölkerungszahl gering, die Hilfsquellen unzureichend sind, daß Japan ein feudal-imperialistischer Staat ist usw.), die Führung des Krieges auf fremdem Boden (einschließlich des imperialistischen und barbarischen Charakters des Krieges usw.) und die Ungeschicklichkeit seiner Truppenführung zur Folge, daß den japanischen Militaristen die Initiative mit jedem Tag mehr entgleitet, obwohl sie den Vorteil haben, sich in der Offensive zu befinden und auf den äußeren Kampflinien zu operieren. Japan ist zur Zeit weder gewillt noch imstande, den Krieg zu beenden, seine strategische Offensive ist noch nicht zum Stillstand gekommen, aber seiner Offensive sind, wie die allgemeine Entwicklung zeigt, gewisse Grenzen gesetzt - eine unvermeidliche Folge, die sich aus den drei Schwächen ergibt. Japan kann nicht unbehindert weiter vordringen und schließlich ganz China schlucken. Schon jetzt sind Anzeichen dafür vorhanden, daß Japan eines Tages in eine völlig passive Lage geraten wird. China dagegen befand sich in der Anfangsperiode des Krieges in einer sehr passiven Lage, wendet sich aber jetzt, da es inzwischen Erfahrungen gesammelt hat, einem neuen Kurs zu, dem Kurs auf den Bewegungskrieg, d. h. auf Angriffsaktionen, rasche Entscheidungen und Kampfhandlungen auf den äußeren Linien - all das im operativen bzw. taktischen Maßstab -, was zusammen mit dem Kurs auf die allgemeine Entfaltung des Partisanenkriegs China dazu verhilft, von Tag zu Tag mehr Initiative zu gewinnen.
Im Partisanenkrieg ist die Frage der Initiative von noch entscheidenderer Bedeutung. Denn die meisten Partisaneneinheiten operieren unter sehr schwierigen Umständen: Sie kämpfen ohne Hinterland; sie stehen mit ihren schwachen Kräften den starken Kräften des Feindes gegenüber; es fehlt ihnen (wenn es sich um neuaufgestellte Einheiten handelt) an Erfahrung; und sie haben keine Verbindung miteinander usw. Trotzdem kann man auch im Partisanenkrieg die Initiative ergreifen; es kommt hauptsächlich darauf an, daß man sich die obenerwähnten drei Schwächen des Feindes zunutze macht. Indem sie aus der Knappheit Japans an Streitkräften Nutzen ziehen (wenn man den Krieg als Ganzes betrachtet), können die Partisaneneinheiten unbesorgt weite Gebiete als Operationsfeld benutzen; indem sie aus der Tatsache Nutzen ziehen, daß der Feind einer fremden Nation angehört und eine äußerst barbarische Politik betreibt, können die Partisaneneinheiten kühn um die Unterstützung durch Millionen und aber Millionen zählende Volksmassen werben; indem sie aus der Ungeschicklichkeit der feindlichen Truppenführung Nutzen ziehen, können die Partisaneneinheiten ihre eigene Geschicklichkeit voll zur Wirkung bringen. Alle diese Schwächen des Feindes muß auch die reguläre Armee ausnutzen, um sie in Waffen für den eigenen Sieg umzuwandeln. Vor allem aber müssen das die Partisaneneinheiten tun. Ihre eigene Schwäche können sie im Verlauf der Kämpfe allmählich verringern, ja, zuweilen liefert ihnen eben diese Schwäche die Voraussetzung dafür, um die Initiative zu ergreifen. So können zum Beispiel die Partisaneneinheiten, gerade weil sie klein und schwach sind, bei ihren Operationen im Hinterland des Feindes unbemerkt auftauchen und wieder verschwinden, ohne daß der Feind ihnen etwas anhaben kann. Sie genießen so eine weitgehende Handlungsfreiheit, die eine große reguläre Armee niemals haben kann.
Wenn der Feind einen konzentrischen Angriff unternimmt, ist es für eine Partisaneneinheit schwer, die Initiative zu behalten, und allzu leicht, sie zu verlieren. Schätzt sie in einem solchen Fall die Lage nicht richtig ein oder trifft falsche Maßnahmen, so kann sie leicht in eine passive Lage geraten und wird dann den konzentrischen Angriff des Feindes nicht zerschlagen können. So etwas kann sogar geschehen, wenn der Feind in der Defensive ist, während wir angreifen. Die Initiative erwächst folglich aus der richtigen Einschätzung der Lage (sowohl der eigenen wie der des Feindes) und aus richtigen militärischen und politischen Maßnahmen. Eine pessimistische Einschätzung, die mit den objektiven Umständen nicht im Einklang steht, und darauffolgende passive Maßnahmen werden zweifellos zum Verlust der Initiative führen und uns in eine passive Lage bringen. Ebenso werden eine zu optimistische Einschätzung, die den objektiven Umständen nicht entspricht, und daraus resultierende waghalsige (ohne Notwendigkeit waghalsige) Maßnahmen zum Verlust der Initiative führen und uns schließlich auf den gleichen Weg bringen, wie ihn die Pessimisten weisen. Die Initiative ist nicht eine angeborene Eigenschaft irgendeines Genies, sondern etwas, was ein intelligenter Kommandeur sich durch unvoreingenommene Untersuchung und zutreffende Einschätzung der objektiven Umstände sowie durch richtige militärische und politische Maßnahmen erwerben kann. Daraus folgt, daß die Initiative nichts Fertiges ist, sondern etwas, was man sich bewußt aneignen muß.
Wenn eine Partisaneneinheit infolge unzutreffender Einschätzung der Umstände und falscher Maßnahmen oder durch einen unüberwindlichen Druck des Feindes in eine passive Lage gedrängt wird, hat sie die Aufgabe, sich mit allen Mitteln aus ihr zu befreien. Wie dies zu bewerkstelligen ist, hängt von den Umständen ab. In vielen Fällen ist es notwendig, "wegzugehen". Die Fähigkeit, wegzugehen, ist das hervorstechende Merkmal der Partisaneneinheiten. Das Weggehen ist die Hauptmethode, um aus einer passiven Lage herauszukommen und die Initiative zurückzugewinnen. Doch es ist nicht die einzige Methode. Gerade der Augenblick, in dem der Feind uns sehr energisch entgegentritt und wir die größten Schwierigkeiten haben, ist oft der Zeitpunkt, da sich das Kampfgeschehen zu Ungunsten des Feindes und zu unseren Gunsten zu wenden beginnt. Es kommt oft vor, daß sich wieder eine günstige Situation einstellt und man die Initiative erneut an sich reißen kann, wenn man sich bemüht, "ein wenig länger auszuhalten".
Gehen wir jetzt zur Flexibilität über.
Flexibilität ist ein konkreter Ausdruck der Initiative. Der flexible Einsatz der Kräfte ist im Partisanenkrieg noch notwendiger als im regulären Krieg.
Ein Führer des Partisanenkriegs muß sich darüber klar sein, daß er mit dem flexiblen Einsatz seiner Truppen das wichtigste Mittel in der Hand hat, um das Kräfteverhältnis zwischen sich und dem Feind zu verändern und die Initiative zu ergreifen. Der Charakter des Partisanenkriegs macht es notwendig, daß die Kräfte jeweils entsprechend der vorliegenden Aufgabe sowie der Feindlage, dem Gelände, der örtlichen Bevölkerung und anderen Umständen flexibel eingesetzt werden. Die hauptsächlichen Formen des Einsatzes sind Auflockerung, Konzentration und Truppenverlegung. Wenn der Partisanenführer seine Truppen einsetzt, gleicht er dem Fischer, der sein Netz auswirft, es weit spannt und eng zusammenzieht. Wie der Fischer beim Auswerfen auf die Tiefe des Wassers, die Geschwindigkeit der Strömung und auf Hindernisse zu achten hat, muß der Partisanenführer, der seine Einheiten aufgelockert einsetzt, ebenso achtgeben, um sich nicht durch Unkenntnis der Lage oder falsche Aktionen Verlusten auszusetzen. So wie der Fischer die Schnüre fest in der Hand haben muß, um sein Netz eng zusammenziehen zu können, muß der Partisanenführer die Verbindung mit all seinen Truppenteilen aufrechterhalten und stets ein ausreichendes Kontingent seiner Hauptkräfte zur direkten Verfügung haben. Und genau wie man beim Fischen oft den Platz wechseln muß, so müssen auch die Partisaneneinheiten häufig ihren Standort wechseln. Auflockerung, Konzentration und Standortwechsel sind die drei Mittel des flexiblen Einsatzes der Kräfte im Partisanenkrieg.
Allgemein gesprochen wendet man die Auflockerung der Partisaneneinheiten oder die "Aufteilung des Ganzen" in der Regel in folgenden Fällen an:
1. Wenn der Feind sich in der Defensive befindet, im gegebenen Augenblick für uns keine Möglichkeit besteht, mit konzentrierten Kräften zu operieren, und wir den Feind an einer breiten Front bedrohen wollen;
2. wenn man den Feind in einem Gebiet, wo er nur über schwache Kräfte verfügt, allerorts beunruhigen und durch Diversion stören will;
3. wenn man nicht in der Lage ist, den konzentrischen Angriff des Feindes zu zerschlagen, und darum versucht, sich möglichst unauffällig zu machen und auf diese Weise zu entkommen;
4. wenn man durch das Gelände oder durch Versorgungsschwierigkeiten behindert ist;
5. wenn man in weiten Gebieten die Arbeit unter den Massen entfaltet.
Gleich unter welchen Umständen, muß man bei der Auflockerung der Truppen auf das Folgende achten:
1. Man darf seine Kräfte niemals völlig gleichmäßig verteilen, sondern muß einen verhältnismäßig großen Teil in einem zum Manövrieren geeigneten Gebiet aufstellen, um einerseits mit allen Eventualitäten fertig werden zu können und andererseits diesen Teil der Kräfte für die Erfüllung der wichtigsten aller Aufgaben, die den aufgelockerten Kräften zugeteilt worden sind, einzusetzen;
2. man soll den aufgeteilten Einheiten klar umrissene Aufgaben, Operationsgebiete, Zeitpläne für die Aktionen, Sammelorte, Kommunikationsmittel usw. angeben.
Die Konzentration der Kräfte oder die "Zusammenziehung der Teile zu einem Ganzen" wird in der Regel angewendet, wenn es gilt, einen angreifenden Feind zu vernichten - gelegentlich auch, um gewisse Einheiten eines in der Defensive befindlichen Feindes, die haltgemacht haben, zu vernichten. Mit der Konzentration der Kräfte ist keine absolute Konzentration gemeint, sondern die Zusammenziehung der Hauptkräfte in einer wichtigen Richtung, während, was die übrigen Richtungen betrifft, ein Teil der Kräfte dort belassen oder dorthin beordert wird, um den Feind zu binden, zu beunruhigen und durch Diversion zu stören sowie um die Arbeit unter den Massen zu entfalten.
Die flexible Auflockerung bzw. Konzentration der Kräfte je nach den Umständen ist die Hauptmethode im Partisanenkrieg; man muß aber auch verstehen, die Truppen flexibel zu verlegen (ihren Standort zu ändern). Wenn der Feind sich durch Partisaneneinheiten ernstlich bedroht fühlt, wird er Truppen vorschicken, um diese Einheiten unter Druck zu setzen, oder einen Angriff auf sie unternehmen. Daher müssen die Partisaneneinheiten die Umstände in Betracht ziehen. Falls es möglich ist, ein Gefecht zu liefern, müssen sie an Ort und Stelle kämpfen; andernfalls dürfen sie keine Zeit verlieren und müssen schleunigst in eine andere Richtung abschwenken. Um die feindlichen Einheiten einzeln zu schlagen, müssen die Partisaneneinheiten, die soeben eine feindliche Einheit vernichtet haben, manchmal unverzüglich in eine andere Richtung hinüberwechseln, um eine andere Einheit aufzureiben; manchmal, wenn ein bestimmter Platz zum Kampf ungeeignet erscheint, soll sich die Partisaneneinheit sofort vom Feind lösen und in eine andere Richtung hinüberwechseln, um dort zu kämpfen. Wenn die Kräfte des Feindes an dem betreffenden Ort eine außerordentlich ernste Bedrohung bilden, dürfen sich die Partisaneneinheiten dort nicht lange aufhalten, sondern müssen mit Windeseile ihren Standort wechseln. Im allgemeinen soll eine Verlegung der Truppen geheim und rasch vorgenommen werden. Um den Feind zu täuschen, ihn in eine Falle zu locken oder irrezuführen, muß man häufig verschiedene Kniffe anwenden, beispielsweise im Osten ein Scheinmanöver vollführen, während man im Westen den Angriff unternimmt, bald im Süden, bald im Norden auftauchen, mal dem Feind einen Schlag versetzen, mal sich von ihm loslösen, nächtliche Aktionen durchführen usw.
Flexibilität bei der Auflockerung, bei der Konzentration und Truppenverlegung ist der konkrete Ausdruck der Initiative im Partisanenkrieg, während Starrheit und Trägheit unweigerlich Passivität nach sich ziehen und unnötige Verluste verursachen. Die Klugheit eines Kommandeurs besteht nicht darin, daß er erkennt, wie wichtig es ist, seine Kräfte flexibel einzusetzen, sondern darin, daß er es versteht, die Kräfte je nach den konkreten Umständen rechtzeitig aufzulockern, zu konzentrieren oder zu verlegen. Dieses Witterungsvermögen, auch die winzigsten Veränderungen wahrzunehmen und den richtigen Augenblick zum Handeln geschickt zu wählen, ist nicht leicht zu erwerben; nur wer bereit ist, unvoreingenommen zu studieren, ständig die Umstände zu untersuchen und abzuwägen, kann es sich zu eigen machen. Damit die Flexibilität nicht zu einem unüberlegten Handeln wird, ist es notwendig, die Umstände sorgfältig in Betracht zu ziehen.
Abschließend kommen wir auf die Planmäßigkeit zu sprechen. Wenn man im Partisanenkrieg den Sieg erringen will, kommt man ohne Planmäßigkeit nicht aus. Aufs Geratewohl handeln hieße, daß man nur Partisanenkrieg spielt oder damit dilettantenhaft herumpfuscht. Sowohl den Aktionen in einem Partisanengebiet als Ganzes wie auch denen der einzelnen Partisaneneinheiten oder -verbände muß ein möglichst sorgfältiger Plan vorausgehen; das ist die Vorbereitungsarbeit für jede Aktion. Die Klärung der Lage, die Festlegung der Aufgabe, die Aufstellung der Kräfte, die Durchführung der militärischen Ausbildung und der politischen Erziehung, die Sicherung der Versorgung, das Instandsetzen der Ausrüstung, die Unterstützung durch die Bevölkerung usw. - das alles fällt in den Arbeitsbereich eines Führers, der alles gründlich durchdenken, gewissenhaft ausführen und die Durchführung kontrollieren muß. Ohne diese Voraussetzung sind weder Initiative noch Flexibilität, noch Angriffe möglich. Zwar lassen die Bedingungen des Partisanenkriegs im Unterschied zur regulären Kriegführung, die mehr Planmäßigkeit aufweist, keine große Planmäßigkeit zu, und es wäre ein Fehler, wenn man versuchte, hier eine vollständige und strenge Planung durchzuführen; aber es ist trotzdem nötig, auch im Partisanenkrieg so vollständig zu planen, wie es die objektiven Bedingungen gestatten, denn jeder soll sich darüber im klaren sein, daß der Kampf mit dem Feind kein Spaß ist.
Die obengenannten Punkte dienen zur Erläuterung der ersten Frage der strategischen Prinzipien für den Partisanenkrieg: die initiativreiche, flexible und planmäßige Durchführung von offensiven Aktionen im Rahmen der Defensive, von Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und von Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien. Hier liegt das Kernproblem der strategischen Prinzipien des Partisanenkriegs. Ist diese Frage gelöst, so wird der Sieg im Partisanenkrieg, was die militärische Führung betrifft, in bedeutendem Maße gesichert sein.
Obgleich wir hier über viele Probleme gesprochen haben, dreht sich doch alles um die Frage der Offensive operativen oder taktischen Maßstabs. Nur nach einer siegreichen Offensive kann die Initiative endgültig übernommen werden. Jede Angriffsoperation muß auf die eigene Initiative unternommen werden, aber niemals unter Druck. Der flexible Einsatz der Truppen dient der zentralen Aufgabe - der Durchführung offensiver Operationen, und Planmäßigkeit ist vor allem notwendig, um den Sieg bei den Angriffsoperationen zu sichern. Die taktischen Verteidigungsmaßnahmen wären sinnlos, wenn sie nicht zum Ziel hätten, direkt oder indirekt eine Offensive zu unterstützen. Mit rascher Entscheidung ist die Dauer der Offensive gemeint, und mit den äußeren Kampflinien der Bereich der Angriffshandlungen. Die Offensive ist das einzige Mittel, um den Feind zu vernichten, und sie ist zugleich das Hauptmittel zur Selbsterhaltung, während reine Verteidigung und reiner Rückzug nur eine vorübergehende und partielle Rolle für die Selbsterhaltung spielen können und für die Vernichtung des Feindes ohne jeden Wert sind.
Dieses Prinzip gilt grundsätzlich sowohl für den regulären Krieg wie für den Partisanenkrieg; nur in der Ausdrucksform besteht ein gradueller Unterschied. Im Partisanenkrieg ist es jedoch wichtig und notwendig, auf diesen Unterschied zu achten. Eben weil es diesen Unterschied gibt, unterscheiden sich die Operationsmethoden des Partisanenkriegs von denen des regulären Krieges. Wenn man diese beiden verschiedenen Ausdrucksformen verwechselt, wird der Sieg im Partisanenkrieg unmöglich.
Kapitel V: Koordination mit der regulären Kriegführung
Das zweite strategische Problem im Partisanenkrieg ist die Koordination mit der regulären Kriegführung. Wir haben hier, von dem Charakter der konkreten Aktionen des Partisanenkriegs ausgehend, die Beziehung zwischen den Operationen des Partisanenkriegs und denen der regulären Kriegführung zu erläutern. Die Erkenntnis dieser Beziehung ist sehr wichtig, wenn man den Feind erfolgreich schlagen will.
Das Zusammenwirken zwischen dem Partisanenkrieg und der regulären Kriegführung kann auf dreierlei Art erfolgen: strategisch, operativ oder taktisch.
Die Rolle, die der Partisanenkrieg als Ganzes im Rücken des Feindes bei der Schwächung und Bindung des Gegners sowie bei der Behinderung seines Nachschubs spielt, und die moralische Begeisterung, die er bei den regulären Truppen überall im Land und beim gesamten Volk hervorruft, usw. stellen das strategische Zusammenwirken des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung dar. Nehmen wir den Partisanenkrieg in den Drei Nordöstlichen Provinzen als Beispiel. Vor dem Ausbruch des ganz China erfassenden Widerstandskriegs bestand natürlich noch nicht die Frage der Koordination; aber seither ist ihre Bedeutung offenkundig geworden. Wenn die Partisanen dieser Provinzen noch einen feindlichen Soldaten töten, den Feind noch eine Kugel verschießen lassen, noch einen feindlichen Soldaten daran hindern, den Paß von Schanhaiguan zu überqueren und weiter südlich vorzurücken, dann leisten sie einen weiteren Beitrag zur Stärke des gesamten Widerstands. Ebenso offenkundig ist es, daß die Partisanen einen demoralisierenden Einfluß auf die gesamte feindliche Armee und ganz Japan ausüben, während sie auf unsere gesamte Armee und unser ganzes Volk einen moralisch begeisternden Einfluß haben. Noch offensichtlicher ist die Rolle beim strategischen Zusammenwirken, die der Partisanenkrieg spielt, der zu beiden Seiten der Eisenbahnstrecken Peiping-Suiyüan, Peiping-Hankou, Tientsin-Pukou, Datung-Pudschou, Dschengding-Taiyüan und Schanghai-Hangdschou entfaltet wird. Die Partisaneneinheiten spielen nicht nur gegenwärtig, da der Feind seinen strategischen Angriff führt, eine bestimmte Rolle im Zusammenwirken mit den regulären Truppen in unserer strategischen Verteidigung; nicht nur, wenn der Feind nach Beendigung seines strategischen Angriffs dazu übergehen wird, das besetzte Territorium zu behalten, werden die Partisaneneinheiten unter Koordinierung mit den regulären Truppen den Feind daran hindern; sondern sie werden auch mit ihnen zusammenwirken, um die feindliche Armee hinauszuwerfen und alle verlorenen Gebiete zurückzuerobern, wenn die regulären Truppen die strategische Gegenoffensive beginnen. Die gewaltige Rolle beim strategischen Zusammenwirken, die der Partisanenkrieg spielt, darf keinesfalls übersehen werden. Sowohl die Führer der Partisaneneinheiten als auch die der regulären Truppen müssen sich über diese Rolle völlig im klaren sein.
Ferner wirkt der Partisanenkrieg in operativer Hinsicht mit der regulären Kriegführung zusammen. So haben zum Beispiel in der Schlacht bei Hsinkou nördlich von Taiyüan die Partisanen in operativer Hinsicht eine bemerkenswerte mitwirkende Rolle gespielt, indem sie nördlich und südlich von Yänmenguan die Eisenbahnstrecke Datung-Pudschou sowie die Autostraßen durch Pinghsingguan und Yangfangkou unbrauchbar machten. Oder ein anderes Beispiel: Nachdem der Feind Fenglingdu besetzt hatte, spielten die überall in der Provinz Schansi entfalteten Partisanenaktionen (hauptsächlich von den regulären Truppen durchgeführt) in operativer Hinsicht eine noch wichtigere mitwirkende Rolle bei den Verteidigungskämpfen westlich des Gelben Flusses in der Provinz Schensi und südlich des Gelben Flusses in der Provinz Honan. Ferner: Als der Feind Südschantung angriff, haben die Partisanenaktionen in den sämtlichen fünf Provinzen Nordchinas zur Unterstützung der Kampfhandlungen operativen Maßstabs unserer Armee in Südschantung einen beträchtlichen Beitrag geleistet. Bei der Erfüllung derartiger Aufgaben müssen die Leiter der Partisanen-Stützpunktgebiete hinter den feindlichen Linien oder die Kommandeure der vorübergehend aus regulären Truppen gebildeten Partisanenverbände ihre Kräfte wohlüberlegt einsetzen, je nach der gegebenen Zeit und dem gegebenen Ort verschiedene Methoden anwenden und entschlossene Aktionen gegen die verwundbarsten und schwächsten Stellen des Feindes unternehmen, um ihn zu schwächen und zu binden, seinen Nachschub zu unterbrechen, unseren in Kampfhandlungen operativen Maßstabs auf den inneren Linien kämpfenden Truppen Mut einzuflößen und so ihre Aufgabe des operativen Zusammenwirkens zu erfüllen. Wenn jedes Partisanengebiet oder jede Partisaneneinheit auf eigene Faust und für sich handelt, ohne das Zusammenwirken mit den operativen Aktionen der regulären Truppen zu beachten, werden sie die Bedeutung des strategischen Zusammenwirkens verringern, auch wenn sie dabei in allgemeiner strategischer Hinsicht eine gewisse Hilfsrolle spielen könnten. Die Führer des Partisanenkriegs müssen dieser Frage größte Beachtung schenken. Um ein solches Zusammenwirken zu ermöglichen, ist es unbedingt notwendig, daß alle größeren Partisaneneinheiten und -verbände über eine Funkausrüstung verfügen.
Schließlich gehört das taktische Zusammenwirken, d. h. das Zusammenwirken auf dem Kampfplatz, zur Aufgabe aller Partisaneneinheiten, die unweit des auf der inneren Linie gelegenen Schlachtfelds operieren. Natürlich gilt dies lediglich für Partisaneneinheiten, die sich in der Nähe der regulären Truppen befinden, oder für jene Partisaneneinheiten, die vorübergehend aus den regulären Truppen gebildet worden sind. In solchen Fällen muß eine Partisaneneinheit laut Weisung des Kommandeurs der regulären Truppen die ihr gestellten Aufgaben erfüllen, und diese bestehen gewöhnlich darin, bestimmte Truppenteile des Feindes zu binden, seine Nachschubwege zu unterbrechen, die Lage beim Feind aufzuklären oder den regulären Truppen Führerdienste zu leisten usw. Aber auch ohne Weisungen des Kommandeurs der regulären Truppen sollen die Partisaneneinheiten aus eigener Initiative solche Aufgaben ausführen. Es ist völlig unzulässig, müßig abseits zu stehen, sich nicht zu rühren und nicht zu kämpfen, oder umherzuziehen, ohne den Kampf aufzunehmen.
Kapitel VI: Errichtung von Stützpunktgebieten
Das dritte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan ist die Errichtung von Stützpunktgebieten; die Notwendigkeit und Wichtigkeit dieses Problems ergeben sich aus dem langwierigen und erbitterten Charakter des Krieges. Da mit der Rückgewinnung unserer verlorenen Gebiete erst nach der Eröffnung der strategischen Gegenoffensive in ganz China begonnen werden kann, wird der Feind bis dahin seine Front tief nach Zentralchina hinein vorgeschoben und das Land nach Süden hin aufgespalten haben, und ein Teil - vermutlich sogar der größere Teil - unseres Territoriums wird in die Hände des Feindes gefallen und zu seinem Hinterland geworden sein. Wir aber werden den Partisanenkrieg überall auf dem weiten, vom Feind besetzten Gebiet entfalten, das Hinterland des Feindes zur Front machen und ihn zu unablässigen Kämpfen in diesem ganzen Gebiet zwingen: Bis unsere strategische Gegenoffensive begonnen hat und wir unsere verlorenen Gebiete zurückerobert haben, wird es daher nötig sein, im Hinterland des Feindes den Partisanenkrieg beharrlich fortzusetzen; und das sicherlich für eine sehr lange Zeit, wenn sich auch die Dauer nicht genau bestimmen läßt. Darin besteht eben der langwierige Charakter des Krieges. Andererseits wird der Feind, um seine Interessen in den besetzten Gebieten zu sichern, seine Maßnahmen gegen den Partisanenkrieg von Tag zu Tag verstärken, und besonders wenn seine strategische Offensive zum Stehen gekommen ist, wird er die Partisaneneinheiten grausam unterdrücken. Die Langwierigkeit und die Härte des Krieges machen es also unmöglich, den Partisanenkrieg im Hinterland des Feindes ohne Stützpunktgebiete fortzusetzen.
Was sind Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs? Es sind strategische Basen, mit deren Hilfe die Partisaneneinheiten ihre strategischen Aufgaben erfüllen und jenes Ziel - die eigenen Kräfte zu erhalten und sich zu vergrößern sowie den Feind zu vernichten und zu vertreiben - erreichen. Ohne solche strategischen Basen werden wir keine Stütze zur Ausführung aller strategischen Aufgaben und zur Verwirklichung des Kriegsziels haben. Es ist zwar eins der Merkmale des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes, daß die Partisanen ohne eigenes Hinterland operieren müssen, weil sie von dem allgemeinen Hinterland des Landes losgelöst sind. Ohne Stützpunktgebiet jedoch kann ein Partisanenkrieg nicht von Dauer sein und sich auch nicht entwickeln. Die Stützpunktgebiete sind also sein Hinterland.
Die Geschichte kennt viele Bauernkriege, die nach Methoden umherschweifender Rebellenhaufen geführt wurden, aber keiner dieser Kriege endete mit einem Sieg. Heute, im Zeitalter des Fortschritts von Kommunikation und Technik, ist es erst recht eine völlig unbegründete Illusion, man könne einen Sieg erringen, indem man nach Art der umherschweifenden Rebellenhaufen kämpft. Und doch existiert heute noch eine solche Rebellenmentalität unter den ruinierten Bauern, und in den Köpfen der Führer des Partisanenkriegs verwandelt sie sich in eine Ablehnung oder Unterschätzung der Bedeutung der Stützpunktgebiete. Will man daher auf die Errichtung von Stützpunktgebieten Kurs nehmen, so ist es erforderlich, zunächst diese Vorstellung aus den Köpfen der Führer des Partisanenkriegs zu vertreiben. Die Frage, ob man Stützpunktgebiete errichten soll oder nicht und ob man sie als wichtig anzusehen hat oder nicht, mit anderen Worten, der Kampf zwischen der Einstellung auf Errichtung von Stützpunktgebieten und der Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen taucht in jedem Partisanenkrieg auf, und in gewissem Maße kann darin auch der Partisanenkrieg gegen Japan keine Ausnahme machen. Darum ist es unbedingt notwendig, die Mentalität der umherschweifenden Rebellenhaufen ideologisch zu bekämpfen. Nur wenn wir sie völlig überwinden, wenn wir den Kurs auf die Errichtung von Stützpunktgebieten ins Auge fassen und in die Tat umsetzen, können wir zur langfristigen Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs beitragen.
Nachdem wir die Notwendigkeit und Bedeutung der Stützpunktgebiete erläutert haben, wollen wir uns den folgenden Problemen zuwenden, die bei der Errichtung von Stützpunktgebieten begriffen und gelöst werden müssen, nämlich: die Typen der Stützpunktgebiete; Partisanengebiete und Stützpunktgebiete; Bedingungen für die Errichtung von Stützpunktgebieten; Festigung und Erweiterung der Stützpunktgebiete und die Formen, in denen wir und der Feind einander einkreisen.
1. Die Typen der Stützpunktgebiete
Der antijapanische Partisanenkrieg kennt hauptsächlich drei Typen von Stützpunktgebieten: die im Gebirge, die in der Ebene und die in Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten.
Die Vorteile der Errichtung von Stützpunktgebieten in Gebirgsgegenden sind jedem offensichtlich. Zu solchen Stützpunktgebieten gehören jene, die wir in den Gebirgen Tschangbai,[Anmerkung 25] Wutai,[Anmerkung 26] Taihang,[Anmerkung 27] Tai,[Anmerkung 28] Yän[Anmerkung 29] und Mao[Anmerkung 30] bereits errichtet haben, errichten oder errichten werden. Diese Stützpunktgebiete werden Stellen sein, die am besten geeignet sind, den Partisanenkrieg gegen Japan auf lange Dauer durchzuhalten; sie sind die wichtigen Festungen in unserem Widerstandskrieg. Wir müssen in allen Gebirgsgegenden hinter den feindlichen Linien den Partisanenkrieg entwickeln und Stützpunktgebiete errichten.
Natürlich sind die Ebenen weniger geeignet als das Bergland, doch ist es trotzdem keineswegs ausgeschlossen, dort den Partisanenkrieg zu entfalten oder Stützpunktgebiete zu errichten. Der Partisanenkrieg, der in den Ebenen von Hopeh und von Nord- und Nordwestschantung bereits in breitem Maße entfaltet wurde, ist ein Beweis dafür, daß es möglich ist, auch in der Ebene den Partisanenkrieg zu führen. Zwar ist bisher noch nicht erwiesen, ob in derartigen Gegenden Stützpunktgebiete, die sich lange halten lassen, errichtet werden können, aber die Möglichkeit, zeitweilige Stützpunktgebiete zu errichten, ist bereits bestätigt worden, während es durchaus real ist, Stützpunktgebiete für kleinere Einheiten oder für bestimmte Jahreszeiten zu schaffen. Denn einerseits hat unser Feind nicht genügend Truppen und betreibt eine beispiellos brutale Politik, andererseits verfügt China über ein riesiges Territorium und über große Volksmassen, die den Japanern widerstehen, - all das schafft also die objektiven Bedingungen für die Entfaltung des Partisanenkriegs und die Errichtung von zeitweiligen Stützpunktgebieten in den Ebenen; wenn außerdem unsere Truppenführung auf der Höhe sein wird, sollte es selbstverständlich durchaus möglich sein, bewegliche Stützpunktgebiete für kleinere Einheiten zu errichten, die von Dauer sind[Anmerkung 31] Es dürfte im allgemeinen kein Zweifel darüber bestehen, daß der Gegner, wenn er seine strategische Offensive beendet hat und zur Sicherung des von ihm besetzten Territoriums übergeht, erbitterte Angriffe gegen alle Stützpunktgebiete der Partisanen unternehmen wird, und natürlich werden die in den Ebenen gelegenen Stützpunktgebiete der Partisanen als erste der Wucht dieser Angriffe ausgesetzt sein. Die in den Ebenen operierenden größeren Partisanenverbände werden dann nicht mehr imstande sein, ihre Kampftätigkeit für lange Zeit hier fortzusetzen, und müssen sich deshalb den Umständen entsprechend nach und nach in die Berggegenden zurückziehen, so z. B. die Partisanen aus der Hopeh-Ebene in das Wutai-Gebirge und Taihang-Gebirge, und aus der Schantung-Ebene in das Tai-Gebirge und auf die Djiaodung-Halbinsel. Trotzdem ist unter den Bedingungen des nationalen Krieges keineswegs die Möglichkeit ausgeschlossen, daß viele kleine Partisaneneinheiten, die sich über verschiedene Kreise der weiten Ebenen verstreuen sollen, zurückgelassen werden und eine Art beweglichen Kampf führen, d. h. ihre Stützpunktgebiete dauernd wechseln, indem sie sie einmal hier, einmal dort errichten. Und auf jeden Fall ist es möglich, einen Partisanenkrieg in bestimmten Jahreszeiten zu führen, indem man sich den grünen Vorhang der sommerlichen Getreidefelder und die zugefrorenen Flüsse des Winters zunutze macht. Da der Feind gegenwärtig außerstande ist, sich um diese Dinge zu kümmern, und auch in der Zukunft, wenn er das tun kann, nicht in vollem Maße dazu imstande sein wird, ist es unbedingt notwendig, gegenwärtig auf eine breite Entfaltung des Partisanenkriegs in den Ebenen sowie auf die Errichtung von zeitweiligen Stützpunktgebieten und in der Zukunft auf die Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs durch kleine Einheiten oder zumindest für bestimmte Jahreszeiten sowie auf Errichtung von beweglichen Stützpunktgebieten Kurs zu nehmen.
Die Möglichkeiten, den Partisanenkrieg zu entwickeln und Stützpunktgebiete zu errichten, sind - objektiv gesehen - in den Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten größer als in den Ebenen, wenn auch nicht ganz so groß wie im Gebirge. Die unzähligen bewaffneten Kämpfe der "Seeräuber" und "Flußpiraten" in der Vergangenheit und auch der Partisanenkrieg, der zur Zeit der Roten Armee rund um den Hung-See mehrere Jahre hindurch im Gang war, beweisen die Möglichkeit, in Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten den Partisanenkrieg zu führen und Stützpunktgebiete zu errichten. Die politischen Parteien und Gruppen sowie die Volksmassen, die Japan widerstehen, haben jedoch bisher dieser Frage geringe Aufmerksamkeit gewidmet. Wenn auch vorläufig die subjektiven Bedingungen dafür noch nicht erfüllt sind, so unterliegt es doch keinem Zweifel, daß man dieser Sache ernste Beachtung schenken und sie in Angriff nehmen muß. Es ist notwendig, im Gebiet des Hungdsö-Sees nördlich des Yangtse und im Gebiet des Tai-Sees südlich des Yangtse sowie in sämtlichen Flußmündungsgebieten in den vom Feind besetzten Landesteilen, die an den Strömen und an der Meeresküste liegen, den Partisanenkrieg aufs beste zu organisieren und an solchen Plätzen und in ihrer Umgebung feste Stützpunktgebiete zu errichten, was eine Seite der Entfaltung des Partisanenkriegs im ganzen Land darstellt. Wenn wir diese Seite nicht berücksichtigen, lassen wir damit faktisch dem Feind die Transportmöglichkeiten zu Wasser; das ist eine Lücke in unserem strategischen Plan für den Widerstandskrieg, die rechtzeitig ausgefüllt werden muß.
2. Partisanengebiete und Stützpunktgebiete
Im Partisanenkrieg, der im Hinterland des Feindes geführt wird, unterscheidet man Partisanengebiete und Stützpunktgebiete. In den vom Feind besetzten Gebieten gibt es jedoch Gegenden, die noch nicht in seiner Hand sind oder die von ihm besetzt waren und von uns wieder zurückgewonnen wurden, wie z. B. gewisse Kreise im Wutai-Gebirge (das Grenzgebiet Schansi-Tschahar-Hopeh) sowie einige Gegenden im Gebiet des Taihang-Gebirges und des Tai-Gebirges; sie bieten sich als fertige Stützpunktgebiete geradezu an; mit denen als Rückhalt können die Partisanen ihre Kampfhandlungen erfolgreich entfalten. Aber in anderen Gegenden, die in der Nähe dieser Stützpunktgebiete liegen, ist die Lage anders, wie z. B. in den östlichen und nördlichen Gebieten des Wutai-Gebirges, nämlich in einigen Gegenden von Westhopeh und Südtschahar sowie an vielen Orten östlich von Baoding und westlich von Tsangdschou. Im Anfangsstadium des Partisanenkriegs vermochten die Partisaneneinheiten diese Gegenden noch nicht vollständig zu besetzen, konnten nur häufige Streifzüge unternehmen, so daß diese Gebiete von den Partisaneneinheiten nur bei deren Anwesenheit kontrolliert werden und erneut unter die Marionettenmacht geraten, wenn die Partisaneneinheiten abziehen. Solche Gebiete sind noch keine Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs, sondern lediglich sogenannte Partisanengebiete. Derartige Gebiete werden zu Stützpunktgebieten, sobald sie die nötigen Prozesse des Partisanenkriegs durchlaufen haben, d. h., sobald hier eine größere Anzahl von feindlichen Truppen vernichtet oder geschlagen worden sind, sobald die Marionettenmacht gestürzt ist, die Aktivität der Volksmassen geweckt und antijapanische Massenorganisationen gegründet sind, sobald die Volksbewaffnung fortgeschritten und eine antijapanische politische Macht geschaffen worden ist. Wenn wir von einer Ausdehnung unserer Stützpunktgebiete sprechen, so meinen wir damit die Angliederung solcher Stützpunktgebiete an die bereits vorhandenen Stützpunktgebiete.
An einigen Orten war das gesamte von Partisanenoperationen erfaßte Gebiet anfänglich nur ein Partisanengebiet. Als Beispiel mag Osthopeh dienen. Dort halten sich die Marionettenbehörden schon seit langem, und das gesamte Gebiet, in dem die aus lokalen Aufständen hervorgegangenen bewaffneten Kräfte der Volksmassen und die aus dem Wutai-Gebirge entsandten Partisanenabteilungen operieren, war am Anfang lediglich ein Partisanengebiet. Zu Beginn konnten sie sich nur günstige Plätze als ihr zeitweiliges Hinterland oder, anders gesagt, als ihre vorübergehenden Stützpunktgebiete wählen. Nur wenn in einem solchen Gebiet der Feind vernichtet ist und die Volksmassen weitgehend mobilisiert sind, kann erst dieses Gebiet seinen Charakter als Partisanengebiet verlieren und in ein relativ stabiles Stützpunktgebiet verwandelt werden.
Daraus ist ersichtlich, daß die Umwandlung eines Partisanengebiets in ein Stützpunktgebiet ein schwieriger Schaffensprozeß ist, dessen Vollendung vom Ausmaß der Vernichtung des Feindes und der Mobilisierung der Volksmassen abhängt.
Viele Gebiete werden auf lange Zeit den Charakter eines Partisanengebiets beibehalten. Der Feind wird hier nicht imstande sein, eine stabile Marionettenmacht zu errichten, sosehr er sich auch bemühen mag, diese Gebiete seiner Kontrolle zu unterstellen, während wir ebensowenig in der Lage sind, unser Ziel - die Gründung einer antijapanischen politischen Macht - zu erreichen, sosehr wir uns auch bemühen, den Partisanenkrieg zu entfalten. Beispiele hierfür finden sich in den vom Feind besetzten Landesteilen entlang den Eisenbahnstrecken und in der Nähe von Großstädten sowie in einigen Flachlandgebieten.
Was die Großstädte, die Eisenbahnstationen und gewisse Gebiete im Flachland betrifft, die von starken Kräften des Feindes kontrolliert werden, so können sich die Partisaneneinheiten ihnen nur nähern, aber nicht ins Innere solcher Orte und Gebiete eindringen, wo eine verhältnismäßig stabile Marionettenmacht besteht. Das ist ein anderer Fall.
Fehler in unserer Führung oder starker Druck des Feindes können gelegentlich eine Rückentwicklung des oben beschriebenen Zustands bewirken. So kann ein Stützpunktgebiet zu einem Partisanengebiet werden und ein Partisanengebiet zu einem Gebiet, das vom Feind verhältnismäßig stabil besetzt ist. Derartige Veränderungen sind möglich, und sie erfordern die besondere Wachsamkeit der Führer des Partisanenkriegs.
Infolge des Partisanenkriegs und unserer Kämpfe mit dem Feind wird demnach das gesamte vom Feind besetzte Territorium in die folgenden drei Kategorien zerfallen: (1) antijapanische Stützpunktgebiete, die von unseren Partisaneneinheiten und unseren Machtorganen kontrolliert werden; (2) Gebiete, die sich in der Hand des japanischen Imperialismus und seiner Marionettenmacht befinden; (3) Gebiete, die dazwischen liegen und von beiden Seiten umkämpft werden - mit anderen Worten: Partisanengebiete. Die Führer des Partisanenkriegs haben die Pflicht, die Gebiete der ersten und dritten Kategorie so weit wie möglich auszudehnen und die der zweiten Kategorie nach besten Kräften zu verkleinern. Das ist die strategische Aufgabe des Partisanenkriegs.
3. Voraussetzungen für die Errichtung von Stützpunktgebieten
Die Grundvoraussetzungen für die Errichtung eines Stützpunktgebiets sind, daß eine antijapanische Streitmacht vorhanden ist und dazu eingesetzt wird, den Feind zu schlagen und die Volksmassen zu mobilisieren. Deshalb geht es bei der Errichtung eines Stützpunktgebiets in erster Linie um den Aufbau einer Streitmacht. Die Führer des Partisanenkriegs müssen ihre ganze Energie einsetzen, um eine oder mehrere Partisaneneinheiten aufzustellen und ihnen dazu zu verhelfen, daß sie im Verlauf der Kämpfe nach und nach zu Partisanenverbänden oder sogar zu regulären Einheiten und Verbänden anwachsen. Der Aufbau einer Streitmacht ist das Hauptkettenglied bei der Errichtung eines Stützpunktgebiets; wenn keine oder nur eine schwache Streitmacht vorhanden ist, läßt sich nichts erreichen. Das ist die erste Voraussetzung.
Die zweite unerläßliche Voraussetzung für die Errichtung eines Stützpunktgebiets besteht darin, daß diese Streitmacht eingesetzt wird, um im Zusammenwirken mit den Volksmassen den Feind zu schlagen. Alle Orte unter feindlicher Kontrolle sind Stützpunktgebiete des Feindes, nicht aber der Partisanen. Es ist selbstverständlich, daß man ein Stützpunktgebiet des Feindes nicht in ein Stützpunktgebiet der Partisanen verwandeln kann, ohne den Feind geschlagen zu haben. Wenn wir die Angriffe des Feindes nicht zerschlagen und ihn nicht besiegen, werden sogar von uns gehaltene Orte und Gebiete in die Hand des Feindes geraten und wird es uns unmöglich sein, Stützpunktgebiete zu errichten.
Die dritte unerläßliche Voraussetzung für die Errichtung eines Stützpunktgebiets ist der Einsatz aller unserer Kräfte - einschließlich der Streitmacht - zur Mobilisierung der Volksmassen für den Kampf gegen Japan. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir die Volksmassen bewaffnen, d. h. Selbstschutzabteilungen und Partisanengruppen organisieren. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir Massenorganisationen gründen. Wir müssen die Arbeiter, die Bauern, die Jugend, die Frauen, die Kinder, die Kaufleute und die Angehörigen der freien Berufe - je nach dem Grad ihres politischen Bewußtseins und ihres Kampfgeistes - in die verschiedenen zum Kampf gegen Japan erforderlichen Organisationen eingliedern und diese Organisationen Schritt um Schritt erweitern. Ohne Organisation kann die antijapanische Widerstandskraft der Volksmassen nicht wirksam werden. Im Verlauf dieses Kampfes müssen wir die offenen und versteckten Landesverräter ausmerzen; auch das können wir nur erreichen, wenn wir uns auf die Kraft der Volksmassen stützen. Besonders wichtig ist es, daß wir die Volksmassen im Verlauf dieses Kampfes dazu bringen, örtliche antijapanische Machtorgane zu schaffen bzw. vorhandene zu festigen. Dort, wo der Feind die früheren chinesischen Machtorgane nicht zerstört hat, müssen wir sie mit der Unterstützung der breiten Volksmassen reorganisieren und festigen; dort, wo sie, zerstört sind, müssen wir sie durch die Anstrengungen der breiten Volksmassen wiederherstellen. Diese Machtorgane müssen die Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront durchführen und alle Kräfte des Volkes zum Kampf gegen den einzigen Feind - den japanischen Imperialismus - und gegen seine Lakaien - die Landesverräter und die Reaktionäre - zusammenschließen.
Ein Stützpunktgebiet für den Partisanenkrieg kann nur dann tatsächlich errichtet werden, wenn die drei Grundvoraussetzungen schrittweise geschaffen sind, d. h., wenn die antijapanische Streitmacht aufgebaut ist, wenn der Feind geschlagen ist und wenn die Volksmassen mobilisiert worden sind.
Ferner müssen wir auch noch die geographischen und wirtschaftlichen Bedingungen erwähnen. Was die geographischen Bedingungen angeht, haben wir bereits im vorhergehenden Abschnitt "Die Typen der Stützpunktgebiete" von den drei Typen gesprochen und brauchen hier nur noch auf die Hauptforderung einzugehen: das Gebiet muß groß genug sein. An Orten, wo der Feind uns von allen vier Seiten oder von drei Seiten eingekreist hat, bieten Gebirgsgegenden selbstverständlich die besten Bedingungen für die Errichtung von Stützpunktgebieten, die wir auf lange Zeit hinaus halten können; die Hauptsache ist jedoch, daß die Partisaneneinheiten genügend Raum zum Manövrieren, d. h. ein großes Gebiet haben. Wenn ein großes Gebiet vorhanden ist, kann der Partisanenkrieg auch in den Ebenen entfaltet und aufrechterhalten werden, ganz zu schweigen von den Fluß-, Seen- und Mündungsgebieten. Im allgemeinen ist diese Bedingung für die Entfaltung des Partisanenkriegs in China bereits durch die Größe des chinesischen Territoriums und die Truppenknappheit des Feindes erfüllt. Vom Standpunkt der Möglichkeit, einen Partisanenkrieg zu führen, ist diese Bedingung von wichtiger, ja erstrangiger Bedeutung; in kleinen Ländern wie z.B. Belgien, wo diese Bedingung fehlt, ist eine solche Möglichkeit sehr gering oder gar ausgeschlossen. in China dagegen ist diese Bedingung von Natur aus gegeben, sie wartet geradezu darauf, genutzt zu werden; man braucht sie nicht erst zu erkämpfen, sie stellt kein Problem dar.
Die wirtschaftlichen Bedingungen gleichen, von der Naturseite aus betrachtet, den geographischen. Wir behandeln hier schließlich nicht die Errichtung von Stützpunktgebieten in einer Wüste, in der auch kein Feind anzutreffen ist, sondern im Hinterland des Feindes; überall, wohin der Feind vordringen kann, leben selbstverständlich bereits seit langem Chinesen und ist die wirtschaftliche Basis für ihre Existenz seit langem vorhanden, so daß sich die Frage nach der Wahl ökonomischer Bedingungen bei der Errichtung von Stützpunktgebieten gar nicht stellt. Wir sollen ohne jede Rücksicht auf die wirtschaftlichen Bedingungen unser Äußerstes tun, um überall, wo Chinesen und Feindkräfte anzutreffen sind, den Partisanenkrieg zu entfalten und ständige oder zeitweilige Stützpunktgebiete zu errichten. Betrachtet man aber die Sache von der politischen Seite, so sieht sie anders aus: Hier gibt es ein Problem, und zwar das Problem der Wirtschaftspolitik; das für die Errichtung von Stützpunktgebieten lebenswichtige Bedeutung hat. Die Wirtschaftspolitik in den Stützpunktgebieten der Partisanen muß den Grundsätzen der antijapanischen nationalen Einheitsfront folgen, die darin bestehen, daß die finanziellen Lasten rational verteilt werden und der Handel geschützt wird. Weder die örtlichen Machtorgane noch die Partisaneneinheiten dürfen gegen diese Grundsätze verstoßen, da sich ein solches Verhalten zum Schaden der Errichtung von Stützpunktgebieten und der Aufrechterhaltung des Partisanenkriegs auswirken würde. Die rationale Verteilung der finanziellen Lasten bedeutet die Verwirklichung der Parole "Wer Geld hat, soll zahlen", während die Bauern die Partisaneneinheiten innerhalb gewisser Grenzen mit Getreide zu versorgen haben. Der Schutz des Handels muß darin bestehen, daß die Partisaneneinheiten strikte Disziplin wahren und daß es streng verboten ist, auch nur einen Laden zu beschlagnahmen, abgesehen von den Fällen, in denen die Inhaber als unbestreitbar überführte Landesverräter entlarvt worden sind. Das wird eine schwierige Sache sein, aber das ist unsere festgelegte Politik, die durchgeführt werden muß.
4. Konsolidierung und Erweiterung von Stützpunktgebieten
Um den in China eingedrungenen Feind in seinen wenigen Stützpunkten, d. h. in den Großstädten und an den Hauptverbindungslinien, einzukreisen, müssen die Partisanen mit allen Kräften bestrebt sein, den Partisanenkrieg von ihren Stützpunktgebieten aus in die umliegenden Gegenden vorzutragen und sich allen Stützpunkten des Feindes zu nähern; so werden sie seine Existenz bedrohen, die Moral seiner Armee erschüttern und gleichzeitig die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs erweitern. Das ist absolut notwendig. In diesem Zusammenhang müssen wir uns dem Konservatismus im Partisanenkrieg widersetzen. Der Konservatismus, gleichgültig ob er aus dem Wunsch nach einem bequemen Leben oder aus einer Überschätzung der gegnerischen Kräfte hervorgeht, kann im Widerstandskrieg nur zu Schaden führen und sich ungünstig auf den Partisanenkrieg und die Stützpunktgebiete selbst auswirken. Andererseits darf man nicht versäumen, die Stützpunktgebiete zu konsolidieren, wobei die Hauptaufgabe in der Mobilisierung und Organisierung der Volksmassen und in der Ausbildung der Partisaneneinheiten und der lokalen bewaffneten Kräfte besteht. Eine derartige Konsolidierung ist sowohl für die Aufrechterhaltung eines langwierigen Krieges als auch für die Erweiterung der Stützpunktgebiete vonnöten, denn ohne Konsolidierung ist eine kraftvolle Erweiterung nicht möglich. Wenn wir im Partisanenkrieg nur die Erweiterung im Sinne haben und die Konsolidierung außer acht lassen, werden wir nicht in der Lage sein, den Angriffen des Feindes standzuhalten, und infolgedessen nicht nur jede Möglichkeit einer Erweiterung einbüßen, sondern auch das Bestehen der Stützpunktgebiete selbst gefährden. Der richtige Kurs ist: Erweiterung auf der Grundlage der Konsolidierung; das ist eine gute Methode, die uns gestattet, beim Vorrücken erfolgreich anzugreifen und uns beim Rückzug wirksam zu verteidigen. Soweit es sich um einen langwierigen Krieg handelt, steht vor jeder Partisaneneinheit ständig die Frage der Konsolidierung und Erweiterung der Stützpunktgebiete. Ihre konkrete Lösung hängt von den gegebenen Umständen ab. In manchen Zeitabschnitten kann der Schwerpunkt auf der Erweiterung der Partisanengebiete, also auf ihrer Ausdehnung und der zahlenmäßigen Stärkung der Partisaneneinheiten liegen. In anderen Augenblicken liegt er auf der Konsolidierung, also auf der Organisierung der Volksmassen und der Ausbildung der Truppen. Da diese beiden Aufgaben ihrer Natur nach verschieden sind und folglich die militärischen Anordnungen und die Durchführung der genannten Aufgaben in dem einen und dem anderen Fall voneinander abweichen, ist eine erfolgreiche Lösung der Frage nur möglich, wenn man den Schwerpunkt je nach Zeit und Umständen verlagert.
5. Die von uns und die vom Gegner angewandten Formen der Einkreisung
Betrachtet man den Widerstandskrieg als Ganzes, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß wir in strategischer Hinsicht vom Feind eingekreist sind, da er strategisch in der Offensive ist und auf den äußeren Kampflinien operiert, während wir uns in der strategischen Defensive befinden und auf den inneren Kampflinien operieren. Dies ist die erste Form unserer Einkreisung durch den Feind. Da wir unter Einsatz unserer zahlenmäßig überlegenen Kräfte in operativer und taktischer Hinsicht eine Politik des Angriffs und der Kampfhandlungen auf den äußeren Linien gegen den Feind anwenden, der von den äußeren Linien her aus verschiedenen Richtungen gegen uns vorrückt, so wird jede der einzelnen Kolonnen des Feindes in unsere Einkreisung geraten. Dies ist die erste Form der Einkreisung des Feindes durch uns. Wenn wir sodann die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes betrachten, so ist jedes dieser isolierten Stützpunktgebiete entweder von allen vier oder von drei Seiten durch den Feind eingekreist. Zu den ersteren gehört beispielsweise das Gebiet im Wutai-Gebirge und zu den letzteren das Gebiet von Nordwestschansi. Dies ist die zweite Form unserer Einkreisung durch den Feind. Wenn man jedoch die einzelnen Stützpunktgebiete der Partisanen im Zusammenhang miteinander oder mit den Kampffronten der regulären Truppen betrachtet, so sieht man, daß viele Teile des Feindes von uns eingekreist sind. So haben wir beispielsweise in der Provinz Schansi die Eisenbahnstrecke Datung-Pudschou von drei Seiten (vom Osten, vom Westen und vom Süden her) und die Stadt Taiyüan von allen Seiten eingekreist. In den Provinzen Hopeh und Schantung gibt es viele Beispiele für eine derartige Einkreisung. Dies ist die zweite Form der Einkreisung des Feindes durch uns. Somit entstehen je zwei Formen der Einkreisung durch den Feind und durch uns, die im großen und ganzen dem "Wetji"-Spiel[Anmerkung 32] gleichen; die Schlachten und Gefechte, die der Feind gegen uns und die wir gegen ihn führen, gleichen dem "Nehmen" der Spielsteine, während die Stützpunkte des Feindes und die Stützpunktgebiete der Partisanen sich mit den "Fenstern" auf dem Brett vergleichen lassen. Eben in diesen "Fenstern" offenbart sich die große strategische Bedeutung der Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes. Dieses Problem wird vom Widerstandskrieg aufgeworfen, und so müssen sowohl die militärischen Befehlsstellen des Landes als auch die Führer des Partisanenkriegs in den verschiedenen Gebieten die Aufgabe, den Partisanenkrieg im Hinterland des Feindes zu entfalten und überall, wo es möglich ist, Stützpunktgebiete zu errichten, auf die Tagesordnung setzen und als eine strategische Aufgabe durchführen. Wenn es uns möglich ist, auf internationaler Ebene eine antijapanische Front im Pazifikraum zu bilden, bei der China als eine strategische Einheit auftritt, während die Sowjetunion und möglicherweise auch andere Staaten weitere strategische Einheiten darstellen, werden wir dem Feind eine Art von Einkreisung voraus haben und eine äußere Kampflinie im Pazifikraum bilden können, auf der wir das faschistische Japan einkesseln und vernichten werden. Heute hat das natürlich noch keine praktische Bedeutung, aber eine solche Perspektive ist nicht unmöglich.
Kapitel VII: Strategische Defensive und strategische Offensive im Partisanenkrieg
Das vierte strategische Problem im Partisanenkrieg betrifft die strategische Defensive und die strategische Offensive. Hier erhebt sich die Frage, wie der Kurs auf offensive Operationen, den wir bereits bei der Behandlung des ersten Problems erörtert haben, im Partisanenkrieg gegen Japan sowohl bei der Defensive wie auch bei der Offensive konkret durchgeführt wird.
Innerhalb der sich über ganz China erstreckenden strategischen Defensive oder strategischen Offensive (genauer ausgedrückt: der strategischen Gegenoffensive) finden in jedem Stützpunktgebiet des Partisanenkriegs und seiner Umgebung noch eine strategische Defensive und eine strategische Offensive kleineren Ausmaßes statt. Mit strategischer Defensive ist eine strategische Situation gemeint, bei welcher der Feind in der Offensive ist, während wir uns in der Defensive befinden, sowie unser dementsprechender strategischer Kurs; mit strategischer Offensive ist eine strategische Situation gemeint, bei der sich der Feind in der Defensive befindet, während wir in der Offensive sind, sowie unser entsprechender strategischer Kurs.
1. Die strategische Defensive im Partisanenkrieg
Nachdem der Partisanenkrieg ausgebrochen ist und einen gewissen Umfang angenommen hat, wird der Feind unweigerlich die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs angreifen - vor allem dann, wenn seine strategische Offensive gegen das ganze Land zum Stillstand gekommen ist und er dazu übergeht, die eroberten Gebiete zu sichern. Es ist notwendig, diese Unvermeidlichkeit zu erkennen; denn sonst würden die Führer des Partisanenkriegs völlig unvorbereitet sein, und sie könnten, wenn sie sich den schweren feindlichen Angriffen einmal gegenübersehen, erschrecken und den Kopf verlieren, und ihre Truppen würden vom Feind geschlagen.
Um den Partisanenkrieg und dessen Stützpunktgebiete zu liquidieren, setzt der Feind häufig konzentrische Angriffe an. So hat er z. B. gegen das Gebiet des Wutai-Gebirges bereits vier bis fünf "Strafexpeditionen" durchgeführt und jedesmal rückte er in drei, vier und sogar sechs oder sieben Kolonnen vor, und zwar gleichzeitig, planmäßig. Je größer das Ausmaß des Partisanenkriegs, je wichtiger die geographische Lage der Stützpunktgebiete ist und je stärker die strategischen Basen und die wichtigen Verbindungslinien des Feindes bedroht werden, um so verbissener werden seine Angriffe gegen die Partisanen und deren Stützpunktgebiete sein. Wenn der Feind dort sehr heftige Angriffe durchführt, ist es ein Zeichen dafür, daß der Partisanenkrieg besonders erfolgreich und die Koordination des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung sehr wirkungsvoll ist.
Unternimmt der Feind einen konzentrischen Angriff in mehreren Kolonnen, soll im Partisanenkrieg darauf Kurs genommen werden, ihn durch eine entsprechende Gegenoperation zu zerschlagen. Das kann leicht geschehen, wenn jede der vorrückenden feindlichen Kolonnen nur aus einer größeren oder kleineren Einheit besteht, wenn die einzelne Kolonne weder durch nachfolgende Truppen verstärkt wird, noch die Möglichkeit hat, entlang der Vormarschstraße Truppen zu stationieren, Befestigungen zu errichten und Autostraßen zu bauen. Zu dieser Zeit befindet sich der Feind in der Offensive und operiert auf den äußeren Kampflinien, während wir uns in der Defensive befinden und auf den inneren Kampflinien operieren. Unsere Truppen sollen so verteilt werden, daß eine kleine Anzahl mehrere Kolonnen des Gegners bindet, während die Hauptkräfte gegen eine der feindlichen Kolonnen eingesetzt werden, wobei sie die Methode operativer und taktischer Überraschungsangriffe anwenden (hauptsächlich in Form von Überfällen aus dem Hinterhalt) und den Feind schlagen, während er sich auf dem Marsch befindet. Der Feind wird, wie stark er auch sein mag, durch solche wiederholten Überraschungsangriffe geschwächt. Häufig wird er sich zurückziehen, auch wenn er schon auf halbem Wege ist. Dann können die Partisaneneinheiten während der Verfolgung weitere Überraschungsangriffe gegen ihn führen und ihn noch mehr schwächen. Gewöhnlich besetzt der Feind, bevor seine Offensive zum Stillstand kommt oder er sich zurückzuziehen beginnt, die Kreisstädte oder Marktflecken innerhalb unseres Stützpunktgebiets. Daraufhin müssen wir diese Städte bzw. Marktflecken umzingeln, den Feind von den Lebensmittelquellen abschneiden und seine Verbindungswege unterbrechen, damit wir, sobald er nicht mehr standhalten kann und den Rückzug antritt, die Gelegenheit ausnutzen können, ihn zu verfolgen und anzugreifen. Wenn wir eine feindliche Kolonne vernichtet haben, müssen wir unsere Kräfte verlegen, um eine andere zu vernichten, und indem wir eine Kolonne nach der anderen zerschlagen, zerschmettern wir den konzentrischen Angriff des Feindes.
Ein großes Stützpunktgebiet, wie das Wutai-Gebirge, das einen "Militärbezirk" bildet, zerfällt in vier, fünf oder sogar mehr "militärische Unterbezirke", und in jedem solchen "militärischen Unterbezirk" gibt es selbständig operierende Streitkräfte. Bei Anwendung der oben beschriebenen Operationsmethode haben diese Kräfte oft die Angriffe des Feindes entweder gleichzeitig oder nacheinander zerschlagen.
Gemäß unserem Operationsplan gegen einen konzentrischen Angriff des Feindes stellen wir unsere Hauptkräfte gewöhnlich auf den inneren Kampflinien auf. Verfügen wir jedoch über genügend Truppen, so ist es notwendig, die Hilfskräfte (z. B. Partisaneneinheiten der Kreise und Distrikte oder sogar aus den regulären Truppen bereitgestellte Abteilungen) auf die äußeren Kampflinien zu werfen, um die Verbindungswege des Feindes zu unterbrechen und seine Verstärkungen zu binden. Falls der Feind sich in unserem Stützpunktgebiet festsetzt, bietet sich für uns die Umkehrung dieser Taktik an, das heißt, wir belassen einen Teil unserer Kräfte im Stützpunktgebiet, um den Feind hier einzuschließen, während wir mit unseren Hauptkräften einen Angriff in der Gegend unternehmen, aus der er gekommen ist, und dort aktive Aktionen entfalten, um den sich in unserem Stützpunktgebiet festsetzenden Feind zum Abzug und zu einem Angriff auf unsere Hauptkräfte zu veranlassen. Dies ist die Taktik "Den Staat Dschao retten, indem man den Staat We belagert".[Anmerkung 33]
Im Verlauf der Operationen zur Abwehr des konzentrischen Angriffs des Feindes sollen die antijapanischen Selbstschutzabteilungen der örtlichen Bevölkerung sowie sämtliche Massenorganisationen restlos dazu mobilisiert werden, an den Kampfhandlungen teilzunehmen, unseren Truppen in jeder Weise zu helfen und den Feind zu bekämpfen. Im Kampf gegen den Feind erweist es sich als wichtig, den Ausnahmezustand in der betreffenden Gegend zu verhängen und - soweit irgend möglich - unsere Verteidigungsanlagen zu verstärken und die Felder abzuernten. Der Zweck der ersten Maßnahme besteht darin, Landesverräter zu unterdrücken und zu verhindern, daß. der Feind Informationen erhält; die zweite Maßnahme zielt darauf ab, die Operationen unserer Truppen (durch Verstärkung der Verteidigungsanlagen) zu unterstützen und die Lebensmittelzufuhr des Feindes (durch das Abernten der Felder) zu unterbinden. Mit dem Abernten der Felder ist hier die frühe Einbringung der herangereiften Ernte gemeint.
Beim Rückzug brennt der Feind häufig die Häuser in den Städten, die er zuvor besetzt hatte, und die Dörfer, die an seinem Rückzugsweg liegen, nieder, um so Stützpunktgebiete der Partisanen zu zerstören. Aber damit beraubt er sich selbst aller schützenden Dächer und der Lebensmittel, die er bei seiner nächsten Offensive benötigt, und der Schaden fällt auf sein eigenes Haupt zurück. Das ist einer der konkreten Beweise für die These, daß ein und dieselbe Sache zwei entgegengesetzte Seiten hat.
Die Führer des Partisanenkriegs dürfen nicht daran denken, ihr Stützpunktgebiet zu verlassen und in ein anderes hinüberzuwechseln, es sei denn, wiederholte Operationen zur Abwehr des konzentrischen Angriffs des Feindes hätten erwiesen, daß es unmöglich ist, die schweren konzentrischen Angriffe des Feindes zu zerschlagen. Unter diesen Umständen muß man sich vor Pessimismus hüten. Solange in der Führung keine grundsätzlichen Fehler begangen werden, ist es normalerweise möglich, in Gebirgsgegenden derartige Angriffe zu zerschlagen und die Stützpunktgebiete zu halten. Nur wenn im Flachland ein schwerer konzentrischer Angriff erfolgt, sind gemäß den konkreten Umständen folgende Maßnahmen zu erwägen: Zahlreiche kleinere Partisaneneinheiten sollen dort zur Durchführung aufgelockerter Einzeloperationen zurückgelassen und die großen Partisanenverbände vorübergehend in gebirgige Regionen verlegt werden, aus denen sie dann zurückkehren, um ihre Tätigkeit im Flachland wiederaufnehmen zu können, sobald die Hauptkräfte des Feindes abgezogen sind.
Infolge des Widerspruchs zwischen dem riesigen Territorium Chinas und der Knappheit Japans an Streitkräften können die Japaner im allgemeinen nicht zur Methode des Blockhauskriegs greifen, wie sie die Kuomintang zur Zeit des Bürgerkriegs in China anwandte. Wir müssen jedoch mit der Möglichkeit rechnen, daß sie diese Methode bis zu einem gewissen Grad in solchen Stützpunktgebieten der Partisanen anwenden, die eine besondere Gefährdung ihrer lebenswichtigen Positionen darstellen. Aber auch in diesem Fall sollen wir darauf gefaßt sein, den Partisanenkrieg in derartigen Gebieten aufrechtzuerhalten. Wenn wir, wie das die Erfahrungen des Bürgerkriegs zeigen, selbst damals imstande waren, den Partisanenkrieg fortzusetzen, so kann nicht der leiseste Zweifel daran bestehen, daß wir in einem nationalen Krieg erst recht dazu imstande sind. Denn selbst wenn der Feind, was das Verhältnis der militärischen Kräfte anbetrifft, es fertigbringen kann, gegen einige unserer Stützpunktgebiete nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ absolut überlegene Kräfte einzusetzen, bleiben dennoch nach wie vor die nationalen Widersprüche zwischen dem Feind und uns unlösbar und Schwächen in seiner Truppenführung unvermeidlich. Unsere Siege beruhen darauf, daß wir tief in den Volksmassen arbeiten und uns elastischer Methoden der Kriegführung bedienen.
2. Die strategische Offensive im Partisanenkrieg
Wenn wir einen feindlichen Angriff zurückgeworfen haben, befindet sich der Feind, bevor er eine neue Offensive startet, in der strategischen Defensive, während wir uns in der strategischen Offensive befinden.
In dieser Zeit besteht die Richtlinie unserer Operationen nicht darin, jene feindlichen Kräfte anzugreifen, die sich in ihren Verteidigungsstellungen verschanzt haben und die zu besiegen wir nicht sicher sein können, sondern darin, die kleinen feindlichen Einheiten und die bewaffneten Kräfte der Landesverräter, mit denen die Partisaneneinheiten fertig werden können, systematisch in bestimmten Gegenden zu vernichten oder zu vertreiben, das von uns gehaltene Gebiet auszudehnen, die Volksmassen zum Kampf gegen Japan zu mobilisieren, unsere Truppen aufzufüllen und auszubilden und neue Partisaneneinheiten aufzustellen. Wenn der Feind, nachdem wir diese Aufgaben einigermaßen erfüllt haben, immer noch in der Defensive verharrt, können wir unsere neuen Gebiete noch mehr erweitern, die vom Feind mit schwachen Kräften besetzten Städte und Verbindungslinien angreifen und sie je nach den Umständen für die Dauer oder zeitweilig halten. Dies alles sind Aufgaben der strategischen Offensive; und sie zielen darauf ab, den Defensivzustand des Feindes auszunutzen, um unsere militärischen Kräfte und die Kräfte der Volksmassen wirksam zu vergrößern, die Kräfte des Feindes effektiv zu schmälern und uns so weit vorzubereiten, daß wir den Feind durch planmäßige und tatkräftige Aktionen schlagen können, sobald er wieder zu einer Offensive ansetzt.
Es ist notwendig, unsere Truppen ausruhen zu lassen und sie weiter auszubilden. Das geschieht am besten in der Zeit, da der Feind sich in der Defensive befindet. Allerdings dürfen wir nicht alles andere unberücksichtigt lassen und uns nur mit dem Ausruhen und der Ausbildung befassen; wir sollen vielmehr Zeit zum Ausruhen und für die Ausbildung finden, während wir das von uns gehaltene Territorium erweitern, die kleineren feindlichen Einheiten vernichten und an der Mobilisierung der Volksmassen arbeiten. Gewöhnlich ist dies auch der geeignete Zeitpunkt, um schwierigere Probleme wie die Beschaffung von Lebensmitteln, Bettzeug und Kleidung in Angriff zu nehmen.
Zu diesem Zeitpunkt bieten sich auch Gelegenheiten, die Verbindungslinien des Feindes in großem Maßstab zu zerstören, seine' Transporte zu behindern und den regulären Truppen bei ihren operativen Kampfhandlungen direkte Unterstützung zukommen zu lassen.
In einem solchen Augenblick herrscht in allen Stützpunktgebieten, Partisanengebieten und Partisaneneinheiten eine allgemeine Begeisterung, und in den vom Feind zerstörten Gebieten wird allmählich die Ordnung wiederhergestellt, und sie erwachen zu neuem Leben. Auch in den vom Feind besetzten Gebieten sind die Volksmassen frohen Mutes; überall wird vom Ruhm und von der Macht der Partisaneneinheiten gesprochen. Im Lager des Feindes und seiner Lakaien, der Landesverräter, nehmen Panik und Zersetzung zu; es wächst zugleich der Haß des Gegners gegen die Partisaneneinheiten und deren Stützpunktgebiete, und die Vorbereitungen von Maßnahmen gegen den Partisanenkrieg werden verstärkt. Darum dürfen sich die Führer des Partisanenkriegs während der strategischen Offensive niemals ihren freudigen Gefühlen so weit überlassen, daß sie dabei den Feind unterschätzen und vergessen, den Zusammenschluß ihrer eigenen Reihen zu fördern und ihre Stützpunktgebiete sowie ihre Truppen zu konsolidieren. In dieser Zeit müssen sie scharf verfolgen, was beim Feind vor sich geht, und sorgsam auf jedes Anzeichen achten, das auf eine neue Offensive des Feindes schließen läßt, um - sobald eine solche erfolgt - ihre eigene strategische Offensive in entsprechender Weise abschließen, sich einer strategischen Defensive zuwenden und so wiederum im Verlauf der strategischen Defensive die Offensive des Feindes zerschlagen zu können.
Kapitel VIII: Entwicklung des Partisanenkriegs zum Bewegungskrieg
Das fünfte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan ist das Problem seiner Entwicklung zum Bewegungskrieg. Die Notwendigkeit und Möglichkeit einer solchen Entwicklung ergeben sich ebenfalls aus dem langwierigen und erbitterten Charakter des Krieges. Wäre China imstande, die japanischen Eindringlinge in kurzer Zeit zu besiegen und rasch seine verlorenen Gebiete zurückzugewinnen, und wäre dieser Krieg weder langwierig noch erbittert, dann bestünde auch keine Notwendigkeit, den Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg zu entwickeln. Da aber im Gegenteil der Krieg sowohl langwierig als auch erbittert ist, kann man den Aufgaben eines solchen Krieges nur dann gewachsen sein, wenn man den Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg entwickelt. Bei einem langwierigen und erbitterten Krieg besteht die Möglichkeit, daß die Partisaneneinheiten die nötige Stählung erhalten und sich allmählich in reguläre Truppen verwandeln, infolgedessen ihre Operationsmethoden nach und nach reguläre werden; so wird der Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg. Die Führer des Partisanenkriegs können nur dann den Kurs auf die Entwicklung zum Bewegungskrieg beharrlich einhalten und ihn planmäßig in die Tat umsetzen, wenn sie die Notwendigkeit und Möglichkeit einer solchen Entwicklung klar erkennen.
In vielen Gegenden, wie z. B, im Wutai-Gebirge, wird gegenwärtig der Partisanenkrieg von starken Abteilungen entfaltet, die aus dem Bestand der regulären Truppen dorthin entsandt worden sind. Obgleich die Operationen hier im allgemeinen Partisanenaktionen sind, schließen sie doch von Anfang an gewisse Elemente des Bewegungskriegs ein. Diese Elemente werden sich immer mehr verstärken, wenn der Krieg sich in die Länge zieht. Hierin liegt eben der Vorteil des gegenwärtigen Partisanenkriegs gegen Japan, ein Vorteil, der nicht nur die rasche Entfaltung des Partisanenkriegs fördert, sondern ihn auch in kürzester Zeit auf eine höhere Stufe bringt und wesentlich günstigere Bedingungen für den Partisanenkrieg schafft, als sie seinerzeit in den Drei Nordöstlichen Provinzen vorhanden waren.
Um aus Partisaneneinheiten, die den Partisanenkrieg führen, reguläre Truppen zu machen, die einen Bewegungskrieg führen können, müssen zwei Vorbedingungen erfüllt werden: die Erhöhung der Zahl und der Qualität der Truppen. Abgesehen von der direkten Mobilisierung der Volksmassen zum Eintritt in die Kampfeinheiten läßt sich eine Erhöhung der Truppenzahl auch durch die Zusammenlegung kleinerer Einheiten erreichen; eine höhere Qualität der Truppe erzielt man durch ihre Stählung im Verlauf des Krieges und durch die Verbesserung ihrer Bewaffnung.
Bei der Zusammenlegung kleinerer Einheiten müssen wir uns einerseits vor einem Lokalpatriotismus hüten, der lediglich auf örtliche Interessen ausgerichtet ist und der Zusammenlegung Hindernisse in den Weg legt; andererseits müssen wir aber auch einen rein militärischen Standpunkt vermeiden, bei dem die lokalen Interessen überhaupt nicht berücksichtigt werden.
Man findet den Lokalpatriotismus bei den örtlichen Partisaneneinheiten und Machtorganen, die sich häufig nur um die lokalen Interessen kümmern und die allgemeinen Interessen vernachlässigen oder danach streben, vereinzelt zu handeln, da sie an das kollektive Handeln nicht gewöhnt sind. Die Führer der hauptsächlichen Partisaneneinheiten oder der Partisanenverbände müssen dieser Tatsache Rechnung tragen und die Vereinigung allmählich und teilweise durchführen, damit den örtlichen Leitungen genügend Kräfte für die weitere Entfaltung des Partisanenkriegs verbleiben. Man soll diese kleineren Einheiten mit den größeren verschmelzen, indem man zunächst ihre Operationen koordiniert und dann ihre Eingliederung zustande bringt, ohne ihre organisatorische Struktur zu zerstören und die Kader zu versetzen.
Im Gegensatz zum Lokalpatriotismus ist der rein militärische Standpunkt Ausdruck einer falschen Einstellung, die in der Hauptstreitmacht von jenen vertreten wird, welche allein nach der Vergrößerung ihrer Truppenzahl trachten und die Unterstützung der lokalen bewaffneten Einheiten außer acht lassen. Diese Menschen haben nicht begriffen, daß die Entwicklung vom Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg nicht die Preisgabe des Partisanenkriegs, sondern die schrittweise Herausbildung einer zum Bewegungskrieg befähigten Hauptstreitmacht im Verlauf eines ausgedehnten Partisanenkriegs bedeutet, einer Streitmacht, um die herum noch zahlreiche Partisaneneinheiten und ein breit entfalteter Partisanenkrieg bestehen müssen. Diese zahlreichen Partisaneneinheiten bilden gleichsam ausgewachsene Flügel der Hauptstreitmacht und eine unerschöpfliche Quelle für ihr stetiges Anwachsen. Wenn daher die Führer der Hauptstreitmacht auf Grund ihres rein militärischen Standpunkts den Fehler begangen haben, die Interessen der örtlichen Volksmassen und ihrer Machtorgane zu vernachlässigen, müssen sie ihn korrigieren, damit sowohl die Vergrößerung der Hauptstreitmacht als auch die Vermehrung der lokalen bewaffneten Einheiten den gebührenden Platz einnehmen.
Will man die Qualität der Partisaneneinheiten heben, so ist es notwendig, ihr politisches und organisatorisches Niveau zu steigern, ihre Ausrüstung, ihr militärisches Können, ihre Taktik und Disziplin zu verbessern, dann müssen sie sich die reguläre Armee zum Muster nehmen und allmählich ihre Partisanengepflogenheiten reduzieren. In politischer Hinsicht sind sowohl die Kommandeure als auch die Kämpfer von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Partisaneneinheiten auf eine höhere Stufe - auf das Niveau der regulären Truppen - zu bringen ; man muß sie zum Kampf dafür ermutigen und die Erreichung dieses Zieles durch politische Arbeit garantieren. Auf organisatorischem Gebiet ist nach und nach ein für einen regulären Truppenverband erforderlicher militärischer und politischer Apparat zu schaffen, sind entsprechende militärische und politische Kader zur Verfügung zu stellen, entsprechende militärische und politische Arbeitsmethoden einzuführen und ständige Einrichtungen für Versorgung, Sanitätswesen usw. aufzubauen. Was die Ausrüstung angeht, so ist es notwendig, die Qualität der Waffen zu verbessern, ihre Arten zu vervielfältigen und die notwendigen Verbindungsmittel zu vermehren. Was die Technik und Taktik betrifft, so muß man die Partisaneneinheiten auf das Niveau heben, das für einen regulären Truppenverband unerläßlich ist. Hinsichtlich der Disziplin muß man den Zustand anstreben, daß überall einheitliche Richtlinien gelten, daß Befehle und Anordnungen sofort ausgeführt, Disziplinlosigkeit und Zerfahrenheit ausgemerzt werden. Die Erfüllung all dieser Aufgaben setzt ein beharrliches Bemühen voraus, sie läßt sich nicht über Nacht erreichen; aber jedenfalls ist dies die Richtung, in der die Entwicklung gehen muß. Nur auf diese Weise kann in jedem Stützpunktgebiet der Partisanen ein Verband als Hauptstreitmacht herausgebildet werden, nur so kann man zum Bewegungskrieg gelangen, der es ermöglicht, wirksamere Schläge gegen den Feind zu führen. Dort, wo aus den regulären Truppen abkommandierte Abteilungen oder Kader zur Verfügung stehen, läßt sich dieses Ziel leichter erreichen. Daher erwächst für alle regulären Truppen die Verantwortung, den Partisaneneinheiten bei ihrer Umwandlung in reguläre Einheiten zu helfen.
Kapitel IX: Die Beziehungen zwischen den Kommandostellen
Das letzte strategische Problem im Partisanenkrieg gegen Japan betrifft die Beziehungen bei der Führung der Truppen. Eine richtige Lösung dieses Problems ist eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Entwicklung des Partisanenkriegs.
Da die Partisaneneinheiten eine niedrigere Form der Organisation der bewaffneten Kräfte sind und dekonzentrierte Aktionen durchführen, was ihre Besonderheit ist, läßt der Partisanenkrieg keine so starke Zentralisierung der Truppenführung zu, wie sie bei der regulären Kriegführung besteht. Versuchte man, die Methoden des Kommandos bei der regulären Kriegführung auf den Partisanenkrieg zu übertragen, würde seine hochgradige Beweglichkeit unvermeidlich eingeschränkt und seine Vitalität völlig untergraben werden. Eine starke Zentralisierung des Kommandos ist mit der hochgradigen Beweglichkeit des Partisanenkriegs unvereinbar; in dem äußerst beweglichen Partisanenkrieg das System eines stark zentralisierten Kommandos einzuführen ist nicht nur unangebracht, sondern auch unmöglich. Das bedeutet jedoch nicht, daß sich der Partisanenkrieg ohne jegliche Zentralisierung des Kommandos erfolgreich entwickeln kann. Wenn neben einem breit entfalteten regulären Krieg auch ausgedehnte Partisanenaktionen durchgeführt werden, ist ihre entsprechende Koordinierung notwendig; eben dazu bedarf es einer Truppenführung, die die Koordinierung zwischen der regulären Kriegführung und dem Partisanenkrieg gewährleistet, das heißt, es bedarf einer einheitlichen strategischen Truppenführung, die vom Generalstab des Landes und von den Oberbefehlshabern der einzelnen Kriegszonen verwirklicht wird. In einem Partisanengebiet oder einem Stützpunktgebiet der Partisanen, wo zahlreiche Partisaneneinheiten operieren, gibt es gewöhnlich einen oder mehrere die Hauptkraft bildende Partisanenverbände (manchmal operieren hier auch die regulären Truppenverbände), eine Anzahl größerer oder kleinerer Partisaneneinheiten, die die Hilfskräfte darstellen, und zahlreiche bewaffnete Einheiten der Volksmassen, deren Angehörige von ihrer Berufstätigkeit nicht losgelöst sind. Die dortigen feindlichen Kräfte bilden meistens eine Einheit, um einheitlich gegen den Partisanenkrieg vorzugehen. Demzufolge stellt sich in derartigen Partisanengebieten oder Stützpunktgebieten das Problem der einheitlichen Truppenführung, d. h. das Problem der Zentralisierung der Truppenführung.
Daher fordert das Prinzip der Truppenführung im Partisanenkrieg, daß einerseits die absolute Zentralisierung und andererseits die absolute Dezentralisierung der Truppenführung bekämpft wird, dieses Prinzip muß in der Zentralisierung der Truppenführung in strategischer Hinsicht und in ihrer Dezentralisierung in operativer und taktischer Hinsicht bestehen.
Eine zentralisierte strategische Truppenführung umfaßt die Planung des Partisanenkriegs als Ganzes durch den Staat, die Koordinierung des Partisanenkriegs mit der regulären Kriegführung in jedem Frontgebiet und die einheitliche Leitung aller antijapanischen bewaffneten Kräfte in jedem Partisanengebiet oder jedem Stützpunktgebiet. In dieser Hinsicht muß sich das Fehlen von Koordinierung, Einheitlichkeit und Zentralisierung unheilvoll auswirken; daher ist es notwendig, nach Möglichkeit die Koordinierung, Einheitlichkeit und Zentralisierung anzustreben. In allen allgemeinen Fragen, d. h. in Fragen, die strategische Bedeutung haben, müssen die unteren Kommandostellen den höheren Kommandostellen Bericht erstatten und sich ihrer Führung fügen, um so koordinierte Aktionen zu sichern. Allerdings muß sich die Zentralisierung hierauf beschränken; es ist ebenfalls schädlich, diese Grenzen zu überschreiten, sich in die konkreten Angelegenheiten der unteren Kommandostellen, beispielsweise in die konkreten Dispositionen bei den einzelnen Schlachten oder Gefechten usw., einzumischen. Denn solche konkreten Fragen müssen unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände behandelt werden, und diese wandeln sich von Tag zu Tag und sind von Ort zu Ort verschieden, entziehen sich somit der Kenntnis der entfernten höheren Kommandostellen. Dies ist das Prinzip der Dezentralisierung der Truppenführung in operativer und taktischer Hinsicht. Das gleiche Prinzip gilt im allgemeinen auch für Operationen der regulären Kriegführung, vor allem wenn die Verbindungsmittel unzureichend sind. Kurz gesagt: Unser Prinzip ist ein selbständiger und unabhängiger Partisanenkrieg bei einer einheitlichen Strategie.
Wo ein Stützpunktgebiet der Partisanen einen Militärbezirk bildet, der in verschiedene Unterbezirke eingeteilt ist, deren jeder mehrere Kreise umfaßt, die ihrerseits wieder in Distrikte zerfallen, ist die Beziehung zwischen der Kommandostelle des Militärbezirks und denen der Unterbezirke, bis hinunter zu den Machtorganen der Kreise und Distrikte, durch ein System der Unterordnung charakterisiert, während die bewaffneten Kräfte ihrem Charakter entsprechend verschiedenen Kommandostellen unterstellt sind. Gemäß dem oben dargelegten Prinzip sollen die Beziehungen zwischen den Kommandostellen so gestaltet sein, daß Fragen der allgemeinen Richtlinien in der höheren Kommandostelle zentralisiert werden, während konkrete Aktionen je nach den konkreten Umständen unternommen werden sollen, wobei die unteren Kommandostellen berechtigt sind, selbständig und nach eigener Initiative zu handeln. Wenn eine höhere Stelle sich über gewisse konkrete Aktionen unterer Stellen zu äußern wünscht, so kann und soll sie ihre Bemerkungen in Form von "Weisungen", aber keinesfalls als kategorische "Befehle" vorbringen. Je ausgedehnter das Gebiet, je komplizierter die Lage und je größer die Entfernung zwischen den höheren und niederen Kommandostellen, um so notwendiger ist es, den unteren Kommandostellen ein größeres Recht auf Selbständigkeit und eigene Initiative in ihren konkreten Aktionen zuzusprechen, diesen Aktionen mehr Lokalcharakter zuzubilligen und sie mehr den Erfordernissen der örtlichen Verhältnisse anzupassen, damit die Befehlshaber der unteren Stellen und die Kader der örtlichen Parteileitungen oder Machtorgane ihre Fähigkeit zu selbständigem Handeln entwickeln, komplizierte Situationen meistern und den Partisanenkrieg erfolgreich weiter entfalten können. Wenn es sich um Truppeneinheiten oder um Truppenverbände handelt, die konzentriert operieren, muß hinsichtlich der Beziehungen zwischen den Kommandostellen das Prinzip der Zentralisierung vorherrschen, da in diesem Fall die Lage klar ist. Sobald jedoch diese Einheiten oder Verbände zu einer aufgelockerten Operation eingesetzt werden, tritt in allgemeinen Fragen das Prinzip der Zentralisierung, in konkreten Fragen das der Dezentralisierung in Kraft, da der höheren Kommandostelle die konkreten Umstände nicht klar sein können.
Mangel an Zentralisierung dort, wo sie nötig wäre, bedeutet Nachlässigkeit seitens der höheren Kommandostellen und Eigenmächtigkeit seitens der unteren Stellen. Das kann in der Beziehung zwischen höheren und unteren Instanzen, besonders in der militärischen Sphäre, nicht geduldet werden. Wird die Dezentralisierung dort, wo sie vonnöten ist, nicht verwirklicht, so bedeutet das eine Monopolisierung der Macht seitens der höheren Kommandostellen und ein Fehlen der Initiative seitens der unteren Stellen. Auch das kann in der Beziehung zwischen höheren und unteren Instanzen nicht geduldet werden - schon gar nicht, wenn es um die Beziehungen bei der Truppenführung im Partisanenkrieg geht. Nur die oben dargelegten Prinzipien sind die Richtlinien für die korrekte Lösung dieses Problems.
Über den langwierigen Krieg
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.127-228
(Mai 1938)[Anmerkung 34]
Die Fragestellung
1. Der 7. Juli rückt heran, der erste Jahrestag des Beginns des großen Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression. Nun ist es schon bald ein Jahr, daß die Kräfte der ganzen Nation zusammen stehen, beharrlich den Widerstandskrieg führen, an der Einheitsfron festhalten und heroisch gegen den Feind kämpfen. Dieser Krieg ist in der Geschichte des Ostens ohne Beispiel und wird auch in die Weltgeschichte als ein großer Krieg eingehen. Die Völker der ganzen Welt verfolgen aufmerksam den Verlauf dieses Krieges. Jeder Chinese, der unter dem Krieg zu leiden hat und um die Existenz seiner Nation kämpft, sehnt sich tagtäglich nach dem Sieg. Aber wie wird der Krieg nun verlaufen? Werden wir ihn gewinnen können oder nicht? Werden wir ihn rasch gewinnen können oder nicht? Viele sprechen von einem langwierigen Krieg. Aber warum wird der Krieg: langwierig sein? Und wie ist ein langwieriger Krieg zu führen? Viele sprechen von einem endgültigen Sieg. Aber warum wird der Endsieg unser sein? Wie ist dieser endgültige Sieg zu erkämpfen? Nicht jede hat die Antwort auf diese Fragen gefunden, ja, sogar die meisten~ wissen bis zum heutigen Tag noch keine Antwort darauf. Daher treten nun die Anhänger der defitistischen Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas auf den Plan und sagen: China werde unterjocht werden, der Endsieg werde nicht China zufallen Es treten ebenfalls manche übereifrige Freunde auf und erklären. China werde sehr rasch den Sieg erringen und es bedürfe hierfür keiner großen Anstrengungen. Sind nun diese Ansichten richtig oder nicht? Wir haben immer gesagt, daß diese Ansichten falsch sind. Aber das, was wir sagen, begreifen die meisten Leute noch nicht. Das erklärt sich zum Teil daraus, daß unsere Propaganda- und Aufklärungsarbeit unzureichend war, zum Teil aber auch daraus, daß die objektiven Ereignisse im Laufe ihrer Entwicklung den ihnen innewohnenden Charakter noch nicht restlos offenbart und den Menschen ihr Gesicht noch nicht klar enthüllt hatten, so daß diese nicht in der Lage waren, die Tendenzen und Perspektiven der Entwicklung der Ereignisse in ihrer Gesamtheit zu erkennen, und folglich auch außerstande waren, ihre gesamten Richtlinien und Maßnahmen festzulegen. Jetzt ist das leichter geworden. Die zehnmonatigen Erfahrungen des Widerstandskriegs reichen völlig aus, um die absolut unbegründete Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas zu zerschlagen, aber auch um unsere übereifrigen Freunde von der Unhaltbarkeit ihrer Theorie vom raschen Sieg zu überzeugen. Unter diesen Umständen wünschen viele Menschen eine verallgemeinernde Erläuterung. Sie wünschen das vor allem im Hinblick auf einen langwierigen Krieg, weil es einerseits Einwände gegen einen solchen Krieg gibt, die sowohl in der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas als auch in der Theorie vom raschen Sieg zum Ausdruck kommen, und andererseits die nebelhaftesten Auffassungen über ihn bestehen. "Seit den Ereignissen bei Lugoutjiao stehen 400 Millionen Chinesen in gemeinsamer Anstrengung zusammen, und der Endsieg wird China gehören." So lautet eine weitverbreitete Formel. Diese Formel ist richtig, aber sie muß mit einem realen Inhalt erfüllt werden. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die es ermöglichen, daß wir im Widerstandskrieg und in der Einheitsfront ausharren: Innenpolitisch gesehen umfassen sie alle politischen Parteien und Gruppen - von der Kommunistischen Partei bis zur Kuomintang -, das ganze Volk - von den Arbeitern und Bauern bis zur Bourgeoisie -, alle bewaffneten Kräfte - von den regulären Truppen bis zu den Partisaneneinheiten; international gesehen reichen sie von dem sozialistischen Land bis zu den gerechtigkeitsliebenden Völkern aller Länder; im Feindesland reichen sie von einigen Schichten der Bevölkerung, die den Krieg ablehnen, bis zu den gegen den Krieg eingestellten Soldaten an den Fronten. Kurz gesagt, alle diese Kräfte leisten in diesem oder jenem Maß ihren Beitrag zur Sache unseres Widerstandskriegs. Jeder Mensch mit Gewissen sollte ihnen Hochachtung entgegenbringen. Wir Kommunisten verfolgen gemeinsam mit den anderen antijapanischen politischen Parteien und Gruppen sowie mit dem gesamten Volk einzig und allein das Ziel, durch weitestgehenden Zusammenschluß aller Kräfte die verbrecherischen japanischen Eindringlinge zu besiegen. Am I. Juli dieses Jahres werden wir den 17. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas begehen. Damit jeder Kommunist im weiteren Verlauf des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge eine noch wirksamere und größere Rolle spielen kann, ist es notwendig, sich ernsthaft mit dem Studium des langwierigen Krieges zu befassen. Deshalb widme ich meine Vorlesung der Untersuchung dieser Frage. Ich werde mich bemühen, auf alle mit dem langwierigen Krieg zusammenhängenden Probleme einzugehen, aber ich werde nicht über alles sprechen können, da das innerhalb einer einzigen Vorlesungsreihe nicht möglich ist.
2. Die Erfahrungen der zehn Kriegsmonate beweisen, daß die beiden Theorien, die von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und die von einem raschen Sieg, falsch sind. D~ erste Theorie erzeugt eine Tendenz zum Kompromißlertum, die zweite Theorie eine Tendenz zur Unterschätzung des Feindes. Die Art und Weise, wie die Anhänger der beiden Theorien an die Frage herangehen, ist subjektiv, einseitig, mit einem Wort: unwissenschaftlich.
3. Vor Ausbruch des Widerstandskriegs machte die Theorie der nationalen Unterjochung viel von sich reden. Man sagte beispielsweise: "China ist schlechter bewaffnet als der Gegner und wird, wenn es den Kampf aufnimmt, unweigerlich den Krieg verlieren." "Falls wir einen Widerstandskrieg führen, wird es uns unvermeidlich wie Abessinien ergehen." Nach Beginn des Krieges hörte das offene Predigen der Theorie von der nationalen Unterjochung auf, aber im geheimen wird es fortgesetzt, und zwar sehr aktiv. Als Beispiel dafür kann die Atmosphäre des Kompromißlertums dienen, die sich einmal verdichtet, einmal zerstreut, und die Verfechter dieser Tendenz bedienen sich eines solchen Arguments: "Die Fortsetzung des Krieges bedeutet eine unvermeidliche Unterjochung."[Anmerkung 35] Ein Student schrieb aus der Provinz Hunan: "Auf dem Lande ist alles sehr schwierig. Da ich als einzelner propagandistisch tätig bin, muß ich mit den Leuten sprechen, wann und wo ich sie antreffen kann. Die Gesprächspartner sind keineswegs Ignoranten; sie haben bis zu einem gewissen Grade begriffen, was vor sich geht, und bringen meinen Ausführungen großes Interesse entgegen. Wenn ich jedoch meine eigenen Verwandten treffe, sagen sie immer: China wird nicht siegen, es ist zum Untergang verurteilt.` Es kann einem direkt übel werden. Glücklicherweise treiben sie keine Propaganda, sonst wäre die Sache ganz schlimm. Die Bauern würden ihnen natürlich bedeutend mehr vertrauen!" Solche Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas bilden die soziale Basis für die Tendenz zu Kompromissen. Menschen dieser Art gibt es in allen Winkeln Chinas. Deshalb kann das Problem des Kompromißlertums jederzeit innerhalb der antijapanischen Front auftauchen und wird wahrscheinlich bis zum Ende des Krieges nicht verschwinden. Mir scheint, in einem Augenblick, da Hsüdschou gefallen und die Lage im Gebiet von Wuhan gespannt ist, wäre es nicht unnütz, die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas entschieden zu widerlegen.
4. In den zehn Monaten des Widerstandskriegs sind außerdem allerlei Ansichten laut geworden, die von einer Fiebrigkeit zeugen. So verfielen beispielsweise gleich in den ersten Kriegstagen viele in einen völlig unbegründeten Optimismus. Sie unterschätzten den Gegner und nahmen sogar an, daß die Japaner nicht bis in die Provinz Schansi vordringen könnten. Manche ignorierten die strategische Rolle des Partisanenkriegs beim Widerstand gegen die japanischen Eindringlinge und zweifelten an der These: "Im Hinblick auf das Ganze spielt der Bewegungskrieg die Hauptrolle, der Partisanenkrieg eine Nebenrolle; im Hinblick auf das Einzelne aber spielt der Partisanenkrieg die Hauptrolle, der Bewegungskrieg eine Nebenrolle." Sie waren auch mit dem folgenden strategischen Kurs der Achten Routearmee nicht einverstanden: "Im wesentlichen den Partisanenkrieg führen, aber unter günstigen Bedingungen auf den Bewegungskrieg nicht verzichten". Sie hielten das für einen "mechanistischen" Standpunkt.[Anmerkung 36] Zur Zeit der Schlacht von Schanghai behaupteten manche: "Wenn man bloß drei Monate durchhalten könnte, die internationale Lage wird sich bestimmt ändern; die Sowjetunion wird unbedingt in den Krieg eintreten, und dann ist es mit dem Krieg zu Ende." Diese Leute setzten ihre Hoffnungen hinsichtlich der Perspektiven des Krieges vor allem auf die Hilfe des Auslands.[Anmerkung 37] Nach dem Sieg bei Taiörldschuang[Anmerkung 38] waren manche der Meinung, die Schlacht bei Hsüdschou sollte nun als "beinahe eine Entscheidungsschlacht" durchgeführt und der bisherige Kurs auf einen langwierigen Krieg abgeändert werden. Man hörte Behauptungen wie: "Diese Schlacht ist das letzte verzweifelte Ringen des Feindes" und "Wenn wir in dieser Schlacht siegen, wird den japanischen Militaristen die moralische Stütze entzogen sein und ihnen nichts anderes übrigbleiben, als auf den Tag des Jüngsten Gerichts zu warten"[Anmerkung 39] Der Sieg bei Pinghsingguan machte bereits manchen übermütig, und der nächste Sieg bei Taiörldschuang verdrehte einer noch größeren Anzahl von Leuten den Kopf. Nun tauchten Zweifel auf, ob der Gegner Wuhan angreifen werde. Viele meinten: "Wohl kaum"; andere behaupteten: "Bestimmt nicht!" Derartige Zweifel können bei allen wichtigen Problemen auftauchen. Man könnte zum Beispiel die Frage stellen, ob die Kräfte des Widerstands gegen die japanische Aggression ausreichten. Darauf könnte eine bejahende Antwort folgen, denn unsere Kräfte genügten jetzt schon, um die Offensive des Feindes aufzuhalten, wozu sollte man da diese Kräfte noch vergrößern? Oder zum Beispiel die Frage, ob die Losung von der Festigung und Erweiterung der antijapanischen nationalen Einheitsfront immer noch richtig sei. Darauf könnte eine verneinende Antwort folgen, denn die Einheitsfront in ihrem gegenwärtigen Zustand sei stark genug, um den Feind zurückzuwerfen, wozu sollte man sie da noch festigen und erweitern? Oder: Müssen wir unsere diplomatische Tätigkeit und unsere Propaganda im Ausland noch intensivieren? Darauf könnte ebenfalls eine verneinende Antwort folgen. Ferner: Sollen wir uns ernsthaft mit solchen Dingen befassen wie Reform des Armee-Systems und der politischen Ordnung, Entfaltung der Massenbewegung, strikte Durchführung der Volksbildung im Interesse der nationalen Verteidigung, Unterdrückung der Landesverräter und Trotzkisten, Entwicklung der Rüstungsindustrie und Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes? Oder: Sind die Losungen - Wuhan verteidigen, Kanton verteidigen, den Nordwesten verteidigen und im Hinterland des Gegners energisch den Partisanenkrieg entfalten - auch weiterhin richtig? Auf alle diese Fragen könnte eine verneinende Antwort folgen. Es gibt sogar Leute, die bereit sind, die Reibungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu verschärfen, sobald die Kriegslage eine mehr oder minder günstige Wendung nimmt, und die somit die Aufmerksamkeit von den äußeren auf die inneren Probleme lenken wollen. Das ist fast jedesmal nach einem größeren Sieg der Fall oder wenn der Gegner den Angriff zeitweilig einstellt. Alles eben Erwähnte bezeichnen wir als politische und militärische Kurzsichtigkeit. Die Argumentationen solcher Leute mögen plausibel klingen, aber in Wirklichkeit sind sie absolut haltlos, nichts als leeres Geschwätz, das nur äußerlich der Wahrheit ähnelt. Mit all diesem Geschwätz Schluß zu machen muß für die siegreiche Führung des Widerstandskriegs von Nutzen sein.
5. Die Frage lautet also: Wird China unterjocht werden? Und die Antwort heißt: Nein, das wird es nicht, der Endsieg wird China gehören. Wird China rasch siegen können? Die Antwort ist: Nein, das kann es nicht, der Widerstandskrieg wird langwierig sein.
6. Die grundlegenden Ansichten über diese Fragen haben wir bereits vor zwei Jahren in allgemeinen Zügen dargelegt. Am 16. Juli 1936, das heißt fünf Monate vor den Sian-Ereignissen und zwölf Monate vor den Ereignissen bei Lugoutjiao, gab ich in einem Gespräch mit dem amerikanischen Korrespondenten Herrn Edgar Snow eine allgemeine Einschätzung der Lage des Krieges zwischen China und Japan und umriß die Richtlinien, die den Sieg gewährleisten. Es schadet nichts, einige Auszüge aus diesem Gespräch in Erinnerung zu bringen:
Frage: Unter welchen Bedingungen kann China die Kräfte des japanischen Imperialismus besiegen und vernichten?
Antwort: Drei Bedingungen sind notwendig: erstens Schaffung einer antijapanischen Einheitsfront in China; zweitens Schaffung einer internationalen antijapanischen Einheitsfront; drittens Aufschwung der revolutionären Bewegung des japanischen Volkes und der Völker der japanischen Kolonien. Vom Standpunkt des chinesischen Volkes aus ist der große Zusammenschluß des chinesischen Volkes selbst die wichtigste von diesen drei Bedingungen.
Frage: Wie lange wird dieser Krieg Ihrer Meinung nach dauern?
Antwort: Das hängt von der Stärke der antijapanischen Einheitsfront in China sowie von vielen anderen entscheidenden Faktoren in China und in Japan ab. Mit anderen Worten, neben den eigenen Kräften Chinas, von denen die Kriegsdauer hauptsächlich abhängt, sind die internationale Hilfe für China sowie jene Hilfe, die ihm von Seiten der revolutionären Bewegung in Japan gewährt wird, von großer Bedeutung. Wenn sich die antijapanische Einheitsfront in China mächtig entwickelt und sowohl horizontal als auch vertikal wirkungsvoll organisiert wird, wenn die Regierungen und Völker, welche die Bedrohung ihrer eigenen Interessen durch den japanischen Imperialismus klar erkannt haben, dazu übergehen, China die notwendige Hilfe zu leisten, wenn die Revolution in Japan bald ausbricht, dann wird der Krieg rasch beendet werden, und China wird schnell den Sieg erringen. Wenn aber diese Bedingungen nicht in kurzer Zeit verwirklicht werden, dann wird sich der Krieg in die Länge ziehen, das Ergebnis jedoch wird das gleiche sein: Japan wird eine Niederlage erleiden, und China wird siegen - nur werden in diesem Fall die Opfer größer sein, und wir werden eine Periode schwerer Leiden durchmachen müssen.
Frage: Wie wird sich Ihrer Meinung nach dieser Krieg in politischer und militärischer Hinsicht entwickeln?
Antwort: Die Kontinentalpolitik Japans steht schon fest. Wer da glaubt, China könnte durch Kompromisse mit Japan - durch weitere Preisgabe seines Territoriums und seiner souveränen Rechte - dem Angriff Japans Einhalt gebieten, gibt sich Illusionen hin. Es ist uns genau bekannt, daß sogar der Unterlauf des Yangtse und die Seehäfen Südchinas bereits in die Sphäre der Kontinentalpolitik des japanischen Imperialismus einbezogen sind. Außerdem strebt Japan danach, die Philippinen, Siam, Vietnam, die Malaüsche Halbinsel und Niederländisch-Ostindien zu erobern, um so China von den anderen Mächten zu isolieren und die Monopolherrschaft über den südwestlichen Pazifik zu errichten. Das ist die Seepolitik Japans. In einer solchen Periode wird China zweifellos in eine äußerst schwere Lage geraten. Aber die große Mehrheit der Chinesen ist davon überzeugt, daß diese Schwierigkeiten zu überwinden sind; nur die Reichen in den großen Handelshäfen sind Defätisten, weil sie fürchten, ihren Besitz zu verlieren. Viele nehmen an, China verlöre die Möglichkeit, den Krieg fortzusetzen, sobald seine Küste von den Japanern blockiert sein würde. Das ist purer Unsinn. Um diese Ansicht zu widerlegen, brauchen wir nur die Geschichte des Krieges der Roten Armee als Beispiel heranzuziehen. Im Widerstandskrieg ist China in einer viel günstigeren Lage, als es die Rote Armee in der Periode des Bürgerkriegs war. China ist ein riesiges Land. Selbst wenn es Japan gelingt, Gebiete mit einer Bevölkerung von 100 bis 200 Millionen zu besetzen, werden wir auch dann noch sehr weit von einer Niederlage entfernt sein. Wir werden noch über gewaltige Kräfte verfügen, um den Krieg gegen Japan führen zu können, während Japan im Verlauf des ganzen Krieges gezwungen sein wird, ständig Verteidigungskämpfe hinter seinen Linien zu führen. Die Zersplitterung und die ungleichmäßige Entwicklung der Wirtschaft Chinas sind sogar günstig für die Führung des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression. Würde beispielsweise Schanghai von den anderen Landesteilen abgeschnitten, so wäre dieser Verlust für China bei weitem nicht so ernst, wie es für die USA eine Isolierung New Yorks von den anderen Gebieten der USA wäre. Selbst wenn es Japan gelingt, die Küste Chinas zu blockieren, wird es nicht imstande sein, den Nordwesten, Südwesten und Westen unseres Landes zu blockieren. Deshalb besteht der Kernpunkt des Problems nach wie vor im Zusammenschluß des gesamten chinesischen Volkes und in der Schaffung einer das ganze Land vereinigenden antijapanischen Front. Das haben wir schon längst vorgeschlagen.
Frage: Angenommen, der Krieg zieht sich sehr in die Länge, und Japan erleidet keine völlige Niederlage; kann sich die Kommunistische Partei in diesem Fall auf Friedensverhandlungen mit Japan einlassen und die japanische Herrschaft über Nordostchina anerkennen?
Antwort: Nein. Die Kommunistische Partei Chinas wird ebensowenig wie das ganze chinesische Volk den Japanern gestatten, auch nur einen Fußbreit unseres Bodens zu behalten.
Frage: Was muß Ihrer Meinung nach der hauptsächliche strategische Kurs Chinas in diesem Befreiungskrieg sein?
Antwort: Unser strategischer Kurs muß darin bestehen, unsere Hauptstreitmacht zu Operationen auf einer sehr langgestreckten und Einnahmebeweglichen Kampflinie einzusetzen. Um Siege zu erringen, muß die chinesische Armee einen Krieg von hochgradiger Beweglichkeit auf einem ausgedehnten Kriegsschauplatz führen: rasch vorstoßen und sich rasch zurückziehen, die Kräfte rasch konzentrieren und rasch auflockern. Das wird ein Bewegungskrieg von großem Maßstab sein und kein Stellungskrieg, in welchem man tiefe Gräben, hohe Wälle und zahlreiche Befestigungen errichtet und sich ganz und gar auf diese Verteidigungsanlagen stützt. Das bedeutet durchaus nicht, daß man alle militärisch wichtigen Punkte aufgeben muß. An solchen Punkten muß man sich, wenn es irgend vorteilhaft ist, auf den Stellungskrieg einrichten. Aber der strategische Kurs, der die Gesamtsituation zu verändern vermag, kann nur der Kurs auf den Bewegungskrieg sein. Obwohl der Stellungskrieg ebenfalls notwendig ist, wird er eine untergeordnete und zweitrangige Rolle spielen. Geographisch gesehen ist der Kriegsschauplatz so ausgedehnt, daß wir die Möglichkeit haben, einen höchst wirksamen Bewegungskrieg zu führen. Stößt die japanische Armee auf kraftvolle Aktionen unserer Truppen, dann wird sie zur Vorsicht gezwungen sein. Ihre Kriegsmaschinerie ist sehr schwerfällig, arbeitet sehr langsam, und ihre Wirksamkeit ist begrenzt. Wenn wir unsere Kräfte an einem schmalen Frontabschnitt konzentrieren und dem Feind Widerstand leisten wollten, indem wir unsere Kräfte verausgaben, dann würden wir unsere Armee der Vorteile unserer geographischen Lage und unserer wirtschaftlichen Organisation berauben und einen ähnlichen Fehler wie Abessinien machen. In der ersten Periode des Krieges müssen wir allen großen Entscheidungsschlachten ausweichen. Wir müssen zunächst durch einen Bewegungskrieg die Moral und die Kampfkraft der gegnerischen Truppen allmählich untergraben. Neben dem Einsatz ausgebildeter Truppen zur Führung des Bewegungskriegs müssen wir zahlreiche Partisanenabteilungen aus den Reihen der Bauern aufstellen. Man muß zur Kenntnis nehmen, daß die antijapanischen Freiwilligenabteilungen in den Drei Nordöstlichen Provinzen ja nur einen unbeträchtlichen Teil der potentiellen Kräfte der Bauernschaft des Landes darstellen, die zur Führung des Widerstandskriegs mobilisiert werden können. Die chinesische Bauernschaft verfügt über gewaltige potentielle Kräfte, die, wenn sie nur richtig organisiert und geführt werden, die japanischen Truppen Tag und Nacht in Atem halten und dadurch zermürben werden. Man muß bedenken, daß der Krieg in China geführt wird. Das bedeutet, daß die japanische Armee restlos von den ihr feindlich gesinnten Chinesen eingekreist sein wird, daß sie gezwungen sein wird, die für den Krieg benötigten Mittel heranzuschaffen, die sie dann selbst zu bewachen hat, daß sie auch starke Truppenkontingente zum Schutz ihrer Verbindungslinien einsetzen und ständig vor Überraschungsangriffen auf der Hut sein muß und daß sie außerdem einen großen Teil ihrer Kräfte in der Mandschurei und in Japan selbst zu belassen hat.
Im Verlauf des Krieges wird China eine bedeutende Anzahl japanischer Soldaten gefangennehmen sowie eine große Menge an Waffen und Munition erbeuten und das für die eigene Ausrüstung verwenden; gleichzeitig wird China Hilfe vom Ausland erlangen, so daß sich die Bewaffnung der chinesischen Armee nach und nach verbessern wird. Daher wird China in der letzten Periode des Krieges in der Lage sein, zum Stellungskrieg überzugehen und die Stellungen der Japaner auf dem von ihnen besetzten Territorium anzugreifen. So wird die Wirtschaft Japans infolge seiner langdauernden Erschöpfung durch den chinesischen Widerstandskrieg zusammenbrechen, während die Moral der japanischen Truppen in unzähligen aufreibenden Kämpfen gebrochen sein wird. Was jedoch China anbelangt, so werden seine potentiellen Widerstandskräfte von Tag zu Tag anwachsen und einen Aufschwung erfahren, und die revolutionären Volksmassen werden in einem ununterbrochenen, mächtigen Strom an die Front treiben und für die Freiheit kämpfen. In Verbindung mit anderen Faktoren werden all diese Faktoren es uns ermöglichen, einen endgültigen, vernichtenden Schlag gegen die Befestigungen und Stützpunkte in den von Japan besetzten Gebieten zu führen und die japanischen Aggressionstruppen aus China zu vertreiben. (Siehe das Buch von Edgar Snow Red Star over China.)
Die Richtigkeit der hier dargelegten Ansichten wurde durch die zehnmonatigen Erfahrungen des Widerstandskriegs bestätigt und wird auch künftig bestätigt werden.
7. Bereits am 25. August 1937, das heißt etwas über einen Monat nach den Ereignissen bei Lugoutjiao, hat das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas in seinem "Beschluß über die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Partei" klar ausgeführt:
Die militärische Provokation bei Lugoutjiao und die Eroberung von Peiping und Tientsin sind lediglich der Beginn eines großangelegten Angriffs der japanischen Eindringlinge auf Chinas Gebiete südlich der Großen Mauer. Die japanischen Eindringlinge haben in ihrem Land bereits mit der allgemeinen Mobilmachung begonnen. Ihre Propagandabehauptung, daß sie "keine weitere Verschärfung der Lage wünschten", dient lediglich als Rauchvorhang zur Tarnung ihres Angriffs.
Der am 7. Juli bei Lugoutjiao geleistete Widerstand ist zum Auftakt des Widerstandskriegs Chinas gegen die japanische Aggression im Landesmaßstab geworden.
In der politischen Lage Chinas hat somit ein neues Stadium begonnen, das Stadium des Widerstandskriegs. Das Stadium der Vorbereitung des Widerstandskriegs ist bereits vorüber. Die zentrale Aufgabe im gegenwärtigen Stadium besteht darin, alle Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg zu mobilisieren.
Der Schlüssel zum Sieg im Widerstandskrieg ist die Entfaltung des bereits begonnenen Widerstands zu einem totalen Widerstand der ganzen Nation. Nur durch einen solchen totalen Widerstandskrieg der ganzen Nation werden wir den endgültigen Sieg erringen können.
Infolge der ernsten Schwäche im gegenwärtigen Widerstandskrieg kann es im weiteren Verlauf des Krieges viele Rückschläge, Rückzüge, innere Spaltungen und Verräterei, zeitweilige und teilweise Kompromisse sowie andere ungünstige Zustände geben. Man muß daher einsehen, daß dieser Widerstandskrieg ein schwerer langwieriger Krieg sein wird. Aber wir sind überzeugt, daß der bereits ins Rollen gekommene Widerstandskrieg dank den Bemühungen unserer Partei und des ganzen Volkes alle Hindernisse hinwegfegen, weiterhin vorwärtsschreiten und sich entwickeln wird.
Die zehnmonatigen Erfahrungen des Widerstandskriegs haben bestätigt, daß auch diese Ansichten richtig waren; ihre Richtigkeit wird sich auch künftig bestätigen.
8. Idealistische und mechanistische Tendenzen in der Frage des Krieges sind die erkenntnistheoretischen Wurzeln aller aufgezeigten falschen Ansichten. Menschen mit derartigen Tendenzen gehen an die Frage subjektiv und einseitig heran. Entweder verlieren sie sich in völlig unbegründeter und rein subjektivistischer Phrasendrescherei, oder sie greifen nur eine einzelne Seite beziehungsweise eine vorübergehende Erscheinung der Frage heraus, die sie dann ebenso subjektivistisch aufbauschen und für das Ganze der Frage halten. Falsche Ansichten lassen sich jedoch in zwei Kategorien teilen: Die eine besteht aus prinzipiellen und fest eingewurzelten Fehlern, die schwer zu korrigieren sind; die andere besteht aus zufälligen und vorübergehenden Fehlern, die leicht zu korrigieren sind. Aber da es sich bei der einen wie bei der anderen Kategorie eben um Fehler handelt, ist es notwendig, sie ausnahmslos zu korrigieren. Deshalb kann man nur erst dann zu richtigen Schlußfolgerungen gelangen, wenn man gegen die idealistischen und mechanistischen Tendenzen in der Frage des Krieges kämpft und den Krieg objektiv und allseitig studiert.
Die Beweisgründe in dieser Frage
9. Warum wird der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression langwierig sein? Warum wird der Endsieg China gehören? Worauf gründen sich unsere Argumente?
Der Krieg zwischen China und Japan ist nicht irgendein beliebiger Krieg, sondern ein Krieg auf Leben und Tod, der zwischen dem halbkolonialen, halbfeudalen China und dem imperialistischen Japan in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts geführt wird. Darauf fußt unsere Argumentation bei der Gesamtfrage. Nimmt man jede der beiden kriegführenden Parteien für sich, so muß man feststellen, daß sie eine ganze Reihe einander entgegengesetzter Besonderheiten aufweisen.
10. Die japanische Seite. Erstens ist Japan ein mächtiger imperialistischer Staat, der, was seine militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke betrifft, im Osten als erstklassig gilt und auch in der ganzen Welt eine der fünf bis sechs imperialistischen Großmächte ist. Das sind die Hauptvoraussetzungen für den aggressiven Krieg, den Japan führt. Die Unvermeidbarkeit dieses Krieges sowie die Unmöglichkeit eines raschen Sieges Chinas ergeben sich gerade aus dem imperialistischen System Japans und aus seiner großen militärischen, wirtschaftlichen und politisch-organisatorischen Stärke. Zweitens jedoch bedingt die imperialistische Natur der sozialökonomischen Ordnung Japans den imperialistischen Charakter des von ihm geführten Krieges - eines reaktionären und barbarischen Krieges. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts haben die inneren und äußeren Widersprüche des japanischen Imperialismus diesen Staat nicht nur in einen abenteuerlichen Krieg von unvergleichlichen Ausmaßen getrieben, sie haben ihn auch auf seinen endgültigen Zusammenbruch zugedrängt. Vom Standpunkt der gesellschaftlichen Entwicklung ist Japan nicht mehr ein Land, das sich im Aufstieg befindet, und der Krieg wird den herrschenden Klassen Japans nicht den von ihnen erwarteten Aufschwung bringen, sondern das Gegenteil - den Untergang des japanischen Imperialismus. Das kennzeichnet eben den reaktionären Charakter des von Japan geführten Krieges. Dieser reaktionäre Charakter bestimmt zusammen mit den militärisch-feudalen Zügen des japanischen Imperialismus den besonders barbarischen Charakter des von ihm geführten Krieges. Und das alles wird die Gegensätze zwischen den Klassen in Japan, zwischen der japanischen und der chinesischen Nation sowie zwischen Japan und den meisten Staaten der Welt äußerst verschärfen. Der reaktionäre und barbarische Charakter des von Japan geführten Krieges - das ist der Hauptgrund, warum Japan den Krieg unvermeidlich verlieren wird. Drittens ist überdies zwar die Grundlage, auf der Japan den Krieg führt, seine große militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke; zugleich aber ist sie von Natur aus unzureichend. Wenn auch die militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke Japans groß ist, reicht sie dennoch quantitativ nicht aus. Japan ist ein verhältnismäßig kleines Land, das weder über genug Menschen noch über ausreichende militärische, finanzielle und materielle Hilfsquellen verfügt, so daß es einen langwierigen Krieg nicht durchhalten kann. Seine Machthaber versuchen, diese Schwierigkeiten durch den Krieg zu lösen, werden aber auch hier das Gegenteil erreichen; mit anderen Worten, sie haben den Krieg entfesselt, um diese Schwierigkeiten zu beheben, aber der Krieg wird diese noch vergrößern, wird sogar das verschlingen, was Japan ursprünglich besessen hat. Viertens schließlich kann Japan zwar eine internationale Unterstützung von den faschistischen Staaten erhalten, wird aber zugleich zwangsläufig auf internationale Widerstandskräfte stoßen, die den Japan unterstützenden Kräften überlegen sind. Diese Kräfte werden allmählich anwachsen und letzten Endes nicht nur die Unterstützung seitens der faschistischen Staaten aufwiegen, sondern auch einen Druck auf Japan selbst ausüben. Wer eine ungerechte Sache vertritt, der kann nur eine schwache Unterstützung finden - das ist ein Gesetz, das sich auch aus dem Wesen des von Japan geführten Krieges ergibt. Zusammenfassend kann man sagen: Die Stärke Japans liegt in seiner großen militärischen Macht, seine Schwäche dagegen in dem reaktionären und barbarischen Charakter des von ihm geführten Krieges, in dem Mangel an Menschen und Material sowie in der unzulänglichen internationalen Unterstützung. Das sind die Besonderheiten Japans.
11. Die chinesische Seite. Erstens sind wir ein halbkoloniales, halbfeudales Land. Angefangen mit dem Opiumkrieg,[Anmerkung 40] der Taiping-Tiänguo-Bewegung, den Reformen von 1898,[Anmerkung 41] der Revolution von 1911 bis zum Nordfeldzug haben alle revolutionären Bewegungen und Reformbewegungen, die das Ziel verfolgten, China aus seiner halbkolonialen und halbfeudalen Lage zu befreien, ernste Mißerfolge erlitten, so daß China nach wie vor ein halbkoloniales und halbfeudales Land geblieben ist. Wir sind noch immer ein schwaches Land und hinsichtlich der militärischen, wirtschaftlichen und politischorganisatorischen Stärke dem Feind offensichtlich unterlegen. Also sind auch dadurch die Unvermeidbarkeit des Krieges und die Unmöglichkeit eines raschen Sieges Chinas bedingt. Zweitens aber ist die Befreiungsbewegung, die sich in China im Laufe der letzten hundert Jahre ununterbrochen entwickelte, gegenwärtig ganz anders als zu jeder anderen vorangegangenen historischen Periode. Die verschiedenen inneren und äußeren Kräfte, die die Befreiungsbewegung bekämpften, haben ihr zwar schwere Rückschläge gebracht, aber gleichzeitig haben sie das chinesische Volk gestählt. Obwohl China heute in militärischer, wirtschaftlicher, politischer und kultureller Hinsicht nicht so stark ist wie Japan, gibt es jetzt in China Faktoren, die fortschrittlicher sind, als es in jeder anderen historischen Periode der Fall war. Die Kommunistische Partei Chinas und die von ihr geführte Armee repräsentieren eben diese fortschrittlichen Faktoren. Gerade auf Grund dieser Fortschrittlichkeit kann der gegenwärtig von China geführte Befreiungskrieg eine lange Zeit ausgehalten werden und mit dem endgültigen Sieg Chinas enden. Im Gegensatz zum japanischen Imperialismus, der im Abstieg begriffen ist, ist China ein Land, das aufsteigt wie die aufgehende Sonne. Der Krieg, den China führt, ist fortschrittlich, und aus dieser Fortschrittlichkeit ergibt sich eben seine Gerechtigkeit. Da dieser Krieg gerecht ist, kann er zum Zusammenschluß des ganzen Landes führen, die Sympathien des Volkes im Feindesland hervorrufen und die Mehrheit der Länder der Welt zur Unterstützung Chinas gewinnen. Drittens ist China ein sehr großes Land mit einem riesigen Territorium, reichen materiellen Hilfsquellen, einer zahlreichen Bevölkerung und einer großen Anzahl von Soldaten; infolgedessen ist es imstande, einen langwierigen Krieg auszuhalten. In dieser Beziehung bildet es wiederum einen Gegensatz zu Japan. Viertens schließlich genießt China infolge des fortschrittlichen, gerechten Charakters des von ihm geführten Krieges weitgehende internationale Unterstützung, was wiederum einen absoluten Gegensatz zu der Tatsache bildet, daß Japan mit seiner ungerechten Sache auf eine sehr dürftige Unterstützung rechnen kann. Um alles Gesagte zusammenzufassen: Der Nachteil Chinas liegt in der Schwäche seiner militärischen Macht, seine Vorteile liegen in dem fortschrittlichen und gerechten Charakter des von ihm geführten Krieges, in der Größe seines Territoriums und in der weitgehenden internationalen Unterstützung, die ihm zuteil wird. Das sind die Besonderheiten Chinas.
12. Also verfügt Japan zwar über eine große militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke, aber der Krieg, den es führt, ist reaktionär und barbarisch, seine Menschen- und Materialreserven sind überdies unzureichend, und ferner ist seine internationale Lage ungünstig. Im Gegensatz dazu erlebt China, obwohl seine militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke verhältnismäßig gering ist, eine Epoche des Fortschritts, und der Krieg, den es führt, ist ein fortschrittlicher und gerechter Krieg; überdies ist China ein großes Land, was ihm ermöglicht, einen langwierigen Krieg durchzuhalten; außerdem werden die meisten Länder der Welt China unterstützen. Das sind die grundlegenden; einander entgegengesetzten Besonderheiten Chinas und Japans im Krieg. Diese Besonderheiten bestimmten und bestimmen alle politischen Richtlinien, die militärische Strategie und Taktik der beiden Seiten, den langwierigen Charakter des Krieges, sie waren und sind dafür bestimmend, daß der endgültige Sieg China und nicht Japan zufallen wird. Der Krieg ist eine Art Wettstreit zwischen den erwähnten Besonderheiten. Im Verlauf des Krieges werden sich diese, ihrem jeweiligen Charakter gemäß, ändern, und daraus ergibt sich alles weitere. Diese Besonderheiten existieren in Wirklichkeit, sind nichts Eingebildetes und Trügerisches; sie stellen den ganzen Komplex der Grundelemente des Krieges dar, sind keineswegs nur unvollständige Bruchstücke; sie durchdringen alle größeren und kleineren Probleme der beiden Seiten sowie alle Etappen des Krieges und sind nicht etwas Bedeutungsloses. Wenn man bei der Untersuchung des Krieges zwischen China und Japan diese Besonderheiten vergißt, wird man unvermeidlich zu falschen Schlüssen gelangen; mögen einige Ansichten für eine gewisse Zeit bei manchen Leuten Anklang finden und ihnen richtig erscheinen, der Verlauf des Krieges wird dennoch unbedingt beweisen, daß sie falsch sind. Nun wollen wir auf Grund dieser Besonderheiten alle Fragen erörtern, die zu klären sind.
Die Widerlegung der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas
13. Die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas, die nur einen einzigen Faktor vor Augen hatten, nämlich den Gegensatz zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche, sagten früher: "Falls wir Widerstand leisten, gehen wir zugrunde"; jetzt plappern sie: "Die Fortsetzung des Krieges bedeutet eine unvermeidliche Unterjochung." Wenn wir ihnen daraufhin lediglich erklären, der Feind sei zwar stark, sein Land aber klein, während China zwar ein schwaches, aber ein großes Land sei, so werden wir sie nicht überzeugen können. Sie können Beispiele aus der Geschichte des Sturzes der Sung-Dynastie durch die Mongolen und der Ming-Dynastie durch die Mandschuren anführen, um zu beweisen, daß ein kleiner, aber starker, dabei rückständiger Staat einen großen, aber schwachen, dabei fortschrittlichen Staat unterwerfen kann. Halten wir ihnen aber entgegen, das liege weit in der Vergangenheit zurück und könne nicht als Beweis dienen, können sie wiederum unter Bezugnahme auf die Tatsache der Unterwerfung Indiens durch Großbritannien nachzuweisen suchen, daß die Unterjochung eines großen, aber schwachen und rückständigen Landes durch ein kleines, aber starkes kapitalistisches Land möglich sei. Deshalb muß man auch noch andere Argumente anführen, und erst dann wird man alle Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas zum Schweigen bringen und überzeugen sowie allen jenen, die propagandistisch tätig sind, ausreichende Argumente geben können, damit sie die Menschen, die noch unklar und unentschlossen sind, überzeugen und ihre Zuversicht in unseren Sieg im Widerstandskrieg festigen können.
14. Was müssen wir da als Argument ins Treffen führen? Die Besonderheiten der Epoche. Der konkrete Ausdruck dieser Besonderheiten sind: die Rückschrittlichkeit Japans und die dürftige internationale Unterstützung, die ihm zuteil wird; die Fortschrittlichkeit Chinas und die breite internationale Unterstützung, die ihm erwiesen wird.
15. Dieser Krieg ist ein Krieg, der zwischen China und Japan in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts geführt wird, und nicht irgendein anderer Krieg. Was unseren Feind betrifft, so ist er vor allem eine imperialistische Macht, die zum Untergang verurteilt ist. Japan befindet sich bereits in der Epoche des Abstiegs und kann nicht nur nicht mit dem England aus der Zeit der Unterwerfung Indiens, als sich der Kapitalismus in England noch in seiner fortschrittlichen Epoche befand, gleichgesetzt werden, sondern nicht einmal mit dem Japan, wie es vor zwanzig Jahren zur Zeit des ersten Weltkriegs war. Der gegenwärtige Krieg ist am Vorabend des grandiosen Zusammenbruchs des Weltimperialismus und in erster Linie des Zusammenbruchs der faschistischen Staaten entfesselt worden. Eben deswegen hat unser Feind den abenteuerlichen Krieg entfesselt, der im Grunde genommen sein letztes verzweifeltes Ringen bedeutet. Daher wird der Ausgang des Krieges so sein: nicht China, sondern die herrschende Clique des japanischen Imperialismus wird untergehen - das ist eine unvermeidliche Konsequenz. Ferner hat Japan seinen Krieg zu einer Zeit begonnen, da ein Teil der Staaten der Welt bereits in einen Krieg verwickelt ist, während andere bald hineingeraten werden, da alle solche Staaten bereits dabei sind oder sich darauf vorbereiten, gegen die barbarische Aggression zu kämpfen, und hinzu kommt, daß die Interessen Chinas mit denen der meisten Staaten und Völker der Welt verknüpft sind. Hier sind die Wurzeln der Opposition, die Japan bei den meisten Ländern und Völkern der Welt hervorgerufen hat und in wachsendem Maße weiterhin hervorrufen wird.
16. Wie steht es mit China? Das China von heute ist mit dem China irgendeiner vergangenen historischen Periode nicht zu vergleichen. Die halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft - das ist eine Besonderheit Chinas; deshalb wird es als ein schwaches Land bezeichnet. Gleichzeitig aber durchlebt es in seiner historischen Entwicklung eine Epoche des Fortschritts, und das ist der Hauptgrund für einen sicheren Sieg über Japan. Wenn wir sagen, daß der Krieg gegen die japanischen Eindringlinge fortschrittlich ist, so meinen wir weder eine Fortschrittlichkeit schlechthin noch die Fortschrittlichkeit, die für den Krieg Abessiniens gegen die italienische Aggression kennzeichnend war, noch die Fortschrittlichkeit, die die Taiping-Tiänguo-Bewegung oder die Revolution von 1911 charakterisierte, sondern die Fortschrittlichkeit des heutigen China. Worin besteht die Fortschrittlichkeit des heutigen China? Sie besteht darin, daß China nicht mehr im vollen Sinne des Wortes ein feudaler Staat ist; in China ist bereits der Kapitalismus, sind bereits Bourgeoisie und Proletariat entstanden, breite Massen des Volkes sind erwacht oder im Erwachen begriffen, die Kommunistische Partei ist entstanden, es gibt eine politisch fortschrittliche Armee - die von der Kommunistischen Partei geführte chinesische Rote Armee; angesammelt haben sich die Traditionen und Erfahrungen einiger Jahrzehnte der Revolution und insbesondere die Erfahrungen der letzten siebzehn Jahre, die seit der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas vergangen sind. Diese Erfahrungen haben das chinesische Volk und die politischen Parteien Chinas erzogen; heute wurden gerade diese Erfahrungen zur Grundlage für unseren Zusammenschluß zum Widerstand gegen die japanische Aggression. Wenn festgestellt wird, daß in Rußland ohne die Erfahrungen von 1905 der Sieg im Jahre 1917 unmöglich gewesen wäre, dann können wir auch sagen, daß bei uns ohne die Erfahrungen der letzten siebzehn Jahre der Sieg im Widerstandskrieg unmöglich sein würde. Das sind unsere inneren Bedingungen.
Die internationalen Bedingungen haben es ermöglicht, daß China im Krieg nicht isoliert ist, was auch in der Geschichte erstmalig der Fall ist. In der Vergangenheit haben sowohl China als auch Indien ihre Kriege stets isoliert geführt. Erst in unseren Tagen begegnen wir einer in der ganzen Welt entstandenen oder entstehenden ungemein breiten und tiefgehenden Volksbewegung und der Unterstützung, die von dieser Bewegung China erwiesen wird. Die russische Revolution von 1917 fand ebenfalls in der ganzen Welt Unterstützung, und darum konnten die russischen Arbeiter und Bauern siegen, aber diese Unterstützung war damals ihrem Ausmaß nach nicht so groß und ihrem Charakter nach nicht so tiefgehend wie die Unterstützung, die China in unseren Tagen genießt. Heute entfaltet sich die Volksbewegung in der ganzen Welt in einer nie gekannten Breite und Tiefe. In der gegenwärtigen internationalen Politik stellt insbesondere die Existenz der Sowjetunion einen wesentlichen Faktor dar; die Sowjetunion wird China zweifellos mit größtem Enthusiasmus unterstützen. Vor zwanzig Jahren fehlte dieser Faktor ganz und gar. Das alles zusammengenommen schuf und schafft die unerläßlichen und wichtigen Voraussetzungen für den endgültigen Sieg Chinas. Obwohl wir heute vorläufig noch keine unmittelbare und breite Unterstützung erhalten und eine solche sich erst in der Zukunft ergeben wird, können wir jedoch, da solche Bedingungen wie die Fortschrittlichkeit Chinas und die Größe seines Territoriums gegeben sind, den Krieg in die Länge ziehen, uns die internationale Unterstützung sichern und sie abwarten.
17. Dazu kommt noch, daß Japan ein kleines Land ist und über ein kleines Territorium, wenige materielle Hilfsquellen, eine geringere Bevölkerungszahl und eine begrenzte Truppenstärke verfügt, während China ein großes Land mit einem riesigen Territorium, reichen materiellen Hilfsquellen, einer zahlreichen Bevölkerung und einer großen Zahl von Soldaten ist. So gibt es neben dem Gegensatz zwischen der Stärke Japans und der Schwäche Chinas noch einen anderen Gegensatz, nämlich daß einem kleinen, rückschrittlichen Land, das nur geringe internationale Unterstützung bekommt, ein großes, fortschrittliches Land gegenübersteht, das breite internationale Unterstützung genießt. Das ist der Grund dafür, daß China auf keinen Fall unterjocht werden wird. Der erste Gegensatz - Japan ist stark, und China ist schwach - gestattet es Japan zwar, in China eine gewisse Zeit hindurch und bis zu einer gewissen Grenze sein Unwesen zu treiben, zwingt China unvermeidlich, eine schwierige Wegstrecke zurückzulegen, und ist bestimmend dafür, daß der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression kein Krieg mit rascher Entscheidung, sondern ein langwieriger Krieg sein wird. Der zweite Gegensatz dagegen - einem kleinen, rückschrittlichen Land, das nur geringe internationale Unterstützung erhält, steht ein großes, fortschrittliches Land gegenüber, das breite internationale Unterstützung genießt - ist seinerseits dafür bestimmend, daß Japan in China nicht unbegrenzt sein Unwesen treiben kann und unweigerlich die endgültige Niederlage erleiden wird, während China niemals unterjocht werden und mit Sicherheit den Endsieg erringen wird.
18. Warum aber wurde Abessinien unterjocht? Erstens war es nicht nur ein schwaches, sondern auch ein kleines Land. Zweitens war es nicht so fortschrittlich wie China. Es war ein alter Staat, der gerade erst von der Sklavenhalter- zur Leibeigenschaftsordnung überging; dort gab es weder einen Kapitalismus noch bürgerliche politische Parteien, geschweige denn eine kommunistische Partei. Ebensowenig gab es dort eine solche Armee wie in China und schon gar nicht eine solche Armee wie unsere Achte Route-Armee. Drittens war es nicht in der Lage, die internationale Hilfe abzuwarten, und mußte den Krieg isoliert führen. Viertens - und das ist das Wichtigste - hat im Krieg gegen die italienischen Eindringlinge die Führung Fehler gemacht. Die Folge von all dem wat, daß Abessinien unterjocht wurde. Aber in Abessinien ist noch ein ziemlich umfangreicher Partisanenkrieg im Gange, und wenn dieser Krieg hartnäckig weitergeführt wird, können die Abessinier mit Hilfe dieses Partisanenkriegs im Verlauf künftiger Änderungen der internationalen Lage die Unabhängigkeit ihrer Heimat wiedergewinnen.
19. Wenn jedoch die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas die Niederlagen der chinesischen Befreiungsbewegung während der letzten hundert Jahre als Beispiele benutzen, um zu beweisen, daß "wir zugrunde gehen werden, falls wir Widerstand leisten" und daß "die Fortsetzung des Krieges eine unvermeidliche Unterjochung bedeutet", dann können wir darauf mit einem einzigen Satz antworten: Die Zeiten sind verschieden. Sowohl China selbst als auch die Lage in Japan und die internationale Lage sind heute nicht mehr so, wie sie früher waren. Gewiß ist Japan stärker geworden, während China nach wie vor ein halbkoloniales und halbfeudales Land und weiterhin sehr schwach geblieben ist. Das ist ein seht ernster Umstand. Es ist auch eine Tatsache, daß es Japan vorläufig noch möglich ist, das Volk unter Kontrolle zu halten und die internationalen Widersprüche zur Aggression in China auszunutzen. Aber im Verlauf eines langen Krieges werden unvermeidlich Änderungen in entgegengesetzter Richtung eintreten. Gegenwärtig sind sie noch keine vollendeten Tatsachen, werden es aber in der Zukunft unvermeidlich sein. Eben dies haben die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas außer acht gelassen. Nun, und in China? In China gibt es heute nicht nur neue Menschen, eine neue politische Partei, eine neue Armee und eine neue Politik des Widerstands gegen die japanischen Eindringlinge - in all dem unterscheidet sich die Lage stark von der Situation vor mehr als zehn Jahren -, sondern das alles wird sich unvermeidlich auch weiterentwickeln. Obwohl die Befreiungsbewegung in der Geschichte Chinas immer wieder Rückschläge erlitten hat, so daß es China nicht möglich gewesen ist, noch beträchtlichere Kräfte zum Einsatz im heutigen Widerstandskrieg anzusammeln - das ist eine sehr schmerzliche historische Lehre, und man soll künftig nie wieder zulassen, daß die Chinesen selbst irgendwelche revolutionären Kräfte zerstören -, wird es nichtsdestoweniger, wenn wir energische Anstrengungen unternehmen, auch auf der gegebenen Grundlage bestimmt möglich sein, allmählich vorwärtszukommen und die Widerstandskraft zu steigern. Die große antijapanische nationale Einheitsfront - das ist die Hauptrichtung dieser Anstrengungen. Was die internationale Unterstützung anbelangt, so hat sich die gegenwärtige Weltlage - obwohl im gegebenen Moment eine unmittelbare Unterstützung in breitem Maßstab noch nicht zu spüren ist - bereits grundlegend gewandelt, und eine solche unmittelbare und breite Unterstützung reift heute immerhin schon heran. Für jeden der unzähligen Mißerfolge, welche die Befreiungsbewegung in China in den letzten hundert Jahren erfuhr, gibt es sowohl objektive als auch subjektive Gründe; aber keinesfalls kann man eine Analogie zu der gegenwärtigen Lage ziehen. Obwohl es auch heute viele schwierige Bedingungen gibt, die den Widerstandskrieg zu einem erbitterten Krieg machen - wie zum Beispiel der Umstand, daß der Feind stark und wir schwach sind, daß die Schwierigkeiten des Feindes erst beginnen, während unser Fortschritt noch bei weitem unzureichend ist usw. -, gibt es nichtsdestoweniger sehr viele günstige Bedingungen für den Sieg über den Feind. Wir brauchen nur unsere subjektiven Anstrengungen zu machen, und wir werden die Schwierigkeiten überwinden und den Sieg erringen können. In der Geschichte Chinas gab es noch keine Periode, die durch so günstige Bedingungen für uns charakterisiert wäre wie die gegenwärtige. Das ist der Grund dafür, daß der Widerstandskrieg keinesfalls mit einer Niederlage enden wird, wie sie unsere Befreiungsbewegung in der Vergangenheit immer wieder erlitten hat.
Komproniss oder Widerstand? Fäulnis oder Fortschritt?
20. Wir haben die Unhaltbarkeit der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas aufgezeigt. Doch es gibt viele Leute, die dieser Theorie nicht beipflichten, aber durchaus echte Patrioten sind, sich über die gegenwärtige Lage größte Sorgen machen und zwei Befürchtungen hegen: Einerseits fürchten sie einen Kompromiß mit Japan und andererseits zweifeln sie an der Möglichkeit des politischen Fortschritts in China. Diese beiden beunruhigenden Probleme werden in breiten Kreisen diskutiert, die jedoch keine Grundlage für ihre Lösung finden. Nun wollen wir zur Untersuchung dieser beiden Probleme übergehen.
21. Es wurde bereits gesagt, daß das Kompromißlertum seine sozialen Wurzeln hat, und solange diese bestehen, wird die Frage des Kompromisses immer wieder auftauchen. Aber die Versuche zum Kompromiß werden nicht gelingen. Um die Beweisgründe zu finden, braucht man sich wiederum nur Japan und China sowie die internationale Lage vor Augen zu führen. Wenden wir uns erstens Japan zu. Schon zu Beginn des Widerstandskriegs nahmen wir an, es werde der Moment eintreten, da die einen Kompromiß fördernden Stimmungen zunehmen würden, d. h., der Feind werde nach der Besetzung Nordchinas sowie der Provinzen Kiangsi und Tschekiang versuchen, China zur Kapitulation zu bewegen. Später wurde ein solcher Versuch tatsächlich unternommen; die Krise war jedoch bald vorbei - unter anderem, weil der Feind begonnen hatte, überall eine barbarische Politik durchzuführen und sich mit offenen Räubereien und Plünderungen zu befassen. Im Falle einer Kapitulation Chinas würde allen Chinesen das Dasein von Kolonialsklaven bereitet werden. Diese auf die Unterjochung Chinas gerichtete räuberische Politik des Feindes hat zwei Seiten - eine materielle und eine geistige - und betrifft alle Chinesen ohne Ausnahme, sowohl die unteren Schichten der Bevölkerung als auch die Oberschicht der Gesellschaft, obwohl sie dieser gegenüber natürlich in etwas delikaterer Form durchgeführt wird. Ein Unterschied besteht hier jedoch nur im Grad, nicht aber im Prinzip. Im allgemeinen hat der Feind jene alten Methoden, die er in den Drei Nordöstlichen Provinzen anwandte, auf die Gebiete Chinas südlich der Großen Mauer übertragen. In materieller Hinsicht beraubt der Feind das einfache Volk seiner Kleidung und Nahrung, so daß die breiten Volksmassen an Hunger und Kälte leiden; er raubt auch Produktionsinstrumente, ruiniert und versklavt auf diese Weise die nationale Industrie Chinas. In geistiger Hinsicht zerstört er das Nationalbewußtsein des chinesischen Volkes. Unter der "Flagge der Sonne" kann kein Chinese dem Verhängnis entgehen, ein gehorsamer Untertan, ein Arbeitsvieh zu sein, dem es verboten ist, auch nur die leiseste Spur von chinesischem Nationalgefühl zu zeigen. Diese barbarische Politik wird der Feind noch tiefer ins Land hineintragen. Er hat einen unersättlichen Appetit und will den Krieg nicht einstellen. Die vom japanischen Kabinett in seiner Erklärung vom 16. Januar 1938[Anmerkung 42] verkündete Politik wird bisher entschlossen durchgeführt, ja sie muß unbedingt durchgeführt werden, und das hat die Empörung aller Bevölkerungsschichten Chinas ausgelöst. All das ist die Folge des reaktionären und barbarischen Charakters des Krieges, den der Gegner führt. Man sagt, "man kann dem Unglück schlecht ausweichen", und so entsteht eine unversöhnliche Feindschaft gegen die japanischen Eindringlinge. Man kann damit rechnen, daß der Feind bei Gelegenheit erneut versuchen wird, China zur Kapitulation zu überreden, und daß einige Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas wieder an die Oberfläche kommen und sich höchstwahrscheinlich mit gewissen Elementen des Auslands verständigen werden (und solche Elemente sind in England, in den USA und in Frankreich zu finden, insbesondere in der Oberschicht Englands), um mit ihnen gemeinsame Sache zu machen. Aber die allgemeine Tendenz der Entwicklung wird eine Kapitulation keinesfalls zulassen. Eine der Ursachen hierfür ist die Hartnäckigkeit und die außerordentliche Barbarei, womit Japan diesen Krieg führt.
22. Wenden wir uns zweitens China zu. In China gibt es drei Faktoren, die gewährleisten; daß es im Widerstandskrieg ausharrt. Der erste ist die Kommunistische Partei, jene zuverlässige Kraft, die das Volk zum Widerstand gegen Japan führt: Der zweite Faktor ist die Kuomintang. Da sie von England und den USA abhängig ist, kapituliert sie nicht, solange England und die USA ihr dazu keine Weisung geben. Der dritte Faktor sind die übrigen Parteien und Gruppen, von denen die meisten gegen einen Kompromiß und für den Widerstandskrieg sind. Falls diese drei Kräfte sich zusammenschließen, wird jeder, der einen Kompromiß mit dem Feind will, als auf der Seite der Landesverräter stehend betrachtet und von allen verurteilt. Denjenigen, die nicht Verräter sein wollen, bleibt keine andere Wahl, als sich zusammenzuschließen und den Widerstandskrieg hartnäckig zu Ende zu führen; und so wird ein Kompromiß praktisch kaum zustande kommen können.
23. Wenden wir uns drittens der internationalen Lage zu. Abgesehen von den Verbündeten Japans und einigen Elementen in den Oberschichten anderer kapitalistischer Länder ist die ganze Welt nicht für einen Kompromiß Chinas, sondern für seinen antijapanischen Widerstand. Dieser Umstand stärkt die Hoffnungen Chinas. Heute hofft unser ganzes Volk, daß die internationalen Kräfte ihre Hilfe für China allmählich verstärken werden. Diese Hoffnung ist nicht vergeblich. Vor allem ist es die Existenz der Sowjetunion, die China zu seinem Widerstandskrieg ermutigt. Die sozialistische Sowjetunion mit ihrer beispiellos starken Macht hat stets mit China Wohl und Wehe geteilt. In vollem Gegensatz zu den Oberschichten aller kapitalistischen Staaten, denen es allein um ihren Profit geht, hält es die Sowjetunion für ihre Pflicht, allen schwachen Nationen Hilfe zu leisten, alle revolutionären Kriege zu unterstützen. Daß China seinen Krieg nicht in einer Isolierung führt, gründet sich nicht nur auf die internationale Hilfe schlechthin, sondern vor allem auf die Unterstützung durch die Sowjetunion. Die Tatsache, daß China und die Sowjetunion geographisch benachbart sind, verschärft die kritische Lage Japans und begünstigt Chinas Widerstandskrieg. Die geographische Nähe Chinas und Japans erhöht die Schwierigkeiten, auf die China in diesem Krieg stößt. Die geographische Nähe Chinas und der Sowjetunion dagegen stellt eine günstige Bedingung für Chinas Widerstandskrieg dar.
24. Aus dem Gesagten läßt sich schließen, daß die Gefahr eines Kompromisses besteht, aber überwunden werden kann. Denn selbst wenn sich die Politik des Feindes bis zu einem gewissen Grade ändern sollte, kann sie sich doch nicht grundlegend wandeln. Obwohl in China das Kompromißlertum seine sozialen Wurzeln hat, bilden die Gegner des Kompromißlertums die überwiegende Mehrheit. Unter den internationalen Kräften gibt es zwar ebenfalls einige Elemente, die einen Kompromiß begünstigen, aber die Hauptkräfte unterstützen den Widerstandskrieg Chinas. Diese drei Faktoren zusammen bieten durchaus die Möglichkeit, die Gefahr eines Kompromisses zu überwinden und den Widerstandskrieg unerschütterlich bis zu Ende zu führen.
25. Jetzt gehe ich zur Antwort auf die zweite Frage über. Der innenpolitische Fortschritt und die hartnäckige Führung des Widerstandskriegs sind voneinander nicht zu trennen. Je größer der politische Fortschritt ist, um so mehr sind wir imstande, den Krieg hartnäckig zu führen; und umgekehrt, je hartnäckiger der Krieg geführt wird, desto größer wird der politische Fortschritt sein. Aber hauptsächlich hängt alles von der hartnäckigen Führung des Widerstandskriegs ab. Unter dem Kuomintang-Regime gibt es auf verschiedenen Gebieten bedrückend viele ungesunde Erscheinungen; und die Anhäufung solcher unerwünschten Faktoren in der Vergangenheit bereitet in den breiten Kreisen der Patrioten viel Kummer und Verdruß. Trotzdem besteht kein Grund zum Pessimismus, denn unsere im Widerstandskrieg gewonnenen Erfahrungen haben bereits erwiesen, daß das chinesische Volk in den letzten zehn Monaten einen gewaltigen Fortschritt gemacht hat, wozu es in der Vergangenheit viele Jahre benötigt hätte. Obwohl die Fäulniserscheinungen, die sich in der Vergangenheit angehäuft haben, das Tempo des Wachstums der Widerstandskräfte des Volkes sehr stark verzögern, unsere militärischen Erfolge verringern und Verluste im Kriege verursachen, gestattet es die allgemeine Lage In China, in Japan wie auch in der ganzen Welt dem chinesischen Volk nicht, auf der Stelle zu treten. Da es solche Faktoren wie die Fäulniserscheinungen gibt, die den Fortschritt behindern, geht dieser langsam vor sich. Der Fortschritt und sein langsames Tempo sind zwei Besonderheiten der gegenwärtigen Lage. Die zweite dieser Besonderheiten entspricht ganz offenbar nicht den dringenden Erfordernissen des Krieges, und das ist es, was unseren Patrioten Sorgen bereitet. Wir befinden uns jedoch mitten in einem revolutionären Krieg, und ein revolutionärer Krieg ist ein Gegengift, das nicht nur das Gift des Feindes vernichtet, sondern auch unsere eigenen Schlacken hinwegsäubert. Jeder gerechte revolutionäre Krieg besitzt eine gewaltige Macht und kann viele Dinge umgestalten oder den Weg für ihre Umgestaltung bahnen. Der Krieg zwischen China und Japan wird beide Länder, China wie Japan, umgestalten; vorausgesetzt, daß China im Widerstandskrieg ausharrt und an der Einheitsfront festhält, wird gewiß das alte Japan in ein neues Japan, das alte China in ein neues China verwandelt werden, und die Menschen und Dinge in beiden Ländern werden im Verlauf des Krieges und nach Kriegsende eine Umgestaltung erfahren. Wir handeln richtig, wenn wir den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes im Zusammenhang betrachten. Wenn wir sagen, Japan werde ebenfalls umgestaltet, dann meinen wir, daß der aggressive Krieg, den die Machthaber Japans führen, mit einer Niederlage enden wird und in Japan eine Volksrevolution auslösen kann. Der Tag des Sieges der Revolution des japanischen Volkes wird zum Tag der Umgestaltung Japans werden, und das ist eng mit dem Widerstandskrieg Chinas verbunden. Eine solche Perspektive soll man im Auge behalten.
Die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas ist falsch, aber ebenso falsch ist auch die Theorie vom raschen Sieg
26. Somit haben wir die grundlegenden und untereinander gegensätzlichen Besonderheiten, die den Feind bzw. uns kennzeichnen - Stärke oder Schwäche, großes oder kleines Territorium, fortschrittlicher oder reaktionärer Charakter, breite oder geringe internationale Unterstützung -, einer vergleichenden Analyse unterzogen; wir haben die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas widerlegt; wir haben die Fragen beantwortet, warum ein Kompromiß nicht ohne weiteres zustande kommen kann und weshalb der politische Fortschritt möglich ist. Die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas haben den Widerspruch zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche überschätzt. Sie haben ihn übertrieben, bedienen sich seiner als Argument zur Lösung der Gesamtfrage und übersehen die anderen Widersprüche. Darin, daß sie nur das Verhältnis zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche vor Augen haben, offenbart sich ihre Einseitigkeit; darin, daß sie diese eine Seite der Frage aufbauschen und sie als das Ganze betrachten, offenbart sich ihr Subjektivismus. Untersucht man die Frage in ihrer Gesamtheit, erweist sich, daß ihre Theorie unhaltbar und falsch ist. Jenen aber, die weder der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas beipflichten, noch ewige Pessimisten sind, sondern sich nur zeitweilig pessimistischen Stimmungen hingeben, da sie durch den Unterschied zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer gewissen Teilsituation oder durch die Fäulniserscheinungen innerhalb des Landes in Verwirrung geraten sind - solchen Leuten müssen wir zeigen, daß auch ihren Ansichten Einseitigkeit und Subjektivismus zugrunde liegen. Aber diese Leute lassen sich leichter korrigieren: Es genügt, sie auf ihre Fehler hinzuweisen, und sie werden das schon begreifen, da sie Patrioten sind und ihre Fehler zeitweiligen Charakter haben.
27. Aber die Anhänger der Theorie vom raschen Sieg haben ebenfalls unrecht. Entweder vergessen sie völlig den Widerspruch zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche und wenden ihre Aufmerksamkeit nur den übrigen Widersprüchen zu; oder sie bauschen die Vorzüge Chinas so weit auf, daß diese jede Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit verlieren und kaum mehr wiederzuerkennen sind; oder sie halten das zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort herrschende Kräfteverhältnis für das Kräfteverhältnis der Gesamtsituation - sie sehen, wie es in einem Sprichwort heißt, hinter einem Blättchen vor dem Auge den Tai-Berg nicht - und glauben, im Recht zu sein. Kurz gesagt, ihnen fehlt der Mut zuzugeben, daß der Feind stark ist, wir aber schwach sind. Sie verwischen oft diese Tatsache und vertuschen damit eine Seite der Wahrheit. Ebensowenig finden sie den Mut, den beschränkten Charakter unserer Vorzüge zuzugeben, und vertuschen damit noch eine andere Seite der Wahrheit. Daraus entspringen ihre großen und kleinen Fehler; schuld daran sind wiederum der Subjektivismus und die Einseitigkeit. Diese Freunde sind wohlmeinend, sind ebenfalls Patrioten. Aber wenn auch "die Pläne der Herren großartig sind", so sind ihre Ansichten doch falsch, und wollte man nach ihren Rezepten handeln, würde man sich sicherlich den Kopf einrennen. Denn wenn die Einschätzung einer Lage der Wirklichkeit nicht entspricht, können die daraus folgenden Aktionen ihr Ziel nicht erreichen. Wollte man sich aber trotzdem darauf versteifen, dann würde man die Niederlage der Armee und den Untergang des Vaterlands herbeiführen, also das gleiche Resultat erzielen wie die Defätisten. Daher ist auch die Theorie vom raschen Sieg untauglich.
28. Bestreiten wir die Gefahr einer nationalen Unterjochung? Nein, wir bestreiten sie nicht. Wir erkennen an, daß China vor zwei möglichen Perspektiven steht - Befreiung oder Unterjochung - und daß zwischen beiden ein heftiger Kampf im Gange ist. Wir haben die Aufgabe, die Befreiung herbeizuführen und die Unterjochung zu verhindern. Die Bedingungen für die Befreiung sind der politische Fortschritt in China - er ist die grundlegende Bedingung - und die Schwierigkeiten des Feindes sowie die internationale Hilfe, die uns zuteil wird. Im Gegensatz zu den Anhängern der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas erkennen wir, weil wir objektiv und allseitig an die Frage herangehen, die gleichzeitige Existenz zweier Möglichkeiten an: die Möglichkeit der Unterjochung Chinas und die der Befreiung, betonen aber, daß die Möglichkeit der Befreiung das Übergewicht hat, weisen darauf hin, unter welchen Bedingungen sie zu erreichen ist, und setzen alles daran, diese Bedingungen zu erkämpfen. Die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas dagegen erkennen, weil sie subjektiv und einseitig an die Frage herangehen, nur eine Möglichkeit an, und zwar die der Unterjochung Chinas, und bestreiten die Möglichkeit der Befreiung. Sie können noch weniger die für die Befreiung notwendigen Bedingungen aufzeigen und werden keine Anstrengungen machen, diese Bedingungen zu erkämpfen. Wir geben zwar auch zu, daß Kompromißtendenzen und Fäulniserscheinungen vorhanden sind, sehen jedoch auch andere Tendenzen und andere Erscheinungen, die, wie wir feststellen, nach und nach die Oberhand gewinnen werden und schon jetzt in erbittertem Kampf mit den ersten begriffen sind; ferner zeigen wir die Bedingungen für den Sieg dieser letzteren Tendenzen und Erscheinungen auf und setzen alles daran, die Kompromißtendenzen zu überwinden und die Fäulniserscheinungen auszumerzen. Daher sind wir nicht pessimistisch, und die Pessimisten stehen zu uns im Gegensatz.
29. Es ist nicht etwa so, daß wir uns nicht einen raschen Sieg wünschen; wer von uns wäre nicht dafür, daß die japanischen "Teufel" über Nacht vertrieben würden? Aber wir müssen darauf hinweisen, daß ein rascher Sieg, wenn die dafür notwendigen Bedingungen nicht gegeben sind, nur in unseren Köpfen, nicht aber in der Wirklichkeit existieren kann, daß er nichts ist als eine Illusion, eine Scheintheorie. Deshalb verweisen wir, indem wir die ganze Lage sowohl bei uns als auch beim Feind objektiv und allseitig einschätzen, auf die Strategie des langwierigen Krieges als den einzigen Weg zur Erringung des endgültigen Sieges und lehnen die völlig unbegründete Theorie vom raschen Sieg ab. Wir sind dafür, daß alle Kräfte angespannt werden, um die für den endgültigen Sieg notwendigen Bedingungen zu erkämpfen. Je vollständiger und je eher diese Bedingungen erfüllt sind, desto größer werden die Garantien für unseren Sieg sein, desto eher wird er errungen werden. Wir glauben, daß man nur so die Dauer des Krieges verkürzen kann, und verwerfen die Theorie vom raschen Sieg, deren Anhänger durch leeres Geschwätz billige Erfolge haben wollen.
Warum wird der Krieg langwierig sein?
30. Jetzt gehen wir dazu über, die Frage des langwierigen Krieges zu untersuchen. Zu einer richtigen Antwort auf die Frage: "Warum wird der Krieg langwierig sein?" kann man nur gelangen, wenn man allen grundlegenden, untereinander gegensätzlichen Faktoren, die für China bzw. Japan bestimmend sind, Rechnung trägt. Würden wir beispielsweise lediglich behaupten, daß der Feind eine starke imperialistische Macht ist und wir ein schwaches, halbkoloniales und halbfeudales Land sind, dann drohte uns die Gefahr, auf die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas abzugleiten, denn allein daraus, daß ein Schwacher einem Starken gegenübersteht, ergibt sich durchaus nicht, weder theoretisch noch praktisch, daß der Krieg langwierig sein wird. Das ergibt sich ebensowenig allein daraus, daß das eine Land groß, das andere aber klein, das eine fortschrittlich und das andere reaktionär ist, daß das eine breite Unterstützung von außen genießt und das andere nur geringe Hilfe bekommt. Daß das Große das Kleine verschlingt, kommt ebensooft vor wie umgekehrt. Es kommt auch oft vor, daß ein fortschrittlicher Staat oder eine fortschrittliche Sache, wenn sie noch schwach sind, von einem größeren, aber reaktionären Staat oder einer stärkeren, aber rückschrittlichen Sache überwältigt werden. Der Umfang der Hilfe, die kriegführende Länder von außen erhalten, bildet zwar einen wichtigen, aber doch untergeordneten Faktor, dessen Wirkung wiederum durch die grundlegenden Faktoren bei den beiden kriegführenden Seiten bestimmt wird. Wenn wir daher sagen, daß der Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge langwierig sein wird, so ist dies eine Schlußfolgerung, die sich aus der Wechselbeziehung sämtlicher auf beiden Seiten wirkender Faktoren ergibt. Darin, daß der Feind stark ist, wir aber schwach sind, liegt die Gefahr unserer Unterjochung. Daneben hat der Feind seine Mängel, wir aber unsere Vorzüge. Durch unsere Anstrengungen können die Vorzüge des Gegners abgeschwächt und seine Mängel vergrößert werden. Andererseits können wir eben durch unsere Anstrengungen unsere Vorzüge steigern und unsere Mängel überwinden. Ebendarum sind wir imstande, den endgültigen Sieg zu erringen und der Unterjochung zu entgehen, während der Feind eine endgültige Niederlage erleiden wird und den Zusammenbruch seines ganzen imperialistischen Systems nicht vermeiden kann.
31. Wenn der Feind nur einen einzigen Vorzug aufzuweisen hat und seine übrigen Faktoren sämtlich Mängel sind, wir aber nur einen schwachen Punkt haben und alle übrigen Faktoren unsere Stärken sind, so ergibt sich die Frage: Warum hat dieser Zustand nicht zu einem Kräfteausgleich geführt, sondern dazu, daß der Feind sich gegenwärtig in einer überlegenen Position befindet und wir uns in einer unterlegenen? Es ist völlig klar, daß man an die Frage keinesfalls so formal herangehen darf. Die Sache ist die, daß der Abstand zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche gegenwärtig noch zu groß ist. Die Mängel des Feindes haben bisher noch nicht so sehr zugenommen und können auch nicht auf einen Schlag so groß werden, daß seine Stärke aufgehoben wird, während unsere Vorzüge sich vorläufig noch nicht so weit entwickelt haben und sich auch nicht auf einen Schlag so weit entwickeln können, wie es notwendig wäre, um unsere Schwäche auszugleichen. Ebendarum kann es bisher noch keinen Kräfteausgleich geben, es besteht noch eine Ungleichheit der Kräfte.
32. Wenngleich durch unsere Bemühungen, im Widerstandskrieg auszuharren und an der Einheitsfront festzuhalten, in der Stärke und Überlegenheit des Feindes sowie in unserer Schwäche und Unterlegenheit einige Veränderungen eingetreten sind, hat sich jedoch noch keine grundlegende Wandlung vollzogen. Deshalb wird der Feind in einem bestimmten Stadium des Krieges bis zu einem bestimmten Grad Siege erringen können, wir dagegen werden Niederlagen einstecken müssen. Aber sowohl die Siege des Feindes als auch unsere Niederlagen sind nur auf dieses bestimmte Stadium und diesen bestimmten Grad beschränkt und können sich nicht darüber hinaus zu einem vollständigen Sieg bzw. zu einer vollständigen Niederlage entwickeln. Wie erklärt sich das? Erstens dadurch, daß das Verhältnis zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche von Anfang an relativ und nicht absolut war; zweitens dadurch, daß unsere Bemühungen, im Widerstandskrieg auszuharren und an der Einheitsfront festzuhalten, diese Relativität noch weiter erhöht haben. Nehmen wir das ursprüngliche Kräfteverhältnis: Wenn auch der Feind stark war, verringerten andere für ihn ungünstige Faktoren seine Stärke, allerdings vorläufig noch nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre, um seine Überlegenheit zunichte zu machen; wir waren damals zwar schwach, aber unsere Schwäche wurde durch andere für uns günstige Faktoren aufgewogen, allerdings vorläufig noch nicht so weit, wie es notwendig wäre, um unsere Unterlegenheit aufzuheben. So kommt es, daß der Feind relativ stark ist und wir relativ schwach sind, daß der Feind uns relativ überlegen ist und wir ihm relativ unterlegen sind. Stärke und Schwäche, Überlegenheit und Unterlegenheit der beiden Seiten waren von Anfang an nicht absolut; obendrein haben im Verlauf des Krieges unsere beharrlichen Bemühungen um den Widerstandskrieg und die Einheitsfront das ursprüngliche Verhältnis zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche, zwischen der Überlegenheit des Feindes und unserer Unterlegenheit weiterhin verändert, so daß sich sowohl die Siege des Feindes als auch unsere Niederlagen auf ein bestimmtes Stadium und einen bestimmten Grad beschränken und der Krieg langwierig sein wird.
33. Aber die Lage verändert sich weiter. Wenn wir es verstehen, eine richtige militärische und politische Taktik zu verfolgen, wenn wir keine prinzipiellen Fehler begehen und maximale Anstrengungen machen, so werden im Verlauf des Krieges alle für den Feind ungünstigen und alle für uns günstigen Faktoren mit der Dauer des Krieges stärker werden, wird sich das ursprüngliche Verhältnis zwischen der Stärke des Feindes und unserer Schwäche unweigerlich weiterhin ändern und das Verhältnis zwischen der Überlegenheit des Feindes und unserer Unterlegenheit fortgesetzt wandeln. Wenn ein bestimmtes neues Stadium erreicht ist, wird ein großer Wandel im Verhältnis zwischen Stärke und Schwäche, zwischen Überlegenheit und Unterlegenheit eintreten, was dann zur Niederlage des Feindes und zu unserem Sieg führen wird.
34. Gegenwärtig kann es sich der Feind noch leisten, seine Stärke auszuspielen, denn unser Widerstandskrieg hat ihn noch nicht grundlegend geschwächt. Solche Faktoren wie der Mangel an Menschenreserven und an materiellen Hilfsquellen beim Feind können seine Offensive vorläufig noch nicht aufhalten; im Gegenteil, diese Reserven und Hilfsquellen geben ihm vorläufig noch die Möglichkeit, die Offensive bis zu einer bestimmten Grenze fortzusetzen. Der reaktionäre und barbarische Charakter des von Japan geführten Krieges, ein Faktor, der die Klassengegensätze in Japan selbst zu verschärfen und den Widerstand der chinesischen Nation zu verstärken vermag, hat ebenfalls noch nicht dazu geführt, daß die Offensive des Feindes im wesentlichen aufgehalten würde. Schließlich befindet sich auch der Faktor der internationalen Isolierung Japans erst im Stadium des Werdens und der Entwicklung, und Japan ist noch nicht in eine vollständige Isolierung geraten. In den Ländern, die uns ihre Hilfsbereitschaft bezeugt haben, beliefern viele Kapitalisten, die mit Munition und strategischen Rohstoffen handeln und lediglich auf Profit aus sind, Japan noch mit Kriegsmaterial in großen Mengen.[Anmerkung 43] Ihre Regierungen[Anmerkung 44] sind ebenfalls noch nicht bereit, gemeinsam mit der Sowjetunion wirksame Sanktionen gegen Japan anzuwenden. Alles das ist dafür bestimmend, daß unser Widerstandskrieg nicht von einem raschen Sieg gekrönt werden kann, sondern daß er langwierig sein wird. Was China anbelangt, so ist zwar auf militärischem, wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Gebiet, wo sich seine Schwäche offenbart, im Laufe der zehn Monate des Widerstandskriegs ein gewisser Fortschritt zu verzeichnen, aber dieser Fortschritt hat noch lange nicht den Grad erreicht, der notwendig ist, um den Angriff des Feindes aufzuhalten und unsere Gegenoffensive vorzubereiten. Außerdem mußten wir in quantitativer Hinsicht sogar gewisse Verluste erleiden. Die für uns günstigen Faktoren spielen zwar bereits eine positive Rolle, doch sind, bis sie den Stand erreichen, der genügen würde, um den Angriff des Feindes zum Stehen zu bringen und unsere Gegenoffensive vorzubereiten, weitere gewaltige Anstrengungen notwendig. Heute sind weder die Beseitigung der Fäulniserscheinungen und die Beschleunigung des innenpolitischen Fortschritts noch die Überwindung der Japan unterstützenden Kräfte und die Stärkung der antijapanischen Kräfte im Ausland vollendete Tatsachen. Alles das ist wiederum dafür bestimmend, daß unser Krieg nicht von einem raschen Sieg gekrönt werden, sondern nur langwierig sein kann.
Die drei Etappen des langwierigen Krieges
35. Wenn der Krieg zwischen China und Japan langwierig sein und der Endsieg China gehören wird, kann man mit Recht annehmen, daß dieser langwierige Krieg in seiner konkreten Entwicklung drei Etappen durchlaufen wird. Die erste Etappe wird die Etappe des strategischen Angriffs des Gegners und unserer strategischen Verteidigung sein, die zweite die Etappe der strategischen Konsolidierung des Gegners und unserer Vorbereitung zur Gegenoffensive, die dritte die Etappe unserer strategischen Gegenoffensive und des strategischen Rückzugs des Gegners. Es ist unmöglich vorauszusagen, welche konkrete Lage sich in jeder dieser drei Etappen ergeben wird. Aber von den gegenwärtigen Bedingungen ausgehend, kann man dennoch auf einige Grundtendenzen in der Entwicklung des Krieges hinweisen. Die Entwicklung der objektiven Wirklichkeit wird ungemein ereignisreich sein und im Zickzack verlaufen, und keiner vermag dem Krieg zwischen China und Japan ein "Horoskop" zu stellen; dennoch ist es aber für die strategische Führung notwendig, die Hauptkonturen der Entwicklungstendenzen des Krieges zu umreißen. Wenn auch diese Konturen den künftigen Tatsachen nicht voll und ganz entsprechen und von ihnen korrigiert werden sollten, ist es dennoch notwendig, solche Konturen zu skizzieren, um eine feste und zielbewußte strategische Führung in einem langwierigen Krieg zu sichern.
36. Die erste Etappe des Krieges ist gegenwärtig noch nicht abgeschlossen. Der Feind beabsichtigt, Kanton, Wuhan und Landschou zu erobern und diese drei Punkte miteinander zu verbinden. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Gegner mindestens fünfzig Divisionen rund anderthalb Millionen Soldaten - einsetzen, anderthalb bis zwei Jahre aufwenden und mehr als zehn Milliarden Yen ausgeben müssen. Indem der Gegner so tief in das Land eindringt, wird er auf außerordentlich große Schwierigkeiten stoßen und Konsequenzen heraufbeschwören, die er sich nicht einmal vorstellen kann. Was die Versuche des Gegners anbelangt, sich restlos der Kanton-Hankou-Eisenbahnlinie und der Autostraße Sian-Landschou zu bemächtigen, so wird er sich dazu auf höchst gefahrvolle Kriegshandlungen einlassen müssen und sein Ziel wohl kaum ganz erreichen. Wir aber müssen beim Entwerfen unserer Kriegspläne von der Annahme ausgehen, daß der Gegner sowohl die erwähnten drei Punkte und sogar außerdem noch gewisse Gegenden besetzen als auch sie miteinander verbinden wird, und uns auf einen langwierigen Krieg vorbereiten, so daß wir imstande sein werden, mit dem Gegner fertig zu werden, wenn er dieses Vorhaben verwirklichen sollte. Die Formen der Kriegführung, die wir in dieser Etappe anwenden, sind vorwiegend der Bewegungskrieg, der durch den Partisanenkrieg und den Stellungskrieg unterstützt wird. Wenn auch durch subjektive Fehler der Kuomintang-Militärbehörde der Stellungskrieg in der ersten Phase dieser Etappe in den Vordergrund gerückt worden ist, wird er nichtsdestoweniger vom Standpunkt der gesamten Etappe nur eine Hilfsrolle spielen. In dieser Etappe hat sich in China bereits eine breite Einheitsfront gebildet, ist eine nie dagewesene Geschlossenheit erreicht worden. Der Gegner griff zu gemeinen und schamlosen Mitteln und wird weiter danach greifen, um China zur Kapitulation zu veranlassen und so ohne großen Kraftaufwand seine Pläne einer raschen Entscheidung in die Tat umzusetzen und ganz China zu bezwingen. Das ist ihm aber in der Vergangenheit nicht gelungen und wird ihm wohl auch in der Zukunft kaum gelingen. In dieser Etappe hat China zwar beträchtliche Verluste erlitten, aber daneben auch einen bedeutenden Fortschritt erzielt, der als Hauptgrundlage für die Fortsetzung des Widerstandskriegs in seiner zweiten Etappe dienen wird. In der ersten Etappe leistete die Sowjetunion unserem Land bereits eine große Hilfe. Was den Gegner betrifft, so begann sein Kampfgeist bereits zu sinken; der Angriffsschwung des feindlichen Heeres hat in der mittleren Phase dieser Etappe im Vergleich zur Anfangsphase bereits nachgelassen und wird in der Schlußphase noch weiter abnehmen. In den Finanzen und in der Wirtschaft Japans zeigen sich Symptome einer Erschöpfung; seine Bevölkerung und seine Soldaten beginnen kriegsmüde zu werden; innerhalb der diesen Krieg dirigierenden Clique sind Anzeichen von "Kriegsüberdruß" bereits bemerkbar und wächst der Pessimismus hinsichtlich der Perspektiven des Krieges.
37. Die zweite Etappe kann als die Etappe des strategischen Gleichgewichts bezeichnet werden. Am Ende der ersten Etappe wird der Feind aus Mangel an Streitkräften und infolge unseres zähen Widerstands gezwungen sein, gewisse Endpunkte für seinen strategischen Angriff festzulegen. Sobald diese Punkte erreicht sind, wird er seinen strategischen Angriff einstellen und zu der Etappe übergehen, in der er das von ihm eroberte Territorium sichert. In dieser Etappe wird der Gegner versuchen, das eroberte Territorium zu behaupten und mit Hilfe solcher Täuschungsmittel wie der Bildung von Marionettenregimen dieses Territorium zu seinem Eigentum zu machen und das chinesische Volk bis aufs Hemd auszuplündern. Aber hier wird er auf einen hartnäckigen Partisanenkrieg stoßen. Unter Ausnutzung des Umstands, daß hinter den feindlichen Linien nicht genügend Truppen bleiben, wird sich der Partisanenkrieg bereits in der ersten Etappe überall entfalten, und zahlreiche Stützpunktgebiete werden geschaffen - dies alles wird den Gegner bei der Sicherung des von ihm eroberten Territoriums ernstlich gefährden. Deshalb wird es auch in der zweiten Etappe nach wie vor zu ausgedehnten Kampfhandlungen kommen. In dieser Etappe wird die Form unserer Kriegführung hauptsächlich der Partisanenkrieg sein, der durch den Bewegungskrieg unterstützt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wird China eine große Anzahl von regulären Truppen erhalten können, aber es wird ihm schwerfallen, sofort zur strategischen Gegenoffensive überzugehen, weil einerseits der Gegner in den von ihm besetzten Großstädten und an den Hauptverbindungslinien eine strategische Defensivposition beziehen wird und andererseits China vorläufig noch nicht über hinreichende technische Voraussetzungen dafür verfügt. Abgesehen von den Truppenteilen, welche die Fronten zu verteidigen haben, wird unsere Armee in großen Massen hinter die feindlichen Linien hinüberwechseln und dort in verhältnismäßig aufgelockerten Einheiten operieren; auf die vom Gegner nicht besetzten Gebiete gestützt, werden unsere Truppen im Zusammenwirken mit den bewaffneten Abteilungen der Volksmassen einen breiten und erbitterten Partisanenkrieg gegen die vom Feind besetzten Gebiete führen, wobei sie den Gegner mit allen Kräften in Trab halten, um seine Kräfte im Bewegungskrieg zu vernichten, wie das alles jetzt in der Provinz Schansi geschieht. Der Krieg wird in dieser Etappe sehr hart sein, viele Gebiete werden schwere Zerstörungen erfahren. Doch der Partisanenkrieg wird erfolgreich verlaufen; und wenn er gut geführt wird, kann dem Gegner nur etwa ein Drittel des von ihm besetzten Territoriums verbleiben, während wir die anderen zwei Drittel nach wie vor in den Händen halten werden, und das wird eine große Niederlage für den Gegner und einen großen Sieg für China bedeuten. Zu dieser Zeit wird sich das ganze vom Gegner eroberte Territorium in drei Arten von Gebieten teilen: erstens Stützpunktgebiete des Gegners, zweitens Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs und drittens Partisanengebiete, um deren Besitz von beiden Seiten gekämpft wird. Die Dauer dieser Etappe wird davon abhängen, inwieweit sich das Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Gegner verschiebt und die internationale Lage sich ändert. Im allgemeinen müssen wir darauf gefaßt sein, daß die zweite Etappe relativ lang sein wird, und müssen bereit sein, diese schwierige Wegstrecke zurückzulegen. Es wird für China eine Periode schwerer Leiden sein, in der wir vor zwei sehr ernsten Problemen stehen, nämlich vor ökonomischen Schwierigkeiten und vor der Wühltätigkeit der Landesverräter. Der Gegner wird eine wütende Aktivität zur Zersetzung der Einheitsfront in China entfalten, und alle Organisationen der Landesverräter auf dem vom Gegner besetzten Territorium werden sich zu einer sogenannten "Einheitsregierung" zusammentun. Im Zusammenhang mit dem Verlust der Großstädte und den Kriegsschwierigkeiten werden die schwankenden Elemente in unseren Reihen beginnen, ihre Kompromißideen aktiv zu propagieren, und die pessimistischen Stimmungen werden sich beträchtlich verstärken. Zu dieser Zeit wird unsere Aufgabe darin bestehen, die Volksmassen des ganzen Landes so zu mobilisieren, daß sie wie ein Mann zusammenstehen und den Krieg mit beispielloser Hartnäckigkeit führen, die Einheitsfront zu erweitern und zu festigen, jeglichen Pessimismus und jegliches Kompromißlertum zu überwinden, das Land zu einem harten Kampf aufzurufen und eine neue Politik der Kriegszeit durchzuführen, um diesen schwierigen Weg zurücklegen zu können. In der zweiten Etappe müssen wir das ganze Land aufrufen, entschlossen eine einheitliche Regierung aufrechtzuerhalten, müssen wir gegen eine Spaltung kämpfen, unsere Kampftechnik planmäßig steigern, die Armee umgestalten, das ganze Volk mobilisieren und uns auf die Gegenoffensive vorbereiten. In dieser Etappe wird die internationale Lage für Japan noch ungünstiger sein, und die bedeutenden internationalen Kräfte werden dazu neigen, China noch mehr Hilfe zu erweisen, wenn auch möglicherweise das Gerede vom "Realismus" Chamberlainscher Prägung auftauchen wird, dem zufolge man den "vollendeten Tatsachen" Rechnung tragen müsse, wie es so schön heißt. Die Bedrohung Südostasiens und Sibiriens durch Japan wird sich verstärken, und es kann sogar ein neuer Krieg ausbrechen. Was den Gegner anbelangt, so werden einige Dutzend seiner Divisionen, die in China gleichsam in einen Morast geraten sind, außerstande sein, von hier loszukommen. Der breit entfaltete Partisanenkrieg und die antijapanische Volksbewegung werden diese riesige japanische Armee zermürben. Einerseits werden sie ihr große Verluste zufügen und andererseits sie moralisch zersetzen, indem sie in ihr immer mehr Heimweh, Kriegsmüdigkeit und sogar Antikriegsstimmungen erzeugen. Obwohl man nicht sagen kann, Japan werde mit seiner Ausplünderung Chinas absolut nichts erreichen können, so wird es jedoch den Japanern nicht gelingen, rasche und große Erfolge zu erzielen, da Japan nicht genügend Kapital besitzt und mit unserem Partisanenkrieg schwer zu schaffen hat. Diese zweite Etappe wird im gesamten Krieg eine Übergangsetappe bilden und dabei die schwierigste Etappe sein, aber sie wird zugleich den Wendepunkt darstellen. Die Frage, ob China zu einem unabhängigen Staat oder zu einer Kolonie werden wird, wird nicht durch den Verlust der Großstädte in der ersten Etappe entschieden, sondern durch das Ausmaß der Anstrengungen der ganzen Nation in der zweiten Etappe. Wenn wir im Widerstandskrieg ausharren, an der Einheitsfront festhalten und hartnäckig einen langwierigen Krieg führen können, dann wird China in der zweiten Etappe die Kräfte erlangt haben, um seine Schwäche in Stärke umzuwandeln. In dem dreiaktigen Drama des Widerstandskriegs Chinas wird das der zweite Akt sein. Und durch die Anstrengungen des gesamten Schauspielerkollektivs wird es dann möglich sein, den glänzenden Schlußakt wunderbar zu spielen.
38. Die dritte Etappe wird die Etappe der Gegenoffensive sein; in der wir die verlorenen Gebiete zurückerobern werden. Wenn China die verlorenen Gebiete wiedergewinnen wird, so wird das hauptsächlich seinen eigenen Kräften zu verdanken sein, die in der vorangegangenen Etappe ausgebildet wurden und in der dritten Etappe weiterhin wachsen werden. Aber die eigenen Kräfte Chinas werden allein nicht ausreichen; wir werden uns auch noch auf die Hilfe der internationalen Kräfte und auf die inneren Veränderungen im Land des Feindes stützen müssen, sonst werden wir nicht siegen können. Daher werden der internationalen propagandistischen und diplomatischen Tätigkeit Chinas noch größere Aufgaben gestellt. In dieser Etappe wird unser Krieg nicht mehr in einer strategischen Verteidigung bestehen, sondern sich in eine strategische Gegenoffensive verwandeln, die sich in strategischen Angriffen manifestieren wird; der Krieg wird schon nicht mehr auf den strategisch inneren Linien verlaufen, sondern allmählich auf die strategisch äußeren Linien übergehen. Er wird erst beendet sein, wenn wir uns bis zum Yalu-Fluß durchgekämpft haben. Die dritte Etappe ist die Schlußetappe des langwierigen Krieges. Wenn wir sagen "den Krieg hartnäckig bis zum Ende führen", so heißt das, daß wir die ganze Wegstrecke dieser Etappe zurücklegen müssen. Die Hauptform unserer Kriegführung in der dritten Etappe wird wiederum der Bewegungskrieg sein, wobei aber der Stellungskrieg an Bedeutung zunehmen wird. Wenn in der ersten Etappe der gegebenen Bedingungen wegen die Verteidigung von Stellungen aus nicht als wesentlich betrachtet werden kann, so wird in der dritten Etappe infolge der veränderten Bedingungen und Aufgaben der Angriff auf die Stellungen des Gegners eine sehr wichtige Rolle spielen. Der Partisanenkrieg wird zum Unterschied von der zweiten Etappe, wo er die Hauptform der Kriegführung sein wird, in dieser Etappe wiederum eine Rolle beim strategischen Zusammenwirken spielen, indem er den Bewegungs- und Stellungskrieg unterstützt.
39. Es ist also offenkundig, daß der Krieg lange dauern und folglich auch hart sein wird. Der Feind wird nicht imstande sein, ganz China zu verschlingen, aber er kann viele Gebiete Chinas ziemlich lange besetzt halten. China kann auch nicht die Japaner rasch vertreiben, aber der größte Teil des Territoriums wird nach wie vor in seinen Händen verbleiben. Letzten Endes wird der Feind eine Niederlage erleiden, und wir werden siegen, aber bis zu diesem Ziel werden wir einen schweren Weg zurückzulegen haben.
40. In diesem langdauernden und harten Krieg wird das chinesische Volk bestens gestählt werden. Die verschiedenen politischen Parteien, die am Krieg teilnehmen, werden ebenfalls einer Stählung und Prüfung unterworfen sein. Die Einheitsfront muß aufrechterhalten werden; nur wenn man an der Einheitsfront festhält, kann man den Krieg hartnäckig führen; und nur wenn man an der Einheitsfront festhält und den Krieg hartnäckig führt, ist der Endsieg zu erkämpfen. Unter diesen Voraussetzungen werden wir alle Schwierigkeiten überwinden können. Nachdem die schwierige Wegstrecke des Krieges zurückgelegt worden ist, werden wir die breite Straße erreichen, die zum Sieg führt. Das ist die natürliche Logik des Krieges.
41. Die Veränderungen im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Gegner werden in diesen drei Etappen folgendermaßen vor sich gehen. In der ersten Etappe ist der Gegner uns überlegen. Es ist damit zu rechnen, daß hinsichtlich unserer Unterlegenheit in der Zeit vom Ausbruch des Widerstandskriegs bis zum Ende der ersten Etappe zwei unterschiedliche Arten von Veränderungen eintreten können. Die erste Art wären Veränderungen, die abwärts führen. Die anfängliche Unterlegenheit Chinas wird sich durch die im Verlauf der ersten Etappe erlittenen Verluste noch verschärfen, nämlich durch die Verkleinerung des Territoriums, der Bevölkerungszahl, des wirtschaftlichen Potentials, der militärischen Kräfte und der kulturellen Einrichtungen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Verluste gegen Ende der ersten Etappe bedeutende Ausmaße erreichen werden, besonders auf dem Gebiet der Wirtschaft. Das wird von gewissen Leuten als ein Argument für die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und für das Kompromißlertum ausgenutzt werden. Man darf jedoch die Veränderungen der zweiten Art nicht vergessen, nämlich jene Veränderungen, die aufwärts führen. Das wären die im Krieg gewonnenen Erfahrungen, die Fortschritte der Armee, der politische Fortschritt, die Mobilisierung des Volkes, die Entwicklung der Kultur in einer neuen Richtung, das Aufflammen des Partisanenkriegs, das Anwachsen der internationalen Hilfe usw. Das, was während der ersten Etappe abwärts führt, sind Verluste alter Quantität und Qualität, wobei sich diese Verluste hauptsächlich quantitativ äußern. Das aber, was aufwärts führt, sind Dinge neuer Quantität und Qualität, wobei sich diese Errungenschaften hauptsächlich qualitativ äußern. Die zweite Art der Veränderungen bietet uns eine Grundlage, auf der wir einen langwierigen Krieg führen und den Endsieg erringen können.
42. Zweierlei Veränderungen werden in der ersten Etappe auch auf der Seite des Gegners vor sich gehen. Die Veränderungen der ersten Art, nämlich Veränderungen, die abwärts führen, kommen im Verlust von Hunderttausenden an Toten und Verwundeten, im Verbrauch von Waffen und Munition, im Sinken der Moral der Truppen, im Wachstum der Unzufriedenheit der japanischen Bevölkerung, im Rückgang des Handels, in der Verausgabung von mehr als zehn Milliarden Yen, in der Verurteilung Japans durch die internationale öffentliche Meinung usw. zum Ausdruck. Die Veränderungen dieser Art geben uns ebenfalls eine Grundlage, auf der wir einen langwierigen Krieg führen und den Endsieg erringen können. Aber man muß auch Veränderungen der zweiten Art beim Feind in Rechnung stellen, Veränderungen, die aufwärts führen: Erweiterung des Territoriums, Zuwachs der Bevölkerung und Vermehrung der natürlichen Hilfsquellen. Das ist ein weiteres Argument dafür, daß unser Widerstandskrieg langwierig sein wird und nicht mit einem raschen Sieg enden kann; eben das wird von gewissen Leuten als ein Argument für die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und für das Kompromißlertum ausgenutzt werden. Wir müssen aber berücksichtigen, daß die Veränderungen zum Besseren beim Feind vorübergehenden und partiellen Charakter tragen. Unser Feind ist eine zum Untergang verurteilte imperialistische Macht, und die Besetzung chinesischen Bodens durch ihn ist vorübergehend. Die stürmische Entwicklung des Partisanenkriegs in China wird die besetzten Gebiete faktisch auf einen kleinen Landstreifen beschränken. Außerdem bringt die Besetzung chinesischen Bodens durch den Gegner neue Widersprüche zwischen Japan und anderen Mächten hervor und verschärft alte Widersprüche. Ferner wird Japan, wie die Erfahrungen in den Drei Nordöstlichen Provinzen zeigen, relativ lange Zeit im wesentlichen nur Mittel aufwenden, ohne Einnahmen zu erzielen. Das alles liefert wiederum Argumente, mit denen wir die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und die Theorie von der Notwendigkeit eines Kompromisses zerschlagen und unsere Theorien vom langwierigen Krieg und von unserem Endsieg stützen.
43. In der zweiten Etappe werden die erwähnten Veränderungen der beiden Seiten weitergehen. Obwohl die Einzelheiten der Situation nicht vorauszusehen sind, wird sich im allgemeinen die Lage Japans weiter verschlechtern und die Chinas weiter verbessern.[Anmerkung 45] So wird beispielsweise der Partisanenkrieg in China die militärischen und finanziellen Reserven Japans in gewaltigen Mengen verschlingen; die Unzufriedenheit der japanischen Bevölkerung wird noch weiter anwachsen, die Moral seiner Truppen wird weiter sinken, und die internationale Isolierung Japans wird sich weiter verstärken. China dagegen wird auf politischem, militärischem und kulturellem Gebiet sowie bei der Mobilisierung der Volksmassen noch weitere Fortschritte machen; der Partisanenkrieg wird sich noch breiter entfalten, die Wirtschaft wird auf der Basis der Kleinindustrie und der weitausgedehnten Landwirtschaft im Landesinnern ebenfalls eine gewisse Weiterentwicklung erfahren; die internationale Hilfe wird nach und nach anwachsen und wird im wesentlichen anders aussehen als heute. Die zweite Etappe wird wahrscheinlich sehr lange dauern. Im Laufe dieser Zeit werden im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Gegner gewaltige Veränderungen zu unseren Gunsten vor sich gehen: China wird allmählich aufsteigen, während Japan allmählich absteigen wird. China wird sich aus seiner Unterlegenheit befreien; Japan dagegen seine Überlegenheit einbüßen. Zunächst wird ein Kräfteausgleich eintreten, dann aber werden China und Japan, was ihre Überlegenheit bzw. Unterlegenheit anbelangt, den Platz wechseln. Dann wird China die Vorbereitungen für die strategische Gegenoffensive im wesentlichen abgeschlossen haben und in die Etappe der Gegenoffensive und der Vertreibung des Gegners eintreten. Es muß noch einmal darauf hingewiesen werden, daß das, was wir die Verwandlung von Unterlegenheit in Überlegenheit und den Abschluß der Vorbereitungen für die Gegenoffensive genannt haben, ein Anwachsen der eigenen Kräfte Chinas, ein Anwachsen der Schwierigkeiten Japans und ein Anwachsen der internationalen Hilfe für China in sich einschließt. Durch das Zusammenwirken dieser Faktoren wird die Überlegenheit Chinas zustande kommen, wird seine Vorbereitung zur Gegenoffensive abgeschlossen sein.
44. Da die politische und wirtschaftliche Entwicklung Chinas ungleichmäßig ist, wird die strategische Gegenoffensive im Anfangsstadium der dritten Etappe nicht einheitlich und gleichmäßig im ganzen Land verlaufen, sondern von Region zu Region verschieden sein, hier anschwellen, dort abflauen. Der Gegner wird in dieser Etappe nicht in den Versuchen nachlassen, die Einheitsfront Chinas mit allen möglichen Zersetzungsmitteln zu sprengen, daher wird die Aufgabe, die innere Geschlossenheit Chinas zu erhalten, noch größere Bedeutung erlangen; man darf auf keinen Fall zulassen, daß unsere strategische Gegenoffensive wegen innerer Uneinigkeit auf halbem Wege steckenbleibt. In diesem Zeitabschnitt wird sich die internationale Lage für China ungemein günstig gestalten. Und China wird dann seine Aufgabe darin sehen müssen, diese internationale Lage auszunutzen, um seine vollständige Befreiung zu erkämpfen und einen unabhängigen, demokratischen Staat aufzubauen, wodurch es der antifaschistischen Bewegung in der ganzen Welt Hilfe leisten wird.
45. China wird aus der Unterlegenheit zum Kräfteausgleich und dann zur Überlegenheit gelangen, Japan aber von der Überlegenheit zum Kräfteausgleich und schließlich zur Unterlegenheit; China wird von der Verteidigung zum Gleichgewicht und dann zur Gegenoffensive schreiten, Japan dagegen vom Angriff zur Sicherung der besetzten Gebiete und schließlich zum Rückzug - das wird der Verlauf des Krieges zwischen China und Japan, die unausbleibliche Tendenz, seiner Entwicklung sein.
46. So kommen wir zu nachstehenden Fragen und Schlußfolgerungen: Wird China unterjocht werden? Die Antwort lautet: Nein, es wird nicht unterjocht werden, der Endsieg wird ihm gehören. Wird China rasch siegen können? Die Antwort lautet: Nein, das kann es nicht, der Krieg wird langwierig sein. Sind diese Schlußfolgerungen richtig? Meiner Meinung nach sind sie richtig.
47. An diesem Punkt werden die Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und des Kompromißlertums wieder auf den Plan treten und erklären: Um von seiner Unterlegenheit zum Kräfteausgleich überzugehen, benötige China eine ebenso große militärische und wirtschaftliche Stärke wie die Japans, um aber vom Kräfteausgleich zur Überlegenheit überzugehen, brauche es eine militärische und wirtschaftliche Stärke, die der Japans überlegen ist; das aber sei doch unmöglich, und folglich seien die oben gezogenen Schlußfolgerungen nicht richtig.
48. Das ist die "Theorie von der Allmacht der Waffen",[Anmerkung 46] eine mechanistische Auffassung in der Frage des Krieges, eine Ansicht, die sich aus dem subjektivistischen und einseitigen Herangehen an Probleme ergibt. Wir vertreten eine direkt entgegengesetzte Ansicht und sehen nicht nur die Waffen, sondern auch die Menschen. Waffen sind im Krieg ein wichtiger Faktor, jedoch nicht der entscheidende; der entscheidende Faktor sind die Menschen, nicht die Dinge. Das Kräfteverhältnis ist nicht nur durch das Verhältnis der militärischen und wirtschaftlichen Kräfte gegeben, sondern auch durch das Verhältnis der Menschenreserven und der moralischen Kräfte der Menschen. Die militärischen und wirtschaftlichen Kräfte müssen von Menschen gehandhabt werden. Wenn die überwältigende Mehrheit der Chinesen, der Japaner und der Bevölkerung der anderen Länder der Welt auf der Seite des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression steht, wird man da die militärischen und wirtschaftlichen Kräfte, die eine kleine Minderheit von Menschen in Japan mit Gewalt in ihren Händen hält, noch als ein Zeichen von Überlegenheit ansehen können? Nein, das kann keine Überlegenheit sein. Und sollte dann die Überlegenheit etwa nicht auf Seiten Chinas sein, das hinsichtlich seiner militärischen und wirtschaftlichen Stärke verhältnismäßig unterlegen ist? Es besteht kein Zweifel daran, daß die militärische und wirtschaftliche Macht Chinas allmählich anwachsen wird, wenn es im Widerstandskrieg ausharrt und an der Einheitsfront festhält. Die militärische und wirtschaftliche Macht des Gegners wird dagegen infolge der Schwächung Japans durch den langen Krieg und seine inneren und äußeren Widersprüche unbedingt Veränderungen in umgekehrter Richtung erfahren. Sollte unter diesen Umständen die Überlegenheit etwa nicht auf Seiten Chinas sein? Aber auch das ist noch nicht alles. Gegenwärtig können wir die militärische und wirtschaftliche Stärke anderer Staaten nicht als eine umfangreiche und offene Verstärkung unserer Seite in Rechnung stellen, aber werden wir das in Zukunft etwa nicht tun können? Wenn nicht nur China allein der Gegner Japans sein wird, wenn künftig noch ein Staat oder mehrere Staaten einen bedeutenden Teil ihrer militärischen und wirtschaftlichen Macht offen einsetzen werden, um sich gegen Japan zu wehren oder es anzugreifen, und uns offen zu Hilfe kommen werden, wird da die Überlegenheit etwa nicht noch entschiedener auf unserer Seite sein? Japan ist ein kleines Land; der Krieg, den es führt, hat einen reaktionären und barbarischen Charakter; international wird es immer mehr isoliert. China ist ein großes Land; der Krieg, den es führt, ist fortschrittlich und gerecht; international wird China immer mehr unterstützt. Sollte sich da schließlich nach einer längeren Entwicklung aller dieser Faktoren das Verhältnis - Überlegenheit des Feindes und unsere Unterlegenheit - nicht entscheidend verändern?
49. Was die Anhänger der Theorie vom raschen Sieg anbelangt, so begreifen sie nicht, daß der Krieg ein Kräftemessen bedeutet und daß, solange nicht bestimmte Veränderungen im Kräfteverhältnis der kriegführenden Seiten eingetreten sind, kein Grund besteht, strategisch entscheidende Schlachten zu liefern und vorzeitig den Weg der Befreiung anzustreben. Wollten sie ihre Ideen in die Tat umsetzen, würden sie sich unweigerlich die Köpfe einrennen. Möglicherweise dreschen sie nur zu ihrem eigenen Vergnügen leere Phrasen und denken nicht daran, den Worten Taten folgen zu lassen. Zu guter Letzt wird ein solcher Lehrmeister auftreten wie die Tatsachen und diesen Schwätzern eine kalte Dusche verabreichen. Die Tatsachen werden beweisen, daß diese Leute nichts anderes als Schwätzer sind, die nach billigen Erfolgen trachten und mit möglichst wenig Anstrengung eine möglichst große Ernte einbringen wollen. Solches Geschwätz gab es in der Vergangenheit und gibt es auch heute, aber vorläufig noch nicht allzuviel. Wenn aber der Krieg in die Etappe des Gleichgewichts der Kräfte und dann in die Etappe der Gegenoffensive tritt, wird es möglicherweise viel mehr solches Geschwätz geben. Doch wenn die Verluste Chinas in der ersten Etappe relativ groß sind und wenn sich die zweite Etappe sehr lange hinzieht, werden daneben die Theorien von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und von der Notwendigkeit eines Kompromisses eine noch stärkere Verbreitung finden. Deshalb werden wir das Feuer hauptsächlich gegen die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und gegen das Kompromißlertum richten müssen und erst in zweiter Linie gegen die hohle Theorie von einem raschen Sieg.
50. Es steht schon fest, daß der Krieg langwierig sein wird. Aber keiner kann voraussagen, wieviel Jahre und Monate er dauern wird. Das wird voll und ganz davon abhängen, inwieweit sich unsere Kräfte und die des Feindes verändern. Wer die Dauer des Krieges abkürzen will, dem bleibt keine andere Wahl, als alle Anstrengungen zu machen, um unsere Kräfte zu verstärken und die Kräfte des Gegners zu verringern. Das kann man, konkret gesprochen, nur erreichen, wenn man alles daransetzt, um im Verlauf der Kriegshandlungen möglichst viele Siege zu erkämpfen und dadurch viele feindliche Truppen aufzureiben; um den Partisanenkrieg zu entfalten und dadurch das vom Feind besetzte Territorium auf minimale Ausmaße zu bringen; um die Einheitsfront zu festigen und zu erweitern und dadurch die Kräfte des ganzen Landes zusammenzuschließen; um frische Truppen aufzustellen und neue Rüstungsbetriebe zu errichten; um den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt zu beschleunigen; um alle Schichten der Bevölkerung - Arbeiter, Bauern, Kaufleute und Intellektuelle - zu mobilisieren; um die feindlichen Armeen zu zersetzen und ihre Soldaten für uns zu gewinnen; um die Propaganda im Ausland zwecks Erlangung internationaler Hilfe zu betreiben; um die Unterstützung des japanischen Volkes und aller unterdrückten Nationen zu erlangen. Nur auf diesem Wege kann man die Dauer des Krieges verkürzen. Hier werden keinerlei Winkelzüge helfen.
Der Krieg der gegenseitigen Verzahnung
51. Wir können mit Sicherheit behaupten, daß unser langwieriger Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression eine ruhmreiche und einzigartige Seite in der Kriegsgeschichte der Menschheit füllen wird. Eine der charakteristischen Besonderheiten dieses Krieges ist seine Form einer gegenseitigen Verzahnung. Sie ergibt sich aus den gegensätzlichen Faktoren, wie es die Barbarei Japans und sein Mangel an Streitkräften einerseits und die Fortschrittlichkeit Chinas und die Weite seines Territoriums andererseits sind. In der Geschichte hat es bereits Kriege einer gegenseitigen Verzahnung gegeben wie zum Beispiel der drei Jahre dauernde Bürgerkrieg in Rußland nach der Oktoberrevolution. Aber die Besonderheiten eines solchen Krieges in China sind seine außerordentlich lange Dauer und seine ungewöhnlich großen Ausmaße, wodurch alle in der Geschichte bekannten Rekorde geschlagen werden. Diese Verzahnungsform wird durch folgende Tatsachen gekennzeichnet.
52. Die inneren und die äußeren Linien. Der Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge als Ganzes wird auf den inneren Linien geführt; was aber die Beziehung zwischen der Hauptstreitmacht und den Partisaneneinheiten betrifft, so operiert die Hauptstreitmacht auf den inneren Linien, die Partisaneneinheiten dagegen auf den äußeren Linien, und dadurch entsteht ein eigenartiges Bild: der Gegner wird in die Zange genommen. Das gleiche gilt auch für die Beziehung zwischen den einzelnen Partisanengebieten. Jedes Partisanengebiet bildet einzeln genommen die inneren Linien, während die anderen Partisanengebiete, in Bezug auf dieses Gebiet, die äußeren Linien darstellen, wodurch wiederum eine Vielzahl von Fronten entsteht, die den Gegner in die Zange nehmen. In der ersten Etappe des Krieges zieht sich die strategisch auf den inneren Linien operierende reguläre Armee zurück, während die strategisch auf den äußeren Linien operierenden Partisaneneinheiten weitausholend in die Gebiete hinter den feindlichen Linien vorrücken; in der zweiten Etappe werden sie noch stürmischer vorstoßen. Dadurch wird ein seltsames Zusammenspiel von Rückzug und Vorstoß entstehen.
53. Mit und ohne Hinterland. Die reguläre Armee, welche die Frontlinie bis zu den äußersten Grenzen der vom Feind besetzten Gebiete ausdehnt, stützt sich auf das Haupthinterland Chinas. Die Partisaneneinheiten, welche ihre Frontlinie bis tief ins feindliche Hinterland hinein ausdehnen, sind vom Haupthinterland getrennt. Aber in jedem Partisanengebiet gibt es dennoch auch ein eigenes kleines Hinterland, auf das sich die Partisaneneinheiten stützen und ihre bewegliche Frontlinie aufbauen können. Zum Unterschied davon fehlt den Partisaneneinheiten, die aus einem Partisanengebiet vorübergehend für Aktionen hinter den feindlichen Linien ausgeschickt werden, nicht nur ein Hinterland, sondern auch eine Frontlinie. "Operationen ohne Hinterland" sind eine Besonderheit des revolutionären Krieges in der neuen Epoche in einem Land, das ein riesiges Territorium, ein fortschrittliches Volk, eine fortschrittliche politische Partei und eine fortschrittliche Armee hat. Bei solchen Operationen haben wir nichts zu befürchten, sondern viel zu gewinnen; wir sollen keine Zweifel hegen, sondern diese Operationen fördern.
54. Die Einkreisung und die Gegeneinkreisung. Betrachtet man den Krieg als Ganzes, so kann kein Zweifel daran bestehen, daß wir in strategischer Hinsicht vom Feind eingekreist sind, da er strategisch in der Offensive ist und auf den äußeren Kampflinien operiert, während wir uns in der strategischen Defensive befinden und auf den inneren Kampflinien operieren. Dies ist die erste Form unserer Einkreisung durch den Feind. Da wir unter Einsatz unserer zahlenmäßig überlegenen Kräfte in operativer und taktischer Hinsicht eine Politik der Kampfhandlungen auf den äußeren Linien gegen den Feind anwenden, der in strategischer Hinsicht von den äußeren Linien her aus verschiedenen Richtungen gegen uns vorrückt, so können wir eine oder mehrere der einzelnen Kolonnen des Feindes in unsere Einkreisung bringen. Dies ist die erste Form der Gegeneinkreisung des Feindes durch uns. Wenn wir sodann die Stützpunktgebiete des Partisanenkriegs im Hinterland des Feindes betrachten, so ist jedes dieser isolierten Stützpunktgebiete entweder von allen vier Seiten, wie beispielsweise das Wutai-Gebirge, oder von drei Seiten, wie beispielsweise Nordwestschansi, durch den Feind eingekreist. Dies ist die zweite Form unserer Einkreisung durch den Feind. Wenn man jedoch die einzelnen Stützpunktgebiete der Partisanen im Zusammenhang miteinander oder mit den Kampffronten der regulären Truppen betrachtet, so sieht man, daß viele Teile des Feindes von uns eingekreist sind. So haben wir beispielsweise in der Provinz Schansi die Eisenbahnstrecke Datung-Pudschou von drei Seiten (vom Osten, vom Westen und vom Süden her) und die Stadt Taiyüan von allen Seiten eingekreist. In den Provinzen Hopeh und Schantung gibt es viele Beispiele für eine derartige Einkreisung. Dies ist die zweite Form der Gegeneinkreisung des Feindes durch uns. Somit entstehen je zwei Formen der Einkreisung durch den Feind und durch uns, die im großen und ganzen dem "Wetji"-Spiel gleichen; die Schlachten und Gefechte, die der Feind gegen uns und die wir gegen ihn führen, gleichen dem "Nehmen" der Spielsteine, während die Stützpunkte des Feindes (wie z. B. die Stadt Taiyüan) und die Stützpunktgebiete der Partisanen (wie z. B. das Wutai-Gebirge) sich mit den "Fenstern" auf dem Brett vergleichen lassen. Stellen wir uns das "Wetji"-Spiel im Weltmaßstab vor, so ergibt sich noch eine dritte Form der gegenseitigen Einkreisung - die Beziehung zwischen der Front der Aggression und der Front des Friedens. Mit Hilfe der ersten Front kreist der Gegner China, die Sowjetunion, Frankreich, die Tschechoslowakei und andere Staaten ein, während wir unsererseits mit Hilfe der zweiten Front die Gegeneinkreisung Deutschlands, Japans und Italiens verwirklichen. Aber die Einkreisung durch uns gleicht der Handfläche Buddhas: Sie wird zu fünf Bergketten werden, die sich über das Weltall erstrecken und die modernen Sun Wu-kungs - die faschistischen Aggressoren - schließlich so niederdrücken, daß sie sich nie wieder erheben können.[Anmerkung 47] Wenn es uns gelingt, auf internationaler Ebene eine antijapanische Front im Pazifikraum zu bilden, bei der China als eine strategische Einheit auftritt, während die Sowjetunion und möglicherweise auch andere Staaten weitere strategische Einheiten und die Volksbewegung in Japan auch eine strategische Einheit darstellen, so daß ein großes Netz gebildet würde, aus dem die faschistischen Sun Wu-kungs niemals entschlüpfen könnten - dann wird dem Gegner die Stunde des Untergangs geschlagen haben. Und fürwahr, der Tag der endgültigen Zerschmetterung des japanischen Imperialismus wird zweifellos anbrechen, wenn dieses große Netz im wesentlichen gespannt sein wird. Das ist durchaus kein Scherz; das ist die folgerichtige Entwicklungstendenz des Krieges.
55. Große und kleine Gebiete. Es besteht die Möglichkeit, daß das vom Gegner besetzte Gebiet den größeren Teil des chinesischen Territoriums südlich der Großen Mauer und die übrigen, unberührten Gebiete nur den geringeren Teil davon bilden werden. Das ist eine Seite der Sache. Der Feind wird aber in dem von ihm eingenommenen größeren Teil Chinas überall - im Unterschied zu den Drei Nordöstlichen Provinzen - faktisch nur die Großstädte, die Hauptverbindungslinien und einige Gebiete des Flachlands besetzen können, also Objekte, die zwar von erstrangiger Bedeutung sind, aber ihrer Fläche und ihrer Bevölkerung nach möglicherweise nur den kleineren Teil des eroberten Territoriums ausmachen; Partisanengebiete dagegen, die sich überall ausbreiten, werden den größeren Teil bilden. Das ist eine andere Seite der Sache. Geht man aber über die Gebiete südlich der Großen Mauer hinaus und bezieht die Mongolei, Sinkiang, Tschinghai und Tibet ein, dann wird die Fläche der unbesetzten Gebiete den größeren Teil des chinesischen Territoriums darstellen, während die vom Gegner eroberten Gebiete nur den kleineren Teil ausmachen werden, auch wenn man die Drei Nordöstlichen Provinzen dazu rechnet. Das ist eine dritte Seite der Sache. Der vom Krieg unberührte Teil wird natürlich für uns von sehr großer Bedeutung sein, und wir müssen größte Anstrengungen machen, diese Gebiete zu entwickeln, und zwar nicht nur in politischer, militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht, sondern, was ebenfalls wichtig ist, auch in kultureller Hinsicht` Der Gegner hat bereits unsere früheren Kulturzentren in kulturell rückständige Gebiete verwandelt, wir aber müssen die bislang kulturell rückständigen Gebiete in Kulturzentren verwandeln. Zugleich ist die Arbeit in den ausgedehnten Partisanengebieten hinter den feindlichen Linien überaus wichtig, es gilt sie ebenfalls in jeder Hinsicht zu entwickeln, auch in kultureller Beziehung. Wir können zusammenfassend sagen, daß sich die großen Landgebiete Chinas in Regionen des Fortschritts und des Lichtes verwandeln werden, während die vom Gegner eroberten kleinen Gebiete und insbesondere die Großstädte vorübergehend zu Regionen der Rückständigkeit und der Finsternis werden.
56. Somit wird der lange und breit entfaltete Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge ein Krieg der mannigfachen gegenseitigen Verzahnung sein - auf militärischem, politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Dieser Krieg wird ein großartiges, Schauspiel in der Geschichte der Kriege bieten, er wird ein heroisches Werk der chinesischen Nation, eine ruhmreiche Heldentat sein, die die ganze Welt in Erstaunen versetzen wird. Dieser Krieg wird sich nicht nur auf China und Japan auswirken und dem Fortschritt dieser beiden Länder einen starken Anstoß geben, sondern er wird auch auf die ganze Welt einwirken und für alle Länder, in erster Linie für die unterdrückten Nationen wie Indien, als Ansporn zum Fortschritt dienen. An diesem Krieg der gegenseitigen Verzahnung sollen alle Chinesen bewußt teilnehmen: Die Formen dieses Krieges sind die eines Krieges, den die chinesische Nation für ihre Befreiung führt, sind die spezifischen Formen des Befreiungskriegs eines riesigen halbkolonialen Landes in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
Ein Krieg für den ewigen Frieden
57. Der langwierige Charakter des von China geführten Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression ist nicht zu trennen von dem Kampf für die Erringung des ewigen Friedens in China und in der ganzen Welt. In der Geschichte gab es noch nie eine Periode, wo der Krieg uns dem ewigen Frieden so nahe gebracht hätte wie heute. Infolge der Entstehung der Klassen war das Leben der Menschheit mehrere Jahrtausende hindurch von Kriegen erfüllt. Wieviel Kriege hat jede Nation geführt! Zu Kriegen kam es sowohl innerhalb einer Nation als auch zwischen verschiedenen Nationen. Im imperialistischen Stadium der kapitalistischen Gesellschaft wurden die Kriege in besonderen Ausmaßen und mit besonderer Härte geführt. Der erste imperialistische Weltkrieg vor zwanzig Jahren war ein in der Geschichte beispielloser Krieg, aber noch nicht der letzte Krieg. Allein der Krieg, der jetzt begonnen hat, bringt uns dem letzten Krieg näher, das heißt dem Anbruch des ewigen Friedens für die ganze Menschheit. Gegenwärtig ist bereits ein Drittel der Menschheit in den Krieg hineingerissen. Seht: Italien und Japan, Abessinien, Spanien und dann auch China. In diesen Ländern, die sich bereits im Krieg befinden, leben rund 600 Millionen Menschen, also fast ein Drittel der gesamten Bevölkerung der ganzen Welt. Eine Besonderheit des gegenwärtigen Krieges besteht darin, daß er seinem Charakter nach kontinuierlich ist und uns dem ewigen Frieden näher bringt. Warum ist er kontinuierlich? Dem Krieg Italiens gegen Abessinien folgte der Krieg Italiens gegen Spanien, wobei auch Deutschland in diesen Krieg eintrat; dann folgte der Krieg Japans gegen China. Was wird nun kommen? Zweifellos wird Hitler einen Krieg gegen die Großmächte beginnen. "Faschismus ist Krieg"[Anmerkung 48] - das ist absolut wahr. Der gegenwärtige Krieg wird zu einem Weltkrieg anwachsen, und es wird keine Unterbrechung geben. Die Menschheit kann dem Unheil des Krieges nicht entgehen. Warum sagen wir dennoch, dieser Krieg bringe uns dem ewigen Frieden näher? Er entstand auf der Grundlage der Entwicklung der allgemeinen Krise des Weltkapitalismus, die im ersten Weltkrieg begonnen hat. Diese allgemeine Krise zwingt die kapitalistischen Länder, den Weg eines neuen Krieges zu beschreiten, und sie zwingt in erster Linie die faschistischen Länder, sich in neue Kriegsabenteuer einzulassen. Wir können das Ergebnis dieses Krieges voraussehen: der Kapitalismus wird keine Rettung finden, sondern seinem Zusammenbruch entgegengehen. Dieser Krieg wird größer und härter sein als der Krieg vor zwanzig Jahren; in ihn werden unvermeidlich alle Nationen hineingerissen werden; der Krieg wird von sehr langer Dauer sein; die Menschheit wird sehr große Leiden zu ertragen haben. Aber dank der Existenz der Sowjetunion und der wachsenden Bewußtheit der Völker der Welt werden aus diesem Krieg zweifellos große revolutionäre Kriege entstehen, die gegen alle konterrevolutionären Kriege gerichtet sein und so diesem Krieg den Charakter eines Kampfes für den ewigen Frieden verleihen werden. Selbst wenn später noch eine Periode von Kriegen kommen sollte, so wird dennoch der ewige Frieden in der Welt nicht mehr allzu fern sein. Sobald die Menschheit den Kapitalismus vernichtet hat, wird sie in die Epoche des ewigen Friedens eintreten, in der keine Kriege mehr nötig sein werden. Nicht mehr gebraucht werden dann die Armeen, die Kriegsschiffe, die Militärflugzeuge und das Giftgas. Dann wird die Menschheit für alle Zeiten keinen Krieg mehr zu sehen bekommen. Die bereits begonnenen revolutionären Kriege sind ein Teil dieses Krieges für den ewigen Frieden. Der Krieg zwischen China und Japan, die zusammen eine Bevölkerung von über 500 Millionen haben, wird in diesem Krieg- einen wichtigen Platz einnehmen, und die Befreiung der chinesischen Nation wird in diesem Krieg errungen werden. Das befreite neue China der Zukunft ist von der befreiten neuen Welt der Zukunft nicht zu trennen. Deshalb trägt unser Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge den Charakter eines Krieges für den ewigen Frieden.
58. Die im Laufe der Geschichte geführten Kriege teilen sich in zwei Arten: in gerechte und ungerechte Kriege. Alle Kriege, die dem Fortschritt dienen, sind gerecht, und alle Kriege, die den Fortschritt behindern, sind ungerecht. Wir Kommunisten sind gegen alle den Fortschritt behindernden, ungerechten Kriege, jedoch nicht gegen fortschrittliche, gerechte Kriege. Was letztere betrifft, sind wir Kommunisten nicht nur nicht gegen sie, sondern nehmen auch aktiv an ihnen teil. Ein ungerechter Krieg war zum Beispiel der erste Weltkrieg. Er wurde von beiden Seiten für imperialistische Interessen geführt und deshalb von den Kommunisten der ganzen Welt entschlossen bekämpft. Man bekämpft einen solchen Krieg in der Weise, daß man, ehe er noch ausgebrochen ist, alles tut, um seinen Ausbruch zu verhindern; ist er aber bereits ausgebrochen, dann bekämpft man, wo immer dies nur möglich ist, den Krieg mit dem Krieg, setzt dem ungerechten Krieg einen gerechten entgegen. Der Krieg, den Japan führt, ist ein ungerechter Krieg, der den Fortschritt behindert. Die Völker der ganzen Welt, darunter auch das japanische Volk, müssen ihn bekämpfen und tun es bereits. Was China betrifft, so haben hier alle - von den Volksmassen bis zur Regierung, von der Kommunistischen Partei bis zur Kuomintang - das Banner der Gerechtigkeit erhoben und führen den revolutionären nationalen Krieg gegen die Aggression. Unser Krieg ist ein heiliger, gerechter und fortschrittlicher Krieg für den Frieden für den Frieden nicht nur in einem einzigen Land, sondern in der ganzen Welt, und nicht nur für eine kurze Frist, sondern für alle Zeiten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir einen Kampf auf Leben und Tod führen, zu jedem Opfer bereit sein und bis zum Ende durchhalten, dürfen wir den Kampf nicht einstellen, bevor das Ziel erreicht ist. Wie groß die Opfer auch sein mögen und wie lange es auch dauern mag - es zeichnet sich klar eine neue Welt ab, in der ewiger Frieden und ewiges Licht herrschen werden. Was uns im gegenwärtigen Krieg beseelt, ist eben die Zuversicht, daß wir ein solches neues China und eine solche neue Welt erkämpfen können, wo ewiger Friede und ewiges Licht herrschen werden. Der Faschismus und der Imperialismus wollen den Krieg verewigen. Wir dagegen wollen ihm in nicht allzu ferner Zukunft ein Ende bereiten. Um dieses Ziel zu verwirklichen, sind die größten Anstrengungen der großen Mehrheit der Menschheit notwendig. Die 45o Millionen Chinesen machen ein Viertel der Menschheit aus; wenn es uns gelingt, mit unseren einmütigen Anstrengungen den japanischen Imperialismus zu zerschlagen und ein freies, gleichberechtigtes neues China zu schaffen, so werden wir damit zweifellos einen überaus großen Beitrag zur Sache der Erringung des ewigen Friedens in der ganzen Welt leisten. Das ist keine leere Hoffnung. Der Verlauf der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung in der ganzen Welt bringt uns diesem Ziel bereits näher; es bedarf nur der Anstrengungen der Mehrzahl der Menschen, und nach einigen Jahrzehnten wird das Ziel bestimmt erreicht sein.
Die Aktivität im Krieg
59. Alles zuvor Gesagte dient lediglich zur Erläuterung, warum der Krieg langwierig sein und der Endsieg China gehören wird. Bisher war hauptsächlich immer davon die Rede, was ist und was nicht ist. Jetzt wollen wir zu der Frage übergehen, wie man handeln muß und wie man nicht handeln darf. Wie soll man den langwierigen Krieg führen und wie kann man den endgültigen Sieg erringen? Das sind die Fragen, die wir nachstehend beantworten wollen. Zu diesem Zweck wollen wir folgende Probleme nacheinander erörtern: die Aktivität im Krieg; Krieg und Politik; die politische Mobilisierung im Widerstandskrieg; das Ziel des Krieges; offensive Aktionen im Rahmen der Defensive, Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien; Initiative, Flexibilität und Planmäßigkeit; Bewegungskrieg, Partisanenkrieg und Stellungskrieg; Vernichtungskrieg und Zermürbungskrieg; die Möglichkeit, Fehler des Gegners auszunutzen; die Frage der Entscheidungsschlachten im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression; Armee und Volk - die Grundlage des Sieges. Nun wollen wir mit der Frage der Aktivität beginnen.
60. Wenn wir sagen, daß wir uns gegen ein subjektivistisches Herangehen an die Fragen wenden, so meinen wir damit, daß wir Ideen verwerfen, die nicht auf objektiven Tatsachen beruhen und ihnen nicht entsprechen, sondern Fiktionen oder Scheintheorien darstellen; handelte man derartigen Ideen entsprechend, so würde man unweigerlich ein Fiasko erleiden. Deshalb muß man solche Ideen bekämpfen. Aber alle Taten werden von Menschen vollbracht; ohne Beteiligung von Menschen lassen sich weder der langwierige Krieg noch der Endsieg realisieren. Um etwas erfolgreich zustande zu bringen, muß es zunächst Menschen geben, die auf Grund der objektiven Tatsachen zu bestimmten Ideen, Leitsätzen und Ansichten gelangen, Pläne aufstellen, den Kurs und die konkrete Politik sowie Strategie und Taktik festlegen. Ideen usw. sind etwas Subjektives, Taten oder Handlungen dagegen sind Äußerungen des Subjektiven im Objektiven. Denken und ' Handeln machen die den Menschen eigene Aktivität aus. Diese I Aktivität bezeichnen wir als "bewußte Aktivität", und sie ist ein Merkmal, das den Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Alle auf den objektiven Tatsachen beruhenden und ihnen entsprechenden Ideen sind richtig, und alle auf richtigen Ideen beruhenden Taten oder Handlungen sind ebenfalls richtig. Eben solchen Ideen und Handlungen, einer solchen bewußten Aktivität müssen wir vollen Spielraum gewähren. Der Widerstandskrieg hat das Ziel, die Imperialisten zu vertreiben und das alte China in ein neues China zu verwandeln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es notwendig, das ganze chinesische Volk zu mobilisieren und seine bewußte Aktivität zum Widerstand gegen Japan voll zu entfalten. Wenn wir aber die Hände in den Schoß legen, ist uns nur die Unterjochung beschieden; dann werden wir weder einen langwierigen Krieg führen können, noch werden wir den Endsieg erleben.
61. Die bewußte Aktivität ist ein spezifischer Zug des Menschen. Dieser Zug tritt im Krieg stark hervor. Gewiß wird der Sieg oder die Niederlage durch eine ganze Reihe von Bedingungen bestimmt, die beiden kriegführenden Seiten eigen sind - durch militärische, politische, ökonomische, geographische Bedingungen sowie durch den Charakter des Krieges und durch die internationale Hilfe. Aber der Ausgang des Krieges wird nicht ausschließlich durch diese Bedingungen bestimmt. Diese Bedingungen bieten lediglich die Möglichkeit von Sieg oder Niederlage; sie allein entscheiden jedoch nicht darüber. Um aber eine Entscheidung über Sieg oder Niederlage herbeizuführen, bedarf es noch subjektiver Anstrengungen, nämlich der Leitung des Krieges und der Führung des Krieges - mit anderen Worten der bewußten Aktivität im Krieg.
62. Jene, die Kriegsoperationen leiten, dürfen nicht im Streben nach dem Sieg die durch die objektiven Bedingungen gezogenen Grenzen überschreiten; innerhalb dieser Grenzen können und müssen sie jedoch aktiv den Sieg anstreben. Die Aktionsbühne des Truppenführers in einem Krieg muß sich auf das gründen, was die objektiven Bedingungen zulassen; doch auf einer solchen Bühne kann er dann viele klangreiche und farbenprächtige, viele majestätische und kraftvolle Stücke inszenieren. Auf der gegebenen objektiven materiellen Basis müssen die Truppenführer im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression alle ihre Fähigkeiten aufbieten und die ganze Armee mit sich führen, um die Feinde der Nation niederzuwerfen, unsere Gesellschaft und unser Land, die unter der Aggression und der Unterdrückung leiden, zu verändern und ein freies, gleichberechtigtes neues China zu schaffen. Hier ist der Platz, wo sich unsere subjektive Fähigkeit zur Führung entfalten kann und muß. Wir sind nicht dafür, daß irgendeiner unserer Kommandeure im Widerstandskrieg gegen Japan sich von den objektiven Bedingungen loslöst und zu einem um sich schlagenden Draufgänger wird; wir müssen vielmehr jeden Kommandeur dazu ermuntern, ein kühner Heerführer mit klarem Kopf zu werden. Ein solcher Heerführer muß nicht nur eine den Feind bezwingende Tapferkeit besitzen, sondern auch die Fähigkeit haben, bei allen Veränderungen und Neuentwicklungen während des ganzen Krieges Herr der Situation zu bleiben. Im Ozean des Krieges schwimmend, darf der Kommandeur nicht untergehen; er muß vielmehr mit abgemessenen Stößen sicher ans andere Ufer gelangen. Die Strategie und die Taktik als Gesetze der Kriegführung sind eben die Kunst, im Ozean des Krieges zu schwimmen.
Krieg und Politik
63. Mit dem Satz "Der Krieg ist eine Fortsetzung der Politik" wird gesagt, daß der Krieg Politik ist, daß der Krieg selbst eine Aktion von politischem Charakter darstellt; seit alters hat es 'keinen Krieg gegeben, der nicht politischen Charakter getragen hätte. Der Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge ist ein revolutionärer Krieg, der von der ganzen Nation geführt wird. Der Sieg in diesem Krieg ist nicht zu trennen von seinem politischen Ziel - der Vertreibung der japanischen Imperialisten und der Schaffung eines freien, gleichberechtigten neuen China; er ist unmöglich ohne die Verwirklichung der Generallinie auf ein Ausharren im Widerstandskrieg und auf ein Festhalten an der Einheitsfront; er ist unmöglich ohne die Mobilisierung des gesamten Volkes; er ist unmöglich ohne die Verwirklichung solcher politischen Prinzipien wie die Einheit zwischen Offizieren und Soldaten sowie zwischen Armee und Volk, wie die Zersetzung der gegnerischen Armee usw.; er ist unmöglich ohne die richtige Durchführung der Politik der Einheitsfront; er ist unmöglich ohne eine Mobilisierung auf dem Gebiet der Kultur; er ist unmöglich ohne Anstrengungen zur Gewinnung einer internationalen Hilfe sowie der Unterstützung durch das Volk des feindlichen Landes. Mit einem Wort, der Krieg ist nicht eine Minute lang von der Politik zu trennen. Sollte bei den Militärs, die den Widerstandskrieg führen, eine Tendenz aufkommen, die darin besteht, die Politik zu unterschätzen, den Krieg von der Politik zu isolieren und den Krieg zu etwas Absolutem zu machen, so ist das falsch und muß berichtigt werden.
64. Doch der Krieg hat seine Besonderheiten, und das will sagen, daß er nicht mit der Politik schlechthin gleichgesetzt werden kann. "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."[17] Wenn sich die Politik bis zu einer bestimmten Stufe entwickelt hat, wo sie nicht mehr auf die alte Weise fortgeführt werden kann, dann bricht der Krieg aus, mit dessen Hilfe die der Politik im Wege liegenden Hindernisse hinweggefegt werden. So war beispielsweise der halbselbständige Status Chinas ein Hindernis für die Entwicklung der Politik des japanischen Imperialismus; und so entfesselte Japan den aggressiven Krieg, um dieses Hindernis hinwegzufegen: Nun, und China? Das imperialistische Joch ist schon längst zu einem Hindernis für die bürgerlich-demokratische Revolution in China geworden, und deshalb kam es in China viele Male zu Befreiungskriegen, durch welche dieses Hindernis beseitigt werden sollte. Da jetzt Japan das Mittel des Krieges anwendet, um China zu unterdrücken und dem Vorwärtsschreiten der chinesischen Revolution den Weg ganz zu versperren, sind wir gezwungen, einen Widerstandskrieg gegen Japan zu führen und dieses Hindernis voller Entschlossenheit aus unserem Weg zu räumen. Sobald die Hindernisse aus dem Weg geschafft sind und das politische Ziel erreicht ist, geht der Krieg zu Ende. Sind aber die Hindernisse nicht gänzlich beiseite geräumt, dann muß der Krieg fortgesetzt werden, bis das Ziel völlig erreicht ist. So muß z. B. jeder, der einen Kompromiß mit dem Feind zu schließen versucht, bevor die Aufgaben des Widerstandskriegs erfüllt sind, unweigerlich einen Fehlschlag erleiden; denn selbst wenn aus diesem oder jenem Grund ein Kompromiß zustande gekommen wäre, würde der Krieg dennoch erneut entbrennen, weil die breiten Volksmassen einen solchen Ausgang des Krieges bestimmt nicht akzeptieren und ihn unbedingt fortsetzen würden, bis das politische Ziel völlig erreicht ist. Man kann deshalb sagen: Die Politik ist Krieg ohne Blutvergießen, der Krieg ist Politik mit Blutvergießen.
65. Aus den Besonderheiten des Krieges ergibt sich ein ganzes System spezifischer Organisationen des Krieges, eine ganze Serie spezifischer Methoden der Kriegführung, ein spezifischer Prozeß des Krieges. Solche Organisationen sind die Armee und alles, was dazu gehört. Solche Methoden sind die Strategie und die Taktik, die der Führung militärischer Operationen dienen. Ein solcher Prozeß des Krieges ist jene spezifische Form der gesellschaftlichen Tätigkeit, bei der jede der beiden kämpfenden Armeen unter Anwendung einer für sie günstigen und für den Gegner ungünstigen Strategie und Taktik Angriffs- oder Verteidigungsaktionen unternimmt. Deshalb sind die Erfahrungen des Krieges spezifische Erfahrungen. Und alle Teilnehmer des Krieges müssen auf ihre gewöhnliche Lebensweise verzichten und sich auf den Krieg umstellen. Nur so kann man den Sieg erringen.
Die politische Mobilisierung zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression
66. Ohne eine in die Breite und Tiefe gehende politische Mobilisierung kann ein so großer revolutionärer nationaler Krieg unmöglich mit dem Sieg enden. Vor dem Widerstandskrieg wurde keine politische Mobilisierung zum Kampf gegen die japanische Aggression durchgeführt, und das war eine große Nachlässigkeit Chinas, wodurch wir schon um einen Zug hinter dem Gegner zurückgeblieben sind. Aber auch nach dem Kriegsausbruch war die politische Mobilisierung keineswegs sehr weitgehend, geschweige denn durchgreifend. Die übergroße Mehrheit der Bevölkerung wird durch Kanonenschüsse und Fliegerbomben des Gegners von dem Krieg in Kenntnis gesetzt. Das ist auch eine Art Mobilisierung - allerdings eine, die der Gegner für uns durchführt und nicht wir selbst. Wer in entlegenen Gegenden wohnt und keinen Geschützdonner hört, lebt bis auf den heutigen Tag in sorgloser Ruhe. Dieser Umstand muß unbedingt geändert werden, sonst werden wir in diesem Krieg auf Leben und Tod den Sieg nicht erringen können. Wir dürfen in keinem Fall einen weiteren Zug an den Gegner verlieren; im Gegenteil, man muß den Zug der politischen Mobilisierung voll ausnutzen, um den Gegner zu besiegen. Dieser Zug ist entscheidend; er ist wirklich von erstrangiger Bedeutung, während es eine zweitrangige Sache ist, daß wir in der Bewaffnung und in anderer Hinsicht dem Gegner nachstehen. Werden die Volksmassen im ganzen Land mobilisiert, dann wird ein riesiges Meer entstehen, in dem der Gegner ertrinken wird, dann werden auch jene Bedingungen geschaffen sein, die unsere Lücken auf dem Gebiet der Bewaffnung usw. wettmachen, werden die Voraussetzungen gegeben sein, um alle Schwierigkeiten des Krieges zu überwinden. Will man siegen, so muß man im Widerstandskrieg ausharren, an der Einheitsfront festhalten, den langwierigen Krieg durchhalten. Doch ist das alles von der Mobilisierung der Volksmassen nicht zu trennen. Den Sieg wünschen und die politische Mobilisierung vernachlässigen hieße "gen Süden fahren, während der Wagen gen Norden gerichtet ist"; die Folge wäre, daß man unweigerlich den Sieg einbüßt.
67. Was ist aber die politische Mobilisierung? Vor allem muß man der Armee und dem Volk das politische Ziel des Krieges klarmachen. Es ist notwendig, jedem Soldaten und jedem Zivilisten begreiflich zu machen, wofür der Krieg geführt werden muß und inwieweit der Krieg ihn persönlich betrifft. Das politische Ziel des Widerstandskriegs ist "die Vertreibung der japanischen Imperialisten und der Aufbau eines freien, gleichberechtigten neuen China". Nur wenn man dieses Ziel jedem Soldaten und jedem Zivilisten klargemacht hat, kann man eine Aufwallung zum Widerstandskampf gegen die japanischen Eindringlinge auslösen und Hunderte Millionen von Menschen zu einer Einheit zusammenschließen, damit sie alles dem Krieg zur Verfügung stellen. Ferner genügt es noch nicht, lediglich das Kriegsziel zu erläutern; man muß auch die Maßnahmen und die Politik zeigen, die zu diesem Ziel führen. Und das bedeutet, daß auch ein politisches Programm notwendig ist. Heute haben wir bereits das "Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands" sowie das "Programm für den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes". Man sollte diese Programme in der Armee und im Volk verbreiten, die gesamte Armee und das ganze Volk zu ihrer Verwirklichung mobilisieren. Ohne ein klares und konkretes politisches Programm kann man unmöglich die gesamte Armee und das gesamte Volk mobilisieren, um den Widerstandskrieg bis zum Ende zu führen. Dann wird gefragt, wie man die Mobilisierung durchführen solle. Das hat durch mündliche Ansprachen, durch Flugblätter und Plakate, durch Zeitungen, Broschüren und Bücher, durch Theater und Film, durch die Schule, durch Massenorganisationen und durch die Kader zu geschehen. Das wenige, was gegenwärtig in den unter der Herrschaft der Kuomintang stehenden Gebieten in dieser Hinsicht getan wird, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein; außerdem entsprechen die Methoden der Durchführung nicht dem Geschmack der Volksmassen, und auch die Manier ist dem Volke fremd. Dies muß sich von Grund auf ändern. Und schließlich darf man sich nicht mit einer einmaligen Mobilisierung zufriedengeben. Die politische Mobilisierung für den Widerstandskrieg muß ständig betrieben werden. Gewiß sollen wir den Volksmassen nicht ein auswendig gelerntes politisches Programm endlos vorplappern - ein solches Geplapper wird sich keiner anhören wollen; wir müssen vielmehr die politische Mobilisierung mit der Entwicklung des Krieges, mit dem Leben der Soldaten und der Volksmassen verknüpfen und sie in eine ständige Bewegung verwandeln. Das ist eine ungemein wichtige Sache. Davon hängt in erster Linie der Sieg im Krieg ab.
Das Ziel des Krieges
68. Hier wird nicht vom politischen Ziel des Krieges die Rede sein, da wir vorher bereits über das politische Ziel des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression - "Vertreibung der japanischen Imperialisten und Aufbau eines freien, gleichberechtigten neuen China" - gesprochen haben. In diesem Abschnitt werden wir auf das Grundziel des Krieges als Politik mit Blutvergießen und als gegenseitige Vernichtung zweier Armeen eingehen. Das Ziel des Krieges besteht in nichts anderem als in der "Selbsterhaltung und der Vernichtung des Feindes" (den Feind vernichten heißt ihn entwaffnen oder ihn "seiner Widerstandskraft berauben", nicht aber ihn bis auf den letzten Mann physisch vernichten). In alten Zeiten führte man Krieg mit Speer und Schild: Mit dem Speer griff man an, um den Gegner zu vernichten, mit dem Schild wehrte man ab, um sich selbst am Leben zu erhalten. Noch bis auf den heutigen Tag sind die Waffen eine Weiterführung von Speer und Schild. Bomber, Maschinengewehr, Ferngeschütz, Giftgas - all das stellt eine Weiterentwicklung des Speeres dar; Luftschutzunterstand, Stahlhelm, Betonbunker, Gasmaske - das alles ist eine Weiterentwicklung des Schildes. Der Panzer ist eine neuartige Waffe, die beides, Speer und Schild, miteinander kombiniert. Der Angriff ist das Hauptmittel zur Vernichtung des Gegners, aber auch die Verteidigung ist unentbehrlich. Der Angriff zielt direkt auf die Vernichtung des Gegners ab, dient aber zugleich auch der Selbsterhaltung; denn wenn man den Feind nicht vernichtet, wird man selbst vernichtet. Die Verteidigung gilt unmittelbar der Selbsterhaltung, doch ist sie gleichzeitig ein Hilfsmittel des Angriffs oder ein Mittel, den Übergang zum Angriff vorzubereiten. Der Rückzug gehört zur Kategorie der Verteidigung, ist ihre Fortsetzung; die Verfolgung hingegen ist eine Fortsetzung des Angriffs. Man muß darauf hinweisen, daß unter den Kriegszielen die Vernichtung des Feindes das Hauptsächliche ist und die Selbsterhaltung an zweiter Stelle kommt; denn nur wenn man den Feind in großer Zahl vernichtet hat, kann die Selbsterhaltung wirksam gewährleistet sein. Daher ist der Angriff als Hauptmittel zur Vernichtung des Feindes primär und die Verteidigung als Hilfsmittel für die Vernichtung des Feindes und als ein Mittel zur Selbsterhaltung sekundär. In der Praxis des Krieges wird zwar die meiste Zeit hindurch die Verteidigung als Hauptmittel angewandt, während in der restlichen Zeit der Angriff als Hauptmittel dient; betrachtet man aber den Krieg als Ganzes, dann ist dennoch der Angriff das Primäre.
69. Wie läßt es sich erklären, daß wir im Krieg zu heroischen Opfern aufrufen? Steht das nicht im Widerspruch zur "Selbsterhaltung"? Nein, das eine widerspricht nicht dem anderen; das sind Gegensätze, die einander bedingen. Der Krieg ist Politik mit Blutvergießen und fordert einen Preis, manchmal einen äußerst hohen. Ein teilweises und zeitweiliges Opfer (Sich-nicht-Erhalten) dient dazu, daß das Ganze für die Dauer erhalten wird. Wenn wir sagen, daß der Angriff als ein Mittel, das im wesentlichen zur Vernichtung des Gegners bestimmt ist, gleichzeitig die Funktion der Selbsterhaltung erfüllt, gehen wir eben hiervon aus. Das ist eben auch der Grund, warum die Verteidigung gleichzeitig vom Angriff begleitet werden muß und keine rein defensive Verteidigung sein darf.
70. Das Kriegsziel - die Selbsterhaltung und die Vernichtung des Feindes - macht das Wesen des Krieges aus und dient als Grundlage aller Kriegshandlungen, die alle, von den technischen bis zu den strategischen, von diesem Wesen durchdrungen sind. Das Kriegsziel bildet das Grundprinzip des Krieges, und alle technischen, taktischen, operativen und strategischen Grundsätze und Prinzipien sind davon absolut nicht zu trennen. Was bedeutet das Prinzip der Feuerführung "Deckung nehmen und das Feuer entfalten"? Das erstere gilt der Selbsterhaltung, und das letztere zielt auf die Vernichtung des Gegners ab. Das erstere bringt solche Verfahren hervor wie die Ausnutzung des Geländes und seiner Objekte, das sprungweise Vorgehen, die aufgelockerte Formation usw.; das letztere aber das Freimachen des Schußfeldes, Organisierung des Feuernetzes usw. In der Taktik werden Stoßtruppen, Bindungstruppen und Reserven verwendet. Die ersten sind zur Vernichtung der gegnerischen Kräfte, die zweiten zur Erhaltung der eigenen Kräfte bestimmt, während die dritten je nach den Umständen für den einen oder den anderen Zweck eingesetzt werden: entweder zur Unterstützung der Stoßtruppen sowie als Verfolgungstruppen, um den Feind zu vernichten, oder zur Unterstützung der Bindungstruppen sowie als Deckungstruppen, um die eigenen Kräfte zu erhalten. Also sind sowohl alle technischen, taktischen, operativen und strategischen Prinzipien als auch alle technischen, taktischen, operativen und strategischen Kampfhandlungen absolut nicht vom Kriegsziel zu trennen. Dieses beeinflußt den Krieg als Ganzes und durchdringt seinen gesamten Ablauf.
71. Truppenführer aller Ebenen dürfen im Widerstandskrieg bei der Leitung der Operationen weder die einander entgegengesetzt wirkenden grundlegenden Faktoren Chinas und Japans noch das Ziel des Krieges außer acht lassen. Die Entfaltung dieser Faktoren im Verlauf der Kriegshandlungen wird zum gegenseitigen Kampf um die Erhaltung der eigenen Kräfte und für die Vernichtung der gegnerischen Kräfte. In diesem Krieg bestehen unsere Aufgaben darin, mit allen Kräften in jeder Schlacht einen großen oder kleinen Sieg zu erringen, einen Teil der Kräfte des Gegners zu entwaffnen, einen Teil seiner Truppen und seines Materials zu vernichten. Wir müssen derartige Teilerfolge bei der Vernichtung des Gegners zu großen strategischen Siegen anhäufen, um so unser politisches Ziel zu erreichen: den Gegner endgültig aus dem Land zu vertreiben, das Vaterland zu schützen und ein neues China aufzubauen.
Offensive Aktionen im Rahmen der Defensive, Kampfhandlungen mit rascher Entscheidung im Rahmen eines langwierigen Krieges und Aktionen auf den äußeren Kampflinien im Rahmen von Operationen auf den inneren Linien
72. Untersuchen wir jetzt den konkreten strategischen Kurs im Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge. Wir haben bereits gesagt, daß unser strategischer Kurs im Widerstandskrieg der Kurs auf einen langwierigen Krieg ist, und das ist völlig richtig. Aber das ist der allgemeine und nicht der konkrete Kurs. Wie ist konkret ein langwieriger Krieg zu führen? Das ist die Frage, die wir jetzt untersuchen wollen. Unsere Antwort lautet: In der ersten und in der zweiten Etappe, das heißt in den Etappen, da der Gegner angreift und dann das von ihm eroberte Territorium sichert, sind offensive Aktionen in operativer und taktischer Hinsicht im Rahmen der strategischen Defensive durchzuführen, Schlachten oder Gefechte mit rascher Entscheidung im Rahmen eines strategisch langwierigen Krieges auszutragen und ist operativ oder taktisch auf den äußeren Linien zu operieren, während man sich strategisch auf den inneren Linien befindet. In der dritten Etappe sollen wir dann zur strategischen Gegenoffensive übergehen.
73. Da Japan ein mächtiger imperialistischer Staat ist, wir aber ein schwaches halbkoloniales und halbfeudales Land sind, hat Japan den Kurs auf die strategische Offensive genommen, während wir uns in der strategischen Defensive befinden. Japan versucht, strategisch einen Krieg mit rascher Entscheidung zu führen, während wir bewußt den Kurs auf einen strategisch langwierigen Krieg nehmen müssen. Japan setzt einige Dutzend recht schlagkräftiger Divisionen seines Heeres (gegenwärtig bereits bis zu 30 Divisionen) und einen Teil seiner Kriegsflotte ein, um China zu Land und von der See einzukreisen und zu blockieren, während seine Luftstreitkräfte China bombardieren. Bisher hat sein Heer bereits eine ausgedehnte Front von Baotou bis Hangdschou besetzt, seine Kriegsflotte hat bereits die Provinzen Fukien und Kuangtung erreicht, so daß Japan in einem weiten Raum Operationen auf äußeren Linien durchführt. Wir aber führen Operationen auf den inneren Linien durch. Das alles ist das Ergebnis der Besonderheit, daß der Gegner stark ist, wir aber schwach sind. Das ist die eine Seite der Lage.
74. Aber auf der anderen Seite ist die Lage genau umgekehrt. Obwohl Japan stark ist, mangelt es ihm an Streitkräften, während China, wenn es auch schwach ist, ein riesiges Territorium, eine zahlreiche Bevölkerung und eine große Armee besitzt. Daraus ergeben sich zwei wichtige Folgerungen. Erstens kann der Gegner, der mit seiner zahlenmäßig schwachen Armee in ein großes Land einrückt, nur einen gewissen Teil der Großstädte und der Hauptverbindungslinien sowie einige Gebiete des Flachlands besetzen. Folglich werden auf dem von den Japanern eroberten Territorium riesige Gebiete bleiben, die sie nicht zu besetzen vermögen, was dem chinesischen Partisanenkrieg ein weites Operationsfeld erschließt. Was ganz China betrifft, so kann sich der Gegner, selbst wenn es ihm gelingen sollte, die Linie Kanton-Wuhan-Landschou und die anliegenden Gebiete zu besetzen, doch schwerlich darüber hinaus noch weiterer Gebiete bemächtigen. Und dadurch bleiben China ein Haupthinterland und ein Hauptstützpunktgebiet zur Führung eines langwierigen Krieges und zur Erringung des Endsiegs. Zweitens wird der Feind, indem er seine geringen Streitkräfte unserer zahlenmäßig starken Armee entgegenstellt, unweigerlich von dieser eingekreist werden. Da der Gegner uns aus verschiedenen Richtungen angreift, befindet er sich strategisch auf den äußeren Linien, wir aber befinden uns strategisch auf den inneren Linien; der Gegner führt den strategischen Angriff, während wir uns in der strategischen Verteidigung befinden. Das mag für uns sehr ungünstig scheinen. Aber wir können zwei unserer Vorteile - die Ausdehnung des Territoriums und die große zahlenmäßige Stärke der Armee - ausnutzen und, statt in einem sturen Stellungskrieg zu verharren, einen flexiblen Bewegungskrieg führen, indem wir gegen eine Division des Gegners mehrere unserer Divisionen, gegen zehntausend seiner Soldaten mehrere Zehntausende unserer Soldaten, gegen eine Kolonne des Gegners mehrere unserer Kolonnen einsetzen und von den äußeren Linien des Schlachtfelds her eine der gegnerischen Kolonnen überraschend einkreisen und angreifen. Auf diese Weise wird der Gegner, der strategisch auf den äußeren Linien operiert und den Angriff führt, gezwungen sein, in operativer und taktischer Hinsicht auf den inneren Linien zu operieren und sich zu verteidigen. Unsere Truppen dagegen, die strategisch auf den inneren Linien operieren und sich verteidigen, werden in operativer und taktischer Hinsicht auf den äußeren Linien operieren und angreifen. So verfährt man mit einer der gegnerischen Kolonnen, und so soll man auch den anderen Kolonnen des Gegners begegnen. Die erwähnten zwei Punkte ergeben sich aus der Besonderheit, daß das Land des Gegners klein, unseres aber groß ist. Da ferner die Armee des Gegners zwar gering an Zahl, aber dafür (hinsichtlich ihrer Bewaffnung und des Ausbildungsgrads ihrer Truppen) stark ist, während unsere Armee zwar der Zahl nach groß, aber (ebenfalls nur hinsichtlich der Bewaffnung und des Ausbildungsgrads der Truppen, nicht aber im Hinblick auf die Kampfmoral) schwach ist, müssen wir in Schlachten und Gefechten nicht nur eine zahlenmäßig stärkere Streitmacht gegen eine kleinere einsetzen und von den äußeren gegen die inneren Linien operieren, sondern auch Kurs auf Operationen mit rascher Entscheidung nehmen. Um eine rasche Entscheidung herbeizuführen, soll man den Gegner in der Regel nicht dann angreifen, wenn er haltgemacht ; hat, sondern nur dann, wenn er sich auf dem Marsch befindet. Wir i müssen im voraus seitlich der Straße, über die der Gegner offensichtlich vorrücken muß, starke Truppenkontingente getarnt konzentrieren und den Gegner, wenn er sich auf dem Marsch befindet, im überraschenden Vorstoß einkreisen und angreifen, um ihn gar nicht zur Besinnung kommen zu lassen und das Gefecht rasch zum Abschluß zu bringen. Wenn wir gut kämpfen, können wir den uns entgegenstehenden Gegner gänzlich oder zum größten Teil oder doch immerhin zum Teil vernichten. Und selbst wenn das Gefecht für uns nicht so günstig verläuft, werden dem Gegner dennoch große Verluste an Verwundeten und Toten beigebracht. So wird es in dem einen Gefecht sein, so muß es auch in allen übrigen Gefechten sein. Würde es uns auch nur einmal im Monat - wir wollen nicht unbescheiden sein - gelingen, einen relativ großen Sieg wie den bei Pinghsingguan oder bei Taiörldschuang zu erringen, so würde das die Moral des Gegners stark untergraben, den Kampfgeist unserer Armee heben und sympathisierenden Widerhall in der ganzen Welt auslösen. So verwandelt sich unser strategisch langwieriger Krieg auf dem Schlachtfeld in Operationen mit rascher Entscheidung, während der Krieg des , Gegners, der strategisch ein Krieg mit rascher Entscheidung sein soll, ' durch zahlreiche Niederlagen in Schlachten und Gefechten zwangsläufig zu einem langwierigen Krieg wird.
75. Der eben charakterisierte Operationskurs für Schlachten und Gefechte läßt sich in einem Wort zusammenfassen: "Offensive Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien". Er steht zwar im Gegensatz zu unserem strategischen Kurs - "langwieriger Verteidigungskrieg auf den inneren Linien", ist aber gerade zur Verwirklichung dieses strategischen Kurses notwendig. Würden wir uns in Schlachten und Gefechten ebenfalls auf "langwierige defensive Operationen auf den inneren Linien" orientieren, wie das beispielsweise in der Anfangsperiode des Widerstandskriegs geschah, so würde das absolut nicht den beiden Umständen entsprechen, daß Japan ein kleines Land ist, China aber ein großes, daß der Gegner stark ist, wir aber schwach. Auf diese Weise würden wir unser strategisches Ziel nie erreichen, keinen langwierigen Krieg führen können, sondern vom Gegner zerschlagen werden. Deshalb haben wir immer empfohlen, eine entsprechende Anzahl großer Feldarmeen im ganzen Land zu bilden, wobei jede von ihnen zahlenmäßig die Feldarmee des Gegners um das Doppelte, Dreifache oder gar Vierfache übertreffen soll, und gemäß dem dargelegten Kurs mit diesen Feldarmeen auf riesigen Schauplätzen gegen den Gegner zu operieren. Dieser Kurs ist nicht nur für die reguläre Kriegführung geeignet, sondern er kann und muß auch im Partisanenkrieg angewendet werden. Er ist nicht nur auf irgendeine Etappe des Krieges anwendbar, sondern auf dessen Gesamtverlauf. In der Etappe der strategischen Gegenoffensive, in der unsere technischen Bedingungen besser sind und wir uns nicht länger in der Lage befinden, daß wir als Schwache gegen einen starken Gegner kämpfen, werden wir noch größere Möglichkeiten erhalten, massenweise Gefangene und Beute zu machen, wenn wir nach wie vor mit überlegenen Kräften von den äußeren Linien her offensive Operationen mit rascher Entscheidung durchführen. Stellen wir beispielsweise einer motorisierten Division des Gegners zwei, drei oder vier eigene motorisierte Divisionen entgegen, so werden wir diese Division um so sicherer vernichten können. Daß mehrere Athleten einen einzigen leicht überwältigen können, ist eine Binsenwahrheit.
76. Wenn wir auf den Schlachtfeldern mit aller Entschlossenheit Kurs auf "offensive Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien" nehmen, dann werden wir damit nicht nur das Kräfteverhältnis auf den einzelnen Schlachtfeldern, sondern allmählich auch das allgemeine Kräfteverhältnis verändern. Da wir auf den Schlachtfeldern den Angriff führen, der Gegner aber sich verteidigen muß, da wir mit überlegenen Kräften auf den äußeren Linien operieren, der Gegner aber mit zahlenmäßig unterlegenen Kräften auf den inneren, da wir Operationen mit rascher Entscheidung durchführen, der Gegner jedoch, obwohl er versucht, die Gefechte in Erwartung von Verstärkungen in die Länge zu ziehen, dazu bereits nicht mehr imstande ist, wird sich der Gegner aus einem starken in einen schwachen und seine Überlegenheit in eine Unterlegenheit verwandeln, während wir uns umgekehrt aus der schwachen Seite in die starke verwandeln und aus unserer Unterlegenheit eine Überlegenheit wird. Nach zahlreichen solchen siegreichen Schlachten wird auch in dem allgemeinen Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Gegner eine Änderung eintreten. Das heißt, wir werden nach vielen Siegen auf den Schlachtfeldern in offensiven Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien unsere Kräfte allmählich vergrößern und den Feind schwächen, und das allgemeine Kräfteverhältnis wird dadurch unbedingt beeinflußt und verändert werden. Und dann werden diese Veränderungen zusammen mit unseren anderen Bedingungen, mit den innenpolitischen Änderungen in Japan und mit der günstigen internationalen Lage es uns ermöglichen, das allgemeine Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Feind zu einem Kräfteausgleich und später auch zu unserem Übergewicht über den Gegner zu gestalten. Dann ist der Zeitpunkt für uns gekommen, die Gegenoffensive durchzuführen und den Gegner aus unserem Land zu vertreiben.
77. Der Krieg ist ein Messen der Kräfte, aber im Verlauf des Krieges verändert sich das ursprüngliche Verhältnis der Kräfte. Der entscheidende Faktor dabei sind die subjektiven Anstrengungen, die darauf gerichtet sind, möglichst viele Siege zu erringen und möglichst wenig Fehler zu begehen. Die objektiven Faktoren bieten die Möglichkeiten derartiger Veränderungen, aber zur Realisierung dieser Möglichkeiten bedarf es eines richtigen Kurses und subjektiver Anstrengungen. Dabei spielt der subjektive Faktor die entscheidende Rolle.
Initiative, Flexibilität und Planmäßigkeit
78. Bei operativen und taktischen Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien, wovon eben die Rede war, liegt der Schwerpunkt auf dem Angriff; mit den äußeren Linien ist der Bereich des Angriffs, mit der raschen Entscheidung seine Dauer gemeint, weshalb wir diese Kriegführung "offensive Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien" nennen. Das ist der beste Kurs, den man bei einem langwierigen Krieg einschlägt, ist also auch der Kurs auf den Bewegungskrieg. Aber dieser Kurs kann ohne Initiative, Flexibilität und Planmäßigkeit nicht verwirklicht werden. Gehen wir nunmehr an die Untersuchung dieser drei Fragen.
79. Wir haben schon früher von der bewußten Aktivität gesprochen. Weshalb müssen wir uns da noch der Frage der Initiative zuwenden? Wie bereits erwähnt, versteht man unter bewußter Aktivität ein bewußtes Handeln und bewußte Anstrengungen, sie ist ein charakteristischer Zug, der den Menschen von allen anderen Lebewesen unterscheidet, und dieses Merkmal tritt im Krieg besonders stark hervor. Was die Initiative anbelangt, von der jetzt die Rede ist, so bedeutet sie die Handlungsfreiheit für eine Armee zum Unterschied von einer Lage, in welche eine Armee gedrängt worden ist und wo sie keine Handlungsfreiheit besitzt. Für eine Armee ist die Handlungsfreiheit ihr Lebenselement. Einer Armee, die diese Freiheit eingebüßt hat, droht die Gefahr, geschlagen oder vernichtet zu werden. Die Entwaffnung eines Soldaten resultiert daraus, daß er die Handlungsfreiheit eingebüßt hat und in einen passiven Zustand gedrängt worden ist. Das gleiche gilt für die Niederlage einer Armee. Infolgedessen streben beide kriegführenden Seiten mit aller Kraft danach, die Initiative zu erlangen und eine Passivität zu vermeiden. Man kann sagen, daß die offensiven Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien, wie wir sie befürworten, sowie die für ihre Durchführung notwendige Flexibilität und Planmäßigkeit voll und ganz darauf abzielen, die Initiative zu erlangen, die notwendig ist, um den Gegner in den Zustand der Passivität zu versetzen und das Ziel der Erhaltung der eigenen Kräfte und der Vernichtung der gegnerischen Kräfte zu erreichen. Initiative oder Passivität ist jedoch von der Überlegenheit oder Unterlegenheit der Kräfte im Krieg untrennbar. Daher lassen sie sich auch nicht davon trennen, ob die subjektive Führung des Krieges richtig oder falsch ist. Darüber hinaus kann man auch dann die Initiative an sich reißen und den Gegner zur Passivität zwingen, wenn man eine Situation ausnutzt, bei der der Gegner die Dinge falsch beurteilt und sich überraschen läßt. Wir werden uns nunmehr mit der Untersuchung dieser Punkte befassen.
80. Initiative ist mit Überlegenheit, Passivität mit Unterlegenheit der kriegführenden Kräfte untrennbar verbunden. Solche Überlegenheit oder Unterlegenheit ist die objektive Grundlage für Initiative bzw. Passivität. Selbstverständlich läßt sich die strategische Initiative verhältnismäßig günstig durch den strategischen Angriff aufrechterhalten und entwickeln; doch kann man nur dann die Initiative zu jeder Zeit und an jedem Ort - also die absolute Initiative - erhalten, wenn eine absolute Überlegenheit einer absoluten Unterlegenheit gegenübersteht. Trägt ein starker, gesunder Mann einen Ringkampf mit einem Schwerkranken aus, so hat er dabei die absolute Initiative. Wenn es bei Japan nicht so viele unüberwindliche Widersprüche gäbe, wenn es zum Beispiel eine riesige Streitmacht von mehreren oder gar zehn Millionen Mann auf einmal in den Kampf werfen könnte, wenn seine finanziellen Hilfsquellen um ein Vielfaches größer als seine jetzigen wären, wenn ihm unter den Volksmassen im eigenen Land oder von anderen Ländern her keine Opposition erwüchse und wenn es nicht eine so barbarische Politik betriebe, die den verzweifelten Widerstand des chinesischen Volkes auslösen muß, dann wäre es gewiß in der Lage, die absolute Überlegenheit zu behalten und jederzeit und an jedem Ort die absolute Initiative zu haben. Wie aber die Geschichte zeigt, ist eine solche absolute Überlegenheit nur gegen Ende eines Krieges oder einer Schlacht anzutreffen, während sie in ihrem Anfangsstadium selten vorkommt. So hatten zum Beispiel die Ententeländer im ersten Weltkrieg am Vorabend der Kapitulation Deutschlands die absolute Überlegenheit erlangt, während Deutschland in eine absolute Unterlegenheit geraten war; daraus ergaben sich die Niederlage Deutschlands und der Sieg der Entente. Dies war ein Fall von absoluter Überlegenheit und absoluter Unterlegenheit gegen Ende eines Krieges. Noch ein Beispiel: Am Vorabend unseres Sieges bei Taiörldschuang gerieten die japanischen Truppen, die zum gegebenen Zeitpunkt und am betreffenden Ort isoliert waren, nach erbitterten Kämpfen in eine absolut unterlegene Position, während unsere Kräfte zur absoluten Überlegenheit gelangten, so daß der Gegner eine Niederlage erlitt und wir einen Sieg errangen. Dies war ein Fall von absoluter Überlegenheit und absoluter Unterlegenheit gegen Ende einer Schlacht. Es kommt auch vor, daß ein Krieg oder eine Schlacht mit einer relativen Überlegenheit der einen Partei oder mit einem Kräfteausgleich zwischen beiden Parteien endet; in diesem Fall kommt es dann im Krieg zu einem Kompromiß und bei einer Schlacht zur Stagnation. In den meisten Fällen aber entscheiden absolute Überlegenheit und Unterlegenheit über Sieg und Niederlage. All das gilt für das Ende eines Krieges oder einer Schlacht, nicht für den Beginn. Das Ende des Krieges zwischen China und Japan läßt sich jetzt schon voraussagen: Japan wird infolge seiner absoluten Unterlegenheit geschlagen werden; China wird dank seiner absoluten Überlegenheit den Sieg erringen. Zur Zeit jedoch ist die Überlegenheit auf der einen Seite und die Unterlegenheit auf der anderen Seite keinesfalls absolut, sondern relativ. Ein solcher für Japan günstiger Faktor wie seine große militärische, wirtschaftliche und politischorganisatorische Stärke sichert ihm eine Überlegenheit über unsere geringe militärische, wirtschaftliche und politisch-organisatorische Stärke und schafft darum die Grundlage für seine Initiative. Da jedoch Japans militärische und sonstige Stärke in quantitativer Hinsicht nicht beträchtlich ist und noch eine Reihe anderer ungünstiger Faktoren hinzukommt, wird seine Überlegenheit durch die eigenen inneren Widersprüche verringert. Auf chinesischem Boden ist Japans Überlegenheit noch geringer geworden, weil es hier auf das weite Territorium, die riesige Bevölkerung, die zahlenmäßig starke Armee und den entschlossenen nationalen Widerstandskrieg stieß. Somit wird die Position Japans, wenn man das Ganze im Auge hat, zu einer relativ überlegenen; infolgedessen sind seine Möglichkeiten, die Initiative auszuüben und zu behalten, beschränkt, und diese Initiative hat sich ebenfalls als relativ erwiesen. Was China betrifft, so ist es zwar hinsichtlich seiner Stärke unterlegen und gerät dadurch strategisch in einen gewissen passiven Zustand, ist aber seinem Gegner nicht allein an Größe des Territoriums sowie an Bevölkerungs- und Truppenzahl überlegen, sondern auch durch den Haß seines Volkes und seiner Armee gegen den Feind und durch deren Kampfgeist. Zusammen mit anderen günstigen Faktoren mindert diese Überlegenheit das Ausmaß der Unterlegenheit Chinas in Bezug auf die militärische, wirtschaftliche und sonstige Stärke und verwandelt sie zu einer relativen strategischen Unterlegenheit. Auch die Passivität Chinas wird dadurch graduell verringert, so daß es sich jetzt strategisch in einer nur relativ passiven Position befindet. Da aber jede Passivität ein Nachteil ist, muß man mit allen Kräften bestrebt sein, sich ihrer zu entledigen. Militärisch läßt sich das dadurch erreichen, daß man entschlossen rasche Entscheidung bringende Angriffsaktionen auf den äußeren Kampflinien durchführt, hinter den feindlichen Linien einen Partisanenkrieg entfaltet und sich so in vielen operativen Kämpfen des Bewegungs- und Partisanenkriegs eine überwältigende Überlegenheit und die Initiative auf einem Teilgebiet sichert. Durch eine solche partielle Überlegenheit und Initiative in vielen Schlachten können wir allmählich unsere strategische Überlegenheit und unsere strategische Initiative aufbauen und so aus der strategischen Unterlegenheit und Passivität herauskommen. Dies ist die Wechselbeziehung zwischen Initiative und Passivität, zwischen Überlegenheit und Unterlegenheit.
81. Daraus wird auch der Zusammenhang zwischen Initiative oder Passivität einerseits und der subjektiven Führung andererseits begreiflich. Wie wir bereits dargelegt haben, können wir aus unserer relativen strategischen Unterlegenheit und Passivität dadurch herauskommen, daß wir in vielen Fällen durch künstliche Mittel zu einer partiellen Überlegenheit und Initiative gelangen, wodurch der Feind seiner partiellen Überlegenheit und Initiative beraubt und zur Unterlegenheit und Passivität verdammt wird. Aus der Anhäufung solcher Teilerfolge ergeben sich für uns strategische Überlegenheit und Initiative, für den Feind aber strategische Unterlegenheit und Passivität. Eine solche Umkehrung hängt von der richtigen subjektiven Führung ab. Warum? Weil der Gegner, ebenso wie wir selbst, nach Überlegenheit und Initiative strebt. In diesem Sinne ist der Krieg ein Wettstreit an subjektiven Fähigkeiten zwischen den Befehlshabern der beiden kriegführenden Armeen in ihrem Bemühen, auf der Grundlage solcher materiellen Bedingungen wie der militärischen Stärke und der finanziellen Mittel Überlegenheit und Initiative zu erlangen. Aus diesem Wettstreit gehen jeweils ein Sieger und ein Besiegter hervor. Sehen wir einmal von dem Gegensatz zwischen den objektiven materiellen Bedingungen ab, so wird der Sieger seinen Erfolg notwendigerweise der richtigen subjektiven Truppenführung und der Besiegte seine Niederlage der falschen subjektiven Truppenführung zuzuschreiben haben. Wir räumen ein, daß im Vergleich zu allen anderen gesellschaftlichen Erscheinungen der Krieg ein Phänomen ist, mit dem man sich schwerer zurechtfindet, das durch weniger Gewißheit gekennzeichnet ist, d. h. mehr "Wahrscheinlichkeit" in sich birgt. Andererseits ist jedoch der Krieg durchaus nichts Übernatürliches, sondern ein den Gesetzen der Notwendigkeit unterworfener irdischer Prozeß. Darum bleibt der Grundsatz von Sun Dsi "Kennst du den Feind und kennst du dich selbst - hundert Schlachten ohne Schlappe"[18] nach wie vor eine wissenschaftliche Wahrheit. Fehler im Krieg sind darauf zurückzuführen, daß man weder den Feind noch sich selbst kennt; und die Eigenart des Krieges macht es denn auch in vielen Fällen unmöglich, den Feind und sich selbst restlos zu kennen, woraus sich dann eine Ungewißheit in den Kriegssituationen und -handlungen ergibt und wodurch Fehler und Niederlagen entstehen. Doch wie immer die Umstände und die Handlungen im Krieg auch seien, ist es dennoch möglich, ihre allgemeinen Züge, ihre wesentlichen Punkte zu erkennen. Ein Befehlshaber kann weniger Fehler machen und im allgemeinen richtig führen, wenn er zuerst die verschiedenen Erkundungsmittel anwendet, um dann klug zu folgern und zu urteilen. Mit der Waffe dieser "im allgemeinen richtigen Führung" können wir mehr Siege erringen, unsere Unterlegenheit in Überlegenheit, unsere Passivität in Initiative verwandeln. Das ist der Zusammenhang zwischen Initiative oder Passivität einerseits und richtiger oder falscher subjektiver Führung andererseits.
82. Die These, daß eine falsche subjektive Führung Überlegenheit und Initiative in Unterlegenheit und Passivität verwandeln und eine richtige subjektive Führung den entgegengesetzten Wandel bewirken kann, wird um so überzeugender, wenn man sich die historischen Beispiele für Niederlagen großer und mächtiger Armeen und für Siege kleiner und schwacher Armeen vor Augen hält. Solche Beispiele gibt es in der chinesischen wie in der ausländischen Geschichte sehr viele. Beispiele aus der Geschichte Chinas sind die Schlacht von Tschengpu zwischen den Staaten Djin und Tschu,[Anmerkung 49] die Schlacht bei Tschenggao zwischen den Staaten Tschu und Han, die Schlacht, in welcher Han Hsin die Truppen des Staates Dschao besiegte,[Anmerkung 50] die Schlacht von Kunyang zwischen den Staaten Hsin und Han, die Schlacht von Guandu zwischen Yüan Schao und Tsao Tsao, die Schlacht von Tschibi zwischen den Staaten Wu und We, die Schlacht bei Yiling zwischen den Staaten Wu und Schu, die Schlacht am Fe-Fluß zwischen den Staaten Tjin und Djin usw. Zu den Beispielen in der Geschichte anderer Völker zählen die meisten Feldzüge Napoleons[Anmerkung 51] und der Bürgerkrieg in der Sowjetunion nach der Oktoberrevolution. In all diesen Fällen waren es kleine Armeen, die über große Armeen den Sieg davontrugen, Unterlegene, die Überlegene besiegten. Jedesmal fügte die schwächere Seite dem Gegner zuerst eine schwere Niederlage zu, indem sie ihre Überlegenheit und Initiative auf Teilgebieten gegen die partielle Unterlegenheit und Passivität des Gegners ins Treffen führte. Dann wandte sie sich gegen seine übrigen Truppen, schlug sie einzeln und kehrte damit schließlich die Gesamtlage um, indem sie die Überlegenheit und die Initiative gewann. Dem Gegner, der zuvor überlegen war und die Initiative hatte, widerfuhr das Gegenteil; infolge subjektiver Fehler und innerer Widersprüche büßte er manchmal eine ausgezeichnete oder doch recht gute Position, bei der die Überlegenheit und die Initiative auf seiner Seite waren, völlig ein und wurde zu einem General ohne Armee oder zu einem König ohne Königreich. Daraus kann man entnehmen, daß Überlegenheit oder Unterlegenheit der Kräfte im Krieg zwar die objektive Grundlage für Initiative oder Passivität bildet, aber selbst noch nicht eine tatsächliche Initiative oder Passivität bedeutet; nur durch ein Ringen, durch einen Wettstreit zwischen den subjektiven Fähigkeiten kann die Initiative oder Passivität zur Tatsache werden. Im Verlauf dieses Kampfes kann sich Unterlegenheit in Überlegenheit und Passivität in Initiative verwandeln oder umgekehrt, die nachdem, ob die subjektive Führung richtig oder falsch ist. Die Tatsache, daß keine der herrschenden Dynastien mit revolutionären Armeen fertig werden konnte, zeigt, daß Überlegenheit in gewisser Hinsicht allein noch keine Garantie für Initiative, geschweige denn für den endgültigen Sieg bedeutet. Die Initiative und den Sieg kann der Unterlegene, der sich im zustand der Passivität befindet, den Händen des Überlegenen, der die Initiative besitzt, entreißen, indem er, auf die reale Lage gestützt, seine subjektiven Fähigkeiten aktiv entfaltet und die dafür notwendigen Bedingungen erkämpft.
83. Wer die Lage falsch beurteilt und sich überraschen läßt, kann seine Überlegenheit und Initiative einbüßen. Den Feind vorsätzlich zu einer falschen Beurteilung der Lage zu verleiten und dann zu überrumpeln gilt daher als ein Mittel zur Erlangung der Überlegenheit und Initiative, und zwar als ein wichtiges Mittel. Was ist eine falsche Beurteilung? "Jeden Busch und jeden Baum auf dem Bagung-Berg für einen feindlichen Soldaten halten",[Anmerkung 52] das ist ein Beispiel von falscher Beurteilung. "Ein Scheinmanöver im Osten vollführen, den Angriff aber im Westen unternehmen" - das ist eine Methode der Verleitung des Gegners zur falschen Beurteilung. Wenn wir über die vorzügliche Bedingung verfügen, daß die Bevölkerung uns unterstützt und ein Durchsickern von Nachrichten verhindert werden kann, ist es oft möglich, den Gegner durch verschiedene Kriegslisten in eine schwierige Lage zu treiben, in der er falsch urteilt und handelt, so daß er seine Überlegenheit und Initiative einbüßt. Genau das ist gemeint, wenn man sagt: "Im Krieg verschmähe keine List". Was bedeutet "sich überraschen lassen"? Es bedeutet, daß man unvorbereitet ist. Eine Überlegenheit ist keine echte Überlegenheit, wenn keine Vorbereitungen getroffen worden sind, und man hat dann auch keine Initiative. Wenn man das begriffen hat, kann oft eine Streitmacht, die unterlegen ist, sich jedoch vorbereitet hat, durch einen Überraschungsangriff einen überlegenen Gegner besiegen. Wir sagen, daß der Gegner am leichtesten zu schlagen ist, wenn er sich auf dem Marsch befindet, eben weil er dann nicht auf der Hut, also unvorbereitet ist. Diese beiden Maßnahmen - die Verleitung des Gegners zu einer falschen Beurteilung der Lage und Überraschungsangriffe - bedeuten, daß wir dem Gegner die Ungewißheit des Krieges aufzwingen, während wir selbst die größtmögliche Gewißheit erlangen und auf diese Weise Überlegenheit, Initiative und den Sieg erringen. Voraussetzung für all das ist eine vortreffliche Organisierung der Volksmassen. Darum ist es ungeheuer wichtig, alle Menschen, die gegen den Feind sind, so zu mobilisieren, daß sie sich bis zum letzten Mann bewaffnen, in weitem Umkreis Überfälle auf den Gegner unternehmen, das Durchsickern von Nachrichten verhindern und so eine Schutzwand für unsere Truppen bilden; auf diese Weise kann der Gegner nicht erfahren, wo und wann unsere Truppen ihn angreifen werden, wodurch die objektive Grundlage für sein falsches Urteil und für unsere Überraschungsangriffe gegen ihn geschaffen wird. Es ist weitgehend den organisierten und bewaffneten Volksmassen zu verdanken, daß die chinesische Rote Armee in der Vergangenheit, also zur Zeit des Agrarrevolutionären Krieges; mit ihren schwachen Kräften in der Lage war, viele Schlachten zu gewinnen. Ein nationaler Krieg muß logischerweise noch mehr mit der Unterstützung breiter Volksmassen rechnen können als der Agrarrevolutionäre Krieg. Leider sind heute infolge von Fehlern der Vergangenheit[Anmerkung 53] die Volksmassen in China unorganisiert und können deshalb kaum unmittelbar zum Dienst an unserer Sache herangezogen werden; ja, im Gegenteil, sie werden zuweilen vom Gegner ausgenutzt. Nur die entschiedene und breite Mobilisierung der gesamten Volksmassen wird uns unerschöpfliche und unversiegbare Hilfsquellen zur Befriedigung aller Bedürfnisse des Krieges erschließen. Und dadurch werden die Volksmassen bestimmt eine große Rolle bei unserer Kriegführung spielen, die eben darin besteht, den Gegner zur falschen Beurteilung zu verleiten und zu überrumpeln, um ihn so zu schlagen. Wir sind keine Menschen wie der Herzog Hsiang vom Staat Sung und haben für seine törichten Ehrbegriffe nichts übrig.[Anmerkung 54] Um den Sieg zu erringen, müssen wir nach Möglichkeit dem Gegner Augen und Ohren versiegeln, so daß er blind und taub wird, und seine Befehlshaber in Verwirrung bringen, so daß sie den Kopf verlieren. All dies ist die Wechselbeziehung zwischen der Initiative oder Passivität einerseits und der subjektiven Führung andererseits. Eine solche subjektive Führung ist unerläßlich, wenn wir Japan besiegen wollen.
84. In der Phase seines Angriffs behält Japan im allgemeinen die Initiative in seinen Händen, weil es eine große militärische Stärke zur Verfügung hat und die subjektiven Fehler, die wir in der Vergangenheit gemacht haben und jetzt machen, ausnutzen kann. Diese Initiative beginnt jedoch zum Teil schon schwächer zu werden, einerseits weil der Gegner eine ganze Reihe von Faktoren gegen sich hat und während des Krieges mehrere subjektive Fehler beging (was noch näher ausgeführt wird), andererseits weil wir über eine ganze Reihe für uns günstiger Faktoren verfügen. Als anschauliches Beispiel hierfür können die Niederlage des Gegners bei Taiörldschuang sowie seine schwierige Lage in der Provinz Schansi dienen. Die breite Entfaltung des Partisanenkriegs im Hinterland des Gegners wird seine in den besetzten Gebieten stationierten Truppen in eine völlig passive Lage drängen. Obwohl der Gegner gegenwärtig noch seinen strategischen Angriff fortsetzt, wobei die Initiative in seinen Händen liegt, wird er mit der Beendigung dieses Angriffs auch seine Initiative einbüßen. Der Mangel an Streitkräften wird es dem Gegner nicht gestatten, den Angriff endlos weiterzuführen. Das ist die erste Ursache dafür, daß er die Initiative nicht weiter behalten kann. Die zweite Ursache dafür, daß er, an einer bestimmten Grenze angelangt, seinen Angriff einstellen muß und die Initiative nicht weiter behalten kann, werden unsere Angriffsaktionen operativen Maßstabs, der Partisanenkrieg hinter den gegnerischen Linien und andere Bedingungen sein. Die dritte Ursache sind die Existenz der Sowjetunion sowie die Veränderungen in der internationalen Lage. Hieraus geht hervor, daß die Initiative des Gegners begrenzt ist und zunichte gemacht werden kann. Wenn China es versteht, in der Kriegführung Angriffsaktionen operativen und taktischen Maßstabs durch die Hauptstreitmacht entschlossen durchzuführen, den Partisanenkrieg im Hinterland des Gegners stürmisch zu entfalten und die Volksmassen in breitem Umfang politisch zu mobilisieren, so kann es nach und nach eine Position der strategischen Initiative aufbauen.
85. Jetzt wollen wir zur Frage der Flexibilität übergehen. Was ist Flexibilität? Das ist die konkrete Verwirklichung der Initiative in den Operationen, also der flexible Einsatz der Kräfte. Der flexible Einsatz der Kräfte ist die Hauptaufgabe der militärischen Führung, und zwar eine keineswegs leichte Aufgabe. Der Krieg verlangt, wenn man von den Aufgaben der Organisierung und Schulung der Truppen und der Volksmassen usw. absieht, eben den Kampfeinsatz der Truppen; dabei muß das alles dem siegreichen Ausgang des Kampfes dienen. Truppen zu organisieren usw. ist zweifellos schwierig, sie aber einzusetzen ist noch schwieriger, besonders in einer Lage, da man als Schwacher gegen einen Starken kämpfen muß. Um diese Aufgabe zu meistern, bedarf es höchster subjektiver Fähigkeiten, bedarf es des Vermögens, in der Verworrenheit, Undurchsichtigkeit und Ungewißheit, die dem Krieg eigen sind, Ordnung, Klarheit und Gewißheit zu finden. Nur so kann in der Truppenführung die Flexibilität verwirklicht werden.
86. Der grundlegende Kurs der Operationen auf den Schlachtfeldern des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression ist die Durchführung von offensiven Operationen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien. Um diesen Kurs in die Tat umzusetzen, bedarf es einer Reihe von taktischen Maßnahmen und Methoden wie: Auflockerung und Konzentration der Kräfte, getrenntes Vorrücken und vereintes Schlagen, Angriff und Verteidigung, Vorstoß und Bindung, Einkreisung und Umgehung, Vormarsch und Rückzug. Es ist leicht, alle diese taktischen Verfahren zu begreifen, aber es ist durchaus nicht leicht, sie flexibel anzuwenden und entsprechend zu varieren. Die drei Momente, die hier mitspielen, sind: der Zeitpunkt, der Ort und die Truppen. Trifft man in Bezug auf den Zeitpunkt, den Ort und die Truppen nicht die richtige Wahl, dann kann man unmöglich den Sieg erringen. Führt man beispielsweise beim Angriff gegen einen auf dem Marsch befindlichen Gegner den Schlag zu früh, dann kann man sich verraten und es damit dem Gegner ermöglichen, vorbeugende Maßnahmen zu treffen; führt man aber den Schlag zu spät, dann hat der Gegner bereits seine Kräfte konzentriert und haltgemacht, und man wird sich unvermeidlich, wie man sagt, die Zähne an dem harten Knochen ausbeißen. Soweit zur Frage des Zeitpunkts. Wählt man den Angriffspunkt, sagen wir, auf der linken Flanke und trifft man gerade eine verwundbare Stelle des Gegners, so wird man leicht den Sieg erringen; wählt man den Angriffspunkt aber auf der rechten Flanke und stößt hier auf eine starke Gegenwehr, so kann man nichts erreichen. Soweit zur Frage des Ortes. Wählt man zur Ausführung irgendeiner Aufgabe eine bestimmte Truppeneinheit, dann erringt man leicht den Sieg; nimmt man aber zur Ausführung der gleichen Aufgabe eine andere Einheit, fällt es schwer, einen Erfolg zu erzielen. Soweit zur Frage der Truppen. Es gilt nicht nur, diese oder jene Taktik anzuwenden, sondern auch, die Taktik zu wechseln. Eine flexible Truppenführung hat die wichtige Aufgabe, je nach dem Zustand der eigenen Truppen und der Truppen des Gegners, je nach den beiderseitigen Geländeverhältnissen rechtzeitig in entsprechender Weise die Taktik zu wechseln: vom Angriff zur Verteidigung und von der Verteidigung zum Angriff überzugehen; anstelle des Vormarsches den Rückzug und anstelle des Rückzugs den Vormarsch anzutreten; Bindungstruppen in Stoßtruppen und Stoßtruppen in Bindungstruppen zu verwandeln; Einkreisung mit Umgehung abzuwechseln usw. Das gilt sowohl für die taktische als auch für die operative und die strategische Truppenführung.
87. Nach einem Ausspruch der Alten ist die "geschickte Anwendung eine Gabe des Geistes". Eben dieses "Geschick" bezeichnen wir als Flexibilität, und dies ist das Produkt des Kopfes eines intelligenten Befehlshabers. Flexibilität ist nicht Draufgängertum; ein solches ist abzulehnen. Flexibilität ist die Fähigkeit eines klugen Befehlshabers, auf Grund der objektiven Gegebenheiten den geeigneten Zeitpunkt festzustellen und die Umstände richtig einzuschätzen (zu diesen Umständen gehören die Lage beim Gegner, die eigene Situation, die Geländeverhältnisse usw.) und dann rechtzeitige und entsprechende Maßnahmen zu treffen. Ebendarin besteht die "geschickte Anwendung". Darauf gestützt werden wir bei den Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien mehr Siege erringen, das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten umkehren, dem Gegner gegenüber Initiative an den Tag legen, ihn überwältigen und zerschlagen können - und dann wird der endgültige Sieg unser sein.
88. Wir gehen jetzt zur Planmäßigkeit über. Infolge der für den Krieg charakteristischen Ungewißheit ist eine Planmäßigkeit in Kriegsangelegenheiten weitaus schwerer zu verwirklichen als in jeder anderen Angelegenheit. Da aber "jede Sache von Erfolg gekrönt ist, wenn sie vorbereitet wird, und scheitert, wenn keine Vorbereitungen getroffen werden", ist es ohne eine vorherige Planung und Vorbereitung unmöglich, im Krieg den Sieg zu erringen. Man kennt zwar im Krieg keine absolute Gewißheit, das heißt aber nicht, daß es in ihm nicht in bestimmtem Grade eine relative Gewißheit gebe. Unserer Lage sind wir verhältnismäßig gewiß, die Kenntnis der Lage des Gegners ist dagegen sehr ungewiß. Nichtsdestoweniger gibt es Zeichen, die man entziffern kann, Hinweise, denen man nachspüren kann, aufeinanderfolgende Erscheinungen, die uns zum Überlegen veranlassen. Das alles ergibt eben das, was wir einen bestimmten Grad relativer Gewißheit nennen, einen Grad, der eine objektive Grundlage für die Planmäßigkeit im Krieg schafft. Die Entwicklung der modernen Technik (Telegraph, Radio, Flugzeuge, Automobile, Eisenbahnen, Dampfschiffe usw.) hat die Möglichkeit vergrößert, eine Planmäßigkeit im Krieg zu verwirklichen. Da aber die Gewißheit im Krieg von einem sehr geringen Grad und von einer sehr kurzen Dauer ist, kann hier die Planmäßigkeit weder vollständig noch beständig sein; sie muß sich vielmehr mit der Bewegung des Krieges (mit seinem Verlauf und seiner Entwicklung) ändern und je nach den Maßstäben der militärischen Operationen graduell verschieden sein. Taktische Pläne, beispielsweise Angriffs- oder Verteidigungspläne kleiner Verbände und Einheiten, müssen oft an einem einzigen Tag mehrere Male abgeändert werden. Operative Pläne, also Aktionspläne für größere Truppenverbände, lassen sich gewöhnlich bis zum Abschluß der Schlacht einhalten, werden jedoch in deren Verlauf häufig teilweise und zuweilen sogar völlig abgeändert. Der strategische Plan dagegen wird auf Grund der Einschätzung der allgemeinen Lage der beiden kriegführenden Seiten ausgearbeitet, infolgedessen ist der Grad seiner Beständigkeit noch größer, aber auch er läßt sich nur in einer bestimmten strategischen Etappe anwenden und muß geändert werden, wenn der Krieg in eine neue Etappe übergeht. Ausarbeitung und Änderung der taktischen, operativen und strategischen Pläne in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Umfang der militärischen Aktionen und mit den jeweiligen Umständen ist ein wichtiges Kettenglied in der militärischen Führung. Darin besteht eben die konkrete Realisierung der Flexibilität im Krieg, also das Geschick der praktischen Anwendung dieser Flexibilität. Die Befehlshaber aller Ebenen, die am Widerstandskrieg teilnehmen, müssen das beachten.
89. Unter Berufung auf die dem Krieg eigene Veränderlichkeit bestreiten manche Leute grundsätzlich die relative Beständigkeit der militärischen Pläne und Richtlinien und bezeichnen solche Pläne und Richtlinien als "mechanistisch". Diese Ansicht ist falsch. Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits gesagt, räumen wir voll und ganz ein: Da die Lage im Krieg nur eine relative Gewißheit aufweist und das Kriegsgeschehen rasch abläuft (sich ändert und entwickelt), kann ein Plan oder eine Richtlinie im Krieg nur von relativer Beständigkeit sein und muß entsprechend den Veränderungen in der Lage und der fortwährenden Entwicklung des Krieges rechtzeitig geändert oder modifiziert werden. Tun wir das nicht, dann verwandeln wir uns in Mechanisten. Und dennoch darf man die relative Beständigkeit militärischer Pläne und Richtlinien für eine bestimmte Zeitspanne keinesfalls bestreiten. Dies bestreiten hieße alles bestreiten, auch den Krieg als solchen, ja sogar sich selbst. Da der Kriegslage und den Kampfhandlungen eine relative Beständigkeit zukommt, muß man auch den durch diese Lage und diese Kampfhandlungen bedingten Plänen und Richtlinien eine relative Beständigkeit verleihen. So ist es beispielsweise in Anbetracht dessen, daß in einem bestimmten Stadium die Kriegslage in Nordchina und die aufgelockerte Kriegführung der Achten Route-Armee beständigen Charakter tragen, unbedingt notwendig, in diesem Stadium auch der strategischen Richtlinie für die Kampfhandlungen der Achten Route-Armee eine relative Beständigkeit zu geben, nach der Maxime: "Im wesentlichen den Partisanenkrieg führen, aber unter günstigen Bedingungen auf den Bewegungskrieg nicht verzichten". Die operative Richtlinie gilt für einen kürzeren Zeitabschnitt als die erwähnte strategische, und die taktische Richtlinie für einen noch kürzeren Zeitabschnitt. Aber innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts ist jede dieser Richtlinien beständig. Wer dies bestreiten wollte, wüßte im Krieg nicht mehr, womit man beginnen soll, und würde zu einem Relativisten im Kriegswesen, der keine feste eigene Meinung hat und für den die eine Sache so gut oder so schlecht ist wie die andere. Dabei wird keiner bestreiten, daß selbst eine für eine bestimmte Zeitspanne anwendbare Richtlinie ebenfalls veränderlich ist; denn gäbe es nicht eine solche Veränderlichkeit, dann brauchte man nicht die eine Richtlinie aufzugeben und eine andere anzunehmen. Aber diese Änderungen der Richtlinie haben ihre Grenzen, das heißt, sie erfolgen im Rahmen der verschiedenen Aktionen im Krieg, die zur Verwirklichung der betreffenden Richtlinie unternommen werden; dabei ändert sich nicht das grundsätzliche Wesen der Richtlinie, das heißt, in ihr erfolgen nur quantitative,- nicht aber qualitative Veränderungen. Das grundsätzliche Wesen der Richtlinie ändert sich im gegebenen Zeitabschnitt auf keinen Fall. Eben das meinen wir, wenn wir von der relativen Beständigkeit für einen bestimmten Zeitabschnitt sprechen. In dem unendlichen Strom der absoluten Veränderlichkeit des gesamten Krieges gibt es eine relative Beständigkeit in den einzelnen besonderen Stadien des Krieges - das ist unsere Meinung über das grundsätzliche Wesen der Pläne oder Richtlinien im Krieg.
90. Nachdem wir über den in strategischer Hinsicht auf den inneren Linien geführten langwierigen Verteidigungskrieg und über die in operativer und taktischer Hinsicht auf den äußeren Linien durchgeführten Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung sowie über die Initiative, Flexibilität und Planmäßigkeit gesprochen haben, können wir alles Gesagte in wenigen Worten zusammenfassen. Der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression muß nach einem bestimmten Plan geführt werden. Die militärischen Pläne - also die konkrete Anwendung der Strategie und Taktik - müssen flexibel sein, so daß sie der jeweiligen Kriegslage angepaßt werden können. Wir müssen überall danach streben, Unterlegenheit in Überlegenheit, Passivität in Initiative zu verwandeln, um das Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Gegner zu verändern. Und das alles kommt in operativer und taktischer Hinsicht in Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien und zugleich in strategischer Hinsicht in einem langwierigen Verteidigungskrieg auf den inneren Linien zum Ausdruck.
Bewegungskrieg, Partisanenkrieg und Stellungskrieg
91. Die im Rahmen der strategischen inneren Linien, der strategischen Langwierigkeit und der strategischen Verteidigung durchgeführten operativen und taktischen Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien, die den Inhalt unseres Krieges bilden, treten in der Form des Bewegungskriegs in Erscheinung. Der Bewegungskrieg ist die Form, in der reguläre Truppenverbände an einer langgestreckten Frontlinie und in ausgedehnten Frontgebieten operative und taktische Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien durchführen. Gleichzeitig schließt der Bewegungskrieg auch die "bewegliche Verteidigung" ein, die nötigenfalls zur Erleichterung solcher Angriffsaktionen angewandt wird, sowie den Angriff auf Stellungen des Gegners und die Verteidigung von Stellungen aus, die beide eine Hilfsrolle spielen. Die Besonderheiten des Bewegungskriegs sind: reguläre Truppenverbände, Kräfteüberlegenheit bei Aktionen operativen und taktischen Maßstabs, offensiver Charakter und Beweglichkeit.
92. China besitzt ein riesiges Territorium und eine große Zahl von Soldaten, aber seine Truppen sind nicht genügend technisch ausgerüstet und unzureichend ausgebildet. Die Truppen des Gegners sind zahlenmäßig unzureichend, jedoch besser technisch ausgerüstet und besser ausgebildet. Unter diesen Umständen muß man sich zweifellos für den offensiven Bewegungskrieg als Hauptform der Kampfoperationen entscheiden, die durch andere Formen ergänzt wird, damit der Krieg als Ganzes zum Bewegungskrieg wird. Dabei muß man eine der Parole "nur Rückzug, nie Vormarsch" folgende Fluchtmentalität und gleichzeitig ein der Parole "nur Vormarsch, nie Rückzug" folgendes tollkühnes Draufgängertum bekämpfen.
93. Eine der Besonderheiten des Bewegungskriegs ist eben seine Beweglichkeit, die den Feldarmeen Vormärsche und Rückzüge über weite Strecken nicht nur gestattet, sondern sie auch von ihnen fordert. Aber das hat mit der Fluchtmentalität im Stile von Han Fu-djü[Anmerkung 55] nichts gemein. Die eine Grundforderung des Krieges ist die Vernichtung der gegnerischen Kräfte und die andere - die Erhaltung der eigenen Kräfte. Die Erhaltung der eigenen Kräfte zielt darauf ab, die Kräfte des Gegners zu vernichten, und die Vernichtung der gegnerischen Kräfte stellt das wirksamste Mittel zur Erhaltung der eigenen Kräfte dar. Darum darf der Bewegungskrieg keineswegs von Leuten wie Han Fu-djü als eine Entschuldigung benutzt werden, und er besteht niemals darin, daß man sich nur rückwärts und nicht vorwärts bewegt. Eine solche "Bewegung", die den offensiven Grundcharakter des Bewegungskriegs leugnet, würde schließlich ganz China so "bewegen", daß es trotz seiner Größe verlorengehen könnte.
94. Allerdings ist auch die andere Denkungsart falsch, nämlich das erwähnte tollkühne Draufgängertum, das nur den Vormarsch und keinen Rückzug kennt. Wir befürworten den Bewegungskrieg, der operative und taktische Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien zum Inhalt hat; dieser Bewegungskrieg schließt aber als Hilfsmaßnahme auch den Stellungskrieg ein sowie eine "bewegliche Verteidigung" und Rückzüge, andernfalls könnte er nicht in vollem Maße durchgeführt werden. Das tollkühne Draufgängertum ist militärische Kurzsichtigkeit; seine Quelle ist meistens die Furcht, Territorium zu verlieren. Solche Draufgänger begreifen nicht, daß eine der Besonderheiten des Bewegungskriegs eben seine Beweglichkeit ist, die den Feldarmeen Vormärsche und Rückzüge über weite Strecken nicht nur gestattet, sondern sie auch von ihnen fordert. In aktiver Hinsicht ist es, wenn wir den Gegner in einen für ihn nachteiligen, für uns aber vorteilhaften Kampf hineinziehen wollen, häufig erforderlich, daß der Gegner sich auf dem Marsch befindet und wir eine ganze Reihe von vorteilhaften Bedingungen haben wie zum Beispiel: günstige Geländeverhältnisse, ein leicht zu schlagender Gegner, eine Bevölkerung, die das Durchsickern von Informationen unmöglich macht, Ermattung und mangelnde Vorbereitung des Gegners, usw. Also ist es erforderlich, daß der Gegner vorrückt, daß wir den zeitweiligen Verlust eines Teils unseres Territoriums in Kauf nehmen; denn die zeitweilige und teilweise Einbuße des Territoriums ist der Preis für die dauernde Erhaltung unseres gesamten Territoriums und die Rückgewinnung der verlorenen Gebiete. In passiver Hinsicht müssen wir, wenn wir in eine ungünstige Lage gedrängt worden sind, die für die Erhaltung unserer Kräfte sehr kritisch ist, stets den Mut aufbringen, uns zurückzuziehen, um die Kräfte zu erhalten und dem Feind bei einer neuen Gelegenheit wieder einen Schlag zu versetzen. Diese Wahrheit können die tollkühnen Draufgänger nicht begreifen; in eine offensichtlich ungünstige Lage geraten, kämpfen sie weiterhin um jede Stadt, um jedes Fleckchen Territorium und verlieren schließlich nicht nur die Stadt und das Fleckchen Territorium, sondern können nicht einmal ihre eigenen Kräfte erhalten. Wir waren stets dafür, "den Gegner tief ins Innere des eigenen Territoriums zu locken", eben weil dies das wirksamste militärische Mittel ist, das eine schwache Armee während ihrer strategischen Verteidigung gegen eine starke Armee anwenden kann.
95. Von allen Formen der Kriegführung im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression steht an erster Stelle der Bewegungskrieg und an zweiter Stelle der Partisanenkrieg. Wenn wir sagen, daß im Krieg als Ganzes genommen der Bewegungskrieg die Hauptrolle, der Partisanenkrieg aber eine Nebenrolle spielt, so meinen wir damit, daß der Ausgang des Krieges hauptsächlich durch die reguläre Kriegführung und vor allem durch den Bewegungskrieg, eine ihrer Formen, entschieden wird, denn bei der Entscheidung über den Ausgang des Krieges kann der Partisanenkrieg nicht die Hauptrolle übernehmen. Aber das bedeutet keinesfalls, daß im Widerstandskrieg die strategische Rolle des Partisanenkriegs etwa unbedeutend wäre. Die strategische Bedeutung des Partisanenkriegs steht in diesem Krieg, wenn man ihn als Ganzes nimmt, nur sehr wenig hinter der Bedeutung des Bewegungskriegs zurück, da es ohne Unterstützung durch den Partisanenkrieg unmöglich ist, den Feind zu bezwingen. Daraus ergibt sich für uns auch die strategische Aufgabe, den Partisanenkrieg zum Bewegungskrieg zu entwickeln. Im Verlauf des langen und erbitterten Krieges wird der Partisanenkrieg nicht auf der Stelle verharren, sondern sich auf das Niveau des Bewegungskriegs heben. Auf diese Weise spielt der Partisanenkrieg eine strategische Doppelrolle: Einerseits unterstützt er die reguläre Kriegführung, und andererseits entwickelt er sich selbst zu einem regulären Krieg. Berücksichtigt man die Bedeutung, die der Partisanenkrieg wegen seiner beispiellosen Ausbreitung und Langwierigkeit im Widerstandskrieg Chinas gewinnt, darf man seine strategische Rolle erst recht nicht unterschätzen. Darum wirft der Partisanenkrieg als solcher in China nicht nur taktische, sondern auch eigene spezifische strategische Probleme auf. Dieses Thema habe ich bereits in meinem Artikel "Strategische Probleme des Partisanenkriegs gegen die japanische Aggression" erörtert. Wie bereits gesagt, gliedern sich die Formen der Kriegführung in den drei strategischen Etappen des Widerstandskriegs folgendermaßen auf: In der ersten Etappe steht der Bewegungskrieg an erster Stelle, während der Partisanenkrieg und der Stellungskrieg eine Hilfsrolle spielen; in der zweiten Etappe wird der Partisanenkrieg an den ersten Platz rücken und durch den Bewegungskrieg und den Stellungskrieg unterstützt werden; in der dritten Etappe wird der Bewegungskrieg wiederum zur Hauptform werden, der Stellungskrieg und der Partisanenkrieg dagegen werden ihn unterstützen. Aber der Bewegungskrieg der dritten Etappe wird nicht mehr ausschließlich von den ursprünglichen regulären Truppen getragen, sondern einen Teil seiner Aufgaben wahrscheinlich einen ziemlich bedeutenden Teil - werden die ursprünglichen Partisanenabteilungen übernehmen, die inzwischen zu Kämpfern im Bewegungskrieg aufgerückt sind. Von den drei Etappen aus gesehen ist der Partisanenkrieg im Widerstandskrieg Chinas gegen die japanische Aggression keineswegs etwas Bedeutungsloses. Er wird in der Kriegsgeschichte der Menschheit ein großartiges Kapitel ohnegleichen einnehmen. Deshalb ist es durchaus notwendig, aus den einige Millionen Mann zählenden regulären Truppen des Landes mindestens einige Hunderttausend Mann bereitzustellen und sie über das ganze vom Gegner besetzte Territorium zu verteilen, damit sie die Volksmassen zu bewaffneten Einheiten organisieren und gemeinsam mit ihnen den Partisanenkrieg führen. Die für diesen Zweck bereitgestellten Truppen müssen diese erhabene Aufgabe bewußt übernehmen. Sie sollen nicht glauben, daß es unter ihrer Würde sei, fürs erste nicht mehr als Nationalhelden auftreten zu können, weil sie weniger Möglichkeiten haben, große Schlachten auszufechten. Solche Ansichten sind falsch. Der Partisanenkrieg bringt keine so raschen Erfolge und keinen so lauten Ruhm wie die reguläre Kriegführung, aber, wie man zu sagen pflegt, "die Stärke eines Pferdes erkennt man auf einem langen Weg, das Herz eines Menschen in einem langen Dienst". Im Verlauf eines langen und harten Krieges wird der Partisanenkrieg seine gewaltige Macht zeigen; er ist ganz. gewiß kein nebensächliches Unternehmen. Zudem können die regulären Truppen, wenn sie aufgelockert sind, den Partisanenkrieg, und wenn sie konzentriert sind, wieder den Bewegungskrieg führen, so wie dies die Achte Routearmee tut. Die Richtlinie der Achten Route-Armee lautet: "Im wesentlichen den Partisanenkrieg führen, aber unter günstigen Bedingungen auf den Bewegungskrieg nicht verzichten". Diese Richtlinie ist völlig richtig, während der Standpunkt jener Leute, die Einwände dagegen erheben, falsch ist.
96. Der Stellungskrieg - der defensive wie auch der offensive ist für China bei dem gegenwärtigen Zustand seiner Technik im allgemeinen unbrauchbar. Auch darin kommt unsere Schwäche zum Ausdruck. Außerdem wird der Gegner sich die Weite des Territoriums Chinas zunutze machen, um unsere festen Stellungen zu umgehen. Deshalb ist es für uns unmöglich, den Stellungskrieg als ein wichtiges Mittel, geschweige denn als das Hauptmittel anzuwenden. In der ersten und in der zweiten Etappe des Krieges ist jedoch im Rahmen des Bewegungskriegs die teilweise Anwendung von Methoden des Stellungskriegs als Hilfsmaßnahme bei operativen Kampfhandlungen möglich und notwendig. Die zum Teil den Charakter eines Stellungskriegs annehmende "bewegliche Verteidigung", die angewandt wird, um den Gegner zu zermürben und genügend Zeit zu gewinnen, indem man ihm auf Schritt und Tritt Widerstand leistet, bildet erst recht einen unerläßlichen Bestandteil des Bewegungskriegs. China muß bemüht sein, seine modernen Waffen zu vermehren, um in der Etappe der strategischen Gegenoffensive imstande zu sein, die Aufgaben des Angriffs auf Stellungen des Gegners erfolgreich zu erfüllen. Zweifellos wird die Bedeutung des Stellungskriegs in der Etappe der strategischen Gegenoffensive wachsen, da der Gegner in dieser Periode zur hartnäckigen Verteidigung seiner Stellungen übergehen wird und wir ohne einen mächtigen, den Bewegungskrieg unterstützenden Angriff gegen diese Stellungen nicht imstande sein werden, die verlorenen Gebiete wiederzugewinnen. Aber dessenungeachtet werden wir in der dritten Etappe energisch danach streben müssen, den Bewegungskrieg als Hauptform des Krieges beizubehalten. Denn die Kunst der Führung und die aktive Rolle der Menschen werden in einem Stellungskrieg, wie er sich in Westeuropa zu Beginn der zweiten Hälfte des ersten Weltkriegs herausgebildet hatte, weitgehend aufgehoben sein. Aber wenn der Krieg in einem so riesigen Land wie China geführt wird, das dazu noch eine recht lange Zeit hindurch ein technisch rückständiges Land bleibt, wird natürlich der Fall eintreten, daß "der Krieg von den Schützengräben freigemacht wird". Selbst in der dritten Etappe werden wir ungeachtet eines höheren Niveaus der technischen Ausrüstung Chinas wohl kaum imstande sein, den Gegner in dieser Hinsicht zu übertreffen. Also werden wir genötigt sein, alle Anstrengungen zu machen, um einen Bewegungskrieg höheren Grades zu führen; anderenfalls werden wir den endgültigen Sieg nicht erringen. In Chinas Widerstandskrieg als Ganzes genommen wird somit der Stellungskrieg nicht die Hauptform sein; die hauptsächlichen und wichtigen Formen werden der Bewegungskrieg und der Partisanenkrieg sein. In diesen Formen des Krieges können die Kunst der Führung und die aktive Rolle der Menschen völlig freien Spielraum erlangen, und das wird ein Glück in unserem Unglück sein!
Zermürbungskrieg und Vernichtungskrieg
97. Wie weiter oben gesagt wurde, besteht das Wesen des Krieges, das heißt das Ziel des Krieges, in der Erhaltung der eigenen Kräfte und in der Vernichtung der gegnerischen Kräfte. Diesem Ziel dienen drei Formen des Krieges: Bewegungskrieg, Stellungskrieg und Partisanenkrieg. Diese Formen zeigen bei ihrer praktischen Anwendung einen verschiedenen Grad der Wirksamkeit. Daher ist es üblich, zwischen Zermürbungskrieg und Vernichtungskrieg zu unterscheiden.
98. Zunächst können wir sagen, daß der Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge ein Zermürbungskrieg und zugleich ein Vernichtungskrieg ist. Warum? Der Faktor der Stärke des Gegners ist vorläufig noch weiterhin wirksam, die strategische Überlegenheit und die Initiative sind nach wie vor in seinem Besitz; folglich ist es ohne Vernichtungskämpfe operativen und taktischen Maßstabs unmöglich, den Faktor der Stärke rasch und wirksam zu verringern, die Überlegenheit des Gegners zu untergraben und ihm die Initiative zu entreißen. Der Faktor unserer Schwäche besteht ebenfalls weiter; wir haben uns noch nicht von der strategischen Unterlegenheit und Passivität befreit. Wenn wir Zeit gewinnen wollen, um die inneren und die internationalen Bedingungen zu verbessern und unsere ungünstige Lage zu ändern, dann können wir das gleichfalls nicht ohne Vernichtungskämpfe operativen und taktischen Maßstabs erreichen. Deshalb dienen Vernichtungsaktionen operativen Maßstabs als Mittel zur strategischen Zermürbung des Gegners. In diesem Sinne ist der Vernichtungskrieg zugleich ein Zermürbungskrieg. Das Hauptmittel, durch welches China imstande ist, einen langwierigen Krieg zu führen, ist die Zermürbung des Gegners durch Vernichtung seiner Kräfte.
99. Aber das Ziel der strategischen Zermürbung des Gegners läßt sich auch durch Zermürbungsaktionen operativen Maßstabs erreichen. Im allgemeinen erfüllt der Bewegungskrieg die Aufgabe der Vernichtung, der Stellungskrieg die Aufgabe der Zermürbung und der Partisanenkrieg beide Aufgaben gleichzeitig, wobei sich diese drei Formen voneinander unterscheiden. In diesem Sinne ist der Vernichtungskrieg nicht das gleiche wie der Zermürbungskrieg. Zermürbungsaktionen operativen Maßstabs sind ein Hilfsmittel, das jedoch in einem langwierigen Krieg unerläßlich ist.
100. Um das strategische Ziel einer weitgehenden Schwächung der feindlichen Kräfte zu erreichen, muß sich China in der Etappe der Verteidigung - sowohl vom Standpunkt der Theorie als auch vom Standpunkt der praktischen Notwendigkeit - nicht nur die Möglichkeit der Vernichtung, die sich vor allem durch den Bewegungskrieg und teilweise auch durch den Partisanenkrieg ergibt, sondern auch die Möglichkeit der Zermürbung zunutze machen, die vor allem durch den eigentlich als Hilfsmittel dienenden Stellungskrieg und teilweise durch den Partisanenkrieg gegeben ist. In der Etappe des Gleichgewichts müssen die erwähnten Eigenschaften des Partisanenkriegs und des Bewegungskriegs - Vernichtung und Zermürbung - weiterhin ausgenutzt werden, um die gegnerischen Kräfte erneut in großen Massen zu zermürben. Alles das zielt darauf ab, den Krieg in die Länge zu ziehen, nach und nach das Kräfteverhältnis zu unseren Gunsten zu verändern und die Bedingungen für den Übergang zur Gegenoffensive vorzubereiten. Während der strategischen Gegenoffensive müssen wir den Gegner durch Vernichtung seiner Kräfte weiterhin ermatten, um ihn dann endgültig zu vertreiben.
101. Die Erfahrungen der letzten zehn Monate haben jedoch gezeigt, daß sich viele, ja sogar die meisten Schlachten des Bewegungskriegs faktisch zu Zermürbungsoperationen gestalteten und daß der Partisanenkrieg seine Vernichtungsfunktion in einigen Gebieten noch nicht in gebührender Weise erfüllt hat. Die positive Seite der Situation besteht darin, daß wir den Gegner immerhin in gewissem Maße erschöpft haben, was für die Durchführung eines langwierigen Krieges und für die Erringung des Endsiegs von Bedeutung ist, so daß unser Blut nicht umsonst vergossen wurde. Die negative Seite aber besteht darin, daß wir erstens den Gegner nicht genügend erschöpft haben und zweitens verhältnismäßig große Verluste erleiden mußten und wenig Beute machen konnten. Wenn man auch zugeben muß, daß es für eine solche Lage objektive Ursachen gab, nämlich den Unterschied zwischen dem Gegner und uns im Grad der technischen Ausrüstung und im Stand der Ausbildung der Truppen, muß man dennoch sowohl vom Standpunkt der Theorie als auch vom Standpunkt der Praxis auf jeden Fall darauf dringen, daß unsere Hauptstreitmacht hartnäckig den Vernichtungskrieg führt, wo und wann sich ihr eine günstige Gelegenheit bietet. Obwohl sich die Partisaneneinheiten bei der Durchführung vieler konkreter Aufgaben wie Störaktionen und Beunruhigung auf reine Zermürbungskämpfe beschränken müssen, ist ihnen nichtsdestoweniger zu empfehlen - und sie müssen sich selbst darum bemühen -, Vernichtungskämpfe operativen und taktischen Maßstabs zu führen, wann und wo eine dafür günstige Gelegenheit gegeben ist, um sowohl die Kräfte des Gegners in großer Zahl zu zermürben als auch die eigenen Kräfte beträchtlich aufzufüllen.
102. Die "äußeren Linien", die "rasche Entscheidung" und der "Angriff" in der Bezeichnung "Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien" sowie die "Bewegung" in der Formulierung "Bewegungskrieg" finden, was die Kampfform betrifft, ihren Ausdruck hauptsächlich in der Anwendung einer solchen Taktik wie Einkreisungen und Umgehungen und erfordern deshalb die Konzentration überlegener Kräfte. Folglich sind die Konzentration der Kräfte sowie die Anwendung der Taktik der Einkreisungen und Umgehungen unerläßliche Bedingungen für die Durchführung des Bewegungskriegs, das heißt für die Durchführung von Angriffsaktionen mit rascher Entscheidung auf den äußeren Linien. Das alles ist jedoch dazu bestimmt, die gegnerischen Kräfte zu vernichten.
103. Die Vorteile der japanischen Armee beruhen nicht nur auf ihrer Bewaffnung, sondern auch auf der Ausbildung ihrer Offiziere und Soldaten - ihrer Organisiertheit, ihrer Selbstsicherheit, die darauf zurückzuführen ist, daß sie noch nie geschlagen wurde, auf ihrer abergläubischen Ergebenheit gegenüber dem Mikado und den übernatürlichen Wesen, auf ihrem Hochmut, ihrer Mißachtung der Chinesen usw. Alle diese Züge sind ihr eingeprägt worden durch die Samurai-Erziehung, wie sie von den japanischen Militaristen seit vielen Jahren praktiziert wurde, und durch die nationalen Traditionen Japans. Das ist der Hauptgrund dafür, daß unsere Truppen den Japanern sehr viel mehr Verluste an Toten und Verwundeten als an Gefangenen beibrachten. Früher wurde das von vielen unterschätzt. Um diese Wesenszüge der japanischen Armee zu schwächen, ist ein langer Prozeß erforderlich. Wir müssen zunächst diese Besonderheiten beachten und dementsprechend geduldig und planmäßig arbeiten - auf politischem Gebiet, auf dem Gebiet der internationalen Propaganda und in Bezug auf die Volksbewegung in Japan. Auf militärischem Gebiet ist der Vernichtungskrieg eins der Mittel dazu. Pessimisten können sich auf die erwähnten Wesenszüge der japanischen Armee berufen, um daraus die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas abzuleiten, während die passiv gesinnten Militärs auf der gleichen Grundlage gegen den Vernichtungskrieg auftreten können. Wir hingegen sind der Meinung, daß diese Vorteile der japanischen Armee untergraben werden können und eine solche Untergrabung bereits im Gange ist. Die Methode der Untergrabung besteht hauptsächlich darin, die japanischen Soldaten politisch zu gewinnen. Wir dürfen sie wegen ihres Stolzes nicht verhöhnen, sondern müssen uns in ihre Lage versetzen und diesen Stolz in die richtigen Bahnen lenken. Durch großherzige Behandlung der Gefangenen müssen wir den japanischen Soldaten helfen, sich über die volksfeindliche Aggressivität der Machthaber Japans klarzuwerden; andererseits müssen wir ihnen den unerschütterlichen Geist und die heroische, verbissene Kampfkraft der chinesischen Armee und des chinesischen Volkes zeigen, d. h. ihnen durch Vernichtungsschlachten schwere Schläge versetzen. Wie die zehnmonatige Erfahrung der militärischen Operationen zeigt, ist es möglich, die gegnerischen Kräfte zu vernichten. Als Beweis dafür dienen die Schlachten bei Pinghsingguan und Taiörldschuang. Die Kampfmoral der japanischen Truppen beginnt bereits zu schwanken; die Soldaten begreifen nicht den Zweck des Krieges; sie sind bereits von den chinesischen Truppen und vom chinesischen Volk umzingelt; sie zeigen bei Sturmangriffen wesentlich geringere Tapferkeit als die chinesischen Soldaten usw. All das sind die objektiven Bedingungen, die unsere Vernichtungsoperationen begünstigen, und diese Bedingungen werden in dem Maße, wie sich der Krieg in die Länge zieht, immer mehr anwachsen. Da man den gegnerischen Truppen durch Vernichtungsoperationen die Arroganz austreiben kann, ist die Vernichtung ihrerseits eine der Bedingungen, um die Dauer des Krieges abzukürzen und die japanischen Soldaten sowie das japanische Volk schnellstens zu befreien. Katzen befreunden sich mit Katzen; nirgends in der Welt befreunden sich Katzen mit Mäusen.
104. Gleichzeitig muß man zugeben, daß wir gegenwärtig in der technischen Ausrüstung und in der Ausbildung der Truppen hinter dem Gegner zurückstehen. Deshalb fällt es uns in vielen Fällen - insbesondere bei Kämpfen in Flachlandgebieten - schwer, eine maximale Vernichtung, wie z. B. die Gefangennahme aller oder des größten Teils der am Kampf teilnehmenden Truppen des Gegners, zu verwirklichen. Dahingehende übermäßige Forderungen, wie sie die Anhänger der Theorie vom raschen Sieg stellen, sind ebenfalls falsch. Die richtige Forderung im Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge muß lauten: Soweit wie möglich ist ein Vernichtungskrieg zu führen. In allen günstigen Fällen müssen wir bei jeder Operation überlegene Kräfte zusammenziehen und die Taktik der Einkreisungen und Umgehungen anwenden - können wir nicht alle einkreisen, dann kreisen wir einen Teil ein; können wir nicht alle Eingekreisten gefangennehmen, so tun wir das mit einem Teil; können wir nicht einen Teil der Eingekreisten gefangennehmen, so müssen wir dem Teil der Eingekreisten möglichst viele Verluste an Toten und Verwundeten zufügen. In allen Fällen aber, wo die Lage für einen Vernichtungskrieg nicht günstig ist, muß man einen Zermürbungskrieg führen. Für den ersteren gilt das Prinzip der Konzentration der Kräfte und für den letzteren das der Auflockerung der Kräfte. Was die Leitung der Operationen anbelangt, so gilt für den Vernichtungskrieg das Prinzip der Zentralisierung des Kommandos und für den Zermürbungskrieg das der Dezentralisierung. Das sind die grundlegenden Richtlinien für Kampfoperationen auf den Schlachtfeldern des Widerstandskriegs.
Die Möglichkeit, Fehler des Gegners auszunutzen
105. Möglichkeiten für Siege über den Gegner bietet uns sogar seine eigene Truppenführung. Es hat seit den ältesten Zeiten nie Feldherren gegeben, die keine Fehler gemacht hätten; beim Gegner kann man ebensogut Fehler entdecken, wie wir sie selbst schwerlich vermeiden können; folglich besteht die Möglichkeit, die Fehler des Gegners auszunutzen. Vom Standpunkt der Strategie und der operativen Kunst aus hat der Gegner in den zehn Monaten des Aggressionskriegs bereits eine ganze Reihe von Fehlern gemacht. Davon wollen wir die fünf größten erwähnen. Erstens hat er seine Streitkräfte nur langsam verstärkt. Das kommt daher, weil er die Kräfte Chinas unterschätzt, aber auch weil es ihm an Streitkräften mangelt. Der Gegner hat uns stets geringgeschätzt. Nachdem er die vier nordöstlichen Provinzen mühelos erobert hatte, besetzte er Osthopeh und Nordtschahar. Das kann man als seine strategische Aufklärung ansehen. Daraus zog er den Schluß; die chinesische Nation sei ein Haufen losen Sandes. Aus diesem Grund nahm er an, daß es ein leichtes sei, China zu zerschlagen, arbeitete einen Plan der "raschen Entscheidung" aus, setzte geringe Kräfte ein und versuchte, uns einen Schrecken einzujagen. Der Gegner hat nie und nimmer erwartet, daß in China in den letzten zehn Monaten ein so großer Zusammenschluß vor sich gehen und daß unser Widerstand eine solche Stärke annehmen würde. Er hat vergessen, daß China sich bereits in der Epoche des Fortschritts befindet, daß es in China bereits eine fortschrittliche Partei, eine fortschrittliche Armee und ein fortschrittliches Volk gibt. Als der Gegner Schwierigkeiten hatte, begann er, seine Kräfte allmählich zu verstärken, und brachte sie nach und nach von etwas mehr als 10 auf 30 Divisionen. Wenn er weiter vorrücken will, wird er ohne eine weitere Verstärkung seiner Kräfte nicht auskommen. Da aber Japan der Sowjetunion gegenüber eine feindliche Position bezogen hat und da seine Menschenreserven und seine finanziellen Hilfsquellen von Natur aus knapp sind, gibt es für die Stärke der Truppen, die Japan einsetzen kann, eine Höchstgrenze, ebenso wie es auch einen äußersten Punkt gibt, bis zu dem es seinen Angriff vortragen kann. Zweitens fehlte das Hauptangriffsziel. Vor der Schlacht bei Taiörldschuang waren die Kräfte des Gegners im großen und ganzen gleichmäßig auf Zentral- und Nordchina verteilt. Dieselbe gleichmäßige Verteilung gab es auch in jedem dieser beiden Teile Chinas. So waren beispielsweise die japanischen Kräfte in Nordchina zu gleichen Teilen auf die drei Eisenbahnlinien Tientsin-Pukou, Peiping-Hankou und Datung-Pudschou verteilt. Als Japan an jeder dieser Strecken einen Teil seiner Kräfte verlor und einen anderen Teil in den besetzten Gebieten stationierte, hatte es keine Truppen, um weiter vorrücken zu können. Nach der Niederlage bei Taiörldschuang haben die Japaner daraus eine Lehre gezogen und ihre Hauptkräfte in der Richtung auf Hsüdschou konzentriert. Somit wurde dieser Fehler zeitweilig korrigiert. Drittens fehlte es an einer strategischen Koordinierung. Innerhalb einer jeden der beiden Gruppierungen - in Zentral- und in Nordchina - gab es zwar eine gewisse Koordination, aber das Zusammenwirken zwischen diesen Gruppierungen selbst fehlte völlig: Als die am Südabschnitt der Tientsin-Pukou-Eisenbahn befindlichen Truppen Japans Hsiaobengbu angriffen, zeigten die Japaner am nördlichen Abschnitt dieser Linie nicht die geringste Aktivität; ebenso haben sich die Japaner am südlichen Abschnitt der Bahn nicht vom Fleck gerührt, als die Truppen am nördlichen Abschnitt einen Angriff auf Taiörldschuang unternahmen. Nachdem sie sowohl hier als auch dort übel zugerichtet worden waren, erschien der japanische Kriegsminister zur Inspektion, während der Chef des japanischen Generalstabs nach China eilte, um den Oberbefehl zu übernehmen; danach schien es zeitweilig eine gewisse Koordination zu geben. Im Lager der japanischen Grundherrenklasse, der Bourgeoisie und der Militaristen gibt es sehr ernste Widersprüche, die sich immer mehr verschärfen, und eine der konkreten Erscheinungen dieser Widersprüche ist das Fehlen der Koordination im Krieg. Viertens wurde der strategisch günstige Moment verpaßt. Das äußerte sich besonders auffallend darin, daß die Japaner nach der Eroberung von Nanking und Taiyüan haltmachten, vor allem weil es ihnen an Streitkräften mangelte und für die strategische Verfolgung keine Truppen da waren. Fünftens haben sie vieles eingekreist, aber wenig vernichtet. Vor der Schlacht bei Taiörldschuang wurden in den Operationen bei Schanghai, Nanking, Tsangdschou, Baoding, Nankou, Hsinkou und Linfen viele chinesische Einheiten in die Flucht geschlagen, aber wenige Gefangene gemacht. Darin kommt die Ungeschicklichkeit der japanischen Truppenführung zum Ausdruck. Diese fünf Fehler - die langsame Verstärkung der Kräfte, das Fehlen eines Hauptangriffsziels, das Fehlen einer strategischen Koordinierung, die Versäumnis günstiger Gelegenheiten und die zahlreichen Einkreisungen bei einer geringen Zahl vernichteter Truppen - zeugen von der Unfähigkeit der japanischen Truppenführung vor der Schlacht bei Taiörldschuang. Obwohl in der Führung der japanischen Truppen nach der Schlacht bei Taiörldschuang einige Änderungen vorgenommen worden sind, kann der Gegner es angesichts solcher Faktoren wie Mangel an Streitkräften und innere Widersprüche Japans unmöglich vermeiden, derartige Fehler erneut zu begehen. Mehr noch: Was der Gegner an einer Stelle gewinnt, verliert er an einer anderen. Als er beispielsweise seine Kräfte auf Hsüdschou konzentrierte, ließ er eine große Lücke auf dem eroberten Territorium Nordchinas entstehen, welche uns die Möglichkeit bot, ungehindert den Partisanenkrieg zu entfalten. Alles Gesagte bezieht sich auf Fehler, die der Gegner selbst gemacht hat und die ihm nicht von uns aufgezwungen worden sind. Wir können aber auch den Gegner absichtlich zu Fehlern verleiten, das heißt ihn durch geschickte und wirksame Schachzüge und mit Hilfe der eine Schutzwand bildenden organisierten Volksmassen irreführen und zu falschen Beurteilungen veranlassen, so daß er operiert, wie wir es wollen. Man kann das beispielsweise erreichen, indem man ein Scheinmanöver im Osten vollführt, den Angriff aber im Westen unternimmt, usw. Eine solche Möglichkeit haben wir bereits weiter vorher erörtert. Das alles zeigt, daß wir auch in der Truppenführung des Gegners gewisse Möglichkeiten für Siege finden können. Natürlich dürfen wir diese Möglichkeiten nicht als eine wichtige Grundlage für unsere strategischen Pläne betrachten. Im Gegenteil, die verläßliche Methode besteht darin, unsere Pläne eher auf der Voraussetzung zu gründen, daß der Gegner ein Minimum an Fehlern machen wird. Übrigens kann der Gegner ebenso unsere Fehler ausnutzen, wie wir seine Fehler ausnutzen können. Es ist daher eine Aufgabe unserer Truppenführung, dem Gegner möglichst wenig Gelegenheit dazu zu geben. Fehler der Truppenführung des Gegners hat es jedoch schon gegeben und wird es auch künftig geben, sie können auch durch unsere Bemühungen veranlaßt werden. Alle diese Fehler können sämtlich in unserem Interesse ausgenutzt werden; die Befehlshaber im Widerstandskrieg müssen alle ihre Kräfte daransetzen, diese Gelegenheiten beim Schopf zu packen. In der Truppenführung erweist sich beim Gegner in strategischer und operativer Hinsicht vieles als untauglich, aber in taktischer Hinsicht, das heißt in der taktischen Leitung der Kampfhandlungen von unteren Einheiten und von kleineren Verbänden, gibt es bei ihm viel Hervorragendes, was wir lernen sollten.
Die Frage der Entscheidungsschlachten im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression
106. Die Frage der Entscheidungsschlachten im Krieg gegen die japanische Aggression ist auf dreierlei Weise zu beantworten: Erstens, bei jeder Schlacht oder jedem Gefecht, wo der Erfolg sicher ist, soll man entschlossen auf eine Entscheidung drängen; zweitens, in jeder Schlacht oder jedem Gefecht, wo der Erfolg nicht sicher ist, soll man einer Entscheidung ausweichen; drittens, eine strategische Entscheidungsschlacht, bei der die Zukunft des Landes auf dem Spiel stünde, muß man unbedingt vermeiden. Auch in dieser Frage zeigen sich die Merkmale, durch die sich der Widerstandskrieg von vielen anderen Kriegen unterscheidet. In der ersten und zweiten Etappe des Krieges, wo der Gegner stark ist, wir aber schwach sind, möchte der Gegner, daß wir unsere Hauptkräfte konzentrieren und ihm eine Entscheidungsschlacht liefern. Wir dagegen sind bestrebt, für uns günstige Bedingungen zu wählen, überlegene Kräfte zu konzentrieren und dem Gegner Entscheidungsschlachten und -gefechte zu liefern, deren Erfolg sicher ist, wie z. B. die Schlachten bei Pinghsingguan, Taiörldschuang und eine ganze Reihe anderer; unter ungünstigen Bedingungen, wenn wir des Erfolges nicht sicher sind, müssen wir Entscheidungsschlachten ausweichen, wofür der Kurs als Beispiel dienen kann, den wir in der Schlacht bei Dschangdö und in einer Reihe anderer Fälle eingeschlagen haben. Eine strategische Entscheidungsschlacht aber, bei der die Zukunft des Landes auf dem Spiel stünde, darf man auf keinen Fall liefern, weshalb wir uns beispielsweise kürzlich aus Hsüdschou zurückgezogen haben. Auf diese Weise können wir den auf eine "rasche Entscheidung" gerichteten Plan des Gegners durchkreuzen und ihn zwingen, sich auf einen langwierigen Krieg mit uns einzulassen. Ein solcher Kurs ist in einem Land mit kleinem Territorium nicht zu verwirklichen, und man kann ihm auch in einem politisch allzu rückständigen Land schwerlich folgen. Aber in China ist er durchführbar, weil unser Land groß ist und eine Epoche des Fortschritts durchlebt. Wenn wir eine strategische Entscheidungsschlacht vermeiden können, dann gilt das Wort: "Hat man den Wald, wird es auch Brennholz geben"; selbst wenn wir einen gewissen Teil des Territoriums verlieren sollten, wird uns immer noch ein großer Raum zum Manövrieren bleiben, so daß wir den Fortschritt unseres Landes, das Anwachsen der internationalen Hilfe und den inneren Zerfall im Lager des Gegners fördern und abwarten können. Das ist die beste Politik für den Widerstandskrieg. Die übereifrigen Anhänger der Theorie vom raschen Sieg halten den dornigen Weg des langwierigen Krieges nicht durch, streben darum nach einem raschen Sieg. Sobald die Lage sich ein wenig zum Besseren wendet, beginnen sie schon von der Notwendigkeit einer strategischen Entscheidungsschlacht zu schreien. Befolgten wir ihre Ratschläge, dann würden wir der ganzen Sache des Widerstandskriegs unermeßlichen Schaden zufügen, dann wäre es mit dem langwierigen Krieg aus, und wir würden dem Gegner ins Garn gehen. Das eben wäre tatsächlich die schlechteste Politik für den Widerstandskrieg! Es besteht kein Zweifel darüber, daß wir Gebiete aufgeben müssen, wenn wir Entscheidungsschlachten vermeiden wollen. In den Fällen, wo das nicht zu vermeiden ist (und nur in solchen Fällen), muß man das Territorium ohne Zögern aufgeben. Ist eine solche Lage nun einmal entstanden, sollte es einem um dieses Territorium nicht im geringsten leid tun. Das ist die richtige Politik des Zeitgewinns auf Kosten des Territoriums. Aus der Geschichte ist bekannt, daß Rußland zur Vermeidung einer Entscheidungsschlacht einen entschlossenen Rückzug antrat und dann Napoleon besiegte, der das damalige Zeitalter erschütterte.[Anmerkung 56] Gegenwärtig muß China genauso handeln.
107. Ist aber nicht zu befürchten, daß man uns in diesem Fall "Widerstandsverweigerer" schelten wird? Nein, das brauchen wir nicht zu befürchten. Wenn man überhaupt keinen Krieg führte, mit dem Gegner einen Kompromiß einginge, dann hieße das Widerstandsverweigerung, dann würde das nicht nur Schelte verdienen, sondern dürfte absolut nicht geduldet werden. Aber unter der Voraussetzung, daß man den Widerstandskrieg hartnäckig führt, ist es unbedingt notwendig, den Fallen, die der Gegner stellt, auszuweichen, damit nicht die Hauptkräfte unserer Armee von ihm mit einem Schlag vernichtet werden und die Fortsetzung des Widerstandskriegs beeinträchtigt wird, mit einem Wort, damit die nationale Unterjochung vermieden wird. Jegliche Zweifel in dieser Hinsicht sind Erscheinungen von Kurzsichtigkeit in der Frage des Krieges und führen letzten Endes unbedingt in das Lager der Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas. Wenn wir das tollkühne Draufgängertum, das "nur Vormarsch, nie Rückzug" kennen will, kritisiert haben, so darum, weil dieses Draufgängertum, falls es zu einer allgemeinen Mode werden sollte, die Weiterführung des Widerstandskriegs unmöglich machen und schließlich die Gefahr der nationalen Unterjochung heraufbeschwören würde.
108. Im Falle günstiger Bedingungen sind wir für entscheidende Aktionen, seien es nun Gefechte, seien es größere oder kleinere Schlachten; in solchen Fällen ist jede Passivität unzulässig. Nur durch solche entscheidenden Kampfhandlungen kann man erreichen, daß die gegnerischen Kräfte vernichtet bzw. zermürbt werden, und jeder Kämpfer im Widerstandskrieg muß dazu entschlossen seinen Beitrag leisten. Dieses Ziel erfordert zum Teil bedeutende Opfer; und wer da glaubt, man müsse jegliches Opfer vermeiden, der ist ein Feigling und hat eine panische Angst vor den Japanern; eine solche Einstellung muß man entschieden bekämpfen. Wenn man Leute wie Li Fu-ying und Han Fu-djü, die davonlaufen, hinrichtet, so geschieht ihnen recht. Unter der Voraussetzung, daß die Kriegshandlungen richtig geplant sind, ist es absolut notwendig, Opfermut und kühnen Vorwärtsdrang sowie die von solchem Geist getragenen Taten im Krieg zu fördern, denn sonst ist weder ein langwieriger Krieg noch der endgültige Sieg möglich. Wir haben schon die Fluchtmentalität, deren Parole "nur Rückzug, nie Vormarsch" lautet, rücksichtslos gebrandmarkt und sind für strenge Disziplin eingetreten, eben weil man den starken Gegner nur durch solche heroischen Entscheidungskämpfe, die nach einem richtigen Plan geführt werden, schlagen kann. Was aber die Fluchtmentalität anbelangt, so leistet sie der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas direkten Vorschub.
109. Ist es nicht ein Widerspruch in sich, wenn man zuerst heldenhaft kämpft und dann ein Territorium aufgibt? Werden dann nicht unsere heroischen Kämpfer ihr Blut umsonst vergossen haben? Eine derartige Fragestellung ist völlig unangebracht. Nehmen wir denn vergeblich Nahrung zu uns, wenn wir uns später entleeren? Ist das Schlafen etwa umsonst, wenn wir dann wieder aufstehen? Kann man überhaupt so die Frage stellen? Meiner Ansicht nach nicht. Wollten wir ununterbrochen weiteressen, weiterschlafen, wollten wir heldenhaft weiterkämpfen, bis wir den Yalu-Fluß erreicht haben, dann gäben wir uns subjektivistischen und formalistischen Illusionen hin, die nichts mit dem wirklichen Leben zu tun haben. Wem ist es nicht klar, daß wir kämpfen und unser Blut vergießen, um Zeit zu gewinnen und unsere Gegenoffensive vorzubereiten, daß wir dabei zwar gewisse Gebiete aufgeben müssen, dafür aber einen Zeitgewinn haben und unser Ziel, die gegnerischen Kräfte zu vernichten bzw. zu zermürben, erreichen, daß wir so Kampferfahrungen sammeln, Menschen aktivieren, die bisher untätig waren, und unser internationales Ansehen heben? Haben wir in diesem Falle unser Blut umsonst vergossen? Ganz gewiß nicht. Wir geben Gebiete auf, um unsere militärische Stärke zu bewahren und letzten Endes auch, um Gebiete zu erhalten; denn wenn wir unter ungünstigen Bedingungen nicht einen Teil unseres Territoriums aufgeben, sondern uns blindlings in Entscheidungskämpfe stürzen, bei denen nicht die geringste Aussicht auf einen Erfolg besteht, werden wir als Folge dessen nach dem Verlust unserer militärischen Stärke unweigerlich unser gesamtes Territorium einbüßen ganz zu schweigen von einer Rückgewinnung der bereits verlorenen Gebiete. Ein Kapitalist muß Kapital besitzen, um sein Geschäft zu betreiben, und wenn er völlig bankrott ist, hört er auf, Kapitalist zu sein. Sogar ein Spieler muß Geld haben, das er einsetzen kann. Wenn er alles auf einen Wurf setzt und kein Glück damit hat, kann er nicht weiterspielen. Die Ereignisse verlaufen nicht geradlinig, wie man es sich wünschen würde, sondern im Zickzack, und der Krieg bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Nur Formalisten sind nicht fähig, diese Wahrheit zu begreifen.
110. Meiner Ansicht nach gilt das eben Gesagte auch für die Entscheidungskämpfe in der Etappe der strategischen Gegenoffensive. Obgleich der Gegner dann der Unterlegene sein wird und wir der Überlegene, bleibt das Prinzip "Entscheidungskämpfe unter günstigen Bedingungen führen und unter ungünstigen vermeiden" noch immer in Kraft und wird in Kraft bleiben, bis wir uns zum Ufer des Yalu-Flusses durchgekämpft haben. Auf diese Weise werden wir von Anfang bis Ende die Initiative behalten können. Wenn uns der Gegner "in die Schranken fordert" oder abseits Stehende unseren "Ehrgeiz anstacheln", müssen wir darüber hinwegsehen, ruhig Blut bewahren, völlig ungerührt bleiben. Nur jene Befehlshaber im Widerstandskrieg, die eine solche Charakterfestigkeit zeigen, können als mutig und weise gelten. Wer "aufspringt, sobald man ihn berührt", verdient diese Bezeichnung nicht. In der ersten Etappe des Krieges befinden wir uns in gewissem Maße in einer strategisch passiven Lage, nichtsdestoweniger müssen wir in allen Schlachten die Initiative innehaben; und auch in jeder der kommenden Etappen müssen wir die Initiative in unseren Händen behalten. Wir sind für einen langwierigen Krieg und wollen den Endsieg; wir sind keine Glücksspieler, die alles auf eine Karte setzen.
Armee und Volk - die Grundlage des Sieges
111. Dem revolutionären China gegenüber werden die japanischen Imperialisten bei ihren Angriffsaktionen und Unterdrückungsmaßnahmen nicht im geringsten nachlassen; das ist durch das Wesen des japanischen Imperialismus selbst bedingt. Leistet China keinen Widerstand, wird Japan sofort, ohne einen einzigen Schuß, das ganze Land mühelos besetzen. Als Beispiel kann der Verlust der vier nordöstlichen Provinzen dienen. Leistet China Widerstand, wird Japan versuchen, diesen Widerstand zu brechen, und seine Versuche so lange nicht einstellen, bis die Widerstandskraft Chinas die Kraft, die sie brechen soll, übertrifft. Das ist ein unwiderlegbares Gesetz. Die Eroberungsgelüste der japanischen Grundherrenklasse und der japanischen Bourgeoisie sind sehr groß. Um im Süden den Malaischen Archipel und im Norden Sibirien anzugreifen, haben sie den Kurs gewählt, im Zentrum eine Bresche zu schlagen, indem sie zunächst den Schlag gegen China führen. Alle, die da annehmen, Japan werde sich mit der Besetzung Nordchinas und der Provinzen Kiangsi und Tschekiang zufriedengeben und dann stehenbleiben, übersehen ganz und gar die Tatsache, daß das imperialistische Japan, das in ein neues Entwicklungsstadium getreten ist und sich seinem Untergang nähert, nicht mehr das frühere Japan ist. Wenn wir sagen, daß es eine Grenze für die Stärke der Truppen, die Japan einsetzen kann, und eine äußerste Linie gibt, über die hinaus es nicht vorrücken kann, so meinen wir damit: erstens, daß Japan, da es zum Angriff in anderen Richtungen und zur Verteidigung gegen seine anderen Gegner rüstet, von den Kräften, über die es verfügt, nur eine bestimmte Anzahl Truppen nach China zu schicken vermag, die hier nur so weit vorrücken können, wie es seine Kräfte erlauben; zweitens, daß China seinen Fortschritt und seine Fähigkeit zum hartnäckigen Widerstand gezeigt hat und es unvorstellbar ist, daß Japan allein einen wütenden Angriff führen würde, während China für den Widerstand nicht die erforderlichen Kräfte hätte. Japan wird nicht ganz China besetzen können, aber überall, wohin der Gegner vorzudringen vermag, wird er keine Anstrengungen scheuen, den Widerstand Chinas zu brechen, wobei er seinen Druck nicht eher einstellen wird, als der japanische Imperialismus kraft der inneren und internationalen Bedingungen unmittelbar in die Krise gerät, die ihm das Grab schaufeln wird. Für die Innenpolitik Japans gibt es nur zwei Wege: Entweder werden die herrschenden Klassen insgesamt einen raschen Zusammenbruch erleiden und die Macht wird an das Volk übergehen, was die Einstellung des Krieges zur Folge hätte - eine solche Möglichkeit besteht aber vorläufig nicht; oder die Faschisierung der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie wird von Tag zu Tag fortschreiten, und sie werden den Krieg bis zu dem Tag ihres Zusammenbruchs fortsetzen - das eben ist der Weg, den Japan jetzt geht. Einen dritten Weg gibt es nicht. Die Hoffnung, daß die gemäßigten Kreise der japanischen Bourgeoisie eingreifen und dem Krieg Einhalt gebieten werden, ist eine pure Illusion. Die gemäßigten Kreise der Bourgeoisie Japans sind bereits zu Gefangenen der japanischen Grundherren und Finanzmagnaten geworden. Das ist die reale politische Lage, wie sie in Japan bereits seit vielen Jahren besteht. Nachdem Japan den Krieg gegen China begonnen hat, wird es, wenn China ihm in seinem Widerstandskrieg nicht den tödlichen Schlag versetzt und wenn Japan noch genügend Kräfte behält, unweigerlich versuchen, die Offensive gegen die Länder Südostasiens oder gegen Sibirien oder möglicherweise sogar in beiden Richtungen zu beginnen. Sobald in Europa ein Krieg ausbricht, wird Japan diese Schritte unternehmen, denn die japanischen Machthaber bauen sich enorme Luftschlösser. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, daß Japan angesichts der Stärke der Sowjetunion und seiner beträchtlichen Schwächung im Krieg gegen China auf den ursprünglichen Plan eines Angriffs gegen Sibirien verzichten müssen und in dieser Richtung eine grundsätzlich defensive Position beziehen wird. In diesem Falle wird Japan jedoch in seiner Offensive gegen China nicht nachlassen, sondern sie im Gegenteil noch intensivieren, da ihm kein anderer Weg übrigbliebe, als den Schwachen zu verschlingen. Dann käme der Aufgabe Chinas, am Widerstandskrieg, an der Einheitsfront und am Kurs auf einen langwierigen Krieg konsequent festzuhalten, ein noch größeres Gewicht zu und wäre das geringste Nachlassen in unseren Anstrengungen um so weniger zulässig.
112. In einer solchen Lage ist die Hauptbedingung für den Sieg Chinas über Japan der Zusammenschluß des ganzen Landes und ein zehnmal oder sogar hundertmal größerer Fortschritt auf allen Gebieten als bisher. China befindet sich bereits in einer Epoche des Fortschritts und hat bereits einen beispiellosen Zusammenschluß erreicht, aber der Grad dieses Fortschritts und Zusammenschlusses ist heute noch sehr ungenügend. Wenn Japan ein so riesiges Territorium besetzen konnte, dann ist das einerseits auf seine Stärke und andererseits auf die Schwäche Chinas zurückzuführen; diese Schwäche ist die Folge aller möglichen, im Laufe von hundert Jahren und insbesondere im letzten Jahrzehnt angehäuften Fehler, die den Fortschritt Chinas auf seinem derzeitigen Stand halten. Ohne langdauernde Anstrengungen in breitem Umfang ist es jetzt unmöglich, einen so starken Feind zu besiegen. Diese Anstrengungen sind für viele Dinge erforderlich, von denen ich hier nur die beiden wichtigsten herausgreife: den Fortschritt, den die Armee, und den Fortschritt, den das Volk zu machen hat.
113. Die Reform des Militärsystems darf man nicht von der Modernisierung der Armee und der Verbesserung ihrer technischen Ausrüstung trennen; sonst wird es unmöglich sein, den Gegner über den Yalu-Fluß zu treiben. Für den Einsatz der Truppen muß man eine fortschrittliche, flexible Strategie und Taktik anwenden; sonst wird es ebenfalls unmöglich sein, den Sieg zu erringen. Aber das Fundament der Armee sind die Soldaten; wenn die Armee nicht von einem fortschrittlichen politischen Geist erfüllt ist und wenn dieser Geist nicht durch eine fortschrittliche politische Arbeit gepflegt wird, dann ist es unmöglich, eine echte Einheit zwischen Offizieren und Soldaten herbeizuführen, die Offiziere und Soldaten zu höchster Begeisterung für den Widerstandskrieg anzufeuern und allen technischen und taktischen Mitteln die bestmögliche Grundlage zu geben, auf der sich ihre größte Wirksamkeit entfalten kann. Wenn wir sagen, daß Japan trotz seiner technischen Überlegenheit dennoch letzten Endes unbedingt eine Niederlage erleiden wird, so haben wir neben den Schlägen, die wir dem Gegner durch unsere Vernichtungs- und Zermürbungskämpfe versetzen, auch noch den Umstand im Auge, daß die Kampfmoral seiner Armee unbedingt allmählich unter unseren Schlägen erschüttert wird und daß die Kampfmoral der Truppen ihren Waffen nicht ebenbürtig ist. Bei uns aber ist die Lage umgekehrt: Offiziere und Soldaten haben ein gemeinsames politisches Ziel im Widerstandskrieg. Somit haben wir eine Grundlage für die politische Arbeit in allen Armeen, die gegen die japanische Aggression kämpfen. Die Armee muß bis zu einem bestimmten Grad eine Demokratisierung vornehmen, die in der Hauptsache darin besteht, das feudale Schimpf- und Prügelsystem abzuschaffen und zu erreichen, daß Offiziere und Soldaten Wohl und Wehe miteinander teilen. Wird das verwirklicht, dann wird die Einheit zwischen Offizieren und Soldaten hergestellt sein, wird sich die Kampfkraft der Truppen bedeutend steigern und wird kein Zweifel daran bestehen, daß wir den langen und erbitterten Krieg aushalten können.
114. Die stärkste Kraftquelle für die Kriegführung liegt in den Volksmassen. Japan wagt es hauptsächlich deshalb, uns zu terrorisieren, weil die Volksmassen Chinas unorganisiert sind. Wenn dieser Mangel behoben ist, dann wird der japanische Aggressor von unserem Hunderte Millionen zählenden Volk, das sich erhoben hat, eingekreist sein - wie ein tollwütiger Stier, der in einen Feuerring geraten ist; wir brauchen ihn nur anzuschreien, und das wird ihm bereits Furcht und Schrecken einjagen; dieser Stier wird unentrinnbar in den Flammen umkommen. China braucht einen ununterbrochenen Strom von Verstärkungen für die Armee; die jetzt allerorts bestehende unsinnige Praxis der Rekrutierung durch das "Einfangen" und "Kaufen" von Soldaten[Anmerkung 57] ist unverzüglich zu verbieten und durch eine breite und leidenschaftliche politische Aufklärung zu ersetzen; dann wird es leicht sein, nötigenfalls Millionen von Menschen in die Armee einzuberufen. Im Verlauf des Widerstandskriegs haben wir große finanzielle Schwierigkeiten, aber wenn die Volksmassen erst einmal mobilisiert sind, werden auch die Finanzen kein Problem mehr für uns sein. Ist es denn möglich, daß ein Staat, der über ein so riesiges Territorium und über eine so große Bevölkerung verfügt, an Geldarmut leidet? Die Armee muß mit dem Volk zu einem Ganzen verschmelzen, so daß sie vom Volk als seine eigene Armee angesehen wird. Eine solche Armee wird unbesiegbar sein und bei weitem genug Kräfte haben, um eine imperialistische Macht wie Japan zu zerschlagen.
115. Wenn es vielen Leuten nicht gelungen ist, die Beziehungen zwischen Offizieren und Soldaten, zwischen der Armee und den Volksmassen gut zu regeln, meinen sie, es liege an unrichtigen Methoden; ich sage ihnen aber immer, daß es sich um die grundlegende Einstellung (oder das grundlegende Prinzip) handelt, nämlich darum, ob man Achtung vor den Soldaten, vor dem Volk hat. Aus dieser Einstellung ergeben sich dann die verschiedenen politischen Richtlinien, Methoden und Handlungsweisen. Kommt man von dieser Einstellung ab, dann sind falsche politische Richtlinien, falsche Methoden und Handlungsweisen die unausbleibliche Folge, dann wird man auf keinen Fall die Beziehungen zwischen Offizieren und Soldaten sowie zwischen Armee und Volk gut regeln können. Für die politische Arbeit in der Armee gelten drei bedeutsame Grundsätze: erstens, Einheit zwischen Offizieren und Soldaten, zweitens, Einheit von Armee und Volk, drittens, Zersetzung der feindlichen Armee. Um diese Grundsätze wirksam in die Tat umzusetzen, muß man von der grundlegenden Einstellung ausgehen, nämlich der Achtung vor den Soldaten, der Achtung vor dem Volk und der Achtung vor der Menschenwürde der Kriegsgefangenen, die ihre Waffen gestreckt haben. Jene Leute, die das nicht für eine Frage der Grundeinstellung, sondern für eine technische Frage halten, befinden sich fürwahr im Unrecht, und sie müssen ihre Ansicht korrigieren.
116. Im gegenwärtigen Augenblick, da die Verteidigung von Wuhan und anderen Punkten so dringend geworden ist, wird es zu unserer wichtigsten Aufgabe, die Aktivität der gesamten Armee und des ganzen Volkes zur Unterstützung des Krieges voll zu entfalten. Es ist ohne jeden Zweifel notwendig, die Aufgabe der Verteidigung Wuhans und anderer Orte mit allem Ernst zu stellen und zu erfüllen. Die Frage, ob wir diese Orte fest in unserer Hand behalten können, wird jedoch letzten Endes nicht durch den subjektiven Wunsch, sondern durch die konkreten Bedingungen entschieden. Eine der wichtigsten konkreten Bedingungen ist die politische Mobilisierung der gesamten Armee und des ganzen Volkes zum Kampf. Wenn nicht alle Anstrengungen gemacht werden, die hierfür notwendigen Bedingungen zu schaffen, ja selbst wenn auch nur eine einzige dieser Bedingungen fehlt, werden wir unvermeidlich solche Fehler, die zum Verlust von Nanking und anderen Orten geführt haben, wiederholen. Wo das chinesische Madrid sein wird, hängt davon ab, ob dort die gleichen Bedingungen wie in Madrid geschaffen sein werden. In der Vergangenheit gab es bei uns nicht ein einziges Madrid, künftighin aber müssen wir uns bemühen, mehrere Madrids zu schaffen. Die Möglichkeit dafür wird aber voll und ganz von den Bedingungen abhängen. Und die wesentlichste dieser Bedingungen ist die breite politische Mobilisierung der gesamten Armee und des gesamten Volkes.
117. In unserer ganzen Arbeit müssen wir an dem auf der antijapanischen nationalen Einheitsfront beruhenden allgemeinen Kurs festhalten, denn nur dieser Kurs sichert die Möglichkeit, im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression auszuharren und den langwierigen Krieg durchzuhalten, die Möglichkeit, eine allseitige und durchgreifende Verbesserung der Beziehungen zwischen Offizieren und Soldaten sowie zwischen Armee und Volk durchzusetzen, die Möglichkeit, die Aktivität der gesamten Armee und des gesamten Volkes zur Verteidigung aller noch verbliebenen Gebiete und zur Rückgewinnung aller verlorenen Territorien restlos zu entfalten, und schließlich die Möglichkeit, den endgültigen Sieg zu erringen.
118. Diese politische Mobilisierung der Armee und des Volkes ist eine wirklich außerordentlich wichtige Sache. Wir kommen, ohne Wiederholungen zu scheuen, immer wieder darauf zurück, eben weil man ohne eine solche Mobilisierung unmöglich siegen kann. Es gibt natürlich noch viele andere unerläßliche Voraussetzungen, bei deren Fehlen es auch unmöglich ist zu siegen, aber diese Bedingung ist die fundamentalste Grundlage des Sieges. Die antijapanische nationale Einheitsfront ist die Einheitsfront der gesamten Armee und des gesamten Volkes und keineswegs die Einheitsfront allein der Parteikomitees und der Mitglieder einiger weniger politischer Parteien. Das Hauptziel, wofür die antijapanische nationale Einheitsfront geschaffen wird, ist die Mobilisierung der gesamten Armee und des gesamten Volkes zur Teilnahme an dieser Front.
Schlussfolgerungen
119. Was sind die Schlußfolgerungen? Die Schlußfolgerungen lauten: "Unter welchen Bedingungen kann China die Kräfte des japanischen Imperialismus besiegen und vernichten? Drei Bedingungen sind notwendig: erstens Schaffung einer antijapanischen Einheitsfront in China; zweitens Schaffung einer internationalen antijapanischen Einheitsfront; drittens Aufschwung der revolutionären Bewegung des japanischen Volkes und der Völker der japanischen Kolonien. Vom Standpunkt des chinesischen Volkes aus ist der große Zusammenschluß des chinesischen Volkes selbst die wichtigste von diesen drei Bedingungen." "Wie lange wird dieser Krieg dauern? Das hängt von der Stärke der antijapanischen Einheitsfront in China sowie von vielen anderen entscheidenden Faktoren in China und in Japan ab." "Wenn aber diese Bedingungen nicht in kurzer Zeit verwirklicht werden, dann wird sich der Krieg in die Länge ziehen, das Ergebnis jedoch wird das gleiche sein: Japan wird eine Niederlage erleiden, und China wird siegen - nur werden in diesem Fall die Opfer größer sein, und wir werden eine Periode schwerer Leiden durchmachen müssen." "Unser strategischer Kurs muß darin bestehen, unsere Hauptstreitmacht zu Operationen auf einer sehr langgestreckten und beweglichen Kampflinie einzusetzen. Um Siege zu erringen, muß die chinesische Armee einen Krieg von hochgradiger Beweglichkeit auf einem ausgedehnten Kriegsschauplatz führen." "Neben dem Einsatz ausgebildeter Truppen zur Führung des Bewegungskriegs müssen wir zahlreiche Partisanenabteilungen aus den Reihen der Bauern aufstellen." "Im Verlauf des Krieges wird . . . sich die Bewaffnung der chinesischen Armee nach und nach verbessern. Daher wird China in der letzten Periode des Krieges in der Lage sein, zum Stellungskrieg überzugehen und die Stellungen der Japaner auf dem von ihnen besetzten Territorium anzugreifen. So wird die Wirtschaft Japans infolge seiner langdauernden Erschöpfung durch den chinesischen Widerstandskrieg zusammenbrechen, während die Moral der japanischen Truppen in unzähligen aufreibenden Kämpfen gebrochen sein wird. Was jedoch China anbelangt, so werden seine potentiellen Widerstandskräfte von Tag zu Tag anwachsen und einen Aufschwung erfahren, und die revolutionären Volksmassen werden in einem ununterbrochenen, mächtigen Strom an die Front treiben und für die Freiheit kämpfen. In Verbindung mit anderen Faktoren werden all diese Faktoren es uns ermöglichen, einen endgültigen, vernichtenden Schlag gegen die Befestigungen und Stützpunkte in den von Japan besetzten Gebieten zu führen und die japanischen Aggressionstruppen aus China zu vertreiben." (Aus dem Gespräch mit Edgar Snow im Juli 1936.) "In der politischen Lage Chinas hat somit ein neues Stadium begonnen . . : Die zentrale Aufgabe im gegenwärtigen Stadium besteht darin, alle Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg zu mobilisieren." "Der Schlüssel zum Sieg im Widerstandskrieg ist die Entfaltung des bereits begonnenen Widerstands zu einem totalen Widerstand der ganzen Nation. Nur durch einen solchen totalen Widerstandskrieg der ganzen Nation werden wir den endgültigen Sieg erringen können." "Infolge der ernsten Schwäche im gegenwärtigen Widerstandskrieg kann es im weiteren Verlauf des Krieges viele Rückschläge, Rückzüge, innere Spaltungen und Verräterei, zeitweilige und teilweise Kompromisse sowie andere ungünstige Zustände geben. Man muß daher einsehen, daß dieser Widerstandskrieg ein schwerer langwieriger Krieg sein wird. Aber wir sind überzeugt, daß der bereits ins Rollen gekommene Widerstandskrieg dank den Bemühungen unserer Partei und des ganzen Volkes alle Hindernisse hinwegfegen, weiterhin vorwärtsschreiten und sich entwickeln wird." (Aus dem "Beschluß des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas über die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Partei" vom August 1937.) Das sind die Schlußfolgerungen. In den Augen der Anhänger der Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas ist der Gegner übernatürlich stark, während ihnen China unbedeutend wie ein Grashalm erscheint. Die Anhänger der Theorie vom raschen Sieg halten umgekehrt den Gegner für einen unbedeutenden Grashalm, während ihnen China übernatürlich stark erscheint. Die einen wie die anderen haben unrecht. Wir sind einer von Grund auf anderen Meinung als diese und als jene: Der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression wird ein langwieriger Krieg sein, und der endgültige Sieg wird China gehören - das ist unsere Schlußfolgerung.
120. Damit beende ich meine Vorlesungen. Im gegebenen Augenblick, da sich der große Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression entfaltet, wünschen sich sehr viele Leute eine Verallgemeinerung der vorhandenen Erfahrungen, um sie für die Erringung des vollen Sieges auszuwerten. Das, was ich hier vorgetragen habe, ist nichts als das Allgemeine, das sich aus den Erfahrungen der abgelaufenen zehn Monate ableitet; wenn man will, kann man das als eine gewisse Verallgemeinerung betrachten. Die von mir aufgeworfenen Fragen verdienen allgemeine Beachtung und breite Erörterung. Ich habe nur einen allgemeinen Überblick über diese Fragen gegeben und hoffe, daß sie die anwesenden Genossen studieren und diskutieren werden, daß ihr eure Korrekturen und Ergänzungen vornehmen werdet.
Der Platz der Kommunistischen Partei Chinas im nationalen Krieg
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.229-248
(Oktober 1938)[Anmerkung 58]
Genossen! Eine strahlende Zukunft liegt vor uns; wir müssen den japanischen Imperialismus besiegen, wir müssen ein neues China aufbauen, und wir werden diese Ziele ganz gewiß erreichen. Doch zwischen der Gegenwart und jener strahlenden Zukunft liegt ein Weg voller Schwierigkeiten. Die Kommunistische Partei Chinas und das ganze chinesische Volk müssen in ihrem Ringen um ein lichtvolles China einen planmäßigen Kampf gegen die japanischen Eindringlinge führen; und diese können erst nach einem langwierigen Krieg besiegt werden. Über die mannigfaltigen Probleme dieses Krieges haben wir bereits recht viel gesprochen. Wir haben die seit Beginn des Widerstandskriegs gemachten Erfahrungen zusammengefaßt; wir haben eine Einschätzung der gegenwärtigen Lage gegeben; wir haben die dringenden Aufgaben, vor denen die ganze Nation steht, formuliert; wir haben klargestellt, warum man mit Hilfe einer dauerhaften antijapanischen nationalen Einheitsfront einen langwierigen Krieg durchhalten muß, und erklärt, wie dies zu geschehen hat; und wir haben auch die internationale Situation analysiert. Welche Fragen sind also noch offen geblieben? Es gibt da noch eine Frage, Genossen, nämlich: Welchen Platz nimmt die Kommunistische Partei Chinas im nationalen Krieg ein, oder wie sollen die Kommunisten ihre Rolle auffassen, ihre Kräfte stärken und ihre Reihen zusammenschließen, um diesen Krieg zum Sieg führen zu können, nicht aber zu einer Niederlage?
Patriotismus und Internationalismus
Kann ein Kommunist als Internationalist gleichzeitig auch ein Patriot sein? Wir sind der Meinung, daß er das nicht nur kann, sondern auch muß. Der konkrete Inhalt des Patriotismus wird durch die historischen Bedingungen bestimmt. Es gibt einen "Patriotismus" der japanischen Aggressoren und Hitlers, und es gibt unseren Patriotismus. Den sogenannten "Patriotismus" der japanischen Aggressoren und Hitlers müssen die Kommunisten entschieden bekämpfen. Die japanischen und die deutschen Kommunisten sind hinsichtlich der Kriege, die ihre Länder führen, Defätisten. Es liegt im Interesse sowohl des japanischen wie des deutschen Volkes, mit allen Mitteln darauf hinzuwirken, daß die Kriege der japanischen Aggressoren und Hitlers mit einer Niederlage enden, und je gründlicher deren Niederlage sein wird, desto besser. In dieser Richtung müssen die Kommunisten Japans und Deutschlands arbeiten, und gerade das tun sie auch. Denn die von den japanischen Aggressoren und Hitler geführten Kriege sind unheilvoll nicht nur für die Völker der Welt, sondern auch für die Völker Japans und Deutschlands. China befindet sich in einer anderen Lage, denn es ist Opfer einer Aggression. Deshalb müssen die chinesischen Kommunisten den Patriotismus mit dem Internationalismus verbinden. Wir sind Internationalisten, und wir sind auch Patrioten; unsere Losung lautet: Kampf zur Verteidigung des Vaterlands gegen die Aggressoren! Für uns ist Defätismus ein Verbrechen, die Erringung des Sieges im Widerstandskrieg aber eine unabweisliche Pflicht. Denn nur durch den Kampf zur Verteidigung des Vaterlands können wir die Aggressoren besiegen und die nationale Befreiung erreichen. Und nur wenn die Nation befreit ist, kann die Befreiung des Proletariats, des ganzen werktätigen Volkes herbeigeführt werden. Der Sieg Chinas und die Zerschlagung der Imperialisten, die China überfallen haben, werden auch eine Hilfe für die Völker der anderen Länder sein. Deshalb ist der Patriotismus die Verwirklichung des Internationalismus im nationalen Befreiungskrieg. Das ist der Grund, warum jeder Kommunist höchste Aktivität entfalten, tapfer und entschlossen auf das Schlachtfeld des nationalen Befreiungskriegs ziehen und das Gewehr auf die japanischen Aggressoren anlegen muß. Das ist der Grund, warum unsere Partei gleich nach den Ereignissen des 18. September aufgerufen hat, mit einem nationalen Selbstschutz-Krieg den japanischen Aggressoren Widerstand entgegenzusetzen, warum sie später die Bildung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront vorgeschlagen hat, warum sie der Roten Armee befohlen hat, sich zur antijapanischen Nationalrevolutionären Armee zu reorganisieren und an die Front zu marschieren, warum sie ihre Mitglieder angewiesen hat, ihren Platz in den vordersten Linien des Widerstandskriegs gegen Japan einzunehmen, um das Vaterland bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Alle diese patriotischen Handlungen sind richtig und stellen, weit davon entfernt, dem Internationalismus auch nur im mindesten zuwiderzulaufen, gerade seine Verwirklichung in China dar. Nur politische Wirrköpfe oder Leute, die Hintergedanken haben, können davon schwatzen, daß wir falsch gehandelt und den Internationalismus preisgegeben hätten.
Die Rolle der Kommunisten als Vorbild im nationalen Krieg
Aus den dargelegten Gründen müssen die Kommunisten im nationalen Krieg ihre hohe Aktivität bekunden; sie müssen das konkret auf allen Gebieten tun, das heißt, sie müssen in jeder Hinsicht ihre Rolle als Vorhut und Vorbild zur Geltung bringen. Unser Krieg verläuft unter schwierigen Umständen. Die breiten Volksmassen haben noch nicht genug Nationalbewußtsein, nicht genug nationale Selbstachtung und nationales Selbstvertrauen; sie sind in ihrer großen Mehrheit unorganisiert; unsere militärischen Kräfte sind nicht stark, unsere Wirtschaft ist rückständig, unsere politische Ordnung ist undemokratisch; im Land existieren Fäulniserscheinungen und pessimistische Stimmungen; innerhalb der Einheitsfront mangelt es an Geschlossenheit und Festigkeit. Das alles und noch anderes ergeben diese schwierigen Umstände. Infolgedessen müssen die Kommunisten bewußt die schwere Verantwortung auf sich nehmen, das ganze Volk zur Überwindung der verschiedenen Übelstände zusammenzuschließen. Hierbei ist die Rolle der Kommunisten als Vorhut und Vorbild von größter Bedeutung. Die Kommunisten in der Achten Route-Armee und in der Neuen Vierten Armee müssen ein Vorbild an Tapferkeit im Kampf und ein Vorbild bei der Ausführung der Befehle sein, sie müssen vorbildlich Disziplin halten und politische Arbeit leisten, und sie müssen auch bei der Wahrung der inneren Einheit und Geschlossenheit als Vorbild dienen. Wenn sie mit den befreundeten Parteien und Armeen in Berührung kommen, müssen sie auf dem Standpunkt des Zusammenschlusses zum Widerstand gegen Japan beharren, an dem Programm der Einheitsfront festhalten und als Vorbild dienen bei der Durchführung der vom Widerstandskrieg gestellten Aufgaben; sie müssen ihr Wort halten, und ihre Taten müssen entschlossen sein; sie müssen frei von Hochmut sein, offenherzig und geradsinnig mit den befreundeten Parteien und Armeen beratschlagen und zusammenarbeiten und als Vorbild dienen in den gegenseitigen Beziehungen zwischen den in der Einheitsfront zusammengeschlossenen Parteien. Ein in Regierungsdiensten stehender Kommunist muß ein Vorbild an absoluter Integrität sein, muß darin, daß es keine Vetternwirtschaft betreibt, hart arbeitet, aber ein geringes Entgelt bezieht, als Vorbild dienen. Ein in den Massenbewegungen tätiger Kommunist muß ein Freund der Volksmassen sein und darf sich nicht als ihr Vorgesetzter aufspielen; er muß als ihr unermüdlicher Lehrer auftreten, nicht aber als bürokratischer Politiker. Niemals und nirgends darf ein Kommunist seine persönlichen Interessen an die erste Stelle setzen; er muß sie den Interessen der Nation und der Volksmassen unterordnen. Deshalb sind Selbstsucht, Passivität und Lässigkeit, Bestechlichkeit, Geltungsdrang usw. höchst verächtlich; dagegen sind Selbstlosigkeit, Aktivität und Eifer, Selbstaufopferung für das Gemeinwohl und zähe, harte Arbeit achtunggebietend. Die Kommunisten müssen sich gemeinsam mit allen nicht der Partei angehörenden fortschrittlichen Menschen einträchtig darum bemühen, daß sich das ganze Volk zur Überwindung der verschiedenen Übelstände zusammenschließt. Man muß begreifen, daß die Kommunisten nur einen kleinen Teil der Nation bilden und daß es außerhalb der Partei breite Kreise von fortschrittlichen Menschen und Aktivisten gibt, mit denen wir zusammenarbeiten müssen. Es wäre grundfalsch zu glauben, daß nur wir allein zu etwas gut wären, alle anderen aber zu nichts taugten. Die Kommunisten dürfen rückständige Menschen nicht geringschätzig oder verächtlich behandeln, sie müssen sich vielmehr ihnen annähern und sich mit ihnen zusammenschließen, sie überzeugen und sie ermutigen, vorwärtszuschreiten. Die Kommunisten dürfen jene Menschen, die in ihrer Arbeit Fehler begangen haben - mit Ausnahme unverbesserlicher Elemente -, nicht von sich stoßen, sondern sie müssen durch Überzeugung auf sie einwirken, damit sie sich von Grund auf zum Besseren wandeln, das Alte ablegen und von neuem beginnen. Der Kommunist muß ein Vorbild sowohl an Realitätssinn wie an Weitblick sein. Denn nur wenn man die Wahrheit in den Tatsachen sucht, kann man die gestellten Aufgaben lösen; und nur wenn man weit vorausschauen kann, verliert man beim Vorwärtsschreiten nicht die Orientierung. Deshalb müssen die Kommunisten auch beim Lernen ein Vorbild sein; sie sollten zu jeder Zeit sowohl die Lehrer der Massen als auch ihre Schüler sein. Nur wenn man von den Massen, aus den aktuellen Umständen und bei den befreundeten Parteien und Armeen lernt und sie gut kennt, kann man Realitätssinn in der Arbeit und Weitblick für die Zukunft bekunden. In einem langwierigen Krieg und unter schwierigen Umständen können nur dann, wenn die Kommunisten mit den befreundeten Parteien und Armeen sowie mit allen fortschrittlichen Menschen unter den Volksmassen zusammenarbeiten und ihre Rolle als Vorhut und Vorbild in höchstem Maße zur Geltung bringen, alle lebendigen Kräfte der Nation zum Kampf für die Überwindung der Schwierigkeiten, für den Sieg über den Feind und für den Aufbau eines neuen China mobilisiert werden.
Die ganze Nation zusammenschließen und gegen die feindlichen Agenten in ihrer Mitte kämpfen
Um die Schwierigkeiten zu überwinden, den Feind zu besiegen und ein neues China aufzubauen, gibt es nur einen einzigen Weg: Festigung und Erweiterung der antijapanischen nationalen Einheitsfront und Mobilisierung aller lebendigen Kräfte der Nation. In den Reihen unserer nationalen Einheitsfront gibt es jedoch bereits feindliche Agenten, die eine Wühltätigkeit betreiben, nämlich Landesverräter, Trotzkisten und projapanische Elemente. Die Kommunisten müssen vor diesen Agenten stets auf der Hut sein, mit authentischen Beweisen ihre Verbrechen entlarven und das Volk davor warnen, ihnen auf den Leim zu gehen. Die Kommunisten müssen ihre politische Wachsamkeit gegenüber den feindlichen Agenten innerhalb der Nation erhöhen. Die Kommunisten müssen verstehen, daß die Erweiterung und Festigung der nationalen Einheitsfront untrennbar mit der Entlarvung und Liquidierung der Agenten verbunden ist. Es wäre völlig falsch, nur auf die eine Seite zu achten, die andere aber zu vergessen.
Die Reihen der Kommunistischen Partei erweitern und das Eindringen feindlicher Agenten verhindern
Um die Schwierigkeiten zu überwinden, den Feind zu besiegen und ein neues China aufzubauen, muß sich die Kommunistische Partei organisatorisch stärken, muß sie allen jenen unter den breiten Massen der Arbeiter, der Bauern und der Jugendaktivisten, die wahrhaft revolutionär sind, an die Lehren der Partei glauben, ihre Politik unterstützen und willens sind, die Parteidisziplin einzuhalten und eifrig mitzuarbeiten, ihre Tore öffnen und damit zu einer großen Massenpartei werden. Hierbei kann eine Tendenz zur Politik der verschlossenen Tür nicht zugelassen werden. Gleichzeitig aber darf die Wachsamkeit gegenüber dem Eindringen feindlicher Agenten keineswegs fehlen. Der Geheimdienst des japanischen Imperialismus versucht stets, unsere Partei zu unterwühlen und versteckte Landesverräter, Trotzkisten, projapanische Elemente, korrumpierte Leute und Karrieristen unter der Maske von Aktivisten in die Partei einzuschleusen. Solchen Elementen gegenüber dürfen wir nicht einen Augenblick lang in unserer Wachsamkeit nachlassen und die gebotenen Vorsichtsmaßregeln lockern. Wir dürfen nicht aus Furcht vor feindlichen Agenten die Tore unserer Partei verschließen; die Reihen unserer Partei kühn zu erweitern, das ist unsere festgelegte Linie. Wir dürfen aber bei der kühnen Erweiterung unserer Reihen auch nicht Sorglosigkeit an den Tag legen und feindlichen Agenten sowie Karrieristen Gelegenheit geben, in die Parteireihen einzudringen. Wenn man nur auf die eine Seite achtet, die andere aber vergißt, wird man Fehler begehen. Die richtige Politik kann nur lauten: "Die Reihen der Partei kühn erweitern, aber kein einziges schlechtes Element in sie eindringen lassen!"
Sowohl auf der Einheitsfront als auch auf der Unabhängigkeit der Partei beharren
Daß man nur durch das Festhalten an der nationalen Einheitsfront die Schwierigkeiten überwinden, den Feind besiegen und ein neues China aufbauen kann, steht außer jedem Zweifel. Gleichzeitig muß jedoch die Unabhängigkeit aller in der Einheitsfront zusammengefaßten Parteien und Gruppen auf ideologischem, politischem und organisatorischem Gebiet gewahrt bleiben; das gilt in gleichem Maße sowohl für die Kuomintang als auch für die Kommunistische Partei oder eine beliebige andere Partei bzw. Gruppe. Das Prinzip der Demokratie - eines der Drei Volksprinzipien - besagt hinsichtlich der Parteien und Gruppen, daß diese Bündnisse untereinander eingehen, aber dabei auch unabhängig voneinander existieren dürfen. Nur von der Einheit reden und die Unabhängigkeit verneinen heißt sich von dem Prinzip der Demokratie lossagen, womit weder unsere Kommunistische Partei noch irgendeine andere Partei einverstanden sein kann. Es ist gar keine Frage, daß die Unabhängigkeit innerhalb der Einheitsfront nur eine relative und nicht eine absolute sein kann; wenn man sie als absolut betrachtet, so kann das dem allgemeinen Kurs auf den Zusammenschluß gegen den Feind Abbruch tun. Diese relative Unabhängigkeit darf man jedoch keineswegs verleugnen, und jede Partei muß - sei es in ideologischer, sei es in politischer, sei es in organisatorischer Hinsicht - ihre relative Unabhängigkeit, d. h. das Recht auf relative Freiheit besitzen. Wird dieses Recht verweigert, oder verzichtet man freiwillig auf es, dann kann das ebenfalls dem allgemeinen Kurs auf den Zusammenschluß gegen den Feind Abbruch tun. Das muß jeder Kommunist und ebenso auch jedes Mitglied einer befreundeten Partei verstehen.
Das gleiche gilt für die Beziehungen zwischen Klassenkampf und nationalem Kampf. Es ist ein festgelegter Grundsatz, daß im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression alles den Interessen des Krieges untergeordnet sein muß. Deswegen müssen die Interessen des Klassenkampfes den Interessen des Widerstandskriegs untergeordnet sein, dürfen ihnen nicht widersprechen. Doch die Existenz der Klassen und des Klassenkampfes ist eine Tatsache; manche bestreiten diese Tatsache, leugnen die Existenz des Klassenkampfes, und das ist falsch. Die Theorien, die das Bestehen des Klassenkampfes abzustreiten versuchen, sind grundfalsch. Wir leugnen nicht den Klassenkampf, sondern regulieren ihn. Die Politik der gegenseitigen Hilfe und der gegenseitigen Zugeständnisse, für die wir eintreten, ist nicht nur auf die Parteienbeziehungen, sondern auch auf die Klassenbeziehungen anwendbar. Im Interesse des Zusammenschlusses zum Widerstand gegen Japan muß man eine geeignete Politik durchführen, bei der die Wechselbeziehungen zwischen den Klassen so reguliert werden, daß einerseits die breiten Massen der Werktätigen in politischer und materieller Hinsicht nicht schutzlos sind und andererseits auch die Interessen der Reichen Berücksichtigung finden; auf diese Weise wird man der Forderung nach Zusammenschluß gegen den Feind gerecht. Wenn man nur die eine Seite berücksichtigt, die andere Seite aber außer acht läßt, schadet man dem Widerstandskampf.
Das Ganze im Auge behalten, auf die Mehrheit Rücksicht nehmen und mit den Verbündeten zusammenarbeiten
Bei der Führung der Volksmassen im Kampf gegen den Feind müssen die Kommunisten das Ganze im Auge behalten, auf die Mehrheit Rücksicht nehmen und mit den Verbündeten zusammenarbeiten. Die Kommunisten müssen das Prinzip begreifen, daß die Erfordernisse eines Teils den Erfordernissen des Ganzen unterzuordnen sind. Wenn irgendein Vorschlag vom Standpunkt eines Teils ausführbar, aber vom Standpunkt des Ganzen unausführbar ist, muß sich der Teil dem Ganzen fügen. Ebenso verhält es sich im umgekehrten Fall: Wenn er für den Teil unausführbar, für das Ganze aber ausführbar ist, auch da muß sich der Teil dem Ganzen fügen. Das bedeutet, das Ganze im Auge zu behalten. Die Kommunisten dürfen sich niemals von der Mehrheit der Volksmassen loslösen, sie dürfen niemals vorschnell eine fortgeschrittene Minderheit abgesondert vorwärtsführen, ohne auf den Zustand der Mehrheit Rücksicht zu nehmen; sie müssen vielmehr dafür sorgen, daß zwischen den fortgeschrittenen Menschen und den breiten Massen eine enge Verbindung hergestellt wird. Das eben heißt auf die Mehrheit Rücksicht nehmen. Wo immer es demokratische Parteien oder demokratisch eingestellte Persönlichkeiten gibt, die zur Zusammenarbeit mit uns bereit sind, müssen die Kommunisten mit ihnen Rat pflegen und zusammenarbeiten. Es wäre falsch, nur nach eigenem Ermessen zu handeln, ohne die Verbündeten in Betracht zu ziehen. Ein guter Kommunist muß es verstehen, das Ganze im Auge zu behalten, auf die Mehrheit Rücksicht zu nehmen und mit den Verbündeten zusammenzuarbeiten. In dieser Hinsicht gab es bei uns in der Vergangenheit sehr große Mängel, und wir müssen darauf achten, daß wir es jetzt besser machen.
Die Kaderpolitik
Die Kommunistische Partei Chinas ist eine Partei, die inmitten einer großen, Hunderte Millionen zählenden Nation die Führung in einem großen revolutionären Kampf innehat; sie kann ihre historische Aufgabe nicht erfüllen, wenn sie nicht über eine große Zahl sowohl fachlich wie politisch qualifizierter führender Kader verfügt. In den letzten 17 Jahren hat unsere Partei nicht wenig führende Kräfte herangebildet, und auf militärischem, politischem und kulturellem Gebiet sowie in den Parteiangelegenheiten und Massenbewegungen haben wir bereits einen Stamm von Funktionären, was nicht nur der Partei, sondern auch der ganzen Nation zur Ehre gereicht. Aber dieses Kadergerüst, das uns jetzt zur Verfügung steht, reicht noch nicht aus, um das gewaltige Gebäude unseres Kampfes zu tragen, und wir müssen noch in breitem Umfang neue Kader heranbilden. Aus dem großen Kampf des chinesischen Volkes sind bereits zahlreiche Aktivisten hervorgegangen und werden weitere hervorgehen; es ist unsere Pflicht, sie zu organisieren, zu schulen, zu umsorgen und zweckdienlich einzusetzen. Nachdem die politische Linie festgelegt worden ist, werden die Kader zum entscheidenden Faktor.[Anmerkung 59] Deshalb ist die planmäßige Heranbildung zahlreicher neuer Kader unsere Kampfaufgabe.
Nicht nur um die Kader, die Parteimitglieder sind, sondern auch um die nicht der Partei angehörenden Kader muß man sich kümmern. Außerhalb der Partei gibt es viele fähige Leute, und die Kommunistische Partei darf sie nicht ignorieren. Jeder Kommunist hat die Pflicht, die hochmütigen Allüren einer Exklusivität abzulegen, die Fähigkeit zur guten Zusammenarbeit mit den Kadern, die nicht der Partei angehören, zu entwickeln, ihnen aufrichtig an die Hand zu gehen, ein herzliches Kameradschaftsverhältnis zu ihnen zu pflegen und ihre Aktivität auf die große Sache des Widerstandskriegs und des Aufbaus des Landes zu lenken.
Man muß die Kader einzuschätzen verstehen. Ein Funktionär darf nicht nur danach beurteilt werden, was er zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einer bestimmten Angelegenheit getan hat, sondern man muß auch seine ganze Vergangenheit, seine gesamte Tätigkeit prüfen. Das ist die Hauptmethode bei der Beurteilung eines Funktionärs.
Man muß die Kader einzusetzen verstehen. Die Pflichten des Leiters laufen in der Hauptsache auf zwei Aufgaben hinaus: Ideen zu entwickeln und die Kader einzusetzen. Zum Begriff "Ideen entwickeln" gehören die Ausarbeitung von Plänen und Resolutionen, die Erteilung von Anordnungen und Hinweisen u. a. Um dies alles in die Tat umzusetzen, muß man die Kader zusammenschließen und sie zur Durchführung der Arbeit in Bewegung bringen; das gehört zum Begriff "Kader einsetzen". In der Frage des Kadereinsatzes gab es in der Geschichte unserer Nation seit jeher zwei einander entgegengesetzte Linien: "Betraue den Geeigneten" lautet die eine, "Betraue den Günstling" die zweite. Die erstere ist eine ehrliche und die letztere eine unehrliche Linie. In der Kaderpolitik der Kommunistischen Partei müssen folgende Kriterien gelten: entschlossene Durchführung der Parteilinie, Einhaltung der Parteidisziplin, enge Verbundenheit mit den Massen, Fähigkeit zu selbständiger Arbeit, Arbeitseifer und Uneigennützigkeit; das eben ist die Linie "Betraue den Geeigneten". Im Gegensatz dazu stand die Kaderpolitik Dschang Guo-taos. Indem er sich an die Linie "Betraue den Günstling" hielt, sammelte er seine persönlichen Favoriten um sich und organisierte ein Fraktionsgrüppchen; am Ende gar verriet er die Partei und lief zum Feind über. Das ist eine große Lehre für uns. In Anbetracht dieser Lehre und ähnlicher historischer Lehren ist es eine ernste Pflicht des Zentralkomitees und der leitenden Genossen auf allen Ebenen, in der Frage der Kaderpolitik einen ehrlichen und gerechten Stil zu pflegen und ein unehrliches und ungerechtes Verhalten zu bekämpfen, damit die Einheit und Geschlossenheit der Partei gefestigt wird.
Man muß die Kader zu umsorgen verstehen. Die Sorge um die Kader umschließt folgende Maßregeln: Erstens, sie anleiten. Das heißt, man läßt ihnen freie Hand bei ihrer Arbeit, damit sie Mut zur Verantwortung haben; zugleich aber gibt man ihnen rechtzeitig Hinweise, damit sie, geleitet von der politischen Linie der Partei, ihre schöpferischen Fähigkeiten entfalten können. Zweitens, ihr Niveau heben. Das heißt, man gibt ihnen die Möglichkeit zu lernen und erzieht sie, damit sie ihr theoretisches Wissen vermehren und ihre Leistungsfähigkeit steigern. Drittens, man kontrolliert ihre Arbeit und hilft ihnen ihre Erfahrungen zusammenfassen, ihre Erfolge vergrößern und ihre Fehler korrigieren. Wenn man einen Auftrag erteilt, dessen Durchführung aber nicht kontrolliert, sondern erst dann aufmerksam wird, wenn ernste Fehler begangen worden sind, so ist das keine richtige Maßnahme der Sorge für die Kader. Viertens, man muß jenen Funktionären gegenüber, die Fehler begangen haben, in der Regel die Methode der Überzeugung anwenden und ihnen bei der Korrektur der Fehler helfen. Die Methode des Kampfes ist nur gegenüber Leuten anzuwenden, die ernste Fehler begangen haben und sich nicht anleiten lassen wollen. Hier ist Geduld nötig; es wäre falsch, Menschen leichthin als "Opportunisten" abzustempeln und unbesonnen die Methode der "Kampfentfaltung" anzuwenden. Fünftens, man kümmert sich fürsorglich um ihre Nöte. Wenn ein Funktionär erkrankt, oder wenn er materielle Sorgen, familiäre Probleme oder andere Schwierigkeiten hat, muß man ihm im Rahmen des Möglichen aufmerksame Fürsorge angedeihen lassen. Das sind die Maßnahmen der Sorge für die Kader.
Die Parteidisziplin
In Anbetracht der schweren Verstöße gegen die Parteidisziplin, die sich Dschang Guo-tao zuschulden kommen ließ, müssen wir die Regeln der Parteidisziplin erneut bekräftigen:
1. Unterordnung des Einzelnen unter die Organisation;
2. Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit;
3. Unterordnung der unteren Instanzen unter die oberen;
4. Unterordnung der gesamten Partei unter das Zentralkomitee.
Wer gegen diese Regeln verstößt, der untergräbt die Einheit der Partei. Die Erfahrung lehrt: Manche Personen verstoßen gegen die Disziplin, weil sie nicht wissen, was Parteidisziplin heißt, während andere, wie z. B. Dschang Guo-tao, vorsätzlich die Disziplin brechen und die Unwissenheit vieler Mitglieder für ihre bösen Absichten ausnutzen. Deshalb muß man die Parteimitglieder zur Parteidisziplin erziehen, damit die einfachen Mitglieder Disziplin halten und ferner darüber wachen können, daß die führenden Persönlichkeiten der Partei ebenfalls Disziplin halten, und so wird verhütet werden, daß sich Fälle wie der mit Dschang Guo-tao wiederholen. Um zu gewährleisten, daß sich die innerparteilichen Beziehungen in den richtigen Bahnen bewegen, müssen wir, zusätzlich zu den erwähnten vier wichtigsten Regeln der Disziplin, ausführlichere Parteiregeln ausarbeiten, die die Tätigkeit der Parteileitungen aller Ebenen vereinheitlichen sollen.
Die innerparteiliche Demokratie
Angesichts des gegenwärtigen großen Kampfes fordert die Kommunistische Partei Chinas, daß alle Leitungen sowie alle Mitglieder und Funktionäre ihre Aktivität in vollem Maße entfalten; nur dadurch kann der Sieg gesichert werden. Diese Aktivität muß konkret darin zum Ausdruck kommen, daß die Leitungen, die Funktionäre und die Mitglieder Schöpferkraft, Verantwortungsbewußtsein und Arbeitselan zeigen, daß sie den Mut haben und es verstehen, Fragen aufzuwerfen, Meinungen zu äußern, Mängel zu kritisieren sowie aus kameradschaftlicher Sorge die Tätigkeit der Leitungen und der führenden Funktionäre zu kontrollieren. Andernfalls wird die Aktivität, von der hier die Rede ist, zu einem leeren Wort. Die Entfaltung dieser Aktivität hängt aber von der Demokratisierung des Parteilebens ab. Wenn es an einem demokratischen Leben in der Partei mangelt, bleibt die Entfaltung der Aktivität ein unerreichbares Ziel. Es ist auch nur in einer Atmosphäre der Demokratie möglich, zahlreiche fähige Menschen heranzubilden. In unserem Land herrscht das patriarchalische System der Kleinproduktion vor, und es gibt im gesamtstaatlichen Maßstab bis jetzt noch keine Demokratie; diese Umstände spiegeln sich infolgedessen in unserer Partei durch ein ungenügendes demokratisches Leben wider. Solche Erscheinung verhindert in der ganzen Partei die volle Entfaltung der Aktivität. Sie wirkt sich zugleich auch in einer ungenügenden Entwicklung der Demokratie innerhalb der Einheitsfront und der Massenbewegungen aus. Deshalb müssen wir uns in der Partei mit der Erziehung zur Demokratie befassen, damit die Parteimitglieder begreifen, was ein demokratisches Leben bedeutet, welcher Zusammenhang zwischen Demokratie und Zentralismus besteht und wie der demokratische Zentralismus zu verwirklichen ist. Nur so kann man einerseits die innerparteiliche Demokratie tatsächlich erweitern und andererseits eine extreme Demokratisierung, ein die Disziplin untergrabendes Treibenlassen vermeiden.
Auch die Parteiorganisationen in unserer Armee müssen die Demokratie in notwendigem Maße erweitern, um die Aktivität der Parteimitglieder zu erhöhen und die Kampfkraft der Armee zu stärken. Doch soll in diesen Organisationen das Ausmaß der Demokratie kleiner sein als in den örtlichen Parteiorganisationen. In den einen wie in den anderen soll die innerparteiliche Demokratie der Festigung der Disziplin und der Stärkung der Kampfkraft dienen und nicht ihrer Schwächung.
Die Erweiterung der innerparteilichen Demokratie muß als ein notwendiger Schritt zur Festigung der Partei und Erweiterung ihrer Reihen betrachtet werden, als eine wichtige Waffe, mit deren Hilfe die Partei in dem großen Kampf ein pulsierendes Leben führt, ihren Aufgaben vollauf gerecht wird, neue Kräfte heranbildet und mit den Schwierigkeiten des Krieges fertig wird.
Unsere Partei ist im Zweifrontenkampf gefestigt worden und erstarkt
Allgemein gesagt hat es unsere Partei im Laufe von 17 Jahren gelernt, sich der marxistisch-leninistischen Waffe des ideologischen Kampfes zu bedienen, um falschen Ansichten innerhalb der Partei an zwei Fronten entgegenzutreten: einerseits gegen den Rechtsopportunismus, andererseits gegen den "linken" Opportunismus.
Vor dem 5. Plenum des VI. Zentralkomitees[Anmerkung 60] bekämpfte unsere Partei den Rechtsopportunismus Tschen Du-hsius und den "linken" Opportunismus des Genossen Li Li-san. Dank dem Sieg in diesen beiden innerparteilichen Kämpfen machte die Partei große Fortschritte. Nach dem 5. Plenum kam es noch zweimal zu innerparteilichen Kämpfen von historischer Bedeutung, nämlich zu dem Kampf auf der Dsunyi-Tagung und zu dem Kampf im Zusammenhang mit dem Ausschluß Dschang Guo-taos aus der Partei.
Die Dsunyi-Tagung berichtigte die während des Kampfes gegen den fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" der Kuomintang begangenen schweren prinzipiellen Fehler "links"opportunistischen Charakters, schloß die Partei und die Rote Armee zusammen und gab so dem Zentralkomitee und den Hauptkräften der Roten Armee die Möglichkeit, den Langen Marsch siegreich abzuschließen, vorgeschobene Stellungen im Widerstandskrieg gegen Japan zu beziehen und die neue Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront durchzuführen. Die Tagungen von Bahsi[Anmerkung 61] und Yenan[Anmerkung 62] (der Kampf gegen die Linie Dschang Guo-taos wurde auf der Bahsi-Tagung begonnen und auf der Yenan-Tagung abgeschlossen) haben dadurch, daß sie den Rechtsopportunismus Dschang Guo-taos bekämpften, bewirkt, daß sich alle Teile der Roten Armee vereinigten und sich die ganze Partei noch fester zusammenschloß, um den heldenhaften Widerstandskampf gegen die japanische Aggression aufzunehmen. Die beiden Arten von opportunistischen Fehlern entstanden während des revolutionären Bürgerkriegs, und ihre Besonderheit lag darin, daß sie mit dem Krieg zusammenhingen.
Welche Lehren haben wir aus diesen beiden innerparteilichen Kämpfen zu ziehen? Es sind dies die folgenden:
1. Jene schweren prinzipiellen Fehler, die ihren Ausdruck im Kampf gegen den fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" der Kuomintang fanden und auf mangelndes Verständnis für die Besonderheiten des revolutionären Krieges in China zurückzuführen sind, enthielten eine Tendenz "linker" Fiebrigkeit, die sich um die subjektiven und objektiven Bedingungen nicht kümmert; diese Tendenz ist äußerst schädlich für einen revolutionären Krieg, und sie ist schädlich für jede revolutionäre Bewegung überhaupt.
2. Der Opportunismus Dschang Guo-taos war ein Rechtsopportunismus im revolutionären Krieg und stellte dem Inhalt nach eine Kombination der Rückzugspolitik Dschang Guo-taos, seines Militärmachthabertums und seiner parteifeindlichen Tätigkeit dar. Erst nach Überwindung dieses Opportunismus war es möglich, daß sich die breite Masse der Funktionäre und Parteimitglieder in den Reihen der 4. Frontarmee der Roten Armee, die ausgezeichnete Eigenschaften aufwies und einen langjährigen heldenhaften Kampf geführt hatte, aus der Gewalt des Opportunismus Dschang Guo-taos befreite und auf die richtige Linie des Zentralkomitees zurückkehrte.
3. Im zehnjährigen Agrarrevolutionären Krieg hat die große organisatorische Arbeit - ob beim militärischen Aufbau, in der Regierungsarbeit, in der Massenarbeit oder beim Parteiaufbau - große Erfolge gezeitigt. Wäre der heroische Kampf an der Front nicht durch eine solche organisatorische Arbeit unterstützt worden, dann hätten wir den erbitterten Krieg gegen Tschiang Kai-schek nicht durchhalten können. Aber in der letzten Periode dieses Krieges wurden in der Kader- und Organisationspolitik der Partei schwere prinzipielle Fehler begangen, die sich in Tendenzen zum Sektierertum, in einer Sucht, mit Strafmaßnahmen vorzugehen, und in Überspitzungen bei ideologischen Kämpfen äußerten. Das war das Ergebnis dessen, daß man damals nicht vermocht hatte, die letzten Reste der Linie Li Li-sans auszumerzen, und daß man zu jener Zeit auf politischem Gebiet prinzipielle Fehler beging. Diese Fehler wurden ebenfalls auf der Dsunyi-Tagung berichtigt, und das ermöglichte der Partei, auf dem Gebiet der Kaderpolitik und der Organisationsprinzipien auf den richtigen Weg zurückzufinden. Was die organisatorische Linie Dschang Guo-taos betrifft, so bedeutete sie eine völlige Abkehr von sämtlichen Prinzipien der Kommunistischen Partei, eine Untergrabung der Parteidisziplin und eine fraktionelle Tätigkeit, die sich zu einem Kampf gegen die Partei, gegen ihr Zentralkomitee und gegen die Komintern entwickelte. Das Zentralkomitee machte alle nur möglichen Anstrengungen, um den hinsichtlich der Linie begangenen verbrecherischen Fehler Dschang Guo-taos zu überwinden und dessen parteifeindliche Tätigkeit zu unterbinden, und versuchte auch, ihn selbst zu retten. Da aber Dschang Guo-tao sich nicht nur hartnäckig weigerte, seine Fehler zu korrigieren, und eine doppelzünglerische Haltung einnahm, sondern in der Folge sogar die Partei verriet und zur Kuomintang überlief, mußte die Partei entschlossen handeln und ihn aus ihren Reihen ausschließen. Diese Disziplinarmaßnahme wurde nicht nur von der ganzen Partei, sondern auch von all denen unterstützt, die der Sache der nationalen Befreiung ergeben sind. Auch die Kommunistische Internationale hat diese Maßnahme bestätigt und Dschang Guotao als Deserteur und Verräter gebrandmarkt.
Diese dargelegten Lehren und Errungenschaften haben die notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß wir nunmehr die ganze Partei zusammenschließen, ihre ideologische, politische und organisatorische Einheit festigen und den Widerstandskrieg siegreich ausfechten können. Unsere Partei ist im Zweifrontenkampf gefestigt worden und erstarkt.
Der gegenwärtige Kampf an zwei Fronten
Unter den nunmehrigen Verhältnissen des Widerstandskriegs gewinnt auf politischem Gebiet der Kampf gegen den rechten Pessimismus überragende Bedeutung; gleichzeitig aber muß man nach wie vor den Kampf gegen die "linke" Fiebrigkeit im Auge behalten. In Fragen der Einheitsfront sowie der Partei- und Massenorganisationen muß man den Kampf gegen die "linke" Tendenz einer Politik der verschlossenen Tür fortsetzen, um die Zusammenarbeit mit allen antijapanischen Parteien und Gruppen zu verwirklichen sowie die Reihen der Kommunistischen Partei und die Massenbewegung zu erweitern; gleichzeitig aber muß man sein Augenmerk auf den Kampf gegen die rechtsopportunistische Tendenz einer bedingungslosen Zusammenarbeit und einer bedingungslosen Erweiterung richten, da andernfalls sowohl die Zusammenarbeit wie die Erweiterung behindert wären und sich in eine kapitulantenhafte Zusammenarbeit und eine prinzipienlose Erweiterung verwandeln würden.
Der ideologische Zweifrontenkampf muß in jedem Falle den konkreten Umständen angemessen sein; man darf keineswegs subjektiv an die Probleme herangehen und die üble Praxis der Vergangenheit, "Etiketten anzuhängen", fortsetzen.
Im Kampf gegen Abweichungen muß man der Bekämpfung des Doppelzünglertums ernste Aufmerksamkeit zuwenden. Denn die größte Gefahr des Doppelzünglertums besteht darin, daß es sich zu einer fraktionellen Tätigkeit entwickeln kann; die Geschichte mit Dschang Guo-tao ist gerade ein Beweis dafür. Öffentlich sich fügen; insgeheim sich widersetzen, mit den Lippen bejahen, im Herzen verneinen, ins Gesicht schönklingende Worte sagen, hinter dem Rücken stänkern - das eben ist es, worin sich das Doppelzünglertum äußert, Nur wenn die Funktionäre und Mitglieder der Partei ihre Wachsamkeit gegenüber dem Doppelzünglertum erhöhen, kann die Parteidisziplin gefestigt werden.
Das Studium
Allgemein gesagt müssen alle jene Kommunisten, die entsprechende Fähigkeiten haben, die Theorie von Marx, Engels, Lenin und Stalin sowie die Geschichte unserer Nation und die Bewegung der Gegenwart in ihrer augenblicklichen Verfassung und ihrer Entwicklungstendenz studieren; überdies müssen durch diese Genossen die Parteimitglieder mit einem relativ niedrigen Bildungsniveau erzogen werden. Insbesondere die Funktionäre müssen das Schwergewicht auf dieses Studium legen, wobei vor allem die Mitglieder des Zentralkomitees und die
|245| hochgestellten Funktionäre es zu intensivieren haben. Eine politische Partei, die eine große revolutionäre Bewegung führt, kann nicht siegreich sein, wenn sie über keine revolutionäre Theorie verfügt, keine Geschichtskenntnisse besitzt, kein tiefes Verständnis für die praktische Bewegung hat.
Die Theorie von Marx, Engels, Lenin und Stalin hat universelle Geltung. Wir dürfen aber ihre Theorie nicht als ein Dogma, sondern müssen sie als eine Anleitung zum Handeln betrachten. Man darf sich nicht mit dem Erlernen der marxistisch-leninistischen Terminologie begnügen, sondern muß den Marxismus-Leninismus als die Wissenschaft von der Revolution studieren. Es genügt nicht, wenn wir die Schlußfolgerungen betreffend die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten begreifen, die Marx, Engels, Lenin und Stalin auf Grund eines umfassenden Studiums des realen Lebens und der revolutionären Erfahrungen gezogen haben, sondern wir müssen uns auch ihren Standpunkt und ihre Methode bei der Betrachtung und Lösung der Probleme zu eigen machen. Wohl ist es um die marxistisch-leninistische Schulung in unserer Partei jetzt etwas besser bestellt als früher, doch wird sie noch viel zu wenig umfassend und viel zu wenig eindringlich betrieben. Wir haben die Aufgabe, eine große, Hunderte Millionen Menschen zählende Nation in einem beispiellosen gewaltigen Kampf zu führen. Daher ist die Aufgabe einer Verbreitung und Vertiefung des Studiums der marxistisch-leninistischen Theorie für uns ein dringendes großes Problem, das wir nur lösen können, wenn wir uns ernsthaft darum bemühen. Ich hoffe, daß nach diesem Plenum in der ganzen Partei ein Lernwettbewerb entfaltet wird, und wir werden dann sehen, wer wirklich etwas erlernt hat, wer mehr und besser lernt. Sofern es um die Übernahme der Hauptverantwortung in der Führung geht, wird die Kampfkraft unserer Partei viel größer und unsere Aufgabe, den japanischen Imperialismus niederzuschlagen, schneller erfüllt sein, wenn ein- oder zweihundert Genossen vorhanden sind, die sich den Marxismus-Leninismus systematisch und nicht fragmentarisch, in Verbindung mit der Praxis und nicht losgelöst von ihr angeeignet haben.
Eine weitere Aufgabe unseres Studiums besteht darin, unser historisches Erbe zu studieren und mit Hilfe der marxistischen Methode kritisch zusammenzufassen. Unsere Nation blickt auf eine mehrtausendjährige Geschichte zurück, weist ihre Besonderheiten auf, hat eine reiche Schatzkammer von Werten gesammelt. In Bezug auf all das sind wir noch Schulkinder. Das heutige China ist das Entwicklungsprodukt der chinesischen Geschichte; wir sind Anhänger des marxistischen Historismus, wir dürfen den Faden der geschichtlichen Kontinuität nicht abschneiden. Wir müssen unsere Geschichte von Konfuzius bis Sun Yat-sen zusammenfassen und von diesem wertvollen Erbe Besitz ergreifen. Das wird uns in bedeutendem Maße helfen, die große Bewegung der Gegenwart zu lenken. Die Kommunisten sind internationalistische Marxisten, aber wir können den Marxismus nur dann in die Praxis umsetzen, wenn wir ihn mit den konkreten Besonderheiten unseres Landes integrieren und ihm eine bestimmte nationale Form geben. Die große Stärke des Marxismus-Leninismus liegt gerade in seiner Integration mit der konkreten revolutionären Praxis aller Länder. Für die Kommunistische Partei Chinas bedeutet das, die Anwendung der Theorie des Marxismus-Leninismus auf die konkreten Verhältnisse Chinas zu erlernen. Für die chinesischen Kommunisten, die ein Teil der großen chinesischen Nation, deren eigenes Fleisch und Blut sind, ist jedes von den Besonderheiten Chinas losgelöste Gerede über Marxismus bloß ein abstrakter, hohler Marxismus. Daher wird die konkrete Anwendung des Marxismus in China in der Weise, daß er in jeder seiner Äußerungen die erforderlichen chinesischen Charakterzüge aufweist, d. h. eine Anwendung des Marxismus im Lichte der Besonderheiten Chinas, zu einem dringenden Problem, das die ganze Partei verstehen und lösen muß. Man muß die ausländischen Schemata beseitigen, weniger hohle, abstrakte Phrasen dreschen und den Dogmatismus ruhen lassen; an ihre Stelle sollen der frische, lebhafte chinesische Stil und die frische, lebhafte chinesische Manier treten, die bei den einfachen Menschen Chinas beliebt sind. Den internationalistischen Inhalt von der nationalen Form loslösen können nur Leute, die nichts vom Internationalismus verstehen; wir jedoch müssen das eine mit dem anderen eng verbinden. In dieser Frage gibt es in unseren Reihen ernste Fehler, die wir gewissenhaft überwinden müssen.
Was sind nun die Besonderheiten der Bewegung der Gegenwart? 'Worin bestehen ihre Gesetzmäßigkeiten? Wie soll man diese Bewegung lenken? All das sind Fragen der Praxis. Bis auf den heutigen Tag haben wir den japanischen Imperialismus noch nicht in vollem Maße begriffen, und wir haben auch noch keinen erschöpfenden Begriff von China. Die Bewegung entwickelt sich, Neues liegt vor uns, unaufhörlich entsteht Neues. Diese Bewegung allseitig und in ihrer Entwicklung studieren ist eine große Aufgabe, der wir beständig unsere Aufmerksamkeit widmen müssen. Wer sich weigert, das alles ernsthaft und sehr sorgfältig zu studieren, ist kein Marxist. Selbstzufriedenheit ist der Feind des Studierens, und wenn man etwas gewissenhaft lernen will, muß man damit beginnen, daß man mit sich selbst unzufrieden ist. Selbst "unersättlich im Lernen", anderen gegenüber "unermüdlich im Lehren" - das müssen unsere Verhaltensregeln sein.
Einheit und Sieg
Die Einheit innerhalb der Kommunistischen Partei Chinas ist die fundamentalste Voraussetzung dafür, daß wir das ganze chinesische Volk zusammenschließen, um den Sieg im Widerstandskrieg zu erringen und ein neues China aufzubauen. Die im siebzehnjährigen Kampf gestählte Kommunistische Partei Chinas kennt schon viele Mittel und Wege, um ihre eigenen Reihen zusammenzuschließen, sie ist weitaus erfahrener geworden. Somit sind wir imstande, inmitten des ganzen chinesischen Volkes einen festen Kern zu bilden, den Sieg im Widerstandskrieg zu erringen und ein neues China aufzubauen. Genossen, wenn wir uns zusammenschließen, werden wir unser Ziel gewiß erreichen.
Die Frage der Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.249-253
(5.November 1938)[Anmerkung 63]
Hilfe und Zugeständnisse müssen positiv und dürfen nicht negativ sein
Für eine Zusammenarbeit auf lange Sicht ist es notwendig, daß alle Parteien und Gruppen in der Einheitsfront einander Hilfe leisten und einander Zugeständnisse machen; Hilfe und Zugeständnisse müssen aber positiv und dürfen nicht negativ sein. Wir müssen unsere Partei und Armee festigen und vergrößern, aber gleichzeitig sollen wir den befreundeten Parteien und Armeen zu ihrer Festigung und Vergrößerung verhelfen; das Volk verlangt von der Regierung die Erfüllung seiner politischen und wirtschaftlichen Forderungen und leistet zugleich der Regierung alle nur mögliche Hilfe, die dem Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression dienlich ist; die Arbeiter verlangen von den Fabrikbesitzern die Verbesserung ihrer Bedingungen und arbeiten zugleich intensiv, um den Widerstandskrieg zu fördern; im Interesse der Einheit gegen den äußeren Feind müssen die Grundherren die Pacht- und Darlehenszinsen herabsetzen und gleichzeitig müssen die Bauern diese Zinsen zahlen. Das alles sind Prinzipien und Richtlinien der gegenseitigen Hilfe; es sind dies positive, nicht negative und einseitige Richtlinien. Ebenso steht es mit den gegenseitigen Zugeständnissen. Keiner darf den anderen unterwühlen, keiner darf in der Partei, der Regierung und der Armee des anderen geheime Zellen organisieren; was uns betrifft, so organisieren wir keine geheimen Zellen in der Kuomintang, in ihrer Regierung oder ihrer Armee, so daß die Kuomintang beruhigt sein kann, was dem Widerstandskrieg zum Vorteil gereicht. "Das Unterlassen gewisser Dinge dient dem Vollbringen anderer Dinge";[19] das paßt genau zu diesem Fall. Ohne die Umorganisierung der Roten Armee, ohne die Änderungen des Verwaltungssystems in den roten Gebieten und ohne den Verzicht auf die Aufstandspolitik könnte es nicht zu einem das ganze Land umfassenden Widerstandskrieg kommen. Indem wir in dem einen Punkt nachgaben, erreichten wir in dem anderen unser Ziel; durch einen negativen Schritt erreichten wir unser positives Ziel; "zurückgehen, um sicherer zu treffen"[20] - gerade das ist Leninismus. Der Marxismus-Leninismus gestattet nicht, eine Konzession als etwas rein Negatives zu betrachten. Es hat rein negative Zugeständnisse gegeben: Das war die Theorie der II. Internationale von der Zusammenarbeit zwischen Arbeit und Kapital,[Anmerkung 64] die eine ganze Klasse und eine Revolution verraten hat. In China gab es erst Tschen Du-hsiu und dann Dschang Guo-tao, die beide Kapitulanten waren. Gegen das Kapitulantentum müssen wir energisch kämpfen. Wenn wir aber - sei es dem Verbündeten, sei es dem Feind gegenüber - Zugeständnisse machen, zurückgehen, uns verteidigen oder stehenbleiben, so muß das als Teil der gesamten revolutionären Politik, als unentbehrliches Glied in der Kette der gesamten revolutionären Linie, als Abschnitt einer Zickzackbewegung betrachtet werden; mit einem Wort, das ist positiv.
Die Identität des nationalen Kampfes und des Klassenkampfes
Es ist das fundamentale Prinzip der Einheitsfront, den langwierigen Krieg durch langfristige Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, d. h., den Klassenkampf dem heute geführten nationalen Kampf zum Widerstand gegen die japanische Aggression unterzuordnen. Befolgt man dieses Prinzip, dann muß der unabhängige Charakter der Parteien, Gruppen und Klassen gewahrt, ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront erhalten bleiben; man darf nicht der Zusammenarbeit und Einheit zuliebe unabdingbare Rechte dieser Parteien, Gruppen und Klassen opfern, sondern muß im Gegenteil innerhalb gewisser Grenzen auf diesen Rechten bestehen; denn nur auf diese Weise kann die Zusammenarbeit gefördert werden und kann es überhaupt eine Zusammenarbeit geben. Andernfalls wird die Zusammenarbeit zu einem Konglomerat, und die Einheitsfront wird unvermeidlich geopfert. Wird ein nationaler Kampf geführt, dann kommt der Klassenkampf in der Form des nationalen Kampfes zum Ausdruck; darin äußert sich eben die Identität der beiden. Einerseits sind während einer bestimmten historischen Zeitspanne die politischen und wirtschaftlichen Forderungen der Klassen der Bedingung unterworfen, daß sie die Zusammenarbeit nicht zerstören dürfen; andererseits müssen a]]e Forderungen des Klassenkampfes von den Bedürfnissen des nationalen Kampfes (des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression) ausgehen. So können in der Einheitsfront Einheit und Unabhängigkeit, nationaler und Klassenkampf miteinander vereint werden.
Die Losung "Alles durch die Einheitsfront" ist unrichtig
Die Kuomintang ist die am Ruder stehende Partei, sie erlaubt bis jetzt nicht, daß die Einheitsfront eine organisatorische Form annimmt. Hinter den feindlichen Linien können wir nur auf Grund von Dingen, die von der Kuomintang bereits genehmigt worden sind (wie zum Beispiel das "Programm für den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes"), unabhängig und selbständig handeln, und es ist nicht möglich, "Alles durch die Einheitsfront" zu bewerkstelligen. Oder wir rechnen uns aus, was die Kuomintang möglicherweise gestatten würde, führen es erst durch und melden es dann. So wären zum Beispiel die Einsetzung von Verwaltungskommissaren, die Entsendung von Truppen nach der Provinz Schantung und andere Maßnahmen nicht erfolgt, wenn wir ihnen jene "Durchgangs"prozedur hätten voranstellen wollen. Man sagt, die Kommunistische Partei Frankreichs habe seinerzeit eine derartige Losung ausgegeben; vielleicht geschah das deshalb, weil in Frankreich, wo es schon ein gemeinsames Komitee verschiedener Parteien gab, die Sozialistische Partei nicht gewillt war, in Übereinstimmung mit dem gemeinsam beschlossenen Programm zu handeln, und weiterhin ihren eigenen Weg ging, so daß die Kommunistische Partei infolge der Notwendigkeit, die Sozialistische Partei in Schranken zu halten, nicht aber, um sich selbst die Hände zu binden, eine solche Losung ausgegeben hat. In China aber ist die Lage so, daß die Kuomintang, die alle anderen Parteien und Gruppen der Gleichberechtigung beraubt hat, den anderen Gehorsam gegenüber den Befehlen dieser einen Partei aufzuzwingen sucht. Wenn wir diese Losung ausgäben, um zu fordern, daß "alles", was die Kuomintang zu tun beabsichtigt, nur mit unserer Genehmigung "durchgehen" könne, so wäre das unerreichbar und lächerlich. Wenn wir aber meinen, wir müßten für "alles", was wir tun wollen, zuerst die Einwilligung der Kuomintang einholen, was machen wir dann, wenn sie nicht einwilligt? Da die Kuomintang den Kurs verfolgt, unser Wachstum zu beschränken, würden wir mit einer solchen Losung nur uns selbst die Hände binden. Das darf auf keinen Fall geschehen. Es gibt derzeit Angelegenheiten, für die wir die Einwilligung der Kuomintang im voraus einholen müssen, wie zum Beispiel die Erweiterung der drei Divisionen zu drei Korps und die dementsprechende Umbenennung - das ist zuerst zu melden und dann durchzuführen. Es gibt Dinge, die wir erst der Kuomintang mitteilen, nachdem sie vollendete Tatsachen geworden sind, wie zum Beispiel die Verstärkung unserer Armee um mehr als 200000 Mann - das ist zuerst durchzuführen und später zu melden. Es gibt Dinge, die wir durchführen, aber vorläufig nicht melden, denn wir rechnen damit, daß die Kuomintang jetzt nicht einwilligen würde, wie zum Beispiel die Einberufung der Volksversammlung des Grenzgebiets usw. Es gibt aber Dinge, die wir derzeit weder durchführen noch melden, wie zum Beispiel Dinge, die, wenn wir sie täten, die ganze Lage beeinträchtigen würden. Kurz, wir sollen auf keinen Fall die Einheitsfront zerstören, uns aber auch auf keinen Fall selbst die Hände binden; daher dürfen wir die Losung "Alles durch die Einheitsfront" nicht ausgeben. Ebenso falsch ist es, "alles der Einheitsfront unterzuordnen", wenn man darunter versteht, daß wir Tschiang Kai-schek und Yän Hsi-schan "alles unterordnen". Unser Kurs lautet: Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront, sowohl Einheit als auch Unabhängigkeit.
Probleme des Krieges und der Strategie
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.255-274
(6. November 1938)[Anmerkung 65]
I. Die Besonderheiten Chinas und der revolutionäre Krieg
Die zentrale Aufgabe der Revolution und ihre höchste Form ist die bewaffnete Machtergreifung, ist die Lösung der Frage durch den Krieg. Dieses revolutionäre Prinzip des Marxismus-Leninismus hat allgemeine Gültigkeit, es gilt überall, in China wie im Ausland.
Wenn jedoch das Prinzip auch ein und dasselbe bleibt, so kommt doch seine Verwirklichung durch die Partei des Proletariats gemäß den verschiedenen Bedingungen auf verschiedene Weise zum Ausdruck. In den kapitalistischen Ländern besteht - abgesehen von Perioden, da dort der Faschismus herrscht und Kriege im Gange sind - folgende Situation: Innenpolitisch gibt es keine Feudalordnung mehr, sondern die bürgerliche Demokratie, außenpolitisch werden diese Länder nicht national unterdrückt, sondern unterdrücken selbst andere Nationen. Entsprechend diesen Besonderheiten besteht die Aufgabe der proletarischen Parteien in den kapitalistischen Staaten darin, durch einen legalen Kampf während eines langen Zeitabschnitts die Arbeiter zu erziehen, Kräfte zu sammeln und so zum endgültigen Sturz des Kapitalismus zu rüsten. Dort geht es um einen langwierigen legalen Kampf, um die Ausnutzung des Parlaments als Tribüne, um wirtschaftliche und politische Streiks, die Organisierung der Gewerkschaften und die Schulung der Arbeiter. Die Formen der Organisation sind dort legal, die Formen des Kampfes unblutig (nicht militärisch). Was die Frage des Krieges betrifft, so kämpft die kommunistische Partei eines solchen Landes dagegen, daß ihr Land imperialistische Kriege führt; falls jedoch ein solcher Krieg ausbricht, besteht die Politik der Partei darin, für die Niederlage der reaktionären Regierung des eigenen Landes zu kämpfen. Der einzige Krieg, den die Partei braucht, ist der Bürgerkrieg, auf den sie sich vorbereitet.[21] Aber solange die Bourgeoisie nicht wirklich versagt hat, solange die Mehrheit des Proletariats nicht von der Entschlossenheit durchdrungen ist, den bewaffneten Aufstand zu beginnen und den Bürgerkrieg zu führen, solange die Bauernmassen dem Proletariat nicht freiwillig zu helfen beginnen, soll man den bewaffneten Aufstand und den Bürgerkrieg nicht beginnen. Und wenn die Zeit für Aufstand und Krieg gekommen ist, bemächtigt man sich in erster Linie der Städte und führt dann erst den Angriff gegen die Dörfer und nicht umgekehrt. All das haben die kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder getan, und all das wurde durch die Oktoberrevolution in Rußland bestätigt.
Anders ist es aber in China. Die Besonderheiten Chinas bestehen darin, daß es kein unabhängiger, demokratischer Staat ist, sondern ein halbkoloniales, halbfeudales Land, daß innerhalb des Landes keine Demokratie herrscht, sondern feudale Unterdrückung, während das Land außenpolitisch keine nationale Unabhängigkeit besitzt, sondern unter dem Joch des Imperialismus leidet. Deshalb gibt es in China kein Parlament, das wir ausnutzen könnten, kein legales Recht, die Arbeiter zur Durchführung von Streiks zu organisieren. Die Aufgabe der Kommunistischen Partei besteht hier im wesentlichen nicht darin, über einen langwierigen legalen Kampf zu Aufstand und Krieg zu kommen, und auch nicht darin, zunächst die Städte zu erobern und dann die Dörfer zu gewinnen. Sie muß völlig anders vorgehen. Für die Kommunistische Partei Chinas steht die Frage so: Wenn der Imperialismus keinen bewaffneten Überfall auf China unternimmt, führt sie entweder zusammen mit der Bourgeoisie einen Bürgerkrieg gegen die Militärmachthaber (die Lakaien des Imperialismus), wie das in den Jahren 1924 bis 1927 zur Zeit des Krieges in der Provinz Kuangtung[Anmerkung 66] und des Nordfeldzugs der Fall war, oder einen Bürgerkrieg im Bündnis mit der Bauernschaft und dem städtischen Kleinbürgertum gegen die Grundherrenklasse und die Kompradorenbourgeoisie (ebenfalls Lakaien des Imperialismus), wie das zur Zeit des Agrarrevolutionären Krieges in den Jahren 1927 bis 1936 der Fall war. Wenn aber der Imperialismus einen bewaffneten Überfall auf unser Land unternimmt, führt die Partei im Bündnis mit allen Klassen und Schichten des Landes, die den ausländischen Aggressoren entgegentreten, einen nationalen Krieg gegen den äußeren Feind, wofür der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge ein Beispiel ist.
All das zeigt den Unterschied zwischen China und den kapitalistischen Ländern. In China ist die Hauptform des Kampfes der Krieg und die Hauptform der Organisation die Armee. Alle übrigen Formen, wie beispielsweise die Organisation der Volksmassen, der Kampf der Volksmassen usw., sind von außerordentlich großer Bedeutung, sind alle unbedingt notwendig, und man darf sie keineswegs übersehen, aber sie sind alle den Interessen des Krieges untergeordnet. Bevor ein Krieg ausbricht, dienen alle Organisationen und alle Kämpfe der Vorbereitung zum Krieg, wie das beispielsweise in der Periode zwischen der Bewegung des 4. Mai[Anmerkung 67] (1919) und der Bewegung des 30. Mai (1925) der Fall war. Nach Ausbruch des Krieges sind alle Organisationen und alle Kämpfe direkt oder indirekt mit dem Krieg koordiniert. Diese Koordinierung aller Organisationen und Kämpfe mit dem Krieg galt beispielsweise in der Periode des Nordfeldzugs unmittelbar für das Hinterland der Revolutionären Armee und mittelbar für die von den Militärmachthabern des Nordens beherrschten Gebiete, in der Periode des Agrarrevolutionären Krieges unmittelbar für die roten Gebiete und mittelbar für die außerhalb derselben gelegenen Gebiete. Und schließlich jetzt, in der Periode des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge, sind alle Organisationen und alle Kämpfe im Hinterland der antijapanischen Armeen und in den vom Feind besetzten Gebieten ebenfalls unmittelbar oder mittelbar mit dem Krieg koordiniert.
"In China kämpft die bewaffnete Revolution gegen die bewaffnete Konterrevolution. Das ist eine der Besonderheiten und einer der Vorzüge der chinesischen Revolution."[22] Diese These des Genossen Stalin ist völlig richtig. Sie ist richtig sowohl für den Nordfeldzug als auch für den Agrarrevolutionären Krieg und für den gegenwärtigen Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge. Alle diese Kriege sind revolutionäre Kriege, sie sind gegen die Konterrevolution gerichtet, und die Hauptkraft in ihnen ist das revolutionäre Volk. Sie unterscheiden sich voneinander lediglich dadurch, daß es entweder Bürgerkriege oder nationale Kriege sind; entweder Kriege, deren Führung die Kommunistische Partei allein innehat, oder Kriege, an deren Spitze die Kuomintang und die Kommunistische Partei gemeinsam stehen. Gewiß ist das ein bedeutender Unterschied. In ihm zeigen sich die unterschiedliche Zusammensetzung der den Krieg führenden Hauptkräfte (Bündnis der Arbeiter und Bauern oder Bündnis der Arbeiter, der Bauern und der Bourgeoisie), die Verschiedenheit der Feinde, gegen die jeweils der Krieg geführt wird (innerer Feind oder äußerer Feind, wobei der innere Feind wiederum einmal die Militärmachthaber des Nordens waren, ein andermal die Kuomintang), und die Tatsache, daß in China die revolutionären Kriege in den verschiedenen Perioden ihres historischen Verlaufs einen unterschiedlichen Inhalt haben. Aber all diese Kriege sind ein Kampf der bewaffneten Revolution gegen die bewaffnete Konterrevolution, sind revolutionäre Kriege, und sie weisen die Besonderheiten und Vorzüge der chinesischen Revolution auf. Der revolutionäre Krieg ist "eine der Besonderheiten und einer der Vorzüge der chinesischen Revolution" - diese These entspricht voll und ganz den Gegebenheiten Chinas. Die Hauptaufgabe der Partei des chinesischen Proletariats - eine Aufgabe, der sich die Partei fast seit Beginn ihres Bestehens gegenübersah - besteht darin, eine möglichst große Anzahl von Verbündeten zu vereinen und den Umständen entsprechend den bewaffneten Kampf gegen die innere oder die äußere bewaffnete Konterrevolution für die nationale und soziale Befreiung zu organisieren. In China hätten das Proletariat und die Kommunistische Partei ohne den bewaffneten Kampf keine Geltung gehabt, hätte keine einzige der revolutionären Aufgaben gelöst werden können.
Unsere Partei hatte das in den fünf bis sechs Jahren, die zwischen der Gründung unserer Partei im Jahre 1921 und ihrer Teilnahme am Nordfeldzug im Jahre 1926 lagen, nicht genügend erkannt. Damals begriff sie noch nicht die außerordentliche Wichtigkeit des bewaffneten Kampfes in China, befaßte sich nicht ernstlich mit der Vorbereitung zum Krieg und mit der Organisierung der Armee, legte kein Gewicht auf das Studium der militärischen Strategie und Taktik. Während des Nordfeldzugs hielt sie es nicht für wichtig, die Armee für sich zu gewinnen, und legte das Schwergewicht einseitig auf die Massenbewegung, was dazu führte, daß die ganze Massenbewegung zusammenbrach, sobald die Kuomintang reaktionär geworden war. Nach 1927 sahen viele Genossen lange Zeit hindurch die zentrale Aufgabe der Partei noch immer darin, Aufstände in den Städten vorzubereiten und in den weißen Gebieten zu arbeiten. Erst nach der siegreichen Zerschlagung des dritten "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzugs" des Feindes im Jahre 1931 änderten manche Genossen von Grund auf ihre Haltung in dieser Frage. Das bedeutete aber noch keine Wandlung der gesamten Partei, und es gab Genossen, die noch immer nicht so dachten, wie wir jetzt denken.
Die Erfahrung zeigt uns, daß Chinas Probleme ohne bewaffneten Kampf nicht gelöst werden können. Das zu begreifen ist nützlich, wenn man von jetzt an den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge erfolgreich führen will. Die konkrete Tatsache, daß im Krieg gegen die japanischen Eindringlinge das ganze Volk bewaffneten Widerstand leistet, wird die Partei lehren, die Wichtigkeit dieser Frage noch besser zu begreifen. Jedes Parteimitglied muß jederzeit bereit sein, zum Gewehr zu greifen und an die Front zu gehen. Mehr noch, das gegenwärtige Plenum hat durch seinen Beschluß, daß der Hauptabschnitt der Parteiarbeit die Arbeit in den Frontgebieten und hinter den feindlichen Linien ist, eine klare Richtlinie zu diesem Punkt gegeben. Das ist übrigens eine ausgezeichnete Arznei dagegen, daß einige Parteimitglieder nur organisatorische Parteiarbeit leisten oder in den Massenbewegungen arbeiten möchten, aber für das Studium des Krieges und für die Teilnahme am Krieg nichts übrig haben, sowie dagegen, daß einige Lehranstalten keinen Wert darauf legten, die Schüler zu ermuntern, an die Front zu gehen, und gegen andere Erscheinungen. Im größten Teil des chinesischen Territoriums sind die organisatorische Arbeit der Partei und ihre Arbeit in den Massenbewegungen unmittelbar mit dem bewaffneten Kampf verbunden; hier gibt es keine Parteiarbeit und keine Massenbewegung, die vom bewaffneten Kampf isoliert und losgelöst wären, und kann es auch keine geben. Aber auch im Hinterland, das von den Frontgebieten relativ weit entfernt ist (wie die Provinzen Yünnan, Kueitschou, Szetschuan), und in den Gebieten, die unter der Kontrolle des Feindes stehen (wie Peiping, Tientsin, Nanking und Schanghai), sind die organisatorische Arbeit der Partei und ihre Arbeit in den Massenbewegungen ebenfalls mit dem Krieg koordiniert, sie können und müssen allein den Erfordernissen der Front untergeordnet sein. Mit einem Wort, die ganze Partei muß ihre Aufmerksamkeit auf den Krieg konzentrieren, das Militärwesen studieren und zum Kampf rüsten.
II. Die Kriegsgeschichte der Kuomintang
Es wird für uns nützlich sein, einen Blick auf die Geschichte der Kuomintang zu werfen und zu sehen, welche Beachtung diese Partei dem Krieg gewidmet hat.
Schon zu jener Zeit, als Sun Yat-sen eine kleine revolutionäre Organisation geschaffen hatte, führte er mehrere bewaffnete Aufstände gegen die Tjing-Dynastie durch.[Anmerkung 68] Die Periode der Chinesischen Revolutionären Liga war noch reicher an bewaffneten Aufständen,[Anmerkung 69] und schließlich wurde die Tjing-Dynastie in der Revolution von 1911 mit Waffengewalt gestürzt. In der Periode der Chinesischen Revolutionären Partei führte Sun Yat-sen bewaffnete Aktionen gegen Yüan Schi-kai durch.[Anmerkung 70] Die späteren Aktionen wie die Flottenaktion gegen den Süden,[Anmerkung 71] der Nordfeldzug von Guilin aus[Anmerkung 72] und die Gründung der Militärakademie Huangpu[Anmerkung 73] zählten alle zur militärischen Tätigkeit Sun Yat-sens.
Nachdem Tschiang Kai-schek an die Stelle Sun Yat-sens getreten war, leitete er die Periode ein, in der die militärische Macht der Kuomintang im Zenit stand. Für Tschiang Kai-schek ist die Armee sein Leben; er hat drei Kriege erlebt, nämlich den Nordfeldzug, den Bürgerkrieg und die Anfangsperiode des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge. In den letzten zehn Jahren war Tschiang Kai-schek konterrevolutionär. Zu konterrevolutionären Zwecken hat er die riesige "Zentralarmee" geschaffen. Er hat sich fest an die lebenswichtigen Grundsätze gehalten: "Wer die Armee hat, hat die Macht" und "Der Krieg entscheidet alles". In dieser Hinsicht müssen wir von ihm lernen. In dieser Hinsicht sind sowohl Sun Yat-sen als auch Tschiang Kai-schek unsere Lehrer.
Seit der Revolution von 1911 war die Armee allen Militärmachthabern stets so teuer wie ihr eigenes Leben; sie legten großes Gewicht auf das Prinzip: "Wer die Armee hat, hat die Macht."
Tan Yän-kai[Anmerkung 74] war ein kluger hoher Beamter; er gewann und verlot mehrmals leitende Posten in der Provinz Hunan und wollte niemals bloß Zivilgouverneur sein: Er bestand darauf, sowohl Militärgouverneur als auch Zivilgouverneur zu werden. Später, als er Vorsitzender der Nationalregierung zunächst in Kuangtung und dann in Wuhan geworden war, gelang es ihm, auch den Posten des Kommandeurs des 2. Korps zu bekleiden. In China gibt es viele solche Militärmachthaber, die diese Besonderheit Chinas erfassen.
China kennt auch solche Parteien, die keine Armee haben wollten; eine der bedeutendsten unter ihnen war die Progressive Partei.[Anmerkung 75] Aber auch sie begriff, daß man Staatsposten nur erhalten kann, wenn man sich auf irgendeinen Militärmachthaber stützt, und sie fand ihre Gönner in Gestalt von Yüan Schi-kai, Duan Tji-jui[Anmerkung 76] und Tschiang Kaischek (diesem hat sich die Gruppe "Politische Wissenschaft",[Anmerkung 77] eine Splittergruppe der Progressiven Partei, angeschlossen).
Einige kleine Parteien mit einer kurzen Geschichte wie die Jugendpartei Chinas[23] haben keine Truppen und bringen deshalb auch nichts zustande.
In anderen Ländern haben es die bürgerlichen Parteien nicht nötig, Truppen zu ihrer unmittelbaren Verfügung zu haben. Anders ist es aber in China: Infolge seiner feudalen Zersplitterung erlangen jene Gruppen oder Parteien der Grundherren oder der Bourgeoisie die Macht, die die Gewehre haben, und die größere Macht erlangt der, der mehr Gewehre hat. Die Partei des Proletariats, die unter solchen Bedingungen wirkt, muß das Wesen der Dinge erkennen.
Die Kommunisten erstreben nicht die militärische Macht für ihre Person (sie dürfen das auf keinen Fall anstreben, und sie dürfen nie und nimmer Dschang Guo-tao nachahmen), aber sie müssen eine Militärmacht für die Partei, für das Volk erkämpfen. Da nun ein nationaler Widerstandskrieg vor sich geht, müssen sie auch für die Nation die militärische Macht erstreben. Wer von der Kinderkrankheit in der Frage der Militärmacht befallen ist, wird sicherlich zu nichts kommen. Dem arbeitenden Volk, das jahrtausendelang ein Opfer des Betrugs und der Einschüchterung seitens der reaktionären herrschenden Klassen war, fällt es nicht leicht, sich zu der Erkenntnis aufzuschwingen, daß es wichtig ist, Gewehre in den eigenen Händen zu haben. Das Joch des japanischen Imperialismus und der Widerstandskrieg der ganzen Nation gegen die japanische Aggression haben das werktätige Volk auf den Schauplatz des Krieges treten lassen, und die Kommunisten müssen sich als politisch höchst bewußte Führer dieses Krieges erweisen. Jeder Kommunist muß diese Wahrheit begreifen: "Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen." Unser Prinzip lautet: Die Partei kommandiert die Gewehte, und niemals darf zugelassen werden, daß die Gewehre die Partei kommandieren. Hat man aber Gewehre, dann kann man wirklich Parteiorganisationen schaffen, und die Achte Route-Armee hat in Nordchina eine mächtige Parteiorganisation geschaffen. Dann kann man auch noch Kader hervorbringen, Schulen errichten, eine Kultur schaffen, Massenbewegungen ins Leben rufen. Alles, was es in Yenan gibt, ist mit Hilfe der Gewehre geschaffen worden. Alles kommt aus den Gewehrläufen. Vom Standpunkt der marxistischen Lehre vom Staat ist die Armee die Hauptkomponente der Staatsmacht. Wer die Staatsmacht ergreifen und behaupten will, der muß eine starke Armee haben. Manche Leute bezeichnen uns höhnisch als Anhänger der "Theorie von der Allmacht des Krieges"; jawohl, wir sind Anhänger der Theorie von der Allmacht des revolutionären Krieges, und das ist nicht schlecht, sondern gut, das ist marxistisch. Die Gewehre der Kommunistischen Partei Rußlands haben den Sozialismus geschaffen. Wir wollen eine demokratische Republik schaffen. Die Erfahrungen des Klassenkampfes im Zeitalter des Imperialismus lehren uns : Die Arbeiterklasse und die übrigen werktätigen Massen können nur mit der Macht der Gewehre die bewaffneten Bourgeois und Grundherren besiegen; in diesem Sinne können wir sagen, daß die ganze Welt nur mit Hilfe der Gewehre umgestaltet werden kann. Wir treten dafür ein, daß der Krieg abgeschafft wird, wir wollen keinen Krieg; man kann aber den Krieg nur durch Krieg abschaffen, und wenn man will, daß es keine Gewehre mehr geben soll, muß man das Gewehr in die Hand nehmen.
III. Die Kriegsgeschichte der Kommunistischen Partei Chinas
Obwohl unsere Partei drei bis vier Jahre lang - von 1911 (Gründungsjahr der Kommunistischen Partei Chinas) bis 1924 (1. Nationalkongreß der Kuomintang) - die Wichtigkeit der unmittelbaren Vorbereitung zum Krieg und der Organisierung der Armee nicht begriff, obwohl sie das von 1924 bis 1927 und sogar im Laufe einer gewissen nachfolgenden Periode immer noch nicht genügend begriff, trat sie doch von 1924 an, da sie sich an der Organisierung und an der Arbeit der Militärakademie Huangpu beteiligte, in ein neues Stadium ein und begann die Wichtigkeit des Militärwesens zu begreifen. Dadurch, daß sie die Kuomintang im Krieg in der Provinz Kuangtung unterstützte und sich am Nordfeldzug beteiligte, nahm die Partei einen Teil der Armee in ihre Hände.[Anmerkung 78] Die Niederlage der Revolution war für die Partei eine bittere Lehre, und sie organisierte sodann den Aufstand von Nantschang, den Herbsternte-Aufstand und den Aufstand von Kanton und trat in eine neue Periode ein - in die Periode der Schaffung der Roten Armee. Das war eine entscheidende Periode, in der unsere Partei die Wichtigkeit der Armee völlig begriffen hat. Hätte es nicht in dieser Periode die Rote Armee und die von ihr geführten Kriege gegeben, mit anderen Worten, hätte sich die Kommunistische Partei das Liquidatorentum Tschen Du-hsius zu eigen gemacht, dann wäre der heutige Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge undenkbar, und man könnte diesen Krieg auch keineswegs lange durchhalten.
Auf seiner außerordentlichen Tagung am 7. August I927 nahm das Zentralkomitee der Partei den Kampf gegen den politischen Rechtsopportunismus auf, und das ermöglichte es ihr, einen großen Schritt vorwärts zu tun. Auf dem 4. Plenum des VI. Zentralkomitees der Partei im Januar 1931 bekämpfte man angeblich den "linken" Opportunismus in der Politik, wiederholte aber in Wirklichkeit die Fehler des "linken" Opportunismus. Der Inhalt und die historische Rolle dieser beiden Tagungen sind verschieden, aber weder die eine noch die andere ging nachdrücklich auf die Probleme des Krieges und der Strategie ein. Das war eine Widerspiegelung der Tatsache, daß der Schwerpunkt der Parteiarbeit damals noch nicht auf den Krieg verlagert war. Nachdem das Zentralkomitee der Partei im Jahre 1933 in die roten Gebiete übergesiedelt war, änderte sich die Lage von Grund auf, aber in der Frage des Krieges (sowie in allen übrigen wichtigsten Fragen) wurden erneut Fehler prinzipiellen Charakters gemacht, die dem revolutionären Krieg ernsten Schaden zufügten.[24] Auf der Tagung von Dsunyi im Jahre 1935 wurde hauptsächlich der Opportunismus auf militärischem Gebiet bekämpft, und die Frage des Krieges wurde an die erste Stelle gerückt; das war eine Widerspiegelung der Kriegssituation. Heute können wir nunmehr voller Gewißheit sagen, daß die Kommunistische Partei Chinas im Verlauf des siebzehnjährigen Kampfes nicht nur eine feste marxistische politische Linie, sondern auch eine feste marxistische militärische Linie ausgearbeitet hat. Wir sind nicht nur imstande, den Marxismus anzuwenden, um politische Fragen zu lösen, sondern wir sind auch imstande, ihn anzuwenden, um die militärischen Fragen zu lösen; wir haben nicht nur einen mächtigen Stamm von Funktionären geschaffen, der die Partei und den Staat zu lenken vermag, sondern auch einen mächtigen Grundstock, der die Armee lenken kann. Das sind frische Blüten der Revolution, gewachsen auf einem Boden, der mit dem heißen Blut unzähliger gefallener Helden getränkt worden ist, das gereicht nicht nur der Kommunistischen Partei Chinas und dem chinesischen Volk, sondern auch den kommunistischen Parteien und den Völkern der ganzen Welt zum Ruhm. In der Welt gibt es vorläufig nur drei Armeen, die dem Proletariat und dem werktätigen Volk gehören, das sind die Armeen, die von den kommunistischen Parteien der Sowjetunion, Chinas und Spaniens geführt werden. Die kommunistischen Parteien der anderen Länder haben noch keine militärische Erfahrung, und deshalb sind unsere Armee und unsere militärischen Erfahrungen von besonderem Wert.
Für die siegreiche Durchführung des gegenwärtigen Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge sind die zahlenmäßige Vergrößerung und die Festigung der Achten Route-Armee, der Neuen Vierten Armee und aller von unserer Partei geführten Partisanenabteilungen von außerordentlich großer Bedeutung. Von diesem Prinzip ausgehend, muß die Partei eine ausreichende Anzahl ihrer besten Mitglieder und Funktionäre an die Front entsenden. Alles für den Sieg an der Front! Die organisatorischen Aufgaben müssen den politischen Aufgaben untergeordnet sein.
IV. Wendungen in der Militärstrategie der Partei im Bürgerkrieg und im nationalen Krieg
Die Frage der Wendungen in der militärischen Strategie unserer Partei verdient sorgfältiges Studium. Wir wollen sie getrennt nach den zwei Prozessen, dem Bürgerkrieg und dem nationalen Krieg, betrachten.
Der Verlauf des Bürgerkriegs kann im allgemeinen in zwei strategische Perioden eingeteilt werden. In der ersten Periode nahm der Partisanenkrieg, in der zweiten die reguläre Kriegführung den ersten Platz ein. Der hier gemeinte reguläre Krieg war jedoch eine Kriegführung chinesischen Typs: Sein regulärer Charakter trat nur in der Durchführung von Operationen des Bewegungskriegs mit konzentrierten Kräften sowie in einer Zentralisierung und Planmäßigkeit gewissen Grades im Kommando und in der Organisation zutage; in anderer Hinsicht jedoch behielt er einen Partisanencharakter bei und stand auf einer niedrigen Stufe, war Operationen ausländischer Armeen nicht gleichzustellen und unterschied sich auch etwas von den Operationen der Kuomintang-Armee. Deshalb stellte ein solcher regulärer Krieg in gewissem Sinne einen auf ein höheres Niveau gehobenen Partisanenkrieg dar.
Betrachtet man den Verlauf des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge vom Standpunkt der militärischen Aufgaben unserer Partei, dann kann man diesen Krieg im allgemeinen ebenfalls in zwei strategische Perioden einteilen: die erste (die zwei Etappen die der strategischen Verteidigung und die des strategischen Gleichgewichts - umfaßt), in der der Partisanenkrieg an erster Stelle steht, und die zweite (die Etappe der strategischen Gegenoffensive), in der die reguläre Kriegführung den ersten Platz einnehmen wird. Der Partisanenkrieg in der ersten Periode des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge unterscheidet sich jedoch seinem Inhalt nach beträchtlich von dem Partisanenkrieg in der ersten Periode des Bürgerkriegs, weil jetzt zur Durchführung der Partisanenaktionen die Achte Route-Armee, die (bis zu einem gewissen Grad) den Charakter einer regulären Armee hat, aufgelockert eingesetzt wird. Die reguläre Kriegführung in der zweiten Periode des Widerstandskriegs wird sich ebenfalls von der regulären Kriegführung in der zweiten Periode des Bürgerkriegs unterscheiden. Wir gehen hier von der Annahme aus, daß nach Ausrüstung der Truppen mit modernen Waffen eine große Umwälzung in der Armee und in ihren Operationen vollzogen werden wird. Dann werden die Truppen einen hohen Grad der Konzentriertheit und Organisiertheit erreichen, ihre Operationen werden in hohem Maße regulären Charakter annehmen, ihr Partisanencharakter wird stark abnehmen; was jetzt auf einer niedrigen Stufe steht, wird auf eine höhere Stufe gehoben werden, und der chinesische Typ der regulären Kriegführung wird in den Typ, der in der Welt üblich ist, verwandelt werden. Das wird unsere Aufgabe in der Etappe der strategischen Gegenoffensive sein.
Somit sehen wir, daß die zwei Prozesse - der Bürgerkrieg und der Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge - mit ihren vier strategischen Perioden insgesamt drei Wendungen in der Strategie enthalten. Die erste war der Übergang vom Partisanenkrieg zur regulären Kriegführung im Bürgerkrieg; die zweite - der Übergang von der regulären Kriegführung im Bürgerkrieg zum Partisanenkrieg im Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge; die dritte wird der Übergang vom Partisanenkrieg zur regulären Kriegführung im Widerstandskrieg sein.
Bei der ersten dieser drei Wendungen sind wir auf sehr große Schwierigkeiten gestoßen. Hier waren zweierlei Aufgaben zu erfüllen. Einerseits mußte gegen die rechte Abweichung - Lokalpatriotismus und Partisanentum - gekämpft werden, die darin zum Ausdruck kam, daß man sich an den Partisanencharakter der Operationen klammerte und sich nicht auf den regulären Charakter der Operationen umstellen wollte. Diese Abweichung resultierte daraus, daß unsere Kader die Veränderungen unterschätzten, die hinsichtlich der Situation beim Feind und unserer eigenen Aufgaben vor sich gegangen waren. Nehmen wir das Zentrale Rote Gebiet als Beispiel: Hier gelang es erst nach Durchführung einer sehr mühevollen Erziehungsarbeit, diese Abweichung nach und nach zu korrigieren. Andererseits mußte auch gegen eine "linke" Abweichung - übermäßige Konzentration und Abenteurertum - gekämpft werden, die darin zum Ausdruck kam, daß man allzu viel Gewicht auf die Regularität legte. Diese Abweichung resultierte daraus, daß ein Teil der leitenden Kader die Veränderungen der Situation beim Feind überschätzte, sich zu weitgehende Aufgaben stellte und, ohne die konkreten Bedingungen zu berücksichtigen, die Erfahrungen des Auslands mechanisch anwandte. Wegen dieser Abweichung brachte das Zentrale Rote Gebiet im Laufe von drei langen Jahren (bis zur Dsunyi-Tagung) gewaltige Opfer, und sie wurde erst nach diesen blutigen Lehren korrigiert. Diese Korrektur war das Verdienst der Tagung von Dsunyi.
Die zweite Wendung vollzog sich zwischen den beiden voneinander verschiedenen Kriegen im Herbst 1937 (nach den Ereignissen bei Lugoutjiao). Jetzt haben wir einen neuen Gegner, den japanischen Imperialismus, und der frühere Gegner, die Kuomintang (die sich nach wie vor feindselig zu uns verhält), ist unser Verbündeter geworden; das Schlachtfeld sind die riesigen Weiten Nordchinas (vorläufig ist das noch unsere Front, es kann jedoch bald für lange Zeit zum Hinterland des Feindes werden). Die Wendung in unserer Strategie war unter diesen besonderen Umständen eine außerordentlich ernste Wendung. In dieser besonderen Lage war es erforderlich, unsere frühere reguläre Armee in Partisanentruppen (im Sinne ihres Einsatzes in aufgelockerten Formationen, aber keineswegs im Sinne ihrer Organisiertheit und Disziplin) zu verwandeln und vom früheren Bewegungskrieg zum Partisanenkrieg überzugehen. Erst dadurch konnte eine Übereinstimmung mit der Situation beim Feind und unseren Aufgaben erzielt werden. Nach außen hin sah eine solche Wendung jedoch wie eine Kehrtwendung aus und mußte daher außerordentlich schwerfallen. Dabei konnte sowohl eine Abweichung, bei welcher der Feind unterschätzt wird, als auch eine krankhafte Furcht vor Japan entstehen, und bei der Kuomintang ist tatsächlich sowohl das eine als auch das andere vorgekommen. Als die Kuomintang vom Bürgerkrieg zum nationalen Krieg überging, erlitt sie viele unnötige Verluste, in der Hauptsache deshalb, weil sie den Feind unterschätzte, aber auch infolge der krankhaften Furcht vor Japan (zum Beispiel Han Fu-djü und Liu Dschi[Anmerkung 79]). Wir dagegen haben diese Wendung ziemlich erfolgreich vollzogen und haben nicht nur keine Mißerfolge erlitten, sondern sogar bedeutende Siege errungen. Das ist darauf zurückzuführen, daß die große Masse unserer Kader die richtige Anleitung durch das Zentralkomitee rechtzeitig akzeptierte und geschmeidig an die Einschätzung der Lage heranging, wenn es dabei auch zwischen dem Zentralkomitee und einem Teil der Militärfunktionäre zu ernsthaften Auseinandersetzungen kam. Diese Wendung ist äußerst wichtig für die beharrliche Führung des ganzen Widerstandskriegs, für seine Entfaltung und siegreiche Beendigung sowie für die Zukunft der Kommunistischen Partei Chinas. Das wird begreiflich, wenn man die historische Bedeutung des antijapanischen Partisanenkriegs für das Schicksal der nationalen Befreiung Chinas bedenkt. Der chinesische Partisanenkrieg gegen die japanischen Eindringlinge ist seiner eigenartigen Ausdehnung und Langwierigkeit nach nicht nur im Osten, sondern wohl in der Geschichte der ganzen Menschheit beispiellos.
Was die dritte Wendung - von dem Partisanenkrieg zu der regulären Kriegführung im Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge - anbelangt, so ist das eine Sache der zukünftigen Entwicklung des Krieges, und da sich dann vermutlich eine neue Lage herausbilden wird und neue Schwierigkeiten entstehen werden, ist es nicht nötig, jetzt darüber zu sprechen.
V. Die strategische Rolle des Partisanenkrieges gegen die japanische Aggression
Im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression in seiner Gesamtheit spielt die reguläre Kriegführung die Hauptrolle, der Partisanenkrieg eine Hilfsrolle, da der endgültige Ausgang dieses Krieges nur durch die reguläre Kriegführung entschieden werden kann. Im Maßstab des ganzen Landes spielt in der ersten und dritten der drei strategischen Etappen des Gesamtprozesses des Widerstandskriegs (Verteidigung, Kräftegleichgewicht und Gegenoffensive) die reguläre Kriegführung die Hauptrolle und der Partisanenkrieg nur eine Hilfsrolle. In der zweiten Etappe - der Feind hält das besetzte Territorium, während wir zur Gegenoffensive rüsten, ohne sie jedoch vorläufig unternehmen zu können - wird der Partisanenkrieg zur Hauptform und die reguläre Kriegführung zur Hilfsform werden. Aber das wird nur in einer der drei Etappen des ganzen Krieges geschehen, wenn auch diese Etappe möglicherweise die längste sein wird. Deshalb wird die reguläre Kriegführung in dem Krieg als Ganzes die Hauptrolle und der Partisanenkrieg eine Hilfsrolle spielen. Wenn wir das nicht erkennen, wenn wir nicht begreifen, daß die reguläre Kriegführung der Schlüssel zum endgültigen Ausgang des Krieges ist, wenn wir dem Aufbau der regulären Armee sowie dem Studium der regulären Kriegführung und deren Leitung keine Aufmerksamkeit schenken, dann werden wir Japan nicht besiegen können. Das ist die eine Seite der Sache.
Der Partisanenkrieg nimmt jedoch im Verlauf des ganzen Krieges einen wichtigen strategischen Platz ein. Wenn es keinen Partisanenkrieg gibt, wenn wir der Aufstellung von Partisanenabteilungen, einer Partisanenarmee sowie dem Studium des Partisanenkriegs und dessen Leitung keine Aufmerksamkeit widmen, dann werden wir Japan ebenfalls nicht besiegen können. Das erklärt sich daraus, daß der größere Teil Chinas zum Hinterland des Feindes werden wird; wenn es keinen äußerst breit entfalteten und äußerst hartnäckigen Partisanenkrieg geben und der Feind so auf dem von ihm besetzten Territorium festen Fuß fassen wird, ohne daß er sich die geringsten Sorgen um sein Hinterland zu machen braucht, dann werden unsere regulären Truppen an der Front unweigerlich hohe Verluste erleiden, wird der Angriff des Feindes unvermeidlich noch erbitterter werden, wird es schwerfallen, das Gleichgewicht der Kräfte herbeizuführen, und der weitere Widerstand gegen die japanischen Eindringlinge kann gefährdet sein; aber selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, werden dennoch verschiedene ungünstige Erscheinungen auftreten: Die Vorbereitung unserer Kräfte für die Gegenoffensive könnte sich als unzureichend erweisen, während der Gegenoffensive könnten unterstützende Aktionen ausbleiben, der Feind könnte seine Verluste ersetzen usw. Falls derartige Erscheinungen auftreten, wir sie aber nicht durch die rechtzeitige breite Entfaltung und hartnäckige Führung eines Partisanenkriegs überwinden werden, dann wird es auch unmöglich sein, Japan zu besiegen. Deshalb nimmt der Partisanenkrieg, obwohl er im Verlauf des Krieges als Ganzes eine Hilfsrolle spielt, faktisch aber einen äußerst wichtigen strategischen Platz ein, und es wäre zweifellos ein überaus schwerer Fehler, den Partisanenkrieg im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu vernachlässigen. Das ist die andere Seite der Sache.
Ein Partisanenkrieg ist schon allein dann möglich, wenn das gegebene Land ein großes Land ist, und deshalb gab es auch in alter Zeit Partisanenkriege. Ein hartnäckiger Partisanenkrieg ist jedoch nur unter Führung einer kommunistischen Partei möglich. Das ist der Grund, weshalb die Partisanenkriege in alter Zeit meistens mit einer Niederlage endeten und weshalb ein Partisanenkrieg nur heutzutage in einem großen Land mit dem Sieg enden kann, wo es eine kommunistische Partei gibt, beispielsweise in solchen Ländern wie die Sowjetunion während ihres Bürgerkriegs oder wie China in der Gegenwart. Was den Krieg betrifft, so ist vom Standpunkt der Bedingungen des gegenwärtigen Augenblicks sowie der allgemeinen Bedingungen eine Arbeitsteilung zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei im Widerstandskrieg gegen Japan, bei welcher die Kuomintang die regulären Operationen an der Front und die Kommunistische Partei die Partisanenoperationen im Rücken des Feindes auf sich nimmt, notwendig und zweckmäßig; das wäre eine den Bedürfnissen beider Seiten entsprechende, die Anstrengungen der einen und der anderen Seite koordinierende Arbeitsteilung der gegenseitigen Hilfe.
Daraus kann man ersehen, wie wichtig und notwendig es für unsere Partei ist, den Kurs ihrer militärischen Strategie von der regulären Kriegführung der zweiten Periode des Bürgerkriegs auf den Partisanenkrieg der ersten Periode des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression umzuschalten. Dieser Kurswechsel bringt insgesamt folgende achtzehn Vorteile mit sich:
1. Das vom Feind besetzte Gebiet wird verkleinert;
2. die Stützpunktgebiete unserer Armee werden erweitert;
3. in der Verteidigungsetappe werden die Operationen mit denen an der Front koordiniert, damit der Feind in Schach gehalten wird;
4. in der Etappe des Gleichgewichts werden die Stützpunktgebiete hinter den feindlichen Linien fest behauptet und somit die Ausbildung und Reorganisierung der an der Front operierenden Truppen erleichtert;
5. in der Etappe der Gegenoffensive werden die Operationen mit denen an der Front koordiniert, damit man verlorenes Territorium zurückgewinnt;
6. unsere Armee wird aufs schnellste und wirksamste vergrößert;
7. die Kommunistische Partei wächst in breitestem Umfang, so daß in jedem Dorf eine Parteizelle gebildet werden kann;
8. Massenbewegungen werden in breitestem Umfang entfaltet, so daß die gesamte Bevölkerung im Hinterland des Feindes, mit Ausnahme seiner Stützpunkte, organisiert werden kann;
9. Organe der antijapanischen demokratischen Macht werden in breitestem Maßstab geschaffen;
10. im Dienst des Widerstandskriegs gegen Japan werden in breitestem Maßstab Kultur- und Bildungswesen entwickelt;
11. die Lebensbedingungen des Volkes werden in breitestem Maßstab verbessert;
12. für die Zersetzung der feindlichen Truppen werden die günstigsten Bedingungen geschaffen;
13. auf die Stimmung des ganzen Volkes wird in breitestem Umfang die nachhaltigste Wirkung ausgeübt, und seine Kampfmoral wird gehoben;
14. die breiteste Förderung eines Fortschritts der befreundeten Armeen und der befreundeten Parteien wird ermöglicht;
15. bei Anpassung an die Verhältnisse, da der Feind stark ist, wir aber schwach sind, können wir weniger Verluste erleiden und mehr Siege erringen;
16. unter der Berücksichtigung des Umstands, daß China ein großes und Japan ein kleines Land ist, können wir dem Feind mehr Verluste zufügen, mehr Niederlagen beibringen;
17. eine große Anzahl leitender Kader wird aufs schnellste und wirksamste geschmiedet;
18. günstigste Bedingungen zur Lösung der Versorgungsfragen werden geschaffen.
In dem langen Kampf dürfen weder die Partisanenabteilungen noch der Partisanenkrieg auf einem Fleck stehenbleiben. Sie müssen sich entwickeln, eine Stufe höher steigen, sich allmählich in eine reguläre Armee und in eine reguläre Kriegführung verwandeln. Das steht ebenfalls außer jedem Zweifel. Im Verlauf des Partisanenkriegs werden wir Kräfte sammeln und uns selbst zu einem der entscheidenden Faktoren bei der Zerschlagung des japanischen Imperialismus gestalten.
VI. Dem Studium der Militärfragen Beachtung schenken
Alle Fragen der Beziehungen zwischen zwei einander feindlich gegenüberstehenden Armeen müssen durch Krieg gelöst werden, und Sein und Nichtsein Chinas hängt von dem Ausgang des gegenwärtigen Krieges ab. Deshalb duldet das Studium der Militärtheorie, das Studium der Strategie und Taktik, das Studium der politischen Arbeit in der Armee keinen Aufschub. Wenn wir auch die Taktik ungenügend studiert haben, so haben dennoch die Genossen, die mit militärischer Tätigkeit beschäftigt sind, im Laufe von zehn Jahren große Erfolge erzielt und auf der Grundlage der chinesischen Verhältnisse bereits viel Neues ausgearbeitet; eine Lücke auf diesem Gebiet ist die fehlende Verallgemeinerung. Mit dem Studium der Fragen der Strategie und der Fragen der Kriegstheorie befaßt sich bisher nur eine sehr geringe Anzahl Menschen. Beim Studium der Fragen politischer Arbeit haben wir erstklassige Leistungen aufzuweisen. Was den Reichtum an Erfahrungen, die Anzahl und die Qualität neuer Vorhaben anbelangt, stehen wir in der Welt nach der Sowjetunion an erster Stelle. Aber unser Mangel liegt in einer ungenügenden Synthese und Systematisierung. Um die Bedürfnisse der gesamten Partei und des ganzen Landes zu befriedigen, wird die Popularisierung militärischer Kenntnisse zur vordringlichen Aufgabe. All dem muß man von nun an Aufmerksamkeit widmen; im Mittelpunkt aber muß die Theorie des Krieges und der Strategie stehen. Ich halte es für notwendig, ausgehend vom Studium der Militärtheorie das Interesse für militärische Fragen zu wecken und darauf die Aufmerksamkeit der ganzen Partei zu lenken.
Die Bewegung des 4. Mai
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.275-277
(Mai 1939)[Anmerkung 80]
Die Bewegung des 4. Mai, die sich vor zwanzig Jahren entfaltete, zeigte, daß die antiimperialistische und antifeudale bürgerlich-demokratische Revolution in China eine neue Stufe ihrer Entwicklung erreicht hatte. Die Bewegung für Kulturreform, die sich aus der Bewegung des 4. Mai entwickelte, war nur eine der Erscheinungsformen dieser Revolution. Das Heranwachsen und die Entwicklung neuer gesellschaftlicher Kräfte in jener Periode hatte dazu geführt, daß im Verlauf der antiimperialistischen und antifeudalen bürgerlichdemokratischen Revolution in China ein erstarktes Lager in Erscheinung trat, das Lager, das von der chinesischen Arbeiterklasse, den Studenten und der jungen nationalen Bourgeoisie gebildet wurde. Während der Bewegung des 4. Mai standen heldenmütig Hunderttausende von Studenten in ihren ersten Reihen. In dieser Beziehung ging die Bewegung des 4. Mai einen Schritt über die Revolution von 1911 hinaus.
Die bürgerlich-demokratische Revolution in China hat bereits, von ihrer Vorbereitungsperiode an gerechnet, eine ganze Anzahl von Entwicklungsstufen durchlaufen: den Opiumkrieg, den Taiping-Tiänguo-Krieg, den Chinesisch-Japanischen Krieg von 18941, die Reformbewegung von 1898, die Yihotuan-Bewegung,[Anmerkung 81] die Revolution von 1911 die Bewegung des 4. Mai, den Nordfeldzug und den Agrarrevolutionären Krieg. Der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression stellt wiederum eine neue Entwicklungsstufe dieser Revolution dar, und zwar die grandioseste, lebhafteste und kraftvollste Stufe. Die bürgerlich-demokratische Revolution kann erst dann als erfolgreich abgeschlossen betrachtet werden, wenn die Kräfte des ausländischen Imperialismus und des einheimischen Feudalismus im wesentlichen gestürzt sein werden und ein unabhängiger, demokratischer Staat geschaffen sein wird. Jede dieser Entwicklungsstufen der Revolution, vom Opiumkrieg an, hatte ihre Besonderheiten. Aber der wesentlichste Unterschied zwischen diesen Stufen besteht darin, daß die einen in die Zeit vor der Gründung der Kommunistischen Partei, die anderen in die Zeit nach deren Gründung fielen. Im ganzen gesehen gab es jedoch unter ihnen keine einzige Stufe, die nicht den Charakter der bürgerlich-demokratischen Revolution getragen hätte. Diese demokratische Revolution ist darauf gerichtet, eine in der Geschichte Chinas noch nie dagewesene Gesellschaftsordnung, nämlich eine demokratische Gesellschaftsordnung, zu schaffen; ihre Vorgängerin ist die Feudalgesellschaft (sie hat sich in den letzten hundert Jahren in eine halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft verwandelt), und ihre Nachfolgerin wird die sozialistische Gesellschaft sein. Wenn gefragt werden sollte, warum ein Kommunist zunächst für die Verwirklichung der bürgerlich-demokratischen Gesellschaftsordnung und dann erst für die Verwirklichung der sozialistischen Gesellschaftsordnung kämpfen muß, wird unsere Antwort lauten: Wir gehen den Weg, den die Geschichte als unvermeidlich erwiesen hat.
Die Vollendung der demokratischen Revolution in China hängt von bestimmten gesellschaftlichen Kräften ab. Diese gesellschaftlichen Kräfte sind: die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, die Intelligenz und der fortschrittliche Teil der Bourgeoisie, mit anderen Worten, die revolutionären Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute, wobei die Arbeiter und Bauern die grundlegende Kraft der Revolution bilden und die Arbeiterklasse die Klasse ist, die die Revolution führt. Ohne diese grundlegende Kraft der Revolution und ohne Führung durch die Arbeiterklasse ist die Vollendung der antiimperialistischen und antifeudalen demokratischen Revolution unmöglich. Heute sind der japanische Imperialismus und die Landesverräter die Hauptfeinde der Revolution; die grundlegende Politik der Revolution ist die antijapanische nationale Einheitsfront, die aus allen Arbeitern, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleuten besteht, die gegen die japanische Aggression kämpfen. Der Endsieg im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression wird errungen werden, wenn sich die Einheitsfront der Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute bedeutend gefestigt und entwickelt haben wird.
Innerhalb der demokratisch-revolutionären Bewegung Chinas war es die Intelligenz, deren Bewußtsein zuerst erwachte. Das zeigte sich deutlich in der Revolution von 1911 und der Bewegung des 4. Mai, wobei zur Zeit der Bewegung des 4. Mai die Intelligenz bereits zahlreicher und bewußter war als während der Revolution von 1911. Ohne Zusammenschluß mit den Arbeiter- und Bauernmassen wird die Intelligenz jedoch nichts zustande bringen können. Letzten Endes befindet sich die Trennungslinie zwischen einem revolutionären Intellektuellen und einem nichtrevolutionären oder konterrevolutionären Intellektuellen dort, wo es sich zeigt, ob einer willens ist, sich mit den Massen der Arbeiter und Bauern zu verbinden, und ob er das auch tatsächlich tut. Allein hier liegt die endgültige Trennungslinie zwischen ihnen und nicht etwa in Phrasendreschereien über die Drei Volksprinzipien oder den Marxismus. Ein wahrer Revolutionär muß einer sein, der willens ist, sich mit den Massen der Arbeiter und Bauern zusammenzuschließen, und das tatsächlich tut.
Seit der Bewegung des 4. Mai sind bereits zwanzig Jahre vergangen; der Tag, an dem der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression ausbrach, jährt sich bald zum zweiten Male. Die gesamte Jugend und alle Kulturschaffenden des Landes tragen eine große Verantwortung für die Sache der demokratischen Revolution und für die Sache des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression. Ich hoffe, daß sie den Charakter und die Triebkräfte der chinesischen Revolution erkennen, daß sie ihre Arbeit den Arbeiter- und Bauernmassen dienstbar machen, unter die Arbeiter und Bauern gehen und zu Propagandisten und Organisatoren unter ihnen werden. Der Tag, da sich das ganze chinesische Volk erhebt, wird der Tag des Sieges im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression sein. Auf ans Werk, chinesische Jugend!
Die Orientierung der Jugendbewegung
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.279-288
(4. Mai 1939)[Anmerkung 82]
Heute ist der zwanzigste Jahrestag der Bewegung des 4. Mai. Die Jugend Yenans hat sich hier zu dieser Gedenkkundgebung versammelt. Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, um einige Fragen zu behandeln, die die Orientierung der Jugendbewegung in China betreffen.
Erstens. Der 4. Mai ist jetzt als Tag der chinesischen Jugend festgelegt worden, und das ist völlig richtig! Es ist ein Ereignis von großer Bedeutung, daß in diesem Jahr, zwanzig Jahre nach der Bewegung des 4. Mai, dieser Tag endlich im ganzen Land zum Tag der Jugend erklärt worden ist. Denn das zeigt, daß unsere gegen Imperialismus und Feudalismus gerichtete volksdemokratische Revolution bald einen Wendepunkt erreichen wird. In den letzten Jahrzehnten hat diese Revolution wiederholt Fehlschläge erlitten, aber jetzt muß sich das ändern; es wird nicht zu einer abermaligen Niederlage kommen, sondern zu einer Wendung zum Sieg hin. Jetzt schreitet die chinesische Revolution vorwärts, vorwärts zum Sieg. Die früheren Niederlagen können und dürfen sich nicht wiederholen, wir müssen eine Wendung zum Sieg durchsetzen. Ist denn diese Wendung jetzt noch nicht da? Nein, sie ist noch nicht eingetreten, wir haben den Sieg noch nicht errungen. Der Sieg kann aber errungen werden. Gerade im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression müssen wir uns bemühen, zu einem Wendepunkt von den Niederlagen zum Sieg zu gelangen. Die Bewegung des 4. Mai war gegen eine landesverräterische Regierung gerichtet, gegen eine Regierung, die sich mit dem Imperialismus verschworen und die Interessen der Nation verraten hatte, gegen eine Regierung, die das Volk unterdrückte. Sollte man gegen eine solche Regierung kämpfen oder nicht? Hätte man es nicht tun sollen, dann wäre ja die Bewegung des 4. Mai ein Fehler gewesen. Es ist völlig klar, daß eine solche Regierung unbedingt bekämpft, eine Regierung des Landesverrats gestürzt werden mußte. Seht: Dr. Sun Yat-sen war schon lange vor der Bewegung des 4. Mai zum Rebellen gegen die damalige Regierung geworden; er bekämpfte die Regierung der Tjing-Dynastie und stürzte sie. Hat er richtig gehandelt? Ich glaube, daß er völlig im Recht war, denn er kämpfte nicht gegen eine Regierung, die dem Imperialismus Widerstand leistete, sondern gegen eine Regierung, die sich mit dem Imperialismus verschworen hatte, nicht gegen eine revolutionäre Regierung, sondern gegen eine Regierung, die die Revolution unterdrückte. Da die Bewegung des 4. Mai gegen eine Regierung der Landesverräter auftrat, war sie eben eine revolutionäre Bewegung. So muß die gesamte chinesische Jugend die Bewegung des 4. Mai betrachten. Heute, da sich das ganze Volk zum Widerstand gegen die japanische Aggression erhoben hat, sind wir auf Grund der aus den früheren Niederlagen der Revolution gezogenen Lehren fest entschlossen, den japanischen Imperialismus zu besiegen, und wir werden keine neuen Landesverräter dulden, werden nicht zulassen, daß die Revolution aufs neue eine Niederlage erleidet. Die Jugend des ganzen Landes ist, mit Ausnahme eines kleinen Teils, erwacht und fest entschlossen zu siegen; eben das kommt in der Ausrufung des 4. Mai zum Tag der Jugend zum Ausdruck. Wir schreiten vorwärts auf dem Weg zum Sieg, und wenn das ganze Volk wie ein Mann seine Kräfte anspannt, wird die chinesische Revolution im Widerstandskrieg sicherlich triumphieren.
Zweitens. Wogegen richtet sich die chinesische Revolution? Was sind die Objekte der Revolution? Bekanntlich ist das eine der Imperialismus, das andere der Feudalismus. Gegen wen ist die Revolution gegenwärtig gerichtet? Gegen die japanischen Imperialisten und gegen die Landesverräter. Will man die Revolution, dann muß man unbedingt die japanischen Imperialisten und die Landesverräter niederschlagen. Und wer macht die Revolution? Wer ist die Hauptkraft der Revolution? Es ist das einfache Volk Chinas. Die Triebkräfte der Revolution sind das Proletariat, die Bauernschaft sowie all jene von den anderen Klassen, die zum Kampf gegen den Imperialismus und den Feudalismus bereit sind; das sind die antiimperialistischen, antifeudalen revolutionären Kräfte. Wer von diesen unzähligen Menschen ist jedoch die grundlegende Kraft, das Rückgrat der Revolution? Die Arbeiter und Bauern, die neunzig Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen. Was ist der Charakter der chinesischen Revolution? Was für eine Revolution führen wir jetzt durch? Unsere gegenwärtige Revolution ist eine bürgerlich-demokratische Revolution, und nichts von dem, was wir tun, geht über den Rahmen der bürgerlich-demokratischen Revolution hinaus. Jetzt dürfen wir das bürgerliche System des Privateigentums schlechthin noch nicht vernichten; vernichten müssen wir den Imperialismus und den Feudalismus, und das heißt eben bürgerlich-demokratische Revolution. Aber die Bourgeoisie ist bereits außerstande, diese Revolution zu vollenden, sie kann nur durch die Anstrengungen des Proletariats und der breiten Volksmassen vollendet werden. Was ist das Ziel dieser Revolution? Der Sturz des Imperialismus und des Feudalismus sowie die Errichtung einer volksdemokratischen Republik. Eine solche Republik gründet sich auf die revolutionären Drei Volksprinzipien. Sie unterscheidet sich von dem gegenwärtigen halbkolonialen, halbfeudalen Zustand sowie auch vom künftigen sozialistischen System. In der sozialistischen Gesellschaftsordnung haben die Kapitalisten keinen Platz; in der volksdemokratischen Ordnung dagegen muß die Existenz von Kapitalisten noch zugelassen werden. Aber wird China ewig Kapitalisten brauchen? Nein, später bestimmt nicht. Das gilt nicht für China allein, sondern für die ganze Welt. Weder in Großbritannien noch in den USA, weder in Frankreich noch in Japan, weder in Deutschland noch in Italien wird man in Zukunft die Kapitalisten brauchen, und China kann keine Ausnahme bilden. Die Sowjetunion ist ein Land, das den Sozialismus aufgebaut hat, und die ganze Welt wird zweifellos ihrem Beispiel folgen. Daß sich China in Zukunft unbedingt zum Sozialismus entwickeln wird, ist ein Gesetz, das niemand umzustoßen vermag. Aber in dem gegenwärtigen Stadium haben wir nicht den Sozialismus zu verwirklichen, sondern den Imperialismus und den Feudalismus zu vernichten, den gegenwärtigen halbkolonialen, halbfeudalen Zustand Chinas zu verändern und eine volksdemokratische Ordnung zu schaffen. Diesem Ziel soll unsere ganze Jugend zustreben.
Drittens. Was sind die Erfahrungen und Lehren der bisherigen chinesischen Revolution? Das ist ebenfalls eine wichtige Frage, die unsere Jugend begreifen muß. Die antiimperialistische, antifeudale bürgerlich-demokratische Revolution in China hat, streng genommen, mit Dr. Sun Yat-sen begonnen und dauert bereits mehr als fünfzig Jahre; was die Aggression ausländischer kapitalistischer Staaten gegen China betrifft, so währt sie fast hundert Jahre. Die Kämpfe, die China nun seit hundert Jahren führt - vom Opiumkrieg gegen die englische Aggression über den Taiping-Tiänguo-Krieg, den Chinesisch-Japanischen Krieg von 1894, die Reformbewegung von 1898, die Yihotuan-Bewegung, die Revolution von 1911, die Bewegung des 4. Mai und den Nordfeldzug bis zum Krieg der Roten Armee -, unterscheiden sich zwar voneinander, waren aber alle auf die Abwehr äußerer Feinde oder auf die Änderung der bestehenden Zustände gerichtet. Doch erst mit Dr. Sun Yat-sen begann eine verhältnismäßig klar definierte bürgerlich-demokratische Revolution. Die von Dr. Sun Yat-sen eingeleitete Revolution hat in den letzten fünfzig Jahren einerseits Erfolg, andererseits Mißerfolg aufzuweisen. Seht, war es etwa nicht ein Erfolg, daß die Revolution von I911 den Kaiser verjagt hat? Ein Mißerfolg aber war es, daß sie lediglich den Kaiser verjagt, China aber nach wie vor unter dem Joch des Imperialismus und Feudalismus belassen hat, so daß die Aufgabe der antiimperialistischen und antifeudalen Revolution unvollendet blieb. Welches Ziel verfolgte die Bewegung des 4. Mai? Sie war auch gegen Imperialismus und Feudalismus gerichtet, erlitt aber ebenfalls eine Niederlage, und China blieb weiterhin unter der Herrschaft des Imperialismus und Feudalismus. Das gleiche gilt für die als Nordfeldzug bekannte Revolution: Sie war ein Erfolg, zugleich aber ein Mißerfolg. Von dem Zeitpunkt an, da die Kuomintang den Kampf gegen die Kommunistische Partei aufnahm,2 war China wieder im Machtbereich des Imperialismus und Feudalismus. Das aber hatte zwangsläufig den zehnjährigen Krieg der Roten Armee zur Folge. Aber dieser zehnjährige Kampf löste die Aufgabe der Revolution nur in einem Teil Chinas und noch nicht im ganzen Land. Wenn wir das Fazit der Revolution aus den vergangenen Jahrzehnten ziehen, können wir sagen, daß wir nur zeitweilige und teilweise Siege, aber keinen dauernden Sieg im ganzen Land errungen haben. Es ist so, wie Dr. Sun Yat-sen einmal sagte: "Die Revolution ist noch nicht vollendet, meine Kameraden müssen das Ringen fortsetzen." Nun fragt es sich: Warum hat die chinesische Revolution nach mehreren Jahrzehnten Dauer ihr Ziel noch immer nicht erreicht? Worin liegt die Ursache? Ich denke, die Ursache liegt darin, daß erstens die Kräfte des Feindes zu stark und zweitens die eigenen Kräfte zu schwach sind. Da die eine Seite stark, die andere schwach ist, hat die Revolution nicht gesiegt. Wenn wir sagen, daß der Feind zu stark ist, so meinen wir, daß die Kräfte des Imperialismus (das ist der Hauptfaktor) und des Feudalismus zu stark sind. Wenn wir die eigenen Kräfte als zu schwach bezeichnen, so meinen wir, daß sie auf militärischem, politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet Schwächen gezeigt haben; doch ist ihre Schwäche hauptsächlich daraus zu erklären, daß die werktätigen Massen der Arbeiter und Bauern, die neunzig Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen, noch nicht mobilisiert worden sind; daher die Schwäche, daher auch die Unmöglichkeit, die antiimperialistische und antifeudale Aufgabe zu erfüllen. Zieht man das Fazit der Revolution aus den letzten Jahrzehnten, so ergibt sich, daß nicht im vollen Maße das ganze Volk mobilisiert worden ist, daß die Reaktionäre stets gegen eine solche Mobilisierung waren und sie hintertrieben. Es wird aber erst dann möglich sein, den Imperialismus und Feudalismus zu stürzen, wenn die breiten Massen der Arbeiter und Bauern, die neunzig Prozent der Bevölkerung des Landes ausmachen, mobilisiert und organisiert sind. Dr. Sun Yat-sen sagte in seinem Testament:
Ich habe meine Kräfte vierzig Jahre lang der nationalen Revolution gewidmet, um Freiheit und Gleichheit für China zu erringen. Auf Grund vierzigjähriger Erfahrung bin ich zu der festen Überzeugung gekommen, daß wir, um dieses Ziel zu erreichen, die Volksmassen wecken und uns zum gemeinsamen Kampf mit jenen Nationen der Welt verbünden müssen, die uns als gleichberechtigt behandeln.
Über zehn Jahre sind bereits seit dem Tod dieses hochverehrten Menschen vergangen. Mit den vierzig Jahren, von denen er spricht, ergibt das insgesamt mehr als fünfzig Jahre. Was sind die Erfahrungen und Lehren der Revolution seit mehr als fünfzig Jahren? Das Wesentliche besteht darin, "die Volksmassen zu wecken". Ihr sollt diese Lehre eingehend studieren, die Jugend des ganzen Landes muß sie eingehend studieren. Die Jugendlichen müssen begreifen, daß man Imperialismus und Feudalismus nur dann besiegen kann, wenn die breiten Massen der Arbeiter und Bauern - neunzig Prozent der Landesbevölkerung - mobilisiert werden. Wenn wir jetzt den Sieg über Japan erringen und ein neues China aufbauen wollen, dann kann dieses Ziel ohne die Mobilisierung der Arbeiter- und Bauernmassen im ganzen Land nicht erreicht werden.
Viertens. Ich komme nun wieder auf die Jugendbewegung zurück. Heute vor zwanzig Jahren erfolgten in China die großen Ereignisse, an denen sich die Studenten beteiligten und die in der Geschichte als die Bewegung des 4. Mai bekannt wurden. Das war eine Bewegung von gewaltiger Bedeutung. Welche Rolle haben die Jugendlichen Chinas seit der Bewegung des 4. Mai gespielt? In gewissem Sinn die Rolle einer Avantgarde. Das wird im ganzen Land, mit Ausnahme der Ultrakonservativen, von jedermann anerkannt. Was heißt das: die Rolle einer Avantgarde spielen? Das heißt sich an die Spitze stellen, in den vorderen Reihen der Revolution stehen. In den Reihen des gegen Imperialismus und Feudalismus kämpfenden chinesischen Volkes gibt es eine Armee junger Intellektueller und Studenten. Das ist eine recht große Armee. Mögen auch viele gefallen sein, zählt sie gegenwärtig doch einige Millionen Menschen. Das ist eine Armee, die an einem Frontabschnitt des Kampfes gegen Imperialismus und Feudalismus steht, und zwar eine wichtige Armee. Es genügt aber nicht, sich auf diese Armee allein zu stützen; wenn man sich nur auf sie verläßt, kann man den Feind nicht besiegen, da sie immerhin nicht die Hauptstreitmacht bildet. Wer ist die Hauptstreitmacht? Es ist die große Masse der Arbeiter und Bauern. Die jungen Intellektuellen und Studenten Chinas müssen unter die Arbeiter und Bauern gehen, um diese neunzig Prozent der Gesamtbevölkerung zu mobilisieren und zu organisieren. Ohne diese Hauptstreitmacht, ohne die Arbeiter- und Bauernmassen, nur gestützt auf die Armee der jungen Intellektuellen und der studierenden Jugend, kann man den Sieg über Imperialismus und Feudalismus nicht erringen. Deshalb müssen die junge Intelligenz und die Studentenschaft des ganzen Landes sich mit den breiten Massen der Arbeiter und Bauern verbinden, mit ihnen verschmelzen; nur dann kann eine starke und mächtige Armee gebildet werden. Das wird eine Armee von einigen hundert Millionen sein! Nur mit solch einer großen Armee wird man die festen Stellungen des Gegners und seine letzten Bastionen zerstören können. Betrachtet man von diesem Gesichtspunkt aus die frühere Jugendbewegung, so muß man auf eine falsche Tendenz hinweisen: In den letzten Jahrzehnten war ein Teil der Jugendlichen innerhalb dieser Bewegung nicht gewillt, sich mit den Massen der Arbeiter und Bauern zu verbinden, und trat gegen die Arbeiter- und Bauernbewegung auf; das war eine Gegenströmung in der Jugendbewegung. In der Tat sind das gar keine gescheiten Leute, die sich nicht mit den Arbeitern und Bauern, also mit neunzig Prozent aller Einwohner unseres Landes, verbinden, ja sogar grundsätzlich gegen die Arbeiter und Bauern eingestellt sind. Ist eine solche Strömung gut? Meiner Meinung nach nicht, denn, indem diese Jugendlichen gegen die Arbeiter und Bauern auftreten, sind sie auch gegen die Revolution, darum sagen wir ja auch, daß sie eine Gegenströmung innerhalb der Jugendbewegung sind. Eine solche Jugendbewegung kann zu nichts Gutem führen. Vor einigen Tagen schrieb ich einen kurzen Artikel3. Darin sagte ich:
Letzten Endes befindet sich die Trennungslinie zwischen einem revolutionären Intellektuellen und einem nichtrevolutionären oder konterrevolutionären Intellektuellen dort, wo es sich zeigt, ob einer willens ist, sich mit den Massen der Arbeiter und Bauern zu verbinden, und ob er das auch tatsächlich tut.
Damit habe ich ein Kriterium aufgestellt, welches meiner Meinung nach das einzig mögliche ist. Was denn soll das Kriterium dafür sein, ob ein junger Mensch revolutionär ist? Wie kann man das feststellen? Es gibt nur ein Kriterium: Will er sich mit den breiten Massen der Arbeiter und Bauern verbinden und tut er das auch tatsächlich oder nicht. Wenn er sich mit den Arbeitern und Bauern verbinden will und das tatsächlich tut, ist er revolutionär; andernfalls ist er nichtrevolutionär oder konterrevolutionär. Wenn er sich heute mit den Massen der Arbeiter und Bauern verbindet, ist er heute ein Revolutionär. Wenn er aber morgen nicht mit ihnen verbunden ist oder umgekehrt das einfache Volk unterdrückt, wird er ein Nichtrevolutionär oder ein Konterrevolutionär sein. Manche junge Menschen führen lediglich großartige Reden im Mund von ihrem Glauben an die Drei Volksprinzipien oder an den Marxismus; aber das zählt nicht. Schaut doch, schwatzt nicht Hitler auch von seinem "Glauben an den Sozialismus"? Auch Mussolini war vor zwanzig Jahren noch ein "Sozialist"! Aber was ist denn im Grunde ihr "Sozialismus"? Nichts anderes als Faschismus! Hat nicht auch Tschen Du-hsiu an den Marxismus "geglaubt"? Und was hat er dann getan? Er ist zu den Konterrevolutionären übergelaufen. Hat nicht Dschang Guo-tao ebenfalls an den Marxismus "geglaubt"? Und wo ist er jetzt hingeraten? Er hat sich aus dem Staub gemacht und ist im Sumpf gelandet. Es gibt manche Leute, die sich selbst für "Anhänger der Drei Volksprinzipien" ausgeben, ja sogar für deren namenhafteste Verfechter. Doch was haben sie gemacht? Wie sich herausstellt, besteht ihr Prinzip des Nationalismus in einem Komplott mit dem Imperialismus, ihr Prinzip der Demokratie in der Unterdrückung des einfachen Volkes und ihr Prinzip des Volkswohls darin, dem Volk möglichst viel Blut auszusaugen. Mit den Lippen sind sie Anhänger, im Herzen aber Gegner der Drei Volksprinzipien. Deshalb brauchen wir, wenn wir einen Menschen einschätzen und wissen wollen, ob er ein falscher oder echter Anhänger der Drei Volksprinzipien, ein falscher oder echter Marxist ist, nur zu untersuchen, wie seine Beziehungen zu den breiten Massen der Arbeiter und Bauern sind, und alles wird sofort klar werden. Es gibt nur dieses eine Kriterium, ein anderes gibt es nicht. Ich hoffe, die Jugend des Landes wird sich stets hüten, in jene unheilvolle Gegenströmung zu geraten; ich hoffe, sie wird klar erkennen, daß die Arbeiter und Bauern ihre Freunde sind, und wird vorwärtsschreiten, einer lichten Zukunft entgegen.
Fünftens. Der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression stellt ein neues Stadium der chinesischen Revolution dar, und zwar das grandioseste, kraftvollste, lebhafteste Stadium. In diesem Stadium trägt die Jugend eine ungeheure Verantwortung. Bei uns in China hat die revolutionäre Bewegung in den letzten Jahrzehnten viele Stadien des Kampfes durchlaufen, aber sie erreichte niemals solche Ausmaße wie jetzt im Krieg gegen die japanischen Aggressoren. Wenn wir behaupten, daß der chinesischen Revolution heute Besonderheiten eigen sind, die sie in der Vergangenheit nicht gehabt hat, und daß sie jetzt einen Umschwung von Niederlagen zum Sieg erfahren wird, so verweisen wir darauf, daß die breiten Massen des chinesischen Volkes Fortschritte gemacht haben; der Fortschritt der Jugend ist dafür ein klarer Beweis. Deshalb muß und wird der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen Japan unbedingt mit einem Sieg enden. Es ist allgemein bekannt, daß die grundlegende Politik in diesem Krieg die antijapanische nationale Einheitsfront ist, welche die Niederschlagung der japanischen Imperialisten und der Landesverräter, die Umwandlung des alten China in ein neues China und somit die Befreiung der ganzen Nation vom halbkolonialen und halbfeudalen Zustand zum Ziel hat. Die gegenwärtige Uneinigkeit in der chinesischen Jugendbewegung ist ein großer Mangel. Ihr müßt das Streben nach Einheit fortsetzen, denn nur Einigkeit macht stark. Ihr müßt die Jugend des ganzen Landes dazu bringen, daß sie die gegenwärtige Lage begreift, sich zusammenschließt und den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression bis zum Ende führt.
Und schließlich, sechstens, möchte ich auf die Jugendbewegung in Yenan eingehen. Die Jugendbewegung in Yenan ist das Vorbild für die Jugendbewegung im ganzen Land. Nach der Richtung, welche die Jugendbewegung in Yenan einhält, soll sich die Jugendbewegung im ganzen Land orientieren. Warum? Weil sie richtig ist. Denn, seht ihr, was die Einheit betrifft, hat die Jugend Yenans nicht nur eine Arbeit geleistet, sondern auch sehr gut gearbeitet. Die Jugendlichen hier sind zusammengeschlossen, sind einig. In Yenan sind die jugendlichen Intellektuellen, die Studenten, die Arbeiter- und Bauernjugend alle vereint. Aus allen Gegenden des Landes und selbst aus den Kreisen der Auslandschinesen kommen revolutionäre Jugendliche in großer Zahl nach Yenan, um zu lernen. Die meisten Teilnehmer an der heutigen Kundgebung haben einen weiten Weg von Tausenden Li zurückgelegt, um nach Yenan zu gelangen, und sie alle - heißen sie nun Dschang oder Li, ob Männer oder Frauen, Arbeiter oder Bauern sind eines Sinnes. Ist das etwa kein Vorbild fürs ganze Land? Die Jugend von Yenan ist nicht nur in sich selbst geeint, sondern hat sich auch mit den Massen der Arbeiter und Bauern verbunden, und in dieser Hinsicht ist sie noch mehr ein Vorbild fürs ganze Land. Worin bestehen die Leistungen der Jugendlichen von Yenan? Sie studieren die revolutionäre Theorie, sie studieren die Prinzipien und Methoden des Widerstands gegen die japanischen Aggressoren zur Rettung des Vaterlands. Sie führen die Produktionsbewegung durch und haben bereits Tausende und aber Tausende Mu Neuland erschlossen. Erschließung von Neuland, Bestellung der Felder - damit hat sich nicht einmal Konfuzius befaßt. Als Konfuzius seine Schule leitete, hatte er eine ganze Anzahl von Schülern. "7o Weise und 300o Schüler" fürwahr sehr eindrucksvoll! Aber seine Schüler waren weitaus geringer an Zahl als die Studenten in Yenan und hätten überdies so etwas wie Produktionsbewegungen nicht gemocht. Als einst ein Schüler Konfuzius fragte, wie man die Felder bestelle, antwortete er: "Das weiß ich nicht, darin bin ich dem Bauern nicht ebenbürtig." Als er ihn weiter fragte, wie man Gemüse anbaue, antwortete er wiederum: "Das weiß ich nicht, darin bin ich dem Gärtner nicht ebenbürtig." In der alten Zeit hat die chinesische Jugend, die bei den Weisen lernte, nicht nur keine revolutionäre Theorie studiert, sie hat auch keine körperliche Arbeit geleistet. Gegenwärtig wird in weiten Gebieten des Landes in den Schulen wenig revolutionäre Theorie gelehrt und gibt es solche Dinge wie die Produktionsbewegung gar nicht. Nur bei uns in Yenan sowie in den antijapanischen Stützpunktgebieten im Rücken des Feindes steht es um die Jugend ganz anders. Sie ist in der Tat die Vorhut im Kampf gegen die japanischen Aggressoren zur Rettung des Vaterlands, da sowohl ihre politische Orientierung als auch ihre Arbeitsmethoden richtig sind. Deshalb sagte ich, daß die Jugendbewegung in Yenan das Vorbild für die Jugendbewegung im ganzen Land ist.
Die heutige Kundgebung hat große Bedeutung. Ich habe alles gesagt, was ich sagen wollte. Ich hoffe, daß ihr alle die Erfahrungen der chinesischen Revolution während der vergangenen fünfzig Jahre studiert, das Gute, das es in der Vergangenheit gab, weiter entwickelt und die gemachten Fehler ausmerzt, damit sich überall in China die Jugend mit dem Volk verbindet und sich in der Revolution die Wendung von Fehlschlägen zum Sieg vollzieht. Wenn im ganzen Land die Jugend und das Volk mobilisiert sind, sich organisiert und zusammengeschlossen haben, wird der japanische Imperialismus geschlagen werden. Die Verantwortung dafür muß jeder junge Mensch auf sich nehmen. Jetzt müßt ihr anders sein als bisher: Ihr müßt fest entschlossen sein, euch mit der Jugend des ganzen Landes zu vereinigen und das ganze Volk zu organisieren, ihr müßt den japanischen Imperialismus niederschlagen und müßt das alte China in ein neues China umwandeln. Das ist es, was ich von euch allen erwarte.
Gegen die Kapitulationsumtriebe
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.289-295
(30. Juni 1939)
Die Frage, Krieg führen oder nicht, war für die chinesische Nation, die sich der japanischen Aggression gegenübersieht, stets die erste wichtige Frage. In der Periode zwischen den Ereignissen des 18. September 1931 und den Ereignissen bei Lugoutjiao rief diese Frage heftige Auseinandersetzungen hervor. "Krieg führen heißt leben, nicht Krieg führen heißt untergehen" - zu dieser Schlußfolgerung kamen alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute; "Krieg führen heißt untergehen, nicht Krieg führen heißt leben" - zu dieser Schlußfolgerung kamen alle Kapitulanten. Für eine Zeitlang wurden diese Auseinandersetzungen durch die donnernden Geschütze des Widerstands bei Lugoutjiao entschieden. Der Geschützdonner verkündete: Die erste Schlußfolgerung ist richtig, die zweite aber falsch. Doch weshalb entschied er diese Frage nur vorübergehend und nicht endgültig? Das erklärt sich durch die Politik des japanischen Imperialismus, China zur Kapitulation zu bewegen, durch die Kompromißversuche ausländischer Kapitulantenl und durch die Wankelmütigkeit einer gewissen Gruppe von Leuten innerhalb der chinesischen antijapanischen Front. Die Formulierung der Frage hat sich nun etwas geändert, d. h., die Frage wurde abgewandelt und neu gestellt als eine Frage von "Frieden oder Krieg". Und in China brach dadurch der Streit zwischen den Anhängern der Fortsetzung des Krieges und den Predigern des Friedens aus. Ihre Positionen bleiben die alten: "Krieg führen heißt leben, Frieden schließen heißt untergehen" - zu einer solchen Schlußfolgerung kommen die Anhänger der Fortsetzung des Krieges; "Frieden schließen heißt leben, Krieg führen heißt untergehen" - zu dieser Schlußfolgerung kommen die Prediger des Friedens. Zum Lager der Anhänger einer Fortsetzung des Krieges gehören jedoch alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute - die gewaltige Mehrheit der gesamten Nation; zum Lager der Friedensprediger aber, das heißt zum Lager der Kapitulanten, gehört zahlenmäßig nur ein kleiner schwankender Teil innerhalb der antijapanischen Kampffront. Deshalb ist die Gruppe der "Friedensprediger" gezwungen, eine betrügerische Propaganda zu entfalten, wobei die antikommunistische Propaganda an erster Stelle steht. Sie produziert einen anschwellenden Strom verlogener Meldungen, Berichte, Dokumente, Resolutionen wie solche: "Die Kommunistische Partei betreibt Wühlarbeit", "die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee streifen umher, führen aber nicht Krieg und fügen sich nicht dem Kommando", "das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia hat sich selbständig gemacht und befaßt sich mit der Expansion seiner Gebiete", "die Kommunistische Partei schmiedet Ränke, die Regierung zu stürzen", es heißt sogar, "die Sowjetunion bereitet heimlich eine Aggression gegen China vor". Das alles wird getan, um die wahre Sachlage zu verheimlichen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen, damit ihr Ziel, Frieden zu schließen, das heißt zu kapitulieren, erreicht wird. Die Gruppe der Friedensprediger, das heißt die Gruppe der Kapitulanten, geht auf diese Weise vor, eben weil die Kommunistische Partei die Initiatorin der antijapanischen nationalen Einheitsfront und deren Verfechterin ist und weil es nur dann möglich ist, die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu hintertreiben, die antijapanische nationale Einheitsfront zu spalten und die Kapitulation herbeizuführen, wenn die Kommunistische Partei bekämpft wird. Ferner hoffen die Prediger des Friedens, daß der japanische Imperialismus Zugeständnisse machen werde. Sie rechnen damit, daß Japan bereits der Atem ausgegangen ist, daß es die Grundlinie seiner Politik ändern, daß es von selbst Zentralchina, Südchina und sogar Nordchina räumen wird und daß China dann den Sieg erringen kann, ohne den Krieg fortzusetzen. Und schließlich setzen sie Hoffnungen auf einen internationalen Druck. Viele Friedensprediger hoffen nicht nur, daß die Großmächte auf den Plan treten und Japan unter Druck setzen, es zum Nachgeben zwingen werden, damit eine Friedensregelung herbeigeführt werden kann, sondern sie hoffen auch, daß die Großmächte die chinesische Regierung unter Druck setzen; dann könnten sie - diese Friedensprediger - den Anhängern einer Fortsetzung des Krieges sagen: "Seht, in einer solchen internationalen Atmosphäre bleibt uns nichts anderes übrig als Frieden zu schließen" Und: "Eine internationale pazifische Konferenz[Anmerkung 83] ist für China vorteilhaft. Das ist doch nicht irgendein München,[Anmerkung 84] das ist ein Schritt zur Erneuerung Chinas" Das sind all die Ansichten, Methoden und Intrigen der Gruppe der Friedensprediger in China, d. h. der Gruppe der Kapitulanten.[Anmerkung 85] All dies stellt nicht allein Wang Djing-we zur Schau; viel schlimmer ist, daß es noch sehr viele große und kleine Wang Djing-wes gibt, die - in der antijapanischen Kampffront versteckt - mit Wang Djing-we ein gemeinsames Spiel treiben; manche führen mit ihm ein "Schuanghuang"-Stück[Anmerkung 86] auf, andere treten mal rot, mal weiß geschminkt auf.[Anmerkung 87]
Wir Kommunisten erklären offen: Wir stehen konsequent auf der Seite der Anhänger einer Fortsetzung des Krieges, wir treten den Predigern des Friedens entschieden entgegen. Das einzige, was wir wollen, ist: gemeinsam mit allen patriotischen Parteien und Gruppen, mit allen patriotischen Landsleuten den Zusammenschluß, die antijapanische nationale Einheitsfront und die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei festigen, die Drei Volksprinzipien verwirklichen, den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression bis zu Ende führen, bis zum Yalu-Fluß vorwärts kämpfen und alle verlorenen Territorien zurückgewinnen.[Anmerkung 88] Etwas anderes kennen wir nicht. Wir verurteilen entschieden jene offenen und versteckten Wang Djing-wes, die auf Ränke sinnen, eine antikommunistische Atmosphäre zu schaffen, die Kuomintang und die Kommunistische Partei zu Reibungen[Anmerkung 89] aufzuhetzen und sogar einen neuen Bürgerkrieg zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu provozieren. Wir sagen diesen Leuten: Eure Intrigen, die eine Spaltung herbeiführen sollen, sind ihrem Wesen nach nichts anderes als Schritte zur Vorbereitung der Kapitulation, während eure Politik der Kapitulation und Spaltung der Ausdruck eures Gesamtplans ist, die eigensüchtigen Interessen eines kleinen Häufleins Menschen durch Verrat an den Interessen der Nation zu befriedigen. Aber das Volk hat scharfe Augen: Eure Intrigen werden vom Volk entlarvt werden. Wir verurteilen entschieden das alberne Geschwätz, wonach die pazifische Konferenz angeblich kein "östliches München" sein werde. Die sogenannte pazifische Konferenz wird gerade ein "östliches München" sein; sie wird die Vorbereitung für die Verwandlung Chinas in eine Tschechoslowakei sein. Wir verurteilen entschieden das Geschwätz, die japanischen Imperialisten könnten sich besinnen und auf Zugeständnisse eingehen. Der grundlegende Kurs der japanischen Imperialisten, China zu unterjochen, wird sich keineswegs ändern. Die honigsüßen Reden der Japaner nach dem Fall von Wuhan, beispielsweise ihr Verzicht auf die Politik der "Nichtanerkennung der Nationalregierung als Verhandlungspartner"[Anmerkung 90] und ihre Bereitschaft, sie als einen solchen Partner anzuerkennen, oder aber die famosen Bedingungen für den Abzug der japanischen Truppen aus Zentral- und Südchina - das alles ist eine heimtückische Politik, darauf berechnet, einen Fisch zu ködern, zu fangen und zu braten. Wer auf diesen Köder anbeißt, soll darauf gefaßt sein, in die Bratpfanne zu wandern. Die Versuche ausländischer Kapitulanten, China zur Kapitulation zu bewegen, stellen die gleiche heimtückische Politik dar. Sie dulden die Aggression Japans gegen China, selbst aber "schauen sie auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zu", warten auf einen günstigen Augenblick, um eine sogenannte pazifische Vermittlungskonferenz zu inszenieren und sich die Vorteile des "lachenden Dritten" zu sichern. Auf diese Intriganten hoffen heißt ebenfalls tüchtig betrogen werden.
Die Frage, Krieg führen oder nicht, wird jetzt in die Frage Krieg oder Frieden umgewandelt; aber das Wesen der Frage ist gleichgeblieben. Sie ist die erste wichtige, die grundlegendste aller Fragen. Infolge der intensiv vorangetriebenen japanischen Politik, China zur Kapitulation zu bewegen, infolge der betriebsamen Tätigkeit der ausländischen Kapitulanten und hauptsächlich infolge verstärkter Schwankungen einer gewissen Gruppe von Leuten innerhalb der antijapanischen Kampffront in China stand das letzte halbe Jahr im Zeichen eines gewaltigen Geschreis über das sogenannte Problem von Frieden oder Krieg, und die Möglichkeit einer Kapitulation ist in der gegenwärtigen politischen Lage zur Hauptgefahr geworden. Dabei wird der Kampf gegen den Kommunismus - das heißt der Abbruch der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sowie die Sprengung des Zusammenschlusses im Widerstand gegen Japan von den Kapitulanten als der erste, wichtige Schritt bei der Vorbereitung der Kapitulation geführt. Bei einer solchen Sachlage müssen alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute die Tätigkeit der Kapitulanten scharf beobachten; sie müssen die hauptsächliche Besonderheit der gegenwärtigen Lage erkennen, die darin besteht, daß die Kapitulation die Hauptgefahr und der Antikommunismus nichts anderes als die Vorbereitung der Kapitulation ist; und sie sind verpflichtet, mit allen Kräften gegen Kapitulation und Spaltung zu kämpfen. Man darf keinesfalls dulden, daß ein gewisser Teil Menschen die Sache des Krieges gegen den japanischen Imperialismus, den die ganze Nation nun schon zwei Jahre unter Blutvergießen führt, hintertreibt und verrät. Man darf keinesfalls dulden, daß ein gewisser Teil Menschen die durch Bemühungen der ganzen Nation geschaffene antijapanische nationale Einheitsfront untergräbt und spaltet.
Den Krieg weiterführen und den Zusammenschluß weiterhin durchsetzen - dann wird China bestimmt leben.
Frieden schließen und die Spaltung erwirken - dann wird China bestimmt untergehen.
Was soll man annehmen, was ablehnen? Entscheidet euch, Landsleute, die Zeit drängt.
Wir Kommunisten sind entschlossen, den Krieg weiterzuführen und den Zusammenschluß durchzusetzen.
Alle patriotischen Parteien und Gruppen, alle patriotischen Landsleute sind ebenfalls entschlossen, den Krieg weiterzuführen und den Zusammenschluß durchzusetzen.
Selbst wenn es den Kapitulanten mit ihren auf Kapitulation und Spaltung abzielenden Ränken gelingen sollte, vorübergehend die Oberhand zu gewinnen, werden sie letzten Endes dennoch vom Volk entlarvt werden und die verdiente Strafe erhalten. Die historische Aufgabe der chinesischen Nation ist der Zusammenschluß zum Widerstandskrieg gegen Japan für die eigene Befreiung. Die Kapitulanten haben die Absicht, genau entgegengesetzt zu handeln, aber wie sehr sie auch die Oberhand gewinnen, wie sehr sie auch jubeln und frohlocken sollten in der Annahme, daß in der Welt "niemand ihnen etwas anzutun wagte" - letzten Endes werden sie ihrem Schicksal nicht entgehen: Die Strafe des ganzen Volkes wird sie ereilen.
Der Kampf gegen Kapitulation und Spaltung ist jetzt die vordringliche Aufgabe aller patriotischen Parteien und Gruppen, aller patriotischen Landsleute.
Landsleute, schließt euch zusammen, haltet am Widerstandskrieg und am Zusammenschluß fest, setzt den Umtrieben der Kapitulanten und Spalter ein Ende!
Die Reaktionäre müssen bestraft werden
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.297-302
(1. August 1939)[Anmerkung 91]
Heute, am 1. August, sind wir hier zu einer Trauerkundgebung zusammengekommen. Weshalb wurde diese Kundgebung einberufen? Sie wurde einberufen, weil die Reaktionäre revolutionäre Genossen, Kämpfer gegen Japan, ermordet haben. Was für Leute muß man heute vernichten? Man muß die Landesverräter vernichten, man muß die japanischen Imperialisten vernichten. Schon zwei Jahre ist der Krieg zwischen China und den japanischen Imperialisten im Gang, aber der Krieg ist noch nicht entschieden, und die Landesverräter sind nach wie vor sehr aktiv, nur wenige von ihnen wurden vernichtet. Revolutionäre Genossen aber, Kämpfer gegen Japan, wurden getötet. Von wem wurden sie getötet? Sie wurden von den Truppen getötet. Warum töteten aber die Truppen Kämpfer gegen Japan? Die Truppen führten einen Befehl aus, ihnen hatten gewisse Leute den Mord anbefohlen. Welche Leute haben ihnen diesen Befehl gegeben? Diesen Befehl erhielten sie von den Reaktionären.[Anmerkung 92] Genossen ! Wer hat es - logischerweise - nötig, Kämpfer gegen Japan zu töten? Das haben erstens die japanischen Imperialisten, zweitens Wang Djing-we und die anderen Landesverräter und Kollaborateure nötig. Aber der Mord ereignete sich doch weder in Schanghai noch in Peiping, weder in Tientsin noch in Nanking - er ereignete sich nicht auf dem von den japanischen Eindringlingen und Landesverrätern besetzten Territorium, sondern im Hinterland des Widerstandskriegs, in Pingdjiang, und dem Gemetzel fielen die verantwortlichen Genossen der Pingdjianger Verbindungsstelle der Neuen Vierten Armee, die Genossen Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere, zum Opfer. Es ist völlig klar, daß das Pack chinesischer Reaktionäre dieses Gemetzel auf Befehl der japanischen Imperialisten und Wang Djing-wes angerichtet hat. Diese Reaktionäre sind zur Kapitulation bereit, und deshalb sind sie dem Befehl der Japaner und Wang Djing-wes devot nachgekommen und haben zuerst die standhaftesten Kämpfer gegen Japan hingemordet. Das ist keine Bagatelle, und wir müssen unbedingt dagegen kämpfen, unbedingt dagegen protestieren!
Gegenwärtig kämpft die ganze Nation gegen die japanischen Eindringlinge, und um des Widerstandskriegs willen hat sich das gesamte Volk zu einem großen Zusammenschluß vereinigt. In diesem großen Zusammenschluß gibt es einen Teil Reaktionäre und Kapitulanten. Und womit befassen sie sich? Sie ermorden Kämpfer gegen Japan, unterdrücken alles Fortschrittliche, gehen ein Komplott mit den japanischen Eindringlingen und den Landesverrätern ein und bereiten die Kapitulation vor.
Hat sich irgend jemand um ein so bedeutendes Ereignis wie den Mord an Genossen, die gegen die japanische Aggression kämpften, gekümmert? Heute ist der 1. August: Wen haben wir seit dem 12. Juni, 3 Uhr nachmittags, als die Genossen ermordet wurden, gesehen, der sich um diese Angelegenheit gekümmert hat? Keinen einzigen. Und wer hätte sich damit befassen müssen? Das chinesische Gesetz, das chinesische Gericht hätte auf den Plan treten und eingreifen sollen. Hätte sich ein solcher Vorfall im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ereignet, dann hätte unser Obergerichtshof schon längst eingegriffen. Seit dem Pingdjianger Gemetzel sind bald zwei Monate vergangen, aber das Gesetz und das Gericht haben sich damit nicht befaßt. Was ist die Ursache? Die Ursache besteht darin, daß es in China keine Einheit gibt.[Anmerkung 93]
China muß die Einheit haben, ohne die Einheit kann man nicht siegen. Aber was ist das - die Einheit? Die Einheit fordert, daß alle gegen die japanische Aggression kämpfen, daß alle sich zusammenschließen, daß alle den Weg des Fortschritts gehen. Die Einheit fordert die jeweilige Belohnung und Bestrafung von Menschen. Und was für Leute soll man belohnen? Belohnen soll man jene, die gegen die japanische Aggression kämpfen, jene, die für den Zusammenschluß und den Fortschritt eintreten. Was für Leute soll man bestrafen? Bestrafen soll man die Landesverräter und Reaktionäre, die den Widerstandskampf gegen die japanische Aggression untergraben, die den Zusammenschluß und den Fortschritt hintertreiben. Besteht bei uns jetzt eine solche Einheit? Nein, und als Beweis dafür dient eben das Pingdjianger Gemetzel. Es zeigt, daß es dort, wo Einheit herrschen sollte, noch keine Einheit gibt. Wir fordern schon lange die Einheit des ganzen Landes. Das ist erstens die Einheit auf der Grundlage des Widerstandskriegs. Aber heute sind Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere Genossen, die gegen die japanische Aggression kämpften, nicht nur nicht belohnt, sondern bestialisch niedergemetzelt worden, während die Schufte, die gegen den Widerstandskrieg sind, die Kapitulation vorbereiten und Morde verüben, unbestraft umherlaufen. Das zeugt davon, daß die Einheit nicht vorhanden ist. Wir müssen gegen diese Schufte, gegen diese Kapitulanten kämpfen, wir müssen diese Mörder erwischen. Zweitens ist das die Einheit auf der Grundlage des Zusammenschlusses. Wer für den Zusammenschluß eintritt, der muß belohnt, wer ihn untergräbt, der muß bestraft werden. Aber jetzt sind - umgekehrt - Tu Dscheng-kun, Luo Dsi-ming und andere Genossen, die für den Zusammenschluß waren, bestraft, bestialisch hingemordet worden, während die Schufte, die gegen den Zusammenschluß wühlen, nicht die geringste Strafe erhalten. Das zeugt ebenfalls davon, daß es keine Einheit gibt. Drittens geht es um die Einheit auf der Grundlage des Fortschritts. Das ganze Land muß den Weg des Fortschritts gehen, die Rückständigen müssen sich nach den Fortschrittlichen richten, aber man darf die Fortschrittlichen nie und nimmer zurückzerren und zwingen, sich nach den Rückständigen zu richten. Die verbrecherischen Urheber des Pingdjianger Gemetzels haben fortschrittliche Menschen ermordet. Seit Beginn des Widerstandskriegs wurden bereits Dutzende, ja Hunderte von Mitgliedern der Kommunistischen Partei und anderen Patrioten hinterrücks ermordet; das Pingdjianger Gemetzel ist lediglich der jüngste Mord in der Reihe dieser Morde. Wird es so weitergehen, dann wird es katastrophal für China werden: Alle Menschen, die gegen Japan kämpfen, können hingemordet werden. Was bedeuten diese Morde an Kämpfern gegen Japan? Sie bedeuten, daß die chinesischen Reaktionäre an die Ausführung des Befehls der japanischen Imperialisten und Wang Djingwes gegangen sind, daß sie die Kapitulation vorbereiten und deshalb zuerst die gegen Japan kämpfenden Militärangehörigen, die Kommunisten und andere Patrioten ermorden. Und wenn man diesem Treiben keinen Schlußpunkt setzt, kann China durch die Hand der Reaktionäre untergehen. Also sind die Ereignisse in Pingdjiang eine Angelegenheit des ganzen Landes, und zwar eine äußerst wichtige Angelegenheit. Wir müssen fordern, daß die Nationalregierung diese Reaktionäre hart bestraft.
Die Genossen müssen ebenfalls begreifen, daß die Störaktion des japanischen Imperialismus in der letzten Zeit verstärkt und auch die Unterstützung Japans durch den internationalen Imperialismus aktiviert wurde;[Anmerkung 94] und die Landesverräter in China selbst - die offenen und versteckten Wang Djing-wes - gehen aktiver ans Werk, um die Sache des Widerstandskriegs zu untergraben, den Zusammenschluß zu hintertreiben und die Uhr zurückzudrehen. Sie versuchen den größeren Teil Chinas zur Kapitulation zu zwingen, versuchen im Land innere Spaltung und Bürgerkrieg auszulösen. Gegenwärtig wird überall in unserem Land eine Art geheimer Maßnahmen durchgeführt unter der Bezeichnung "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien".[Anmerkung 95] Der Inhalt ist ganz und gar reaktionär, hilft dem japanischen Imperialismus und schadet der Sache des Widerstandskriegs, der Sache des Zusammenschlusses und des Fortschritts. Was sind "fremde Parteien"? Eine fremde Partei ist der japanische Imperialismus, eine fremde Partei ist Wang Djing-we, eine fremde Partei sind die Landesverräter. Die Kommunistische Partei sowie alle politischen Parteien und Gruppen, die für den Widerstand gegen Japan sind, haben sich einmütig zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zusammengeschlossen. Sind das etwa "fremde Parteien"? Ausgerechnet jetzt sind Kapitulanten und Reaktionäre sowie Ultrakonservative am Werk, die unter den Reihen der Kämpfer des Widerstandskriegs Reibungen und Spaltungen provozieren. Sind solche Handlungen richtig? Ganz und gar nicht. (Einhelliger Beifall.) "Einschränken" - was für Leute muß man jetzt einschränken? Man muß die japanischen Imperialisten einschränken, Wang Djing-we einschränken, die Reaktionäre einschränken, die Kapitulanten einschränken. (Einhelliger Beifall.) Wozu aber die am konsequentesten gegen Japan kämpfende, die revolutionärste, die fortschrittlichste Partei - die Kommunistische Partei - einschränken? Das ist völlig falsch, und unsere Yenaner Bevölkerung ist entschieden dagegen, protestiert entschieden dagegen. (Einhelliger Beifall.) Wir müssen gegen die sogenannten Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien kämpfen - Maßnahmen, die die Ursache für alles mögliche verbrecherische Tun und Treiben sind, das unseren Zusammenschluß untergräbt. Heute sind wir eben darum zu dieser Kundgebung zusammengekommen, damit der Widerstandskrieg, der Zusammenschluß und der Fortschritt weitergeführt werden. Dazu muß man die "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" aufheben, muß man die Kapitulanten und Reaktionäre an die Kandare nehmen, muß man alle revolutionären Genossen, alle gegen Japan kämpfenden Genossen und das gegen Japan kämpfende Volk schützen. (Begeisterter Beifall, Sprechchöre.)
Gespräch mit einem Korrespondenten der Zeitung Hsinhua Jibao über die neue internationale Lage
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.303-310
(1. September 1939)
Frage des Korrespondenten: Welche Bedeutung hat die Unterzeichnung des Nichtangriffspaktes zwischen der Sowjetunion und Deutschland?[Anmerkung 96]
Antwort Mao Tse-tungs: Der sowjetisch-deutsche Nichtangriffspakt ist das Ergebnis der wachsenden Stärke des Sozialismus in der Sowjetunion und der konsequenten Durchführung der Friedenspolitik der Sowjetregierung. Dieser Vertrag durchkreuzte die Intrigen, die von der internationalen reaktionären Bourgeoisie durch Chamberlain und Daladier angezettelt wurden und darauf gerichtet waren, einen Krieg zwischen der Sowjetunion und Deutschland zu provozieren. Er sprengte die Einkreisung der Sowjetunion durch den deutsch-italienisch-japanischen antikommunistischen Block, festigte den Frieden zwischen der Sowjetunion und Deutschland und wurde zur Garantie für die Entwicklung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion. Im Osten versetzte dieser Vertrag Japan einen Schlag und erwies China eine Hilfe; er stärkte die Position der chinesischen Widerstandskräfte und war ein Schlag gegen die chinesischen Kapitulanten. Das alles schafft eine Grundlage, um den Völkern der ganzen Welt in ihrem Kampf für Befreiung und Freiheit zu helfen. Darin liegt die ganze politische Bedeutung des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes.
Frage: Die Menschen haben noch nicht begriffen, daß der Abschluß des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes das Ergebnis des Scheiterns der Verhandlungen zwischen England, Frankreich und der Sowjetunion war. Sie nehmen vielmehr an, daß diese Verhandlungen durch die Unterzeichnung des sowjetisch-deutschen Vertrags gesprengt worden wären. Erklären Sie bitte, warum die englisch-französischsowjetischen Verhandlungen erfolglos waren.
Antwort: Die englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen hatten ausschließlich deshalb keinen Erfolg, weil die Regierungen Englands und Frankreichs nicht aufrichtig waren. In den letzten Jahren hat die internationale reaktionäre Bourgeoisie - und vor allem die reaktionäre Bourgeoisie Englands und Frankreichs - gegenüber der Aggression der deutschen, italienischen und japanischen Faschisten stets eine reaktionäre Politik betrieben, und zwar die Politik der "Nichteinmischung". Sie verfolgten diese Politik mit dem Ziel, aggressive Kriege zu dulden und aus diesen Kriegen Vorteile für sich herauszuschlagen. Deshalb lehnten England und Frankreich die wiederholten Vorschläge der Sowjetunion, eine wirkliche Kampffront gegen die Aggression zu organisieren, kategorisch ab, stellten sich auf einen Standpunkt der "Nichteinmischung" und duldeten die Aggression Deutschlands, Italiens und Japans, wobei sie selbst als Beobachter abseits standen. Sie verfolgten das Ziel, die beiden kriegführenden Seiten sich gegenseitig erschöpfen zu lassen, um dann auf den Schauplatz zu treten und sich einzumischen. Im Zuge der Durchführung dieser reaktionären Politik wurde halb China Japan geopfert, während ganz Abessinien, ganz Spanien, ganz Österreich und die ganze Tschechoslowakei Deutschland und Italien zum Opfer gebracht wurden.[Anmerkung 97] Diesmal wollten England und Frankreich die Sowjetunion opfern. Diese Intrigen offenbarten sich schon ganz deutlich während der jüngsten englischfranzösisch-sowjetischen Verhandlungen. Bei diesen Verhandlungen, die über vier Monate - vom 15. April bis zum 23. August - dauerten, legte die sowjetische Seite größte Geduld an den Tag. England und Frankreich dagegen weigerten sich von Anfang bis Ende, das Prinzip der Gleichheit und der Gegenseitigkeit anzuerkennen. Sie forderten, daß ihre Sicherheit von der Sowjetunion garantiert werde, waren aber selbst nicht bereit, die Sicherheit der Sowjetunion zu garantieren, waren nicht bereit, die Sicherheit der kleinen baltischen Länder zu garantieren, weil sie hier eine Lücke für den Vormarsch deutscher Truppen freilassen wollten; außerdem weigerten sie sich, den sowjetischen Truppen den Durchmarsch durch Polen zu erlauben, damit diese nicht gegen die Aggressoren kämpfen konnten. Das ist die Ursache für das Scheitern der Verhandlungen. Inzwischen erklärte sich Deutschland bereit, den Kampf gegen die Sowjetunion einzustellen und auf den sogenannten Antikominternpakt[Anmerkung 98] zu verzichten, und erkannte die Unantastbarkeit der sowjetischen Grenzen an; daraufhin wurde der sowjetisch-deutsche Nichtangriffspakt abgeschlossen. Die Politik der "Nichteinmischung", wie sie von der internationalen und vor allem von der englisch-französischen Reaktion betrieben wurde, ist die Politik, "auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuzuschauen", es ist die reinste imperialistische Politik des eigenen Vorteils auf fremde Kosten. Diese Politik wurde mit dem Amtsantritt Chamberlains eingeleitet, erreichte ihren Höhepunkt mit dem Abschluß des Münchener Abkommens im September vorigen Jahres und erlitt schließlich ein völliges Fiasko während der jüngsten englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen. Künftig wird es unweigerlich zum unmittelbaren Konflikt zwischen den beiden großen imperialistischen Blocks - dem englisch-französischen und dem deutsch-italienischen Block - kommen. Auf dem 6. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der KP Chinas im Oktober 1938 sagte ich: "Der Stein, den sie erhoben haben, fällt auf ihre eigenen Füße - das wird das unvermeidiche Ergebnis der Chamberlainschen Politik sein." Chamberlain begann mit der Absicht, anderen zu schaden, und endete mit dem Ergebnis, daß er sich selbst geschadet hat. Das wird die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung einer jeden reaktionären Politik sein.
Frage: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die gegenwärtige Lage entwickeln?
Antwort: Die internationale Lage befindet sich augenblicklich bereits in einem neuen Stadium. Der seit langem begonnene zweite imperialistische Krieg - der einen einseitigen Charakter trägt, da infolge der "Nichteinmischungs"politik die eine Seite angreift und die andere tatenlos zuschaut - wird nunmehr in Europa zwangsläufig zu einem allgemeinen Krieg. Der zweite imperialistische Krieg tritt bereits in eine neue Phase.
In Europa steht ein großer imperialistischer Krieg zwischen dem deutsch-italienischen und dem englisch-französischen imperialistischen Block um die Herrschaft über die Kolonialvölker unmittelbar bevor. Um die Völker zu betrügen, um die öffentliche Meinung für sich zu mobilisieren, wird jede der beiden kriegführenden Seiten im Verlauf dieses Krieges mit aller Unverschämtheit behaupten, sie führe einen gerechten, der Gegner aber einen ungerechten Krieg. In Wirklichkeit ist das reinster Betrug, denn die Ziele der beiden Seiten sind imperialistische, beide Seiten kämpfen um die Herrschaft über Kolonien, Halbkolonien und Einflußsphären, und der Krieg wird auf beiden Seiten ein Raubkrieg sein. So geht der Kampf im gegebenen Augenblick um Polen, um die Balkanhalbinsel und um die Mittelmeerküste. Ein solcher Krieg ist durchaus nicht gerecht. In der Welt sind nur Befreiungskriege, die also keinen räuberischen Charakter tragen, gerechte Kriege. Die Kommunisten werden niemals Raubkriege unterstützen. Die Kommunisten werden mutig hervortreten und alle gerechten Kriege, die eben keine Raubkriege, sondern Befreiungskriege sind, unterstützen und an der vordersten Front des Kampfes stehen. Innerhalb der sozialdemokratischen Parteien, die der II. Internationale angehören, geht infolge der Drohungen und Verlockungen Chamberlains und Daladiers eine Spaltung vor sich. Der eine Teil - die reaktionäre Oberschicht dieser Parteien - geht denselben Weg wie zur Zeit des ersten Weltkriegs und bereitet sich darauf vor, den neuen imperialistischen Krieg zu unterstützen. Der andere Teil wird aber gemeinsam mit den Kommunisten eine Volksfront gegen Krieg und Faschismus schaffen. Chamberlain und Daladier ahmen Deutschland und Italien nach, gleiten dabei immer mehr auf den reaktionären Weg ab und benutzen die Kriegsmobilisierung, um die Struktur ihrer Staaten zu faschisieren und ihre Wirtschaft auf den Krieg umzustellen. Kurzum, die beiden großen imperialistischen Blocks rüsten fieberhaft zum Krieg, und die Gefahr eines großen blutigen Gemetzels schwebt über den Köpfen von Millionen Menschen. Das wird zweifellos eine Widerstandsbewegung unter den breiten Volksmassen auslösen. Ob in Deutschland und Italien oder in England und Frankreich, ob in Europa oder in den anderen Erdteilen, die Völker werden, wenn sie nicht zum Kanonenfutter für die Imperialisten werden wollen, sich unbedingt erheben und in den verschiedensten Formen den Kampf gegen den imperialistischen Krieg führen.
Außer den beiden genannten großen Blocks gibt es in der kapitalistischen Welt auch noch einen dritten Block - das ist der Block, der von den USA geführt wird und dem eine ganze Reihe von Staaten Mittel- und Südamerikas angehören. Dieser Block wird sich, von seinen eigenen Interessen ausgehend, vorläufig noch nicht in den Krieg einmischen. Der USA-Imperialismus hat die Absicht, durch Neutralität getarnt, vorläufig noch auf keiner Seite in den Krieg einzugreifen, um späterhin auf den Schauplatz zu treten und die führende Stellung in der kapitalistischen Welt zu erringen. Die Bourgeoisie der USA hat vorläufig noch nicht die Absicht, im eigenen Land die Demokratie und das normale Wirtschaftsleben aufzulösen, und das ist günstig für die Friedensbewegung in der Welt.
Der sowjetisch-deutsche Vertrag hat dem japanischen Imperialismus einen schweren Schlag versetzt, und ihm stehen in der Zukunft noch größere Schwierigkeiten bevor. In der Außenpolitik ist jetzt in Japan der Kampf zwischen zwei Gruppen im Gange. Die Militärmachthaber möchten ein Bündnis mit Deutschland und Italien schließen, um die ungeteilte Herrschaft über China zu erringen, ihre Aggression in Südostasien durchzuführen und England, die USA und Frankreich aus dem Osten zu verdrängen. Ein Teil der Bourgeoisie jedoch zieht es vor, England, den USA und Frankreich Zugeständnisse zu machen, um sich ganz auf die Ausplünderung Chinas zu konzentrieren. Sehr stark sind heute in Japan Tendenzen zu einem Kompromiß mit England. Die englische Reaktion will, daß Japan unter der Bedingung einer gemeinsamen Aufteilung Chinas und im Austausch gegen finanzielle und wirtschaftliche Hilfe zum Kettenhund der englischen Interessen im Osten wird, daß es die nationale Befreiungsbewegung in China unterdrückt und die Sowjetunion bindet. Somit wird Japan auf sein Hauptziel, China zu unterjochen, unter keinen Umständen verzichten. Die Möglichkeit eines breitangelegten militärischen Frontalangriffs Japans gegen China mag vielleicht nicht sehr groß sein, aber Japan wird verstärkt seine politische Offensive führen, um "Chinesen durch Chinesen zu unterdrücken",[Anmerkung 99] und es wird seine wirtschaftliche Aggression mit aller Macht betreiben, um den "Krieg durch den Krieg zu ernähren".[Anmerkung 100] In den besetzten Gebieten aber wird es die wütenden "Säuberungsoperationen"[Anmerkung 101] fortsetzen; überdies wird Japan versuchen, China durch England zur Kapitulation zu zwingen. In einem bestimmten, für Japan günstigen Augenblick wird es ein "östliches München" vorschlagen. Mit gewissen relativ großen Zugeständnissen als Köder wird es China durch Verlockungen und Drohungen einen Kapitulationsvertrag aufzwingen, um auf diese Weise die Unterjochung Chinas zu erreichen. Welche Kabinette auch von den herrschenden Klassen Japans an die Macht gebracht werden sollten - dieses imperialistische Ziel wird so lange unverändert bleiben, bis die Revolution des japanischen Volkes ausbricht.
Neben der kapitalistischen Welt gibt es noch eine andere, eine lichte Welt; das ist die sozialistische Sowjetunion. Der sowjetisch-deutsche Vertrag gibt der Sowjetunion größere Möglichkeiten, der Friedensbewegung in der Welt Hilfe zu leisten und Chinas Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu unterstützen.
Das ist meine Einschätzung der internationalen Lage.
Frage: Welche Perspektiven bieten sich in dieser Situation für China?
Antwort: Es gibt für China zwei Perspektiven: die erste - am Widerstandskrieg, am Zusammenschluß und am Fortschritt festhalten; das ist der Weg zu seiner Erneuerung. Die zweite Perspektive - sich auf Kompromisse, auf Spaltung und auf Rückschritt einlassen, das ist der Weg zur Unterjochung Chinas.
In der neuen internationalen Lage und unter der Voraussetzung, daß Japan auf wachsende Schwierigkeiten stößt und China sich entschieden weigert, Kompromisse einzugehen, wird das Stadium des strategischen Rückzugs Chinas abgeschlossen werden und das Stadium des strategischen Gleichgewichts beginnen. Das Stadium des strategischen Gleichgewichts ist das Stadium der Vorbereitung der Gegenoffensive.
Aber das Gleichgewicht an der Front steht in einem umgekehrten Verhältnis zu dem Gleichgewicht hinter den feindlichen Linien. Tritt an der Front das Gleichgewicht ein, dann wird der Kampf hinter den feindlichen Linien heftiger. So werden die großangelegten "Säuberungsoperationen" des Feindes, die in den besetzten Gebieten (vor allem in Nordchina) nach dem Fall von Wuhan begonnen haben, späterhin nicht nur fortgesetzt, sondern noch intensiviert werden. Ferner - da gegenwärtig die Politik des Feindes hauptsächlich auf die politische Offensive gerichtet ist, die das Ziel verfolgt, "Chinesen durch Chinesen zu unterdrücken", und auf die ökonomische Aggression, mit der bezweckt wird, den "Krieg durch den Krieg zu ernähren", und die Politik Englands im Osten auf ein "fernöstliches München" gerichtet ist - wächst außerordentlich die Gefahr der Kapitulation auf einem großen Teil des chinesischen Territoriums und die Gefahr der inneren Spaltung. Was das Kräfteverhältnis anbelangt, so kann sich unser Land noch lange nicht mit dem Feind vergleichen, und wir werden die Kräfte für die Gegenoffensive nur unter der Bedingung vorbereiten können, daß das ganze Land einmütig und hart dafür kämpfen wird.
Folglich bleibt es für unser Land immer noch eine sehr ernste Aufgabe, am Widerstandskrieg festzuhalten, sie darf unter keinen Umständen auf die leichte Achsel genommen werden.
Folglich unterliegt es keinem Zweifel, daß China den gegenwärtigen Augenblick absolut nicht verpassen darf, daß es auf keinen Fall eine falsche Konzeption verfolgen darf; es muß einen festen politischen Standpunkt einnehmen.
Mit anderen Worten: Erstens muß man am Standpunkt des Widerstandskriegs festhalten und gegen jegliches Kompromißlertum kämpfen. Man muß den Wang Djing-wes - den offenen wie den versteckten - entschieden Schläge versetzen. Alle Verlockungen sind kategorisch abzulehnen, gleichgültig, ob sie von Japan oder von England kommen. China darf auf keinen Fall an einem "östlichen München" teilnehmen. Zweitens muß man an dem Standpunkt des Zusammenschlusses festhalten und gegen jegliche Spaltertätigkeit kämpfen. Hier muß man ebenfalls äußerste Wachsamkeit an den Tag legen, unabhängig davon, wer eine solche Tätigkeit ausübt, seien es die japanischen Imperialisten, seien es andere fremde Staaten, seien es die Kapitulanten innerhalb des Landes. Mit aller Strenge ist jede innere Reibung zu unterbinden, die dem Widerstandskrieg schadet.
Drittens muß man an dem Standpunkt des Fortschritts festhalten und gegen jeden Rückschritt kämpfen. Im Interesse des Widerstandskriegs sind alle Ideen, Verordnungen und Maßnahmen sowohl auf militärischem, politischem und finanziell-wirtschaftlichem Gebiet als auch in Parteiangelegenheiten, auf dem Gebiet der Kultur und des Erziehungswesens sowie auf dem Gebiet der Massenbewegungen, die für den Widerstandskrieg von Nachteil sind, zu überprüfen und gründlich zu korrigieren.
Wenn all das getan sein wird, kann China seine Kräfte wirksam für die Gegenoffensive sammeln.
Von nun an muß das ganze Land die "Vorbereitung zum Gegenangriff" als seine Hauptaufgabe im Widerstandskrieg ansehen.
Jetzt gilt es, die frontale Verteidigung unbeirrbar aufrechtzuerhalten und die Kampfoperationen hinter den feindlichen Linien tatkräftig zu unterstützen und gleichzeitig politische, militärische und sonstige Umgestaltungen durchzuführen und gewaltige Kräfte anzusammeln, um dann, wenn die Zeit gekommen ist, die ganze Macht des Landes in einer großen Gegenoffensive einzusetzen und die verlorenen Gebiete zurückzuerobern.
Gespräch mit Korrespondenten der zentralen Nachrichtenagentur sowie der Zeitungen Saodang Bao und Hsinmin Bao
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.311-317
(16. September 1939)
Frage: Gestatten Sie, Ihnen einige Fragen zu stellen. Wir haben heute in der Zeitung Hsindschunghua Bao das von Ihnen gewährte Interview vom.[Anmerkung 102] September gelesen. Zu einigen Fragen haben Sie sich bereits geäußert, aber zu einigen anderen möchten wir von Ihnen zusätzliche Erläuterungen erhalten. Unsere Fragen teilen sich in drei Gruppen und sind schriftlich dargelegt. Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihre Ansichten darüber im einzelnen äußerten.
Mao Tse-tung: Ich werde die Fragen in der Reihenfolge beantworten, wie sie auf der Liste stehen.
Sie fragen, ob der Widerstandskrieg bereits das Stadium des Kräftegleichgewichts erreicht habe. Ja, ich glaube, daß das Stadium des Gleichgewichts der Kräfte infolge bestimmter Bedingungen bereits eingetreten ist, nämlich infolge der Bedingungen, daß wir eine neue internationale Lage haben, daß Japan vor noch größeren Schwierigkeiten steht und China sich kategorisch weigert, einen Kompromiß einzugehen. Wenn ich das sage, bestreite ich keineswegs, daß der Feind noch relativ große operative Angriffe unternehmen kann; beispielsweise ist ein Angriff auf Behai, Tschangscha und sogar auf Sian möglich. Wenn wir sagen, daß die großangelegte strategische Offensive des Feindes und unser strategischer Rückzug infolge bestimmter Bedingungen bereits im wesentlichen eingestellt worden sind, so bedeutet das keineswegs, daß jede Möglichkeit eines Angriffs und eines Rückzugs völlig ausgeschlossen ist. Hinsichtlich des konkreten Inhalts des neuen Stadiums ist zu sagen, daß es dabei um die Vorbereitung der Gegenoffensive geht. In diesem Begriff ist alles enthalten. Er besagt, daß China in dem Stadium des Gleichgewichts alle Kräfte für die kommende Gegenoffensive vorbereiten muß. Die Vorbereitung der Gegenoffensive bedeutet nicht, daß man gleich zur Gegenoffensive schreiten werde: ohne ausreichende Voraussetzungen kann man die Gegenoffensive nicht beginnen. Außerdem sprechen wir hier von der strategischen Gegenoffensive und nicht von operativen Gegenangriffen. Solche operativen Gegenangriffe, wie beispielsweise jene, mit deren Hilfe wir die militärische "Säuberungsaktion" des Feindes in Südostschansi vereitelt haben, sind nicht nur möglich, sondern auch durchaus unerläßlich. Aber die Periode der großangelegten strategischen Gegenoffensive ist im Augenblick noch nicht angebrochen; wir durchleben eine Periode, in der eine solche Gegenoffensive großen Maßstabs aktiv vorbereitet wird. Während dieser Periode wird man an der Front noch eventuelle operative Angriffe des Feindes zurückschlagen müssen.
Will man von den Aufgaben des neuen Stadiums im einzelnen sprechen, dann wäre zu sagen, daß man im Rücken des Feindes unbedingt am Partisanenkrieg festhalten, die "Säuberungsaktionen" des Feindes zerschlagen und seine wirtschaftliche Aggression lahmlegen muß; an der Front muß man die militärische Verteidigung festigen und mögliche operative Angriffe des Feindes abwehren, während es in dem Großen Hinterland[Anmerkung 103] die Hauptsache ist, energisch die politischen Reformen durchzuführen. Das alles macht den konkreten Inhalt der Vorbereitung zur Gegenoffensive aus.
Die politischen Reformen im Land sind von ungemein großer Bedeutung, weil der Feind gegenwärtig hauptsächlich die politische Offensive führt und wir den politischen Widerstand besonders verstärken müssen. Das bedeutet, daß die Frage einer demokratischen Ordnung rascher gelöst werden muß: nur dann werden wir die eigene politische Widerstandskraft steigern und militärische Kräfte vorbereiten können. Im Widerstandskrieg muß sich China hauptsächlich auf seine eigenen Kräfte stützen. Wenn wir auch schon in der Vergangenheit davon gesprochen haben, daß wir aus eigener Kraft das Leben erneuern müssen, so erlangt dieses Prinzip in der neuen internationalen Lage eine noch größere Bedeutung. Der Hauptinhalt des Prinzips "aus eigener Kraft" besteht in einer demokratischen Ordnung.
Frage: Sie haben soeben gesagt, daß zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg aus eigener Kraft eine demokratische Ordnung notwendig ist; mit welchen Methoden kann man unter den gegenwärtigen Umständen ein derartiges System verwirklichen?
Antwort: Eine Gliederung in die Perioden eines Militärregimes, einer politischen Vormundschaft und einer konstitutionellen Regierungsform[Anmerkung 104] war seinerzeit von Dr. Sun Yat-sen vorgesehen. Aber in seiner "Deklaration vor der Abreise nach dem Norden",[Anmerkung 105] die kurz vor seinem Tode veröffentlicht wurde, erwähnt Dr. Sun Yat-sen diese drei Perioden schon nicht mehr, sondern spricht von der Notwendigkeit, in China unverzüglich eine Nationalversammlung einzuberufen. Daraus sieht man, daß Dr. Sun Yat-sen selbst schon längst seine Auffassungen den Umständen entsprechend geändert hatte. Gegenwärtig, in der heiklen Lage, die sich im Verlauf des Widerstandskriegs herausgebildet hat, müssen wir schneller eine Nationalversammlung einberufen und eine demokratische Ordnung verwirklichen, um die Katastrophe - die Unterjochung Chinas - zu vermeiden und den Feind aus unserem Land zu verjagen. In dieser Frage kann man die verschiedenartigsten Meinungen hören. Einige sagen, das einfache Volk sei ungebildet, und darum könne man keine demokratische Ordnung betreiben. Das ist falsch. Im Verlauf des Widerstandskriegs hat das einfache Volk sehr rasch Fortschritte gemacht. Und wenn eine entsprechende Anleitung und entsprechende Richtlinien vorliegen, wird man bestimmt eine demokratische Ordnung verwirklichen können. In Nordchina beispielsweise ist eine demokratische Ordnung bereits Wirklichkeit geworden. Dort sind die Vorsteher der Distrikte, die Vorsteher der Gemeinden, die Vorsteher der "Hundert-Hof-Gemeinschaften°` und der "Zehn-Hof-Gemeinschaften" meistens vom Volk gewählt. Hier und da sind auch die Vorsteher der Kreise vom Volk gewählt. Auf den Posten der Kreisvorsteher sind viele fortschrittliche Persönlichkeiten sowie hoffnungsvolle junge Menschen gewählt worden. Solche Fragen sollte man zur allgemeinen Diskussion stellen.
In der zweiten Gruppe der von Ihnen gestellten Fragen gibt es die Frage nach der "Einschränkung fremder Parteien", das heißt die Frage nach den Reibungen, zu denen es an verschiedenen Stellen kommt. Es ist durchaus richtig, daß Sie sich für diese Frage interessieren. Obwohl sich hinsichtlich dieser Frage die Lage in der letzten Zeit etwas gebessert hat, sind keine grundlegenden Änderungen eingetreten.
Frage: Hat die Kommunistische Partei ihre Haltung in dieser Frage der Zentralregierung mitgeteilt?
Antwort: Wir haben Protest eingelegt. Frage: In welcher Form?
Antwort: Bereits im Juli schrieb der Vertreter unserer Partei, Genosse Tschou En-lai, einen Brief an Generalissimus Tschiang Kai-schek. Am 1. August richteten alle Kreise der Bevölkerung Yenans ihrerseits ein Telegramm an Generalissimus Tschiang Kai-schek und an die Nationalregierung und forderten die Annullierung der Anweisung über "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien", die geheim verbreitet wurde und in verschiedenen Gegenden zur Quelle von Reibungen geworden ist.
Frage: Hat die Zentralregierung darauf geantwortet?
Antwort: Nein, sie hat keine Antwort gegeben. Wie es heißt, gibt es auch in der Kuomintang Menschen, die diese Anweisung nicht billigen. Wie Sie wissen, werden Armeen, die gemeinsam den Widerstandskrieg gegen Japan führen, als befreundete und nicht als "fremde Armeen" bezeichnet. Folglich sind Parteien, die gemeinsam den Widerstandskrieg führen, ebenfalls befreundete und nicht "fremde Parteien". Am Widerstandskrieg nehmen viele Parteien und Gruppen teil; ihre Kräfte sind verschieden, aber sie alle führen diesen Widerstandskrieg gemeinsam, sie müssen sich selbstverständlich zusammenschließen und dürfen keineswegs einander "Einschränkungen auferlegen". Was ist eine fremde Partei? Die Partei der Landesverräter, angeführt vom japanischen Lakaien Wang Djing-we, ist eine fremde Partei, weil sie politisch mit den Parteien und Gruppen, die für den Widerstand gegen Japan sind, nichts gemein hat. Eine derartige Partei muß man Einschränkungen unterwerfen. Die Kuomintang und die Kommunistische Partei haben politisch einen gemeinsamen Punkt - den Widerstand gegen Japan. Deshalb geht es heute darum, wie man alle Kräfte konzentriert, um die japanischen Eindringlinge und Wang Djing-we zu bekämpfen und ihre Tätigkeit einzudämmen, nicht aber darum, die Kommunistische Partei zu bekämpfen und deren Tätigkeit einzudämmen. Das ist die einzig richtige Formulierung für Losungen. Wang Djing-we hat jetzt drei Losungen: Kampf gegen Tschiang Kai-schek, Kampf gegen die Kommunistische Partei, Freundschaft mit Japan. Wang Djing-we ist der gemeinsame Feind der Kuomintang, der Kommunistischen Partei und des gesamten Volkes. Die Kommunistische Partei aber ist kein Feind der Kuomintang, und die Kuomintang ist auch kein Feind der Kommunistischen Partei. Sie dürfen nicht gegeneinander kämpfen und sich gegenseitig "Einschränkungen auferlegen", sondern müssen sich zusammenschließen und einander helfen. Unsere Losungen haben sich von den Losungen Wang Djing-wes zu unterscheiden, müssen ihnen entgegengesetzt sein und dürfen unter keinen Umständen mit ihnen in einen Topf geworfen werden. Wenn Wang Djingwe Tschiang Kai-schek bekämpfen will, dann müssen wir Tschiang Kai-schek unterstützen; wenn er die Kommunistische Partei bekämpfen will, dann muß man ein Bündnis mit der Kommunistischen Partei eingehen; wenn er Freundschaft mit Japan schließen will, dann müssen wir gegen Japan Widerstand leisten. Alles, was der Feind bekämpft, müssen wir unterstützen; alles, was der Feind unterstützt, müssen wir bekämpfen. Gegenwärtig zitiert man in Artikeln häufig den Ausspruch: "Betrübe nicht deine Freunde und erfreue nicht deine Feinde." Diese Worte stammen von Dschu Fu, einem General, der zur Zeit der Östlichen Han-Dynastie unter Liu Hsiu diente. Er schrieb an Peng Tschung, den Präfekten des Gebiets Yüyang: "Bei allem, was Du tust, denke daran, daß Du Deine Freunde nicht betrübst und Deine Feinde nicht erfreust." In diesen Worten Dschu Fus kommt ein klares politisches Prinzip zum Ausdruck, das wir unter keinen Umständen vergessen sollten.
In Ihrer Liste gibt es noch eine Frage nach der Einstellung der Kommunistischen Partei zu den sogenannten Reibungen. Ich kann Ihnen mit aller Offenheit sagen, daß wir überhaupt gegen jegliche Reibungen zwischen den antijapanischen Parteien und Gruppen sind, Reibungen, durch die sie sich gegenseitig schwächen. Sollte jedoch irgend jemand uns gegenüber Willkürmaßnahmen ergreifen, uns allzusehr bedrängen oder uns unterdrücken, dann wird die Kommunistische Partei ernsthaft darauf reagieren müssen. Unsere Einstellung ist folgende: Wir greifen nicht an, wenn wir nicht angegriffen werden; wer uns angreift, hat aber unbedingt mit unserem Gegenangriff zu rechnen. Dabei halten wir uns strikt an das Prinzip des Selbstschutzes; und es ist keinem Kommunisten gestattet, über den Rahmen dieses Prinzips hinauszugehen.
Frage: Wie verhält es sich mit den Reibungen in Nordchina? Antwort: Dort sind Dschang Yin-wu und Tjin Tji-jung Spezialisten im Provozieren von Reibungen. Dschang Yin-wu in Hopeh und Tjin Tji-jung in Schantung begehen skrupellos alle möglichen Schandtaten; ihr Verhalten unterscheidet sich fast nicht von dem der Landesverräter. Sie kämpfen selten gegen den Feind, aber oft gegen die Achte Route-Armee. Es gibt dafür zahlreiche unwiderlegbare Beweise, wie z. B. Dschang Yin-wus Befehl an seine Truppenteile zum Angriff auf die Achte Route-Armee, die wir Generalissimus Tschiang Kai-schek zugeleitet haben.
Frage: Gibt es Reibungen betreffend die Neue Vierte Armee? Antwort: Ja, ebenfalls. Das blutige Gemetzel in Pingdjiang war ein schwerwiegendes Ereignis, das das ganze Land erschütterte.
Frage: Manche sagen: Die Einheitsfront ist wichtig; aber um der Einheit willen muß die Regierung des Grenzgebiets aufgelöst werden. Was meinen Sie dazu?
Antwort: Überall wird allerlei Unsinn zusammengeredet. Das Gerede über die Auflösung des Grenzgebiets ist eins der Beispiele dafür. Das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ist ein demokratisches antijapanisches Stützpunktgebiet; es ist das politisch am weitesten fortgeschrittene Gebiet im Land. Aus welchem Grund sollte man es auflösen? Mehr noch, das Grenzgebiet ist von Generalissimus Tschiang Kai-schek längst anerkannt, wobei der offizielle Beschluß darüber vom Exekutivrat der Nationalregierung noch im Winter 1937 gefaßt wurde. China braucht tatsächlich die Einheit, aber es muß eine Einheit auf der Grundlage des Widerstandskriegs, eine Einheit auf der Grundlage des Zusammenschlusses, eine Einheit auf der Grundlage des Fortschritts sein. Wenn man die Einheit zu verwirklichen sucht, indem man in entgegengesetzter Richtung handelt, dann wird China unterjocht werden.
Frage: Besteht die Möglichkeit eines Bruchs zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei wegen der verschiedenen Auffassungen von der Einheit?
Antwort: Spricht man nur von den Möglichkeiten, dann müssen wir sowohl die Möglichkeit des Zusammenschlusses als auch die der Spaltung ins Auge fassen. Das wird von der Haltung der Kuomintang und der Kommunistischen Partei und insbesondere von der Haltung des gesamten chinesischen Volkes abhängen. Wir Kommunisten haben unseren Kurs auf die Zusammenarbeit schon längst verkündet; wir wünschen nicht nur eine langdauernde Zusammenarbeit, sondern machen auch alle Anstrengungen, eine solche Zusammenarbeit herbeizuführen. Man sagt, Generalissimus Tschiang Kai-schek habe auf dem S. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang seinerseits erklärt, man könne die Fragen der Innenpolitik nicht mit militärischer Gewalt lösen. Angesichts eines mächtigen Feindes müssen beide Parteien, sowohl die Kuomintang als auch die Kommunistische Partei, unter Beachtung der Erfahrungen der Vergangenheit unbedingt eine langdauernde Zusammenarbeit anstreben und die Spaltung vermeiden. Um aber die Möglichkeit der Spaltung endgültig auszuschalten, müssen politische Garantien für eine langdauernde Zusammenarbeit geschaffen werden, und das bedeutet, daß man am Widerstandskrieg gegen Japan festhalten und eine demokratische Ordnung verwirklichen muß. Wenn wir so handeln, werden wir den Zusammenschluß aufrechterhalten und die Spaltung vermeiden können. Hierzu bedarf es der gemeinsamen Anstrengungen beider Parteien und des ganzen Volkes, und diese Anstrengungen müssen unbedingt gemacht werden. "Am Widerstandskrieg festhalten, gegen die Kapitulation kämpfen!", "Am Zusammenschluß festhalten, gegen die Spaltung kämpfen!", "Am Fortschritt festhalten, gegen den Rückschritt kämpfen!" - das sind die drei bedeutsamen politischen Losungen, die unsere Partei in ihrer Deklaration vom 7. Juli dieses Jahres aufgestellt hat. Wir sind der Meinung, daß China nur auf diesem Weg die Unterjochung vermeiden und den Feind verjagen kann. Einen anderen Weg gibt es nicht.
Die Interessen der Sowjetunion fallen mit dem Interessen der gesamten Menschheit zusammen
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.319-329
(28. September 1939)
Die Chinesisch-Sowjetische Kulturgesellschaft hat mich gebeten, zu dem bevorstehenden 22. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution einen Artikel zu schreiben. Ich möchte auf der Grundlage meiner Beobachtungen einige Probleme erläutern, die sowohl die Sowjetunion als auch China betreffen; denn diese Fragen werden jetzt gerade in breiten Kreisen des chinesischen Volkes diskutiert, und anscheinend sind noch keine endgültigen Schlußfolgerungen gezogen worden. Da mag es nicht unnütz sein, wenn ich bei dieser Gelegenheit zur Information jener, die sich für den Krieg in Europa und für die chinesisch-sowjetischen Beziehungen interessieren, einige Erwägungen beisteuere.
Manche behaupten, der Ausbruch eines Weltkriegs sei vorteilhaft für die Sowjetunion, sie erstrebe nicht die Erhaltung des Friedens in der Welt, und der Ausbruch des gegenwärtigen Weltkriegs sei eben dadurch gefördert worden, daß die Sowjetunion statt eines Abkommens über gegenseitige Hilfe mit England und Frankreich einen Nichtangriffspakt mit Deutschland geschlossen habe. Ich halte eine solche Meinung für unrichtig, denn während einer sehr langen Periode war die sowjetische Außenpolitik eine konsequente Friedenspolitik, bei der die Interessen der Sowjetunion mit den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Menschheit verknüpft waren. Nicht nur um des eigenen sozialistischen Aufbaus willen brauchte die Sowjetunion den Frieden, brauchte sie die Festigung ihrer friedlichen Beziehungen zu allen Ländern der Welt, damit es zu keinem antisowjetischen Krieg komme; auch im Interesse der Erringung des Friedens im Weltmaßstab war es erforderlich, eine Aggression der faschistischen Staaten zu verhindern, die auf die Provozierung eines Krieges gerichteten Handlungen der sogenannten demokratischen Staaten zu unterbinden und den Ausbruch eines imperialistischen Weltkriegs soweit wie möglich hinauszuschieben. Seit vielen Jahren macht die Sowjetunion die größten Anstrengungen für die Sache des Weltfriedens. Sie trat beispielsweise dem Völkerbund beil und schloß Abkommen über gegenseitige Hilfe mit Frankreich und der Tschechoslowakei,[Anmerkung 106] sie war in jeder Weise bemüht, mit England sowie mit allen Staaten, die Frieden wollten, Abkommen über die Gewährleistung der Sicherheit zu schließen. Als Deutschland und Italien gemeinsam Spanien überfielen und England, die USA und Frankreich eine Politik zu betreiben begannen, die dem Namen nach als "Nichteinmischung" deklariert wurde, in Wirklichkeit aber eine Duldung der deutsch-italienischen Aggression bedeutete, unterstützte die Sowjetunion aktiv die spanischen Regierungstruppen in ihrem Widerstand gegen Deutschland und Italien und kämpfte gegen die englisch-amerikanisch-französische Politik der "Nichteinmischung". Als China von Japan überfallen wurde und England, die USA und Frankreich dieselbe Politik der "Nichteinmischung" zu betreiben begannen, schloß die Sowjetunion nicht nur einen Nichtangriffspakt mit China ab, sondern leistete China auch aktive Hilfe in seinem Widerstand gegen Japan. Als England und Frankreich mit der Opferung Österreichs und der Tschechoslowakei die Aggression Hitlers duldeten, sparte die Sowjetunion keine Mühe, das Intrigenspiel der München-Politik zu entlarven, und wandte sich an England und Frankreich mit dem Vorschlag, die weitere Ausbreitung der Aggression zu unterbinden. Als sich im Frühjahr und Sommer dieses Jahres die polnische Frage verschärfte und der Weltkrieg jeden Augenblick ausbrechen konnte, führte die Sowjetunion trotz der Unaufrichtigkeit, die Chamberlain und Daladier an den Tag gelegt hatten, mehr als vier Monate lang Verhandlungen mit England und Frankreich in dem Bestreben, einen englisch-französisch-sowjetischen Vertrag über gegenseitige Hilfe abzuschließen und den Ausbruch des Weltkriegs abzuwenden. Leider wurde das alles durch die imperialistische Politik der Regierungen Englands und Frankreichs, durch ihre Politik der Duldung des Krieges, der Schürung des Krieges, der Erweiterung des Krieges verhindert; die Sache des Weltfriedens erlitt einen letzten Fehlschlag, und schließlich brach der imperialistische Weltkrieg aus. Die Regierungen Englands, der USA und Frankreichs hatten überhaupt nicht die aufrichtige Absicht, den Ausbruch des Weltkriegs abzuwenden - im Gegenteil, sie beschleunigten ihn. Indem sie einen Kompromiß mit der Sowjetunion ablehnten, indem sie sich weigerten, mit dieser einen wirksamen Vertrag über gegenseitige Hilfe auf der Grundlage der Gleichberechtigung und der Gegenseitigkeit abzuschließen, bewiesen sie, daß sie den Krieg und nicht den Frieden wollten. Es ist jedem bekannt: In der heutigen Welt die Sowjetunion ablehnen heißt den Frieden ablehnen. Das weiß selbst ein solcher Vertreter der englischen Bourgeoisie wie Lloyd George.[Anmerkung 107] In dieser Lage, in diesem Moment, brachte Deutschland seine Bereitschaft zum Ausdruck, sowjetfeindliche Handlungen einzustellen, auf den "Antikominternpakt" zu verzichten und die Unantastbarkeit der sowjetischen Grenzen anzuerkennen; hierauf wurde der Nichtangriffspakt zwischen der Sowjetunion und Deutschland abgeschlossen. England, die USA und Frankreich verfolgten den Plan, Deutschland zu einem Krieg gegen die Sowjetunion aufzuhetzen, sie selbst aber wollten "auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuschauen", die Sowjetunion und Deutschland sich in einem Krieg gegenseitig zermürben lassen, und dann würden sie auf den Schauplatz treten und Ordnung schaffen. Diese Verschwörung wurde durch den Abschluß des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes durchkreuzt. Manche unserer Landsleute beachteten diese Verschwörung nicht, sie verfolgten nicht die Intrigen des englisch-französischen Imperialismus, die auf die Duldung des Krieges, die Schürung des Krieges, auf die Beschleunigung des Ausbruchs eines Weltkriegs abzielten, sie waren buchstäblich durch die honigsüße Propaganda der Verschwörer hinters Licht geführt worden. Als es um Spanien, um China, um Österreich und um die Tschechoslowakei ging, hatten diese Verschwörer nicht nur nicht die geringste Absicht, die Aggression zu unterbinden, sondern ließen im Gegenteil der Aggression freien Lauf und schürten den Krieg, indem sie die Rolle spielten wie jener Fischer, der die Rauferei einer Schnepfe mit einer Muschel benutzte, um beide zu fangen. Das nannten sie euphemistisch "Nichteinmischung". In Wirklichkeit bedeutet das "auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuschauen". Wie viele Menschen in der Welt wurden durch die honigsüßen Reden Chamberlains und seiner Konsorten getäuscht, waren nicht fähig, hinter dem Lächeln das mörderische Vorhaben zu erkennen oder zu begreifen, daß die Sowjetunion den Nichtangriffspakt mit Deutschland erst dann unterzeichnete, als Chamberlain und Daladier entschlossen waren, die Vorschläge der Sowjetunion abzulehnen und den imperialistischen Krieg zu entfesseln. Es ist für diese Menschen an der Zeit, endlich aufzuwachen. So verteidigte die Sowjetunion bis zum letzten Augenblick den Weltfrieden, und darin fand die Übereinstimmung der Interessen der Sowjetunion mit denen der überwältigen den Mehrheit der Menschheit ihren Ausdruck. Das ist die erste Frage, auf die ich eingehen wollte.
Manche behaupten: Da nun schon der zweite imperialistische Weltkrieg ausgebrochen ist, wird sich die Sowjetunion wahrscheinlich einer der kriegführenden Parteien anschließen - mit anderen Worten, die Rote Armee der Sowjetunion würde bald an der Seite des deutschen Imperialismus am Krieg teilnehmen. Ich halte eine solche Meinung für unrichtig. Der jetzt ausgebrochene Krieg ist sowohl von Seiten Englands und Frankreichs als auch von Seiten Deutschlands ein ungerechter, ein räuberischer, ein imperialistischer Krieg. Die kommunistischen Parteien und die Völker aller Länder müssen sich dagegen erheben, müssen den imperialistischen Charakter der beiden kriegführenden Seiten entlarven, müssen zeigen, daß dieser Krieg den Völkern der Welt lediglich Schaden zufügt und ihnen nicht im geringsten nützt, sie müssen die verbrecherischen Taten der sozialdemokratischen Parteien entlarven, die den imperialistischen Krieg unterstützen und die Interessen des Proletariats verraten. Die Sowjetunion ist ein sozialistischer Staat, ein Staat, in dem die Kommunistische Partei an der Macht ist, und die Einstellung der Sowjetunion zum Krieg wird notwendigerweise auf zweierlei Weise deutlich zum Ausdruck kommen: r. in der entschiedenen Ablehnung der Teilnahme an ungerechten, räuberischen, imperialistischen Kriegen und in der strikten Wahrung der Neutralität gegenüber den beiden kriegführenden Parteien. Deshalb wird die Rote Armee der Sowjetunion in keinem Fall prinzipienlos auf einer der imperialistischen Seiten am Krieg teilnehmen; 2. in der aktiven Unterstützung der gerechten Kriege, die keine Raubkriege, sondern Befreiungskriege sind. So hat die Sowjetunion beispielsweise vor dreizehn Jahren dem chinesischen Volk während des Nordfeldzugs Hilfe geleistet; vor einem Jahr hat sie das spanische Volk im Widerstandskrieg gegen die deutsch-italienische Aggression unterstützt; sie leistet seit zwei Jahren dem chinesischen Volk Hilfe im Widerstandskrieg gegen Japan und hilft seit einigen Monaten dem mongolischen Volk in seinem Widerstandskrieg gegen Japan; sie wird selbstverständlich auch die Volksbefreiungskriege und die nationalen Befreiungskriege, die künftig in anderen Ländern oder unter anderen Nationen ausbrechen könnten, unterstützen, und sie wird ebenso selbstverständlich jene Kriege unterstützen, die im Interesse der Verteidigung des Friedens liegen. Das ist durch die Geschichte der Sowjetunion in den vergangenen zweiundzwanzig Jahren bestätigt worden und wird durch den weiteren Verlauf der Geschichte bestätigt werden. Manche betrachten den auf der Grundlage des sowjetisch-deutschen Handelsabkommens betriebenen Handel der Sowjetunion mit Deutschland als einen Akt der Teilnahme der Sowjetunion am Krieg an der Seite Deutschlands. Diese Meinung ist ebenfalls unrichtig, weil der Handelsverkehr in diesem Fall mit der Teilnahme am Krieg verwechselt wird. Den Handelsverkehr darf man nicht mit der Teilnahme am Krieg, ja nicht einmal mit einer Hilfeleistung verwechseln. So hat die Sowjetunion beispielsweise während des Krieges in Spanien mit Deutschland und Italien Handel getrieben, aber niemand in der Welt hat je gesagt, daß die Sowjetunion Deutschland und Italien in der Aggression gegen Spanien geholfen hätte, im Gegenteil, man sagte, daß sie Spanien im Widerstand gegen die Aggression Deutschlands und Italiens unterstützte, und zwar deshalb, weil das die Sowjetunion tatsächlich getan hat. Oder beispielsweise jetzt, da der Krieg zwischen China und Japan im Gange ist, treibt die Sowjetunion auch Handel mit Japan, aber niemand in der Welt sagt, daß die Sowjetunion Japan in seiner Aggression gegen China helfe, im Gegenteil, man sagt, sie unterstütze China im Widerstand gegen die japanische Aggression, und zwar deshalb, weil das tatsächlich der Fall ist. Gegenwärtig unterhalten beide am Weltkrieg teilnehmenden Parteien Handelsbeziehungen mit der Sowjetunion, aber man darf diese Tatsache nicht als Hilfeleistung der Sowjetunion für diese oder jene kriegführende Partei und noch weniger als Teilnahme der Sowjetunion an diesem Krieg auslegen. Nur wenn sich der Charakter des Krieges ändert, wenn der Krieg in einem Land oder in mehreren Ländern bestimmte notwendige Veränderungen erfahren hat und den Interessen der Sowjetunion sowie der Völker aller Welt zu entsprechen beginnt, nur dann kann eine Hilfeleistung der Sowjetunion oder ihre Teilnahme am Krieg möglich sein. Andernfalls ist eine solche Möglichkeit ausgeschlossen. Was die Tatsache betrifft, daß die Sowjetunion sich veranlaßt fühlt, entsprechend der freundschaftlichen oder feindlichen Haltung der kriegführenden Staaten in größerem oder geringerem Umfang, bei unterschiedlichen Vergünstigungen mit ihnen Handel zu treiben, so liegt das an der Haltung der kriegführenden Staaten selbst und nicht an der Sowjetunion. Aber auch in dem Fall, daß irgendein Land oder mehrere Länder eine sowjetfeindliche Haltung einnehmen, wird die Sowjetunion, falls dieses Land oder diese Länder dennoch die diplomatischen Beziehungen aufrechtzuerhalten und Handelsverträge mit der Sowjetunion abzuschließen wünschen und ihr keinen Krieg erklären - in der Art etwa wie beispielsweise Deutschland vor dem 23. August vorging - , die Handelsbeziehungen zu diesem Land oder zu diesen Ländern nicht abbrechen. Solche Handelsbeziehungen sind keine Hilfe und noch weniger eine Teilnahme am Krieg. Das muß man klar begreifen. Das ist die zweite Frage, auf die ich eingehen wollte.
In unserem Land sind sehr viele Menschen über die Frage in Verwirrung geraten, daß sowjetische Truppen in Polen einmarschiert sind4. Das polnische Problem muß man von den verschiedenen Seiten betrachten, nämlich von der deutschen Seite, von der Seite Englands und Frankreichs, von der Seite der polnischen Regierung, von der Seite des polnischen Volkes und von der Seite der Sowjetunion. Deutschland führt den Krieg, um das polnische Volk auszuplündern, um eine der Flanken der englisch-französischen imperialistischen Front zu zerschlagen. Dieser Krieg hat imperialistischen Charakter, man kann mit ihm nicht sympathisieren, man muß gegen ihn kämpfen. Was England und Frankreich betrifft, so haben sie in Polen nur eines der Ausplünderungsobjekte für das englische und französische Finanzkapital gesehen; sie haben sich Polens bedient, um den deutschen Imperialismus daran zu hindern, daß er die Neuaufteilung der von ihnen zusammengeraubten Beute im Weltmaßstab in Angriff nimmt; sie haben Polen als eine der Flanken der eigenen imperialistischen Front angesehen. Deshalb ist der Krieg, den England und Frankreich führen, ein imperialistischen Krieg. Die sogenannte englisch-französische Hilfe für Polen ist weiter nichts als ein Ringen mit Deutschland um die Herrschaft über Polen. Mit diesem Krieg kann man ebensowenig sympathisieren, man muß gegen ihn kämpfen. Was die polnische Regierung betrifft, so ist sie eine faschistische Regierung, eine reaktionäre Regierung der Grundherren und der Bourgeoisie Polens. Sie hat die polnischen Arbeiter und Bauern grausam ausgebeutet und die polnischen Demokraten verfolgt. Ferner ist es eine Regierung großpolnischer Chauvinisten, die viele nichtpolnische nationale Minderheiten erbarmungslos unterdrückt hat Ukrainer, Belorussen, Juden, Deutsche, Litauer und andere, insgesamt mehr als zehn Millionen Menschen. Sie selbst ist eine imperialistische Regierung. In diesem Krieg hat sich die reaktionäre Regierung Polens durchaus bereit gezeigt, das polnische Volk als Kanonenfutter für das englische und französische Finanzkapital an die Front zu treiben und willig als ein Sektor der reaktionären Front des internationalen Finanzkapitals zu dienen. Im Lauf der letzten zwanzig Jahre hat sich die Regierung Polens stets gegen die Sowjetunion gewandt und während der englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen die Hilfe der sowjetischen Truppen starrsinnig abgelehnt. Diese Regierung erwies sich obendrein als völlig untauglich, ihre riesige, mehr als anderthalb Millionen Mann starke Armee brach beim ersten Schlag zusammen; und innerhalb von zwei Wochen hat diese Regierung ihr eigenes Land zugrunde gerichtet und das polnische Volk vom deutschen Imperialismus zertrampeln lassen. All das sind himmelschreiende Verbrechen der polnischen Regierung, und es wäre falsch, mit einer solchen Regierung zu sympathisieren. Was das polnische Volk betrifft, so ist es das Opfer geworden und muß sich zum Kampf erheben gegen das deutsche faschistische Joch, gegen seine eigenen reaktionären Grundherren und Kapitalisten, um ein unabhängiges, freies, demokratisches Polen zu schaffen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß unsere Sympathien auf Seiten des polnischen Volkes sein müssen. Was die sowjetische Seite betrifft, so war ihr Handeln völlig gerechtfertigt. Vor der Sowjetunion standen damals zwei Fragen. Die erste: Soll man zulassen, daß ganz Polen unter die Herrschaft des deutschen Imperialismus gerät, oder soll man so handeln, daß die nationalen Minderheiten Ostpolens die Freiheit erlangen? In dieser Frage hat die Sowjetunion den zweiten Weg gewählt. Riesige Territorien, auf denen Belorussen und Ukrainer leben, sind durch den deutschen Imperialismus bereits beim Abschluß des Vertrags von Brest-Litowsk im Jahre 1918 den Händen des jungen Sowjetstaates gewaltsam entrissen und später auf Grund des Versailler Vertrags ebenso gewaltsam der Herrschaft der reaktionären Regierung Polens ausgeliefert worden. Jetzt hat die Sowjetunion lediglich die in der Vergangenheit verlorenen Territorien zurückgewonnen, die unterdrückten Belorussen und Ukrainer befreit und vor dem deutschen Joch gerettet. Die telegraphischen Meldungen der letzten Tage schildern, wie diese nationalen Minderheiten die Rote Armee, die sie als ihre Befreierin ansehen, mit Speise und Trank empfangen. Derartiges wird weder vom Territorium Westpolens gemeldet, das von der deutschen Armee erobert worden ist, noch wurde dergleichen von den Gebieten im Westen Deutschlands berichtet, als diese von französischen Truppen besetzt waren. All das zeugt dafür, daß der von der Sowjetunion geführte Krieg ein gerechter Krieg ist, kein Raubkrieg, sondern ein Befreiungskrieg, ein Krieg, der schwachen und kleinen Nationen hilft, sich zu befreien, der den Völkern hilft, sich zu befreien. Andererseits ist sowohl der Krieg, den Deutschland führt, als auch der Krieg, den England und Frankreich führen, ein ungerechter, räuberischer, imperialistischer Krieg, ein Krieg zur Unterdrückung anderer Nationen, zur Unterdrückung anderer Völker. Daneben ergab sich für die Sowjetunion eine zweite Frage, nämlich daß Chamberlain seine alte sowjetfeindliche Politik fortzusetzen versucht. Diese Politik Chamberlains besteht in folgendem: erstens, vom Westen her Deutschland weitgehend zu blockieren und einen Druck auf den westlichen Teil Deutschlands auszuüben; zweitens, sich mit den USA zu vereinigen, Italien, Japan und die Länder Nordeuropas zu bestechen, um sie auf die eigene Seite zu bringen und damit Deutschland zu isolieren; und drittens, Deutschland mit der Auslieferung Polens zu verlocken und es sogar mit der Preisgabe Ungarns und Rumäniens zu ködern. Kurz gesagt, Chamberlain möchte Deutschland mit allen möglichen Drohungen und Versprechungen zum Verzicht auf den sowjetisch-deutschen Nichtangriffspakt bewegen, damit es die Gewehre gegen die Sowjetunion kehrt und diese überfällt. Diese Umtriebe gab es nicht nur in der Vergangenheit, sie bestehen auch jetzt und werden andauern. Der Einmarsch der mächtigen sowjetischen Truppen in Ostpolen, der die Wiedererlangung des eigenen Territoriums, die Befreiung der schwachen und kleinen Nationalitäten zum ziel hatte, war gleichzeitig ein konkreter Schritt zur Verhinderung der Ausbreitung der deutschen aggressiven Kräfte nach dem Osten, zur Zerschlagung der heimtückischen Pläne Chamberlains. Nach den Meldungen der letzten Tage war diese Politik der Sowjetunion von sehr großem Erfolg gekrönt. Das bedeutet eine konkrete Manifestation des Zusammenfallens der Interessen der Sowjetunion mit den Interessen der überwältigenden Mehrheit der Menschheit, einer Übereinstimmung der Interessen der Sowjetunion mit den Interessen der unterdrückten Volksmassen, die sich unter der reaktionären polnischen Herrschaft befanden. Das ist die dritte Frage, auf die ich eingehen wollte.
Die Gesamtsituation, die sich nach dem Abschluß des sowjetischdeutschen Nichtangriffspaktes ergeben hat, bedeutet einen schweren Schlag für Japan und eine gewaltige Hilfe für China; dadurch sind in China die Positionen der Anhänger des Widerstandskriegs gegen Japan gestärkt und die der Kapitulanten geschwächt worden. Das chinesische Volk begrüßt mit Recht diesen Pakt. Aber nach Abschluß des Abkommens über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Nomonhan[Anmerkung 108] streuen die englischen und amerikanischen Nachrichtenagenturen verstärkt Meldungen aus, wonach zwischen der Sowjetunion und Japan bald ein Nichtangriffspakt geschlossen würde, und das hat im chinesischen Volk eine gewisse Unruhe ausgelöst. Manche sind der Meinung, daß die Sowjetunion möglicherweise die Hilfe für China einstellen werde. Ich halte eine solche Annahme für unrichtig. Das Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Nomonhan ist seinem Charakter nach analog dem Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Dschanggaofeng,[Anmerkung 109] und zwar: nachdem Japan auf die Knie gezwungen worden war, erkannten die japanischen Militaristen die Unantastbarkeit der sowjetischen und der mongolischen Grenzen an. Ein solches Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen vergrößert eher die Möglichkeit der Hilfeleistung der Sowjetunion an China, als daß es sie verringert. Was einen japanischsowjetischen Nichtangriffspakt anbelangt, so hat die Sowjetunion Japan schon vor vielen Jahren die Unterzeichnung eines solchen vorgeschlagen, aber Japan hat diesen Vorschlag beständig abgelehnt. Gegenwärtig wünscht eine Gruppe der herrschenden Klassen Japans den Abschluß eines derartigen Paktes mit der Sowjetunion. Ob aber die Sowjetunion gewillt sein wird, diesen Pakt abzuschließen, hängt von dem grundlegenden Prinzip ab, ob der Pakt den Interessen der Sowjetunion sowie denen der überwiegenden Mehrheit der Menschheit entsprechen wird. Konkret gesagt handelt es sich darum, ob der Pakt nicht mit den Interessen des nationalen Befreiungskriegs Chinas kollidieren würde. Nach dem Rechenschaftsbericht Stalins an den XVIII. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion am 10. März dieses Jahres und der Rede Molotows auf der Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR am 30. Mai dieses Jahres zu urteilen, wird meines Erachtens die Sowjetunion ihr Grundprinzip nicht ändern. Und selbst wenn ein japanisch-sowjetischer Nichtangriffspakt geschlossen werden sollte, würde die Sowjetunion bestimmt keinerlei Einschränkung ihrer Hilfsaktionen für China zulassen. Die Interessen der Sowjetunion werden auf keinen Fall in Kollision mit den Interessen der nationalen Befreiung Chinas geraten, sie werden mit diesen stets übereinstimmen. Ich halte das für absolut unzweifelhaft. Leute mit voreingenommener sowjetfeindlicher Einstellung benutzen den Abschluß des Abkommens über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Nomonhan und die Gerüchte über den bevorstehenden Abschluß eines japanisch-sowjetischen Nichtangriffspaktes, um Unwetter aufkommen zu lassen und somit zwischen den beiden großen Völkern Chinas und der Sowjetunion Zwietracht zu säen. Damit befassen sich sowohl die Intriganten in England, den USA und Frankreich als auch die Kapitulanten in China. Das ist eine ernste Gefahr, und man muß die finsteren Ränke gründlich enthüllen. Es ist klar, daß die Außenpolitik Chinas eine Außenpolitik des Widerstands gegen Japan sein muß. Diese Politik beruht auf dem Prinzip, sich hauptsächlich auf die eigenen Kräfte zu stützen, aber gleichzeitig bedeutet sie, nicht auf jegliche Hilfe von außen zu verzichten. Und diese Hilfe von außen kann unter den Bedingungen des ausgebrochenen imperialistischen Weltkriegs vor allem aus folgenden drei Quellen kommen:
1. von der sozialistischen Sowjetunion;
2. von den Völkern der kapitalistischen Länder;
3. von den unterdrückten Nationen in den Kolonien und Halbkolonien.
Das sind unsere einzigen zuverlässigen Helfer. Jegliche andere sogenannte Hilfe von außen soll man, auch wenn sie möglich ist, dennoch nur als eine teilweise und zeitweilige Hilfe ansehen. Natürlich soll man sich auch um diese teilweise und zeitweilige Hilfe bemühen, man darf sich jedoch von ihr keineswegs allzu sehr abhängig machen, man darf sie nicht als eine zuverlässige Hilfe ansehen. Gegenüber den Ländern, die am imperialistischen Krieg teilnehmen, muß China strikte Neutralität wahren, es darf sich keiner der kriegführenden Parteien anschließen. Die Meinung, daß China auf Seiten des englisch-französischen imperialistischen Lagers am Krieg teilnehmen müsse, ist eine Meinung der Kapitulanten, sie entspricht nicht den Interessen des Widerstandskriegs gegen Japan, sie entspricht nicht den Interessen der Unabhängigkeit und der Befreiung der chinesischen Nation und muß rundweg abgelehnt werden. Das ist die vierte Frage, auf die ich eingehen wollte.
Die oben erläuterten Fragen sind gegenwärtig Gegenstand lebhafter Diskussionen unter unseren Landsleuten. Es ist eine erfreuliche Erscheinung, daß unsere Landsleute dem Studium der internationalen Probleme, den Beziehungen zwischen dem imperialistischen Weltkrieg und dem Widerstandskrieg Chinas gegen Japan sowie den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und China eine solche Beachtung entgegenbringen, es geht dabei um das Ziel: Sieg Chinas im Widerstand gegen Japan. Ich habe nun einige grundlegende Ansichten zu den oben erläuterten Fragen dargelegt und hoffe, daß die Leser so freundlich sein werden, ihre Meinung zu äußern, ob diese Ansichten richtig sind.
Die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Partei
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.345-347
(10. Oktober 1939)[Anmerkung 110]
1. Der Ausbruch des imperialistischen Weltkriegs erklärt sich dadurch, daß die imperialistischen Staaten versuchen, sich aus der neuen wirtschaftlichen und politischen Krise zu befreien. Sowohl von Seiten Deutschlands als auch von Seiten Englands und Frankreichs ist dieser Krieg seinem Charakter nach ein ungerechter, imperialistischer Raubkrieg. Die kommunistischen Parteien der ganzen Welt müssen entschieden gegen diesen Krieg und gegen die verbrecherischen Taten der sozialdemokratischen Parteien auftreten, die das Proletariat verraten, indem sie diesen Krieg unterstützen. Die sozialistische Sowjetunion hält nach wie vor an ihrer Friedenspolitik fest, wahrt strikte Neutralität gegenüber den beiden kriegführenden Seiten und hat, indem sie ihre Truppen in Polen einmarschieren ließ, die Expansion der aggressiven Kräfte Deutschlands nach dem Osten verhindert, den Frieden in Osteuropa gefestigt und die von den Herrschern Polens unterdrückten Brudervölker der Westukraine und Westbelorußlands befreit. Um einem möglichen Überfall der internationalen reaktionären Kräfte vorzubeugen, hat die Sowjetunion verschiedene Verträge mit ihren Nachbarländern geschlossen und kämpft für die Wiederherstellung des Weltfriedens.
2. Die Politik des japanischen Imperialismus in der neuen internationalen Lage besteht darin, alle seine Kräfte zum Angriff auf China zu konzentrieren in dem Versuch, die China-Frage als Vorbereitung für die künftige Ausweitung seiner Abenteuer im internationalen Maßstab zu erledigen. Der Kurs, den er bei seinem Versuch, die China Frage zu erledigen, einschlägt, ist folgender:
(a) Hinsichtlich der besetzten Gebiete: die Sicherung der weiteren Okkupation als Vorbereitung für die Unterjochung ganz Chinas. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht der japanische Imperialismus eine "Säuberung" der antijapanischen Partisanenstützpunktgebiete, die Erschließung der wirtschaftlichen Hilfsquellen, die Aufrichtung einer Marionettenmacht und die Ausrottung des Nationalbewußtseins der Chinesen.
(b) Hinsichtlich unseres Hinterlandes: der politische Angriff als Hauptmittel und der militärische Angriff als Hilfsmittel. Der politische Angriff bedeutet, daß der Schwerpunkt darauf gelegt wird, die antijapanische Einheitsfront zu zersetzen, die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu sprengen und die Kuomintang-Regierung zur Kapitulation zu verlocken, anstatt auf militärische Angriffe in großem Maßstab.
In der gegenwärtigen Periode ist die Möglichkeit, daß der Feind so großangelegte strategische Angriffsaktionen unternimmt wie seinerzeit gegen Wuhan, schon nicht mehr groß, weil ihm in den abgelaufenen mehr als zwei Jahren durch den heroischen Widerstand Chinas Schläge versetzt worden sind und weil seine Streitkräfte und finanziellen Hilfsquellen nicht ausreichen. In diesem Sinne ist das Stadium des strategischen Gleichgewichts im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression im wesentlichen bereits angebrochen. Und dieses Stadium des Gleichgewichts ist das Stadium der Vorbereitung der Gegenoffensive. Wenn wir aber sagen, daß im wesentlichen bereits ein Gleichgewicht eingetreten ist, bestreiten wir erstens nicht, daß der Feind noch manche operative Angriffe unternehmen kann; gegenwärtig führt er einen Angriff gegen Tschangscha und wird später möglicherweise auch Angriffe gegen andere Gebiete unternehmen. Zweitens wird der Feind, da nun die Möglichkeit eines Gleichgewichts an der Front wächst, seinen "Säuberungs"krieg gegen unsere Partisanenstützpunktgebiete verstärken. Drittens: Wenn es China nicht gelingt, die vom Feind besetzten Gebiete unsicher zu machen, wenn diesem gestattet wird, sich dort festzusetzen und die Gebiete auszuplündern, wenn es China ferner nicht gelingt, den politischen Angriff des Feindes zurückzuschlagen, und wenn China nicht imstande ist, am Widerstandskrieg, am Zusammenschluß und am Fortschritt festzuhalten, damit die Kräfte für die Gegenoffensive vorbereitet werden, oder wenn die Kuomintang-Regierung doch noch aus eigenem Antrieb kapituliert, dann wird der Feind in der Zukunft dennoch große Angriffe unternehmen können, mit anderen Worten, wird das bereits eingetretene Gleichgewicht von dem Feind und von den Kapitulanten noch gestört werden können.
3. Die Gefahr der Kapitulation, der Spaltung und des Rückschritts in der antijapanischen Einheitsfront bleibt in der gegenwärtigen Lage nach wie vor die größte Gefahr, und die gegenwärtigen antikommunistischen Erscheinungen sowie Rückschritterscheinungen sind weiterhin Schritte der großen Grundherren und der Großbourgeoisie auf dem Weg zur Kapitulation. Unsere Aufgabe besteht nach wie vor darin, im Verein mit allen Patrioten des Landes die Massen für die faktische Verwirklichung der drei politischen Hauptlosungen zu mobilisieren, die von unserer Partei in ihrer Deklaration vom 7. Juli ausgegeben wurden: "Am Widerstandskrieg festhalten, gegen die Kapitulation kämpfen!", "Am Zusammenschluß festhalten, gegen die Spaltung kämpfen!" und "Am Fortschritt festhalten, gegen den Rückschritt kämpfen !", um die Kräfte für die Gegenoffensive vorzubereiten. Zu diesem Zweck muß man im Hinterland des Feindes weiter hartnäckig den Partisanenkrieg führen, die "Säuberungsoperationen" des Feindes zerschlagen, die vom Feind besetzten Gebiete unsicher machen, radikale politische und wirtschaftliche Reformen im Interesse der breiten, gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Volksmassen durchführen. An der Front muß man die militärische Verteidigung aufrechterhalten und jeden möglichen operativen Angriff des Feindes zurückschlagen. In unserem Hinterland muß man unverzüglich und ernsthaft politische Reformen durchführen, mit der Einparteiendiktatur der Kuomintang Schluß machen, eine kompetente Nationalversammlung einberufen, die wirklich den Willen des Volkes repräsentiert, eine Verfassung ausarbeiten und eine konstitutionelle Regierungsform einführen. Jede Schwankung und jede Nachlässigkeit, jeder entgegengesetzte Kurs ist absolut falsch. Gleichzeitig müssen unsere Parteileitungen aller Ebenen und alle Genossen unserer Partei ihre Wachsamkeit angesichts der gegenwärtigen Lage erhöhen und mit aller Kraft ideologisch, politisch und organisatorisch unsere Partei sowie die von ihr geführten Streitkräfte und Machtorgane festigen, um darauf vorbereitet zu sein, mit allen eventuellen Überraschungen, die der chinesischen Revolution schaden könnten, fertig zu werden, damit die Partei und die Revolution durch solche Überraschungen keine unerwarteten Verluste erleiden.
Die Intellektuellen in Massen heranziehen
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.349-351
(1. Dezember 1939)[Anmerkung 111]
1. Im Verlauf des langen und harten nationalen Befreiungskriegs, im Verlauf des großen Kampfes für die Schaffung des neuen China muß es die Kommunistische Partei verstehen, die Intellektuellen heranzuziehen; nur dann wird sie imstande sein, große Kräfte für den Widerstandskrieg zu organisieren, die Millionenmassen der Bauern zu organisieren, die revolutionäre Kulturbewegung zu entfalten und die revolutionäre Einheitsfront zu verbreitern. Ohne Beteiligung der Intelligenz ist der Sieg der Revolution unmöglich.
2. In den letzten drei Jahren haben unsere Partei und unsere Armee bereits beträchtliche Anstrengungen zur Heranziehung der Intelligenz unternommen, haben eine große Anzahl von revolutionären Intellektuellen zum Beitritt in die Partei und in die Armee, zur Teilnahme an der Tätigkeit der Machtorgane, für die Kulturbewegung und die Massenbewegungen gewonnen und dadurch die Einheitsfront verbreitert. Das ist ein großer Erfolg. Aber viele Funktionäre der Armee ignorieren noch die Bedeutung der Intellektuellen, betrachten , sie noch mit Argwohn und sind sogar geneigt, sie abzuweisen. Viele unserer Lehranstalten wagen es noch nicht, die studierende Jugend mutig in großer Zahl aufzunehmen. Viele örtliche Parteiorganisationen wollen die Intellektuellen noch nicht in die Partei aufnehmen. Derartige Erscheinungen erklären sich aus einem mangelnden Verständnis für die wichtige Rolle, die die Intellektuellen in der Revolution spielen, für den Unterschied zwischen den Intellektuellen der kolonialen sowie halbkolonialen Länder und den Intellektuellen der kapitalistischen Länder und für den Unterschied zwischen den Intellektuellen, die in den Diensten der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie stehen, und den Intellektuellen, die der Arbeiterklasse und der Bauernschaft dienen. Sie erklären sich auch aus dem mangelnden Verständnis für die ernste Bedeutung des erbitterten Kampfes, den die bürgerlichen Parteien mit uns um die Intellektuellen führen, sowie des Bestrebens des japanischen Imperialismus, die chinesischen Intellektuellen mit allen Mitteln zu korrumpieren und ihre Gesinnung zu lähmen, und vor allem für den für uns günstigen Umstand, daß unsere Partei und unsere Armee bereits ihren festen Kern geschaffen haben und schon imstande sind, die Intellektuellen zu führen.
3. Deshalb ist die Aufmerksamkeit künftig auf folgendes zu richten:
(a) Alle Parteiorganisationen in den Frontgebieten und alle von der Partei geführten Truppenteile müssen zahlreiche Intellektuelle in unsere Armee und unsere Lehranstalten einbeziehen und sie für die Teilnahme an der Tätigkeit der Machtorgane gewinnen. Alle verhältnismäßig loyalen Intellektuellen, die gegen die japanischen Eindringlinge kämpfen wollen und auch einigermaßen Schwierigkeiten und Entbehrungen und harte Arbeit ertragen können, sind auf verschiedene Weise zu gewinnen; wir müssen sie politisch erziehen und ihnen helfen, sich im Krieg und in ihrer Arbeit zu stählen, damit sie der Armee, den Machtorganen und den Volksmassen dienen. Zugleich müssen wir je nach den konkreten Umständen diejenigen unter ihnen in die Partei aufnehmen, die bereits den Bedingungen dafür entsprechen. Mit jenen Intellektuellen jedoch, die in die Partei nicht eintreten können oder wollen, müssen wir ebenfalls in der gemeinsamen Arbeit gute Beziehungen aufnehmen und sie bei ihrer Arbeit anleiten.
(b) Selbstverständlich muß man bei der Durchführung der Politik einer breiten Heranziehung der Intelligenz streng darauf achten, daß den vom Feind und von den bürgerlichen Parteien in unsere Reihen entsandten Personen der Eintritt verwehrt wird, daß illoyale Elemente abgewiesen werden. Hinsichtlich der Abweisung derartiger Elemente ist eine verantwortungsbewußte Einstellung geboten. Solche, die bereits in unsere Partei, in unsere Armee und in unsere Machtorgane eingedrungen sind, muß man, gestützt auf authentische Beweise, ausschließen, wobei man entschieden, aber differenziert vorgehen muß. Aber deswegen darf man verhältnismäßig loyale Intellektuelle nicht verdächtigen; man muß sich davor sehr in acht nehmen, daß unschuldige Menschen von den Konterrevolutionären zu Unrecht beschuldigt werden.
(c) Man muß allen verhältnismäßig loyalen Intellektuellen, die uns in irgendeinem Maße nützlich sein können, eine geeignete Arbeit geben, muß sie politisch richtig erziehen und sie führen, damit sie in einem langen Kampf allmählich ihre Schwächen überwinden, damit sie revolutionär und eins mit den Massen werden, damit sie sich mit den alten Parteimitgliedern und Kadern und mit den Parteimitgliedern aus den Reihen der Arbeiter und Bauern verschmelzen.
(d) Jene Funktionäre, insbesondere manche Funktionäre der regulären Armee, die sich der Teilnahme der Intellektuellen an unserer Arbeit widersetzen, müssen in wirksamer Weise überzeugt werden, damit sie die Notwendigkeit der Heranziehung der Intelligenz begreifen. Gleichzeitig muß man die aus den Reihen der Arbeiter und Bauern hervorgegangenen Funktionäre auf wirksame Weise dazu ermuntern, intensiv zu lernen; man muß ihr kulturelles Niveau heben, damit die Funktionäre aus den Reihen der Arbeiter und Bauern zugleich Intellektuelle und die Intellektuellen zugleich Arbeiter und Bauern sein können.
(e) In den Gebieten der Kuomintang-Herrschaft und in den Gebieten, die von den japanischen Eindringlingen besetzt sind, muß man sich im wesentlichen von den gleichen Prinzipien leiten lassen; bei der Einbeziehung der Intellektuellen in die Partei muß man aber noch mehr auf den Grad ihrer Loyalität achten, um eine noch größere Geschlossenheit der Parteiorganisationen zu gewährleisten. Was die breiten Massen der mit uns sympathisierenden Intellektuellen, die keine Parteimitglieder sind, anbelangt, so muß man zu ihnen entsprechende Verbindungen aufnehmen und sie zur Beteiligung an dem großen Kampf zum Widerstand gegen die japanische Aggression und für die Demokratie, zur Beteiligung an der Kulturbewegung und an der Arbeit der Einheitsfront organisieren.
4. Alle Genossen unserer Partei müssen begreifen, daß eine richtige Politik gegenüber der Intelligenz eine der wichtigen Voraussetzungen für den Sieg der Revolution ist. Die falsche Haltung, die unsere Partei in vielen Orten und in vielen Truppenteilen in der Periode der Agrarrevolution zu den Intellektuellen eingenommen hat, darf niemals mehr wiederkehren; die Schaffung der eigenen Intelligenz des Proletariats kann auch keinesfalls ohne die Hilfe der in der Gesellschaft bereits vorhandenen Intellektuellen erfolgen. Das Zentralkomitee erwartet, daß die Parteikomitees aller Ebenen und alle Genossen der Partei dieser Frage ernste Beachtung schenken werden.
Die chinesische Revolution und die Kommunistische Partei Chinas
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.353-388
(Dezember 1939)[Anmerkung 112]
Kapitel I: Die chinesische Gesellschaft
1. Die chinesische Nation
Unser China ist eins der größten Länder der Welt, sein Territorium ist fast ebensogroß wie das von ganz Europa. Über dieses riesige Gebiet erstrecken sich weite Flächen fruchtbaren Bodens, die uns Nahrung und Kleidung geben; große und kleine Bergketten mit riesigen Wäldern und reichen Vorkommen an Bodenschätzen ziehen sich kreuz und quer durch das ganze Land; zahlreiche Flüsse und Seen begünstigen Schifffahrt und Bewässerung; die lange Meeresküste erleichtert uns den Verkehr mit überseeischen Nationen. Seit uralten Zeiten haben die Vorfahren unserer chinesischen Nation in diesem riesigen Land gearbeitet, gelebt und sich vermehrt.
Die Staatsgrenze Chinas ist gegenwärtig folgende: Im Nordosten, Nordwesten und zum Teil im Westen grenzt China an die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, im Norden an die Mongolische Volksrepublik, im Südwesten und zum Teil im Westen an Afghanistan, Indien, Bhutan und Nepal, im Süden an Burma und Vietnam; im Osten grenzt China an Korea und hat Japan und die Philippinen zu Nachbarn. Eine solche geographische Lage schafft für die Revolution des chinesischen Volkes sowohl günstige als auch ungünstige äußere Bedingungen. Zu den günstigen Bedingungen zählt, daß China an die Sowjetunion grenzt, während die wichtigsten imperialistischen Staaten Europas und Amerikas ziemlich weit von uns entfernt liegen, und daß viele der uns umgebenden Länder Kolonien oder Halbkolonien sind. Ungünstig dagegen ist, daß der japanische Imperialismus unter Ausnutzung seiner geographischen Nähe zu China ständig die Existenz aller Nationalitäten Chinas sowie die Revolution des chinesischen Volkes bedroht.
Die Bevölkerung unseres Landes zählt gegenwärtig 450 Millionen Menschen, das heißt fast ein Viertel der Bevölkerung des gesamten Erdballs. Über 90 Prozent von ihnen gehören zur Nationalität der Han. Außerdem leben in China noch Dutzende nationale Minderheiten, darunter Mongolen, Hui, Tibeter, Uiguren, Miao, Yi, Dschuang, Dschungdjia und Koreaner. Der Stand ihrer kulturellen Entwicklung ist unterschiedlich, jede dieser Nationalitäten hat ihre eigene lange Geschichte. China ist also ein Land mit einer riesigen Bevölkerung, die sich aus vielen Nationalitäten zusammensetzt.
Im Verlauf ihrer Entwicklung durchlebte die chinesische Nation (hier beziehen wir uns hauptsächlich auf die Entwicklung der Han-Nationalität) ebenso wie viele andere Nationen der Welt eine Zehntausende von Jahren währende Periode der klassenlosen Urgesellschaft. Seit dem Zerfall der Urgesellschaft und ihrem Übergang zur Klassengesellschaft sind - über die Sklavenhaltergesellschaft und Feudalgesellschaft - bis zum heutigen Tag rund 4000 Jahre vergangen. In der Geschichte der Zivilisation der chinesischen Nation war China von alters her durch seine hochentwickelte Landwirtschaft und handwerkliche Produktion berühmt. Es brachte viele bedeutende Denker, Wissenschaftler, Erfinder, Politiker, Strategen, Schriftsteller und Künstler hervor, und wir verfügen über einen reichen Bestand an klassischen Büchern. Schon vor sehr langer Zeit wurde in China der Kompaß,[Anmerkung 113] vor 1800 Jahren das Verfahren für die Herstellung von Papier,[Anmerkung 114] vor 1300 Jahren der Holztafeldruck,[Anmerkung 115] vor 800 Jahren der Druck mit beweglichen Lettern[Anmerkung 116] erfunden. Auch das Schießpulver wandten die Chinesen vor den Europäern an.[Anmerkung 117] China ist also eins der Länder der Welt mit ältester Zivilisation, es hat eine schriftlich belegte Geschichte von fast 4000 Jahren.
Die chinesische Nation ist der ganzen Welt nicht nur durch ihren Fleiß und ihre Ausdauer bekannt, sondern zugleich als eine Nation, die die Freiheit zutiefst liebt und reiche revolutionäre Traditionen besitzt. Die Geschichte der Han zeugt beispielsweise davon, daß das chinesische Volk sich niemals der Herrschaft finsterer Kräfte unterworfen, sondern jedesmal auf revolutionärem Weg eine solche Herrschaft gestürzt oder umgestaltet hat. Jahrtausende hindurch ist die Geschichte der Han durch Hunderte von großen und kleinen Bauernaufständen gegen die finstere Herrschaft der Grundherren und der Aristokratie gekennzeichnet. Und in den meisten Fällen lösten die Dynastien erst infolge dieser Bauernaufstände einander ab. Alle Nationalitäten Chinas widersetzten sich einer fremdländischen nationalen Unterdrückung; sie alle waren stets bestrebt, sich durch Widerstand davon zu befreien. Sie traten für die Vereinigung auf der Grundlage der Gleichheit ein, nicht aber für die gegenseitige Unterdrückung. Die chinesische Nation hat im Verlauf der Jahrtausende ihrer Geschichte viele nationale Helden und revolutionäre Führer hervorgebracht. Das chinesische Volk ist also auch eine Nation mit ruhmreichen revolutionären Traditionen und einem hervorragenden historischen Erbe.
2. Die Feudalgesellschaft der alten Zeit
Obwohl China das Land einer großen Nation mit riesigem Territorium, einer zahlreichen Bevölkerung, einer langen Geschichte, reichen revolutionären Traditionen und einem hervorragenden historischen Erbe ist, gerieten seine Wirtschaft, Politik und Kultur nach dem Übergang von der Sklavenhalter- zur Feudalgesellschaft für eine lange Periode in einen Zustand, in dem ihre Entwicklung sehr langsam vor sich ging. Die Periode des Feudalsystems, die zur Zeit der Dynastien Dschou und Tjin begann, zog sich über etwa dreitausend Jahre hin.
Die wirtschaftliche und politische Ordnung Chinas in der Epoche des Feudalismus hat folgende Hauptmerkmale:
(1) Es herrschte eine selbstgenügsame Naturalwirtschaft vor. Die Bauern erzeugten nicht nur landwirtschaftliche Produkte für den eigenen Bedarf, sondern sie stellten auch den größeren Teil der von ihnen benötigten handwerklichen Erzeugnisse selbst her. Was die Grundherren und die Aristokratie als Pachtzins für den Boden aus den Bauern erpreßten, war ebenfalls hauptsächlich für die persönliche Verwendung und nicht für den Austausch bestimmt. Obwohl sich der Warenaustausch zu jenen Zeiten bereits entwickelte, spielte er in der Gesamtwirtschaft keine entscheidende Rolle.
(2) Die herrschende Klasse der Feudalgesellschaft - die Grundherren, die Aristokratie und der Kaiser - besaß den überwiegenden Teil des Grund und Bodens, während die Bauern entweder sehr wenig oder überhaupt kein Land hatten. Die Bauern bestellten mit ihren eigenen Geräten die Felder der Grundherren, der Aristokratie und des kaiserlichen Hofes und lieferten für deren Verwendung 40, 50, 60, 70, sogar 80 Prozent ihrer Ernte oder noch mehr ab. Solche Bauern waren in Wirklichkeit noch Leibeigene.
(3) Abgesehen davon, daß die Grundherren, die Aristokratie und der kaiserliche Hof von dem den Bauern erpreßten Pachtzins lebten, zwang der Staat der Grundherrenklasse die Bauern noch zu Abgaben, Steuern und unentgeltlichem Frondienst für den Unterhalt einer riesigen Meute von Staatsbeamten sowie einer Armee, die hauptsächlich zur Unterdrückung der Bauern eingesetzt wurde.
(4) Der Machtapparat, der dieses System der feudalen Ausbeutung schützte, war der Feudalstaat der Grundherrenklasse. War während einer gewissen Periode vor der Tjin-Dynastie China ein Feudalstaat gewesen, wo die Lehnsmänner Teilfürstentümer beherrschten, in denen sie nach Belieben schalten und walten konnten, so wurde nach der Vereinigung Chinas durch den Kaiser Schihuangdi der Tjin-Dynastie ein absolutistischer Feudalstaat mit zentralisierter Macht errichtet, wobei jedoch in gewissem Grad die feudale Zersplitterung weiter bestehenblieb. Im Feudalstaat besaß der Kaiser die höchste Macht; er setzte in allen Teilen des Landes Beamte für die Verwaltung der Militär-, Gerichts-, Finanz-, Getreide- und anderen Angelegenheiten ein und stützte sich auf die Grundherren und Schenschi (die Vornehmen), die das Fundament des gesamten feudalen Regimes bildeten.
Unter dieser feudalen wirtschaftlichen Ausbeutung und politischen Unterdrückung fristete die chinesische Bauernschaft viele Jahrhunderte lang ein armseliges, elendes Sklavendasein. Durch die Fesseln des Feudalsystems gebunden, hatten die Bauern keine persönliche Freiheit. Der Grundherr hatte das Recht, die Bauern nach Belieben zu beschimpfen, zu prügeln und sogar zu töten, die Bauern besaßen keinerlei politische Rechte. Die äußerste Armut und Rückständigkeit der Bauern infolge der grausamen Ausbeutung und Unterdrückung durch die Grundherrenklasse waren die grundlegende Ursache dafür, daß die chinesische Gesellschaft jahrtausendelang in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht stagnierte.
Der Hauptwiderspruch in der Feudalgesellschaft war der Widerspruch zwischen der Bauernschaft und der Grundherrenklasse.
In dieser Gesellschaft stellten die Bauernschaft und die Handwerker die grundlegenden Klassen dar, die allein materielle und Kulturwerte schufen.
Die grausame wirtschaftliche Ausbeutung und politische Unterdrückung der Bauernschaft durch die Grundherrenklasse trieben die Bauern immer wieder zu Aufständen, die sich gegen die Herrschaft der Grundherrenklasse richteten. Die Hunderte von großen und kleinen Aufständen - angefangen von den Aufständen unter der Führung von Tschen Scheng, Wu Guang, Hsiang Yü und Liu Bang[Anmerkung 118] zur Zeit der Tün-Dynastie, über die Erhebungen in Hsinschi und Pinglin, die der Tschime, Tungma[Anmerkung 119] und Huangdjin[Anmerkung 120] zur Zeit der Han-Dynastie, die Aufstände unter Li Mi und Dou Djiän-dö[Anmerkung 121] zur Zeit der Sui-Dynastie, unter Wang Hsiän-dschi und Huang Tschao[Anmerkung 122] in der Tang-Dynastie, mit Sung Düang und Fang La[Anmerkung 123] an der Spitze zur Zeit der Sung-Dynastie, über den Aufstand von Dschu Yüan-dschang[Anmerkung 124] zur Zeit der YüanDynastie und Li Dsi-tscheng[25] zur Zeit der Ming-Dynastie bis zum Taiping-Tiänguo-Krieg[26] zur Zeit der Tjing-Dynastie - sie alle waren bäuerliche Widerstandsbewegungen, revolutionäre Bauernkriege. Das gigantische Ausmaß dieser Bauernaufstände und -kriege in der chinesischen Geschichte steht in der Welt beispiellos da. In der chinesischen Feudalgesellschaft war nur dieser Klassenkampf der Bauernschaft, waren nur diese Bauernaufstände und -kriege die wahren Triebkräfte der historischen Entwicklung. Denn jeder größere Bauernaufstand oder Bauernkrieg versetzte der jeweiligen Feudalherrschaft einen Schlag und förderte somit in gewissem Grad die Entwicklung der Produktivkräfte der Gesellschaft. Aber da zu jenen Zeiten noch neue Produktivkräfte und neue Produktionsverhältnisse, neue Klassenkräfte und fortgeschrittene politische Parteien fehlten, hatten diese Bauernaufstände und -kriege nicht die richtige Führung, wie sie heute vom Proletariat und von der Kommunistischen Partei ausgeübt wird. Aus diesem Grund endeten damals die Bauernrevolutionen stets mit einer Niederlage und wurden ständig, entweder während ihres Verlaufs oder danach, von den Grundherren und von der Aristokratie als Werkzeug zur Ersetzung einer Dynastie durch eine andere ausgenutzt. Auf diese Weise ergab sich zwar jedesmal nach einem großen revolutionären Kampf der Bauernschaft ein gewisser sozialer Fortschritt, aber die feudalen wirtschaftlichen Verhältnisse und die feudale politische Ordnung blieben im wesentlichen unverändert erhalten.
Erst in den letzten hundert Jahren sind neue Veränderungen eingetreten.
3. Die moderne koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft
Wie oben bereits erklärt wurde, war die chinesische Gesellschaft die vergangenen dreitausend Jahre hindurch eine Feudalgesellschaft. Aber ist gegenwärtig die chinesische Gesellschaft immer noch völlig feudal? Nein, China hat sich bereits verändert. Nach dem Opiumkrieg von 1840 wandelte sich China nach und nach in eine halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft um. Seit den Ereignissen des 18. September 1931, als der japanische Imperialismus bewaffnet in China einfiel, verwandelte sich die chinesische Gesellschaft weiter in eine koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft. Wir werden jetzt erklären, wie sich dieser Veränderungsprozeß vollzog.
Wie im z. Abschnitt gezeigt wurde, währte die feudale Gesellschaftsordnung in China etwa dreitausend Jahre lang. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts gingen in dieser Gesellschaft durch das Eindringen des ausländischen Kapitalismus wichtige Veränderungen vor sich.
In der Warenwirtschaft, die sich in der chinesischen Feudalgesellschaft entwickelt hatte, waren bereits die ersten Keime des Kapitalismus enthalten. Deswegen hätte sich China auch ohne Einwirkung des ausländischen Kapitalismus allmählich zu einer kapitalistischen Gesellschaft entwickelt. Die Invasion des ausländischen Kapitalismus beschleunigte diesen Prozeß. Der ausländische Kapitalismus hat eine gewaltige Rolle bei der Zersetzung der in China bestehenden sozialökonomischen Ordnung gespielt: Einerseits untergrub er die Grundlagen der selbstgenügsamen Naturalwirtschaft, zerstörte das Handwerk in den Städten und das Heimgewerbe der Bauern, und andererseits förderte er die Entwicklung der Warenwirtschaft in Stadt und Land.
Das alles bewirkte nicht nur den Zerfall der Grundlagen der feudalen Wirtschaft, sondern brachte gleichzeitig bestimmte objektive Voraussetzungen und Möglichkeiten für die Entwicklung der kapitalistischen Produktion in China. Denn die Zerstörung der Naturalwirtschaft eröffnete dem Kapitalismus einen Warenmarkt, während der Ruin einer großen Anzahl von Bauern und Handwerkern für ihn einen Arbeitsmarkt schuf.
Und in der Tat begann - durch den Anstoß, den der ausländische Kapitalismus gegeben hatte, und infolge gewisser Risse in der feudalen ökonomischen Struktur - ein Teil der Kaufleute, der Grundherren und der hohen Beamten schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vor sechzig Jahren also, Kapital in modernen Industriebetrieben anzulegen. Zur Jahrhundertwende, das heißt vor vierzig Jahren, hatte der chinesische nationale Kapitalismus bereits den ersten Schritt in seiner Entwicklung getan. Vor zwanzig Jahren, während des ersten imperialistischen Weltkriegs, erfuhr die chinesische nationale Industrie, hauptsächlich die Textil- und die Mühlenindustrie, eine weitere Entwicklung, weil die imperialistischen Staaten Europas und Amerikas mit dem Krieg beschäftigt waren und vorübergehend ihren Druck auf China gelockert hatten.
Der Entstehungs- und Entwicklungsprozeß des nationalen Kapitalismus in China ist zugleich auch der Entstehungs- und Entwicklungsprozeß der chinesischen Bourgeoisie und des chinesischen Proletariats. Wie ein gewisser Teil der Kaufleute, der Grundherren und der hohen Beamten Vorgänger der chinesischen Bourgeoisie waren, so war ein gewisser Teil der Bauern und Handwerker Vorgänger des chinesischen Proletariats. Die chinesische Bourgeoisie und das chinesische Proletariat als zwei besondere Gesellschaftsklassen sind neu entstanden, beide hat es früher in der chinesischen Geschichte nicht gegeben. Sie sind aus dem Schoß der Feudalgesellschaft hervorgegangen und haben sich zu neuen Gesellschaftsklassen entwickelt. Sie sind zwei miteinander verbundene und gleichzeitig antagonistische Klassen; sie sind von Chinas alter (feudaler) Gesellschaft geborene Zwillinge. Aber das chinesische Proletariat entstand und entwickelte sich nicht nur im Zusammenhang mit dem Aufkommen und mit der Entfaltung der chinesischen nationalen Bourgeoisie, sondern auch in Verbindung mit der Entwicklung der von den Imperialisten unmittelbar in China betriebenen Unternehmen. Deshalb ist ein bedeutender Teil des chinesischen Proletariats älter und erfahrener als die chinesische Bourgeoisie, deshalb ist seine gesellschaftliche Kraft größer und seine soziale Basis breiter.
Aber die beschriebenen neuen Wandlungen - die Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus - stellen nur die eine Seite der Veränderungen dar, die seit dem Eindringen des Imperialismus in China vor sich gegangen sind. Es gibt auch noch eine andere Seite, die neben den erwähnten Wandlungen existiert und diese Wandlungen hemmt: Der Imperialismus unterdrückt im Komplott mit den feudalen Kräften Chinas die Entwicklung des chinesischen Kapitalismus.
Mit ihrem Eindringen in China verfolgen die imperialistischen Mächte keineswegs das Ziel, das feudale China in ein kapitalistisches zu verwandeln. Im Gegenteil, die imperialistischen Mächte verfolgen das Ziel, China in ihre Halbkolonie und Kolonie zu verwandeln.
Zur Erreichung dieses Ziels wandten und wenden die imperialistischen Mächte weiterhin alle militärischen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Unterdrückungsmittel an, um China nach und nach in eine Halbkolonie und Kolonie zu verwandeln. Es handelt sich um folgende Unterdrückungsmittel:
(1) Sie führten gegen China viele Aggressionskriege, wie beispielsweise den von England angezettelten Opiumkrieg von 1840, den von den vereinten Truppen Englands und Frankreichs entfesselten Krieg von 1857,[Anmerkung 125] den Chinesisch-Französischen Krieg von 1884,[Anmerkung 126] den Chinesisch-Japanischen Krieg von 1894 und den Krieg, den die verbündeten Streitkräfte der acht Mächte im Jahre 1900 führten.[Anmerkung 127] Nach den militärischen Niederlagen, die sie China beibrachten, bemächtigten sich die imperialistischen Mächte nicht nur vieler Länder, die rings um China lagen und ursprünglich unter seiner Schirmherrschaft gestanden hatten, sondern rissen auch Teile chinesischen Territoriums an sich oder "pachteten" sie von China. Beispielsweise besetzte Japan Taiwan und die Penghu-Inseln und "pachtete" Lüschun; England nahm sich Hongkong; Frankreich "pachtete" die Guangdschou-Bucht. Außer der Abtrennung von Territorien forderten die imperialistischen Mächte von China riesige Kontributionen. Auf diese Weise wurden China - diesem riesigen feudalen Imperium - schwere Schläge versetzt.
(2) Die imperialistischen Mächte zwangen China eine Reihe von ungleichen Verträgen auf. Auf Grund dieser Verträge erwarben sie das Recht, Seestreitkräfte und Landtruppen in China zu stationieren, sowie das Recht der Konsulargerichtsbarkeit;[Anmerkung 128] auch teilten sie ganz China untereinander in Einflußsphären auf.[Anmerkung 129]
(3) Auf Grund der ungleichen Verträge brachten die imperialistischen Mächte alle wichtigen Handelshäfen Chinas unter ihre Kontrolle und verwandelten Teile des Territoriums vieler Handelshäfen in Konzessionen unter ihrer unmittelbaren Verwaltung.[Anmerkung 130] Sie übten die Kontrolle über Chinas Zollhoheit, Außenhandel und Verkehrswesen (See-, Land-, Binnenwasser- und Luftwege) aus. Dadurch erhielten sie die Möglichkeit, ihre Waren in großen Mengen abzusetzen, China in einen Markt für ihre Industrieerzeugnisse zu verwandeln und gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktion Chinas den Bedürfnissen des Imperialismus unterzuordnen.
(4) Daneben unterhielten die imperialistischen Mächte in China viele Betriebe der Leicht- und der Schwerindustrie, um die chinesischen Rohstoffe und billigen Arbeitskräfte an Ort und Stelle zu exportieren; sie übten damit einen direkten wirtschaftlichen Druck auf die chinesische nationale Industrie aus und verhinderten unmittelbar die Entwicklung der Produktivkräfte Chinas.
(5) Indem die imperialistischen Mächte der chinesischen Regierung Anleihen gewährten und in China Banken gründeten, monopolisierten sie den Geldmarkt und die Finanzen Chinas. Dadurch haben sie nicht nur in der Warenkonkurrenz den chinesischen nationalen Kapitalismus zu Boden gedrückt, sondern China auch auf dem Geldmarkt und im Finanzwesen an der Kehle gepackt.
(6) Um sich die Ausbeutung der breiten Massen der Bauern und anderer Schichten des chinesischen Volkes zu erleichtern, haben die imperialistischen Mächte ein Netz der Ausbeutung durch Kompradorentum und Handelswucher über ganz China - von den Handelsstädten bis zu den entlegensten Winkeln - gespannt und die Klassen der Kompradoren und der kommerziellen Wucherer großgezogen, die in ihrem Dienst stehen.
(7) Neben der Kompradorenklasse verwandelten die imperialistischen Mächte auch die feudale Grundherrenklasse in eine Stütze ihrer Herrschaft in China. Sie "verbündeten sich vor allem mit den herrschenden Schichten der früheren sozialen Ordnung - mit den Feudalen und der Handels- und Wucherbourgeoisie - gegen die Mehrheit des Volkes. Überall versucht der Imperialismus die vorkapitalistischen Formen der Ausbeutung (insbesondere auf dem Lande), die die Grundlage für die Existenz seiner reaktionären Bundesgenossen bilden, zu erhalten und zu verewigen."[Anmerkung 131] ". . . der Imperialismus" ist "mit seiner gesamten finanziellen und militärischen Macht in China die Kraft . . . , die die feudalen Überreste mit ihrem ganzen bürokratisch-militaristischen Überbau stützt, inspiriert, kultiviert und konserviert."[27]
(8) Um Kriegswirren unter den chinesischen Militärmachthabern zu entfachen und das chinesische Volk niederzuhalten, versorgten die imperialistischen Mächte die reaktionären Regierungen Chinas mit großen Mengen Waffen und Munition und stellten ihnen eine Horde von Militärberatern zur Verfügung.
(9) Neben all diesen Maßnahmen ließen die imperialistischen Mächte auch in ihren Anstrengungen zur geistigen Verdummung des chinesischen Volkes nicht nach. Das ist ihre Aggressionspolitik auf dem Gebiet der Kultur. Diese Aggressionspolitik wird durch die Tätigkeit der Missionare, durch Gründung von Krankenhäusern und Lehranstalten, durch Herausgabe von Zeitungen und durch Gewinnung der chinesischen Jugend für das Studium im Ausland durchgeführt. Das alles wird getan, um gefügige Intellektuellenkader für die Imperialisten heranzubilden und die breiten Massen des chinesischen Volkes zu verdummen.
(10) Nach dem 18. September 1931 verwandelte sich ein bedeutender Teil des Territoriums Chinas, das bereits zur Halbkolonie geworden war, infolge des großangelegten Angriffs des japanischen Imperialismus in eine japanische Kolonie.
Diese eben geschilderten Tatsachen sind die andere Seite der neuen Veränderungen nach der Invasion des Imperialismus in China. Sie zeigen das mit Blut befleckte Bild der Umwandlung des feudalen China in ein halbfeudales, halbkoloniales und koloniales China.
Daraus ist ersichtlich, daß die Aggression der imperialistischen Mächte gegen China einerseits den Zerfall der chinesischen Feudalgesellschaft und die Entstehung von Elementen des Kapitalismus in China förderte und dadurch die feudale in eine halbfeudale Gesellschaft umwandelte; andererseits aber übten die imperialistischen Mächte hier eine grausame Herrschaft aus und verwandelten das unabhängige China in ein halbkoloniales und koloniales Land.
Fassen wir diese beiden Seiten zusammen, dann können wir feststellen, daß diese koloniale, halbkoloniale und halbfeudale chinesische Gesellschaft folgende Merkmale aufweist:
(1) Die Grundlage der selbstgenügsamen Naturalwirtschaft der feudalen Epoche ist zerstört; aber die Grundlage des Systems der feudalen Ausbeutung - die Ausbeutung der Bauern durch die Grundherrenklasse - wird nicht nur weiterhin beibehalten, sondern sie nimmt in Verbindung mit der Ausbeutung durch das Kompradoren- und das Wucherkapital eine eindeutig dominierende Stellung im sozialökonomischen Leben Chinas ein.
(2) Der nationale Kapitalismus hat eine gewisse Entwicklung erfahren und eine ziemlich bedeutende Rolle im politischen und kulturellen Leben Chinas gespielt. Er ist jedoch nicht zur sozialökonomischen Hauptform Chinas geworden. Er ist sehr schwach und zum großen Teil mehr oder minder mit dem ausländischen Imperialismus und dem einheimischen Feudalismus verbunden.
(3) Die absolute Macht des Kaisers und der Aristokratie wurde gestürzt. An ihre Stelle trat zunächst die Herrschaft der Militärmachthaber und hohen Beamten der Grundherrenklasse und dann die gemeinsame Diktatur der Grundherrenklasse und Großbourgeoisie. In den besetzten Gebieten herrschen der japanische Imperialismus und seine Marionetten.
(4) Der Imperialismus kontrolliert nicht nur die lebenswichtigen Finanz- und Wirtschaftsadern Chinas, sondern auch seine politischen und militärischen Kräfte. In den besetzten Gebieten Chinas wird alles vom japanischen Imperialismus beherrscht.
(5) Da China unter der völligen oder teilweisen Herrschaft einer Reihe von imperialistischen Staaten steht, sich seit langer Zeit faktisch im Zustand der Uneinigkeit befindet und schließlich ein ausgedehntes Territorium besitzt, ist seine wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung äußerst ungleichmäßig.
(6) Unter dem Doppeljoch von Imperialismus und Feudalismus und vor allem infolge des großangelegten Angriffs des japanischen Imperialismus sind die breiten Volksmassen Chinas, in erster Linie die Bauern, immer mehr verarmt; viele von ihnen sind sogar ruiniert. Sie leiden unter Hunger und Kälte und haben keinerlei politische Rechte. Die Armut und Unfreiheit des chinesischen Volkes erreicht ein solches Ausmaß, wie es selten in der Welt anzutreffen ist.
Das sind die charakteristischen Züge der kolonialen, halbkolonialen und halbfeudalen Gesellschaft Chinas.
Eine solche Lage ist hauptsächlich durch die Kräfte des japanischen Imperialismus und der anderen imperialistischen Mächte herbeigeführt worden, sie ist das Ergebnis der Koalition des ausländischen Imperialismus mit dem einheimischen Feudalismus.
Der Widerspruch zwischen dem Imperialismus und der chinesischen Nation sowie der Widerspruch zwischen dem Feudalismus und den breiten Volksmassen sind die grundlegenden Widersprüche der chinesischen Gesellschaft in der neueren Zeit. Es gibt natürlich auch andere Widersprüche, so beispielsweise den Widerspruch zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat und die Widersprüche unter den reaktionären herrschenden Klassen. Aber von allen Widersprüchen ist der Widerspruch zwischen dem Imperialismus und der chinesischen Nation der hauptsächliche. Der Kampf dieser Widersprüche und ihre Verschärfung bringen unvermeidlich revolutionäre Bewegungen hervor, die unaufhörlich anwachsen. Die großen chinesischen Revolutionen der neueren und neuesten Zeit entstanden und entwickeln sich auf der Basis dieser grundlegenden Widersprüche.
Kapitel II: Die chinesische Revolution
l. Die revolutionären Bewegungen in den letzten hundert Jahren
Der Prozeß der Umwandlung Chinas in ein halbkoloniales und koloniales Land, der durch den Imperialismus im Bunde mit dem chinesischen Feudalismus hervorgerufen wurde, ist gleichzeitig ein Prozeß des Widerstands des chinesischen Volkes gegen den Imperialismus und seine Handlanger. Der Opiumkrieg, die Taiping-Tiänguo-Bewegung, der Chinesisch-Französische Krieg, der Chinesisch-Japanische Krieg, die Reformbewegung von c898, die Yihotuan-Bewegung, die Revolution von 1911, die Bewegung des 4. Mai, die Bewegung des 30. Mai, der Nordfeldzug, der Agrarrevolutionäre Krieg und schließlich der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression alles das zeugt von dem unbeugsamen Widerstandsgeist des chinesischen Volkes, das nicht gewillt ist, sich dem Imperialismus und seinen Lakaien zu unterwerfen.
Dank dem hartnäckigen, unablässigen, heroischen Kampf des chinesischen Volkes während der letzten hundert Jahre konnte der Imperialismus China bis auf den heutigen Tag nicht unterjochen und wird es auch niemals unterjochen können.
Obwohl der japanische Imperialismus jetzt in dem großangelegten Angriff gegen China alle seine Kräfte anspannt, obwohl viele Vertreter der Grundherrenklasse und der Großbourgeoisie, zum Beispiel offene und versteckte Wang Djing-wes, bereits vor dem Feind kapituliert haben oder sich dazu anschicken, wird das heroische chinesische Volk gewiß seinen Kampf fortsetzen. Es wird diesen Kampf unter keinen Umständen einstellen, bevor es nicht den japanischen Imperialismus aus China vertrieben, bevor es nicht die volle Befreiung seines Landes erkämpft hat.
Der national-revolutionäre Kampf des chinesischen Volkes - seit den Zeiten des Opiumkriegs von 1840 - blickt auf eine Geschichte von genau hundert Jahren zurück und dauert seit der Revolution von 1911 schon dreißig Jahre. Dieser revolutionäre Prozeß ist noch nicht abgeschlossen, bei der Lösung der Aufgaben der Revolution sind noch keine bemerkenswerten Ergebnisse erzielt worden; deshalb muß das ganze chinesische Volk - und in erster Linie die Kommunistische Partei Chinas - die Verantwortung auf sich nehmen, einen entschlossenen Kampf zu führen.
Aber gegen wen richtet sich denn schließlich diese Revolution? Was sind eigentlich ihre Aufgaben? Wo sind ihre Triebkräfte? Wie ist ihr Charakter? Was sind die Perspektiven dieser Revolution? Eben diese Fragen werden wir nachstehend erörtern.
2. Gegen wen richtet sich die chinesische Revolution?
Aus der im 3. Abschnitt des 1. Kapitels vorgenommenen Analyse wissen wir bereits, daß die gegenwärtige chinesische Gesellschaft eine koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft ist. Nur wenn man den Charakter der chinesischen Gesellschaft begriffen hat, kann man die Stoßrichtung, die Aufgaben, die Triebkräfte, den Charakter, die Perspektiven und Wandlungen der chinesischen Revolution klar erkennen. Eine genaue Kenntnis des Charakters der chinesischen Gesellschaft, das heißt der nationalen Verhältnisse Chinas, ist daher die grundlegende Voraussetzung für ein sicheres Verständnis aller Fragen der Revolution.
Da die gegenwärtige chinesische Gesellschaft ihrem Wesen nach eine koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft ist, gegen wen richtet sich dann in der Hauptsache die chinesische Revolution im gegenwärtigen Stadium, wer sind ihre Hauptfeinde?
Das sind einzig und allein der Imperialismus und der Feudalismus, das heißt die Bourgeoisie der imperialistischen Staaten und die einheimische Grundherrenklasse. Denn im gegenwärtigen Stadium sind gerade sie und niemand sonst die beiden Hauptkräfte, die die Entwicklung der chinesischen Gesellschaft niederdrücken und hemmen. Zur Unterdrückung des chinesischen Volkes sind die beiden ein Komplott eingegangen, und da die vom Imperialismus ausgeübte nationale Unterdrückung das schwerste Joch ist, stellt der Imperialismus auch den ersten und ärgsten Feind des chinesischen Volkes dar.
Seit Japans bewaffneter Invasion gegen China sind die japanischen Imperialisten sowie alle chinesischen Verräter und Reaktionäre, die mit ihnen im Bunde stehen und offen kapituliert haben oder sich zu kapitulieren anschicken, die Hauptfeinde der chinesischen Revolution.
Die chinesische Bourgeoisie, die ebenfalls unter der imperialistischen Unterdrückung leidet, stand auch einst an der Spitze des revolutionären Kampfes und spielte in der Führung die Hauptrolle, beispielsweise in der Revolution von 1911; sie nahm auch an revolutionären Kämpfen wie dem Nordfeldzug und dem gegenwärtigen Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression teil. Aber die Oberschicht dieser Bourgeoisie, das heißt jene Schicht, deren Vertreter die reaktionäre Kuomintang-Clique ist, stand während der langen Periode 1927-1937 im Komplott mit dem Imperialismus, schloß ein reaktionäres Bündnis mit der Grundherrenklasse und verriet die Freunde, die ihr geholfen hatten - die Kommunistische Partei, das Proletariat, die Bauernschaft und andere Teile des Kleinbürgertums; sie verriet die chinesische Revolution und verursachte so die Niederlage. Deshalb mußten in dieser Periode das revolutionäre Volk und die revolutionäre politische Partei (die Kommunistische Partei) diese Elemente der Bourgeoisie als eins der Ziele ansehen, gegen die sich die Revolution richtete. Während des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression hat ein Teil der großen Grundherren und der Großbourgeoisie - mit Wang Djing-we als Vertreter - bereits Verrat geübt und ist zu Landesverrätern geworden. Deshalb muß das Volk, das gegen die japanischen Eindringlinge kämpft, auch diese Elemente der Großbourgeoisie, die an den nationalen Interessen Verrat geübt haben, als eins der Kampfobjekte der Revolution ansehen.
Wir sehen also, daß die Feinde der chinesischen Revolution außerordentlich stark sind. Feinde der chinesischen Revolution sind nicht nur der mächtige Imperialismus, sondern auch die mächtigen feudalen Kräfte und in bestimmten Perioden überdies die Reaktionäre unter der Bourgeoisie, die mit dem Imperialismus und den feudalen Kräften einen Pakt schließen, um gegen das Volk zu kämpfen. Deshalb ist es falsch, die Stärke der Feinde des revolutionären chinesischen Volkes zu unterschätzen.
Angesichts solcher Feinde nimmt die chinesische Revolution einen langwierigen und erbitterten Charakter an. Da unsere Feinde außerordentlich stark sind, brauchen die Kräfte der Revolution notwendigerweise eine lange Zeit, um sich zu sammeln und so zu stählen, daß sie zu einer Macht werden, die den endgültigen Sieg über den Feind zu erringen vermag. Da der Feind die chinesische Revolution mit außerordentlicher Grausamkeit unterdrückt, werden die Kräfte der Revolution weder ihre Stellungen fest behaupten noch die feindlichen Stellungen erobern können, ohne sich gestählt, ohne ihre Zähigkeit bewiesen zu haben. Es ist daher falsch anzunehmen, man könne die Kräfte der chinesischen Revolution im Nu aus dem Boden stampfen und den revolutionären Kampf in China über Nacht mit einem Sieg beenden.
Angesichts solcher Feinde steht es fest, daß die Hauptmethode der chinesischen Revolution, ihre Hauptform nicht friedlich sein kann, sondern bewaffnet sein muß. Denn unsere Feinde geben dem chinesischen Volk keine Möglichkeit, mit friedlichen Mitteln zu handeln, und das chinesische Volk besitzt keinerlei politische Freiheitsrechte. Stalin sagt: "In China kämpft die bewaffnete Revolution gegen die bewaffnete Konterrevolution. Das ist eine der Besonderheiten und einer der Vorzüge der chinesischen Revolution."[28] Diese Feststellung ist völlig richtig. Darum ist es falsch, den bewaffneten Kampf, den revolutionären Krieg, den Partisanenkrieg und die Arbeit in der Armee zu unterschätzen.
Angesichts solcher Feinde taucht auch die Frage der Stützpunktgebiete der Revolution auf. Der mächtige Imperialismus und seine reaktionären Verbündeten in China haben sich nämlich seit langer Zeit in den Schlüsselstädten des Landes festgesetzt; und wenn die Revolutionäre keinen Kompromiß mit dem Imperialismus und seinen Lakaien eingehen, sondern den Kampf standhaft fortsetzen wollen, wenn sie ihre Kräfte zu sammeln und zu stählen beabsichtigen und, solange ihre Kräfte nicht ausreichen, einer Entscheidungsschlacht gegen den starken Feind ausweichen wollen, dann müssen sie die rückständigen Dörfer in fortschrittliche, gefestigte Stützpunktgebiete, in große militärische, politische, ökonomische und kulturelle Bastionen der Revolution verwandeln, von wo aus sie den tückischen Feind, der die Städte für den Angriff auf die ländlichen Gebiete ausnutzt, bekämpfen und in einem langwierigen Kampf Schritt für Schritt den vollständigen Sieg der Revolution erringen. Unter diesen Umständen macht die Ungleichmäßigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas (das Fehlen einer einheitlichen kapitalistischen Wirtschaft), die Größe seines Territoriums (die Kräfte der Revolution haben Spielraum zu manövrieren), das Fehlen der Einheit und die Fülle der verschiedenen Widersprüche im Lager der chinesischen Konterrevolution, die Führung des Kampfes der Bauern, die die Hauptkraft der chinesischen Revolution bilden, durch die politische Partei des Proletariats, die Kommunistische Partei - macht das alles einerseits den Sieg der chinesischen Revolution zunächst in ländlichen Gebieten möglich und bedingt andererseits eine Ungleichmäßigkeit in der Entwicklung der Revolution und läßt den Kampf um ihren vollen Sieg langwierig und schwierig werden. Somit ist es klar, daß der lange revolutionäre Kampf, der in solchen revolutionären Stützpunktgebieten geführt wird, in der Hauptsache ein Partisanenkrieg der Bauern unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas ist. Daher ist es falsch, die Notwendigkeit der Einrichtung von ländlichen Gebieten als revolutionäre Stützpunktgebiete nicht zu beachten, eine beharrliche Arbeit unter den Bauern zu vernachlässigen und den Partisanenkrieg in den Wind zu schlagen.
Legt man Nachdruck auf den bewaffneten Kampf, so bedeutet das jedoch keineswegs, daß man auf die übrigen Formen des Kampfes verzichten kann. Im Gegenteil, ohne Verbindung mit verschiedenen anderen Kampfformen kann der bewaffnete Kampf nicht zum Sieg führen. Legt man Nachdruck auf die Arbeit in den ländlichen Stützpunktgebieten, dann bedeutet das keineswegs, daß man die Arbeit in den Städten und den anderen ausgedehnten ländlichen Gebieten, die noch unter der Herrschaft des Feindes stehen, aufgeben darf. Im Gegenteil, ohne die Arbeit in den Städten und in den anderen ländlichen Gebieten werden die ländlichen Stützpunktgebiete isoliert sein und die Revolution wird eine Niederlage erleiden. Außerdem besteht das Endziel der Revolution in der Eroberung der Städte, der Hauptstützpunkte des Feindes; und ohne genügende Arbeit in den Städten ist dieses Ziel nicht zu erreichen.
Hieraus folgt, daß der Sieg der Revolution im Dorf wie auch in der Stadt unmöglich ist, wenn man nicht die Hauptwaffe des Feindes im Kampf gegen das Volk, das heißt die feindliche Armee, vernichtet. Deshalb erlangt neben der Vernichtung der feindlichen Truppen im Gefecht die Arbeit zur Zersetzung der feindlichen Armee eine große Bedeutung.
Hieraus folgt ferner, daß man bei der propagandistischen und organisatorischen Arbeit der Kommunistischen Partei in den lange Zeit vom Feind besetzten Städten und Dörfern, wo Reaktion und Finsternis herrschen, keinen fieberhaften. abenteuerlichen Kurs einschlagen darf, sondern den Kurs "getarnt und effektiv arbeiten, die Kräfte sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt warten" steuern muß. Die Taktik der Parteiorganisationen bei der Führung des Volkes im Kampf gegen den Feind muß darin bestehen, Schritt für Schritt, langsam und sicher voranzukommen, indem wir - nach den Prinzipien: im Recht sein, Vorteil haben, maßhalten - kämpfen und jede Möglichkeit für eine offene, legale Arbeit im Rahmen der Gesetze, Verordnungen und gesellschaftlichen Sitten und Gebräuche ausnutzen; lautes Geschrei und rücksichtsloses Vorgehen können nie zum Erfolg führen.
3. Die Aufgaben der chinesischen Revolution
Da im gegenwärtigen Stadium der Imperialismus und die feudale Grundherrenklasse die Hauptfeinde der chinesischen Revolution sind, welches sind dann die Aufgaben der Revolution in diesem Stadium?
Ohne Zweifel bestehen die Aufgaben in der Hauptsache darin, Schläge gegen diese beiden Feinde zu führen, das heißt, nach außen hin eine nationale Revolution zur Beseitigung der imperialistischen Unterdrückung und innerhalb des Landes eine demokratische Revolution zur Beseitigung der Unterdrückung durch die feudale Grundherrenklasse zu verwirklichen, wobei die wesentlichste Aufgabe die auf den Sturz des Imperialismus gerichtete nationale Revolution ist.
Diese beiden großen Aufgaben der chinesischen Revolution sind miteinander verbunden. Stürzt man nicht die Herrschaft des Imperialismus, so kann man auch die Herrschaft der feudalen Grundherrenklasse nicht beseitigen, denn der Imperialismus ist ihre wichtigste Stütze. Und wenn man der Bauernschaft nicht hilft, die feudale Grundherrenklasse zu stürzen, wird es nicht gelingen, eine mächtige Armee chinesischer Revolutionäre zu schaffen, um die Herrschaft des Imperialismus zu stürzen, denn die Klasse der feudalen Grundherren ist die soziale Hauptbasis der imperialistischen Herrschaft in China, während die Bauernschaft die Hauptkraft der chinesischen Revolution ist. Folglich unterscheiden sich diese beiden grundlegenden Aufgaben die nationale und die demokratische Revolution - voneinander und bilden zugleich eine Einheit.
Die Aufgabe der nationalen Revolution in China ist heute hauptsächlich der Kampf gegen die japanischen Imperialisten, die in China eingefallen sind; und die Aufgabe der demokratischen Revolution muß gelöst werden, damit der militärische Sieg errungen werden kann; die beiden revolutionären Aufgaben sind also miteinander verknüpft.
Es ist falsch, die nationale Revolution und die demokratische Revolution als zwei völlig verschiedene Stadien der Revolution zu betrachten.
4. Die Triebkräfte der chinesischen Revolution
Welches sind nun die Triebkräfte der chinesischen Revolution entsprechend der Analyse und Definition des Charakters der chinesischen Gesellschaft sowie der Kampfobjekte und Aufgaben der chinesischen Revolution im gegenwärtigen Stadium?
Da die chinesische Gesellschaft kolonial, halbkolonial und halbfeudal ist, da sich die chinesische Revolution vor allem gegen die Herrschaft des ausländischen Imperialismus in China und gegen den einheimischen Feudalismus richtet und da ihre Aufgabe der Sturz dieser beiden Unterdrücker ist, fragt es sich: Welche von den verschiedenen Klassen und Schichten der chinesischen Gesellschaft bilden dann die Kräfte, die den Imperialismus und Feudalismus bekämpfen können? Das ist eben die Frage der Triebkräfte der chinesischen Revolution im gegenwärtigen Stadium. Erst wenn man sich über diese Frage klargeworden ist, kann man die Frage der grundlegenden Taktik der chinesischen Revolution richtig lösen.
Welche Klassen gibt es gegenwärtig in der chinesischen Gesellschaft Es gibt die Grundherrenklasse und die Bourgeoisie; die Grundherren und die Oberschicht der Bourgeoisie bilden die herrschenden Klassen der chinesischen Gesellschaft. Daneben gibt es das Proletariat, die Bauernschaft und die verschiedenen Kategorien des Kleinbürgertums außer der Bauernschaft. Diese drei Klassen sind heute in den meisten Gebieten Chinas immer noch die beherrschten Klassen.
Die Haltung und die Stellungnahme einer jeden dieser Klassen zur chinesischen Revolution wird restlos durch ihre sozialökonomische Lage bestimmt. Daher bestimmt der sozialökonomische Charakter Chinas nicht nur die Kampfobjekte und Aufgaben der Revolution, sondern auch ihre Triebkräfte.
Gehen wir nun auf die Analyse der verschiedenen Klassen in der chinesischen Gesellschaft ein.
1. Die Grundherrenklasse
Die Klasse der Grundherren ist die hauptsächliche soziale Basis für die Herrschaft des Imperialismus in China, sie ist die Klasse, die unter Ausnutzung der feudalen Ordnung die Bauernschaft ausbeutet und unterdrückt, die Klasse, die den politischen, ökonomischen und kulturellen Fortschritt der chinesischen Gesellschaft hemmt und keinerlei fortschrittliche Rolle spielt.
Daher sind die Grundherren als Klasse ein Kampfobjekt der Revolution und nicht deren Triebkraft.
Im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression kapitulierte ein Teil der großen Grundherren im Gefolge eines Teils der Großbourgeoisie (der Kapitulanten) vor den japanischen Aggressoren und wurde zu Landesverrätern, während ein anderer Teil der großen Grundherren im Gefolge eines anderen Teils der Großbourgeoisie (der Ultrakonservativen) zwar noch im antijapanischen Lager verbleibt, aber bereits äußerst wankelmütig geworden ist. Doch viele aufgeklärte Schenschi unter den mittleren und kleineren Grundherren, das heißt Grundherren, die in gewissem Maße kapitalistisch gefärbt sind, zeigen noch Aktivität im Kampf gegen die Aggressoren, und mit ihnen haben wir uns noch zum gemeinsamen Kampf gegen Japan zu vereinigen.
2. Die Bourgeoisie
Es gibt einen Unterschied zwischen der Kompradoren-Großbourgeoisie und der nationalen Bourgeoisie.
Die Kompradoren-Großbourgeoisie ist eine Klasse, die unmittelbar im Dienst der Kapitalisten der imperialistischen Länder steht und von diesen gemästet wird; sie ist durch Tausende Fäden mit den feudalen Kräften des Dorfes verbunden. Deshalb war die Kompradoren-Großbourgeoisie in der Geschichte der chinesischen Revolution niemals eine Triebkraft der Revolution, sondern stets ihr Kampfobjekt.
Da aber die verschiedenen Gruppen der Kompradoren-Großbourgeoisie Chinas von verschiedenen imperialistischen Ländern abhängig sind, ist es in Perioden der krassen Verschärfung der Widersprüche zwischen den imperialistischen Staaten, in Perioden, da sich die Revolution vor allem gegen einen bestimmten imperialistischen Staat richtet, möglich, daß sich die mit den Gruppierungen anderer imperialistischer Staaten verbundene Kompradoren-Bourgeoisie in einem gewissen Grad und für eine gewisse Zeitspanne ebenfalls der jeweiligen antiimperialistischen Front anschließt. Sobald aber die Auftraggeber dieser Kompradoren-Bourgeoisie den Kampf gegen die chinesische Revolution aufnehmen, wendet sich diese Bourgeoisie selbst unverzüglich ebenfalls gegen die Revolution.
Im Widerstandskrieg hat die projapanische Großbourgeoisie (die Gruppe der Kapitulanten) entweder bereits kapituliert oder schickt sich gerade dazu an. Die proeuropäische und proamerikanische Großbourgeoisie (die Gruppe der Ultrakonservativen) verbleibt zwar noch im antijapanischen Lager, ist aber auch äußerst wankelmütig. Sie hat zwei Gesichter: Sie leistet einerseits Widerstand gegen die japanischen Eindringlinge, bekämpft anderseits die Kommunisten. Unsere Politik gegenüber den Kapitulanten innerhalb der Großbourgeoisie ist: Wir betrachten sie als Feind und schlagen sie entschlossen nieder. Den Ultrakonservativen aus den Reihen der Großbourgeoisie gegenüber wenden wir jedoch eine revolutionäre Doppelpolitik an, das heißt, einerseits vereinigen wir uns mit ihnen, da sie noch Widerstand gegen Japan leisten und da wir die Widersprüche zwischen ihnen und dem japanischen Imperialismus ausnutzen sollen; andererseits führen wir gegen sie einen entschiedenen Kampf, da sie eine antikommunistische, volksfeindliche Politik der grausamen Unterdrückung betreiben, die den Widerstandskampf und den Zusammenschluß untergräbt. Bekämpft man sie nicht, so wird das den Widerstandskrieg und den Zusammenschluß gefährden.
Die nationale Bourgeoisie ist eine Klasse von zwiespältigem Charakter.
Einerseits wird die nationale Bourgeoisie vom Imperialismus unterdrückt und vom Feudalismus gefesselt; infolgedessen gibt es sowohl zwischen ihr und dem Imperialismus als auch zwischen ihr und dem Feudalismus Widersprüche. In diesem Sinne ist sie eine der Kräfte der Revolution. In der Geschichte der chinesischen Revolution hat die nationale Bourgeoisie eine gewisse Aktivität im Kampf gegen den Imperialismus und gegen die Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber gezeigt.
Andererseits fehlt es jedoch der nationalen Bourgeoisie infolge ihrer ökonomischen und politischen Schwäche und da sie die ökonomischen Bindungen zum Imperialismus und Feudalismus nicht völlig abgebrochen hat, an Mut, den Kampf gegen den Imperialismus und Feudalismus konsequent zu führen. Dies wird besonders offenkundig, wenn die revolutionären Kräfte der Volksmassen erstarken.
Dieser zwiespältige Charakter der nationalen Bourgeoisie ist dafür ausschlaggebend, daß sie in bestimmten Perioden und bis zu einem gewissen Grad an der Revolution gegen den Imperialismus, gegen die Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber teilnehmen und zu einer der Kräfte der Revolution werden kann. In anderen Perioden dagegen besteht die Gefahr, daß sie im Fahrwasser der Kompradoren-Großbourgeoisie zum Handlanger der Konterrevolution wird.
Die nationale Bourgeoisie Chinas ist hauptsächlich die mittlere Bourgeoisie. Obwohl sie zwischen 1927 und 1931 (vor den Ereignissen des 18. September 1931) im Gefolge der Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeoisie gegen die Revolution kämpfte, war sie im Grunde genommen noch niemals an der Macht, sondern litt unter den Beschränkungen, die ihr durch die reaktionäre Politik der am Ruder befindlichen Klassen, der großen Grundherren und der Großbourgeoisie, auferlegt wurden. In der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression unterscheidet sich die nationale Bourgeoisie nicht nur von den Kapitulanten innerhalb der Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeoisie, sondern auch von den Ultrakonservativen innerhalb der Großbourgeoisie und ist uns bis auf den heutigen Tag ein relativ guter Verbündeter geblieben. Deshalb ist es unbedingt notwendig, der nationalen Bourgeoisie gegenüber eine vorsichtige Politik zu betreiben.
3. Die verschiedenen Kategorien des Kleinbürgertums - außer der Bauernschaft
Zum Kleinbürgertum gehören - außer der Bauernschaft - die breiten Schichten der Intelligenz, der Kleinhändler, der Handwerker sowie der Angehörigen freier Berufe.
Die Stellung dieser Kategorien gleicht in gewissem Grad jener der Mittelbauern. Sie alle werden von dem Imperialismus, dem Feudalismus und der Großbourgeoisie unterdrückt und kommen mit jedem Tag dem Bankrott und Ruin näher.
Deshalb sind diese Teile des Kleinbürgertums eine der Triebkräfte der Revolution, ein zuverlässiger Verbündeter des Proletariats. Sie können ihre Befreiung ebenfalls nur unter Führung des Proletariats erreichen.
Analysieren wir jetzt die verschiedenen Kategorien des Kleinbürgertums - außer der Bauernschaft.
Erstens, die Intelligenz und die studierende Jugend. Die Intelligenz und die studierende Jugend sind keine Klasse oder Schicht. Aber ihrer sozialen Herkunft, ihren Lebensbedingungen und ihrem politischen Standpunkt nach kann die Mehrheit der Intelligenz und der studierenden Jugend im heutigen China zum Kleinbürgertum gezählt werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich in China eine zahlenmäßig starke Gruppe der Intelligenz und der studierenden Jugend gebildet. Mit Ausnahme eines Teils der Intelligenz, der dem Imperialismus und der Großbourgeoisie nahesteht, ihnen dient und sich gegen die Volksmassen wendet, werden die Intelligenz und die studierende Jugend im allgemeinen vom Imperialismus, Feudalismus und der Großbourgeoisie unterdrückt und schweben in Gefahr, arbeitslos zu werden bzw. die Studien nicht fortsetzen zu können. Deshalb sind sie sehr revolutionär gesinnt. Sie besitzen größere oder geringere Kenntnisse in den Wissenschaften des Kapitalismus, haben einen scharfen Sinn für Politik und spielen im gegenwärtigen Stadium der chinesischen Revolution häufig die Rolle einer Vorhut und eines Bindeglieds. Die Bewegung unter chinesischen Studenten im Ausland vor der Revolution von 1911, die Bewegung des 4. Mai 1919, die Bewegung des 30. Mai 1925 und die Bewegung des 9. Dezember 1935 sind anschauliche Beispiele dafür. Besonders die zahlreichen ärmeren Intellektuellen sind in der Lage, gemeinsam mit den Arbeitern und Bauern an der Revolution teilzunehmen und sie zu unterstützen. In China fanden die Ideen des Marxismus-Leninismus zuerst unter der Intelligenz und der studierenden Jugend weitgehende Verbreitung und Aufnahme. Ohne Beteiligung der revolutionären Intelligenz können die Kräfte der Revolution nicht erfolgreich organisiert, kann die Arbeit für die Revolution nicht erfolgreich durchgeführt werden. Doch solange sich die Intellektuellen nicht mit dem revolutionären Kampf der Massen identifiziert haben, solange sie nicht entschlossen sind, den Interessen der Massen zu dienen und sich mit ihnen zu verbinden, neigen sie oft zu Subjektivismus und Individualismus, erweisen sich ihre Ideen häufig als inhaltslos und ihre Handlungen als inkonsequent. Daher sind, obwohl die breiten Massen der revolutionären Intellektuellen Chinas die Rolle einer Vorhut und eines Bindeglieds spielen, nicht alle diese Intellektuellen imstande, bis zuletzt revolutionär zu sein. Ein Teil wird in kritischen Augenblicken die Reihen der Revolution verlassen und passiv werden, während ein kleiner Teil sogar zu Feinden der Revolution werden kann. Diese Mängel können die Intellektuellen nur in langwierigen Massenkämpfen überwinden.
Zweitens, die Kleinhändler. In der Regel besitzen sie kleine Läden und beschäftigen überhaupt keine oder nur sehr wenige Handlungsgehilfen. Die Ausbeutung von seiten der Imperialisten, der Großbourgeoisie und der Wucherer führt dazu, daß sie ständig unter der Drohung des Bankrotts leben.
Drittens, die Handwerker. Sie bilden eine große Masse. Sie besitzen eigene Produktionsmittel, dingen entweder überhaupt keine Arbeitskräfte oder haben nur ein bis zwei Lehrlinge oder Gesellen. Die Stellung eines Handwerkers ist der eines Mittelbauern ähnlich.
Viertens, die Angehörigen freier Berufe. Zu dieser Kategorie gehören Vertreter verschiedener Berufe, z. B. die Ärzte. Die Angehörigen der freien Berufe beuten andere Leute nicht oder nur in geringem Maße aus. Ihre Stellung ist jener der Handwerker ähnlich.
Diese genannten Kategorien des Kleinbürgertums umfassen eine riesige Anzahl Menschen, die im allgemeinen imstande sind, an der Revolution teilzunehmen und sie zu unterstützen. Sie sind gute Verbündete der Revolution, deshalb müssen wir sie gewinnen und schützen. Ein Mangel dieser Leute ist, daß manche von ihnen leicht unter den Einfluß der Bourgeoisie geraten; deshalb ist es notwendig, der revolutionären Propaganda- und Organisationsarbeit unter ihnen Beachtung zu schenken.
4. Die Bauernschaft
Die Bauernschaft, die etwa 80 Prozent der Gesamtbevölkerung Chinas ausmacht, ist gegenwärtig die Hauptkraft in der Volkswirtschaft des Landes.
In der Bauernschaft geht ein stürmischer Differenzierungsprozeß vor sich.
Erstens, die Großbauern. Die Großbauern machen etwa fünf Prozent (zusammen mit den Grundherren rund zehn Prozent) der Landbevölkerung aus. Sie werden als ländliche Bourgeoisie bezeichnet. Die meisten chinesischen Großbauern tragen, da sie einen Teil ihres Bodens verpachten, Wucher treiben und Landarbeiter grausam ausbeuten, einen halbfeudalen Charakter. Die Großbauern arbeiten aber in der Regel selbst mit, und in diesem Sinne gehören sie doch zur Bauernschaft. Ihre Produktionstätigkeit wird während einer bestimmten Periode immer noch nützlich bleiben. Die Großbauern können im allgemeinen einen gewissen Beitrag zum Kampf der Bauernmassen gegen den Imperialismus leisten und in dem agrarrevolutionären Kampf gegen die Grundherren Neutralität wahren. Deshalb dürfen wir die Großbauern nicht zu derselben Klasse wie die Grundherren zählen, wir dürfen nicht vorzeitig eine Politik zur Beseitigung des Großbauerntums betreiben.
Zweitens, die Mittelbauern. Die Mittelbauern machen etwa 20 Prozent der Landbevölkerung Chinas aus. Sie befriedigen ihre wirtschaftlichen Bedürfnisse aus eigener Produktion (wobei sie in ertragreichen Jahren gewisse Produktionsüberschüsse haben können, zuweilen auch in geringem Umfang fremde Arbeitskraft dingen oder geringe Geldsummen als Darlehen gewähren) ; im allgemeinen beuten sie andere nicht aus, werden jedoch selbst von den Imperialisten, der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie ausgebeutet. Die Mittelbauern haben durchweg keine politischen Rechte. Ein Teil von ihnen hat nicht genug Land, und nur bei einem gewissen Teil (den wohlhabenden Mittelbauern) gibt es geringe Bodenüberschüsse. Die Mittelbauern können nicht nur an der antiimperialistischen Revolution und an der Agrarrevolution teilnehmen, sondern auch den Sozialismus akzeptieren. Deshalb können die Mittelbauern in ihrer Gesamtheit zum zuverlässigen Verbündeten des Proletariats werden und stellen eine wichtige Triebkraft der Revolution dar. Die zustimmende oder ablehnende Einstellung der Mittelbauern zur Revolution ist ein für Sieg oder Niederlage der Revolution entscheidender Faktor, und das gilt insbesondere für die Periode nach der Agrarrevolution, wenn die Mittelbauern zur Mehrheit der ländlichen Bevölkerung werden.
Drittens, die armen Bauern. In China machen die armen Bauern zusammen mit den Landarbeitern rund 70 Prozent der ländlichen Bevölkerung aus. Die armen Bauern bilden die gewaltige Masse der Bauern, die entweder überhaupt kein oder nicht genügend Land besitzen. Sie sind das ländliche Halbproletariat, die größte Triebkraft der chinesischen Revolution, der natürliche und zuverlässigste Verbündete des Proletariats, die Hauptarmee unter den Kräften der chinesischen Revolution. Die armen Bauern und die Mittelbauern können ihre Befreiung nur unter Führung des Proletariats erlangen, und das Proletariat wiederum kann einzig und allein im festen Bündnis mit den armen Bauern und Mittelbauern die Revolution zum Sieg führen, andernfalls ist der Sieg unmöglich. Wenn wir "Bauernschaft" sagen, meinen wir hauptsächlich die armen Bauern und Mittelbauern.
5. Das Proletariat
Zum chinesischen Proletariat gehören zweieinhalb bis drei Millionen Arbeiter in der modernen Industrie, rund 12 Millionen Lohnarbeiter in der städtischen Kleinindustrie und im Handwerk sowie Handlungsgehilfen in Handelsunternehmen; außerdem gibt es eine große Anzahl ländlicher Proletarier (d. h. Landarbeiter) und anderer Besitzloser in Stadt und Land. Außer den grundlegenden Vorzügen, die dem Proletariat im allgemeinen eigen sind, das heißt, daß es mit der fortgeschrittensten Wirtschaftsform verbunden ist, sich durch einen starken Sinn für Organisation und Disziplin auszeichnet und keine privaten Produktionsmittel besitzt, hat das chinesische Proletariat viele andere hervorstechende Eigenschaften.
Welches sind diese Eigenschaften?
Erstens ist das chinesische Proletariat einer dreifachen Unterdrückung (durch den Imperialismus, die Bourgeoisie und die feudalen Kräfte) ausgesetzt, deren Härte und Grausamkeit man unter anderen Nationen der Welt selten findet; infolgedessen ist es im revolutionären Kampf entschlossener und konsequenter als irgendeine andere Klasse. Im kolonialen und halbkolonialen China fehlt die ökonomische Grundlage für einen Sozialreformismus, wie man ihn in Europa findet; deshalb ist das gesamte Proletariat, mit Ausnahme weniger Streikbrecher, am revolutionärsten.
Zweitens steht das chinesische Proletariat seit dem Augenblick, da es die revolutionäre Bühne betreten hat, unter der Führung seiner eigenen revolutionären Partei - der Kommunistischen Partei Chinas und ist zur bewußtesten aller Klassen der chinesischen Gesellschaft geworden.
Drittens ist das chinesische Proletariat, da es in seiner Mehrheit aus den Reihen der ruinierten Bauern hervorgegangen ist, durch natürliche Bande mit den breiten Massen der Bauernschaft verbunden, was ihm ein enges Bündnis mit der Bauernschaft erleichtert.
Infolgedessen ist das chinesische Proletariat, obwohl es auch seine unvermeidlichen Schwächen hat, zu denen beispielsweise seine relativ geringe zahlenmäßige Stärke (im Vergleich zur Bauernschaft), seine relative Jugend (im Vergleich zum Proletariat der kapitalistischen Länder) und sein relativ niedriges Kulturniveau (im Vergleich zur Bourgeoisie) gehören, schließlich zur wesentlichsten Triebkraft der chinesischen Revolution geworden. Ohne die Führung durch das Proletariat kann die chinesische Revolution zweifellos nicht siegen. Wenden wir uns vergangenen Zeiten zu, dann haben wir das Beispiel der Revolution von 1911 vor uns, die mit einer Fehlgeburt endete, weil das Proletariat noch nicht bewußt an der Revolution teilnahm, weil es damals noch keine Kommunistische Partei gab. Wenden wir uns der jüngeren Vergangenheit zu, dann haben wir das Beispiel der Revolution von 1924 bis 1927 vor uns, die in einer bestimmten Periode große Erfolge erzielte, weil das Proletariat bewußt an der Revolution teilnahm und die Führung innehatte, weil bereits die Kommunistische Partei bestand. Aber da die Großbourgeoisie später ihr Bündnis mit dem Proletariat verriet und das gemeinsame revolutionäre Programm aufgab und da gleichzeitig das chinesische Proletariat und seine Partei damals noch keine reichen revolutionären Erfahrungen besaßen, erlitt diese Revolution ebenso eine Niederlage. Nach Beginn des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression wurde dank der Führung der antijapanischen nationalen Einheitsfront durch das Proletariat und die Kommunistische Partei der Zusammenschluß der ganzen Nation erreicht, der große Widerstandskrieg wurde entfaltet und wird entschlossen weitergeführt.
Das chinesische Proletariat muß begreifen, daß es, obwohl es die Klasse mit höchstem Bewußtsein und höchstem Sinn für Organisation ist, keinen Sieg erringen kann, wenn es sich nur auf seine eigenen Kräfte verläßt. Will es siegen, muß es sich unter den verschiedensten Bedingungen mit allen Klassen und Schichten vereinigen, die sich an der Revolution beteiligen können, und so eine revolutionäre Einheitsfront schaffen. Unter den verschiedenen Klassen der chinesischen Gesellschaft ist die Bauernschaft der feste Verbündete der Arbeiterklasse; das städtische Kleinbürgertum ist ebenfalls ihr zuverlässiger Verbündeter; die nationale Bourgeoisie ist ein Verbündeter in bestimmten Perioden und bis zu einem gewissen Grad. Das ist eins der fundamentalen Gesetze, die durch die Geschichte der chinesischen Revolution der neuesten zeit bereits bestätigt worden sind.
6. Die vagierenden Elemente
Die koloniale und halbkoloniale Lage Chinas hat in den Dörfern und Städten eine gewaltige Menge von Arbeitslosen hervorgebracht. Darunter sind viele, die der Möglichkeit, sich die Existenzmittel auf ehrlichem Weg zu erwerben, beraubt wurden und nun eben ihren Unterhalt auf unehrliche Weise erwerben müssen. Aus diesen Reihen stammen die Banditen, Landstreicher, Bettler, Prostituierten und die vielen berufsmäßigen Nutznießer des Aberglaubens. Diese Gesellschaftsschicht ist unbeständig. Ein Teil dieser Menschen läßt sich leicht durch die reaktionären Kräfte kaufen, während sich ein anderer Teil an der Revolution beteiligen kann. Mehr zur Zerstörung als zum Aufbau neigend, für den ihnen der Sinn fehlt, werden diese Menschen, sobald sie sich an der Revolution beteiligen, zur Quelle der Mentalität umherschweifender Rebellenhaufen und des Anarchismus. Folglich muß man sie umzuerziehen verstehen und vor ihrem Zerstörungsdrang auf der Hut sein.
Das ist unsere Analyse der Triebkräfte der chinesischen Revolution.
5. Der Charakter der chinesischen Revolution
Wir haben nun den Charakter der chinesischen Gesellschaft, das heißt die besonderen Verhältnisse Chinas begriffen. Das ist die wesentlichste Voraussetzung für die Lösung aller Fragen der chinesischen Revolution. Wir sind uns ebenfalls über die Kampfobjekte, Aufgaben und Triebkräfte der chinesischen Revolution klargeworden, sie alle sind grundlegende Fragen der chinesischen Revolution im gegenwärtigen Stadium, die sich aus dem besonderen Charakter der chinesischen Gesellschaft, das heißt aus den besonderen Verhältnissen Chinas ergeben. Auf Grund dieser Erkenntnis können wir nun eine andere grundlegende Frage der chinesischen Revolution in ihrem gegenwärtigen Stadium begreifen, nämlich den Charakter der chinesischen Revolution.
Welchen Charakter hat denn die chinesische Revolution im gegenwärtigen Stadium? Ist sie eine bürgerlich-demokratische oder eine proletarisch-sozialistische Revolution? Sie gehört offensichtlich nicht zum letzteren, sondern zum ersteren Typ.
Da die chinesische Gesellschaft immer noch eine koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Gesellschaft ist, da die Feinde der chinesischen Revolution in der Hauptsache weiterhin der Imperialismus und die feudalen Kräfte bleiben, da die Aufgaben der chinesischen Revolution die auf den Sturz dieser beiden Hauptfeinde gerichtete nationale und demokratische Revolution sind - wobei an dieser Revolution zeitweilig auch die Bourgeoisie teilnimmt -, ist die Spitze der Revolution, selbst wenn die Großbourgeoisie die Revolution verrät und zu ihrem Feind wird, nicht gegen den Kapitalismus und das kapitalistische Privateigentum schlechthin, sondern gegen den Imperialismus und den Feudalismus gerichtet. Aus all diesen Gründen ist die chinesische Revolution im gegenwärtigen Stadium ihrem Charakter nach keine proletarisch-sozialistische, sondern eine bürgerlich-demokratische Revolution.24
Aber die bürgerlich-demokratische Revolution im heutigen China ist schon nicht mehr eine gewöhnliche bürgerlich-demokratische Revolution alten Typs, da solche Revolutionen bereits der Vergangenheit angehören, sondern eine besondere bürgerlich-demokratische Revolution neuen Typs. Die Revolution dieses Typs entfaltet sich jetzt in China und in allen anderen kolonialen und halbkolonialen Ländern. Wir bezeichnen sie als die neudemokratische Revolution. Diese neudemokratische Revolution ist ein Teil der sozialistischen Revolution des Weltproletariats, sie tritt dem Imperialismus, das heißt dem internationalen Kapitalismus, entschieden entgegen. Politisch stellt diese Revolution die gemeinsame Diktatur mehrerer revolutionärer Klassen dar, die sich gegen die Imperialisten, Landesverräter und Reaktionäre richtet, sie kämpft gegen die Umwandlung der chinesischen Gesellschaft in eine Gesellschaft unter der Diktatur der Bourgeoisie. Ökonomisch besteht diese Revolution darin, daß die großen Kapitalien und Großbetriebe, die den Imperialisten, Landesverrätern und Reaktionären gehören, in die Verwaltung des Staates übergeführt werden, daß der Grund und Boden der Grundherren an die Bauern als Eigentum verteilt wird, während die privatkapitalistischen Betriebe im allgemeinen beibehalten werden und die Großbauernwirtschaft nicht beseitigt wird. Deshalb macht zwar eine solche demokratische Revolution neuen Typs einerseits dem Kapitalismus den Weg frei, andererseits schafft sie aber auch die Voraussetzungen für den Sozialismus. Das gegenwärtige Stadium der Revolution in China ist ein Übergangsstadium zwischen der Beendigung der kolonialen, halbkolonialen und halbfeudalen Gesellschaft und der Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft; das ist der Prozeß der neudemokratischen Revolution. Dieser Prozeß, der erst mit dem ersten Weltkrieg und der Oktoberrevolution in Rußland begann, fing in China mit der Bewegung des 4. Mai im Jahre 1919 an. Die neudemokratische Revolution ist eine antiimperialistische, antifeudale Revolution der Volksmassen unter Führung des Proletariats. Nur über diese Revolution kann sich die chinesische Gesellschaft zum Sozialismus weiterentwickeln; einen anderen Weg gibt es nicht.
Eine solche neudemokratische Revolution unterscheidet sich scharf von den demokratischen Revolutionen, wie sie in den Ländern Europas und Amerikas vor sich gegangen sind, da sie nicht die Diktatur der Bourgeoisie, sondern die Diktatur der Einheitsfront aller revolutionären Klassen unter Führung des Proletariats schafft. Die antijapanische demokratische politische Macht, die im Verlauf des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression in den von der Kommunistischen Partei geleiteten antijapanischen Stützpunktgebieten geschaffen wurde, ist die politische Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront. Das ist weder nur die Diktatur der Bourgeoisie noch allein die Diktatur des Proletariats, sondern die gemeinsame Diktatur mehrerer revolutionärer Klassen unter Führung des Proletariats. Zur Teilnahme an der Ausübung dieser Macht ist jeder - welcher Partei oder Gruppe er auch angehören mag - berechtigt, sofern er den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge unterstützt und für die Demokratie eintritt.
Eine solche neudemokratische Revolution unterscheidet sich auch von der sozialistischen Revolution, denn sie stürzt nur die Herrschaft des Imperialismus, der Landesverräter und Reaktionäre in China und zerstört keinen einzigen jener Bestandteile des Kapitalismus, die noch imstande sind, sich am Kampf gegen Imperialismus und Feudalismus zu beteiligen.
Eine solche neudemokratische Revolution stimmt im wesentlichen mit der Revolution im Sinne der Drei Volksprinzipien überein, für die sich Sun Yat-sen im Jahre I924 eingesetzt hat. Im Manifest des I. Nationalkongresses der Kuomintang von 1924 schrieb Sun Yat-sen:
Das sogenannte demokratische System in den modernen Staaten wird häufig von der Bourgeoisie monopolisiert und verwandelt sich somit in ein Instrument zur Unterdrückung des einfachen Volkes. Aber die Demokratie, wie sie die Kuomintang zu einem ihrer Prinzipien gemacht hat, ist Gemeingut des einfachen Volkes und nicht Privatbesitz einer kleinen Minderheit.
Und weiter:
Unternehmen, ob in chinesischer oder ausländischer Hand, die monopolistischen Charakter tragen oder deren Umfang für eine private Verwaltung zu groß ist, wie Banken, Eisenbahnen und Zivilluftfahrt, sollen vom Staat geführt und verwaltet werden, damit nicht das Privatkapital die Lebenshaltung der Nation kontrolliert; das eben ist das Hauptprinzip der Regulierung des Kapitals.
Und außerdem hat Sun Yat-sen in seinem Testament auf die Grundprinzipien der Innen- und Außenpolitik hingewiesen: "Wir müssen die Volksmassen wecken und uns zum gemeinsamen Kampf mit jenen Nationen der Welt verbünden, die uns als gleichberechtigt behandeln." Das alles zusammengenommen verwandelt die Drei Volksprinzipien der alten Demokratie, die der alten internationalen und inneren Lage entsprachen, in die Drei Volksprinzipien der Neuen Demokratie, die der neuen internationalen und inneren Lage entsprechen. In der Deklaration der Kommunistischen Partei Chinas vom 22. September 1937, in der es heißt: "Die Drei Volksprinzipien sind für das heutige China unerläßlich, und unsere Partei ist bereit, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen", waren gerade diese Drei Volksprinzipien und nicht irgendwelche anderen Drei Volksprinzipien gemeint. Diese Drei Volksprinzipien sind es, welche die drei politischen Hauptrichtlinien Sun Yat-sens verkörpern: Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei sowie Unterstützung der Bauern und Arbeiter. Unter den neuen internationalen und inneren Bedingungen sind solche Drei Volksprinzipien, die von den drei politischen Hauptrichtlinien losgelöst sind, keine revolutionären Drei Volksprinzipien (wir wollen hier nicht darauf eingehen, daß der Kommunismus und die Drei Volksprinzipien nur im grundlegenden politischen Programm für die demokratische Revolution übereinstimmen und in jeder anderen Hinsicht sich voneinander unterscheiden).
Deshalb darf in der bürgerlich-demokratischen Revolution Chinas - ob es sich nun um ihre Kampffront (die Einheitsfront) oder um ihr staatliches Gefüge handelt - die Rolle des Proletariats, der Bauernschaft und der anderen Schichten des Kleinbürgertums nicht ignoriert werden. Wem es einfallen sollte, das Proletariat, die Bauernschaft und die anderen Schichten des Kleinbürgertums Chinas unbeachtet zu lassen, der wird zweifellos die Geschicke der chinesischen Nation nicht entscheiden und keins der Probleme Chinas lösen können. Die demokratische Republik, die im gegenwärtigen Stadium der chinesischen Revolution geschaffen werden soll, muß eine demokratische Republik sein, in der die Arbeiter, die Bauern und die anderen Schichten des Kleinbürgertums eine bestimmte Stellung einnehmen und eine bestimmte Rolle spielen werden. Mit anderen Worten, sie muß eine demokratische Republik des revolutionären Bündnisses der Arbeiter, der Bauern, des städtischen Kleinbürgertums und aller anderen antiimperialistischen und antifeudalen Elemente sein. Nur unter der Führung des Proletariats kann eine solche Republik völlig verwirklicht werden.
6. Die Perspektiven der chinesischen Revolution
Nachdem nun die grundlegenden Fragen, die den Charakter der chinesischen Gesellschaft im gegenwärtigen Stadium sowie die Kampfobjekte, die Aufgaben, die Triebkräfte und den Charakter der chinesischen Revolution betreffen, geklärt sind, ist es leicht, die Perspektiven der Revolution, das heißt die Beziehung zwischen Chinas bürgerlichdemokratischer und proletarisch-sozialistischer Revolution oder zwischen dem gegenwärtigen Stadium und dem künftigen Stadium der chinesischen Revolution zu begreifen.
Da die chinesische bürgerlich-demokratische Revolution im gegenwärtigen Stadium keine gewöhnliche bürgerlich-demokratische Revolution alten Typs, sondern eine besondere demokratische Revolution neuen Typs, nämlich eine neudemokratische Revolution darstellt, da die chinesische Revolution außerdem in der neuen internationalen Lage der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts, die durch den Aufschwung des Sozialismus und den Niedergang des Kapitalismus gekennzeichnet ist, und in der Periode des zweiten Weltkriegs und der Revolutionen vor sich geht, besteht kein Zweifel darüber, daß die Perspektive der chinesischen Revolution letzten Endes nicht der Kapitalismus, sondern der Sozialismus und Kommunismus ist.
Da das Ziel der chinesischen Revolution im heutigen Stadium der Kampf für die Veränderung des gegenwärtigen kolonialen, halbkolonialen und halbfeudalen Status der chinesischen Gesellschaft, das heißt ein Kampf für die Vollendung der neudemokratischen Revolution ist, kann man sich leicht vorstellen und braucht sich nicht darüber zu wundern, daß sich nach dem Sieg der Revolution die kapitalistische Wirtschaft in der chinesischen Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad entwickeln wird, weil der Entwicklung des Kapitalismus Hindernisse aus dem Weg geräumt sein werden. In dem wirtschaftlich rückständigen China wird eine gewisse Entwicklung des Kapitalismus das unvermeidliche Ergebnis des Sieges der demokratischen Revolution sein. Aber das wird nur ein Teil des Resultats der chinesischen Revolution, nicht das Gesamtergebnis sein. Im ganzen genommen wird die chinesische Revolution zum Ergebnis haben, daß sich einerseits die kapitalistischen, andererseits die sozialistischen Faktoren entwickeln werden. Was sind die sozialistischen Faktoren? Das ist das wachsende Gewicht des Proletariats und der Kommunistischen Partei unter den politischen Kräften des Landes; das ist die Führung durch das Proletariat und durch die Kommunistische Partei, die entweder von der Bauernschaft, der Intelligenz und dem städtischen Kleinbürgertum bereits anerkannt wurde oder wahrscheinlich noch anerkannt werden wird; das ist der staatliche Sektor der demokratischen Republik und der genossenschaftliche Sektor der Werktätigen in der Wirtschaft. Das alles sind die sozialistischen Faktoren. Da außerdem die internationale Lage günstig ist, wird es höchst wahrscheinlich sein, daß China letzten Endes in seiner bürgerlich-demokratischen Revolution die kapitalistische Perspektive vermeiden und die sozialistische Perspektive verwirklichen wird.
7. Die zweifache Aufgabe der chinesischen Revolution und die Kommunistische Partei Chinas
Wenn wir alles in diesem Kapitel Gesagte zusammenfassen, können wir begreifen, daß die chinesische Revolution als Ganzes eine zweifache Aufgabe enthält. Das heißt, sie umfaßt sowohl die Aufgabe der bürgerlich-demokratischen (der neudemokratischen) Revolution als auch die Aufgabe der proletarisch-sozialistischen Revolution, die Aufgabe der Revolution sowohl im gegenwärtigen als auch im künftigen Stadium. Die Führung bei dieser revolutionären Doppelaufgabe ruht völlig auf den Schultern der Partei des chinesischen Proletariats - der Kommunistischen Partei Chinas; ohne Führung durch die Kommunistische Partei kann keine Revolution von Erfolg sein.
Die chinesische bürgerlich-demokratische (neudemokratische) Revolution zu vollenden und, wenn hierfür alle notwendigen Voraussetzungen gegeben sind, sie in eine sozialistische Revolution umzuwandeln - das ist in ihrem ganzen Umfang die ruhmvolle, große revolutionäre Aufgabe der Kommunistischen Partei Chinas. Jedes Mitglied der Partei muß dafür kämpfen und darf nicht auf halbem Weg stehenbleiben. Manche unreife Parteimitglieder nehmen an, daß sich unsere Aufgaben auf die demokratische Revolution des gegenwärtigen Stadiums beschränken und nicht die künftige sozialistische Revolution einbeziehen, oder sie halten die gegenwärtige Revolution oder die Agrarrevolution schon für die sozialistische Revolution. Man muß mit Nachdruck darauf hinweisen, daß diese Ansichten falsch sind. Jedes Parteimitglied muß wissen, daß die von der Kommunistischen Partei Chinas geführte revolutionäre Bewegung als Ganzes eine revolutionäre Bewegung ist, die sowohl das Stadium der demokratischen Revolution als auch das Stadium der sozialistischen Revolution umfaßt; es handelt sich um zwei ihrem Charakter nach verschiedene revolutionäre Prozesse, wobei der Prozeß der sozialistischen Revolution sich erst dann vollziehen kann, nachdem der Prozeß der demokratischen Revolution abgeschlossen ist. Die demokratische Revolution ist die notwendige Vorbereitung der sozialistischen Revolution, während die sozialistische Revolution die unvermeidliche Entwicklungsrichtung der demokratischen Revolution darstellt. Das Endziel, das alle Kommunisten anstreben, ist die Verwirklichung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft. Nur wenn man den Unterschied zwischen der demokratischen und der sozialistischen Revolution begriffen hat und sich gleichzeitig über den zwischen ihnen bestehenden Zusammenhang klargeworden ist, kann man die Revolution in China richtig führen.
Diese zwei großen Revolutionen Chinas - die demokratische und die sozialistische Revolution - bis zur restlosen Vollendung zu führen, dazu ist außer der Kommunistischen Partei Chinas keine andere (weder eine bürgerliche noch eine kleinbürgerliche) Partei imstande. Und die Kommunistische Partei Chinas trägt seit dem Tag ihrer Gründung diese zweifache Aufgabe auf ihren Schultern und führt nun schon volle achtzehn Jahre den schweren Kampf um ihre Erfüllung.
Eine solche Aufgabe ist äußerst ehrenvoll, aber zugleich ungemein schwierig. Ohne eine das ganze Land erfassende, ideologisch, politisch und organisatorisch völlig gefestigte bolschewisierte Partei mit breitem Massencharakter, wie die Kommunistische Partei Chinas es ist, kann diese Aufgabe nicht erfüllt werden. Deshalb ist es die Pflicht eines jeden Parteimitglieds, sich aktiv am Aufbau einer solchen kommunistischen Partei zu beteiligen.
Stalin - Der Freund des chinesischen Volkes
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.389-390
(20. Dezember 1939)
Am 21. Dezember dieses Jahres feiert Genosse Stalin seinen 60. Geburtstag. In den Herzen aller revolutionären Menschen der Welt, die davon Kenntnis haben, wird dieser Geburtstag gewiß Anlaß zu innigen und herzlichen Glückwünschen sein.
Stalin feiern ist keine Formalität. Stalin feiern bedeutet, ihn und seine Sache unterstützen, den Sieg des Sozialismus und die Richtung, die er der Menschheit weist, unterstützen, bedeutet, einen vertrauten Freund unterstützen. Denn heute leidet der überwiegende Teil der Menschheit Not, und nur in der von Stalin gewiesenen Richtung, nur mit seiner Hilfe kann sich die Menschheit aus ihrer katastrophalen Lage befreien.
Unser chinesisches Volk macht in seiner Geschichte eine Zeit der schwersten Leiden durch, eine Zeit, in der es am dringendsten die Hilfe anderer braucht. In dem Schidjing (Buch der Oden) heißt es: "Ein Vogel singt, um die Stimme seines Freundes zu hören." So steht es zur Stunde auch mit uns.
Wer aber sind unsere Freunde?
Es gibt eine Art von sogenannten Freunden, die sich selbst als Freunde des chinesischen Volkes ausgeben und auch von manchen Chinesen gedankenlos als Freunde bezeichnet werden. Doch solche Freunde können nur vom Schlage Li Lin-fu[Anmerkung 132] sein, eines Premierministers aus der Zeit der Tang-Dynastie, der als ein Mann mit "Honig im Mund und Galle im Herzen" berüchtigt war. Sie sind wirklich "Freunde" mit "Honig im Mund und Galle im Herzen". Wer sind diese Leute? Das sind die Imperialisten, die nur in Worten mit China sympathisieren.
Es gibt jedoch auch eine andere Art von Freunden, die uns wirklich Sympathie entgegenbringen und uns als ihre Brüder behandeln. Wer sind diese Menschen? Das sind das Sowjetvolk und Stalin.
Kein anderer Staat hat seine Privilegien in China aufgegeben ; nur die Sowjetunion hat es getan.
Während unserer Ersten Großen Revolution waren alle Imperialisten gegen uns; nur die Sowjetunion half uns.
Seit dem Ausbruch des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression hat uns keine Regierung eines imperialistischen Landes wirklich unterstützt; nur die Sowjetunion hat uns mit ihren Luftstreitkräften und ihrem Material Beistand geleistet.
Ist das nicht klar und deutlich genug?
Nur das Land des Sozialismus, sein Führer und sein Volk, die sozialistischen Denker, Staatsmänner und Werktätigen können wirklich die Sache der Befreiung der chinesischen Nation und des chinesischen Volkes unterstützen, ohne ihre Hilfe können wir in unserer Sache nicht den Endsieg erringen.
Stalin ist der treue Freund der Sache der Befreiung des chinesischen Volkes. Die Liebe und Verehrung des chinesischen Volkes für Stalin und seine Freundschaft zur Sowjetunion kommen aus vollem Herzen. Jeder Versuch, Zwietracht zu säen, jede Lüge und Verleumdung sind letzten Endes vergeblich.
Dem Gedenken Bethunes
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.391-393
(21. Dezember 1939)
Genosse Bethune,[Anmerkung 133] Mitglied der Kommunistischen Partei Kanadas, war ungefähr fünfzig Jahre alt, als er von der Kommunistischen Partei Kanadas und der Kommunistischen Partei der USA nach China geschickt wurde. Ohne die Schwierigkeiten eines Weges von Tausenden Meilen zu scheuen, kam er hierher, um China in seinem Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu helfen. Im Frühling vorigen Jahres traf er in Yenan ein, ging dann zur Arbeit ins Wutai-Gebirge und starb zu unserer tiefsten Betrübnis auf seinem Kampfposten. Welche Gesinnung spricht daraus, wenn ein Ausländer, ohne auch nur den geringsten Vorteil zu suchen, die Sache der Befreiung des chinesischen Volkes zu seiner eigenen Sache macht~ Das ist die Gesinnung des Internationalismus, die Gesinnung des Kommunismus. Jeder chinesische Kommunist muß aus dieser Gesinnung lernen. Der Leninismus lehrt, daß die Weltrevolution nur dann siegen kann, wenn das Proletariat der kapitalistischen Länder den Befreiungskampf der Völker der kolonialen und halbkolonialen Länder und das Proletariat der Kolonien und Halbkolonien den Befreiungskampf des Proletariats der kapitalistischen Länder unterstützt.[29] Genosse Bethune hat diese leninistische Linie in der Praxis verwirklicht. Wir chinesischen Kommunisten müssen diese Linie ebenfalls in der Praxis verwirklichen. Wir müssen uns mit dem Proletariat aller kapitalistischen Länder vereinigen, mit dem Proletariat Japans, Englands, der USA, Deutschlands, Italiens und aller anderen kapitalistischen Länder; nur auf diese Weise ist es möglich, den Imperialismus zu stürzen, unsere Nation und unser Volk zu befreien, alle Nationen und Völker in der ganzen Welt zu befreien. Eben darin besteht unser Internationalismus, jener Internationalismus, den wir dem engstirnigen Nationalismus und engstirnigen Patriotismus entgegensetzen.
Der dem Genossen Bethune eigene Geist der absoluten Selbstlosigkeit und der absoluten Hingabe für andere fand seinen Ausdruck in einem äußerst tiefen Gefühl der Verantwortlichkeit für die Arbeit und in einer äußerst warmen Herzlichkeit zu den Genossen und zum Volk. Jeder Kommunist muß von ihm lernen. Es gibt nicht wenig Menschen, die sich verantwortungslos zu ihrer Arbeit verhalten, das Leichte suchen und vor Schwerem zurückschrecken, anderen die schwere Last aufbürden und selbst die leichte schultern. Was sie auch tun - sie sorgen vor allem für sich und erst dann für die anderen. Haben sie sich ein wenig angestrengt, fühlen sie sich schon als Helden, lieben es zu prahlen, da sie befürchten, daß man es sonst nicht erfahren würde. Den Genossen und dem Volk bringen sie keine Wärme entgegen, sondern sind kühl, gleichgültig, gefühllos. Im Grunde sind solche Menschen keine Kommunisten, oder zumindest können sie nicht als echte Kommunisten gelten. Wer von der Front zurückkam, sprach von Bethune mit höchster Achtung, alle waren von seiner Gesinnung tief berührt. Dr. Bethune machte einen gewaltigen Eindruck auf alle Soldaten und Einwohner des Grenzgebiets Schansi-Tschahar-Hopeh, die Gelegenheit hatten, sich von ihm behandeln zu lassen oder mit eigenen Augen zu sehen, wie er arbeitete. Jedes Mitglied der Kommunistischen Partei muß von Genossen Bethune diese Gesinnung eines wahren Kommunisten lernen.
Genosse Bethune war Arzt. Das Heilen kranker Menschen hatte er zu seinem Beruf erwählt, und er vervollkommnete unermüdlich sein Können. Im gesamten Sanitätsdienst der Achten Route-Armee stand seine ärztliche Kunst hoch im Ansehen. Sein Beispiel ist eine ausgezeichnete Lehre sowohl für unbeständige und wählerische Menschen als auch für Leute, die eine praktisch-technische Arbeit verachten, welche sie für unbedeutend, für aussichtslos halten.
Ich hatte nur einmal Gelegenheit, Genossen Bethune zu treffen. Danach schrieb er mir viele Briefe. Da ich stark in Anspruch genommen war, antwortete ich ihm nur mit einem einzigen Brief, weiß aber nicht einmal, ob er ihn erhalten hat. Ich bin durch seinen Tod in tiefe Trauer versetzt. Jetzt ehren wir alle sein Andenken, und das zeigt, wie tief wir alle von seiner Gesinnung berührt sind. Wir alle müssen von ihm den Geist der Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit lernen. Davon ausgehend kann man ein Mensch werden, der dem Volk großen Nutzen bringt. Man kann mit größeren oder geringeren Fähigkeiten ausgestattet sein, aber wer nur eine solche Gesinnung besitzt, wird ein edler Mensch mit klarem Charakter und hohen moralischen Qualitäten sein, ein von niedrigen Interessen freier Mensch, der dem Volk nützlich ist.
Über die Neue Demokratie
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.395-449
(Januar 1940)
I. Wohin geht China?
Seit Beginn des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression herrscht im ganzen chinesischen Volk eine Stimmung des Aufschwungs, jedermann ist der Meinung, daß ein Ausweg aus der Sackgasse gefunden worden ist, niemandes Stirn verdüstert sich mehr aus Verzweiflung. In letzter Zeit verdichtet sich jedoch plötzlich erneut die Atmosphäre der Kompromißlerei, erhebt sich wiederum wildes antikommunistisches Geschrei, und abermals wird das ganze Volk in Verwirrung gestürzt. Mit besonderer Schärfe empfinden das die Kulturschaffenden und die studierende Jugend, sie sind davon in erster Linie betroffen. Aufs neue erhebt sich die Frage: Was tun? Wohin geht China? Anläßlich des Erscheinens der Zeitschrift Dschungguo Wenhua (Chinesische Kultur)[Anmerkung 134] mag es daher von Nutzen sein, die politischen und kulturellen Tendenzen in China klarzumachen. Was die Kulturfragen anbelangt, so bin ich darin ein Laie, ich will sie studieren, bin aber erst am Beginn. Glücklicherweise befinden sich in Yenan viele Genossen, die darüber eingehend geschrieben haben, so daß meine ungeschliffenen Worte gleichsam als der Gongschlag dienen mögen, mit dem eine Theatervorstellung eingeleitet wird. Für die fortgeschrittenen Kulturschaffenden unseres Landes dürfte das, was wir zu sagen haben, als Erfolg langen mühevollen Suchens betrachtet werden, als bescheidener Ansporn zur Leistung ihrer eigenen wertvollen Beiträge, und wir hoffen, daß sie sich mit uns an der Diskussion beteiligen werden, um zu richtigen Schlußfolgerungen zu gelangen, die den Bedürfnissen unserer Nation entsprechen. Eine wissenschaftliche Haltung einnehmen heißt "die Wahrheit in den Tatsachen suchen", während man mit der anmaßenden Einstellung jener, die sich für unfehlbar halten und andere Leute schulmeistern wollen, niemals irgendwelche Probleme lösen kann. Das Unheil, das unsere Nation heimgesucht hat, ist überaus ernst, und lediglich mit einer wissenschaftlichen Haltung und mit Verantwortungsbewußtsein kann man sie auf den Weg zur Befreiung führen. Es gibt nur eine Wahrheit, und die Frage, wer eigentlich die Wahrheit entdeckt hat, läßt sich nicht auf Grund subjektiver Großsprecherei entscheiden, sondern durch die objektive Praxis. Der einzige Maßstab der Wahrheit ist die revolutionäre Praxis von Millionen Menschen. Ich glaube, eben eine solche Einstellung sollte die neuerscheinende Zeitschrift Dschungguo Wenhua einnehmen.
II. Wir wollen ein neues China aufbauen
Wir Kommunisten kämpfen seit vielen Jahren nicht nur für die politische und wirtschaftliche Revolution in China, sondern auch für eine chinesische Kulturrevolution; das ziel dieses umfassenden Kampfes ist die Errichtung einer neuen Gesellschaft und eines neuen Staates für die chinesische Nation. In dieser neuen Gesellschaft, diesem neuen Staat werden nicht nur die Politik und die Wirtschaft neu sein, sondern wird es auch eine neue Kultur geben. Das heißt, wir wollen nicht bloß das politisch unterdrückte und ökonomisch ausgebeutete China in ein politisch freies und wirtschaftlich blühendes Land verwandeln, sondern auch aus dem wegen seiner Beherrschung durch die alte Kultur unwissenden und rückständigen China ein Land machen, in dem eine neue Kultur herrscht und das daher aufgeklärt und fortschrittlich ist. Mit einem Wort, wir wollen ein neues China aufbauen. Eine neue Kultur der chinesischen Nation schaffen - das ist unser Ziel im kulturellen Bereich.
III. Die geschichtliche Besonderheit Chinas
Wir wollen eine neue Kultur der chinesischen Nation schaffen, doch was für eine Kultur soll das eigentlich sein?
Eine bestimmte Kultur (als Ideologie betrachtet) ist die Widerspiegelung der Politik und Wirtschaft einer bestimmten Gesellschaft; die Kultur übt aber wiederum einen großen Einfluß und eine gewaltige Einwirkung auf die Politik und Wirtschaft der gegebenen Gesellschaft aus; die Wirtschaft ist die Basis, die Politik aber ist der konzentrierte Ausdruck der Ökonomik.[30] Das ist unsere Grundanschauung über die Beziehungen zwischen der Kultur einerseits und der Politik und Wirtschaft andererseits, sowie zwischen der Politik und der Wirtschaft. Daraus folgt, daß zunächst eine gegebene politische und ökonomische Form bestimmend ist für die jeweilige Form der Kultur und dann erst wiederum die letztere auf die politische und ökonomische Form Einfluß nimmt und zurückwirkt. Marx sagte: "Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt."[31] Er sagte ferner: "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt drauf an, sie zu verändern."[32] Das sind wissenschaftliche Formulierungen, in denen zum erstenmal in der Geschichte der Menschheit das Problem der Beziehungen zwischen Bewußtsein und Sein richtig gelöst worden ist, und sie bilden die Grundauffassung der später von Lenin tiefschürfend ausgearbeiteten aktiven revolutionären Widerspiegelungstheorie. Wenn wir die Probleme der chinesischen Kultur erörtern, dürfen wir diese Grundauffassung nicht vergessen.
Somit ist es durchaus klar, daß die reaktionären Elemente in der alten Kultur der chinesischen Nation, die wir ausschalten wollen, von der alten Politik und der alten Wirtschaft der chinesischen Nation nicht losgelöst werden können; auch die neue chinesische Nationalkultur, die wir schaffen wollen, kann nicht losgelöst sein von einer neuen Politik und einer neuen Wirtschaft der chinesischen Nation. Die alte Politik und die alte Wirtschaft der chinesischen Nation bilden ja das Fundament der alten chinesischen Nationalkultur; und so wird denn auch die neue Nationalkultur Chinas auf seiner neuen Politik und neuen Wirtschaft basieren.
Was sind nun die alte Politik und die alte Wirtschaft der chinesischen Nation? Und was ist ihre alte Kultur?
Seit der Zeit der Dschou- und der Tjin-Dynastie bildete China eine Feudalgesellschaft mit einer feudalen Politik und einer feudalen Wirtschaft. Und die herrschende Kultur als Widerspiegelung dieser Politik und dieser Wirtschaft war eben eine feudale Kultur.
Seit dem Beginn der Aggression des ausländischen Kapitalismus gegen China und mit dem allmählichen Anwachsen von Elementen des Kapitalismus in der chinesischen Gesellschaft verwandelte sich China nach und nach in eine koloniale, halbkoloniale, halbfeudale Gesellschaft. Das heutige China ist in den von Japan besetzten Gebieten kolonial, in den von der Kuomintang beherrschten Gebieten im wesentlichen halbkolonial und in den einen wie den anderen vorwiegend feudal oder halbfeudal. Das ist der Charakter der heutigen chinesischen Gesellschaft, das sind die nationalen Verhältnisse des heutigen China. Was die in dieser Gesellschaft herrschenden Verhältnisse anbelangt, so ist ihre Politik die eines kolonialen bzw. halbkolonialen und eines halbfeudalen Landes, trägt ihre Wirtschaft einen ebensolchen Charakter und ist die herrschende Kultur als Widerspiegelung dieser Politik und dieser Wirtschaft eine koloniale, halbkoloniale, halbfeudale Kultur.
Gegen diese herrschenden Formen der Politik, Wirtschaft und Kultur ist eben unsere Revolution gerichtet. Was wir abschaffen wollen, das sind eben die koloniale, halbkoloniale und halbfeudale alte Politik und alte Wirtschaft sowie die ihnen dienende alte Kultur. Und was wir aufbauen wollen, das ist das genaue Gegenteil, nämlich eine neue Politik, Wirtschaft und Kultur der chinesischen Nation.
Was ist nun die neue Politik, die neue Wirtschaft der chinesischen Nation, was ist ihre neue Kultur?
Den geschichtlichen Verlauf der chinesischen Revolution muß man in zwei Phasen teilen: erstens die Phase der demokratischen Revolution und zweitens die Phase der sozialistischen Revolution; diese Phasen bilden ihrem Charakter nach zwei verschiedene revolutionäre Prozesse. Und die Demokratie, von der hier die Rede ist, gehört nicht mehr zur alten Kategorie der Demokratie, ist keine alte Demokratie, sondern sie gehört einer neuen Kategorie an, ist eine neue Demokratie.
Man kann daher die Feststellung treffen, daß die neue Politik der chinesischen Nation eine Politik der Neuen Demokratie sein wird, ihre neue Wirtschaft eine Wirtschaft der Neuen Demokratie und ihre neue Kultur eine Kultur der Neuen Demokratie.
Das eben ist heute die geschichtliche Besonderheit der chinesischen Revolution. Jede beliebige Partei, Gruppe oder Einzelperson, die an der chinesischen Revolution teilnimmt, wird, wenn sie diese Besonderheit nicht versteht, außerstande sein, die Revolution zu leiten und zum Sieg zu führen; sie wird vom Volk beiseite geschleudert werden und irgendwo in einem Schmollwinkel ihr Geschick bejammern.
IV. Die chinesische Revolution ist ein Teil der Weltrevolution
Die historische Besonderheit der chinesischen Revolution besteht darin, daß sie sich in zwei Phasen teilt, in eine demokratische und eine sozialistische, wobei die erste Phase nicht mehr eine Demokratie schlechthin, sondern eine Demokratie chinesischen Typus, eine Demokratie von besonderem, neuem Typus darstellt - die Neue Demokratie. Wie hat sich nun diese historische Besonderheit herausgebildet? Ist sie schon in den letzten hundert Jahren vorhanden gewesen, oder ist sie erst jüngeren Ursprungs?
Studiert man die geschichtliche Entwicklung Chinas und der Welt, so zeigt es sich, daß diese historische Besonderheit keineswegs bereits mit dem Opiumkrieg in Erscheinung getreten ist, sondern sich erst später, nach dem ersten imperialistischen Weltkrieg und der Oktoberrevolution in Rußland, herausgebildet hat. Untersuchen wir nun diesen Bildungsprozeß.
Es ist durchaus einleuchtend, daß es eben der koloniale, halbkoloniale, halbfeudale Charakter der heutigen chinesischen Gesellschaft ist, der die Notwendigkeit einer Teilung der chinesischen Revolution in zwei Phasen bedingt. In der ersten Phase muß die koloniale, halbkoloniale und halbfeudale Form der Gesellschaft geändert und diese in eine unabhängige demokratische Gesellschaft umgewandelt werden. In der zweiten Phase ist die Revolution voranzutreiben und eine sozialistische Gesellschaft zu errichten. Gegenwärtig durchläuft die chinesische Revolution ihre erste Phase.
Das Vorbereitungsstadium dieser ersten Phase begann schon mit dem Opiumkrieg von 1840, als die Verwandlung der chinesischen Gesellschaft aus einer feudalen in eine halbkoloniale und halbfeudale einsetzte. Zahlreiche weitere Stadien folgten, die zusammen ein volles Jahrhundert beanspruchten: die Taiping-Tiänguo-Bewegung, der Chinesisch-Französische Krieg, der Chinesisch-Japanische Krieg, die Reformbewegung von 1898, die Revolution von 1911, die Bewegung des 4. Mai, der Nordfeldzug, der Agrarrevolutionäre Krieg und in unserer unmittelbaren Gegenwart der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression. In einem gewissen Sinne bilden sie alle die erste Phase, jene Phase, in welcher das chinesische Volk unter verschiedenen Zeitumständen und in verschiedenem Grade gegen den Imperialismus und die feudalen Kräfte, für die Errichtung einer unabhängigen demokratischen Gesellschaft, für die Vollendung seiner ersten Revolution kämpfte und kämpft. Doch in einem volleren Sinne begann diese Revolution mit der Revolution von 1911. Sie war ihrem gesellschaftlichen Charakter nach eine bürgerlich-demokratische Revolution und keine proletarisch-sozialistische. Diese bürgerlich-demokratische Revolution ist bis heute unvollendet geblieben, sie erfordert weiterhin gewaltige Anstrengungen, weil ihre Feinde bis jetzt noch außerordentlich stark sind. Dr. Sun Yat-sen sagte: "Die Revolution ist noch nicht vollendet, meine Kameraden müssen das Ringen fortsetzen." Er meinte damit eben die bürgerlich-demokratische Revolution.
In der chinesischen bürgerlich-demokratischen Revolution trat jedoch seit dem Ausbruch des ersten imperialistischen Weltkriegs im Jahre 1914. und seit der russischen Oktoberrevolution von 1917, als auf einem Sechstel des Erdballs ein sozialistischer Staat gegründet wurde, ein Wandel ein.
Vorher hatte die bürgerlich-demokratische Revolution in China zur alten Kategorie bürgerlich-demokratischer Revolutionen in der Welt gehört, sie war ein Bestandteil der alten bürgerlich-demokratischen Weltrevolution.
Seither ist die chinesische bürgerlich-demokratische Revolution in die neue Kategorie der bürgerlich-demokratischen Revolutionen hinübergewechselt, und sie bildet, unter dem Gesichtswinkel der revolutionären Frontlinie gesehen, nunmehr einen Bestandteil der proletarisch-sozialistischen Weltrevolution.
Warum? Weil der erste imperialistische Weltkrieg und die erste siegreiche sozialistische Revolution, die Oktoberrevolution, den ganzen Lauf der Weltgeschichte geändert und eine neue Epoche der Weltgeschichte eingeleitet haben.
Diese Epoche ist durch folgende Tatsachen gekennzeichnet: Die Weltfront des Kapitalismus ist an einem Abschnitt (und dieser Abschnitt macht ein Sechstel der Erdoberfläche aus) zusammengebrochen, und auch an den übrigen Abschnitten hat sich die Fäulnis des Kapitalismus in vollem Maße offenbart; der kapitalistisch gebliebene Teil der Welt kann sich nicht am Leben erhalten, wenn er sich nicht noch mehr auf die Kolonien und Halbkolonien stützt; ein sozialistischer Staat wurde errichtet, der seine Bereitwilligkeit verkündet hat, einen Kampf zu führen, um die Befreiungsbewegung aller Kolonien und Halbkolonien zu unterstützen; das Proletariat der kapitalistischen Länder befreit sich mit jedem Tag mehr von dem Einfluß der sozialimperialistischen Sozialdemokratie und bekundet seine Unterstützung der Befreiungsbewegung in den kolonialen und halbkolonialen Ländern. Wenn in einer solchen Epoche ein beliebiges koloniales oder halbkoloniales Land eine Revolution gegen den Imperialismus, d. h. gegen die internationale Bourgeoisie, gegen den internationalen Kapitalismus, unternimmt, dann gehört diese Revolution nicht mehr zur alten Kategorie der bürgerlichdemokratischen Weltrevolution, sondern zu einer neuen Kategorie; dann ist sie nicht mehr Bestandteil der alten, bürgerlichen oder kapitalistischen Weltrevolution, sondern Bestandteil einer neuen Weltrevolution, das heißt, sie ist zum Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution des Proletariats geworden. Solche revolutionären Kolonial- und Halbkolonialländer sind nicht mehr Bundesgenossen der konterrevolutionären Weltfront des Kapitalismus, sondern sie haben sich in Bundesgenossen der revolutionären Weltfront des Sozialismus verwandelt.
In ihrem ersten Stadium, ihrer ersten Phase, ist zwar diese Revolution der Kolonien und Halbkolonien dem gesellschaftlichen Charakter nach im wesentlichen immer noch eine bürgerlich-demokratische; und ihre objektive Forderung gilt der Wegbereitung für eine Entwicklung des Kapitalismus; doch ist das nicht mehr eine Revolution von altem Typus, bei der die Bourgeoisie die Führung innehat und die Errichtung einer kapitalistischen Gesellschaft sowie eines Staates der Diktatur der Bourgeoisie das Ziel ist, sondern eine Revolution von neuem Typus, die unter der Führung des Proletariats steht und in ihrem ersten Stadium die Errichtung einer neudemokratischen Gesellschaft, den Aufbau eines Staates der gemeinsamen Diktatur der revolutionären Klassen zum Ziel hat. Gerade deshalb ist diese Revolution auch wiederum geeignet, einen noch breiteren Weg für die Entwicklung des Sozialismus zu bahnen. Sie kann sich infolge von Wandlungen im Lager des Feindes und unter ihren Verbündeten im Laufe des Fortschreitens in einige weitere Unterabschnitte aufgliedern, doch bleibt ihr fundamentaler Charakter unverändert.
Da eine solche Revolution den Imperialismus unmittelbar an der Wurzel packt, kann er sie nicht dulden, sondern er bekämpft sie. Dem Sozialismus ist sie jedoch willkommen, und sie genießt die Unterstützung des sozialistischen Staates und des internationalen sozialistischen Proletariats.
Deshalb muß eine solche Revolution unbedingt Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution des Proletariats werden.
Die richtige These, daß "die chinesische Revolution ein Bestandteil der Weltrevolution ist", wurde schon in der Periode der Ersten Großen Chinesischen Revolution von 1924-1927 aufgestellt. Die chinesischen Kommunisten waren es, die diese These vorbrachten, und ihr stimmten alle Teilnehmer am damaligen Kampf gegen Imperialismus und Feudalismus zu. Doch die Bedeutung dieser These wurde damals noch nicht genügend dargelegt, und die Menschen hatten nur eine vage Vorstellung von diesem Problem.
Was hier mit "Weltrevolution" bezeichnet wurde, war nicht mehr die Weltrevolution im alten Sinne, denn die alte bürgerliche Weltrevolution gehörte längst der Vergangenheit an. Es war vielmehr eine neue, die sozialistische Weltrevolution. Und so war denn auch mit der Bezeichnung "Bestandteil" nicht mehr ein Bestandteil der alten, bürgerlichen, sondern ein Bestandteil der neuen, sozialistischen Revolution gemeint. Das bedeutete eine gewaltige Wandlung, eine Wandlung, wie sie in der Weltgeschichte und in der Geschichte Chinas beispiellos dastand.
Als die chinesischen Kommunisten diese richtige These formulierten, stützten sie sich auf die Theorie Stalins.
Bereits im Jahre 1918 schrieb Stalin in einem Artikel, der dem ersten Jahrestag der Oktoberrevolution gewidmet war:
Die gewaltige Weltbedeutung des Oktoberumsturzes besteht ja hauptsächlich gerade darin, daß er,
1. den Rahmen der nationalen Frage erweitert und sie aus einer Teilfrage, der Frage des Kampfes gegen die nationale Unterdrückung in Europa, in die allgemeine Frage der Befreiung der unterjochten Völker, Kolonien und Halbkolonien vom Imperialismus verwandelt hat;
2. weitgehende Möglichkeiten und wirkliche Wege für diese Befreiung eröffnet hat, so daß er den unterdrückten Völkern des Westens und Ostens ihre Befreiung bedeutend erleichtert hat, indem er sie in den allgemeinen Strom des siegreichen Kampfes gegen den Imperialismus einbezog;
3. hierdurch eine Brücke zarischen dem sozialistischen Westen und dem versklavten Osten geschlagen und eine neue Front der Revolutionen aufgebaut hat, eine Front von den Proletariern des Westens über die Revolution in Rußland bis zu den unterjochten Völkern des Ostens, eine Front gegen den Weltimperialismus[33]
Seit der Niederschrift dieses Artikels hat Stalin die dargelegte Theorie von der Loslösung der Revolution in den kolonialen und halbkolonialen Ländern von der alten Kategorie und ihrer Verwandlung in einen Bestandteil der proletarisch-sozialistischen Revolution mehrmals erläutert. Die klarste und präziseste Erklärung findet sich in einem am 30. Juni 1925 veröffentlichten Artikel, in welchem sich Stalin mit den damaligen jugoslawischen Nationalisten auseinandersetzte. Der Artikel, der den Titel "Noch einmal zur nationalen Frage" trägt, wurde in das von Dschang Dschung-schi übersetzte Buch Stalin über die nationale Frage aufgenommen. Es heißt darin:
Semitsch beruft sich auf eine Stelle in Stalins Schrift "Marxismus und nationale Frage", die Ende 1912 verfaßt wurde. Dort heißt es, daß "der nationale Kampf unter den Bedingungen des aufsteigenden Kapitalismus ein Kampf der bürgerlichen Klassen untereinander ist". Augenscheinlich will Semitsch damit andeuten, daß seine Formel der Bestimmung des sozialen Sinns der nationalen Bewegung unter den obwaltenden historischen Verhältnissen richtig sei. Stalins Schrift wurde aber vor dem imperialistischen Krieg verfaßt, als die nationale Frage in der Vorstellung der Marxisten noch nicht die Bedeutung einer Weltfrage hatte, als die Grundforderung der Marxisten, die Forderung nach dem Selbstbestimmungsrecht, nicht als Teil der proletarischen Revolution, sondern als Teil der bürgerlich-demokratischen Revolution aufgefaßt wurde. Es wäre lächerlich, nicht sehen zu wollen, daß sich die internationale Lage seitdem von Grund aus geändert hat, daß der Krieg einerseits und die Oktoberrevolution in Rußland anderseits die nationale Frage aus einer Teilfrage der bürgerlich-demokratischen Revolution in eine Teilfrage der proletarischsozialistischen Revolution verwandelt haben. Schon im Oktober 1916 sagte Lenin in seinem Artikel über "Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung", daß der wesentliche Punkt der nationalen Frage, der Punkt über das Selbstbestimmungsrecht, aufgehört hat, einen Teil der allgemeindemokratischen Bewegung zu bilden, daß er bereits zu einem Bestandteil der allgemeinproletarischen, sozialistischen Revolution geworden ist. Von den weiteren Arbeiten sowohl Lenins als auch anderer Vertreter des russischen Kommunismus zur nationalen Frage will ich hier ganz absehen. Welche Bedeutung kann nach alledem Semitschs Berufung auf die bekannte Stelle in Stalins Schrift, die in der Periode der bürgerlich-demokratischen Revolution in Rußland verfaßt wurde, heute haben, da wir kraft der neuen historischen Situation in eine neue Epoche, in die Epoche der proletarischen Revolution eingetreten sind? Sie kann nur die Bedeutung haben, daß Semitsch außerhalb von Raum und Zeit, unabhängig von der lebendigen historischen Situation, zitiert und somit gegen die elementaren Forderungen der Dialektik verstößt und außer acht läßt, daß etwas, was in der einen historischen Situation richtig ist, sich in einer anderen historischen Situation als falsch erweisen kann.
Daraus ist ersichtlich, daß es zweierlei Weltrevolution gibt. Die erste Weltrevolution gehört der bürgerlichen, der kapitalistischen Kategorie an. Ihre Zeit ist längst vorbei, hat schon mit dem Ausbruch des ersten imperialistischen Weltkriegs im Jahre 1914, insbesondere aber mit der russischen Oktoberrevolution von 1917 ihr Ende gefunden. Hierauf begann die zweite Weltrevolution, d. h, die sozialistische Weltrevolution des Proletariats. Diese Revolution hat das Proletariat der kapitalistischen Länder zur Hauptkraft und die unterdrückten Nationen der Kolonien und Halbkolonien zu ihren Verbündeten. Unabhängig davon, welche Klassen, Parteien oder Einzelpersonen einer unterdrückten Nation an der Revolution teilnehmen - diese Revolution wird, wenn sie alle nur gegen den Imperialismus kämpfen, zu einem Bestandteil der proletarisch-sozialistischen Weltrevolution, und ihre Teilnehmer werden zu deren Bundesgenossen, ob sie sich nun dieses Umstands bewußt sind oder nicht, ob sie ihn begreifen oder nicht.
Die chinesische Revolution hat heute eine noch größere Bedeutung gewonnen. Der gegenwärtige Zeitpunkt ist dadurch gekennzeichnet, daß die wirtschaftliche und politische Krise des Kapitalismus die Welt immer tiefer in den Strudel des zweiten Weltkriegs hineinzieht; daß die Sowjetunion in die Periode des Übergangs vom Sozialismus zum Kommunismus eingetreten ist und die Fähigkeit besitzt, das Proletariat und die unterdrückten Nationen der ganzen Welt in ihrem Kampf gegen den imperialistischen Krieg und gegen die kapitalistische Reaktion zu führen und zu unterstützen; daß sich das Proletariat der kapitalistischen Länder zum Sturz des Kapitalismus und zur Errichtung des Sozialismus rüstet; daß in China das Proletariat, die Bauernschaft, die Intelligenz und andere kleinbürgerliche Schichten unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas zu einer großen unabhängigen politischen Kraft geworden sind. Müssen wir angesichts einer solchen Situation nicht zu der Einschätzung gelangen, daß die Weltbedeutung der chinesischen Revolution gewachsen ist. Ich denke, wir müssen das. Die chinesische Revolution ist ein sehr bedeutender Teil der Weltrevolution.
Obgleich die chinesische Revolution in ihrem ersten Stadium (mit seinen vielen Unterabschnitten) dem gesellschaftlichen Charakter nach eine bürgerlich-demokratische Revolution von neuem Typus ist und noch keine proletarisch-sozialistische Revolution, ist sie dennoch schon längst zu einem Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution des Proletariats geworden und wird jetzt darüber hinaus zu einem sehr bedeutsamen Bestandteil, zu einem großen Bundesgenossen dieser Weltrevolution. Die erste Phase, das erste Stadium der chinesischen Revolution bedeutet keineswegs und kann nicht bedeuten, daß eine kapitalistische Gesellschaft unter der Diktatur der chinesischen Bourgeoisie errichtet werden wird; das erste Stadium unserer Revolution wird vielmehr mit der Errichtung einer neudemokratischen Gesellschaft unter der gemeinsamen Diktatur der vom chinesischen Proletariat geführten revolutionären Klassen Chinas abschließen. Sodann müssen wir die Revolution in ihr zweites Stadium hinüberführen, in dessen Verlauf die sozialistische Gesellschaft in China aufgerichtet werden wird.
Das ist die fundamentalste Besonderheit der chinesischen Revolution zum gegenwärtigen Zeitpunkt, das ist der nunmehr zwanzig Jahre (seit der Bewegung des 4. Mai 1919) währende neue revolutionäre Prozeß, das ist der lebendige, konkrete Inhalt der Revolution im heutigen China.
V. Die Politik der Neuen Demokratie
Daß sich die chinesische Revolution in zwei historische Stadien teilt, von denen das erste das Stadium der neudemokratischen Revolution ist, bildet die neue geschichtliche Besonderheit der chinesischen Revolution. Wie äußert sich nun konkret diese neue Besonderheit in den politischen und ökonomischen Verhältnissen des Landes? Wir wollen das im weiteren klarstellen.
Vor der Bewegung des 4. Mai 1919 (diese Bewegung entstand nach dem 1914 ausgebrochenen ersten imperialistischen Weltkrieg und nach der russischen Oktoberrevolution von 1917) waren das Kleinbürgertum und die Bourgeoisie (d. h. ihre Intellektuellen) die politischen Führer der chinesischen bürgerlich-demokratischen Revolution. Das chinesische Proletariat hatte damals noch nicht als selbstbewußte, unabhängige Klassenkraft die politische Bühne betreten, es nahm noch als Gefolgschaft des Kleinbürgertums und der Bourgeoisie an der Revolution teil. Eine solche Klasse war das Proletariat zum Beispiel während der Revolution von 1911.
Nach der Bewegung des 4. Mai nahm zwar die chinesische nationale Bourgeoisie weiter an der Revolution teil, aber die politische Führung in der bürgerlich-demokratischen Revolution Chinas lag nicht mehr in den Händen der Bourgeoisie, sondern in den Händen des Proletariats. Als Ergebnis seines eigenen Reifeprozesses und unter dem Einfluß der Revolution in Rußland war das chinesische Proletariat rasch zu einer selbstbewußten und unabhängigen politischen Kraft geworden. Die Parole der Niederschlagung des Imperialismus wurde von der Kommunistischen Partei Chinas ausgegeben, die auch ein gründliches Programm für die gesamte bürgerlich-demokratische Revolution in China ausarbeitete; und die Durchführung der Agrarrevolution war einzig und allein das Werk der Kommunistischen Partei Chinas.
Da die chinesische nationale Bourgeoisie das Bürgertum eines kolonialen und halbkolonialen Landes ist und vom Imperialismus unterdrückt wird, bewahrt sie noch, obwohl sie sich im Zeitalter des Imperialismus befindet, zu bestimmten Zeiten und in einem bestimmten Grade einen revolutionären Charakter in ihrem Kampf gegen den ausländischen Imperialismus sowie gegen die einheimischen Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber (was letztere betrifft, so war dies zum Beispiel zur Zeit der Revolution von 1911 und während des Nordfeldzugs der Fall), und sie kann sich mit dem Proletariat und dem Kleinbürgertum gegen jene Feinde verbünden, die zu bekämpfen sie bereit ist. Darin unterscheidet sich die chinesische Bourgeoisie von der Bourgeoisie des alten zaristischen Rußland. Da das zaristische Rußland ein militärisch-feudaler imperialistischer Staat war, der anderen gegenüber Aggressionen beging, wies die russische Bourgeoisie keinerlei revolutionäre Eigenschaften auf. Dort war es die Aufgabe des Proletariats, die Bourgeoisie zu bekämpfen, nicht aber, sich mit ihr zu verbünden. Da China ein koloniales und halbkoloniales Land ist, das unter den von anderen Staaten verübten Aggressionen zu leiden hat, besitzt die chinesische nationale Bourgeoisie zu bestimmten Zeiten und in einem bestimmten Grade noch revolutionäre Eigenschaften. Hier darf das Proletariat die revolutionären Eigenschaften der nationalen Bourgeoisie nicht ignorieren, es hat vielmehr die Aufgabe, mit ihr eine Einheitsfront gegen den Imperialismus und gegen die Regierungen der hohen Bürokratie und der Militärmachthaber zu bilden.
Zugleich aber ist die chinesische nationale Bourgeoisie - und zwar ebenfalls deshalb, weil sie das Bürgertum eines kolonialen und halbkolonialen Landes ist - wirtschaftlich und politisch überaus schwach und behält deshalb noch ein anderes Charakteristikum bei, nämlich die Bereitschaft, mit den Feinden der Revolution Kompromisse einzugehen. Selbst wenn sie an der Revolution teilnimmt, ist sie nicht gewillt, mit dem Imperialismus vollständig zu brechen, und da sie mit der Ausbeutung der Landbevölkerung durch deren Bodenrente eng verbunden ist, ist sie überdies nicht gewillt und nicht imstande, den Imperialismus - und noch weniger die feudalen Kräfte - radikal zu stürzen. Somit ist die chinesische nationale Bourgeoisie nicht in der Lage, auch nur eine der zwei Grundfragen, auch nur eine der zwei großen Grundaufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution in China zu lösen. Was die Großbourgeoisie Chinas betrifft, die von der Kuomintang vertreten wird, so lag sie die ganze lange Zeit von 1927 bis 1937 den Imperialisten in den Armen und war mit den feudalen Kräften gegen das revolutionäre Volk verbündet. Im Jahre 1927 und eine gewisse Zeitlang später schwamm auch die nationale Bourgeoisie Chinas im Kielwasser der Konterrevolution. Während des Widerstandskriegs gegen Japan kapitulierte der von Wang Djing-we repräsentierte Teil der Großbourgeoisie vor dem Feind, was einen neuen Verrat seitens der Großbourgeoisie bedeutete. Auch darin unterscheidet sich die chinesische Bourgeoisie von der europäischen und amerikanischen - insbesondere der französischen - Bourgeoisie früherer Geschichtsperioden. Als sich die Bourgeoisie Europas und Amerikas, besonders die Frankreichs, noch in ihrer revolutionären Periode befand, wurde in ihren Ländern die bürgerliche Revolution verhältnismäßig gründlich durchgeführt; in China aber ermangelt es der Bourgeoisie sogar dieser relativen Gründlichkeit.
Einerseits die Möglichkeit zur Teilnahme an der Revolution und andererseits Bereitschaft zu Kompromissen mit dem Feind der Revolution - das ist der Januskopf der chinesischen Bourgeoisie. Dieser doppelgesichtige Charakter war auch der europäischen und amerikanischen Bourgeoisie in der Vergangenheit eigentümlich. Einem starken Feind gegenüber suchte sie das Bündnis mit den Arbeitern und Bauern ; waren aber die Arbeiter und Bauern aufgewacht, verbündete sie sich mit dem Feind gegen die Arbeiter und Bauern. Das ist ein für die Bourgeoisie der ganzen Welt allgemeingültiges Gesetz, doch tritt diese Besonderheit bei der chinesischen Bourgeoisie viel ausgeprägter hervor.
In China ist die Sachlage völlig klar: Wer das Volk zum Sturz des Imperialismus und der Feudalkräfte führen kann, der wird sich das Vertrauen des Volkes erwerben, denn die Todfeinde des Volkes sind die Imperialisten und die feudalen Kräfte, vor allem die Imperialisten. Wer heute das Volk zur Vertreibung der japanischen Imperialisten und zur Verwirklichung der demokratischen Ordnung führen kann, der wird der Retter des Volkes sein. Die Geschichte hat es bewiesen: Die chinesische Bourgeoisie kann diese Aufgabe nicht erfüllen; das zu tun ist eine Verantwortung, die unvermeidlich auf die Schultern des Proletariats fällt.
Somit bilden zweifellos das Proletariat, die Bauernschaft, die Intellektuellen und die anderen Schichten des Kleinbürgertums die grundlegenden Kräfte, die das Schicksal Chinas bestimmen. Diese Klassen, von denen die einen schon aufgewacht sind, während die anderen gerade im Begriff sind aufzuwachen, werden in einer chinesischen demokratischen Republik die Fundamentteile der Struktur des Staates und der politischen Macht sein, und das Proletariat wird hierbei die führende Kraft bilden. Die chinesische demokratische Republik, die wir jetzt errichten wollen, kann nur eine demokratische Republik der gemeinsamen Diktatur aller gegen den Imperialismus und den Feudalismus kämpfenden Menschen unter Führung des Proletariats sein, das heißt eine Republik der Neuen Demokratie; dies wird dann auch eine Republik der auf die drei politischen Hauptrichtlinien begründeten wirklich revolutionären neuen Drei Volksprinzipien sein.
Diese Republik der Neuen Demokratie wird sich einerseits von den unter der Diktatur der Bourgeoisie stehenden kapitalistischen Republiken des alten, europäisch-amerikanischen Typs unterscheiden, also von den Republiken der alten Demokratie, die bereits überholt sind; sie wird sich auch von einer unter der Diktatur des Proletariats stehenden sozialistischen Republik des sowjetischen Typs unterscheiden, also von einer sozialistischen Republik, wie sie bereits in der Sowjetunion zur Blüte gelangt ist und in allen kapitalistischen Ländern errichtet werden wird, wie sie zweifellos einmal die dominierende strukturelle Form des Staates und der politischen Macht in allen industriell fortgeschrittenen Ländern sein wird, jedoch für eine bestimmte Geschichtsperiode den Revolutionen in kolonialen und halbkolonialen Ländern nicht angemessen ist. Deshalb müssen die Revolutionen in allen kolonialen und halbkolonialen Ländern für diese Geschichtsperiode eine dritte Staatsform wählen, nämlich die besagte Republik der Neuen Demokratie. Diese Form gilt für eine gewisse Geschichtsperiode und ist daher eine Übergangsform; sie kann aber nicht ersetzt werden und stellt eine notwendige Form dar.
Die mannigfaltigen Staatssysteme in der Welt können daher nach dem Klassencharakter der politischen Macht auf drei grundlegende Typen reduziert werden:
1. unter der Diktatur der Bourgeoisie stehende Republiken;
2. unter der Diktatur des Proletariats stehende Republiken;
3. unter der gemeinsamen Diktatur mehrerer revolutionärer Klassen stehende Republiken.
Der erste Typus umfaßt die Staaten der alten Demokratie. Heute, nach Ausbruch des zweiten imperialistischen Krieges, ist in vielen kapitalistischen Ländern kaum noch eine Spur von Demokratie zu finden; sie sind entweder zu einer blutigen Militärdiktatur der Bourgeoisie übergegangen oder werden bald dahin übergehen. Gewisse unter der gemeinsamen Diktatur der Grundherren und der Bourgeoisie stehende Länder fallen auch in diese Kategorie.
Der zweite Typus existiert in der Sowjetunion, und in den kapitalistischen Ländern reifen die Bedingungen für diesen Typus heran. In der Zukunft wird er für eine betreffende Periode zur vorherrschenden Form in der Welt werden.
Der dritte Typus ist jene Übergangsstaatsform, die sich die Revolutionen in kolonialen und halbkolonialen Ländern wählen müssen. Jede dieser Revolutionen wird notwendigerweise gewisse, von den anderen unterschiedliche Besonderheiten haben, doch wird es sich dabei lediglich um geringe Unterschiede bei großer Ähnlichkeit handeln. Sobald es sich um Revolutionen in den Kolonien und Halbkolonien handelt, wird dort die Staats- und Regierungsstruktur im wesentlichen die gleiche sein müssen, nämlich die eines Staates der Neuen Demokratie, in dem sich einige antiimperialistische Klassen zur gemeinsamen Diktatur verbünden. Im heutigen China besteht eine solche Staatsform der Neuen Demokratie eben in der Form der antijapanischen Einheitsfront. Es ist dies ein Staat des Widerstands gegen die japanische Aggression, des Kampfes gegen den Imperialismus; und es ist dies auch ein Staat des Bündnisses mehrerer revolutionärer Klassen, einer Einheitsfront. Leider hat aber trotz der langen Dauer des Widerstandskriegs im größten Teil des Landes - in den Gegenden außerhalb der unter der Führung der Kommunistischen Partei stehenden demokratischen Stützpunktgebiete des Widerstands gegen Japan - die Demokratisierung des Staates im Grunde genommen kaum angefangen, und der japanische Imperialismus hat diese fundamentale Schwäche ausgenutzt, um mit Riesenschritten in unser Land einzudringen. Wenn hier nicht ein Wandel geschaffen wird, dann ist unsere nationale Zukunft äußerst gefährdet.
Was hier besprochen wurde, ist die Frage des "Staatssystems". Über diese Frage hat man sich seit den letzten Jahren der Tjing-Dynastie jahrzehntelang gestritten, ohne daß sie geklärt worden wäre. In der Tat handelt es sich dabei lediglich um die Frage, welchen Platz die einzelnen Gesellschaftsklassen im Staate einnehmen. Die Bourgeoisie verschleiert in der Regel diese Frage und übt unter der "nationalen" Etikette praktisch die Diktatur einer Klasse, die Diktatur allein ihrer Klasse aus. Eine derartige Verschleierung liegt durchaus nicht im Interesse des revolutionären Volkes, und man muß ihm die Sachlage deutlich erläutern. Man kann die Bezeichnung "national" verwenden, doch darf dieser Begriff die Konterrevolutionäre und Landesverräter nicht einschließen. Der Staat, den wir jetzt brauchen, ist eine Diktatur aller revolutionären Klassen über die Konterrevolutionäre und Landesverräter.
Das sogenannte demokratische System in den modernen Staaten wird häufig von der Bourgeoisie monopolisiert und verwandelt sich somit in ein Instrument zur Unterdrückung des einfachen Volkes. Aber die Demokratie, wie sie die Kuomintang zu einem ihrer Prinzipien gemacht hat, ist Gemeingut des einfachen Volkes und nicht Privatbesitz einer kleinen Minderheit.
So lautete die feierliche Erklärung des Manifestes, das im Jahre 1924, als die Kuomintang mit der Kommunistischen Partei zusammenarbeitete, vom 1. Nationalkongreß der Kuomintang erlassen worden ist. Sechzehn Jahre lang hat die Kuomintang dieser Erklärung zuwidergehandelt, und das Ergebnis davon ist die heutige schwere Krise der Nation. Somit hat die Kuomintang einen überaus schweren Fehler begangen. Wir hoffen, daß sie im Fegefeuer des Widerstandskriegs gegen Japan diesen Fehler gutmachen wird.
Was die Frage des "Regierungssystems" betrifft, so handelt es sich darum, welche strukturelle Form die politische Macht hat, welche Form eine bestimmte Gesellschaftsklasse wählt, um den Machtapparat für den Kampf gegen den Feind und zum eigenen Schutz zu organisieren. Es gibt keinen Staat, der nicht einen entsprechenden Machtapparat hätte, welcher ihn repräsentiert. China könnte jetzt ein System von Vertretungskörperschaften annehmen, das von einem Volkskongreß des Landes über Volkskongresse der Provinzen, Kreise und Distrikte bis zu Volkskongressen der Gemeinden hinabreicht und auf allen Stufen die Wahl der entsprechenden Machtorgane durch die jeweiligen Volkskongresse vorsieht. Wenn jedoch dem Platz jeder revolutionären Klasse im Staat, der Äußerung des Volkswillens, der Leitung des revolutionären Kampfes und dem Geist der Neuen Demokratie entsprochen werden soll, dann muß ein System des wirklich allgemeinen und gleichen Wahlrechts ohne Unterschied des Geschlechts, des Glaubens, der Vermögenslage und des Bildungsstands usw. eingeführt werden. Dieses System ist der demokratische Zentralismus. Nur wenn es eine auf den demokratischen Zentralismus begründete Regierung gibt, kann sich der Wille des gesamten revolutionären Volkes voll und ganz durchsetzen und können auch die Feinde der Revolution am wirksamsten bekämpft werden. In der Zusammensetzung der Regierung und der Armee muß jener Geist zum Ausdruck kommen, der durch die Worte "Nicht Privatbesitz einer kleinen Minderheit" charakterisiert ist; ohne ein echtes demokratisches System ist dieses Ziel nicht zu erreichen, wird das Regierungssystem mit dem Staatssystem nicht übereinstimmen.
Das Staatssystem ist die gemeinsame Diktatur der revolutionären Klassen, das Regierungssystem ist der demokratische Zentralismus. Darin besteht eben die Politik der Neuen Demokratie, so sieht die neudemokratische Republik aus, die Republik der antijapanischen Einheitsfront, die Republik der auf die drei politischen Hauptrichtlinien begründeten neuen Drei Volksprinzipien, jene Republik, die sowohl dem Namen nach wie in der Tat die Republik China sein wird. Jetzt haben wir wohl eine Republik China dem Namen nach, aber eine tatsächliche Republik China gibt es immer noch nicht; unsere Bemühungen zielen heute darauf ab, die Wirklichkeit dem Namen anzupassen.
Das sind die innenpolitischen Beziehungen, die im revolutionären China, im China des Widerstandskriegs gegen Japan hergestellt werden sollen und unbedingt hergestellt werden müssen, das ist die heute einzig richtige Orientierung für den "Aufbau des Staates".
VI. Die Wirtschaft der Neuen Demokratie
Wenn China zu einer solchen Republik aufgebaut werden soll, muß es nicht nur in politischer, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Land der Neuen Demokratie sein.
Die großen Banken sowie die großen Industrie- und Handelsunternehmungen müssen Staatseigentum dieser Republik werden. Unternehmen, ob in chinesischer oder ausländischer Hand, die
monopolistischen Charakter tragen oder deren Umfang für eine private Verwaltung zu groß ist, wie Banken, Eisenbahnen und Zivilluftfahrt, sollen vom Staat geführt und verwaltet werden, damit nicht das Privatkapital die Lebenshaltung der Nation kontrolliert; das eben ist das Hauptprinzip der Regulierung des Kapitals. Auch dieser Satz ist eine feierliche Erklärung des zur Zeit der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei auf dem 1. Nationalkongreß der Kuomintang beschlossenen Manifestes, und darin liegt der richtige Kurs für die Wirtschaftsstruktur einer neudemokratischen Republik vorgezeichnet. Die staatliche Wirtschaft einer vom Proletariat geleiteten neudemokratischen Republik trägt sozialistischen Charakter, sie ist die führende Kraft der gesamten Volkswirtschaft, doch wird diese Republik das übrige kapitalistische Privateigentum nicht beschlagnahmen, und sie wird auch eine Entwicklung der kapitalistischen Produktion nicht untersagen, soweit diese "nicht die Lebenshaltung der Nation kontrolliert", denn die Wirtschaft in China ist noch außerordentlich rückständig.
Diese Republik wird gewisse notwendige Maßnahmen ergreifen, um den grundherrlichen Boden zu konfiszieren, ihn unter die landlosen und landarmen Bauern aufzuteilen, die Parole Dr. Sun Yat-sens "Jedem Pflüger sein Feld!" in die Tat umzusetzen, die feudalen Beziehungen im Dorf zu liquidieren, Grund und Boden zum Privateigentum der Bauern zu machen. Eine Großbauernwirtschaft wird im Dorf zugelassen sein. Das ist die Politik des "Ausgleichs der Bodenrechte". Die richtige Losung, die dieser Politik entspricht, lautet: "Jedem Pflüger sein Feld I" In diesem Stadium wird im allgemeinen noch keine sozialistische Landwirtschaft errichtet, doch die verschiedenen Arten von genossenschaftlichen Wirtschaften, die sich auf der Grundlage des Prinzips "Jedem Pflüger sein Feld!" zu entwickeln begonnen haben, weisen auch sozialistische Elemente auf.
Die chinesische Wirtschaft muß den Weg der "Regulierung des Kapitals" und des "Ausgleichs der Bodenrechte" gehen, sie wird keineswegs eine solche des "Privatbesitzes einer kleinen Minderheit" sein; man darf absolut nicht zulassen, daß einige wenige Kapitalisten und Grundherren "die Lebenshaltung der Nation kontrollieren"; weder darf eine kapitalistische Gesellschaft im europäisch-amerikanischen Stil errichtet, noch die alte halbfeudale Gesellschaft aufrechterhalten werden. Wer es wagen sollte, sich dieser Orientierung zu widersetzen, wird sein Ziel bestimmt nicht erreichen, sondern sich nur den Kopf einrennen.
Das sind die Wirtschaftsbeziehungen im Innern des Landes, die das revolutionäre China, das China des Widerstandskriegs gegen Japan herstellen muß und notwendigerweise herstellen wird.
Eine solche Wirtschaft ist eben die Wirtschaft der Neuen Demokratie. Und die Politik der Neuen Demokratie ist nichts anderes als der konzentrierte Ausdruck einer solchen neudemokratischen Wirtschaft.
VII. Zurückweisung der Diktatur der Bourgeoisie
Eine Republik mit einer solchen neudemokratischen Politik und Wirtschaft wird von mehr als neunzig Prozent der Bevölkerung des Landes begrüßt; zu diesem Weg gibt es keine Alternative.
Soll man denn den Weg der Errichtung einer unter der Diktatur der Bourgeoisie stehenden kapitalistischen Gesellschaft beschreiten? Freilich ist das der alte Weg, den die europäische und amerikanische Bourgeoisie gegangen ist, aber weder die internationale noch die innere Situation gestatten China, das gleiche zu tun, ob das nun einem gefällt oder nicht.
Was die internationale Situation anbelangt, so ist dieser Weg versperrt. Die gegenwärtige internationale Lage ist im wesentlichen durch den Kampf zwischen Kapitalismus und Sozialismus gekennzeichnet, durch den Niedergang des Kapitalismus und den Aufstieg des Sozialismus. Will man in China eine unter der Diktatur der Bourgeoisie stehende kapitalistische Gesellschaft errichten, so wird das zu allererst der internationale Kapitalismus, d. h. der Imperialismus, nicht zulassen. Die moderne Geschichte Chinas ist eine Geschichte der imperialistischen Aggressionen gegen China, eine Geschichte des Kampfes der Imperialisten gegen die Unabhängigkeit des Landes, gegen die Entwicklung eines chinesischen Kapitalismus. Alle früheren Revolutionen in China erlitten eine Niederlage, weil sie vom Imperialismus abgewürgt wurden, und darüber waren unzählige Märtyrer der Revolution bis zu ihrem Tode sehr verbittert. Jetzt ist ein mächtiger Imperialismus, der japanische, in China eingefallen und will dieses Land in seine Kolonie verwandeln; heute ist es Japan, das in China seinen eigenen Kapitalismus entwickelt, von einem chinesischen Kapitalismus kann da nicht die Rede sein; die japanische Bourgeoisie ist es, die in China die Diktatur ausübt, und nicht die chinesische. Zweifellos leben wir in einer Periode, in welcher der unmittelbar seinem Tode entgegengehende Imperialismus einen letzten Verzweiflungskampf führt, denn der Imperialismus ist "sterbender Kapitalismus".[34] Doch gerade weil der Imperialismus dem Tod entgegengeht, ist er um so mehr auf die Kolonien und Halbkolonien angewiesen, um sein Leben zu verlängern, darf er um so weniger zulassen, daß eine Kolonie oder Halbkolonie irgendeine unter der Diktatur der Bourgeoisie stehende kapitalistische Gesellschaft errichtet. Gerade weil der japanische Imperialismus in den Abgrund einer schweren ökonomischen und politischen Krise versunken ist, weil er also dem Tode nahe ist, hat er China überfallen müssen, strebt er danach, es in seine Kolonie zu verwandeln; deshalb hat er China den Weg zur Aufrichtung der Diktatur der Bourgeoisie und zur Entwicklung eines nationalen Kapitalismus abgeschnitten.
Außerdem wird das der Sozialismus nicht zulassen. Da alle Imperialisten auf dieser Welt unsere Feinde sind, kann China, wenn es unabhängig sein will, keineswegs auf die Hilfe des sozialistischen Landes und des internationalen Proletariats verzichten. Das heißt, es kann nicht auf die Hilfe der Sowjetunion sowie auf jene Hilfe verzichten, die ihm das Proletariat Japans, Englands, der USA, Frankreichs, Deutschlands und Italiens durch seinen Kampf gegen den Kapitalismus im eigenen Land erweist. Obwohl man nicht sagen kann, daß die chinesische Revolution erst nach dem Sieg der Revolution in diesen Ländern beziehungsweise in einem oder zwei von ihnen siegen könne, steht es doch außer Zweifel, daß sie der zusätzlichen Kraft des Proletariats dieser Länder bedarf, um siegen zu können. Insbesondere die Hilfe der Sowjetunion ist eine unerläßliche Bedingung für den endgültigen Sieg im Widerstandskrieg. Eine Ablehnung der sowjetischen Hilfe bedeutet die Niederlage der Revolution. Läßt denn die Lehre der antisowjetischen Kampagnen seit 1927 Partei an Deutlichkeit zu wünschen übrig? Die Welt von heute befindet sich in einer neuen Epoche der Revolutionen und Kriege, einer Epoche, die dadurch gekennzeichnet ist, daß in ihr der Kapitalismus sicher untergehen, der Sozialismus aber sicher aufblühen wird. Wäre es unter solchen Umständen nicht purer Wahnsinn zu glauben, daß in China nach dem Sieg über Imperialismus und Feudalismus eine kapitalistische Gesellschaft unter der Diktatur der Bourgeoisie errichtet werden würde?
Wenn es noch nach dem ersten imperialistischen Weltkrieg und der Oktoberrevolution ein kleines Land wie die Türkei geben konnte, wo infolge besonderer Bedingungen (die Bourgeoisie hatte die griechische Aggression siegreich abgewehrt, die Kräfte des Proletariats waren allzu schwach) eine Diktatur der Bourgeoisie vom kemalistischen Typus errichtet worden ist,[Anmerkung 135] so kann es nach dem zweiten Weltkrieg und nach der Vollendung des sozialistischen Aufbaus in der Sowjetunion nicht abermals so eine Türkei geben und schon gar nicht eine Türkei mit 450 Millionen Einwohnern. Infolge der besonderen Bedingungen Chinas (Schwäche und Kompromißbereitschaft der Bourgeoisie, Stärke und konsequent revolutionärer Geist des Proletariats) läßt sich derartiges niemals auf so billige Weise erzielen wie seinerzeit in der Türkei. Hatten nicht nach der Niederlage der Ersten Großen Revolution im Jahre 1927 die chinesischen Bourgeois lauthals nach dem Kemalismus geschrien? Wo gibt es aber einen chinesischen Kemal? Und wo gibt es eine chinesische Diktatur der Bourgeoisie und eine chinesische kapitalistische Gesellschaft? Ganz davon zu schweigen, daß jene kemalistische Türkei letzten Endes auch nicht umhinkonnte, sich in die Arme der englischen und französischen Imperialisten zu werfen, sich immer mehr in eine Halbkolonie, in einen Bestandteil der reaktionären imperialistischen Welt zu verwandeln. Unter den heute obwaltenden internationalen Umständen müssen sich die wackeren Recken der Kolonien und Halbkolonien entscheiden, ob sie sich in die imperialistische Front einreihen und zu einem Teil der Kräfte der internationalen Konterrevolution werden oder sich in die antiimperialistische Front einreihen und zu einem Teil der Kräfte der Weltrevolution werden wollen. Eins von beiden, einen anderen Weg gibt es nicht.
Was die innere Lage des Landes anbelangt, so hätte die chinesische Bourgeoisie die notwendigen Lehren ziehen sollen. Kaum hatte die Stärke des Proletariats, der Bauernschaft und der anderen kleinbürgerlichen Schichten der Revolution von 1927 zum Sieg verholfen, als das chinesische Bürgertum mit der Großbourgeoisie an der Spitze die breiten Volksmassen durch einen Fußtritt beiseite stieß, die Früchte der Revolution an sich riß, ein konterrevolutionäres Bündnis mit dem Imperialismus und den feudalen Kräften schloß, um sodann in einem zehnjährigen Krieg zur "Ausrottung der Kommunisten" ihre ganze Kraft zu verausgaben. Was war nun aber die Folge davon? Will man etwa auch heute, da ein mächtiger Feind tief in unser Territorium eingedrungen ist und seit zwei Jahren der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression geführt wird, die alten und überholten Rezepte der europäischen und amerikanischen Bourgeoisie kopieren? Zehn Jahre lang hat man sich mit der "Kommunistenausrottung" abgegeben, ohne daß jedoch durch diese "Ausrottung" eine kapitalistische Gesellschaft unter der Diktatur der Bourgeoisie irgendwie emporgewachsen wäre; will man es etwa auf einen neuerlichen Versuch ankommen lassen? Gewiß, bei dieser "Ausrottung" ist eine "Einparteiendiktatur" herausgekommen, aber das ist eine halbkoloniale, halbfeudale Diktatur. Mehr noch, nach einer vierjährigen Kampagne zur "Ausrottung der Kommunisten" (von 1927 bis zu den Ereignissen des 18. September 1931) ist aus der "Ausrottung" ein "Mandschukuo" hervorgegangen; und nach weiteren sechs Jahren, im Jahre 1937, war die Invasion des japanischen Imperialismus südlich der Großen Mauer das Resultat der "Ausrottung". Sollte heutzutage jemand noch daran denken, einen neuen zehnjährigen "Ausrottungsfeldzug" zu unternehmen, dann wäre das eine - etwas abgewandelte - Neuauflage der "Kommunistenausrottung". Gibt es nicht aber schon einen Schnellfüßigen, der allen vorausgeprescht ist und großspurig diese Aufgabe der neuen "Kommunistenausrottung" auf sich genommen hat? Ja, und zwar Wang Djing-we, der bereits als Antikommunist neuen Stils zur Berühmtheit gelangt ist. Wer sich seiner Bande zugesellen will, möge das nur tun; wird er dann aber nicht noch mehr in Verlegenheit geraten, wenn er seine Melodie in all ihren Variationen wie "Diktatur der Bourgeoisie", "kapitalistische Gesellschaft", "Kemalismus", "moderner Staat", "Einparteiendiktatur", "eine einzige Lehre" usw. usf. singt? Schließt er sich aber nicht Wang Djing-we an, sondern der antijapanischen Front jedoch mit dem Hintergedanken, nach dem Sieg über die japanischen Aggressoren dem Volk, das diese bekämpft hat, einen Fußtritt zu geben, die im Widerstandskrieg errungenen Früchte an sich zu reißen und eine "Einparteiendiktatur für alle Ewigkeit" zu errichten -, gibt er sich da nicht gleichsam einem Wachtraum hin? Man redet hin und her über den Widerstand gegen Japan; wer ist es aber, der diesen Widerstand leistet? Ohne die Arbeiter, die Bauern und ohne die anderen Angehörigen des Kleinbürgertums könnt ihr keinen einzigen Schritt machen. Wer es noch einmal wagen sollte, ihnen einen Tritt zu versetzen, der wird selbst zermalmt werden. Sagt einem das nicht ebenfalls der gesunde Menschenverstand? Doch die Ultrakonservativen der chinesischen Bourgeoisie (und genau von dieser Gruppe ist hier die Rede) scheinen in den vergangenen zwanzig Jahren nichts dazugelernt zu haben. Schreien sie denn nicht weiter von "Einschränkung der Kommunistischen Partei", "Zersetzung der Kommunistischen Partei" und "Bekämpfung der Kommunistischen Partei"? Kennt man nicht ihre "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien", denen dann "Maßnahmen zur Regelung des Problems fremder Parteien" und hierauf ein "Durchführungsprogramm für die Regelung des Problems fremder Parteien" folgten? Ach du meine Güte! Nach all diesen "Einschränkungen" und "Regelungen" fragt man sich, was für ein Schicksal sie eigentlich der Nation und sich selbst bereiten. Wir wollen diesen Herren in aller Aufrichtigkeit den wohlgemeinten Rat geben: Sperrt doch endlich eure Augen auf, schaut euch einmal in China und in der Welt um, seht euch doch an, wie es im In- und Ausland aussieht, wie die Dinge heute stehen, und wiederholt nicht eure Fehler! Macht ihr wieder diese Fehler, so wird das fraglos ein Unglück für die Nation sein, doch bei euch, so meine ich, werden die Dinge auch nicht zum besten stehen. Das ist sicher, ohne jeden Zweifel und absolut wahr; wenn sich die Ultrakonservativen der chinesischen Bourgeoisie nicht der Sachlage bewußt werden, wird ihre Lage nicht gerade beneidenswert sein, sie haben voraussichtlich Schlimmes zu erleben sie werden sich selbst ihr Grab schaufeln. Wir hoffen also, daß die antijapanische Einheitsfront in China trotz alledem aufrechterhalten bleibt und daß es anstatt des Monopols einer einzigen Clique die Zusammenarbeit aller Menschen geben wird, damit die Sache des Widerstands gegen die japanische Aggression bis zum Sieg geführt wird; das ist die einzige gute Politik, jede andere Politik ist schlecht. Das ist der aufrichtige Rat, den wir Kommunisten euch geben; sagt später nicht, wir hätten euch nicht gewarnt.
Es gibt ein altes chinesisches Sprichwort: "Ist Reis vorhanden, dann können alle mitessen." Daran ist viel Wahres. Da alle am Kampf gegen den Feind teilnehmen, müssen auch alle an den vorhandenen Nahrungsmitteln, an den zu erledigenden Angelegenheiten, an den gebotenen Bildungsmöglichkeiten teilhaben. Solche großtuerischen Allüren wie "Ich will alles für mich allein" oder "Mir darf niemand etwas anhaben" sind nichts als alte Tricks der Feudalherren, die in den vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts letzten Endes bei niemandem mehr verfangen können.
Wir Kommunisten stoßen keinen einzigen weg, der revolutionär gesinnt ist; wir werden an der Einheitsfront mit allen Klassen und Schichten, allen politischen Parteien und Organisationen sowie allen Einzelpersonen, die gewillt sind, bis zum Schluß am Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression teilzunehmen, festhalten und mit ihnen eine lange Zeit hindurch zusammenarbeiten. Sollten aber gewisse Leute versuchen, die Kommunistische Partei wegzustoßen, dann wird nichts dabei herauskommen; sollten sie die Einheitsfront sprengen wollen, wird daraus ebenfalls nichts. China muß den Widerstandskrieg fortführen, weiter geeint bleiben und vorwärtsmarschieren; wer kapitulieren, spalten, rückwärts schreiten will, dem werden wir das nicht gestatten.
VIII. Zurückweisung der "Linken" Phrasendrescherei
Wenn man nun den kapitalistischen Weg der Diktatur der Bourgeoisie nicht beschreiten kann, ist es dann möglich, den sozialistischen Weg der Diktatur des Proletariats einzuschlagen?
Auch das ist unmöglich.
Ohne Frage, die Revolution befindet sich gegenwärtig in ihrer ersten Phase, sie wird später in ihre zweite Phase übergehen, sich zum Sozialismus hin entwickeln. Und für China wird erst dann ein wahrhaft glückliches Zeitalter anbrechen, wenn es in die Ära des Sozialismus eintritt. Jetzt aber ist der Zeitpunkt für die Verwirklichung des Sozialismus noch nicht gekommen. Die gegenwärtige Aufgabe der Revolution in China besteht darin, den Imperialismus und den Feudalismus zu bekämpfen; solange diese Aufgabe unvollendet bleibt, kann vom Sozialismus nicht gesprochen werden. Die chinesische Revolution muß notwendigerweise zwei Phasen durchlaufen, von denen die erste die Phase der Neuen Demokratie ist, der dann erst als zweite die Phase des Sozialismus folgt. Mehr noch, die erste Phase wird eine ziemlich lange Zeit beanspruchen, dieser Schritt kann durchaus nicht über Nacht getan werden. Wir sind keine Utopisten, wir dürfen uns nicht von den gegebenen realen Bedingungen loslösen.
Es gibt böswillige Propagandisten, die diese beiden verschiedenen Stadien der Revolution absichtlich durcheinanderbringen. Sie treten für die sogenannte Theorie der einmaligen Revolution ein, um mit ihr zu beweisen, daß alle Arten der Revolution in den Drei Volksprinzipien untergebracht werden könnten, der Kommunismus folglich seine Existenzberechtigung verloren hätte. Sie benutzen diese "Theorie" für ihren wütenden Kampf gegen den Kommunismus und die Kommunistische Partei, gegen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, gegen das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia. Sie verfolgen damit den Zweck, jegliche Revolution mit der Wurzel zu vertilgen, eine gründliche Durchführung der bürgerlich-demokratischen Revolution und des Widerstandskriegs gegen Japan zu bekämpfen, um die öffentliche Meinung für eine Kapitulation vor den japanischen Aggressoren vorzubereiten. Diese Situation wird vom japanischen Imperialismus planmäßig gefördert. Denn nach der Besetzung von Wuhan kam den japanischen Imperialisten zum Bewußtsein, daß sie mit bloßer Waffengewalt China nicht unterjochen könnten, und sie ergriffen Zuflucht zu einer politischen Offensive und zu wirtschaftlichen Verlockungen. Was die politische Offensive betrifft, so besteht sie darin, schwankende Elemente im antijapanischen Lager in Versuchung zu führen, die Einheitsfront zu spalten, die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu unterwühlen. Bei den wirtschaftlichen Verlockungen handelt es sich um die "Gründung von gemeinsamen Unternehmungen". In Zentral- und Südchina räumen die japanischen Aggressoren den chinesischen Kapitalisten einen Anteil von 51 Prozent an den Investitionen ein und nehmen die restlichen 49 Prozent für das japanische Kapital in Anspruch; in Nordchina gestatten sie den chinesischen Kapitalisten, 49 Prozent des Kapitals zu investieren, während sie dem japanischen Kapital 51 Prozent vorbehalten. Überdies haben die japanischen Eindringlinge versprochen, die früheren Aktiva der chinesischen Kapitalisten in Form von Kapitalanteilen an den Investitionen zurückzuerstatten. Bei der Aussicht auf solche Vorteile lassen einige durch und durch gewissenlose Kapitalisten jegliche etwaigen moralischen Bedenken fallen, ihnen juckt es in den Fingern zuzugreifen. Ein Teil der Kapitalisten - jene, deren Vertreter Wang Djing-we ist - haben bereits kapituliert. Ein anderer Teil, der sich innerhalb der antijapanischen Frontlinien verborgen hält, denkt auch daran, überzulaufen. Diese Leute sind aber Halunken mit einem Hasenherz, sie haben Angst, die Kommunistische Partei könnte sich ihnen in den Weg stellen, und fürchten noch mehr, daß das einfache Volk sie als Landesverräter verfluchen würde. Sie steckten also die Köpfe zusammen und beschlossen, die Kreise der Kulturschaffenden und die öffentliche Meinung dafür vorzubereiten. Nachdem sie ihre Politik festgelegt hatten, verloren sie keine Minute, um schleunigst ein paar Metaphysik-Gaukler9 und dazu noch einige Trotzkisten anzuheuern, die ihre Federhalter wie Lanzen zückten, einen Heidenspektakel machten und sich wie Tollhäusler gebärdeten. Daher stammen alle jene Mätzchen, die dazu dienen, Leute zu betrügen, welche nicht wissen, was ringsum in der Welt vorgeht: die "Theorie der einmaligen Revolution", das Geschwätz darüber, daß der Kommunismus den nationalen Verhältnissen Chinas nicht entspräche, daß die Kommunistische Partei keine Existenzberechtigung in China hätte, daß die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee den Widerstandskrieg sabotierten und nur umherzögen, ohne zu kämpfen, daß das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ein feudales Separatregime darstelle, daß die Kommunistische Partei ungehorsam, einheitsfeindlich, intrigant und aufrührerisch wäre - all das nur zu dem Zweck, den Kapitalisten einen glaubwürdigen Grund zu verschaffen, damit sie im günstigen Augenblick ihre 49 oder 51 Prozent ergattern und die Interessen der Nation in Bausch und Bogen an den Feind verschachern können. Das ist der Diebestrick "die Balken und Pfeiler durch wurmstichiges Bauholz ersetzen", der zur ideologischen Vorbereitung der Kapitulation, zur entsprechenden Präparierung der öffentlichen Meinung dient. Diese Herrschaften, die offenbar allen Ernstes die "Theorie der einmaligen Revolution" aufstellen, um den Kommunismus und die Kommunistische Partei zu bekämpfen, haben also im Grunde genommen nichts anderes im Sinn als jene 49 oder 51 Prozent. Und welche raffinierte Berechnung müssen sie dabei angestellt haben! Was man die "Theorie der einmaligen Revolution" nennt, ist lediglich die Theorie der Nicht-Revolution - das ist das Wesen der Sache.
Es gibt aber noch andere Leute, die anscheinend keine bösen Absichten haben, aber sich dennoch durch die "Theorie der einmaligen Revolution", durch die rein subjektive Vorstellung, es könnten "die politische Revolution und die soziale Revolution auf einen Schlag vollendet werden", irreführen lassen; sie begreifen nicht, daß sich die Revolution in Stadien teilt, daß man nur von einer Revolution zur nächsten Revolution fortschreiten kann, daß nichts "auf einen Schlag vollendet" wird. Diese Einstellung ist gleichfalls sehr schädlich, weil sie die Stadien der Revolution durcheinanderbringt und die Anstrengungen zur Durchführung der auf der Tagesordnung stehenden Aufgaben schwächt. Richtig ist es zu sagen, daß von den zwei Stadien der Revolution das erste die Voraussetzungen für das zweite schafft und das zweite unmittelbar auf das erste folgen muß, ohne daß sich ein Stadium der bürgerlichen Diktatur dazwischenschalten darf; das ist die marxistische Theorie von der Entwicklung der Revolution. Wenn man aber sagt, die demokratische Revolution habe nicht ihre bestimmten eigenen Aufgaben, habe keinen bestimmten eigenen Zeitraum, sondern man könne andere Aufgaben, die in Wirklichkeit nur in einem anderen Zeitraum auszuführen sind - beispielsweise die sozialistischen Aufgaben -, dadurch bereits erfüllen, daß man sie den demokratischen Aufgaben einverleibt, und wenn man dann das alles "Vollendung auf einen Schlag" nennt, so ist das eine Utopie, die von wahren Revolutionären nicht akzeptiert wird.
IX. Zurückweisung der Ultrakonservativen
Da treten nun die bürgerlichen Ultrakonservativen hervor und sagen: Schön, wenn ihr Kommunisten die sozialistische Gesellschaftsordnung auf ein späteres Stadium verschiebt und wenn ihr erklärt: "Die Drei Volksprinzipien sind für das heutige China unerläßlich, und unsere Partei ist bereit, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen",[Anmerkung 136] na, dann zieht doch den Kommunismus vorläufig zurück. Diese Argumentation ist unter dem Aushängeschild "Eine einzige Lehre" in ein wildes Geschrei ausgeartet. Dem Wesen nach ist das ein Geschrei der Ultrakonservativen nach dem bürgerlichen Despotismus. Aber aus Höflichkeitsgründen kann man es auch als einen Mangel an jeglichem gesunden Menschenverstand bezeichnen.
Kommunismus bedeutet das geschlossene System der Ideologie des Proletariats und zugleich auch ein neues Gesellschaftssystem. Diese Ideologie und diese Gesellschaftsordnung unterscheiden sich von jeder anderen Ideologie und Gesellschaftsordnung, sie sind das vollkommenste, fortschrittlichste, revolutionärste und vernünftigste ideologische beziehungsweise soziale System in der ganzen Menschheitsgeschichte. Die Ideologie und die Gesellschaftsordnung des Feudalismus sind bereits ins historische Museum gewandert. Die Ideologie und die Gesellschaftsordnung des Kapitalismus befinden sich in einem Teil der Welt - in der Sowjetunion - auch schon im Museum, und wo das noch nicht der Fall ist, gleichen sie "einem, der in den letzten Zügen liegt, der niedersinkt und jeden Augenblick das Leben aushauchen kann, - wie die Sonne hinter den Westbergen", und sie kommen auch bald ins Museum. Allein die kommunistische Ideologie und Gesellschaftsordnung sind voller Jugendfrische und Lebenskraft, sie gleichen einer allmächtigen Naturgewalt, die mit unwiderstehlicher Kraft über das ganze Erdenrund hinwegfegt. Seitdem der wissenschaftliche Kommunismus in China Eingang gefunden hat, ist der Gesichtskreis der Menschen weiter geworden, und das Antlitz der chinesischen Revolution hat sich geändert. Ohne sich vom Kommunismus leiten zu lassen, kann die demokratische Revolution in China unmöglich Erfolg haben, geschweige denn das weitere Stadium der Revolution. Das ist denn auch der Grund, warum die Ultrakonservativen der Bourgeoisie ein solches Geschrei erheben und verlangen, daß der Kommunismus "zurückgezogen" werde. Doch in der Tat darf er nicht "zurückgezogen" werden, denn dann wäre China der Unterjochung preisgegeben. In der heutigen Welt ist der Kommunismus die einzige Rettung, und das gilt natürlich genauso für China.
Jedermann weiß, daß die Kommunistische Partei hinsichtlich des Gesellschaftssystems, für das sie eintritt, ein Programm für die unmittelbare Gegenwart und eins für die Zukunft hat, ein Minimal- und ein Maximalprogramm. Für die Gegenwart die Neue Demokratie und für die Zukunft den Sozialismus; diese Programme sind zwei Bestandteile eines organischen Ganzen und lassen sich von der in sich geschlossenen kommunistischen Ideologie leiten. Ist es daher nicht in höchstem Grade absurd, mit Riesengebrüll eine "Zurückziehung" des Kommunismus zu fordern, mit der Begründung, das Minimalprogramm der Kommunistischen Partei und die politischen Leitsätze der Drei Volksprinzipien seien einander in ihren Grundzügen gleich? Für die Kommunisten ist es ja gerade wegen dieser Übereinstimmung in den Grundzügen möglich anzuerkennen, daß "die Drei Volksprinzipien als politische Basis für die antijapanische Einheitsfront" dienen können, sowie zu erklären: "Die Drei Volksprinzipien sind für das heutige China unerläßlich, und unsere Partei ist bereit, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen." Andernfalls bestünde diese Möglichkeit nicht. Hier haben wir eine Einheitsfront zwischen dem Kommunismus und den Drei Volksprinzipien im Stadium der demokratischen Revolution, eine ebensolche Einheitsfront, wie sie Sun Yat-sen im Sinn hatte, als er sagte: "Der Kommunismus ist ein guter Freund der Drei Volksprinzipien."[35] Den Kommunismus verleugnen bedeutet in Wirklichkeit die Einheitsfront verleugnen. Gerade weil die Ultrakonservativen ihrer Doktrin von "einer einzigen Partei" gehorchen, weil sie die Einheitsfront ablehnen, haben sie ihre absurden Argumente fabriziert, mit denen sie dem Kommunismus die Anerkennung verweigern.
Mehr noch, das mit der "einzigen Lehre" ist widersinnig. Solange Klassen bestehen, wird es ebenso viele Lehren geben wie Klassen, und sogar die verschiedenen Gruppen ein und derselben Klasse werden jede ihre eigene Lehre haben. Nun, da hat die Klasse der Feudalherren ihre feudale Lehre, die Bourgeoisie die kapitalistische Lehre, die Buddhisten haben den Buddhismus, die Christen das Christentum, die Bauern ihren Polytheismus, und in den letzten Jahren sind Leute aufgetreten, die den Kemalismus, den Faschismus, den Vitalismus[Anmerkung 137] und die "Lehre von der Verteilung nach der Arbeitsleistung"[Anmerkung 138] predigen; warum darf dann das Proletariat nicht seine Lehre haben, den Kommunismus? Wenn es schon unzählige "Ismen" gibt, warum schreit man da, kaum erblickt man den Kommunismus, er müsse "zurückgezogen" werden? Offen gesagt: Aus dem "Zurückziehen" wird nichts; laßt uns lieber miteinander wetteifern. Wird dabei der Kommunismus unterliegen, dann werden wir Kommunisten zugeben, daß wir Pech gehabt haben. Ist dem jedoch nicht so, dann sollte das dem Prinzip der Demokratie feindliche Gehabe mit "einer einzigen Lehre" lieber "zurückgezogen" werden, und zwar schleunigst!
Um Mißverständnisse zu vermeiden und den Ultrakonservativen (Gelegenheit zu geben, ihren Horizont zu erweitern, muß man klarstellen, worin die Drei Volksprinzipien und der Kommunismus miteinander übereinstimmen und worin nicht.
Wenn man die zwei Lehren einander gegenüberstellt, sieht man teils Ähnlichkeiten, teils Verschiedenheiten.
Erstens, die Ähnlichkeiten. Es sind dies die grundlegenden politischen Programme der beiden Lehren für das Stadium der bürgerlich-demokratischen Revolution in China. Die drei politischen Leitsätze der von Sun Yat-sen im Jahre 1924 neugedeuteten, revolutionären Drei Volksprinzipien - Nationalismus, Demokratie und Volkswohl - sind in den Grundzügen die gleichen wie die des kommunistischen Programms für das Stadium der demokratischen Revolution in China. Wegen dieser Ähnlichkeiten und wegen der Durchführung der Drei Volksprinzipien ist es zur Einheitsfront zwischen den beiden Lehren und den beiden Parteien gekommen. Es wäre ein Fehler, diese Seite zu ignorieren.
Zweitens, die Verschiedenheiten:
1. Die Programme für das Stadium der demokratischen Revolution sind zum Teil voneinander verschieden. Das kommunistische Programm sieht für den gesamten Verlauf dieser Revolution die konsequente Verwirklichung der Volksmacht, die Einführung des Achtstundentags und die vollständige Durchführung der Agrarrevolution vor, während es das in den Drei Volksprinzipien nicht gibt. Wenn den Drei Volksprinzipien diese Punkte nicht hinzugefügt werden und nicht die Bereitschaft besteht, sie zu erfüllen, gleichen die beiden demokratischen Programme einander nur in den Grundzügen, können jedoch nicht als völlig gleiche Programme bezeichnet werden.
2. Eine Verschiedenheit besteht auch darin, daß in dem einen Programm ein sozialistisches Stadium vorgesehen ist, in dem anderen nicht. Für den Kommunismus gibt es außer dem Stadium der demokratischen Revolution auch ein Stadium der sozialistischen Revolution, folglich außer einem Minimalprogramm auch ein Maximalprogramm, d. h. ein Programm zur Errichtung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaftsordnung. Für die Drei Volksprinzipien gibt es hingegen nur das Stadium der demokratischen Revolution und kein Stadium der sozialistischen Revolution, folglich enthalten sie nur ein Minimalprogramm und kein auf die Errichtung der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaftsordnung abzielendes Maximalprogramm.
3. Die Weltanschauungen sind verschieden. Die Weltanschauung des Kommunismus ist der dialektische und historische Materialismus, während die den Drei Volksprinzipien zugrunde liegende Weltanschauung eine sogenannte Geschichtsauffassung vom Gesichtspunkt der Volkswohlfahrt - also ihrem Wesen nach dualistisch oder idealistisch - ist, so daß beide Weltanschauungen einander entgegengesetzt sind.
4. Eine Verschiedenheit hinsichtlich der revolutionären Konsequenz. Bei den Kommunisten stimmen Theorie und Praxis miteinander überein, daher zeichnen sich die Kommunisten durch eine revolutionäre Konsequenz aus. Bei den Anhängern der Drei Volksprinzipien - mit Ausnahme jener Menschen, die der Revolution und der Wahrheit treu ergeben sind - gehen jedoch Theorie und Praxis auseinander, besteht ein Widerspruch zwischen Worten und Taten, d. h., es fehlt diesen Leuten revolutionäre Konsequenz.
Das sind also die Verschiedenheiten zwischen den beiden Lehren. Wegen dieser Verschiedenheiten unterscheiden sich eben die Kommunisten von den Anhängern der Drei Volksprinzipien. Diesen Unterschied ignorieren, nur die eine Seite, die Einheit, sehen und nicht auch die andere Seite, die Widersprüche, das wäre zweifellos ein schwerer Fehler.
Ist das klar, so sieht man auch, was die bürgerlichen Ultrakonservativen mit ihrer Forderung, den Kommunismus "zurückzuziehen", im Sinne haben. Erkennt man nicht, daß es hierbei um einen Despotismus der Bourgeoisie geht, dann ist man ein kompletter Ignorant.
X. Die alten und die neuen Drei Volksprinzipien
Die bürgerlichen Ultrakonservativen verstehen überhaupt nichts von geschichtlichen Wandlungen, ihre Kenntnisse sind fast gleich Null. Sie kennen weder den Unterschied zwischen dem Kommunismus und den Drei Volksprinzipien noch den Unterschied zwischen den alten und den neuen Drei Volksprinzipien.
Wir Kommunisten anerkennen "die Drei Volksprinzipien als politische Basis für die antijapanische nationale Einheitsfront"; wir anerkennen, daß "die Drei Volksprinzipien für das heutige China unerläßlich sind und unsere Partei bereit ist, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen" ; wir anerkennen, daß das kommunistische Minimalprogramm und die politischen Leitsätze der Drei Volksprinzipien einander in den Grundzügen gleichen. Von welchen Drei Volksprinzipien ist jedoch dabei die Rede? Es sind dies keine anderen als die von Dr. Sun Yat-sen im Manifest des I. Nationalkongresses der Kuomintang neugedeuteten Drei Volksprinzipien. Ich wünsche, die Herren Ultrakonservativen würden, wenn sie sich inmitten ihrer emsigen Beschäftigung mit "Einschränkung der Kommunistischen Partei", "Zersetzung der Kommunistischen Partei", "Bekämpfung der Kommunistischen Partei" u. dgl. auch noch ein wenig selbstgefällige Muße gönnen wollten, einmal ganz kurz einen Blick in dieses Manifest werfen. Dr. Sun Yat-sen sagte nämlich darin: "Das ist die authentische Interpretation der Drei Volksprinzipien der Kuomintang." Daraus folgt, daß nur diese Drei Volksprinzipien die echten Drei Volksprinzipien sind; alle anderen sind falsch. Allein die im Manifest des 1. Nationalkongresses der Kuomintang gegebene Interpretation ist "authentisch", alle anderen sind Pseudointerpretationen. Es ist doch wohl anzunehmen, daß dies kein von den Kommunisten in die Welt gesetztes "Gerücht" ist, denn ich und viele Kuomintang-Mitglieder waren dabei, als das Manifest beschlossen wurde.
Das Manifest scheidet zwei Epochen in der Geschichte der Drei Volksprinzipien voneinander. Vorher waren es Drei Volksprinzipien einer alten Kategorie, die Drei Volksprinzipien der alten bürgerlichdemokratischen Revolution in einem halbkolonialen Land, die Drei Volksprinzipien der alten Demokratie, die alten Drei Volksprinzipien.
Nachher wurden sie zu Drei Volksprinzipien einer neuen Kategorie, zu den Drei Volksprinzipien der neuen bürgerlich-demokratischen Revolution in einem halbkolonialen Land, zu den Drei Volksprinzipien der Neuen Demokratie, zu den neuen Drei Volksprinzipien. Nur diese allein können die revolutionären Drei Volksprinzipien der neuen Periode sein.
Diese revolutionären Drei Volksprinzipien der neuen Periode, also die neuen oder die echten Drei Volksprinzipien, sind die Drei Volksprinzipien der drei politischen Hauptrichtlinien - Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei, Unterstützung der Bauern und Arbeiter. Wenn diese drei politischen Hauptrichtlinien nicht vorhanden sind oder wenn auch nur eine einzige von ihnen fehlt, dann sind es in der neuen Periode entweder falsche oder nur halbe Drei Volksprinzipien.
Erstens müssen die revolutionären Drei Volksprinzipien, die neuen oder die echten Drei Volksprinzipien, solche sein, die das Bündnis mit Rußland einschließen. Wie die Dinge heute stehen, ist es völlig klar, daß, wenn man nicht eine Politik des Bündnisses mit Rußland betreibt, sich nicht mit dem Land des Sozialismus verbündet, man unvermeidlich eine Politik des Bündnisses mit dem Imperialismus einschlägt, sich mit den imperialistischen Mächten verbündet. Ist nicht nach 1927 gerade das eingetreten? Sobald sich der Kampf zwischen der sozialistischen Sowjetunion und den Imperialisten noch mehr verschärft, wird sich China auf die eine oder andere Seite schlagen müssen; das ist eine unabweisliche Tendenz. Sollte es denn unmöglich sein, sich weder nach der einen noch nach der anderen Seite hin zu neigen? Nein, das ist eine Illusion. Die ganze Welt wird in die eine oder die andere dieser beiden Fronten einbezogen werden, und von da ab wäre eine "neutrale" Stellung in der Welt bloß ein betrügerischer Terminus. Vor allem für China, das gegen eine imperialistische Macht kämpft, die tief in sein Territorium eingedrungen ist, wäre ohne die Hilfe der Sowjetunion an einen endgültigen Sieg nicht zu denken. Wenn man auf das Bündnis mit Rußland verzichtet und sich mit dem Imperialismus verbündet, dann muß man das Adjektiv "revolutionär" streichen, und die Drei Volksprinzipien verwandeln sich in reaktionäre Drei Volksprinzipien. Schließlich und endlich gibt es ja keine "neutralen" Drei Volksprinzipien, sondern bloß revolutionäre oder konterrevolutionäre. Wäre es nicht heroisch, wenn man nach den früheren Worten Wang Djing-wes einen "Kampf gegen die Angriffe von beiden Seiten"[Anmerkung 139] ausprobierte und demnach die Drei Volksprinzipien eines solchen "Kampfes" akzeptierte? Leider hat aber ihr Erfinder, Wang Djing-we, selbst diese Art von Drei Volksprinzipien aufgegeben (oder "zurückgezogen") und sich solchen Drei Volksprinzipien zugewandt, die ein Bündnis mit dem Imperialismus enthalten. Wäre es aber nicht, wie andere argumentieren, durchaus revolutionär, wenn man zwischen dem östlichen und dem westlichen Imperialismus differenzierte und sich, im Gegensatz zu Wang Djing-we, der es mit dem östlichen Imperialismus hält, mit einigen imperialistischen Mächten im Westen verbündete, um sich gegen den östlichen Imperialismus zu wenden? Doch, ob es einem gefällt oder nicht, die westlichen Imperialisten wollen die Sowjetunion und den Kommunismus bekämpfen; schließt du dich ihnen an, so heißen sie dich nordwärts marschieren, und aus deiner Revolution wird Essig. Wie die Dinge also stehen, müssen die revolutionären Drei Volksprinzipien - die neuen, die echten Drei Volksprinzipien - das Bündnis mit Rußland einschließen, keinesfalls aber ein Bündnis mit dem Imperialismus gegen Rußland.
Zweitens müssen die revolutionären Drei Volksprinzipien - die neuen, die echten Drei Volksprinzipien - solche sein, die das Bündnis mit der Kommunistischen Partei einschließen. Verbündet man sich nicht mit den Kommunisten, dann bekämpft man sie. Der Antikommunismus ist die Politik des japanischen Imperialismus und Wang Djing-wes; wollt ihr die Kommunistische Partei bekämpfen? Ausgezeichnet! Sie werden euch einladen, in ihre antikommunistische Firma einzutreten. Macht man sich aber da nicht des Landesverrats verdächtig? Ihr könntet sagen, ihr ginget nicht mit Japan, sondern mit anderen Ländern. Aber das ist doch lächerlich. Mit wem immer du auch gehen solltest, es wäre, wenn gegen die Kommunistische Partei gerichtet, Landesverrat, denn du könntest dann nicht mehr den japanischen Aggressoren Widerstand entgegensetzen. Ihr könntet sagen, ihr würdet unabhängig, auf euch allein gestellt, die Kommunisten bekämpfen. Das sind doch Hirngespinste. Können denn die "wackeren Recken" in einem kolonialen bzw. halbkolonialen Land ein so gewaltiges konterrevolutionäres Unternehmen bewältigen, ohne sich auf die imperialistischen Kräfte zu stützen? Früher habt ihr die Kräfte fast des gesamten Weltimperialismus mobilisiert, um zehn lange Jahre hindurch die Kommunistische Partei zu bekämpfen, doch vergebens; und jetzt solltet ihr urplötzlich imstande sein, sie "selbständig" zu bekämpfen? Gewisse Leute außerhalb des Grenzgebiets sollen dem Vernehmen nach gesagt haben: "Es ist gut, die Kommunisten zu bekämpfen, aber es kommt nichts dabei heraus." Wenn das nicht ein bloßes Gerücht ist, so ist diese Redensart nur zur einen Hälfte falsch; denn was ist schon "Gutes" an der "Bekämpfung der Kommunisten"? Doch die andere Hälfte stimmt: Es kommt wirklich nichts dabei heraus. Und der Grund dafür liegt im wesentlichen nicht bei den Kommunisten, sondern bei dem einfachen Volk; denn es liebt die Kommunistische Partei und mag nicht deren "Bekämpfung". Das einfache Volk ist unerbittlich; es wird euch an die Kehle gehen, wenn ihr in einer Zeit, da der Feind der Nation tief in unser Territorium eingedrungen ist, die Kommunistische Partei bekämpft. Das ist gewiß; wer sich gegen die Kommunisten stellt, muß darauf gefaßt sein, zu Staub zerrieben zu werden. Habt ihr keine Lust, zu Staub zerrieben zu werden, dann laßt lieber diese Bekämpfung bleiben. Das ist unser aufrichtiger Rat an alle antikommunistischen Recken. Somit ist es sonnenklar, daß die heutigen Drei Volksprinzipien das Bündnis mit der Kommunistischen Partei einschließen müssen, andernfalls würden sie zunichte. Das ist eine Existenzfrage der Drei Volksprinzipien. Enthalten sie das Bündnis mit der Kommunistischen Partei, dann bestehen sie; dienen sie dem Kampf gegen die Kommunistische Partei, dann hören sie zu bestehen auf. Kann jemand das Gegenteil beweisen?
Drittens müssen die revolutionären Drei Volksprinzipien - die neuen, die echten Drei Volksprinzipien - solche sein, die eine Politik der Unterstützung der Bauern und Arbeiter einschließen. Wer keine solche Politik will, wer nicht ehrlich und aufrichtig den Bauern und Arbeitern beisteht, wer das im Testament Sun Yat-sens niedergelegte Vermächtnis, man müsse "die Volksmassen wecken", nicht vollzieht, der bereitet die Niederlage der Revolution vor und obendrein seine eigene Niederlage. Stalin sagte, daß "die nationale Frage dem Wesen der Sache nach eine Bauernfrage ist".[Anmerkung 140] Das bedeutet, daß die chinesische Revolution ihrem Wesen nach eine Bauernrevolution ist und daß der gegenwärtige Widerstand gegen die japanische Aggression seinem Wesen nach ein antijapanischer Widerstand der Bauernschaft ist. Die Politik der Neuen Demokratie bedeutet ihrem Wesen nach, daß man den Bauern zur Macht verhilft. Die neuen, die echten Drei Volksprinzipien sind ihrem Wesen nach Prinzipien einer Bauernrevolution. Kultur der Massen bedeutet dem Wesen der Sache nach die Hebung des Kulturniveaus der Bauern. Der Widerstandskrieg gegen Japan ist seinem Wesen nach ein Bauernkrieg. Wir leben jetzt in einer Zeit der "Theorie des In-die-Berge-Gehens",[Anmerkung 141] und alles - die Versammlungen, die verschiedene Arbeit, der Unterricht, die Herausgabe von Zeitungen, das Verfassen von Büchern, die Veranstaltung von Theateraufführungen - spielt sich in den Bergen ab, geschieht dem Wesen der Sache nach für die Bauern. Und alles, was für den Widerstandskrieg und für das Leben benötigt wird, geben uns dem Wesen der Sache nach die Bauern. Mit dem "Wesen" ist hier das Grundlegende gemeint, womit die anderen Volksschichten durchaus nicht unterschätzt werden sollen, wie dies Stalin selbst erläutert hat. Daß die Bauern achtzig Prozent der Bevölkerung Chinas bilden, weiß jedes Schulkind. Deshalb bildet die Bauernfrage die Grundfrage der chinesischen Revolution, sind die Kräfte der Bauern ihre Hauptkraft. Zahlenmäßig stehen die Arbeiter an zweiter Stelle in der Bevölkerung Chinas. Es gibt in China Millionen Industriearbeiter und Dutzende von Millionen Handwerker und Landarbeiter. Ohne die Arbeiter in den verschiedenartigen Gewerben könnte China nicht leben, denn sie sind die Produzenten in der gewerblichen Wirtschaft. Ohne die moderne Industriearbeiterklasse kann die Revolution nicht siegen, denn diese Klasse ist die Führerin der chinesischen Revolution, sie ist die revolutionärste Klasse. Unter diesen Umständen müssen die revolutionären, die neuen, die echten Drei Volksprinzipien unbedingt eine Politik der Unterstützung der Bauern und Arbeiter einschließen. Sollte es irgendwelche Drei Volksprinzipien geben, die keine derartige Bauern- und Arbeiterpolitik enthalten, die nicht ehrlich und aufrichtig den Bauern und Arbeitern Beistand leisten und die dem Vermächtnis "Die Volksmassen wecken!" nicht nachkommen, dann werden solche Drei Volksprinzipien bestimmt untergehen.
Daraus ist ersichtlich, daß solche Drei Volksprinzipien, die von den drei politischen Hauptrichtlinien - Bündnis mit Rußland, Bündnis mit der Kommunistischen Partei, Unterstützung der Bauern und Arbeiter - losgelöst sind, keine Zukunft haben. Alle ehrlichen Anhänger der Drei Volksprinzipien müssen sich dies ernsthaft überlegen.
Diese auf den drei politischen Hauptrichtlinien basierenden Drei Volksprinzipien - also die revolutionären, die neuen, die echten Drei Volksprinzipien - sind die Drei Volksprinzipien der Neuen Demokratie, sind eine Weiterentwicklung der alten Drei Volksprinzipien, sind eine große Leistung Dr. Sun Yat-sens, sind das Produkt jener Epoche, in der die chinesische Revolution zu einem Bestandteil der sozialistischen Weltrevolution geworden ist. Nur diese Drei Volksprinzipien sind es, von denen die Kommunistische Partei sagte, daß sie "für das heutige China unerläßlich sind", und sie verkündete, daß sie "bereit ist, für ihre restlose Verwirklichung zu kämpfen". Und es sind nur diese Drei Volksprinzipien, die dem politischen Programm der Kommunistischen Partei Chinas für das Stadium der demokratischen Revolution, d. h. ihrem Minimalprogramm, in den Grundzügen gleichen.
Was die alten Drei Volksprinzipien betrifft, so sind sie ein Produkt der alten Periode der chinesischen Revolution. Damals war Rußland ein imperialistischer Staat, und man konnte natürlich keine Politik des Bündnisses mit ihm betreiben; im Land selbst gab es keine Kommunistische Partei, und es konnte natürlich keine Politik des Bündnisses mit der Kommunistischen Partei geben; die Arbeiter- und Bauernbewegung hatte noch nicht in vollem Maße ihre politische Bedeutung an den Tag gelegt und die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen, so daß es natürlich keine Politik des Bündnisses mit den Arbeitern und Bauern geben konnte. Daher gehören die Drei Volksprinzipien aus der Zeit vor der Reorganisation der Kuomintang im Jahre 1924 zur alten Kategorie, sie sind veraltet. Hätten sie sich nicht zu den neuen Drei Volksprinzipien entwickelt, wäre auch die Kuomintang nicht vorwärtsgekommen. Der weitblickende Sun Yat-sen erkannte dies, gewann die Hilfe der Sowjetunion und der Kommunistischen Partei Chinas und gab den Drei Volksprinzipien eine neue Interpretation, um sie mit den der neuen Geschichtsperiode entsprechenden Eigentümlichkeiten auszustatten; so kam es zur Einheitsfront zwischen den Drei Volksprinzipien und dem Kommunismus sowie zur erstmaligen Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, so wurde die Sympathie des ganzen Volkes gewonnen und die Revolution von 1924-1927 in die Wege geleitet.
Die alten Drei Volksprinzipien waren zu ihrer Zeit revolutionär, sie spiegelten die historischen Eigentümlichkeiten der alten Periode wider. Wenn jedoch in der neuen Periode, nachdem bereits die neuen Drei Volksprinzipien ins Leben getreten sind, immer noch das alte Zeug verzapft wird, wenn man jetzt, da es schon einen sozialistischen Staat gibt, gegen ein Bündnis mit Rußland Stellung nimmt, wenn man jetzt, da schon die Kommunistische Partei existiert, gegen ein Bündnis mit ihr auftritt, und wenn man jetzt, nachdem die Arbeiter und Bauern bereits aufgewacht sind und ihre politische Stärke demonstriert haben, sich einer Politik der Unterstützung der Bauern und Arbeiter widersetzt, dann werden derartige Drei Volksprinzipien etwas Reaktionäres, es fehlt in ihnen jedes Verständnis für die Zeitumstände. Die Reaktion, die nach 1927 hereinbrach, war eben das Ergebnis eines solchen Unverständnisses für die Erfordernisse der Zeit. Ein altes Sprichwort sagt: "Wer die Zeichen der Zeit versteht, ist ein großer Mann." Ich hoffe, daß die Anhänger der Drei Volksprinzipien dies heute beherzigen werden.
Würden die Drei Volksprinzipien in die alte Kategorie fallen, dann hätten sie in den Grundzügen nichts Gemeinsames mit dem kommunistischen Minimalprogramm, da sie dann der Vergangenheit angehörten und veraltet wären. Sollte es irgendwelche Drei Volksprinzipien geben, die sich gegen Rußland, gegen die Kommunistische Partei, gegen die Bauern und Arbeiter richteten, dann wären es reaktionäre Drei Volksprinzipien, die nicht nur nicht das geringste mit dem kommunistischen Minimalprogramm gemein hätten, sondern ein Feind des Kommunismus wären, und man brauchte über nichts mehr Worte zu verlieren. Auch das sollten sich die Anhänger der Drei Volksprinzipien reiflich überlegen.
Wie dem auch immer sei, gewissenhafte Menschen werden, solange die Aufgabe, den Imperialismus und Feudalismus niederzuringen, nicht im wesentlichen erfüllt ist, die neuen Drei Volksprinzipien nicht preisgeben. Das tun nur die großen und kleinen Wang Djing-wes. Wie sehr aber auch diese Leute solche antirussischen, antikommunistischen, bauern- und arbeiterfeindlichen drei Pseudo-Volksprinzipien forcieren mögen, es werden sich dennoch zweifellos Menschen mit Gewissen und Gerechtigkeitssinn finden, die nach wie vor die echten Drei Volksprinzipien Sun Yat-sens unterstützen werden. Wenn es nach dem reaktionären Umsturz von 1927 noch viele Anhänger der echten Drei Volksprinzipien gab, die den Kampf für die Sache der chinesischen Revolution fortsetzten, so wird heute, da der Feind der Nation tief in unser Land eingedrungen ist, ihre Zahl zweifellos tausendmal größer sein. Wir Kommunisten werden mit allen wahren Anhängern der Drei Volksprinzipien eine lange Zeit hindurch unentwegt zusammenarbeiten, und wir werden nur Landesverräter und unverbesserliche Antikommunisten, nie aber einen Freund, wer immer es auch sei, abweisen.
XI. Die Kultur der Neuen Demokratie
Vorher haben wir die historischen Besonderheiten der chinesischen Politik in der neuen Periode sowie die Frage der neudemokratischen Republik erläutert. Wir können nun zur Frage der Kultur fortschreiten.
Eine gegebene Kultur ist die ideologische Widerspiegelung der Politik und Wirtschaft der betreffenden Gesellschaft. Es gibt in China eine imperialistische Kultur, die die politische und wirtschaftliche Beherrschung - oder partielle Beherrschung - des Landes durch den Imperialismus widerspiegelt. Diese Art von Kultur wird nicht nur von jenen Kulturinstitutionen gefördert, die von den Imperialisten direkt verwaltet werden, sondern auch von einigen jedes Schamgefühls baren Chinesen. Zu dieser Kategorie gehören alle jene Kulturerzeugnisse, in denen sich Versklavungsideen äußern. Es gibt ferner in China eine halbfeudale Kultur, die die halbfeudale Politik und die halbfeudale Wirtschaft widerspiegelt; zu ihren Vertretern gehören jene, die den Kult um Konfuzius und das Studium der konfuzianischen Kanons befürworten, die alte Ethik und die alten Ideen predigen, gegen die neue Kultur und die neuen Ideen auftreten. Die imperialistische Kultur und die halbfeudale Kultur sind sehr einträchtige Brüder, sie haben auf dem Gebiet der Kultur ein reaktionäres Bündnis geschlossen und bekämpfen die neue Kultur Chinas. Diese reaktionäre Kultur dient dem Imperialismus und der Feudalklasse, sie muß hinweggefegt werden. Wird sie nicht hinweggefegt, dann kann keinerlei neue Kultur aufgebaut werden. Ohne Niederreißen gibt es keinen Aufbau, ohne Eindämmen kein Fließen, ohne Stillstand keine Bewegung; zwischen der einen und der anderen Kultur tobt ein Kampf auf Leben und Tod.
Was die neue Kultur betrifft, so ist sie eine ideologische Widerspiegelung der neuen Politik und Wirtschaft, denen sie dient.
Wie wir schon im 3. Kapitel festgestellt haben, änderte sich seit dem Aufkommen einer kapitalistischen Wirtschaft in China allmählich der Charakter der chinesischen Gesellschaft; sie ist keine völlig feudale Gesellschaft mehr, sondern wurde zu einer halbfeudalen Gesellschaft, obgleich die feudale Wirtschaftsweise noch überwiegt. Im Vergleich zur feudalen Wirtschaftsweise ist die kapitalistische eine neue Wirtschaft. Zugleich mit der neuen, der kapitalistischen Wirtschaft entstanden und entwickelten sich auch neue politische Kräfte, nämlich die politischen Kräfte der Bourgeoisie, des Kleinbürgertums und des Proletariats. Und das, was auf ideologischem Gebiet die neuen ökonomischen und politischen Kräfte widerspiegelt und ihnen dient, ist die neue Kultur. Ohne kapitalistische Wirtschaft, ohne die Bourgeoisie, das Kleinbürgertum und das Proletariat, ohne die politischen Kräfte dieser Klassen hätte die neue Ideologie, die neue Kultur nicht entstehen können.
Die neuen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte bilden die revolutionären Kräfte Chinas, die der alten Politik, Wirtschaft und Kultur als Widerpart gegenüberstehen. Diese alte Politik, alte Wirtschaft und alte Kultur setzen sich aus zwei Bestandteilen zusammen: aus der eigenen halbfeudalen Politik, Wirtschaft und Kultur Chinas und aus der Politik, Wirtschaft und Kultur des Imperialismus, wobei die letzteren in dem Bündnis dominieren. Das alles ist Unrat und muß restlos zerstört werden. Der Kampf zwischen dem Alten und dem Neuen in der chinesischen Gesellschaft ist ein Kampf zwischen den neuen Kräften der breiten Volksmassen (der revolutionären Klassen) und den alten Kräften des Imperialismus und der Feudalklasse. Dieser Kampf zwischen dem Alten und dem Neuen ist ein Kampf zwischen Revolution und Konterrevolution. Dieser Kampf dauert nun schon, vom Opiumkrieg an gerechnet, volle hundert Jahre und von der Revolution von 1911 an gerechnet nahezu dreißig Jahre.
Wie aber bereits ausgeführt wurde, teilt sich die Revolution gleichfalls in eine neue und eine alte; was in einer gewissen Geschichtsperiode neu war, verwandelt sich in einer anderen in etwas Altes. Die hundert Jahre bürgerlich-demokratischer Revolution in China zerfallen in zwei Abschnitte: einen früheren von achtzig Jahren und einen späteren von zwanzig Jahren. Jeder der beiden Abschnitte hat seine grundlegende historische Besonderheit, und zwar gehörte die bürgerlich-demokratische Revolution in den ersten achtzig Jahren zur alten Kategorie, während sie in den letzten zwanzig Jahren auf Grund der Wandlungen in der internationalen und inneren politischen Lage in die neue Kategorie fiel. Die Besonderheit des früheren Abschnitts ist die alte Demokratie, die des späteren - die Neue Demokratie. Dieser Unterschied gilt ebenso für die Kultur wie für die Politik.
Worin drückt sich nun dieser Unterschied auf kulturellem Gebiet aus? Diese Frage soll nachstehend geklärt werden.
XII. Die historischen Besonderheiten der chinesischen Kulturrevolution
An der kulturellen oder ideologischen Front in China bilden die Zeitabschnitte vor, beziehungsweise nach der Bewegung des 4. Mai zwei voneinander verschiedene Geschichtsperioden.
Vor der Bewegung des 4. Mai ging an der chinesischen Kulturfront ein Kampf zwischen der neuen Kultur der Bourgeoisie und der alten Kultur der Feudalklasse vor sich. Diesen Charakter trugen der Kampf zwischen dem modernen Schulsystem und dem System der kaiserlichen Examenpartei, der Kampf zwischen neuen und alten, westlichen und chinesisch-traditionellen Lehren. Das, was man damals modernes Schulsystem bzw. neue oder westliche Lehren nannte, bestand im wesentlichen in den von den Vertretern der Bourgeoisie benötigten Naturwissenschaften sowie bürgerlichen sozialpolitischen Lehren (ich sage "im wesentlichen", denn ihnen waren noch viele giftige Überreste aus der Feudalzeit Chinas beigemischt). Zu jener Zeit spielten die Ideen der sogenannten neuen Lehren eine revolutionäre Rolle, indem sie die chinesischen feudalen Ideen bekämpften, und dienten der bürgerlichdemokratischen Revolution der alten Periode. Weil aber die chinesische Bourgeoisie kraftlos und die Welt bereits ins Zeitalter des Imperialismus eingetreten war, konnten sich diese bürgerlichen Ideen nur einige wenige Runden schlagen, dann wurden sie von dem reaktionären Bündnis der Versklavungsideologie des ausländischen Imperialismus und der "Zurück-zur-guten-alten-Zeit"-Ideologie des chinesischen Feudalismus zurückgeworfen; kaum hatte dieses reaktionäre ideologische Bündnis zu den ersten leichten Gegenschlägen ausgeholt, als die sogenannten neuen Lehren die Fahnen einrollten, die Trommeln verpackten und zum Rückzug bliesen; sie büßten ihre Seele ein und behielten nur die äußere Hülle bei. Die alte bürgerlich-demokratische Kultur war im Zeitalter des Imperialismus bereits angefault und ohnmächtig, mußte daher unvermeidlich unterliegen.
Anders war es nach der Bewegung des 4. Mai. An der Kulturfront Chinas traten völlig neue, unverbrauchte Streitkräfte auf den Plan, nämlich die von den chinesischen Kommunisten geleiteten Kräfte der kommunistischen Kultur und Ideologie, d. h. die Weltanschauung des Kommunismus und die Theorie von der sozialen Revolution. Die Bewegung des 4. Mai fand im Jahre 1919 statt, und die Gründung der Kommunistischen Partei Chinas erfolgte im Jahre 1921, womit auch die Arbeiterbewegung ihren eigentlichen Anfang nahm. All dies ereignete sich im Gefolge des ersten Weltkriegs und der Oktoberrevolution, also zu jener Zeit, als in der ganzen Welt die nationale Frage und die revolutionäre Bewegung in den Kolonialländern ein anderes Aussehen bekamen. Da wurde der Zusammenhang zwischen der chinesischen Revolution und der Weltrevolution ganz offenkundig. Weil nun frische politische Kräfte auf die politische Bühne Chinas getreten waren, nämlich das chinesische Proletariat und die Kommunistische Partei Chinas, marschierten jene frischen kulturellen Streitkräfte, neu eingekleidet und neu ausgerüstet, im Verein mit allen Verbündeten, mit denen ein Bündnis möglich war, in Gefechtsformation auf und entfalteten eine heroische Offensive gegen die imperialistische und die feudale Kultur. Auf allen Gebieten der Gesellschaftswissenschaften sowie der Literatur und Kunst - in der Philosophie wie in der Wirtschaftslehre, in den politischen und Militärwissenschaften wie in der Geschichtswissenschaft, in der Literatur wie in der Kunst (darunter in der Theater- und Filmkunst, in der Musik, Skulptur und Malerei) - nahmen diese frischen Streitkräfte eine imposante Entwicklung. Was immer sie in den letzten zwanzig Jahren unter Beschuß nahmen, von den Ideen bis zu den Formen (z. B. die Literatursprache), erlebte eine große Revolution. Ihr Einfluß war so weitreichend, ihre Gewalt so ungestüm, daß ihnen einfach kein Feind widerstehen konnte. Die von ihr mobilisierten Kräfte hatten hinsichtlich der zahlenmäßigen Stärke in keiner einzigen Geschichtsperiode Chinas ihresgleichen. Und der größte und mutigste Bannerträger dieser neuen Kulturarmee war Lu Hsün. Er war der Oberkommandierende der chinesischen Kulturrevolution, war nicht nur ein großer Schriftsteller, sondern auch ein großer Denker und ein großer Revolutionär. Lu Hsün war ein unbeugsamer Charakter, ohne jede Spur von Servilität und Kriechertum, und das ist bei kolonialen und halbkolonialen Völkern die schätzenswerteste Eigenschaft. Lu Hsün war der korrekteste, tapferste, standhafteste, treueste, feurigste, bis dahin beispiellose Nationalheld an der Kulturfront, der als Repräsentant der großen Mehrheit der Nation die Stellungen des Feindes erstürmte. Die Richtung Lu Hsüns ist die Richtung der neuen Kultur der chinesischen Nation.
Vor der Bewegung des 4. Mai trug die neue chinesische Kultur die Wesensmerkmale der alten Demokratie, war sie ein Bestandteil der kapitalistischen Kulturrevolution der Weltbourgeoisie. Nach der Bewegung des 4. Mai nahm sie jedoch die Charakterzüge der Neuen Demokratie an und wurde zu einem Bestandteil der sozialistischen Kulturrevolution des Weltproletariats.
Vor der Bewegung des 4. Mai war die neue Kulturbewegung Chinas, die chinesische Kulturrevolution, von der Bourgeoisie geleitet worden, die noch immer eine führende Rolle spielte. Nach der Bewegung des 4. Mai blieben die Kultur und Ideologie dieser Klasse sogar hinter deren Politik zurück, so daß sie keinerlei führende Rolle mehr innehaben konnten, sondern höchstens noch bis zu einem gewissen Grad als Verbündete in revolutionären Perioden dienten, wobei die Führung in diesem Bündnis notwendigerweise der Kultur und Ideologie des Proletariats zufiel. Das ist eine eherne Tatsache, die niemand bestreiten kann.
Die neudemokratische Kultur ist die antiimperialistische und antifeudale Kultur der breiten Volksmassen; heute ist sie die Kultur der antijapanischen Einheitsfront. Sie läßt sich nur von der proletarischen Kultur und Ideologie leiten, d. h. von den Ideen des Kommunismus, niemals aber von der Kultur und Ideologie irgendeiner anderen Klasse. Mit einem Wort, die neudemokratische Kultur ist die antiimperialistische und antifeudale Kultur der breiten Volksmassen unter Führung des Proletariats.
XIII. Vier Perioden
Die Kulturrevolution ist die ideologische Widerspiegelung der politischen und ökonomischen Revolution und dient ihnen. Ebenso wie in der politischen Revolution gibt es in China auch in der Kulturrevolution eine Einheitsfront.
Die zwanzigjährige Geschichte der Einheitsfront auf dem Gebiet der Kulturrevolution zerfällt in vier Perioden. Die erste Periode dauerte zwei Jahre, von 1919 bis 1921, die zweite sechs Jahre, von 1921 bis 1927, die dritte zehn Jahre, von 1927 bis 1937, und die vierte umfaßt die letzten drei Jahre bis zum jetzigen Zeitpunkt.
Die erste Periode datiert von der Bewegung des 4. Mai 1919 bis zur Gründung der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1921. Sie stand vor allem im Zeichen der Bewegung des 4. Mai.
Die Bewegung des 4. Mai richtete sich sowohl gegen den Imperialismus wie gegen den Feudalismus. Ihre hervorragende historische Bedeutung liegt in einem Wesenszug, wie ihn die Revolution von 1911 noch vermißt hatte, nämlich in ihrem konsequenten, kompromißlosen Kampf gegen den Imperialismus und den Feudalismus. Die Bewegung des 4. Mai besaß diese Eigenschaft, weil sich damals die kapitalistische Wirtschaft in China um einen Schritt vorwärtsentwickelt hatte und für die damalige chinesische revolutionäre Intelligenz neue Hoffnungen auf die nationale Befreiung Chinas aufkamen, als sie sah, wie die drei imperialistischen Großmächte Rußland, Deutschland und Österreich-Ungarn zusammenbrachen und die zwei imperialistischen Großmächte England und Frankreich geschwächt wurden, während das russische Proletariat einen sozialistischen Staat errichtete und sich in Deutschland, Ungarn und Italien das Proletariat zur Revolution erhob. Die Bewegung des 4. Mai war eine Antwort auf den Ruf der damals angebrochenen Weltrevolution, auf den Ruf der Revolution in Rußland und auf den Ruf Lenins. Sie war ein Bestandteil der proletarischen Weltrevolution. Obwohl in der Periode der Bewegung des 4. Mai die Kommunistische Partei Chinas noch nicht existierte, gab es doch schon eine große Zahl von Intellektuellen, die der Revolution in Rußland zustimmten und sich die elementaren Ideen des Kommunismus angeeignet hatten. Die Bewegung des 4. Mai war in ihren Anfängen die revolutionäre Bewegung einer Einheitsfront, in der sich drei Gruppen von Menschen zusammengefunden hatten: kommunistische Intellektuelle, revolutionäre kleinbürgerliche Intellektuelle und bürgerliche Intellektuelle (letztere bildeten den rechten Flügel der Bewegung). Ihre Schwäche bestand darin, daß sie sich lediglich auf Intellektuelle beschränkte, daß keine Arbeiter und Bauern an ihr teilnahmen. Als sie sich jedoch zur Bewegung des 3. Junil8 entwickelt hatte, beteiligten sich an ihr nicht bloß die Intellektuellen, sondern auch breite Massen von Proletariern, Kleinbürgern und Bourgeois, und sie wurde zu einer das ganze Land umspannenden revolutionären Bewegung. Die von der Bewegung des 4. Mai eingeleitete Kulturrevolution war eine Bewegung, die einen konsequenten Kampf gegen die feudale Kultur führte; eine so große und gründliche Kulturrevolution hatte es in der chinesischen Geschichte bis dahin noch nicht gegeben. Sie erwarb sich bedeutende Verdienste, indem sie ihre zwei großen Fahnen aufpflanzte: "Nieder mit der alten Moral, hoch die neue Moral!" und "Nieder mit der alten Literatur, hoch die neue Literatur!" Dieser Kulturbewegung war es noch nicht möglich, unter den breiten Massen der Arbeiter und Bauern populär zu werden. Sie stellte zwar die Losung auf: "Die Literatur für das einfache Volk!", jedoch in der Praxis mußte sich damals das "einfache Volk" lediglich auf die kleinbürgerliche und bürgerliche Intelligenz der Städte beschränken, d. h., es war damit die Intelligenz des Stadtbürgertums gemeint. Die Bewegung des q. Mai hat ideologisch wie auch hinsichtlich der Heranbildung von Kadern die Gründung der Kommunistischen Partei Chinas im Jahre 1921, dann die Bewegung des 30. Mai 1928 sowie den Nordfeldzug vorbereitet: Der größte Teil der bürgerlichen Intellektuellen, die den rechten Flügel der Bewegung des 4. Mai bildeten, schloß dann in der zweiten Periode einen Kompromiß mit dem Feind und ging auf die Seite der Reaktion über.
In der zweiten Periode, die durch die Gründung der Kommunistischen Partei Chinas, die Bewegung des 30. Mai und den Nordfeldzug gekennzeichnet ist, wurde die zur Zeit der Bewegung des 4. Mai gebildete Einheitsfront der drei Klassen fortgeführt und ausgebaut, wurde die Bauernschaft in sie einbezogen und auf politischem Gebiet eine Einheitsfront aller dieser Klassen hergestellt - das war die erstmalige Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei. Dr. Sun Yat-sen war nicht nur deshalb ein großer Mann, weil er an der Spitze der großen Revolution von 1911 stand (obwohl diese bloß eine demokratische Revolution der alten Periode war), sondern auch weil er imstande war, "sich dem Lauf der Welt anpassend, den Bedürfnissen der Massen entsprechend", die drei revolutionären politischen Hauptrichtlinien des Bündnisses mit Rußland, des Bündnisses mit der Kommunistischen Partei sowie der Unterstützung der Bauern und Arbeiter aufzustellen, die Drei Volksprinzipien neu zu interpretieren und so die auf die drei politischen Hauptrichtlinien begründeten neuen Drei Volksprinzipien ins Leben zu rufen. Früher hatten die Drei Volksprinzipien die Kreise der Lehrerschaft, der Wissenschaftler und Gelehrten sowie der Jugend nur wenig berührt, weil sie weder die antiimperialistische Parole noch die Parole des Kampfes gegen die feudale Gesellschaftsordnung und die feudale Kultur und Ideologie enthielten. Bis dahin waren sie die alten Drei Volksprinzipien gewesen und wurden von den Menschen als eine Fahne jener Leute betrachtet, die sich ihrer als Notbehelf bedienten, um Machtpositionen in der Regierung zu erjagen, d. h., um zu Beamtenposten zu gelangen, als eine Fahne rein politischer Karriere. Dann kamen die neuen Drei Volksprinzipien mit ihren drei politischen Hauptrichtlinien. Dank der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sowie dank den gemeinsamen Anstrengungen der revolutionären Mitglieder beider Parteien fanden die neuen Drei Volksprinzipien Verbreitung über ganz China - bei einem Teil der Lehrer, der Wissenschaftler und Gelehrten und bei den breiten Massen der studierenden Jugend. Das war einzig und allein dem Umstand zuzuschreiben, daß sich die ursprünglichen Drei Volksprinzipien zu den auf die drei politischen Hauptrichtlinien begründeten antiimperialistischen, antifeudalen, neudemokratischen Drei Volksprinzipien weiterentwickelt hatten. Ohne diese Entwicklung wäre es unmöglich gewesen, die Ideen der Drei Volksprinzipien zu verbreiten.
In dieser Periode wurden die revolutionären Drei Volksprinzipien zur politischen Grundlage der Einheitsfront zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sowie zwischen allen revolutionären Klassen; und da es hieß: "Der Kommunismus ist ein guter Freund der Drei Volksprinzipien", bildeten diese beiden Lehren eine Einheitsfront. Klassenmäßig war es eine Einheitsfront zwischen dem Proletariat, der Bauernschaft, dem städtischen Kleinbürgertum und der Bourgeoisie. Die beiden Parteien führten - mit dem kommunistischen Organ Hsiangdao Dschoubao (Führer durch die Woche) und der Schanghaier Kuomintang-Zeitung Minguo Jibao (Republikanisches Tageblatt) sowie den verschiedenen Lokalblättern als Kampfstellungen - gemeinsam eine antiimperialistische Propaganda durch, bekämpften gemeinsam das auf dem Kult um Konfuzius und dem Studium der konfuzianischen Kanons beruhende feudale Bildungssystem, nahmen gemeinsam Stellung gegen die im antiken feudalen Gewand steckende alte Literatur und klassische Literatursprache und traten gemeinsam für die neue Literatur und die allgemeinverständliche Literatursprache ein, die den Antiimperialismus und Antifeudalismus zum Inhalt hatten. Während der militärischen Operationen in der Provinz Kuangtung und während des Nordfeldzugs impften sie der chinesischen Armee antiimperialistische und antifeudale Ideen ein, wodurch die Armee reformiert wurde. Sie stellten unter den Millionenmassen der Bauern die Losungen "Nieder mit den korrupten Beamten!" und "Nieder mit den Tuhao und Liäschen!" auf, so daß große revolutionäre Bauernkämpfe ausgelöst wurden. Dank all dem sowie dank der Hilfe der Sowjetunion konnte der Sieg im Nordfeldzug errungen werden. Kaum aber hatte die Großbourgeoisie von der Staatsmacht Besitz ergriffen, als sie sofort dieser Revolution ein Ende setzte und hiermit eine neue politische Situation geschaffen wurde.
Die dritte Periode war die neue revolutionäre Periode von 1927-1937. Da gegen Ende der vorhergegangenen Periode im revolutionären Lager eine Veränderung vor sich gegangen war, sich die chinesische Großbourgeoisie dem reaktionären Lager des Imperialismus und der feudalen Kräfte zugewandt hatte und ihr die nationale Bourgeoisie Folge leistete, so daß im revolutionären Lager von den ursprünglichen vier Klassen nun drei verblieben - das Proletariat, die Bauernschaft und die übrigen Schichten des Kleinbürgertums (einschließlich der revolutionären Intelligenz) -, trat die chinesische Revolution nach diesem Zeitpunkt unvermeidlich in eine neue Periode ein, in welcher allein die Kommunistische Partei Chinas die Massen zur Revolution führte. Diese Periode war einerseits durch konterrevolutionäre "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge", andererseits aber durch eine Vertiefung der Revolution gekennzeichnet. Die konterrevolutionären "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" waren von zweierlei Art: es waren militärische und kulturelle "Feldzüge". Auch die Vertiefung der Revolution war von zweierlei Art: es war eine Vertiefung sowohl der Revolution im Dorf wie der Kulturrevolution. Angestachelt durch die Imperialisten, wurden die konterrevolutionären Kräfte im ganzen Land und in der ganzen Welt für die "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" mobilisiert, die sich über einen Zeitraum von zehn langen Jahren hinzogen und deren Grausamkeit einmalig in der Weltgeschichte war. Mehrere hunderttausend Kommunisten und junge Studenten wurden niedergemetzelt, mehrere Millionen Arbeiter und Bauern bestialischen Repressalien unterworfen. Die für all das Verantwortlichen zweifelten anscheinend nicht daran, daß sie den Kommunismus und die Kommunistische Partei "vom Erdboden vertilgen" könnten. Das Ergebnis war aber gerade umgekehrt: beide Arten von "Feldzügen" erlitten schmählich Schiffbruch. Die militärischen "Feldzüge" hatten zur Folge, daß die Rote Armee nach Norden marschierte, um den Widerstand gegen die japanische Aggression zu entfalten; die kulturellen "Feldzüge" hatten zur Folge, daß im Jahre 1938 die revolutionäre Bewegung der Jugend vom 9. Dezember ausbrach. Und das gemeinsame Ergebnis beider Arten von "Feldzügen" war das Erwachen des ganzen Volkes. Das sind drei positive Ergebnisse. Das erstaunlichste dabei ist, daß die kulturellen "Feldzüge" auch in den Kuomintang-Gebieten völlig scheiterten, wo die Kommunistische Partei in keiner einzigen Kulturinstitution auch nur die geringste Möglichkeit hatte, Widerstand zu leisten. Wie erklärt sich das? Sollte man nicht auch darüber gründlich nachdenken? Gerade inmitten solcher "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge" wurde Lu Hsün, der seiner Überzeugung nach ein Kommunist war, zur großen Persönlichkeit der chinesischen Kulturrevolution.
Das negative Ergebnis der konterrevolutionären "Feldzüge" war der Einfall der japanischen Imperialisten in China. Das ist der wichtigste Grund, warum unser ganzes Volk bis auf den heutigen Tag die zehnjährige antikommunistische Kampagne so sehr verabscheut.
In den Kämpfen dieser Periode hielt die revolutionäre Seite an der antiimperialistischen und antifeudalen Neuen Demokratie der breiten Volksmassen und an deren neuen Drei Volksprinzipien fest, während die konterrevolutionäre Seite unter dem Kommando der Imperialisten das despotische Regime des Blocks der Grundherrenklasse und der Großbourgeoisie ausübte. Dieses despotische Regime würgte auf politischem sowie auf kulturellem Gebiet die drei politischen Hauptrichtlinien Sun Yat-sens und seine neuen Drei Volksprinzipien ab und beschwor ein großes Unheil über die chinesische Nation herauf.
Die vierte Periode ist die Periode des gegenwärtigen Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression. In der Zickzackbewegung der chinesischen Revolution ist es wieder einmal zu einer Einheitsfront der vier Klassen gekommen. Der Umfang der Einheitsfront ist aber viel breiter geworden; ihrer Oberschicht gehören viele Leute an, die sich an der Macht befinden, ihre mittlere Schicht umfaßt die nationale Bourgeoisie und das Kleinbürgertum, ihre Unterschicht schließt das gesamte Proletariat ein, so daß alle Bevölkerungsschichten zu Bundesgenossen geworden sind, die sich entschlossen dem japanischen Imperialismus widersetzen. Die erste Phase dieser Periode dauerte bis zum Fall von Wuhan. In dieser Zeit herrschte im ganzen Land auf allen (Gebieten eine gehobene Stimmung; auf dem Gebiet der Politik gab es eine Tendenz zur Demokratisierung, auf dem der Kultur erfolgte eine verhältnismäßig breite Mobilisierung der Kräfte. Nach dem Fall von Wuhan begann die zweite Phase, in der die politische Lage viele Veränderungen erfuhr; ein Teil der Großbourgeoisie kapitulierte vor dem Feind, und ein anderer Teil trug sich ebenfalls mit dem Gedanken, den Widerstandskrieg bald zu beenden. Auf dem Gebiet der Kultur spiegelte sich diese Situation in der reaktionären Tätigkeit von Yä Tjing[l], Dschang Djün-mai und anderen sowie im Fehlen der Rede und Pressefreiheit wider.
Um diese Krise zu überwinden, muß man einen entschlossenen Kampf gegen alle jene Ansichten führen, die gegen den Widerstandskrieg, gegen den Zusammenschluß und gegen den Fortschritt gerichtet sind; falls diese reaktionären Ansichten nicht zerschlagen werden, ist auf die siegreiche Beendigung des Widerstandskriegs nicht zu hoffen. Was sind die Perspektiven dieses Kampfes? Das ist die große Frage, die das ganze Volk bewegt. Nach den inneren und internationalen Bedingungen zu urteilen, ist dem chinesischen Volk der Sieg gewiß, wieviel Schwierigkeiten auch immer auf dem Weg des Widerstandskriegs noch bevorstehen mögen. Nimmt man die ganze Geschichte Chinas, so übertrifft der in den zwanzig Jahren seit der Bewegung des 4. Mai erzielte Fortschritt nicht nur den der vorangegangenen achtzig Jahre, sondern geradezu alles, was es in den früheren Jahrtausenden an Fortschritt gegeben hat. Kann man sich nicht vorstellen, welche Fortschritte China in weiteren zwanzig Jahren machen wird? Das Wüten all der finsteren Kräfte des In- und Auslands hat unserer Nation großes Unglück gebracht; dieses Wüten zeugt aber nicht nur davon, daß jene finsteren Kräfte noch stark sind, sondern auch davon, daß sie einen letzten Verzweiflungskampf führen, daß sich die Volksmassen allmählich dem Sieg nähern. Das gilt für China, und das gilt auch für den gesamten Osten und für die ganze Welt.
XIV. Abweichungen in der Frage des Wesens der Kultur
Alles Neue wird im Feuer harter Kämpfe geschmiedet. Das trifft auch auf die neue Kultur zu, die auf ihrem Zickzackweg, den sie in den zwanzig Jahren gegangen ist, drei Wendungen mitmachte, wobei alles Gute und alles Schlechte erprobt wurde.
Die Ultrakonservativen der Bourgeoisie sind in Fragen der Kultur ebenso völlig im Unrecht wie in Fragen der politischen Macht. Sie verstehen nicht die historischen Besonderheiten der neuen Periode in China, erkennen die neudemokratische Kultur der breiten Volksmassen nicht an. Ihr Ausgangspunkt ist das despotische Regime der Bourgeoisie, das auf dem Gebiet der Kultur einen bürgerlichen Kulturdespotismus darstellt. Ein Teil der zur sogenannten europäisch-amerikanischen Fraktion gehörenden Kulturschaffenden[Anmerkung 142] (ich spreche nur über einen Teil von ihnen), die seinerzeit die Feldzüge der Kuomintang-Regierung zur "Kommunistenausrottung" auf kulturellem Gebiet praktisch unterstützt haben, scheint jetzt wiederum derartige politische Maßnahmen wie "Einschränkung der Kommunistischen Partei" und "Zersetzung der Kommunistischen Partei" zu unterstützen. Diese Leute wünschen nicht, daß die Arbeiter und Bauern in der Politik ihr Haupt erheben, und ebensowenig wünschen sie, daß die Arbeiter und Bauern im Bereich der Kultur ihre Stimme vernehmen lassen. Dieser Weg des Kulturdespotismus, den die Ultrakonservativen der Bourgeoisie eingeschlagen haben, führt nicht weiter, da für ihn, ebenso wie für den Despotismus der politischen Macht, die inneren und internationalen Voraussetzungen fehlen. Daher sollte auch der Kulturdespotismus besser "zurückgezogen" werden.
Was die Richtlinie für unsere Nationalkultur betrifft, so nehmen darin die Ideen des Kommunismus den führenden Platz ein, und wir müssen uns bemühen, in der Arbeiterklasse den Sozialismus und Kommunismus zu propagieren sowie darüber hinaus die Bauernschaft und die übrigen Volksmassen in entsprechender Weise Schritt für Schritt im Geiste des Sozialismus zu erziehen. Nichtsdestoweniger ist unsere Nationalkultur als Ganzes derzeit noch nicht sozialistisch.
Weil die Politik, die Wirtschaft und die Kultur der Neuen Demokratie sämtlich unter der Führung des Proletariats stehen, weisen sie sozialistische Elemente auf, und zwar nicht irgendwelche Elemente, sondern solche, die eine entscheidende Rolle spielen. Jedoch sind jeweils die Politik, die Wirtschaft und die Kultur in ihrer Gesamtheit noch nicht sozialistisch, sondern neudemokratisch. Da die grundlegende Aufgabe der Revolution in ihrem gegenwärtigen Stadium hauptsächlich im Kampf gegen den ausländischen Imperialismus und den einheimischen Feudalismus besteht, ist sie eine bürgerlich-demokratische Revolution und noch keine auf den Sturz des Kapitalismus abzielende sozialistische Revolution. Was die Sphäre der Nationalkultur anbelangt, so wäre es unrichtig anzunehmen, daß sie gegenwärtig in ihrer Gesamtheit sozialistisch sei oder sein müsse. Das hieße die Propagierung der kommunistischen Ideologie mit der praktischen Durchführung des gegenwärtigen Aktionsprogramms verwechseln, hieße das Festhalten am Standpunkt des Kommunismus und die Anwendung kommunistischer Methoden bei der Untersuchung von Problemen, bei der Betreibung wissenschaftlicher Forschung, bei der Verrichtung verschiedener Arbeit und bei der Schulung von Kadern mit der allgemeinen Richtlinie für die nationale Volksbildung und Kultur im Stadium der chinesischen demokratischen Revolution verwechseln. Eine Nationalkultur mit sozialistischem Inhalt muß eine sozialistische Politik und Wirtschaft widerspiegeln. In unserer Politik und Wirtschaft gibt es sozialistische Elemente, und diese spiegeln sich auch in den sozialistischen Elementen unserer Nationalkultur wider; dennoch hat sich bei uns, wenn man die Gesellschaft als Ganzes nimmt, noch keine völlig sozialistische Politik und Wirtschaft herausgebildet, so daß es noch keine völlig sozialistische Nationalkultur geben kann. Da die gegenwärtige chinesische Revolution ein Bestandteil der proletarisch-sozialistischen Weltrevolution ist, ist auch die gegenwärtige neue Kultur Chinas ein Bestandteil der neuen, sozialistischen Kultur des Weltproletariats, ist sie deren großer Bundesgenosse; dieser Bestandteil enthält wohl sehr bedeutende Elemente der sozialistischen Kultur, ist aber, wenn man eben die Nationalkultur als Ganzes nimmt, noch nicht als eine völlig sozialistische Kultur, sondern als eine antiimperialistische und antifeudale neudemokratische Kultur der breiten Volksmassen Teilhaber der sozialistischen Kultur des Weltproletariats. Da die gegenwärtige chinesische Revolution ohne die Führung durch das chinesische Proletariat undenkbar ist, muß auch die gegenwärtige neue Kultur Chinas unter der Führung der Kultur und Ideologie des chinesischen Proletariats stehen, d. h. sich von den Ideen des Kommunismus leiten lassen. Diese Führung bedeutet jedoch im gegenwärtigen Stadium, daß die breiten Volksmassen zur politischen und kulturellen Revolution gegen Imperialismus und Feudalismus geführt werden; somit ist zur Zeit im ganzen genommen der Inhalt der neuen Nationalkultur noch kein sozialistischer, sondern ein neudemokratischer.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß man jetzt die Propaganda der kommunistischen Ideen ausdehnen und das Studium des MarxismusLeninismus intensivieren muß; andernfalls wird man nicht nur außerstande sein, die chinesische Revolution in das künftige sozialistische Stadium überzuleiten, sondern auch die gegenwärtige demokratische Revolution nicht zum siegreichen Ende führen können. Wir müssen jedoch einen Unterschied machen zwischen der Propaganda der kommunistischen Ideologie und Gesellschaftsordnung einerseits und der praktischen Durchführung des neudemokratischen Aktionsprogramms andererseits; desgleichen müssen wir unterscheiden zwischen der Anwendung der kommunistischen Theorie und Methode bei der Untersuchung von Problemen, bei der Betreibung wissenschaftlicher Forschung, bei der Verrichtung verschiedener Arbeit und bei der Schulung von Kadern einerseits und der neudemokratischen Richtlinie für die Nationalkultur als Ganzes andererseits. Die beiden Seiten in einen Topf zu werfen wäre zweifellos höchst unangebracht.
Man sieht also, daß der Inhalt der neuen Nationalkultur Chinas im gegenwärtigen Stadium weder der bürgerliche Kulturdespotismus noch der reine proletarische Sozialismus ist, sondern vielmehr die antiimperialistische und antifeudale Neue Demokratie der breiten Volksmassen, geleitet von der proletarisch-sozialistischen Kultur und Ideologie.
XV. Eine nationale, wissenschaftliche und Massenkultur
Die neudemokratische Kultur ist national. Sie ist gegen imperialistische Unterdrückung gerichtet und verficht die Würde und Unabhängigkeit der chinesischen Nation. Sie gehört unserer Nation und trägt unsere nationalen Züge. Sie verbindet sich mit allen sozialistischen und neudemokratischen Kulturen anderer Nationen, stellt zu ihnen Beziehungen der gegenseitigen Bereicherung und Befruchtung her, bildet gemeinsam mit ihnen eine neue Weltkultur; doch kann sie sich nie und nimmer mit der reaktionären imperialistischen Kultur welcher Nation auch immer verbinden, denn unsere Kultur ist eine revolutionäre nationale Kultur. China muß sehr viel von der fortschrittlichen Kultur des Auslands in sich aufnehmen als Rohmaterial für seine eigene kulturelle Nahrung; diesbezüglich ist noch sehr wenig getan worden. Das gilt nicht nur für die gegenwärtigen sozialistischen und neudemokratischen Kulturen; wir müssen auch von den ausländischen Kulturen früherer Epochen, zum Beispiel von der Kultur verschiedener kapitalistischer Länder im Zeitalter der Aufklärung, alles das in uns aufnehmen, was uns heute nützen kann. Alles Ausländische muß jedoch so behandelt werden wie unsere Speise, die im Mund zerkaut, im Magen und Darm verarbeitet, mit Speichel und Sekreten des Verdauungsapparats durchsetzt, in verwertbare und wertlose Bestandteile zerlegt wird, worauf die Schlacken ausgeschieden und die Nährstoffe absorbiert werden, so daß unser Körper Nutzen von der Speise hat; das Ausländische darf keineswegs mit Haut und Haaren roh verschlungen, kritiklos einverleibt werden. Eine "pauschale Verwestlichung"[Anmerkung 143] zu befürworten ist falsch. Die formalistische Absorption ausländischer Dinge kam China in der Vergangenheit teuer zu stehen. Ebenso müssen auch die chinesischen Kommunisten bei der Anwendung des Marxismus auf die chinesischen Verhältnisse die allgemeingültige Wahrheit des Marxismus mit der konkreten Praxis der chinesischen Revolution in vollem Ausmaß und in angemessener Weise vereinigen, d. h. mit den nationalen Besonderheiten Chinas integrieren, und nur dann wird der Marxismus - durch eine bestimmte nationale Form - brauchbar sein; auf keinen Fall darf er subjektivistisch und schematisch angewendet werden. Die Schematiker unter den Marxisten treiben nur Scherz mit dem Marxismus und der chinesischen Revolution; für sie gibt es keinen Platz in den Reihen der chinesischen Revolutionäre. Die chinesische Kultur muß ihre eigene Form, d. h. die nationale Form, haben. National in der Form und neudemokratisch dem Inhalt nach - das ist unsere neue Kultur von heute.
Die neudemokratische Kultur ist wissenschaftlich. Sie richtet sich gegen alle feudalen und abergläubischen Anschauungen, will die Wahrheit in den Tatsachen suchen, tritt für die objektive Wahrheit, für die Einheit von Theorie und Praxis ein. Hierauf bezüglich ist die Schaffung einer Einheitsfront gegen Imperialismus, Feudalismus und Aberglauben zwischen dem wissenschaftlichen Denken des chinesischen Proletariats und jenen bürgerlichen Materialisten und Naturwissenschaftlern Chinas, die noch fortschrittlich gesinnt sind, möglich; niemals aber kann eine Einheitsfront mit irgendwelchem reaktionären Idealismus hergestellt werden. In ihrer politischen Tätigkeit können die Kommunisten eine antiimperialistische und antifeudale Einheitsfront mit gewissen Idealisten, ja sogar mit religiös Gläubigen bilden, doch können sie sich keinesfalls mit deren idealistischen Auffassungen, beziehungsweise religiösen Dogmen einverstanden erklären. In der langen Periode des Bestehens der Feudalgesellschaft in China wurde die glänzende Kultur der alten Zeit geschaffen. Es ist eine unerläßliche Bedingung für die Entwicklung der neuen nationalen Kultur und für die Hebung des nationalen Selbstvertrauens, daß wir den Entwicklungsprozeß der klassischen Kultur sichten, ihre feudalen Schlacken wegräumen und die in ihr enthaltenen demokratischen Werte assimilieren; unter keinen Umständen darf man aber alles in Bausch und Bogen kritiklos übernehmen. Man muß einen Unterschied machen zwischen all dem faulen Zeug aus alter Zeit, das von der herrschenden Feudalherrenklasse hinterlassen wurde, und der herrlichen alten Volkskultur, das heißt dem, was mehr oder weniger demokratischen und revolutionären Charakter trägt. Die neue Politik und neue Wirtschaft des heutigen China haben sich aus der alten Politik und Wirtschaft der früheren Zeiten entwickelt, und ebenso ist die gegenwärtige neue Kultur aus der alten klassischen Kultur hervorgegangen; wir müssen daher unsere Geschichte in Ehren halten, dürfen keineswegs das historische Band durchschneiden. Die Achtung für die Geschichte bedeutet jedoch, ihr einen bestimmten wissenschaftlichen Platz einzuräumen, die dialektische Entwicklung der Geschichte zu achten, nicht aber die Vergangenheit zu preisen, die Gegenwart zu schmähen und jedes beliebige feudale Gift zu loben. Was die Volksmassen und die studierende Jugend betrifft, ist die Hauptsache, daß sie angeleitet werden, vorwärts zu blicken und nicht rückwärts.
Die neudemokratische Kultur gehört den breiten Massen und ist daher demokratisch. Sie muß den werktätigen Massen der Arbeiter und Bauern dienen, die mehr als neunzig Prozent der Nation ausmachen, und allmählich zu ihrer eigenen Kultur werden. Zwischen den Kenntnissen, die man den revolutionären Kadern und den breiten revolutionären Massen übermittelt, muß sowohl ein gradueller Unterschied bestehen als auch eine Verbindung vorhanden sein; man muß zwischen Niveauhebung und Popularisierung differenzieren, aber auch beides verknüpfen. Die revolutionäre Kultur ist für die breiten Volksmassen eine machtvolle Waffe der Revolution. Vor der Revolution ist sie eine ideologische Vorbereitung für die Revolution; während der Revolution ist sie ein notwendiger und wichtiger Frontabschnitt innerhalb der allgemeinen revolutionären Front. Und jene, die revolutionäre Kulturarbeit leisten, nehmen auf verschiedener Ebene die Kommandoposten an dieser Kulturfront ein. "Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben";[36] man sieht, welche Bedeutung die revolutionäre Kulturbewegung für die praktische revolutionäre Bewegung hat. Sowohl diese Kulturbewegung wie diese praktische Bewegung sind von den Massen getragen. Daher müssen alle fortschrittlichen Kulturschaffenden im Widerstandskrieg gegen Japan ihre eigenen Kulturtruppen besitzen, und diese sind eben die breiten Massen des Volkes. Revolutionäre Kulturschaffende, die keine Fühlung mit den Volksmassen haben, gleichen "Kommandeuren ohne Armee", und ihre Feuerkraft ist nicht imstande, den Feind niederzuwerfen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Schriftzeichen unter bestimmten Bedingungen reformiert, muß die Sprache den Volksmassen nähergebracht werden; man muß begreifen, daß die Volksmassen der unerschöpfliche Springquell der revolutionären Kultur sind.
Eine nationale, wissenschaftliche und Massenkultur - das ist die antiimperialistische und antifeudale Kultur der breiten Volksmassen, das ist die Kultur der Neuen Demokratie, das ist die neue Kultur der chinesischen Nation.
Die neudemokratische Politik, die neudemokratische Wirtschaft und die neudemokratische Kultur ergeben zusammengenommen die Republik der Neuen Demokratie, sie sind sowohl dem Namen nach wie in der Tat die Republik China, sind jenes neue China, das wir errichten wollen.
Das Neue China ist in Sicht, laßt es uns willkommen heißen! Die Mastspitzen des Schiffes zeigen sich schon am Horizont. Klatschen wir dem Neuen China - Beifall! Begrüßen wir das Schiff!
Streckt beide Hände aus, das Neue China ist unser!
Die Gefahr der Kapitulation überwinden und energisch für eine Wendung der Lage zum Besseren kämpfen
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.451-455
(28. Januar 1940)[Anmerkung 144]
Der Verlauf der gegenwärtigen Ereignisse beweist die Richtigkeit der Einschätzung der Lage, die vom Zentralkomitee der Partei wiederholt gegeben wurde. Dem Kurs der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie, der auf eine Kapitulation abzielt, steht der Kurs des Proletariats, der Bauernschaft, des städtischen Kleinbürgertums und der mittleren Bourgeoisie entgegen, der auf den Widerstandskrieg gerichtet ist, und zwischen diesen beiden Linien ist der Kampf im Gange. Gegenwärtig bestehen diese beiden Linien, und jede von ihnen hat die Perspektive, sich durchzusetzen. Alle Genossen unserer Partei müssen begreifen, daß solche bedenklichen Erscheinungen, die an verschiedenen Orten zutage treten - wie Kapitulation, antikommunistische Aktionen und Rückschritte - nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Man muß den ernsten Charakter dieser Erscheinungen erkennen, muß sie entschieden bekämpfen und darf sich von ihrer Wucht nicht überwältigen lassen. Läßt man sich nicht von diesem Geist durchdringen, nimmt man keinen richtigen Kurs auf den entschiedenen Kampf gegen diese Erscheinungen, läßt man den Ultrakonservativen in der Kuomintang freie Hand, die "Einschränkung der Kommunistischen Partei auf militärischem und politischem Gebiet" fortzusetzen, ist man in ständiger Furcht vor der Spaltung der Einheitsfront, so wird das dazu führen, daß die Aussichten des Widerstandskriegs gefährdet werden, daß das Kapitulantentum und die antikommunistische Kampagne sich auf das ganze Land ausdehnen und daß die Gefahr einer Spaltung der Einheitsfront entsteht. Man muß sich darüber klarwerden, daß es gegenwärtig sowohl im Inland wie auch im Ausland immer noch viele objektive Bedingungen gibt, die unseren Kampf für die Fortsetzung des Widerstandskriegs, für den weiteren Zusammenschluß, für den weiteren Fortschritt begünstigen. So verfolgt beispielsweise Japan weiterhin China gegenüber einen äußerst harten Kurs; es ist sehr schwer, eine Konferenz für ein "fernöstliches München" einzuberufen, weil die Widersprüche zwischen England, den USA und Frankreich einerseits und Japan andererseits, auch wenn sie sich teilweise verringert haben, in Wirklichkeit noch nicht beigelegt sind und weil die Positionen Großbritanniens; und Frankreichs im Osten durch den Krieg in Europa geschwächt sind; die Sowjetunion leistet China aktive Hilfe. Das sind die internationalen Bedingungen, die der Kuomintang die Kapitulation oder einen Kompromiß erschweren und es ihr nicht so leicht machen, den antikommunistischen Krieg in ganz China zu entfesseln. Ferner treten die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee der Kapitulation entschieden entgegen und halten festen Kurs auf den Widerstandskrieg und auf den Zusammenschluß. Die Zwischenklassen sind ebenfalls gegen die Kapitulation. Wenn auch die Kapitulanten und die Ultrakonservativen in der Kuomintang an der Macht sind, bilden sie dennoch zahlenmäßig eine Minderheit. Das sind die inländischen Bedingungen, die der Kuomintang die Kapitulation oder einen Kompromiß nicht so leicht machen und ihr Schwierigkeiten bereiten, den antikommunistischen Krieg in ganz China zu entfesseln. Unter diesen Umständen ist die Aufgabe der Partei folgende: Einerseits ist der militärischen und politischen Offensive der Kapitulanten und der Ultrakonservativen entschiedener Widerstand zu leisten; andererseits sind die Reihen der Einheitsfront der verschiedenen politischen Parteien, der Regierungsorgane, der Armeen und der Zivilbevölkerung sowie der Intellektuellen tatkräftig zu erweitern, ist ein energischer Kampf zu führen um die Mehrheit in der Kuomintang, um die Zwischenschichten, um die mit uns sympathisierenden Kräfte in den Armeen, die am Widerstandskrieg gegen Japan teilnehmen, um die Vertiefung der Massenbewegung, um die Intelligenz, um die Festigung der antijapanischen Stützpunktgebiete, um die Entfaltung der antijapanischen Streitkräfte und Machtorgane, um die Festigung und den Fortschritt unserer Partei. Wenn wir gleichzeitig in diesen beiden Richtungen wirken, werden wir in der Lage sein, die Gefahr der Kapitulation der großen Grundherren und der Großbourgeoisie zu überwinden und eine Wendung der gegenwärtigen Lage zum Besseren zu erreichen. Energisch für eine solche Wendung zu kämpfen und gleichzeitig gegenüber eventuellen Überraschungen (vorläufig noch Überraschungen partiellen und lokalen Charakters) wachsam zu bleiben - das ist gegenwärtig der allgemeine politische Kurs unserer Partei.
Nachdem das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen[Anmerkung 145] und die Botschaft Tschiang Kai-scheks an die Nation veröffentlicht worden sind, werden einerseits die Stimmungsmacher für einen Friedenschluß sicherlich einen Rückschlag erleiden und die für den Widerstandskrieg eintretenden Kräfte zweifellos wachsen; andererseits wird die "Einschränkung der Kommunistischen Partei auf militärischem und politischem Gebiet" andauern, es wird zu neuen lokalen Zwischenfällen kommen, und die Kuomintang wird möglicherweise die sogenannte Einheit im Kampf gegen den äußeren Feind betonen, um über uns herzufallen. Die Ursache dafür liegt darin, daß sich die Kräfte, die für den Widerstandskrieg gegen Japan und für den Fortschritt sind, in der nächsten Zeit noch nicht so stark entwickeln können, um die Kräfte, die für die Kapitulation und für den Rückschritt sind, vollständig zu überwältigen. Unsere Linie lautet: überall im Land, wo es Organisationen der Kommunistischen Partei gibt, mit allen Kräften die Propaganda gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen zu intensivieren. Tschiang Kai-schek hat in seiner Botschaft erklärt, er habe die Absicht, den Widerstandskrieg gegen Japan fortzusetzen, aber er hat nicht unterstrichen, daß sich das ganze Land fester zusammenschließen muß, und hat nichts von einem Kurs auf die konsequente Führung des Widerstandskriegs gegen Japan und auf den Fortschritt erwähnt; ohne einen solchen Kurs kann man aber nicht am Widerstandskrieg festhalten. Deshalb müssen wir in der Kampagne gegen Wang Djing-we folgende Punkte betonen:
1. Für die nationale Politik des konsequenten Widerstandskriegs, gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen!
2. Für den Zusammenschluß des ganzen Volkes! Nieder mit dem Landesverräter Wang Djing-we, nieder mit der Marionetten-Zentralregierung Wang Djing-wes!
3. Für die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei! Nieder mit der antikommunistischen Politik Wang Djing-wes!
4. Der Antikommunismus ist eine auf die Spaltung der antijapanischen Einheitsfront gerichtete Verschwörung Wang Djing-wes. Nieder mit den versteckten Landesverrätern vom Schlage Wang Djing-wes!
5. Festigt den Zusammenschluß im ganzen Land, macht Schluß mit den inneren Reibungen!
6. Für innenpolitische Reformen, für die Entfaltung der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform, für die Einführung einer demokratischen Ordnung!
7. Aufhebung des Verbots der Parteien, Zulassung der legalen Existenz der politischen Parteien und Gruppen, die für den Widerstandskampf gegen die japanische Aggression sind!
8. Garantie der Rede- und Versammlungsfreiheit für das Volk im Interesse des Kampfes gegen die japanische Aggression und gegen die Landesverräter!
9. Festigung der antijapanischen Stützpunktgebiete, Kampf gegen die Intrigen und die Wühltätigkeit der Landesverräter vom Schlage Wang Djing-wes!
10. Unterstützung der Truppen, die sich im Widerstandskrieg verdient gemacht haben, Sicherung einer hinreichenden Versorgung der Front!
11. Entwicklung einer Kultur, die den Aufgaben des Widerstandskriegs gegen Japan dient! Schutz der fortschrittlichen Jugend, Verbot landesverrätersicher Äußerungen!
Alle aufgezählten Losungen müssen publiziert und verbreitet werden. Allerorts müssen in breitem Umfang Artikel, Deklarationen, Flugblätter, Reden und Broschüren veröffentlicht sowie zusätzliche Losungen gemäß den örtlichen Umständen herausgegeben werden.
In Yenan wird am 1. Februar eine Massenkundgebung gegen das von Wang Djing-we abgeschlossene landesverräterische Abkommen einberufen. Überall im Land sind in der ersten oder zweiten Februardekade Massenkundgebungen unter Mitwirkung aller Kreise der Bevölkerung und der antijapanischen Fraktion in der Kuomintang zu veranstalten, damit im ganzen Land ein Höhepunkt im Kampf gegen die Kapitulation, gegen die Landesverräter, gegen die inneren Reibungen erreicht wird.
Alle antijapanischen Kräfte zusammenschließen, gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen kämpfen
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.457-464
(1. Februarr 1940)[Anmerkung 146]
Wozu haben wir uns, Vertreter aller Bevölkerungskreise Yenans, heute hier zu einer Massenkundgebung versammelt? Um den Landesverräter Wang Djing-we an den Pranger zu stellen, um alle Kräfte, die für den Widerstand gegen Japan sind, zusammenzuschließen und gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen zu kämpfen.
Wir Kommunisten haben wiederholt darauf hingewiesen, daß der japanische Imperialismus festen Kurs auf die Unterjochung Chinas genommen hat. Welche Kabinette sich auch in Japan ablösen mögen, sein grundlegender Kurs auf die Unterjochung Chinas, auf die Verwandlung Chinas in eine Kolonie, bleibt unveränderlich. Nachdem Wang Djing-we, der politische Repräsentant der projapanischen Gruppe der chinesischen Großbourgeoisie, das begriffen hatte, verlor er vor Angst den Verstand, kroch vor Japan auf dem Bauch und unterzeichnete mit ihm einen landesverräterischen Vertrag, durch den er China an den japanischen Imperialismus verschacherte. Mehr noch, er beabsichtigt, eine Marionettenregierung zu bilden, um sie der Regierung, die den Widerstandskrieg gegen Japan führt, entgegenzustellen, eine Marionettenarmee aufzustellen, um sie den gegen Japan kämpfenden Armeen entgegenzustellen. In der letzten Zeit hat er den Kampf gegen Tschiang Kai-schek selten erwähnt und sich, wie man hört, bereits auf ein "Bündnis mit Tschiang Kai-schek" umgestellt. Der Kampf gegen die Kommunistische Partei - das ist das Hauptziel Japans und Wang Djing-wes. Sie wissen, daß die Kommunistische Partei am konsequentesten der japanischen Aggression Widerstand leistet und daß die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei eine Stärkung der Widerstandskräfte bedeutet. Deshalb bemühen sie sich mit aller Macht, diese Zusammenarbeit zu sprengen, um die beiden Parteien voneinander zu isolieren oder am besten aufeinander losschlagen zu lassen. Und nun stiften sie mit Hilfe der Ultrakonservativen innerhalb der Kuomintang überall Unruhe. In Hunan richteten die Ultrakonservativen das Pingdjianger Gemetzel[37] an, in Honan das Gemetzel von Tjüäschan;[Anmerkung 147] in Schansi unternahmen sie den Überfall der alten Truppen auf die neuen[Anmerkung 148] in Hopeh überfiel Dschang Yin-wu die Achte Route-Armee;[Anmerkung 149] in Schantung überfiel Tjin Tji-jung die Partisanenabteilungen;[Anmerkung 150] in Osthupeh verübte Tscheng Ju-huai einen Mord an 500 bis 600 Kommunisten;[Anmerkung 151] innerhalb des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia organisieren die Ultrakonservativen ein Spionagenetz durch die "Punkte-Linien-Arbeit"[Anmerkung 152] und außerhalb des Gebiets eine "Blockade", darüber hinaus rüsten sie noch zum militärischen Angriffs.[Anmerkung 153] Außerdem verhafteten sie eine große Anzahl fortschrittlicher Jugendlicher und warfen sie in Konzentrationslager;[Anmerkung 154] sie mieteten sich den Metaphysik-Gaukler Dschang Djün-mai, der den reaktionären Vorschlag machte, die Kommunistische Partei aufzulösen, das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia zu liquidieren, die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee abzuschaffen; sie dingten den Trotzkisten Yä Tjing und andere, und diese fabrizieren Artikelchen, in denen sie die Kommunistische Partei schmähen. Das alles zielt auf nichts anderes ab als auf die Hintertreibung des Widerstandskriegs gegen Japan, um so das ganze Volk in Kolonialsklaven zu verwandeln.[Anmerkung 155]
Auf diese Weise stiften die Wang-Djing-we-Clique und die antikommunistischen Ultrakonservativen in der Kuomintang große Verwirrung, indem die einen von außen und die anderen von innen operieren und einander in die Hände spielen.
Diese Lage der Dinge hat viele in Wut versetzt, und sie beginnen anzunehmen, der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression wäre eine aussichtslose Sache, alle Kuomintang-Leute wären Schufte, und sie müßten alle bekämpft werden. Wir müssen feststellen, daß diese Empörung völlig berechtigt ist. Ja, ist es denn überhaupt möglich, sich angesichts dieser ernsten Lage nicht zu empören? Der Widerstandskrieg gegen Japan ist jedoch eine aussichtsvolle Sache, und in der Kuomintang sind nicht alle Schufte. Gegenüber den verschiedenen Gruppen der Kuomintang-Leute müssen wir eine unterschiedliche Politik betreiben. Wir dürfen auf keinen Fall gewissenlose Schufte dulden: alle jene, die es gewagt haben, der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee, die in der Feuerlinie stehen, in den Rücken zu fallen, die es gewagt haben, die Gemetzel von Pingdjiang und Tjüäschan anzurichten, die es wagen, das Grenzgebiet zu unterminieren, die es wagen, fortschrittliche Truppeneinheiten, fortschrittliche Organisationen und fortschrittliche Personen zu überfallen. Solchen Leuten müssen wir jeden Schlag mit einem Gegenschlag vergelten und dürfen dabei keine Zugeständnisse machen. Denn diese Schufte sind so gewissenlos, daß sie sich in dem Augenblick, da der nationale Feind tief in unser Land eingedrungen ist, noch damit befassen, Reibungen zu provozieren, blutige Zwischenfälle zu inszenieren und eine Spaltung herbeizuführen. Was sie sich selbst dabei auch denken mögen, faktisch helfen sie Japan und Wang Djing-we, oder manche von ihnen sind eigentlich versteckte Landesverräter. Solche Menschen nicht zu bestrafen wäre unsererseits ein Fehler, wäre Ermutigung der Landesverräter und Kollaborateure, wäre Untreue gegenüber dem nationalen Widerstandskrieg, wäre Untreue gegenüber dem Vaterland, wäre Duldung einer Sprengung der Einheitsfront durch jegliches Gesindel, wäre ein Verstoß gegen die Politik der Partei. Aber gleichzeitig hat die Politik des Schlages gegen die Kapitulanten und gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen ausschließlich das Festhalten am Widerstandskrieg gegen Japan, ausschließlich den Schutz der antijapanischen Einheitsfront zum Ziel. Und deshalb bringen wir allen, die der Sache des Widerstandskriegs gegen Japan treu ergeben sind, allen jenen, die weder zu den Kapitulanten noch zu den antikommunistischen Ultrakonservativen gehören, allen ebensolchen Mitgliedern der Kuomintang Wohlwollen entgegen, vereinigen wir uns mit ihnen, achten sie und streben eine langdauernde Zusammenarbeit mit ihnen an, damit die Dinge in unserem Land ins Gleis kommen. Und jeder, der das nicht tut, verstößt ebenfalls gegen die Politik der Partei.
Das sind eben die zwei politischen Richtlinien unserer Partei: einerseits Zusammenschluß mit allen fortschrittlichen Kräften, Zusammenschluß mit allen, die der Sache des Widerstandskriegs gegen Japan treu ergeben sind - das ist die eine Richtlinie; und andererseits Kampf gegen alle gewissenlosen Lumpen, Kampf gegen alle Kapitulanten und antikommunistischen Ultrakonservativen - das ist die andere Richtlinie. Diese politischen Richtlinien unserer Partei verfolgen ein einziges Ziel: eine Wendung der Lage zum Besseren und den Sieg über Japan zu erreichen. Die Aufgabe unserer Kommunistischen Partei und des gesamten Volkes besteht darin, alle antijapanischen fortschrittlichen Kräfte zusammenzuschließen, allen Kräften der Kapitulation und des Rückschritts eine Abfuhr zu erteilen, energisch für eine Wendung der Lage zum Besseren, für die Verhütung einer Wendung zum Schlechteren zu kämpfen. Das ist unser Grundkurs. Wir sind keineswegs pessimistisch oder verzweifelt, sondern optimistisch. Wir fürchten keinerlei Überfälle der Kapitulanten und der antikommunistischen Ultrakonservativen; wir müssen sie zerschlagen und können das auch. Die Befreiung der chinesischen Nation ist gewiß, China wird nie unterjocht werden. China wird zweifellos vorwärtsschreiten, der Rückschritt ist lediglich eine zeitweilige Erscheinung.
Durch unsere heutige Kundgebung wollen wir ferner dem ganzen Volk unsere Einstellung kundtun, daß zum Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression der Zusammenschluß und der Fortschritt des gesamten Volkes notwendig sind. Manche unterstreichen nur den Widerstandskrieg gegen Japan, wollen aber nicht den Zusammenschluß und den Fortschritt betonen, ja erwähnen sie nicht einmal. Das ist falsch. Wie kann man am Widerstandskrieg gegen Japan festhalten, ohne den wahren und unerschütterlichen Zusammenschluß, ohne einen raschen und wirklichen Fortschritt herbeizuführen? Die antikommunistischen Ultrakonservativen in der Kuomintang betonen die Einheit, aber diese ihre "Einheit" ist eine vorgetäuschte und keine wahre Einheit; sie ist eine unvernünftige und keine vernünftige Einheit, eine formale und keine reale Einheit. Hinter ihrem Geschrei über die Einheit verbirgt sich die Absicht, die Kommunistische Partei aufzulösen, die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee abzuschaffen sowie das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia zu liquidieren; sie sagen, daß es in China, solange die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet existieren, keine Einheit geben wird; sie wollen, daß alles im Land von der Kuomintang kontrolliert wird ; sie fahren nicht nur fort, ihre Einparteiendiktatur auszuüben, sondern wollen sie noch erweitern. Und wenn dem so ist, von welcher Einheit kann dann die Rede sein? Ehrlich gesagt: Wären die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia in der Vergangenheit nicht auf die Bühne getreten und hätten sie nicht mit aller Aufrichtigkeit die Forderung nach Einstellung des Bürgerkriegs und nach einmütigem Widerstandskrieg gegen Japan erhoben, dann wäre keiner dagewesen, der die Initiative zur Schaffung der antijapanischen nationalen Einheitsfront ergriffen und bei der friedlichen Regelung der Sian-Ereignisse die Führung innegehabt hätte, und dann wäre es unmöglich gewesen, den Widerstandskrieg zu verwirklichen. Gäbe es heute nicht die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee, das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia und die antijapanischen demokratischen Stützpunktgebiete, die auf den Plan getreten sind und mit aller Aufrichtigkeit die Sache des Kampfes gegen Japan verfechten und gegen die gefährlichen Tendenzen zu Kapitulation, Spaltung und Rückschritt ankämpfen, dann befänden wir uns in einem heillosen Durcheinander. Hunderttausende Soldaten der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee fesseln zwei Fünftel aller feindlichen Truppen, indem sie Kämpfe gegen siebzehn von den vierzig japanischen Divisionen führen[Anmerkung 156] - warum sollen dann diese Armeen abgeschafft werden? Das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia ist das am weitesten fortgeschrittene Gebiet im ganzen Land, es ist ein demokratisches antijapanisches Stützpunktgebiet. Hier gibt es erstens keine korrupten Beamten, zweitens keine Tuhao und Liäschen, drittens keine Hasardspiele, viertens keine Prostituierten, fünftens keine Konkubinen, sechstens keine Bettler, siebtens keine selbstsüchtigen Cliquen, achtens keine Atmosphäre der Niedergeschlagenheit und Schlaffheit, neuntens keine Leute, die vom Provozieren von Reibungen leben,[Anmerkung 157] zehntens keine Leute, die sich an der nationalen Katastrophe bereichern - warum soll denn da das Grenzgebiet liquidiert werden? Solche unverschämten Worte können nur von unverschämten Personen stammen. Welche Berechtigung haben die Ultrakonservativen, uns gegenüber überhaupt nur einen einzigen Laut darüber von sich zu geben? So etwas, Genossen, ist selbstverständlich unmöglich. Man darf das Grenzgebiet nicht liquidieren, das ganze Land muß vielmehr von ihm lernen; die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee darf man nicht abschaffen, das ganze Land muß vielmehr von ihnen lernen; die Kommunistische Partei darf man nicht auflösen, das ganze Land muß vielmehr von ihr lernen; nicht die Fortgeschrittenen sollen sich nach den Zurückgebliebenen richten, sondern die Zurückgebliebenen nach den Fortgeschrittenen. Wir Kommunisten sind die konsequentesten Verfechter der Einheit, wir waren die Initiatoren der Einheitsfront, wir haben an der Einheitsfront festgehalten, wir haben die Losung der einheitlichen demokratischen Republik ausgegeben. Von wem sonst hätte das alles ausgehen können? Wer sonst hätte das alles verwirklichen können? Wer sonst vermöchte sich mit fünf Yüan Monatsgehalt zu begnügen?[Anmerkung 158] Wer sonst wäre imstande, eine solche saubere, von Korruption freie Politik zu schaffen? Sie schreien: Einheit, Einheit! Die Kapitulanten haben ihre eigene Theorie von der Einheit: Sie wollen sich mit uns auf der Grundlage der Kapitulation vereinigen. Die antikommunistischen Ultrakonservativen haben ihre eigene Theorie von der Einheit: Sie wollen die Vereinigung mit uns auf der Grundlage der Spaltung, auf der Grundlage des Rückschritts. Können wir diese Theorien annehmen? Kann man denn eine Einheit, die nicht auf dem Widerstandskrieg, nicht auf dem Zusammenschluß und dem Fortschritt beruht, für eine wirkliche Einheit halten? Kann man denn eine solche Einheit für eine vernünftige Einheit halten? Kann man sie denn für eine reale Einheit halten~ Nichts als ein eitler Traum! Heute auf dieser Kundgebung demonstrieren wir unsere Theorie der Einheit. Unsere Theorie der Einheit ist jene Theorie der Einheit, die vom ganzen Volk geteilt wird, von allen, in denen das Gewissen wach ist. Diese Theorie der Einheit beruht auf dem Widerstandskrieg, auf dem Zusammenschluß und auf dem Fortschritt. Nur durch Fortschritt können wir den Zusammenschluß erreichen; nur durch Zusammenschluß können wir gegen die japanische Aggression kämpfen; nur durch Fortschritt, Zusammenschluß und Widerstand gegen Japan ist die Einheit möglich. Das ist unsere Theorie der Einheit, die Theorie einer wirklichen Einheit, einer vernünftigen Einheit, einer realen Einheit. Jene Theorie der Pseudo-Einheit, der unvernünftigen und formalen Einheit dagegen ist eine Theorie der Einheit, die zur Unterjochung unseres Landes führen wird, eine Theorie der Leute, die auch die letzte Spur von Gewissen verloren haben. Sie möchten die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee, die demokratischen antijapanischen Stützpunktgebiete ebenso wie alle örtlichen Kräfte, die für den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression sind, vom Erdboden hinwegfegen, um eine Einheit unter der Kuomintang-Herrschaft herbeizuführen. Das ist ein Komplott, unter dem Deckmantel der Einheit die Diktatur einzuschmuggeln, die Hammelköpfe der Einheit auszuhängen und das Hunde-Fleisch der Einparteiendiktatur zu verkaufen; das ist ein Komplott von frechen Prahlern, die jedes Schamgefühl verloren haben. Heute, auf unserer Kundgebung, müssen wir ihren Papiertiger durchlöchern, müssen wir den antikommunistischen Ultrakonservativen eine entschiedene Abfuhr erteilen.
Zehn Forderungen an die Kuomintang
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.465-473
(1. Februar 1940)[Anmerkung 159]
Am 1. Februar fand in Yenan eine Kundgebung zur Anprangerung Wang Djing-wes statt. Die von gerechter Empörung gepackten Teilnehmer der Kundgebung beschlossen einstimmig eine Resolution, in der sie den Landesverrat und die Kapitulation Wang Djing-wes brandmarkten und für die konsequente Führung des Widerstandskriegs gegen Japan eintraten. Um die gegenwärtige Krise zu überwinden und den Sieg im Widerstandskrieg zu erringen, gestatten wir uns, zehn Vorschläge zur Rettung des Vaterlands zu machen, und möchten dem Wunsch Ausdruck geben, daß die Nationalregierung, alle politischen Parteien und Gruppen, alle Offiziere und Soldaten, die den Widerstandskrieg führen, und alle Landsleute sie annehmen und in die Tat umsetzen.
Erstens: Die Wang Djing-we im ganzen Land anprangern. Der Landesverräter Wang Djing-we schloß sich, nachdem er seine Anhänger um sich geschart hatte, dem Feind an, verriet das Vaterland, schloß einen landesverräterischen Geheimvertrag und wurde zum Helfershelfer des Feindes. Alle unsere Landsleute fordern seinen Tod. Aber das betrifft vorläufig nur den offen auftretenden Wang Djing-we und wurde noch nicht auf die versteckten Wang Djing-wes ausgedehnt. Was die versteckten Wang Djing-wes betrifft, so stolzieren sie über den Markt und reißen die Schlüsselpositionen an sich; sie verhüllen ihr wahres Gesicht und dringen tief in alle Poren der Gesellschaft ein. Die korrupten Beamten sind in Wirklichkeit ihre Komplicen; die Spezialisten im Provozieren von Reibungen sind ihre Untergebenen. Wenn man nicht im ganzen Land, von den Städten bis in die Dörfer, von oben bis unten, eine Bewegung zur Verdammung der Wang Djing-wes entfaltet, wobei man alle Kreise - politische Parteien und Regierungsstellen, Streitkräfte und Zivilbevölkerung, Presse und Lehranstalten - mobilisiert, wird man die Wang-Djing-we-Bande nicht ausmerzen können, wird sie ihre unheilvolle Tätigkeit fortsetzen, indem sie nach außen hin dem Feind die Tore öffnet und im Innern Wühltätigkeit treibt, wodurch ein kaum vorstellbarer Schaden entstünde. Die Regierung muß eine Verfügung erlassen, in der das gesamte Volk gegen die Wang Djing-wes aufgerufen wird. Wo diese Verfügung nicht befolgt wird, sind die betreffenden Beamten zur Verantwortung zu ziehen. Die Wang-Djing-we-Bande muß erbarmungslos liquidiert werden. Das ist der erste Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Zweitens: Den Zusammenschluß verstärken. Manche Leute sprechen heute nicht über Zusammenschluß, sondern über Einheit, wobei sie unter Einheit nichts anderes als die Auflösung der Kommunistischen Partei, die Abschaffung der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee, die Aufgabe des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia, die Liquidierung aller örtlichen antijapanischen Kräfte verstehen. Dabei ignorieren sie die Tatsache, daß gerade die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia die energischsten Verfechter der Einheit im ganzen Land sind. Waren nicht gerade die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet für die friedliche Beilegung der Sian-Ereignisse? Waren nicht gerade die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet die Initiatoren der Bildung der antijapanischen nationalen Einheitsfront, sind nicht gerade sie für die Schaffung einer einheitlichen demokratischen Republik und setzen sie das nicht selbst mit allen Kräften in die Tat um? Sind es nicht gerade die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet, die in der vordersten Linie der Verteidigung des Landes stehen, den Ansturm von siebzehn feindlichen Divisionen abwehren, die Zentralebene und den Nordwesten decken, Nordchina und die Gebiete südlich des Unterlaufs vom Yangtse schützen und die Drei Volksprinzipien sowie das "Programm für den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes" entschlossen verwirklichen? Von dem Augenblick an, als Wang Djing-we offen gegen die Kommunisten auftrat und sich der Freundschaft mit Japan widmete, sekundierten ihm solche Gaukler wie Dschang Djün-mai und Yä Tjing mit ihren literarischen Machwerken, während die Antikommunisten und die Ultrakonservativen ihn unterstützten, indem sie Reibungen provozierten. Unter dem Deckmantel der Einheit wird die Alleinherrschaft eingeschmuggelt; das Prinzip des Zusammenschlusses wird über Bord geworfen und der erste Schritt zur Spaltung getan. Die Absichten Sima Dschaos sind jedermann auf der Straße längst bekannt.[ProleWiki Anmerkung 3] Was aber die Kommunistische Partei, die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und das Grenzgebiet betrifft, so setzen sie sich entschieden für die wirkliche Einheit ein und wenden sich gegen eine vorgetäuschte Einheit; für die vernünftige Einheit, gegen eine unvernünftige Einheit; für die reale Einheit, gegen eine formale Einheit; für die Einheit nicht auf der Grundlage der Kapitulation, sondern auf der Grundlage des Widerstandskriegs; für die Einheit nicht auf der Grundlage der Spaltung, sondern auf der Grundlage des Zusammenschlusses; für die Einheit nicht auf der Grundlage des Rückschritts, sondern auf der Grundlage des Fortschritts. Die Einheit auf der Grundlage des Widerstandskriegs, des Zusammenschlusses und des Fortschritts - das ist die wirkliche, vernünftige und reale Einheit. Strebt man aber die Einheit auf irgendeiner anderen Grundlage an, so hat man - zu welchen Intrigen man auch seine Zuflucht nehmen, welcher schlauen Kniffe man sich auch bedienen mag - das Pferd beim Schwanz aufgezäumt, und darauf können wir uns nie und nimmer einlassen. All die örtlichen antijapanischen Kräfte muß man in gleicher Weise umsorgen - man darf nicht den einen zugetan sein und die anderen schlecht behandeln; man muß ihnen vertrauen, sie versorgen, unterstützen, durch Lob anspornen. Man muß an die Menschen aufrichtig, ohne Arglist herangehen; man muß die Menschen weitherzig behandeln und jegliche Engherzigkeit beseitigen; und wenn man wirklich so handelt, wird sich keiner finden - es sei denn ein böswilliger Mensch -, der nicht auf den Zusammenschluß einginge und den Weg eines einheitlichen Staates beschritte. Die Einheit muß auf dem Zusammenschluß, der Zusammenschluß auf dem Fortschritt beruhen; nur unter der Bedingung des Fortschritts kann man sich zusammenschließen, nur unter der Bedingung des Zusammenschlusses kann man die Einheit erringen - das ist eine unwiderlegbare Wahrheit. Das ist der zweite Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Drittens: Eine konstitutionelle Regierungsform strikt verwirklichen. Die langjährige Periode der "politischen Vormundschaft" hat nicht die geringsten Ergebnisse gezeitigt. Eine Sache verwandelt sich in ihr Gegenteil, wenn sie bis zum Äußersten getrieben wird; daher steht die konstitutionelle Regierungsform jetzt auf der Tagesordnung.
Es gibt noch keine Redefreiheit, das Verbot der Parteien ist nicht aufgehoben, und überall verstößt man gegen die Prinzipien einer konstitutionellen Regierungsform. Sollte die Verfassung unter solchen Umständen ausgearbeitet werden, worin würde sie sich dann von einem bürokratischen Wisch unterscheiden? Sollte eine konstitutionelle Regierungsform unter solchen Umständen eingeführt werden, worin würde sie sich von der Einparteiendiktatur unterscheiden? Wird auch heute, in der Zeit der schweren nationalen Krise, eine Änderung des Kurses nicht in Erwägung gezogen, so werden die skrupellosen Störaktionen der Japaner und Wang Djing-wes von außen und die Wühlarbeit der Verräter im Inneren die Existenz unseres Staates und unseres Volkes auf das stärkste gefährden. Die Regierung muß unverzüglich das Verbot der Parteien aufheben, die öffentliche Meinungsäußerung fördern und so ihr aufrichtiges Bestreben zeigen, eine konstitutionelle Regierungsform einzuführen. Nichts ist dringlicher, als das größte Vertrauen des Volkes zu erringen und die Zukunft des Landes neu zu gestalten. Das ist der dritte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Viertens: Den Reibungen ein Ende setzen. Seit März vergangenen Jahres, nachdem die sogenannten Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien eingeführt worden sind, hallt im ganzen Land das Geschrei über die Einschränkung, über die Zersetzung und über die Bekämpfung der Kommunistischen Partei wider; bald hier, bald da kommt es zu Massakern, überall fließt Blut. Aber auch das schien nicht zu genügen, und nun tauchten im Oktober vorigen Jahres sogenannte Maßnahmen zur Regelung des Problems fremder Parteien auf. In den Gebieten des Nordwestens, Nord- und Zentralchinas kam überdies das sogenannte Durchführungsprogramm für die Regelung des Problems fremder Parteien zum Vorschein. Man redet mit Recht davon, daß man jetzt von der "politischen Einschränkung" der Kommunistischen Partei bereits zu ihrer "militärischen Einschränkung" übergegangen ist. Und stimmt das denn etwa nicht? Die sogenannte Einschränkung der Kommunistischen Partei bedeutet eben Antikommunismus. Der Antikommunismus aber ist ein heimtückischer Plan, den die japanischen Imperialisten und Wang Djing-we verfolgen, um China zu unterjochen. Daher sind alle mißtrauisch und beunruhigt, teilen einander in großer Aufregung ihre Befürchtung mit, daß wir vor der Wiederholung jener Tragödie stehen, die sich vor zehn Jahren abspielte. Die Lage hat sich derart zugespitzt, daß es zu solchen Ereignissen kam wie das Pingdjianger Gemetzel in Hunan, das Gemetzel von Tjüäschan in Honan, der Überfall Dschang Yin-wus auf die Achte Route-Armee in Hopeh, die Vernichtung der Partisanenabteilungen durch Tjin Tji-jung in Schantung, der von Tscheng Ju-huai verübte grausame Mord an 500 bis 600 Kommunisten in Osthupeh, der große Angriff der Zentralarmee auf die Garnisonen der Achten Route-Armee in Ostkansu, und hinzu kommen noch die jüngsten blutigen Ereignisse - der Überfall der alten Truppen auf die neuen in der Provinz Schansi und der darauffolgende Einfall der alten Truppen in die von der Achten Route-Armee verteidigten Stellungen. Wird derartigen Erscheinungen nicht rasch ein Ende bereitet, dann werden beide Seiten zwangsläufig untergehen; und wie kann man da von einem Sieg über Japan reden? Die Regierung muß im Interesse des Zusammenschlusses für den Widerstandskrieg einen Befehl erlassen, wonach alle jene, die diese Massaker anstifteten, zu bestrafen sind, und sie muß dem ganzen Land verkünden, daß sie eine Wiederholung solcher Ereignisse nicht dulden wird. Das ist der vierte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Fünftens: Die Jugend in Schutz nehmen. Kürzlich ist in der Umgebung von Sian ein Konzentrationslager errichtet worden, in dem über 70o fortschrittliche Jugendliche aus den Provinzen des Nordwestens und aus den Provinzen der Zentralebene interniert werden. Sie werden dort wie Sträflinge behandelt, geistig und körperlich versklavt - davon zu hören ist einfach grauenhaft. Was hat die Jugend verbrochen, daß sie so gepeinigt wird? Die Jugend ist die Blüte der Nation, und die fortschrittliche Jugend stellt erst recht unseren kostbarsten Besitz im Widerstandskrieg gegen Japan dar. Jeder sollte Gewissensfreiheit genießen; Gedanken kann man niemals mit Gewalt unterdrücken. Die Verbrechen der "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzüge an der Kulturfront", die in den vergangenen zehn Jahren unternommen wurden, sind allgemein bekannt - warum schlägt man heute also erneut diesen verhängnisvollen Weg ein? Die Regierung muß unverzüglich im ganzen Land eine Verfügung erlassen über den Schutz der Jugend, über die Auflösung des Konzentrationslagers bei Sian und über ein strenges Verbot, der Jugend irgendwie Schande anzutun. Das ist der fünfte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Sechstens: Die Front unterstützen.. Truppen, die in der vordersten Linie kämpfen und sich im Widerstandskrieg verdient gemacht haben - wie die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und andere Einheiten - werden am schlechtesten behandelt: Sie sind schlecht eingekleidet, kärglich verpflegt, sie erhalten nicht genügend Munition, ihnen mangelt es an medizinischer Betreuung. Und die außer Rand und Band geratenen Schufte verunglimpfen noch diese Truppenteile in jeder Weise. Der Lärm ihrer unzähligen verantwortungslosen und absurden Verleumdungen ist einfach ohrenbetäubend. Menschen, die Verdienste aufzuweisen haben, werden nicht ausgezeichnet, ihre Leistungen werden nicht registriert, im Gegenteil, gegen solche Menschen intrigiert man immer heftiger, gegen solche Menschen schmiedet man immer rücksichtsloser arge Ränke. Diese sonderbaren Erscheinungen, die die Kommandeure und Kämpfer bedrücken und den Beifall des Feindes finden, sind absolut unzulässig. Zur Hebung des Kampfgeistes der Truppen und im Interesse einer erfolgreichen Führung des Widerstandskriegs muß die Regierung einerseits die ausreichende Versorgung der Truppen, die sich an der Front ausgezeichnet haben, gewährleisten und andererseits den Schuften Verleumdungen und Intrigen strengstens verbieten. Das ist der sechste Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Siebentens: Den Geheimdienst verbieten. Unsere Zeitgenossen vergleichen die Ausschreitungen, die von Agenten des Geheimdienstes verübt werden, mit den Untaten von Dschou Hing und Lau Djüntschen in der Tang-Dynastie[Anmerkung 160] sowie von We Dschung-hsiän und Liu Djin in der Ming-Dynastie.[Anmerkung 161] Statt die Feinde zu bekämpfen, halten sie sich für besonders befähigt, ihren Kampf gegen die eigenen Landsleute zu konzentrieren, sie morden Menschen, wie man Gras mäht, und sind gierig auf Bestechungen aus. Der Geheimdienst ist tatsächlich eine Küche für Gerüchtemacherei und eine Brutstätte des Verrats und des Bösen. Beim Anblick der Geheimdienstagenten, dieser Erzbösewichte, prallen überall die einfachen Menschen zurück und wenden sich aus Furcht von ihnen ab. Um ihr eigenes Prestige zu wahren, muß die Regierung unverzüglich diese Untaten des Geheimdienstes verbieten und ihn reorganisieren; sie muß festlegen, daß seine Aufgabe ausschließlich der Kampf gegen die Feinde und die Landesverräter ist. Dadurch wird das Vertrauen des Volkes wiederhergestellt und werden sich die Grundlagen des Staates festigen. Das ist der siebente Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Achtens: Korrupte Beamte entfernen. Es gibt Menschen, die seit dem Beginn des Widerstandskriegs gegen Japan an der nationalen Katastrophe bis zu hundert Millionen Yüan verdient haben und sich acht oder neun Konkubinen halten.[Anmerkung 162] Die Aushebungen für die Armee und die inneren Anleihen, die Kontrolle über die Wirtschaft und die Hilfe für Katastrophengeschädigte und Kriegsflüchtlinge - all das wird von den korrupten Beamten zu einer Quelle persönlichen Profits gemacht. Wenn im Land eine solche Meute von Wölfen und Schakalen ihr Unwesen treibt, braucht man sich nicht über das Chaos zu wundern, in dem sich die Staatsangelegenheiten befinden. Die Empörung des Volkes hat die Grenze erreicht, doch wagt es keiner, die Grausamkeit dieser Meute bloßzustellen. Um unser Land vor der Gefahr des Zusammenbruchs zu retten, ist es notwendig, unverzüglich mit fester Hand wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um korrupte Beamte restlos zu beseitigen. Das ist der achte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Neuntens: Das Testament Sun Yat-sens verwirklichen. Im Testament Sun Yat-sens heißt es:
Ich habe meine Kräfte vierzig Jahre lang der nationalen Revolution gewidmet, um Freiheit und Gleichheit für China zu erringen. Auf Grund vierzigjähriger Erfahrung bin ich zu der festen Überzeugung gekommen, daß wir, um dieses Ziel zu erreichen, die Volksmassen wecken müssen . . .
Herrliche Worte! Sie kennt unser ganzes 450-Millionen-Volk. Das Testament wird von vielen vorgelesen, aber nur von wenigen erfüllt. Wer das Testament verrät, der wird ausgezeichnet, wer es in die Tat umsetzt, der wird bestraft. Was kann ungeheuerlicher sein? Die Regierung soll eine Verfügung erlassen, wonach jeder, der das Testament zu verletzen wagt, der die Volksmassen nicht weckt, sondern im Gegenteil niedertrampelt, als Verräter an der Sache von Dr. Sun Yat-sen zu bestrafen ist. Das ist der neunte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Zehntens: Die Drei Volksprinzipien in die Tat umsetzen. Die Drei Volksprinzipien sind die Plattform der Kuomintang. Doch da viele Menschen den Antikommunismus für ihre erste Aufgabe halten, geben sie die Sache des Widerstandskriegs gegen Japan auf, und wenn sich das Volk selbst zum Kampf gegen die japanische Aggression erhebt, bemühen sie sich, seine Aktionen in jeder Weise zu unterdrücken und zu unterbinden. Das ist die Preisgabe des Prinzips des Nationalismus. Die Beamten berauben das Volk aller demokratischen Rechte. Das ist die Preisgabe des Prinzips der Demokratie. Sie sehen die Leiden des Volkes, aber tun so, als bemerkten sie sie nicht. Das ist die Preisgabe des Prinzips des Volkswohls. Die Drei Volksprinzipien sind dann für sie weiter nichts als bloßes Lippenbekenntnis; wenn aber jemand sie so verwirklicht, wie es sich gehört, dann wird er für seinen Übereifer ausgelacht oder hart bestraft. Das bringt unzählige Widersinnigkeiten hervor, und das Prestige der Drei Volksprinzipien ist auf den Nullpunkt gesunken. Es ist höchst notwendig, einen unzweideutigen Befehl zu veröffentlichen, der kategorisch fordert, daß die Drei Volksprinzipien im ganzen Land verwirklicht werden. Wer gegen den Befehl verstößt, muß hart bestraft, wer ihn befolgt, der muß ausgezeichnet werden. Nur auf diesem Wege können die Drei Volksprinzipien endlich verwirklicht werden, und das Fundament für den Sieg im Widerstandskrieg gegen Japan wird gelegt sein. Das ist der zehnte Punkt, den wir anzunehmen und zu verwirklichen bitten.
Diese zehn Vorschläge sind wesentliche Maßnahmen zur Rettung des Vaterlands, wichtige Programmpunkte des Widerstandskriegs gegen Japan. Heute, da der Feind unser Land immer stärker unter Druck setzt, da der Landesverräter Wang Djing-we rast und tobt, trauen wir uns nicht, aus unseren schwersten Befürchtungen ein Hehl zu machen. Werden unsere Vorschläge angenommen und verwirklicht, so wird das für die Sache des Widerstandskriegs, für die Sache der nationalen Befreiung Chinas von großem Nutzen sein. Wir haben unser dringliches Anliegen dargelegt und möchten jetzt Ihre wertvolle Meinung hören.
Der Zeitschrift Der chinesische Arbeiter zum Geleit
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.475-476
(7. Februar 1940)
Die Herausgabe der Zeitschrift Des chinesische Arbeiter[Anmerkung 163] erweist sich als notwendig. In den letzten zwanzig Jahren hat die chinesische Arbeiterklasse unter Führung ihrer Partei - der Kommunistischen Partei Chinas - einen heroischen Kampf entfaltet, ist zum bewußten Teil des gesamten Volkes, zum Führer der chinesischen Revolution worden. Die chinesische Arbeiterklasse kämpft im Bündnis mit der Bauernschaft und allen revolutionären Menschen gegen den Imperialismus und den Feudalismus, für die Schaffung eines neudemokratischen China, für die Vertreibung des japanischen Imperialismus. Das ist ihr gewaltiger Verdienst. Aber die chinesische Revolution ist noch nicht vollendet; man muß noch viel Mühe aufwenden, die eigenen Reihen zusammenzuschließen, die Bauernschaft und die anderen Schichten des Kleinbürgertums, die Intelligenz sowie alle revolutionären Menschen um sich zu scharen. Das ist eine gewaltige politische und organisatorische Aufgabe. Das ist die Pflicht der Kommunistischen Partei Chinas, die Pflicht der fortschrittlichen Kräfte der Arbeiterklasse, die Pflicht der gesamten Arbeiterklasse. Die endgültige Befreiung der Arbeiterklasse und des gesamten Volkes kann nur jener Epoche erfolgen, in welcher der Sozialismus verwirklicht ist. Die chinesische Arbeiterklasse muß für dieses Endziel kämpfen. Aber der Übergang zur sozialistischen Phase ist nur über die Phase antiimperialistischen und antifeudalen demokratischen Revolution möglich. Sich selbst zusammenzuschließen, die Volksmassen um sich scharen, gegen den Imperialismus und den Feudalismus zu kämpfen, sich für die Schaffung eines neudemokratischen, neuen China einsetzen - das ist die Aufgabe, die heute vor der chinesischen Arbeiterklasse steht. Die Herausgabe der Zeitschrift Der chinesische Arbeiter dient eben dieser Aufgabe.
Der chinesische Arbeiter wird den Arbeitermassen in volkstümlicher Sprache viele Dinge erklären, wird davon berichten, wie der antijapanische Kampf der Arbeiterklasse wirklich vor sich geht, wird die Erfahrungen dieses Kampfes zusammenfassen. Die Zeitschrift wird alles daransetzen, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Der chinesische Arbeiter muß zu einer Schule werden, die die Arbeiter erzieht und Kader aus ihren Reihen ausbildet. Die Leser der Zeitschrift werden die Schüler dieser Schule sein. Aus den Reihen der Arbeiter muß man zahlreiche Kader ausbilden, die Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen müssen, die nicht einem leeren Ruhm nachjagen dürfen, sondern praktische Arbeit zu leisten verstehen. Ohne eine große Zahl solcher Kader kann die Arbeiterklasse unmöglich ihre Befreiung erkämpfen.
Die Arbeiterklasse muß die Hilfe von Seiten der revolutionären Intellektuellen begrüßen und darf diese Hilfe auf keinen Fall ablehnen, da sie ohne eine solche Hilfe nicht vorwärtsschreiten und die Revolution nicht erfolgreich vollenden kann.
Ich hoffe, daß diese Zeitschrift gut gestaltet wird, recht viel lebendige Beiträge bringt, tote Schablonen, hölzerne und abgedroschene Artikel unbedingt vermeidet, d. h. Artikel, die unverständlich, flach und geschmacklos sind.
Hat man einmal die Herausgabe einer Zeitschrift in Angriff genommen, muß man diese Aufgabe ernst nehmen und die Zeitschrift gut gestalten. Das ist nicht nur die Pflicht der Herausgeber, sondern genauso die Pflicht der Leser. Es ist sehr wichtig, daß die Leser kritisch ihre Meinung äußern, kurze Briefe und Artikel schreiben, in denen sie zum Ausdruck bringen, was ihnen gefällt und was nicht. Nur so kann man die Zeitschrift gut gestalten.
Mit diesen Worten möchte ich meine Wünsche aussprechen; mögen sie als Geleitwort dienen.
Wir müssen das Schwergewicht auf Zusammenschluss und Fortschritt legen
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.477-479
(10. Februar 1940)[Anmerkung 164]
Widerstandskrieg, Zusammenschluß, Fortschritt - das sind die drei Hauptgrundsätze, die von der Kommunistischen Partei im Vorjahr, am Jahrestag der Ereignisse des 7. Juli, aufgestellt wurden. Diese drei Grundsätze bilden ein organisches Ganzes, kein einziger von ihnen kann entbehrt werden. Wenn man das Schwergewicht nur auf den Widerstandskrieg, nicht aber auf den Zusammenschluß und den Fortschritt legt, dann wird ein solcher "Widerstandskrieg" unsicher und nicht von Dauer sein. Der Widerstandskrieg ohne ein Programm zum Zusammenschluß und Fortschritt muß früher oder später in Kapitulation umschlagen oder mit einer Niederlage enden. Wir Kommunisten halten es für notwendig, daß alle diese drei Aufgaben zu einer Einheit verschmolzen werden. Um des Widerstandskriegs willen muß man gegen die Kapitulation, gegen Wang Djing-wes landesverräterisches Abkommen mit Japan, gegen seine Marionettenregierung und gegen alle in den Reihen der antijapanischen Front verborgenen Landesverräter und Kapitulanten ankämpfen. Um des Zusammenschlusses willen muß man den Kampf führen gegen die Spaltertätigkeit, gegen die inneren Reibungen, gegen die Dolchstöße, die vom Rücken der antijapanischen Front her der Achten Route-Armee, der Neuen Vierten Armee und allen fortschrittlichen Kräften versetzt werden, gegen die Störaktionen in den antijapanischen Stützpunktgebieten hinter den feindlichen Linien, gegen die Wühltätigkeit im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia, das das Hinterland der Achten Route-Armee bildet, gegen die Nichtanerkennung des legalen Status der Kommunistischen Partei und gegen die Lawine von Dokumenten über die "Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien". Um des Fortschritts willen muß man gegen den Rückschritt kämpfen, gegen die Tatsache, die Drei Volksprinzipien und das "Programm für den Widerstandskrieg und den Aufbau des Landes" ad acta zu legen, gegen die Weigerung, die im Testament Sun Yat-sens enthaltene Weisung, "die Volksmassen zu wecken", in die Tat umzusetzen, gegen das Einsperren der fortschrittlichen Jugend in Konzentrationslager, gegen die völlige Liquidierung jener kümmerlichen Krümel von Rede und Pressefreiheit, die es in der Anfangsperiode des Widerstandskriegs gegeben hat, gegen das Vorhaben, die Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform in ein Privatunternehmen von einer Handvoll hohen Beamten umzuwandeln, gegen die Überfälle auf die neuen Truppen, die Verfolgung der Liga der Selbstaufopferung und das Blutbad unter fortschrittlichen Menschen in Schansi,[Anmerkung 165] gegen die Verhaftung auf offener Straße, wie sie vom Jugendverband der Drei Volksprinzipien an der Landstraße Hsiänyang-Yülin und an der Lunghai-Eisenbahn verübt wird,[Anmerkung 166] gegen das schamlose Treiben, neun Konkubinen zu halten und hundert Millionen Yüan an der nationalen Katastrophe zu verdienen, gegen die ungezügelte Willkür der korrupten Beamten und die Tyrannei der Tuhao und Liäschen. Ohne all dieses zu bekämpfen, ohne den Zusammenschluß und den Fortschritt bleibt der Widerstandskrieg leerer Schall und Rauch und wird der Sieg eine vergebliche Hoffnung sein. Was soll die politische Orientierung der Zeitung Hsindschunghua Bao im zweiten Jahr ihres Bestehens sein? Sie muß das Schwergewicht auf den Zusammenschluß und auf den Fortschritt legen und gegen alle verwerflichen, für den Widerstandskrieg schädlichen Praktiken vorgehen, damit weitere Erfolge in der Sache des Widerstandskriegs errungen werden können.
Für eine neudemokratische konstitutionelle Regierungsform
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.481-492
(20. Februar 1940)[Anmerkung 167]
Es ist sehr bedeutsam, daß heute hier Vertreter aller Kreise der Yenaner Bevölkerung die Gründungsversammlung der Gesellschaft zur Ankurbelung einer konstitutionellen Regierungsform abhalten, daß alle ein Interesse für eine solche Regierungsform zeigen. Wozu haben wir diese Versammlung einberufen? Damit sie die Willensäußerung des Volkes, den Sieg über Japan und den Aufbau eines neuen China fördere.
Alle sind mit dem Widerstandskrieg gegen Japan einverstanden, der bereits im Gange ist, und man braucht jetzt nur diesen Krieg beharrlich fortzusetzen. Aber es gibt noch ein Anliegen, nämlich die Demokratie, wofür vorläufig noch nichts geschieht. Beide Fragen sind für das heutige China von erstrangiger Bedeutung. China fehlt zwar noch sehr vieles, aber in erster Linie fehlen ihm zwei Dinge: Unabhängigkeit und Demokratie. Solange China auch nur eins von diesen beiden Dingen fehlt, wird es um seine Sache schlecht bestellt sein. Ja, uns fehlen zwei Dinge; aber dafür gibt es auch zwei überflüssige Dinge. Welche sind das? Das Joch des Imperialismus und das Joch des Feudalismus. Durch diese beiden ist China ein koloniales, halbkoloniales und halbfeudales Land geworden. Jetzt braucht unser Volk vor allen Dingen Unabhängigkeit und Demokratie, und folglich muß man den Imperialismus und den Feudalismus niederschlagen, beide entschlossen, gründlich und ohne geringstes Erbarmen vernichten.
Manche behaupten, man müsse nur aufbauen und dürfe nicht zerstören. Dann gestatten Sie mir die Frage: Muß etwa Wang Djing-we nicht beseitigt werden? Muß man den japanischen Imperialismus nicht erledigen? Muß man das feudale System nicht abschaffen? Wenn man alle diese Übel nicht zerstört, dann braucht man an einen Aufbau gar nicht erst zu denken. China wird nur dann gerettet werden, wenn wir das alles zerstören, und nur dann wird es den Aufbau in Angriff nehmen können. Andernfalls ist alles nur eitler Traum. Nur wenn man das Alte, das Morsche zerstört, kann man das Neue, das Gesunde aufbauen. Die Unabhängigkeit mit der Demokratie vereinen heißt den Widerstandskrieg auf der Grundlage der Demokratie führen oder, mit anderen Worten, die Demokratie im Interesse des Widerstandskriegs verwirklichen. Ohne Demokratie wird der Widerstandskrieg scheitern. Ohne Demokratie kann der Widerstandskrieg nicht weitergeführt werden. Mit der Demokratie aber werden wir unbedingt siegen, auch wenn sich der Widerstandskrieg über acht oder zehn Jahre erstrecken sollte.
Was ist eine konstitutionelle Regierungsform? Das ist eine demokratische Ordnung. Ich bin mit dem einverstanden, was unser alter Genosse Wu Yü-dschang[Anmerkung 168] soeben gesagt hat. Aber was für eine demokratische Ordnung brauchen wir jetzt? Wir brauchen eine neudemokratische Ordnung, eine neudemokratische konstitutionelle Regierungsform. Nicht die alte, überlebte sogenannte demokratische Regierungsform vom europäisch-amerikanischen Typus, die eine Diktatur der Bourgeoisie ist, und vorerst auch noch nicht die demokratische Regierungsform vom sowjetischen Typus, die eine Diktatur des Proletariats ist.
Die Demokratie alten Typus, die in anderen Ländern praktiziert wurde, ist am Ende angelangt und reaktionär geworden. Unter keinen Umständen dürfen wir solch reaktionäres zeug übernehmen. Die konstitutionelle Regierungsform, von der die chinesischen Ultrakonservativen sprechen, ist die bürgerliche demokratische Ordnung von altem Typus, wie sie im Ausland vorhanden ist. Aber wenn sie auch große Reden darüber schwingen, wünschen sie diese Regierungsform in Wirklichkeit überhaupt nicht und benutzen solche Reden lediglich zur Täuschung des Volkes. In Wirklichkeit streben sie nach einer faschistischen Einparteiendiktatur. Die chinesische nationale Bourgeoisie erstrebt in der Tat gerade eine solche konstitutionelle Regierungsform und möchte in China die Diktatur der Bourgeoisie errichten; aber das wird ihr nicht gelingen, weil das chinesische Volk diese Regierungsform nicht will. Das chinesische Volk wird es nicht gutheißen, daß die Bourgeoisie die Diktatur allein ihrer Klasse errichtet. Über die Belange Chinas muß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung entscheiden. Es ist absolut unzulässig, daß eine einzige Klasse, die Bourgeoisie, die gesamte Politik monopolisiert. Nun, und wie ist es mit der sozialistischen Demokratie? Sie ist natürlich sehr gut und wird schließlich überall in der Welt verwirklicht werden. Aber zur Zeit ist in China eine solche Demokratie noch nicht durchführbar, und deshalb müssen wir vorläufig auf sie verzichten. Die sozialistische Demokratie wird man erst in Zukunft verwirklichen können, wenn dafür die entsprechenden Bedingungen gegeben sein werden. Die demokratische Ordnung, die wir jetzt in China brauchen, ist weder die Demokratie alten Typus noch die sozialistische Demokratie, sondern die Neue Demokratie, die den gegenwärtigen Verhältnissen Chinas entspricht. Die konstitutionelle Regierungsform, deren Einführung zur Zeit vorbereitet wird, muß eine neudemokratische konstitutionelle Regierungsform sein.
Was ist die neudemokratische konstitutionelle Regierungsform? Das ist die gemeinsame Diktatur einiger revolutionärer Klassen gegen die Landesverräter und Reaktionäre. Einst sagte man: "Ist Reis "a vorhanden, dann können alle mitessen." Ich denke, daß man mit diesen Worten die Neue Demokratie bildhaft kennzeichnen kann. Wenn es richtig ist, daß "Reis für alle da sein soll", darf auch die Diktatur nicht von einer Partei, von einer Gruppe, von einer Klasse ausgeübt werden. Sehr gut hat das Dr. Sun Yat-sen im Manifest des I. Nationalkongresses der Kuomintang zum Ausdruck gebracht. In diesem Manifest heißt es:
Das sogenannte demokratische System in den modernen Staaten wird häufig von der Bourgeoisie monopolisiert und verwandelt sich somit in ein Instrument zur Unterdrückung des einfachen Volkes. Aber die Demokratie, wie sie die Kuomintang zu einem ihrer Prinzipien gemacht hat, ist Gemeingut des einfachen Volkes und nicht Privatbesitz einer kleinen Minderheit.
Genossen! Beim Studium der Probleme der konstitutionellen Regierungsform müssen wir verschiedene Bücher lesen, vor allem aber dieses Manifest, und die oben angeführten Worte sollte man auswendig lernen und sich ganz fest einprägen. "Gemeingut des einfachen Volkes und nicht Privatbesitz einer kleinen Minderheit" - das ist der konkrete Inhalt der neudemokratischen konstitutionellen Regierungsform, von der wir sprechen, das ist die gegen die Landesverräter und Reaktionäre gerichtete gemeinsame demokratische Diktatur einiger revolutionärer Klassen, das ist die konstitutionelle Regierungsform, die wir heute brauchen. Eine solche konstitutionelle Regierungsform ist gleichzeitig die konstitutionelle Regierungsform der antijapanischen Einheitsfront.
Die von uns heute einberufene Versammlung heißt Versammlung zur Ankurbelung einer konstitutionellen Regierungsform. Wieso wurde eine "Ankurbelung" notwendig? Wenn alle vorwärtsschreiten, dann wäre eine Ankurbelung überflüssig. Wir haben uns große Mühe gegeben, diese Versammlung einzuberufen. Weshalb? Weil es Leute gibt, die anstatt vorwärtszuschreiten, stehenbleiben und sich nicht weiterbewegen wollen. Nicht nur, daß sie nicht vorwärtsschreiten wollen, sie wollen sogar zurücktrotten. Man ruft sie vorwärts, sie aber sterben lieber, als daß sie einen Schritt vorwärts tun. Solche Leute nennt man Ultrakonservative. Sie sind unglaublich starrsinnig. Und deshalb müssen wir diese Versammlung einberufen, um solche Leute "anzukurbeln". Woher kommt dieses Wort "ankurbeln"? Wer hat es erfunden? Wir waren es nicht, die dieses Wort erfunden haben. Es war eine große Persönlichkeit, ein ehrwürdiger Herr, der da. sagte: "Ich habe meine Kräfte vierzig Jahre lang der nationalen Revolution gewidmet . . ."; erfunden hat dieses Wort Dr. Sun Yat-sen. Seht ihr, heißt es etwa nicht in seinem Testament: "In der letzten Zeit bestand ich auf der Einberufung der Nationalversammlung . . , es ist besonders notwendig, diese Sache anzukurbeln, damit sie in kürzester Frist verwirklicht wird. Das ist mein innigster Wunsch!" Genossen, das ist kein einfacher Wunsch, sondern ein "innigster". Ein "innigster Wunsch" ist ein außerordentlicher Wunsch. Darf man ihn so ohne weiteres mit einer Handbewegung abtun, ihn ignorieren? Im Testament heißt es "in kürzester Frist". Keinesfalls etwa auf sehr lange Sicht, auch nicht auf relativ lange Sicht und nicht einmal einfach "in kurzer", sondern "in kürzester Frist". Gerade damit die Nationalversammlung in kürzester Frist einberufen wird, ist die "Ankurbelung" notwendig. Seit dem Tode Dr. Sun Yat-sens sind bereits fünfzehn Jahre vergangen, die Nationalversammlung aber, auf deren Einberufung er bestand, ist bis heute nicht einberufen worden. Tag für Tag dauert der Spektakel mit der "politischen Vormundschaft" an, und für diesen Spektakel ist völlig sinnlos Zeit vergeudet worden. Die "kürzeste Frist" wurde zur "längsten Frist", und dabei beruft man sich großschnauzig noch immer wieder auf Dr. Sun Yat-sen. Man kann sich vorstellen, wie die Seele Dr. Sun Yat-sens seine unwürdigen Nachfolger verurteilt! Jetzt ist es völlig klar: Ohne Ankurbelung kann es kein Vorwärtsschreiten geben. Es gibt noch sehr viele Leute, die rückwärts trotten; es gibt noch sehr viele Leute; deren Bewußtsein noch schlummert, und deshalb ist eine "Ankurbelung" unentbehrlich.
Weil man nicht vorwärtsschreitet, ist eine Ankurbelung notwendig; die Ankurbelung ist auch notwendig, weil der Gang zu langsam ist. Deshalb berufen wir in großem Ausmaß Versammlungen ein, Versammlungen der Jugend, der Frauen, der Arbeiter, der Lehranstalten, der Regierungsinstitutionen und der Truppenteile - alle zur Ankurbelung einer konstitutionellen Regierungsform. All das wurde mit großem Schwung in Angriff genommen und sehr gut organisiert. Nun halten wir heute eine allgemeine Versammlung ab, damit treten wir alle in Aktion, um in kürzester Frist die Einführung einer konstitutionellen Regierungsform und gleichfalls in kürzester Frist die Verwirklichung des Testaments von Dr. Sun Yat-sen anzukurbeln.
Manche sagen, jene ultrakonservativen Leute wären in verschiedenen anderen Gegenden, während ihr aber in Yenan seid; ihr wollt ankurbeln, und sie werden dem keine Beachtung schenken. Was hat man davon für einen Nutzen? Man wird einen Nutzen haben. Denn die Dinge entwickeln sich, diese Leute haben auf uns zu hören. Wir werden mehr Versammlungen durchführen, mehr Artikel schreiben, mehr Vorträge halten, mehr Telegramme schicken, und sie werden unbedingt darauf hören müssen. Ich bin der Meinung, daß unsere zahlreichen Versammlungen zur Ankurbelung in Yenan zwei Aufgaben haben: zu studieren und Vorwärtszustoßen. Wozu muß man studieren? Da jene Leute nicht vorwärtsschreiten, werdet ihr ihnen einen Stoß geben. Und wenn sie fragen, warum treibt ihr uns an, werdet ihr diese Frage beantworten müssen, und um sie beantworten zu können, muß man alle Argumente für die konstitutionelle Regierungsform gründlich studieren. Vieles wurde hier soeben von unserem alten Genossen Wu Yü-dschang gesagt; das sind die Argumente. Die gegenwärtig vor uns stehenden Probleme der konstitutionellen Regierungsform müssen überall studiert werden: in den Lehranstalten, in den Regierungsinstitutionen, in den Truppenteilen, von allen Bevölkerungskreisen.
Wenn wir studiert haben, wird es uns leichter fallen, andere Vorwärtszustoßen, und Vorwärtsstoßen ist eben "ankurbeln". Wenn man in allen Bereichen Vorwärtszustoßen beginnt, wird überall allmählich das Vorwärtsschreiten beginnen, und dann werden sich unzählige kleine Bächlein zu einem mächtigen Strom vereinen, der alles Faule, alles Finstere restlos hinwegspült, und dann wird die neudemokratische konstitutionelle Regierungsform in Erscheinung treten. Somit wird unser Anstoß sehr wirkungsvoll sein. Das, was in Yenan getan wird, muß unbedingt von Einfluß auf ganz China sein.
Genossen, meint ihr etwa, daß wir nur eine Versammlung abzuhalten und ein Telegramm abzuschicken brauchen, und die Ultrakonservativen würden schon Angst bekommen und sich sogleich auf dem Weg des Fortschritts in Bewegung setzen und unseren Befehlen gehorchen? Nein, so leicht gehorchen sie nicht. Viele Ultrakonservative haben eine Spezialschule für Starrsinn absolviert. Sie sind heute starrsinnig, sie werden morgen und übermorgen starrsinnig bleiben. Und was ist das - starrsinnig? "Starrsinnig" sein heißt verknöchert und unbeweglich sein, heißt weder heute noch morgen, noch übermorgen Fortschritte machen. Eben solche Menschen nennt man Ultrakonservative. Solche Ultrakonservativen dazu zwingen, daß sie unserer Stimme Gehör schenken, ist keine leichte Aufgabe.
In allen anderen Ländern der Welt - in England, in Frankreich, in den USA oder in der Sowjetunion - sind die konstitutionellen Regierungen auf folgende Weise entstanden: Die Revolution siegte, die Demokratie wurde zu einer Tatsache, und erst dann wurde das Grundgesetz verkündet, in dem diese Tatsache verankert wurde; dieses Gesetz war die Verfassung. In China ist es anders. In China ist die Revolution noch nicht vollendet, und die demokratische Ordnung ist in unserem Land - mit Ausnahme von Gebieten wie unser Grenzgebiet - noch nirgends zur Tatsache geworden. Die heutige Wirklichkeit Chinas ist die einer halbkolonialen, halbfeudalen Ordnung. Auch wenn man eine gute Verfassung verkünden würde, stieße sie unweigerlich auf den Widerstand der feudalen Kräfte, auf das Hindernis von Seiten der Ultrakonservativen. Es ist unmöglich, auf eine ungehinderte Verwirklichung zu rechnen. Deshalb ist die gegenwärtige Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform der Kampf für die noch nicht erreichte Demokratie und keineswegs die Anerkennung einer Demokratisierung, die bereits zur Tatsache geworden ist. Das ist ein großer Kampf und alles andere als eine leichte Aufgabe, die keine Kräfteanspannung erfordert.
Jetzt haben einige Leute, die seit eh und je gegen die konstitutionelle Regierungsform auftreten,[Anmerkung 169] ebenfalls Reden darüber zu schwingen begonnen. Weshalb haben sie von einer konstitutionellen Regierungsform zu reden begonnen? Weil sie unter dem Druck des gegen die japanischen Eindringlinge kämpfenden Volkes in eine ausweglose Lage geraten sind und irgend etwas als Notbehelf unternehmen müssen. Sie schreien sogar aus vollem Hals: "Wir haben stets auf einer konstitutionellen Regierungsform bestanden!" und lassen alle Trompeten schmettern. Den Ausdruck "konstitutionelle Regierungsform" hören wir schon seit vielen Jahren, aber wir haben bislang noch keine einzige Spur dieser konstitutionellen Regierungsform gesehen. Sie reden von dem einen und tun etwas ganz anderes. Das nennt man Doppelzüngigkeit in der Frage der konstitutionellen Regierungsform. Diese Doppelzüngigkeit zeigt das wahre Gesicht ihres "Stets-darauf-Bestehens". Die Ultrakonservativen von heute sind solche Doppelzüngler. Ihre konstitutionelle Regierungsform ist nichts anderes als Demagogie. In der nächsten Zukunft werdet ihr möglicherweise sehen, wie eine Verfassung und sodann auch ein Präsident auftauchen werden. Und die Demokratie und die Freiheit? In welchem Jahr, in welchem Monat werden sie euch gegeben? Das weiß man nicht. Eine Verfassung ist China bereits gegeben worden. Hat Tsao Kun etwa keine Verfassung verkündet?[Anmerkung 170] Wo aber ist denn die Demokratie und die Freiheit? Was die Präsidenten anbelangt, so hat es ihrer noch mehr gegeben. Der erste, Sun Yat-sen, war natürlich ein guter Präsident. Aber er wurde von Yüan Schi-kai verdrängt. Der zweite Präsident war Yüan Schi-kai, der dritte war Li Yüan-hung,[Anmerkung 171] der vierte Feng Guo-dschang,[Anmerkung 172] der fünfte Hsü Schi-tschang.[Anmerkung 173] Nicht wenige, kann man sagen. Aber wodurch unterschieden sie sich von absolutistischen Kaisern? Sowohl die Verfassung als auch die Präsidenten waren ein Hokuspokus. In solchen Ländern wie England, Frankreich und den USA stellen heute die sogenannte konstitutionelle Regierungsform und die sogenannte demokratische Ordnung in Wirklichkeit eine menschenfressende Ordnung dar. Die gleiche Lage können wir auch in Mittel- und Südamerika feststellen. Viele Staaten sind dort mit dem Aushängeschild einer Republik geschmückt, hinter dem es jedoch in Wirklichkeit auch nicht die geringste Spur von Demokratie gibt. Das kann man auch von den heutigen Ultrakonservativen in China sagen. Ihr Gerede über eine konstitutionelle Regierungsform gleicht lediglich dem "Aushängen eines Hammelkopfes, um Hundefleisch zu verkaufen". Sie hängen die Hammelköpfe der konstitutionellen Regierungsform aus und verkaufen das Hundefleisch der Einparteiendiktatur. Ich habe keineswegs die Absicht, sie beliebig zu beschimpfen. Ich habe hierfür schon meine Gründe; sie bestehen darin, daß die Ultrakonservativen zwar von einer konstitutionellen Regierungsform schwatzen, dem Volk aber nicht die geringste Freiheit geben.
Genossen, die wahre konstitutionelle Regierungsform fällt einem nicht von selbst in den Schoß. Sie kann erst in schwerem Kampf errungen werden. Deshalb sollt ihr keinesfalls glauben, daß wir nur eine Versammlung abzuhalten, ein Telegramm abzuschicken, einen Artikel zu schreiben brauchen - und die konstitutionelle Regierungsform ist mit einem Schlag da. Gleicherweise darf man auf keinen Fall glauben, daß es genügt, wenn der Politische Nationalrat[Anmerkung 174] bereits eine Resolution angenommen und die Nationalregierung einen Erlaß herausgegeben hat, wenn die Nationalversammlung am 12. November tagt,[Anmerkung 175] eine Verfassung verkündet und sogar einen Präsidenten wählt, dann würde alles wie am Schnürchen klappen und alles in der Welt in Ordnung sein. Nein, so etwas gibt es nicht, und man darf sich nicht dadurch konfus machen lassen. Diesen Umstand sollte man auch den Volksmassen gründlich erläutern, damit sie sich nicht verwirren lassen. Die Sache ist durchaus nicht so einfach.
Heißt das aber, daß uns nichts anderes übrigbleibt, als diese Sache zu begraben? Ist sie so schwierig, daß keine Aussicht auf eine konstitutionelle Regierungsform besteht? Nein, das wäre ebenfalls falsch. Aussichten auf eine konstitutionelle Regierungsform bestehen dennoch, und zwar sehr gute Aussichten. China wird unbedingt ein neudemokratischer Staat werden. Weshalb? Weil die Schwierigkeiten in der Frage der konstitutionellen Regierungsform infolge der Umtriebe der Ultrakonservativen entstehen, und die Ultrakonservativen können nicht ewig so bleiben. Das ist der Grund, weshalb wir gute Aussichten haben. Wenn auch alle Ultrakonservativen der Welt heute widerspenstig sind und auch morgen und übermorgen widerspenstig bleiben werden, können sie nicht ewig so bleiben; letzten Endes müssen sie sich verändern. Wang Djing-we beispielsweise war sehr lange ein Ultrakonservativer geblieben, bis es ihm unmöglich wurde, im Lager der antijapanischen Kämpfer länger den Ultrakonservativen zu spielen, dann blieb ihm nichts anderes übrig, als sich direkt den Japanern in die Arme zu werfen. Auch Dschang Guo-tao zum Beispiel war ebenfalls lange ein Ultrakonservativer; als wir aber einige Versammlungen durchgeführt hatten, um mit ihm abzurechnen, und wiederholt auf diese Weise gegen ihn vorgegangen waren, machte er sich ebenfalls aus dem Staub. Die Ultrakonservativen sind im Grunde genommen halsstarrige, aber keine festen Menschen. Sie sind lange Zeit halsstarrig und verändern sich dann: verwandeln sich in Hundedreck und erregen bei der Menschheit Ekel. Es kommt aber auch vor, daß sich manche von ihnen zum Besseren verändern, und das ist gleichfalls das Resultat unserer wiederholten Kämpfe, sie geben ihre Fehler zu und ändern sich zum Besseren. Kurzum: mit den Ultrakonservativen werden Veränderungen vor sich gehen. Die Ultrakonservativen arbeiten stets mit vielen Intrigen, um sich irgendwie auf fremde Kosten Vorteile zu sichern oder irgendein doppelzüngiges Spiel zu treiben usw. Aber bisher kommt bei ihnen stets das Gegenteil von dem heraus, womit sie gerechnet haben. Sie beginnen immer mit dem Versuch, andere zu schädigen, und enden unweigerlich damit, daß sie sich selbst Schaden zufügen. Seinerzeit wiesen wir darauf hin, daß Chamberlain "der Stein, den er erhoben hat, auf die eigenen Füße fallen" werde. So kam es denn auch. In der Vergangenheit gab sich Chamberlain ganz dem Gedanken hin, Hitler als den Stein zu benutzen, den man dem Sowjetvolk auf die Füße fallen lassen könnte. Aber an dem Tag im September vorigen Jahres, da der Krieg zwischen Deutschland einerseits und England und Frankreich andererseits ausbrach, fiel Chamberlain dieser Stein aus den Händen und quetschte ihm selbst die Füße ab. Und bis auf den heutigen Tag tut dieser Stein Chamberlain wehe. Derartige Beispiele hat es auch in China viele gegeben. Yüan Schi-kai wollte dem einfachen Volk die Zehen zerquetschen, schädigte aber sich selbst: Nach nur einigen Monaten Kaiser war er bereits ein toter Mann[Anmerkung 176] Duhn Tji-jui, Hsü Schi-tschang, Tsao Kun, Wu Pe-fu und andere wollten das Volk unterdrücken, wurden aber letzten Endes durch das Volk gestürzt. Jeder, der sich auf fremde Kosten Vorteile verschaffen möchte, nimmt unweigerlich ein schlechtes Ende.
Dieser Gesetzmäßigkeit werden, so nehme ich an, auch die antikommunistischen Ultrakonservativen von heute nicht entgehen, wenn sie nicht den Weg des Fortschritts beschreiten. Sie möchten, getarnt durch so ein schönes Wort wie "Einheit", das fortschrittliche Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia, die fortschrittliche Achte Route-Armee und Neue Vierte Armee, die fortschrittliche Kommunistische Partei, die fortschrittlichen Massenorganisationen liquidieren; das alles ist in ihren Plänen bereits vorgesehen. Aber ich glaube, daß letzten Endes nicht der Ultrakonservatismus den Fortschritt, sondern der Fortschritt den Ultrakonservatismus liquidieren wird. Wollen die Ultrakonservativen nicht liquidiert werden, dann haben sie nur einen einzigen Ausweg - den Weg des Fortschritts einzuschlagen. Deshalb raten wir diesen Ultrakonservativen immer wieder: Laßt ab von den Überfällen auf die Achte Route-Armee, von den Anschlägen auf die Kommunistische Partei, auf das Grenzgebiet! Wollen sie sich trotzdem um jeden Preis damit abgeben, sollten sie zuvor eine Resolution abfassen, in der es unter Punkt I heißen müßte: "Um uns selbst zu vernichten und der Kommunistischen Partei ein bedeutendes Wachstum ihrer Kräfte zu ermöglichen, stellen wir Ultrakonservativen uns die Aufgabe, gegen die Kommunistische Partei, gegen das Grenzgebiet zu kämpfen." Die Erfahrungen der Ultras aus den "Feldzügen zur Ausrottung der Kommunisten" sind reich genug, und wenn sie sich jetzt erneut auf einen solchen "Ausrottungsfeldzug" einlassen wollen - nun, sie haben die Freiheit, das zu tun. Sie haben sich satt gegessen, haben sich ausgeschlafen, und jetzt möchten sie "ins Feld ziehen" - nun, mögen sie handeln, wie sie es für gut befinden. Aber dann müssen sie darauf gefaßt sein, ihre Resolution zu verwirklichen, darum wird man nicht herumkommen. Während der vergangenen zehn Jahre der "antikommunistischen Feldzüge" verlief alles in Übereinstimmung mit einer solchen Resolution, und wenn einer künftig wieder Lust verspüren sollte, sich erneut in einen "Ausrottungsfeldzug" einzulassen, wird er wiederum in Übereinstimmung mit dieser Resolution handeln müssen. Deshalb möchte ich ihnen raten, sich solcher "Feldzüge" zu enthalten. Denn das ganze Volk fordert den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression, fordert den Zusammenschluß, den Fortschritt und keine "antikommunistischen Feldzüge", und deshalb wird jeder, der sich zu einem "Feldzug zur Ausrottung der Kommunisten" anschickt, unvermeidlich Schiffbruch erleiden.
Kurz gesagt: Jede rückläufige Bewegung führt unweigerlich zu Ergebnissen, die gerade das Gegenteil sind von dem, womit ihre Inspiratoren rechnen. Hier gibt es keine Ausnahmen - weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart, weder bei uns noch im Ausland.
Ebenso steht es jetzt um die konstitutionelle Regierungsform. Sollten die Ultrakonservativen den Kampf gegen eine konstitutionelle Regierungsform fortsetzen, werden die Ergebnisse ganz gewiß das Gegenteil von dem sein, was sie erwarten. Die Bewegung für die konstitutionelle Regierungsform wird in keinem Fall den von den Ultrakonservativen vorgezeichneten Weg einschlagen, sie wird bestimmt deren Wünschen zuwiderlaufen und unweigerlich den vom Volk gewiesenen Weg beschreiten. Das wird unbedingt der Fall sein, weil das vom ganzen Volk, von der historischen Entwicklung Chinas, von der allgemeinen Entwicklungstendenz in der Welt gefordert wird. Wer vermag dieser Entwicklungstendenz Widerstand zu leisten? Das riesige Rad der Geschichte läßt sich nicht zurückdrehen. Aber um unsere Aufgabe zu erfüllen, brauchen wir Zeit, über Nacht läßt sich hier kein Erfolg erzielen; Anstrengungen sind erforderlich, mit Gemächlichkeit wird man nichts leisten; man muß die breiten Volksmassen mobilisieren, allein mit einer Hand und einem Fuß wird man keinen Erfolg erzielen. Es ist sehr gut, daß wir uns heute hier versammelt haben. Nach der Versammlung wird man noch Artikel schreiben und Telegramme verschicken müssen. Die gleichen Versammlungen müssen im Wutai-Gebirge und im Taihang-Gebirge, in Nord- und Zentralchina sowie überall in den anderen Landesteilen durchgeführt werden. Arbeiten wir in dieser Richtung, so werden wir nach einigen Jahren nicht weit vom Ziel sein. Wir müssen mit dieser Sache unbedingt fertig werden, wir müssen unbedingt Demokratie und Freiheit erkämpfen, wir müssen unbedingt die neudemokratische konstitutionelle Regierungsform einführen. Arbeitet man nicht in dieser Richtung, folgt man den Ultrakonservativen, dann wird China unterjocht werden. Um die Unterjochung des Landes zu vermeiden, muß man unbedingt in dieser Richtung arbeiten. Dafür sind gemeinsame Anstrengungen notwendig. Wir brauchen diese Anstrengungen nur zu unternehmen, und wir werden sehr große Chancen auf den Erfolg unserer Sache haben. Man muß außerdem begreifen, daß die Ultrakonservativen letzten Endes in der Minderheit sind, während die überwältigende Mehrheit nicht aus Ultrakonservativen besteht. Diese Mehrheit ist imstande, den Weg des Fortschritts zu gehen. Wenn man die Mehrheit der Minderheit entgegenstellt und dazu noch Anstrengungen unternimmt, wird unsere Sache glänzende Aussicht haben. Deshalb sage ich, diese Sache ist zwar schwierig, aber dennoch aussichtsreich.
Die Frage der politischen Macht in den Stützpunktgebieten des Widerstands gegen die japanische Aggression
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.493-496
(6. März 1940)[Anmerkung 177]
1. Gegenwärtig tun die antikommunistischen Ultrakonservativen in der Kuomintang alles, was in ihrer Kraft liegt, um die Schaffung einer antijapanischen demokratischen Macht in Nordchina, Zentralchina und den anderen Gebieten des Landes zu verhindern, während wir eine solche Macht unbedingt errichten müssen und bereits die Möglichkeit haben, sie in den wichtigsten antijapanischen Stützpunktgebieten aufzubauen. Unser Kampf gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen in der Frage der politischen Macht in Nord-, Zentral- und Nordwestchina kann zur Schaffung der Machtorgane der Einheitsfront im ganzen Land beitragen und fesselt die Aufmerksamkeit des ganzen Landes. Deshalb muß man diese Frage sehr behutsam behandeln.
2. Die politische Macht, die wir während des Widerstandskriegs gegen Japan schaffen, ist ihrem Charakter nach die Macht der nationalen Einheitsfront. Es ist das die Macht aller jener, die für den Widerstand gegen Japan und für die Demokratie sind, es ist das die gegen die Landesverräter und gegen die Reaktionäre gerichtete gemeinsame demokratische Diktatur einiger revolutionärer Klassen. Diese Macht unterscheidet sich von der konterrevolutionären Diktatur
der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie, unterscheidet sich auch
von der demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern in der Periode der Agrarrevolution. Klarheit über den Charakter dieser Macht und gewissenhafte Anstrengungen zu ihrer Verwirklichung werden die Demokratisierung des ganzen Landes in gewaltigem Maße fördern. "Linke" wie auch rechte Überspitzungen werden auf das ganze Volk einen äußerst schlechten Einfluß ausüben.
3. Die Einberufung der Volksversammlung von Hopeh und die Wahl des Verwaltungsrats von Hopeh - die entsprechende Vorbereitungsarbeit hat jetzt begonnen - sind von ernsthafter Bedeutung. Ebenso bedeutungsvoll ist auch die Schaffung der neuen politischen Macht in Nordwestschansi, in der Provinz Schantung, im Gebiet nördlich des Huai-Flusses, in den Kreisen Suidö und Fuhsiän sowie in Ostkansu. Diese Arbeit muß in Übereinstimmung mit den oben dargelegten Prinzipien durchgeführt werden, wobei Abweichungen nach rechts oder nach "links" auf jede Weise zu vermeiden sind. Eine ernstere Frage stellt gegenwärtig die "linke" Abweichung dar, die darin zum Ausdruck kommt, daß die Gewinnung der mittleren Bourgeoisie und der aufgeklärten Schenschi vernachlässigt wird.
4. In Übereinstimmung mit dem Prinzip der Machtorgane der antijapanischen nationalen Einheitsfront muß bei der Verteilung der Plätze folgendes zahlenmäßige Verhältnis bestehen: Die Kommunisten, die linken fortschrittlichen Nichtkommunisten und die Vertreter der mittleren Gruppe, die weder links- noch rechtsorientiert sind, besetzen je ein Drittel aller Plätze.
5. Den Kommunisten muß die führende Stellung in den Machtorganen gesichert sein, und deshalb ist es notwendig, daß die Kommunisten, die zahlenmäßig ein Drittel ausmachen, hervorragende Qualitäten besitzen. Wenn diese Bedingung gegeben ist, wird die Führung der Partei gesichert sein, und eine größere Anzahl der Plätze ist hierfür nicht erforderlich. Unter der führenden Rolle ist hier durchaus keine Losung zu verstehen, die von früh bis spät ausposaunt werden muß. Die führende Rolle bedeutet ebensowenig, daß man schroff und arrogant von den. anderen fordert, sie sollten uns gehorchen. Sie bedeutet, daß wir die Nichtkommunisten durch die Verwirklichung einer richtigen Politik der Partei und durch unsere eigene vorbildliche Arbeit überzeugen und erziehen müssen, so daß sie selbst gern unsere Vorschläge annehmen.
6. Den außerhalb der Partei stehenden fortschrittlichen Kräften muß ein Drittel der Plätze eingeräumt werden, da sie mit den breiten Massen des Kleinbürgertums verbunden sind. Das wird für die Gewinnung des Kleinbürgertums von großer Wirkung sein.
7. Die Überlassung eines Drittels der Plätze an die Vertreter der mittleren Gruppe verfolgt den Zweck, die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi zu gewinnen. Die Gewinnung dieser Schichten ist ein wichtiger Schritt zur Isolierung der Ultrakonservativen. Gegenwärtig müssen wir unbedingt mit der Stärke dieser Schichten rechnen und müssen sie behutsam und umsichtig behandeln.
8. Wir müssen uns auf den Standpunkt der Zusammenarbeit mit allen Nichtkommunisten stellen, unabhängig davon, ob sie anderen Parteien oder Gruppen angehören und welchen Parteien oder Gruppen sie angehören - wenn sie nur für den Widerstand gegen die japanische Aggression sind und sich bereit erklären, mit der Kommunistischen Partei zusammenzuarbeiten.
9. Das dargelegte Prinzip der Verteilung der Plätze in den Machtorganen bringt die wahre Politik unserer Partei zum Ausdruck, und man darf an seine Verwirklichung nicht mit halbem Herzen herangehen. Um diese Politik zu verwirklichen, ist es notwendig, die Mitglieder der Partei, die in den Machtorganen arbeiten, zu erziehen, jene Engstirnigkeit zu überwinden, die darin besteht, daß sie nicht gewillt und nicht gewohnt sind, mit Nichtkommunisten zusammenzuarbeiten; es ist notwendig, einen demokratischen Stil der Arbeit zu fördern, in allen Fragen zunächst mit den Nichtkommunisten zu beraten und nur dann zu handeln, wenn man sich des Einverständnisses der Mehrheit versichert hat. Gleichzeitig müssen die Nichtkommunisten in jeder Weise ermuntert werden, ihre Meinungen über alle Fragen zu äußern, und man muß ihrer Stimme Gehör schenken. Man darf keinesfalls meinen, daß - da sich die Armee und die politische Macht in unseren Händen befinden - alles vorbehaltlos nach unseren Entscheidungen gemacht werden müsse und daß man deshalb nicht darauf zu achten brauche, sich um die Überzeugung der Nichtkommunisten von der Richtigkeit unserer Ansichten zu bemühen und zu erreichen, daß sie sich mit ihnen einverstanden erklären und sie bereitwillig und gern in die Tat umsetzen.
10. Das dargelegte Prinzip der Verteilung der Plätze ist nur eine allgemeine Richtlinie, und man muß es je nach der realen Lage an jedem gegebenen Ort durchführen; man soll nicht mechanisch das angegebene Zahlenverhältnis zu erreichen suchen. Die Zusammensetzung der untersten Machtorgane kann man nach eigenem Ermessen regeln, um ein Einschleichen der Grundherren, Tuhao und Liäschen zu verhindern. Dort, wo die Machtorgane schon vor langer Zeit gebildet wurden - im Grenzgebiet Schansi-Tschahar-Hopeh, im Gebiet von Mittelhopeh, im Gebiet des Taihang-Gebirges und im Gebiet von Südhopeh -, muß der bisher verfolgte Kurs im Sinne dieses Prinzips überprüft werden. Bei der Bildung neuer Machtorgane muß man sich unbedingt von diesem Prinzip leiten lassen.
11. In der Frage der Wahlen muß die Linie der antijapanischen Einheitsfront darin bestehen, daß das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, jedem Chinesen zusteht, der das Alter von achtzehn Jahren erreicht hat und für den Widerstand gegen Japan sowie für die Demokratie eintritt - unabhängig von seiner Klassenzugehörigkeit, Nationalität, seinem Geschlecht, Glaubensbekenntnis, seiner Parteizugehörigkeit und seinem Bildungsgrad. Die Bildung der Machtorgane der antijapanischen Einheitsfront muß so erfolgen, daß sie von der Bevölkerung gewählt werden. Aufgebaut werden sie nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus.
12. Dem politischen Kurs, der von den Machtorganen der antijapanischen Einheitsfront befolgt wird, muß folgendes zugrunde liegen: Kampf gegen den japanischen Imperialismus; Schutz für das Volk, das den Widerstandskrieg gegen Japan führt; Regelung der Interessen aller antijapanischen Schichten; Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter und Bauern sowie Unterdrückung der Landesverräter und Reaktionäre.
13. Man darf nicht an die Nichtkommunisten, die in unseren Machtorganen mitarbeiten, die gleichen Forderungen bezüglich ihres Lebenswandels sowie ihrer Äußerungen und ihrer Tätigkeit stellen wie an die Kommunisten, sonst werden bei ihnen Unzufriedenheit und Unsicherheit auftreten.
14. Alle Regionalbüros des Zentralkomitees und dessen Zweigregionalbüros, alle Gebietsparteikomitees und die führenden Kader aller Truppenverbände sind verpflichtet, das eben Dargelegte allen Parteiorganisationen sorgfältig klarzumachen, damit die vorliegende Direktive in der Arbeit der Machtorgane restlos in die Tat umgesetzt wird.
Aktuelle Probleme der Taktik in der antijapanischen Einheitsfront
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.497-507
(11. März 1940)[Anmerkung 178]
1. Die gegenwärtige politische Lage sieht so aus: (a) Der japanische Imperialismus hat im Widerstandskrieg Chinas schwere Schläge erlitten und ist nicht mehr imstande, großangelegte militärische Angriffe zu unternehmen; daher ist im Kräfteverhältnis zwischen uns und dem Feind das Stadium eines strategischen Gleichgewichts eingetreten. Immer noch beharrt aber der Feind auf seiner grundlegenden Politik der Unterjochung Chinas, er untergräbt zu diesem Zweck die antijapanische Einheitsfront, verstärkt die "Säuberungskampagnen" in seinem Hinterland, verschärft die wirtschaftliche Aggression usw. (b) Da die Position Großbritanniens und Frankreichs im Osten infolge des Krieges in Europa geschwächt ist und die USA nach wie vor die Politik verfolgen, "auf dem Berg sitzend dem Kampf der Tiger zuzuschauen", ist die Einberufung einer Konferenz für ein "östliches München" derzeit unmöglich. (c) Die Sowjetunion hat in ihrer Außenpolitik neue Siege errungen und setzt ihre Politik der tatkräftigen Unterstützung des chinesischen Widerstandskriegs fort. (d) Die projapanische Clique der Großbourgeoisie hat schon längst vollkommen vor Japan kapituliert und macht Anstalten, als dessen Marionette aufzutreten. Die proeuropäisch-proamerikanische Clique der Großbourgeoisie kann zwar noch den Widerstand gegen Japan fortsetzen, doch besteht bei ihr nach wie vor ernsthaft eine Neigung zu Kompromissen. Sie verfolgt eine zweiseitige Politik: Einerseits will sie sich noch mit den außerhalb der Kuomintang stehenden verschiedenen Kräften zum Kampf gegen Japan zusammenschließen, andererseits macht sie alle Anstrengungen, diese Kräfte, insbesondere die Kommunistische Partei und andere fortschrittliche Kräfte, bestialisch zu unterdrücken. Sie bildet die Clique der Ultrakonservativen innerhalb der antijapanischen Einheitsfront. (e) Die Kräfte der Mitte umfassen die mittlere Bourgeoisie, die aufgeklärten Schenschi und örtliche Gruppen, die über reale Kräfte verfügen. Da es sowohl zwischen ihnen und den hauptsächlichen herrschenden Kräften der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie als auch zwischen ihnen und der Arbeiterklasse sowie der Bauernschaft Widersprüche gibt, nehmen diese Kräfte oft eine Mittelstellung zwischen den fortschrittlichen und den ultrakonservativen Kräften ein. Sie bilden die mittlere Gruppe in der antijapanischen Einheitsfront. (f) Die von der Kommunistischen Partei geführten fortschrittlichen Kräfte des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums sind in der letzten Zeit bedeutend gewachsen und haben im großen und ganzen bereits Stützpunktgebiete geschaffen, die von einer antijapanischen demokratischen Macht regiert werden. Ihr Einfluß auf die Arbeiter, die Bauern und das städtische Kleinbürgertum im ganzen Land ist sehr groß, und sie üben auch auf die Kräfte der Mitte einen recht beträchtlichen Einfluß aus. Auf den Schlachtfeldern des Widerstandskriegs werden von der Kommunistischen Partei fast ebensoviel japanische Invasionstruppen bekämpft wie von der Kuomintang. Die erwähnten Kräfte bilden die fortschrittliche Gruppe in der antijapanischen Einheitsfront.
So sieht die gegenwärtige politische Lage in China aus. Unter diesen Umständen besteht noch die Möglichkeit, eine Wendung zum Besseren herbeizuführen und eine Verschlechterung der Lage zu verhindern; die Resolution des Zentralkomitees vom 1. Februar ist völlig richtig.
2. Die Grundbedingung für den Sieg im Widerstandskrieg gegen Japan ist die Verbreiterung und Festigung der antijapanischen Einheitsfront. Zur Erreichung dieses Zieles müssen wir die Taktik der Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, der Gewinnung der in der Mitte stehenden Kräfte und der Bekämpfung der ultrakonservativen Kräfte anwenden; das sind drei voneinander untrennbare Glieder einer Kette, wobei das Mittel zur Herbeiführung des Zusammenschlusses aller antijapanischen Kräfte der Kampf ist. In der Periode der antijapanischen Einheitsfront ist der Kampf das Mittel zum Zusammenschluß und der Zusammenschluß das Ziel des Kampfes. Erreicht man den Zusammenschluß durch Kampf, wird er bestehen bleiben; erreicht man ihn durch Konzessionen, wird er zugrunde gehen. Diese Wahrheit findet allmählich bei den Genossen in der Partei Verständnis. Doch viele begreifen das immer noch nicht; sie meinen entweder, daß der Kampf die Einheitsfront spalten werde, oder glauben, daß man den Kampf unbegrenzt führen könne, wenden entweder den Kräften der Mitte gegenüber eine unrichtige Taktik an oder haben eine falsche Vorstellung von den ultrakonservativen Kräften. All das muß korrigiert werden.
3. Die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte bedeutet die Entfaltung der Kräfte des Proletariats, der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums, sie bedeutet die kühne Erweiterung der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee, sie bedeutet die großzügige Errichtung antijapanischer demokratischer Stützpunktgebiete, sie bedeutet die Ausbreitung von Organisationen der Kommunistischen Partei auf das ganze Land, sie bedeutet die Entfaltung von Massenbewegungen der Arbeiter, der Bauern, der Jugendlichen, der Frauen und der Kinder in ganz China, sie bedeutet die Gewinnung der Intellektuellen im ganzen Land, und sie bedeutet - als Kampf um die Demokratie - die Ausdehnung der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform auf die breiten Volksmassen. Nur wenn man die fortschrittlichen Kräfte Schritt für Schritt entfaltet, kann man eine Verschlechterung der Lage verhindern, kann man der Kapitulation und den Spaltungen Einhalt gebieten, kann man also eine feste, unerschütterliche Grundlage für den Sieg im Widerstandskrieg schaffen. Die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte ist aber ein ernster Kampfprozeß, wobei ein unerbittlicher Kampf nicht nur gegen den japanischen Imperialismus und gegen die Landesverräter, sondern auch gegen die Ultrakonservativen ausgetragen werden muß. Denn die Ultras sind gegen die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, und die mittlere Gruppe steht ihr skeptisch gegenüber. Ohne einen entschiedenen Kampf gegen die Ultrakonservativen und ohne greifbare Erfolge in diesem Kampf können wir ihrem Druck nicht widerstehen und die Zweifel der mittleren Gruppe nicht zerstreuen, werden sich die fortschrittlichen Kräfte nicht entfalten.
4. Die Gewinnung der Kräfte der Mitte bedeutet, die mittlere Bourgeoisie, die aufgeklärten Schenschi und die örtlichen Gruppen; die über reale Kräfte verfügen, zu gewinnen. Das sind Menschen dreier verschiedener Kategorien, doch gehören sie alle in der gegenwärtigen Situation zur mittleren Gruppe. Unter der mittleren Bourgeoisie ist die nationale Bourgeoisie zu verstehen, die nicht zur Klasse der Kompradoren, d. h. nicht zur Großbourgeoisie, gehört. Sie steht zwar im Klassenwiderspruch mit den Arbeitern und ist mit der Unabhängigkeit der Arbeiterklasse nicht einverstanden; sie wird aber in den besetzten Gebieten durch den japanischen Imperialismus unterdrückt und stößt im Machtbereich der Kuomintang auf die ihr von der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie gesetzten Schranken, wünscht deshalb noch den Widerstand gegen Japan und will außerdem die politische Macht für sich selbst erringen. In der Frage des Kampfes gegen die japanische Aggression billigt sie den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg; in der Frage des Kampfes für ihre politische Macht stimmt sie der Bewegung für eine konstitutionelle Regierungsform zu und versucht, die Widersprüche zwischen der fortschrittlichen und der ultrakonservativen Gruppe für ihre Zwecke auszunutzen. Diese Schicht müssen wir für uns gewinnen. Die aufgeklärten Schenschi sind der linke Flügel der Grundherrenklasse, also jener bürgerlich gefärbte Teil der Grundherren, der im großen und ganzen eine ähnliche politische Einstellung hat wie die mittlere Bourgeoisie. Diese Menschen stehen zwar im Klassenwiderspruch mit den Bauern, es gibt aber auch Widersprüche zwischen ihnen einerseits und der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie andererseits. Sie stimmen mit den Ultrakonservativen nicht überein, und auch sie denken daran, die Widersprüche zwischen uns und den Ultras für ihre politischen Ziele auszunutzen. Auch diese Gruppe dürfen wir keineswegs übersehen, und unsere Politik muß darauf gerichtet sein, sie zu gewinnen. Die örtlichen Gruppen, die über reale Kräfte verfügen, umfassen sowohl Personen mit territorialem Machtbereich als auch die buntscheckigen Heerhaufen, die über keine eigenen Gebiete herrschen. Sie stehen wohl im Gegensatz zu den fortschrittlichen Kräften, aber es gibt auch Widersprüche zwischen ihnen und der gegenwärtigen Zentralregierung der Kuomintang, weil diese auf ihre Kosten eine eigensüchtige Politik verfolgt, und sie wollen ebenfalls die Widersprüche zwischen uns und den Ultrakonservativen für ihre politischen Ziele ausnutzen. Da die führenden Elemente unter den örtlichen Machthabern größtenteils zur Klasse der großen Grundherren bzw. zur Großbourgeoisie gehören, zeigen sie sich zwar im Widerstandskrieg gegen Japan manchmal fortschrittlich, sind aber gleich darauf wieder reaktionär. Da sie jedoch auch mit der Zentralmacht der Kuomintang im Widerspruch stehen, ist es, wenn wir nur eine richtige Politik durchführen, möglich, daß sie sich in unserem Kampf mit den Ultras neutral verhalten. Unsere Politik gegenüber diesen drei Kategorien der mittleren Kräfte besteht darin, sie alle zu gewinnen. Doch ist diese Politik nicht nur verschieden von der, die wir zur Gewinnung der Bauernschaft und des städtischen Kleinbürgertums verfolgen, sondern auch unterschiedlich in Bezug auf die verschiedenen Kategorien der Kräfte der Mitte selbst. Die Bauernschaft und das städtische Kleinbürgertum haben wir als Hauptverbündete zu gewinnen, die Kräfte der Mitte jedoch als Verbündete gegen den Imperialismus. Unter diesen Kräften können die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi sich beim gemeinsamen Widerstand gegen Japan uns anschließen und auch gemeinsam mit uns eine antijapanische demokratische Macht errichten, doch fürchten sie sich vor der Agrarrevolution. Im Kampf gegen die Ultrakonservativen mögen manche von ihnen in bestimmten Grenzen an diesem Kampf teilnehmen, während andere eine wohlwollende Neutralität wahren dürften und wieder andere sich gezwungenermaßen neutral geben könnten. Die Gruppen der örtlichen Machthaber hingegen werden, abgesehen von dem gemeinsamen Widerstand gegen die japanische Aggression, während unseres Kampfes gegen die Ultras nur zeitweilig eine neutrale Haltung einnehmen können; sie sind nicht gewillt, gemeinsam mit uns eine demokratische politische Macht zu errichten, weil sie selbst zur Klasse der großen Grundherren bzw. zur Großbourgeoisie gehören. Die mittlere Gruppe gerät leicht ins Schwanken und geht unvermeidlich ihrer Differenzierung entgegen; im Hinblick auf ihre schwankende Haltung müssen wir sie in geeigneter Weise zu überzeugen suchen und kritisieren.
Die Gewinnung der Kräfte der Mitte ist in der Periode der antijapanischen Einheitsfront für uns eine überaus wichtige Aufgabe, die jedoch nur unter bestimmten Bedingungen ausgeführt werden kann. Diese Bedingungen sind: (a) daß wir über ausreichende Kraft verfügen; (b) daß wir ihre Interessen respektieren; (c) daß wir einen entschiedenen Kampf gegen die Ultrakonservativen führen und Schritt für Schritt Siege erringen. Fehlen diese Bedingungen, so werden die Kräfte der Mitte ins Schwanken geraten oder sogar zu Verbündeten der Ultras bei deren Angriffen auf uns werden; denn die Ultras machen ebenfalls alle möglichen Anstrengungen, die Kräfte der Mitte für sich zu gewinnen, um uns zu isolieren. In China haben die Kräfte der Mitte großes Gewicht, und oft können sie zum entscheidenden Faktor in unserem Kampf gegen die Ultrakonservativen werden; deshalb müssen wir ihnen gegenüber eine ungemein behutsame Haltung einnehmen.
5. Die ultrakonservativen Kräfte sind gegenwärtig die Klasse der großen Grundherren und die Großbourgeoisie. Diese Klassen, die sich jetzt teilen in eine Fraktion, die vor den Japanern kapituliert hat, und in eine Fraktion, die gegen die japanische Aggression kämpft, werden sich später allmählich weiterhin differenzieren. Jene Fraktion der Großbourgeoisie, die für den Kampf gegen die japanische Aggression eintritt, weist im Augenblick gegenüber der Kapitulantenfraktion Unterschiede auf. Sie verfolgt eine zweiseitige Politik: Einerseits billigt sie bisher noch den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg, andererseits aber betreibt sie eine äußerst reaktionäre Unterdrückungspolitik gegenüber den fortschrittlichen Kräften, um der künftigen Kapitulation den Boden zu bereiten. Da sie noch für den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg gegen Japan eintritt, haben wir noch die Möglichkeit, sie zum Weiterverbleib in der antijapanischen Einheitsfront - je länger, je lieber - zu veranlassen. Es wäre ein Fehler, würde man eine solche Politik ihrer Gewinnung, der Zusammenarbeit mit ihr außer acht lassen und sie für Leute halten, die tatsächlich bereits kapituliert haben und schon im Begriff sind, einen antikommunistischen Krieg zu beginnen. Da aber diese Gruppe überall im Land eine auf die Unterdrückung der fortschrittlichen Kräfte gerichtete reaktionäre Politik betreibt; da sie das gemeinsame Programm, die revolutionären Drei Volksprinzipien, nicht verwirklicht und noch dazu hartnäckig gegen dessen Verwirklichung durch uns auftritt; da sie uns entschieden daran hindern will, die von ihr gezogenen Grenzen zu überschreiten - das heißt, daß sie uns nur eine ebensolche passive Haltung im Widerstandskrieg gestattet, wie sie selbst sie einnimmt, und darüber hinaus versucht, uns gleichzuschalten, oder, da ihr das alles mißlingt, einen ideologischen, politischen und militärischen Druck auf uns ausübt -: aus allen diesen Gründen müssen wir gleichzeitig eine Taktik des Kampfes, die Taktik des Widerstands gegen ihre reaktionäre Politik anwenden und sie auf ideologischem, politischem und militärischem Gebiet entschieden bekämpfen. Das ist unsere revolutionäre Zweiseitenpolitik, die wir der zweiseitigen Politik der Ultrakonservativen entgegensetzen; das ist die Politik, den Zusammenschluß durch Kampf anzustreben. Wenn wir auf ideologischem Gebiet eine richtige revolutionäre Theorie aufstellen können und ihrer konterrevolutionären Theorie harte Schläge versetzen, wenn wir auf politischem Gebiet zeitgerechte taktische Schritte unternehmen und ihrer Politik gegen die Kommunistische Partei und den Fortschritt harte Schläge versetzen und wenn wir angemessene militärische Maßnahmen ergreifen und ihrem militärischen Angriff harte Schläge versetzen, dann werden wir die Möglichkeit haben, der Ausübung ihrer reaktionären Politik Grenzen zu setzen, sie zur Anerkennung der Stellung der fortschrittlichen Kräfte zu zwingen, und es wird uns möglich sein, die fortschrittlichen Kräfte zu entfalten, die Kräfte der Mitte zu gewinnen und die Ultras zu isolieren. Zugleich werden wir die Möglichkeit haben, jene Ultrakonservativen, die noch zum Widerstand gegen Japan gewillt sind, zu gewinnen, die Zeit ihres Verbleibens in der antijapanischen Einheitsfront zu verlängern und somit einen Bürgerkrieg großen Umfangs, wie es ihn in der Vergangenheit gab, zu vermeiden. Daher dient der Kampf, den wir in der Periode der antijapanischen Einheitsfront gegen die Ultrakonservativen führen, nicht nur der Abwehr ihrer Angriffe, damit die fortschrittlichen Kräfte vor Verlusten bewahrt werden und sich weiter entwickeln können, sondern zugleich auch der Verlängerung der Zeitperiode, in der die Ultrakonservativen am Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression teilnehmen, sowie der Aufrechterhaltung unserer Zusammenarbeit mit ihnen und der Vermeidung des Ausbruchs eines großen Bürgerkriegs. Ohne Kampf würden die fortschrittlichen Kräfte von den ultrakonservativen Kräften vernichtet werden, könnte die Einheitsfront nicht existieren, stünde der Kapitulation der Ultrakonservativen vor dem Feind kein Hindernis im Wege und bräche der Bürgerkrieg aus. Deshalb ist der Kampf gegen die Ultras eine unentbehrliche Handhabe, um alle antijapanischen Kräfte zusammenzuschließen, eine Wendung der Lage zum Besseren zu erzwingen und einem großen Bürgerkrieg vorzubeugen. Diese Wahrheit wird durch alle Erfahrungen bestätigt.
In der Periode der antijapanischen Einheitsfront müssen wir jedoch beim Kampf gegen die Ultrakonservativen folgende Prinzipien beachten: Erstens, das Prinzip des Selbstschutzes. Wir greifen nicht an, wenn wir nicht angegriffen werden; wer uns angreift, hat aber unbedingt mit unserem Gegenangriff zu rechnen. Das heißt, ohne Grund werden wir keinesfalls andere angreifen, aber wir werden auch keinesfalls versäumen, einen Angriff mit einem Gegenschlag zu beantworten. Darin liegt der defensive Charakter unseres Kampfes. Ein militärischer Angriff der Ultras muß entschlossen, gründlich, restlos und vollständig zerschlagen werden. Zweitens, das Prinzip des Siegens. Entweder wir nehmen den Kampf nicht auf, oder, wenn wir schon kämpfen, müssen wir ihn gewinnen; keinesfalls dürfen wir ohne Plan, ohne Vorbereitung und ohne die Gewißheit des Sieges in den Kampf treten. Wir müssen die Widersprüche unter den Ultrakonservativen auszunutzen verstehen, dürfen keineswegs gleichzeitig gegen viele Ultras vorgehen, sondern müssen unsere Schläge zuerst auf die reaktionärsten unter ihnen richten. Darin liegt der begrenzte Charakter unseres Kampfes. Drittens, das Prinzip der Kampfpause. Nachdem wir zu einem bestimmten Zeitpunkt den Angriff der Ultras zurückgeschlagen haben, müssen wir, bevor sie einen neuen Angriff unternehmen, wissen, wann wir aufzuhören haben, damit der jeweilige Kampf seinen Abschluß findet. In der darauffolgenden Periode stellen beide Seiten die Kampfhandlungen ein. Zu diesem Zeitpunkt müssen wir die Initiative ergreifen, erneut einen Zusammenschluß mit den Ultrakonservativen anzustreben, und mit ihnen, wenn sie einverstanden sind, Friedensvereinbarungen treffen. Keinesfalls darf man den Kampf täglich und stündlich ohne Ende weiterführen; keinesfalls darf man sich durch Erfolge berauschen lassen. Darin liegt der vorübergehende Charakter jedes einzelnen Kampfes. Nur wenn die Ultras einen neuen Angriff gegen uns unternehmen, werden wir ihnen mit einem neuen Kampf entgegentreten. Diese drei Prinzipien bedeuten mit anderen Worten: "Im Recht sein", "Vorteil haben", "Maßhalten". Wenn wir auf einem solchen berechtigten, vorteilhaften und mit Maß geführten Kampf beharren, können wir die fortschrittlichen Kräfte zur Entfaltung bringen, die Kräfte der Mitte gewinnen sowie die Ultrakonservativen isolieren und diese dazu bringen, daß sie es nicht mehr leichtfertig wagen, einen Angriff gegen uns zu führen, mit dem Feind Kompromisse einzugehen und einen Bürgerkrieg großen Umfangs anzufangen. Auf diese Weise wird die Möglichkeit gegeben sein, eine Wendung der Lage zum Besseren zu erzwingen.
6. Die Kuomintang ist eine heterogene Partei, in der es sowohl eine ultrakonservative als auch eine mittlere und eine fortschrittliche Gruppe gibt, so daß die Kuomintang in ihrer Gesamtheit nicht den Ultras gleichzusetzen ist. Weil das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang auf konterrevolutionäre Reibungen abzielende Dekrete wie zum Beispiel die "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" erläßt und alle Kräfte dieser Partei zur Erzeugung solcher das ganze Land umfassenden konterrevolutionären Reibungen auf ideologischem, politischem und militärischem Gebiet mobilisiert, sind manche der Ansicht, die Kuomintang sei vollständig aus Ultras zusammengesetzt. Diese Ansicht ist falsch. In der heutigen Kuomintang haben die Ultrakonservativen zwar noch die Kommandoposten inne und bestimmen die Politik ihrer Partei, bilden jedoch der Zahl nach nur eine Minderheit; die Mehrheit der Parteimitglieder - viele von ihnen sind es nur dem Namen nach - gehört nicht unbedingt zu den Ultras. Über diesen Punkt müssen wir uns völlig klar sein, dann erst können wir uns die Widersprüche innerhalb der Kuomintang zunutze machen, ihren verschiedenen Fraktionen gegenüber eine differenzierte Politik durchführen und größte Anstrengungen unternehmen, um uns mit der mittleren und der fortschrittlichen Gruppe der Kuomintang zusammenzuschließen.
7. Was die Errichtung der politischen Macht in den antijapanischen Stützpunktgebieten betrifft, so ist festzustellen, daß es sich um eine politische Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront handelt. In den von der Kuomintang beherrschten Gebieten gibt es eine solche Macht noch nicht. Sie ist eine politische Macht aller jener, die sowohl für den Widerstandskrieg als auch für die Demokratie sind; sie ist also eine gemeinsame demokratische Diktatur einiger revolutionärer Klassen über die Landesverräter und die Reaktionäre. Diese Diktatur unterscheidet sich von der Diktatur der Grundherren und der Bourgeoisie und auch in gewissem Maße von der demokratischen Diktatur der Arbeiter und Bauern im strengsten Sinne dieses Begriffes. Bei der Verteilung der Plätze in den Machtorganen soll es folgendermaßen aussehen: Ein Drittel der Plätze nehmen die Kommunisten ein, die das Proletariat und die armen Bauern vertreten, ein Drittel die linken fortschrittlichen Elemente, die das Kleinbürgertum vertreten, und ein Drittel die in der Mitte stehenden Kräfte und sonstige Elemente, die die mittlere Bourgeoisie und die aufgeklärten Schenschi vertreten. Nur Landesverräter und antikommunistische Elemente sind zur Beteiligung an diesen Machtorganen nicht berechtigt. Eine solche allgemeine Festlegung der Verteilung der Plätze ist notwendig, denn ohne sie könnte das Prinzip der politischen Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront nicht gewahrt werden. Dieses Prinzip der Verteilung der Plätze stellt die wahre Politik unserer Partei dar; sie muß ernsthaft durchgeführt, darf nicht leichtfertig, unverantwortlich erledigt werden. Das angegebene Zahlenverhältnis ist nur eine allgemeine Richtschnur, man muß es je nach der realen Lage an jedem gegebenen Ort durchführen; man soll nicht mechanisch das angegebene Zahlenverhältnis zu erreichen suchen. In den untersten Machtorganen mag es notwendig sein, an dieser Regel gewisse Veränderungen vorzunehmen, um zu verhüten, daß die politische Macht in die Hände der Grundherren, Tuhao und Liäschen gerät, doch gegen ihren fundamentalen Geist darf nicht verstoßen werden. In den politischen Machtorganen der antijapanischen Einheitsfront dürfen wir uns nicht darum kümmern, ob die Nichtkommunisten einer Partei und welcher Partei sie angehören. In Gebieten der politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront ist allen Parteien - sei es die Kuomintang, sei es irgendeine andere Partei - das Recht auf legale Existenz zu gewähren, soweit sie nicht antikommunistisch sind, sondern mit der Kommunistischen Partei zusammenarbeiten. In der Frage der Wahlen muß die politische Macht der antijapanischen Einheitsfront die Politik befolgen, daß jeder Chinese, der das Alter von achtzehn Jahren erreicht hat und für den Widerstand gegen Japan sowie für die Demokratie eintritt - unabhängig von seiner Klassenzugehörigkeit, Nationalität, Parteizugehörigkeit, seinem Geschlecht, Glaubensbekenntnis und Bildungsgrad -, das gleiche Recht genießt, zu wählen und gewählt zu werden. Die Machtorgane der antijapanischen Einheitsfront sind vom Volk zu wählen und dann von der Nationalregierung zu bestätigen. Aufgebaut werden sie nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus. Dem politischen Kurs, der von den Machtorganen der antijapanischen Einheitsfront zu befolgen ist, muß folgendes zugrunde liegen: Kampf gegen den japanischen Imperialismus sowie gegen die wirklichen Landesverräter und Reaktionäre; Schutz für das Volk, das den Widerstandskrieg gegen Japan führt; Regelung der Interessen aller antijapanischen Schichten; Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiter und Bauern. Die Errichtung solcher politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront wird im ganzen Land einen starken Einfluß ausüben und ein Vorbild für die Bildung einer politischen Macht der antijapanischen Einheitsfront im Landesmaßstab sein; diese Politik muß daher von allen Genossen unserer Partei gründlich verstanden und entschlossen durchgeführt werden.
8. Im Kampf um die Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, die Gewinnung der Kräfte der Mitte und die Isolierung der ultrakonservativen Kräfte darf man die Rolle der Intellektuellen nicht übersehen. Hinzu kommt noch, daß die Ultrakonservativen ihrerseits alle Kräfte einsetzen, um die Intellektuellen zu gewinnen. Daher ist das Bestreben, alle fortschrittlichen IntellektueIlen unter den Einfluß unserer Partei zu bringen, eine notwendige und wichtige politische Richtlinie.
9. In der Frage der Propaganda müssen wir uns an folgende programmatische Leitsätze halten: (a) Verwirklichung des Testaments Sun Yat-sens durch Erweckung der Volksmassen zum einmütigen Widerstand gegen Japan; (b) Verwirklichung des Prinzips des Nationalismus durch entschlossenen Widerstand gegen den japanischen Imperialismus, durch Erstreben völliger Befreiung der chinesischen Nation von äußerer Bedrückung und durch Trachten nach Gleichberechtigung der verschiedenen Nationalitäten innerhalb des Landes; (c) Verwirklichung des Prinzips der Demokratie durch Gewährleistung der absoluten Freiheit des Volkes, der japanischen Aggression seinen Widerstand entgegenzusetzen und das Vaterland zu retten, durch Wahl der politischen Machtorgane auf allen Ebenen durch das Volk, durch Errichtung einer revolutionären demokratischen Macht der antijapanischen nationalen Einheitsfront; (d) Verwirklichung des Prinzips des Volkswohls durch Aufhebung der drückenden Steuern und vielfältigen Abgaben, Herabsetzung von Pacht- und Darlehenszinsen, Einführung des Achtstundentags, Entwicklung der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels, Verbesserung der Lebensbedingungen des Volkes; (e) Verwirklichung der Erklärung Tschiang Kai-scheks: "Jeder, wer es auch sei, ob im Norden oder im Süden, ob jung oder alt, wird verpflichtet sein, den Widerstandskrieg zu führen und den Heimatboden zu verteidigen." All das sind Leitsätze, die die Kuomintang selbst verkündet hat und die auch das gemeinsame Programm der Kuomintang und der Kommunistischen Partei sind. Außer der Sache des Widerstandskriegs gegen Japan ist aber die heutige Kuomintang nicht imstande, diese Leitsätze zu verwirklichen; das können nur die Kommunistische Partei und andere fortschrittliche Kräfte. Das sind im Volk schon allgemein bekannte, höchst einfache Leitsätze, und dennoch verstehen es viele Kommunisten noch nicht, sich ihrer als Waffe zur Mobilisierung der Volksmassen und zur Isolierung der Ultras zu bedienen. Von nun an muß man sein Augenmerk stets auf diese fünf Leitsätze richten und sie in Form von Bekanntmachungen, Deklarationen, Flugblättern, Artikeln, Reden, Gesprächen usw. verbreiten. In den Kuomintang-Gebieten sind diese Leitsätze noch ein Propagandaprogramm, doch sind sie in den Gebieten, in welche die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee gelangt sind, bereits ein Aktionsprogramm. Wenn wir gemäß diesen Leitsätzen handeln, so ist es gesetzmäßig, und wenn die Ultras dagegen auftreten, daß wir diese Leitsätze verwirklichen, so ist es gesetzwidrig. Im Stadium der bürgerlich-demokratischen Revolution sind diese Leitsätze der Kuomintang unseren Programmpunkten im wesentlichen gleich; doch die Ideologie der Kuomintang ist grundverschieden von der Ideologie der Kommunistischen Partei. Was wir in die Tat umzusetzen haben, ist lediglich das gemeinsame Programm der demokratischen Revolution, keineswegs aber dürfen wir der Ideologie der Kuomintang folgen.
Die antijapanische Kräfte kühn entfalten und die Angriffe der antikommunistischen Ultrakonservativen abwehren
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.509-516
(4. Mai 1940)[Anmerkung 179]
1. In allen Gebieten im Hinterland des Feindes sowie in allen Frontgebieten muß die Gleichartigkeit, nicht aber die Besonderheit hervorgehoben werden; sonst würde man einen groben Fehler begehen. Ob in Nord-, Zentral- oder Südchina, ob nördlich oder südlich vom Yangtse, ob im Flachland, in Gebirgs- oder Seengebieten, ob es sich um die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee oder um die Partisanentruppen Südchinas handelt, überall gibt es spezifische Besonderheiten; aber überall gibt es auch gemeinsame Züge: Überall gibt es einen Feind, überall wird der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression geführt. Deshalb können und müssen wir überall unsere Kräfte entfalten. Diese Entfaltungspolitik hat Euch das Zentralkomitee schon mehrmals erklärt. Unsere Kräfte entfalten heißt, trotz aller Einschränkungen seitens der Kuomintang über den von ihr erlaubten Rahmen hinausgehen, keine Ernennungen von ihr annehmen und nicht auf die finanzielle Unterstützung der oberen Instanzen angewiesen sein, sondern unabhängig und kühn die Truppenteile erweitern, entschlossen Stützpunktgebiete errichten, in diesen Gebieten die Massen unabhängig und selbständig mobilisieren, Machtorgane der antijapanischen Einheitsfront unter der Führung der Kommunistischen Partei schaffen und in alle vom Feind besetzten Gebiete vorstoßen. So müssen wir beispielsweise in der Provinz Kiangsu ohne Rücksicht auf abfällige Kritik, Einschränkung und Druck von Seiten solcher antikommunistischen Elemente wie Gu Dschu-tung, Leng Hsin und Han Dö-tjin[Anmerkung 180] alle kontrollierbaren Gebiete - von Nanking im Westen bis zur Küste im Osten, von Hangdschou im Süden bis Hsüdschou im Norden - unter unsere Kontrolle bringen, und zwar möglichst rasch, schrittweise und planmäßig; wir müssen dort unabhängig und selbständig unsere Truppenteile erweitern, Machtorgane errichten, Finanzorgane bilden und Steuern für den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression eintreiben, Wirtschaftsorgane schaffen, Landwirtschaft, Industrie und Handel entwickeln, verschiedene Lehranstalten eröffnen und in großer Zahl Kader ausbilden. Das Zentralkomitee hat Euch letztes Mal aufgefordert, im Laufe dieses Jahres die antijapanischen bewaffneten Kräfte im Hinterland des Feindes in den Provinzen Kiangsu und Tschekiang auf 100000 Mann mit ebensoviel Gewehren zu bringen, unverzüglich Machtorgane zu schaffen usw. Es ist uns unbekannt, welche konkreten Maßnahmen Ihr ergriffen habt. Ihr habt Euch bereits eine Chance entgehen lassen; wenn man sich aber auch die Möglichkeiten, die sich in diesem Jahr bieten, entgehen läßt, wird die Sache in der Zukunft noch schwieriger sein.
2. In einer Zeit, da die antikommunistischen Ultrakonservativen der Kuomintang verbissen ihre Politik der Behinderung, Einschränkung und Bekämpfung der Kommunistischen Partei betreiben und auf diese Weise die Kapitulation vor Japan vorbereiten, müssen wir den Kampf betonen, nicht aber die Einheit, sonst würden wir einen groben Fehler begehen. Deshalb müssen wir auf jedem Gebiet - sei es auf theoretischem, sei es auf politischem, sei es auf militärischem Gebiet grundsätzlich gegen alle Gesetze und Befehle, jegliche Propaganda und Kritik der antikommunistischen Ultrakonservativen, die auf Behinderung, Einschränkung und Bekämpfung der Kommunistischen Partei abzielen, entschlossen auftreten; wir müssen dabei jene Haltung einnehmen, die für einen entschiedenen Kampf erforderlich ist. In diesem Kampf hat man von den Prinzipien "im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten" auszugehen, also von den Prinzipien des Selbstschutzes, des Siegens und der Kampfpause; das bedeutet, daß gegenwärtig jeder einzelne konkrete Kampf seinem Charakter nach defensiv, begrenzt und vorübergehend ist. Wir müssen alle reaktionären Gesetze, Befehle, jegliche reaktionäre Propaganda und Kritik der antikommunistischen Ultrakonservativen dadurch entschieden bekämpfen, daß wir all dem unsere eigenen Maßnahmen entgegenstellen. Einige Beispiele: Sie forderten, daß die 4., und die 5. Abteilung nach dem Süden in Marsch gesetzt werden, wir antworteten aber, daß das unter keinen Umständen getan werden kann; sie forderten, daß die Truppen Yin Fes und Dschang Yün-yis[Anmerkung 181] nach dem Süden abkommandiert werden, wir antworteten aber mit der Bitte um die Erlaubnis, einen Teil unserer Truppen nach dem Norden zu verlegen; sie behaupteten, daß wir die Rekrutierung für die Armee unterminiert hätten, wir aber antworteten mit der Bitte, uns eine Erweiterung des Werbungsgebiets für die Neue Vierte Armee zu gestatten; sie sagten, daß unsere Propaganda falsch wäre, wir aber ersuchten um die Einstellung jeglicher antikommunistischen Propaganda und um die Aufhebung aller Verordnungen, die Reibungen verursachen können; sollten sie einen militärischen Angriff gegen uns führen, so werden wir ihren Angriff mit einem Gegenangriff zerschlagen. Wenn wir eine solche Politik betreiben, wonach jeder Schlag mit einem Gegenschlag beantwortet wird, werden wir im Recht sein. Nicht nur das Zentralkomitee unserer Partei muß, solange es im Recht ist, Aktionen unternehmen, sondern auch jeder beliebige Teil unserer Armee, solange er im Recht ist. Was Dschang Yün-yi gegenüber Li Pin-hsiän, Li Hsiän-niän gegenüber Li Dsung-jen getan hat[Anmerkung 182] - es geht in beiden Fällen darum, daß die Untergeordneten bei ihren Vorgesetzten energisch Protest einlegten -, sind gute Beispiele. Nur wenn man eine solche entschiedene Haltung gegenüber den Ultrakonservativen einnimmt und im Kampf die Prinzipien "im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten" verwirklicht, kann man sie so einschüchtern, daß sie es nicht mehr wagen, uns zu unterdrücken, kann man den Umfang ihrer Tätigkeit zur Behinderung, Einschränkung und Bekämpfung der Kommunistischen Partei einengen, kann man sie zwingen, unseren legalen Status anzuerkennen, kann man schließlich erreichen, daß sie es sich zweimal überlegen, ehe sie eine Spaltung herbeiführen. Deshalb ist der Kampf die allerwichtigste Methode, um die Gefahr der Kapitulation zu überwinden, eine Wendung zum Besseren in der gegenwärtigen Lage herbeizuführen und die Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zu festigen. Nur durch den hartnäckigen Kampf gegen die Ultrakonservativen ist es möglich, in unserer Partei und unserer Armee den Kampfgeist zu erhöhen, unseren Mut zur vollen Entfaltung zu bringen, die Kader zusammenzuschließen, unsere Kräfte zu verstärken, die Armee und die Partei zu festigen. Was unsere Beziehungen zu den Kräften der Mitte anbelangt, so können wir nur durch den hartnäckigen Kampf gegen die Ultrakonservativen den schwankenden Teil dieser Kräfte für uns gewinnen und dem mit uns sympathisierenden Teil den Rücken stärken; anders ist das nicht möglich. Nur die Politik des Kampfes ermöglicht der ganzen Partei und der ganzen Armee, sich ideologisch auf eventuelle Überraschungen im ganzen Land vorzubereiten und in der Arbeit entsprechende Maßnahmen zu treffen. Andernfalls werden die Fehler des Jahres 1927[Anmerkung 183] wiederholt werden.
3. Bei der Einschätzung der gegenwärtigen Lage muß man verstehen, daß einerseits die Gefahr der Kapitulation stark gewachsen, anderseits jedoch die Möglichkeit zur Überwindung dieser Gefahr noch nicht entfallen ist. Die gegenwärtigen militärischen Zusammenstöße sind begrenzt, sie haben sich noch nicht auf das ganze Land ausgedehnt. Sie sind strategische Aufklärungsaktionen der anderen Seite[Anmerkung 184] Partei und bedeuten noch nicht einen unverzüglichen großangelegten Feldzug zur "Ausrottung der Kommunisten". Es sind das vorbereitende Schritte der anderen Seite zur Kapitulation, aber noch nicht Schritte zur unverzüglichen Kapitulation. Unsere Aufgabe ist es, den einzig richtigen Kurs des Zentralkomitees auf die "Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte", auf die "Gewinnung der Kräfte der Mitte" und auf die "Isolierung der ultrakonservativen Kräfte" fest und tatkräftig zu verwirklichen, um dadurch die Gefahr der Kapitulation zu überwinden und eine Wendung zum Besseren in der gegenwärtigen Lage herbeizuführen. Wenn man auf die bei der Einschätzung der Lage und bei der Aufgabenstellung aufgetauchte "linke" oder rechte Abweichung nicht hinweist und sie nicht korrigiert, dann ist das ebenfalls äußerst gefährlich.
4. Die Selbstschutzgefechte der 4. und der 5. Abteilung gegen den Angriff der Truppen Han Dö-tjins und Li Dsung-jens auf Ostanhui, die Selbstschutzgefechte der Kolonne Li Hsiän-niäns gegen den Angriff der ultrakonservativen Kräfte auf Mittel- und Osthupeh, der entschiedene Kampf der Abteilung Peng Hsüä-fengs im Gebiet nördlich des Huai-Flusses, die Entfaltung und Verstärkung der Truppen Yä Fes nördlich des Yangtse und der Vormarsch von mehr als 20000 Mann der Achten Route-Armee nach Süden, in das Gebiet nördlich des Huai-Flusses, nach Ostanhui und Nordkiangsu[Anmerkung 185] - das alles war nicht nur unbedingt nötig und absolut richtig, sondern auch unerläßlich, um Gu Dschu-tung die Lust zu nehmen, Euch in Südanhui und Südkiangsu leichtfertig anzugreifen. Je mehr Erfolge wir also nördlich des Yangtse erringen, je stärker wir dort werden, desto weniger wagt es Gu Dschu-tung, sich auf abenteuerliche Operationen südlich des Flusses einzulassen, desto leichter ist es für Euch, in Südanhui und -kiangsu Eure Artikel zu schreiben. Je stärker die Achte Route-Armee, die Neue Vierte Armee und die Partisanentruppen Südchinas in Nordwest-, Nord-, Zentral- und Südchina werden, je stärker die Kommunistische Partei in ganz China wird, desto größer ist Gleicherweise die Möglichkeit, die Gefahr der Kapitulation zu überwinden und eine Wendung zum Besseren in der gegenwärtigen Lage herbeizuführen, desto leichter wird es für unsere Partei sein, ihre Artikel im ganzen Land zu schreiben. Falsch ist es, wenn man von einer entgegengesetzten Einschätzung ausgeht und eine entgegengesetzte Taktik einschlägt, d. h., wenn man annimmt, daß die Ultrakonservativen um so rascher zur Kapitulation schreiten, je stärker wir werden, oder daß sie um so entschiedener gegen die japanischen Eindringlinge kämpfen, je mehr wir nachgeben, oder wenn man annimmt, daß das ganze Land bereits vor einer Spaltung steht und daß eine Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei nicht mehr möglich ist.
5. Die Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront ist unsere Politik für das ganze Land im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression. Die Schaffung der demokratischen antijapanischen Stützpunktgebiete im Hinterland des Feindes gehört zu dieser Politik. Ihr müßt den Beschluß des Zentralkomitees in der Frage der politischen Macht entschieden durchführen.
6. Unsere Politik in den von der Kuomintang beherrschten Gebieten unterscheidet sich von der in den Frontgebieten und in den Gebieten hinter den feindlichen Linien. In den Kuomintang-Gebieten ist unsere Politik darauf gerichtet, getarnt und effektiv in langfristiger Illegalität zu arbeiten, die Kräfte zu sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt zu warten. Hier muß man gegen Hitzköpfigkeit und Enthüllungsgefahr angehen. Hier besteht die Taktik im Kampf gegen die Ultrakonservativen darin, auf Grund der Prinzipien "im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten", unter Ausnutzung aller Gesetze und Befehle der Kuomintang, wie sie nur auszunutzen sind, und in dem durch die gesellschaftlichen Bräuche erlaubten Rahmen schrittweise und sicher Kämpfe zu führen und Kräfte zu sammeln. Wenn die Mitglieder unserer Partei gezwungen werden, in die Kuomintang einzutreten, dann lassen wir sie das tun; man muß sich bemühen, weitgehend in die örtlichen Bao-Djia-Organisationen und in die Bildungsorganisationen, wirtschaftlichen und militärischen Organisationen einzudringen; in der Zentralarmee und unter den buntscheckigen Heerhaufen[Anmerkung 186] muß die Arbeit für die Einheitsfront, das heißt zur Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen, breit entfaltet werden. In allen Kuomintang-Gebieten besteht die Hauptpolitik unserer Partei ebenfalls darin, die fortschrittlichen Kräfte (die Parteiorganisationen und die Massenbewegungen) zu entfalten, die Kräfte der Mitte (die nationale Bourgeoisie, die aufgeklärten Schenschi, die buntscheckigen Heerhaufen, die Mittelgruppe in der Kuomintang[Anmerkung 187] wie auch in der Zentralarmee,[Anmerkung 188] die Oberschicht des Kleinbürgertums sowie die verschiedenen kleinen Parteien und Gruppen, also insgesamt sieben Kategorien) zu gewinnen und die ultrakonservativen Kräfte zu isolieren, um somit die Gefahr der Kapitulation zu überwinden und eine Wendung der Lage zum Besseren zu erkämpfen. Gleichzeitig müssen wir völlig darauf vorbereitet sein, mit allen möglichen Überraschungen örtlichen oder gesamtstaatlichen Maßstabs fertig zu werden. Unsere Organisationen in den Kuomintang-Gebieten müssen streng geheim sein. Die Mitarbeiter des Südostbüros[Anmerkung 189] und aller Provinz-, Sonder-, Kreis- und Distriktskomitees (angefangen von den Parteisekretären bis zu den Köchen) müssen einer nach dem anderen einer strengen und sorgfältigen 'Überprüfung unterzogen werden, wobei auf keinen Fall zugelassen werden darf, daß auch nur im geringsten verdächtige Leute weiterhin in den leitenden Organen aller Ebenen bleiben. Man muß größte Aufmerksamkeit darauf verwenden, die Kader zu schützen. Alle offen oder halboffen tätigen Funktionäre, denen Gefahr droht, von der Kuomintang verhaftet und ermordet zu werden, müssen in andere Gebiete versetzt werden und dort untertauchen oder zur Arbeit in die Armee geschickt werden. In den von Japan besetzten Gebieten (in Schanghai; Nanking, Wuhu, Wuhsi und anderen großen, mittleren oder kleinen Städten und auch in den Dörfern) ist unsere Politik im wesentlichen dieselbe wie in den Kuomintang-Gebieten.
7. Die Genossen vom Südostbüro des Zentralkomitees und vom Unterausschuß des Revolutionären Militärausschusses werden aufgefordert, die oben dargelegten, in der kürzlich abgehaltenen Sitzung des Politbüros des Zentralkomitees bestätigten taktischen Weisungen zu diskutieren, alle Funktionäre in den Parteiorganisationen und in der Armee mit ihnen vertraut zu machen und sie entschieden in die Tat umzusetzen.
8. In Südanhui wird Genosse Hsiang Ying und in Südkiangsu Genosse Tschen Yi beauftragt, die vorliegenden Weisungen den Partei- und Armeefunktionären zu übermitteln, wobei Diskussion und Übermittlung innerhalb eines Monats nach dem Eingang abgeschlossen sein müssen. Genosse Hsiang Ying wird ferner beauftragt, gemäß dem Kurs des Zentralkomitees die Arbeit aller Partei- und Armeeorganisationen in diesem Gebiet zu planen und zu regeln und die Ergebnisse dem Zentralkomitee zu berichten.
Für einen konsequenten Zusammenschluß
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.517-520
(Juli 1940)
Der dritte Jahrestag des Beginns des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression fällt mit wenigen Tagen Unterschied mit dem neunzehnten Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas zusammen. Wir Kommunisten gedenken heute des dritten Jahrestags des Widerstandskriegs und fühlen besonders stark unsere Verantwortung. Die Verantwortung für die Blüte oder den Verfall der chinesischen Nation lastet auf allen antijapanischen Parteien und Gruppen, lastet auf dem gesamten Volk. Aber wir haben - so meinen wir Kommunisten - eine noch größere Verantwortung zu tragen. Das Zentralkomitee unserer Partei hat eine Deklaration über die gegenwärtige Lage veröffentlicht, deren Hauptgedanke der Aufruf zur konsequenten Führung des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression und zu einem konsequenten Zusammenschluß ist. Wir hoffen, daß diese Deklaration von den befreundeten Parteien und Armeen, von dem ganzen Volk gebilligt wird. Insbesondere die Mitglieder der Kommunistischen Partei müssen dem in dieser Deklaration vorgezeichneten politischen Kurs gewissenhaft folgen.
Alle Kommunisten müssen wissen: Der konsequente Zusammenschluß kann nur dadurch verwirklicht werden, daß man den Widerstandskrieg bis zu Ende führt; umgekehrt, nur durch einen konsequenten Zusammenschluß kann man den Widerstandskrieg bis zu Ende führen. Deshalb müssen die Kommunisten sowohl im Widerstandskrieg wie auch im Zusammenschluß als Vorbild dienen. Wir kämpfen nur gegen den Feind, gegen hartnäckige Kapitulanten und Antikommunisten; mit allen anderen müssen wir uns ernsthaft vereinigen. Die hartgesottenen Kapitulanten und Antikommunisten bilden jedoch überall nur eine Minderheit. Ich habe die Zusammensetzung eines örtlichen Machtorgans untersucht und gefunden, daß von den 1300 Angestellten dort nur 4o bis 5o hartnäckige Antikommunisten waren, das heißt weniger als vier Prozent, während alle übrigen den Zusammenschluß für den Widerstand wünschten. Wir dürfen den eingefleischten Kapitulanten und Antikommunisten gegenüber natürlich keine Toleranz üben; ihnen gegenüber Toleranz üben heißt ihnen die Möglichkeit geben, den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression zu sabotieren, den Zusammenschluß zu hintertreiben. Deshalb müssen wir die Kapitulanten-clique entschieden bekämpfen und vom Standpunkt des Selbstschutzes aus alle Angriffe der Antikommunisten entschieden zurückschlagen. Handelten wir nicht auf diese Weise, dann wäre das Rechtsopportunismus und würde dem Widerstandskrieg und dem Zusammenschluß schaden. Aber allen jenen gegenüber, die keine hartnäckigen Kapitulanten und Antikommunisten sind, müssen wir die Politik des Zusammenschlusses betreiben. Manche von ihnen sind doppelzüngig, andere handeln unter Zwang, wieder andere irren zeitweilig. Alle diese Leute müssen wir um des weiteren Zusammenschlusses und der weiteren Führung des Widerstandskriegs willen für uns gewinnen. Handelten wir nicht auf diese Weise, wäre das "linker" Opportunismus und dem Zusammenschluß und dem Widerstandskrieg ebenfalls abträglich. Alle Kommunisten müssen wissen: Wir waren die Initiatoren der antijapanischen nationalen Einheitsfront, und wir müssen an dieser Einheitsfront festhalten. Jetzt, da die nationale Krise von Tag zu Tag ernster wird, da in der internationalen Lage gewaltige Veränderungen im Gange sind, müssen wir die größte Verantwortung für die Blüte oder den Verfall der chinesischen Nation übernehmen. Wir müssen den japanischen Imperialismus unbedingt besiegen, wir müssen China unbedingt zu einer unabhängigen, freien, demokratischen Republik aufbauen, und um das zu erreichen, müssen wir die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung des Landes zusammenschließen - die Mehrheit sowohl der Mitglieder der verschiedenen Parteien und Gruppen als auch jener Menschen, die keinerlei Parteien oder Gruppen angehören. Doch die Kommunisten dürfen keine prinzipienlose Einheitsfront mit anderen bilden und müssen deshalb gegen solche Dinge kämpfen wie Zersetzung, Einschränkung, Behinderung und Unterdrückung der Kommunistischen Partei sowie gegen den Rechtsopportunismus in der Partei. Aber gleichzeitig darf es keinen Kommunisten geben, der die Einheitsfrontpolitik der Partei nicht respektiert; deshalb müssen sich alle Parteimitglieder auf Grund des Prinzips des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression mit allen jenen, die mehr oder weniger den Widerstand gegen Japan wünschen, zusammenschließen und gegen den "linken" Opportunismus in der Partei kämpfen.
Zu diesem Zweck treten wir in der Frage der politischen Macht für eine Staatsmacht der Einheitsfront ein; wir sind weder für die Einparteiendiktatur irgendeiner anderen Partei oder Gruppe noch für die der Kommunistischen Partei. Wir treten für die gemeinsame Diktatur aller Parteien, Gruppen, Bevölkerungskreise und Armeen ein, und diese eben ist die Staatsmacht der Einheitsfront. Wenn nach dem Sturz der Marionettenmacht des Feindes hinter den feindlichen Linien eine antijapanische Macht gebildet wird, müssen die Mitglieder der Kommunistischen Partei das vom Zentralkomitee beschlossene "Drei-Drittel-System" anwenden. Sowohl in den Machtorganen als auch in den Volksvertretungen dürfen die Mitglieder der Kommunistischen Partei nur ein Drittel der Plätze einnehmen, damit zwei Drittel auf die anderen Parteien und Gruppen sowie die Parteilosen, die für den Widerstand gegen Japan und für die Demokratie eintreten, entfallen. Jeder, wer er auch sei, wenn er nur nicht zur Kapitulation neigt und nicht gegen die Kommunisten kämpft, kann sich am Verwaltungsdienst der Regierung beteiligen. Alle Parteien und Gruppen, solange sie nicht für die Kapitulation und den Kampf gegen die Kommunisten sind, müssen das Recht haben, unter der antijapanischen Macht zu bestehen und sich zu betätigen.
Was die Frage der Armee betrifft, so heißt es eindeutig in der Deklaration unserer Partei: Wir werden uns auch weiterhin an den Beschluß halten, wonach "in den befreundeten Armeen keine Organisationen unserer Partei zu schaffen sind". Örtliche Parteiorganisationen, die sich bislang noch nicht strikt an diesen Beschluß gehalten haben, müssen das sofort korrigieren. Allen Truppen, die keine militärischen Reibungen mit der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee anzetteln, soll man freundschaftlich gegenübertreten. Auch zu den Truppen, die Reibungen mit uns provoziert haben, soll man, sobald sie diese Handlungen einstellen, wieder freundschaftliche Beziehungen aufnehmen. Das eben ist unsere Politik der Einheitsfront in der Frage der Armee.
Was die politischen Richtlinien auf dem Gebiet der Finanzen, der Wirtschaft, der Kultur, des Bildungswesens und die Richtlinien für die Ausmerzung der feindlichen Agenten betrifft, so muß man entsprechend den Bedürfnissen des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression und auf der Grundlage der Regelung der Interessen der verschiedenen Klassen die Politik der Einheitsfront durchführen und einerseits gegen den Rechtsopportunismus, andererseits gegen den "linken" Opportunismus kämpfen.
Die internationale Lage hat sich jetzt so gestaltet, daß sich der imperialistische Krieg auf die ganze Welt ausdehnt, und die äußerst schwere politische und wirtschaftliche Krise, die durch den imperialistischen Krieg erzeugt worden ist, wird unausbleiblich Revolutionen in vielen Ländern auslösen. Wir befinden uns in einer neuen Epoche von Kriegen und Revolutionen. Die nicht in den Strudel des imperialistischen Krieges hineingerissene Sowjetunion ist die Stütze aller unterdrückten Völker und aller unterdrückten Nationen der Welt. Das alles ist günstig für den chinesischen Widerstandskrieg. Aber gleichzeitig ist die Gefahr der Kapitulation größer denn je, weil der japanische Imperialismus eine Aggression gegen Südostasien vorbereitet, seine Offensive gegen China verstärkt, und dies wird unweigerlich manche schwankende Elemente in China zur Kapitulation bewegen. Das vierte Jahr des Widerstandskriegs wird das schwerste Jahr sein. Unsere Aufgabe ist es, alle antijapanischen Kräfte zusammenzuschließen, gegen die Kapitulanten zu kämpfen, alle Schwierigkeiten zu überwinden und am gesamtnationalen Widerstandskrieg festzuhalten. Alle Mitglieder der Kommunistischen Partei müssen vereint mit den befreundeten Parteien und den befreundeten Armeen diese Aufgabe erfüllen. Wir sind überzeugt, daß es uns durch die gemeinsamen Anstrengungen aller Mitglieder unserer Partei, der befreundeten Parteien und befreundeten Armeen sowie des gesamten Volkes gelingen wird, die Kapitulation zu verhindern, die Schwierigkeiten zu überwinden, die japanischen Eindringlinge zu vertreiben und unser verlorenes Territorium wiederzugewinnen. Die Perspektiven des Widerstandskriegs sind glänzend.
Über unsere Politik
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.521-531
(25. Dezember 1940)[Anmerkung 190]
Unter den gegenwärtigen Verhältnissen, da die antikommunistische Kampagne tobt, ist es von entscheidender Bedeutung, welche Politik wir verfolgen. Vielen unserer Funktionäre ist es jedoch noch nicht klar, daß sich die gegenwärtige Politik unserer Partei von ihrer Politik zur Zeit der Agrarrevolution notwendigerweise beträchtlich zu unterscheiden hat. Man muß verstehen, daß die von unserer Partei betriebene Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront während der gesamten Periode des Widerstandskriegs gegen Japan unter keinen Umständen abgeändert werden wird; auf viele politische Richtlinien aus der Periode der zehnjährigen Agrarrevolution darf jetzt nicht mehr ohne weiteres mechanisch zurückgegriffen werden. Insbesondere sind zahlreiche ultralinke politische Richtlinien, die in der letzten Periode der Agrarrevolution aufkamen - man hat nämlich zwei grundlegende Besonderheiten der chinesischen Revolution nicht begriffen, daß die chinesische Revolution eine bürgerlich-demokratische Revolution in einem halbkolonialen Land ist und daß diese Revolution lange andauern wird -, nicht nur ganz und gar unbrauchbar in der heutigen Periode des Widerstandskriegs gegen Japan, sondern waren auch damals falsch. Zum Beispiel: die Auffassung, in dem Kampf zwischen dem fünften "Einkreisungs- und Ausrottungsfeldzug" der Kuomintang und unserer Gegenoperation eine Entscheidungsschlacht zwischen zwei Wegen, Revolution und Konterrevolution, zu sehen; die ökonomische Vernichtung der Bourgeoisie (durch eine ultralinke Arbeits- und Steuerpolitik) und der Großbauern (durch Zuteilung schlechter Böden) ; die physische Liquidierung der Grundherren (durch Verweigerung der Zuteilung von Ackerland) ; die Attacken gegen die Intellektuellen; die "linke" Abweichung bei der Hinaussäuberung von Konterrevolutionären; die völlige Monopolisierung der Machtorgane durch die Kommunisten; die kommunistischen Zielsetzungen in der Volksbildung; die ultralinke Militärpolitik (Angriffe auf Großstädte und Ablehnung des Partisanenkriegs) ; die putschistische Politik bei der Arbeit in den weißen Gebieten; die Attackenpolitik in Form des Mißbrauchs der organisatorischen Maßregelungen innerhalb der Partei usw. Diese ultralinke Politik war das genaue Gegenteil vom Rechtsopportunismus unter der Führung von Tschen Du-hsiu in der letzten Phase der Ersten Großen Revolution, war der Ausdruck "links"opportunistischer Fehler. In der Endphase der Ersten Großen Revolution galt die Vereinigung alles und der Kampf nichts; in der Endphase der Agrarrevolution hingegen galt der Kampf alles und die Vereinigung (die Hauptmasse der Bauern ausgenommen) nichts. Das sind überaus markante Fälle von zwei extremen politischen Linien. Und diese beiden extremen politischen Linien haben zu äußerst schweren Verlusten für die Partei und die Revolution geführt.
Die jetzige Politik der antijapanischen nationalen Einheitsfront heißt weder "Vereinigung gilt alles, Kampf nichts" noch "Kampf gilt alles, Vereinigung nichts", sondern sie verbindet beide Seiten miteinander, die Vereinigung und den Kampf. Konkret gesprochen besagt das:
1. Vereinigung aller gegen Japan kämpfenden Menschen (d. h. aller Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuellen und Kaufleute, die den Kampf gegen die japanische Aggression wollen) und Bildung einer antijapanischen nationalen Einheitsfront.
2. Eine Politik der Unabhängigkeit und Selbständigkeit im Rahmen der Einheitsfront, d. h. Notwendigkeit sowohl der Einheit als auch der Unabhängigkeit.
3. Auf dem Gebiet der Militärstrategie: ein unabhängiger und selbständiger Partisanenkrieg im Rahmen einer einheitlichen Strategie, wobei im wesentlichen Partisanenkrieg geführt werden muß, aber unter günstigen Bedingungen auf den Bewegungskrieg nicht verzichtet werden darf.
4. Im Kampf gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen müssen wir die Widersprüche ausnutzen, die Mehrheit gewinnen, der Minderheit entgegentreten, die Feinde einzeln schlagen; dabei müssen wir im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten.
5. In den vom Feind besetzten sowie in den von der Kuomintang beherrschten Gebieten verfolgen wir die Politik, einerseits die Einheitsfront so breit wie möglich zu entfalten, andererseits getarnt und effektiv zu arbeiten; das ist hinsichtlich der Organisations- und Kampfformen die Politik "getarnt und effektiv in langfristiger Illegalität arbeiten, die Kräfte sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt warten".
6. In Bezug auf die wechselseitigen Beziehungen zu den verschiedenen Klassen innerhalb des Landes besteht unsere grundlegende Politik darin, die fortschrittlichen Kräfte zu entfalten, die Kräfte der Mitte zu gewinnen und die antikommunistischen ultrakonservativen Kräfte zu isolieren.
7. Gegenüber den antikommunistischen Ultras verfolgen wir eine revolutionäre Doppelpolitik, d. h., wir vereinigen uns mit ihnen, soweit sie noch imstande sind, gegen die japanische Aggression zu kämpfen, und isolieren sie, soweit sie hartnäckig gegen die Kommunistische Partei kämpfen. Was den Widerstand gegen Japan betrifft, haben die Ultrakonservativen gleichfalls einen zwiespältigen Charakter, und soweit sie noch imstande sind, gegen Japan zu kämpfen, vereinigen wir uns mit ihnen, soweit sie aber schwanken (zum Beispiel insgeheim mit den japanischen Aggressoren paktieren und nicht aktiv gegen Wang Djing-we und die anderen Landesverräter vorgehen), bekämpfen und isolieren wir sie. Die Ultras weisen auch in ihrem Antikommunismus einen zwiespältigen Charakter auf, und so ist denn auch unsere diesbezügliche Politik eine zweiseitige, nämlich eine Bündnispolitik, insofern sie noch nicht bereit sind, mit der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei vollends zu brechen, und eine Politik des Kampfes gegen sie und ihrer Isolierung, insofern sie eine Politik der grausamen Unterdrückung gegen unsere Partei und das Volk durchführen und militärische Überfälle unternehmen. Diese doppelgesichtigen Leute sind von den Landesverrätern und projapanischen Elementen zu unterscheiden.
8. Sogar unter den Landesverrätern und projapanischen Elementen gibt es doppelgesichtige Elemente, und wir müssen auch diesen gegenüber gemäß der revolutionären Doppelpolitik verfahren. Insofern sie projapanisch sind, bekämpfen und isolieren wir sie; insofern sie schwanken, streben wir danach, sie auf unsere Seite zu ziehen und zu gewinnen. Solche doppelgesichtigen Elemente müssen wir von den hartgesottenen Landesverrätern wie Wang Djing-we, Wang Yi-tang[Anmerkung 191] und Schi Yu-san[Anmerkung 192] unterscheiden.
9. Wir müssen unterscheiden zwischen solchen großen Grundherren und solchen Großbourgeois, die projapanisch eingestellt sind und gegen den antijapanischen Widerstand auftreten, und denjenigen anglo-amerikanisch orientierten großen Grundherren und Großbourgeois, die den Widerstand gegen Japan befürworten; ebenso müssen wir einen Unterschied machen zwischen den doppelgesichtigen großen Grundherren und Großbourgeois, die wohl für den Widerstand eintreten, aber schwanken, wohl den Zusammenschluß bejahen, aber die Kommunisten bekämpfen, und der nationalen Bourgeoisie, den mittleren und kleinen Grundherren sowie den aufgeklärten Schenschi, die alle eine weniger zwiespältige Haltung einnehmen. Auf diesen Unterscheidungen baut sich unsere Politik auf. Die genannten verschiedenen politischen Richtlinien leiten sich aus diesen Unterschieden in den Klassenbeziehungen ab.
10. Auf dieselbe Weise behandeln wir den Imperialismus. Obwohl die Kommunistische Partei gegen jedweden Imperialismus ist, muß sie zwischen dem japanischen Imperialismus, der eine Aggression gegen China verübt, und den anderen imperialistischen Mächten, die gegenwärtig keine aggressiven Handlungen unternehmen, einen Unterschied machen; und sie muß wiederum differenzieren zwischen den deutschen und italienischen Imperialisten, die mit dem japanischen Imperialismus ein Bündnis eingegangen sind und "Mandschukuo" anerkannt haben, und den anglo-amerikanischen Imperialisten, die im Gegensatz zu Japan stehen; schließlich muß sie unterscheiden zwischen dem Großbritannien und den USA von früher, welche die Politik eines ;,fernöstlichen München" betrieben und dadurch dem Kampf Chinas gegen die japanische Aggression schadeten, und dem Großbritannien und den USA von heute, die jene Politik fallengelassen haben und den Widerstand Chinas gegen Japan fördern. Unsere taktischen Prinzipien bestehen nach wie vor darin, die Widersprüche auszunutzen, die Mehrheit zu gewinnen, der Minderheit entgegenzutreten und die Feinde einzeln zu schlagen. Auf dem Gebiet der Außenpolitik unterscheiden wir uns von der Kuomintang. Äußerlich betrachtet scheint die Kuomintang alle Staaten mit Ausnahme Japans in gleicher Weise zu behandeln, indem sie erklärte: "Es gibt nur einen Feind, alle anderen sind Freunde"; in Wirklichkeit ist sie aber probritisch und proamerikanisch. Wir hingegen müssen hier unterscheiden: erstens zwischen der Sowjetunion und den kapitalistischen Ländern; zweitens zwischen Großbritannien und den USA einerseits und Deutschland und Italien andererseits; drittens zwischen den Völkern Großbritanniens und der USA und den imperialistischen Regierungen dieser beiden Länder; viertens zwischen der anglo-amerikanischen Politik zur Zeit des "fernöstlichen München" und der gegenwärtigen Politik Großbritanniens und der USA. Auf diesen Unterscheidungen ist unsere Außenpolitik aufgebaut. Unser grundlegender Kurs besteht im Gegensatz zu dem der Kuomintang darin, bei strikter Wahrung des Prinzips der unabhängigen Kriegführung und des Vertrauens auf die eigene Kraft eine Hilfe von außen soweit wie möglich auszunutzen, nicht aber darin, so wie die Kuomintang unter Verzicht auf die unabhängige Kriegführung und das Vertrauen auf die eigene Kraft sich lediglich auf die auswärtige Hilfe zu verlassen oder sich irgendeinem imperialistischen Block zu verschreiben.
Die einseitigen Auffassungen vieler Parteifunktionäre in taktischen Fragen und die sich daraus ergebenden Schwankungen nach "links" und nach rechts können erst dann überwunden werden, wenn diese Funktionäre die Veränderung und Entwicklung, welche die Politik der Partei im Laufe ihrer Geschichte erfahren hat und welche sie derzeit erfährt, allseitig und als eine Einheit begreifen lernen, wozu man ihnen verhelfen muß. Gegenwärtig bilden nach wie vor die ihr Unwesen treibenden ultralinken Tendenzen die Hauptgefahr in der Partei. In den Kuomintang-Gebieten sind viele Leute nicht imstande, die Politik "getarnt und effektiv in langfristiger Illegalität arbeiten, die Kräfte sammeln und auf einen günstigen Zeitpunkt warten" gewissenhaft durchzuführen, weil sie die antikommunistische Politik der Kuomintang nicht ernst nehmen; daneben gibt es wiederum viele, die nicht imstande sind, die politische Richtlinie zur Entfaltung der Einheitsfront durchzuführen, weil sie die Kuomintang einfach als eine hoffnungslos verdorbene Masse betrachten und daher nicht aus noch ein wissen. In den von Japan besetzten Gebieten ist die Lage ähnlich.
In den Kuomintang-Gebieten sowie in den antijapanischen Stützpunktgebieten hat früher in erheblichem Maße eine rechte Abweichung bestanden; ihre Vertreter hatten, weil sie nur das Bündnis, nicht aber auch den Kampf sehen wollten und die Bereitschaft der Kuomintang zum Widerstand gegen Japan überschätzten, die prinzipiellen Unterschiede zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei verwischt, eine unabhängige und selbständige Politik im Rahmen der Einheitsfront abgelehnt, den großen Grundherren und der Großbourgeoisie sowie der Kuomintang Zugeständnisse gemacht, sich freiwillig an Händen und Füßen binden lassen, nicht gewagt, die antijapanischen revolutionären Kräfte kühn zu entwickeln und einen entschlossenen Kampf gegen die Kuomintang-Politik der Bekämpfung und Einschränkung der Kommunistischen Partei zu führen; diese Tendenzen sind jetzt im wesentlichen überwunden. Doch seit dem Winter 1939 ist infolge der antikommunistischen "Reibungen" von seiten der Kuomintang und unseres entsprechenden Abwehrkampfes überall eine ultralinke Abweichung aufgekommen. Sie wurde zwar in gewissem Grade korrigiert, aber noch nicht völlig berichtigt, sie kommt immer noch an vielen Orten in vielen konkreten politischen Richtlinien zum Ausdruck. Es ist daher gegenwärtig dringend notwendig, unsere konkreten politischen Richtlinien zu überprüfen und richtig zu formulieren.
Da das Zentralkomitee bereits eine Reihe von Weisungen bezüglich der konkreten politischen Richtlinien ausgegeben hat, soll hier nur zusammenfassend auf einige Punkte hingewiesen werden.
Zur Organisation der politischen Macht. Man muß entschlossen das "Drei-Drittel-System" durchführen, wobei die Kommunisten nur ein Drittel der Plätze in den Machtorganen einnehmen und eine große Masse der Nichtkommunisten zur Teilnahme an der Macht herangezogen wird. In Gegenden wie Nordkiangsu, wo die Errichtung der antijapanischen demokratischen Macht erst begonnen hat, kann der Anteil der Kommunisten auch weniger als ein Drittel betragen. Jenen Vertretern des Kleinbürgertums und der nationalen Bourgeoisie sowie der aufgeklärten Schenschi, die nicht als aktive Antikommunisten auftreten, sollen sowohl in den Regierungsorganen wie in den Volksvertretungen Plätze eingeräumt werden; man muß auch Mitglieder der Kuomintang, die nicht antikommunistisch eingestellt sind, zulassen. In die Volksvertretungen kann auch eine kleine Zahl von Rechtselementen aufgenommen werden. Auf keinen Fall darf unsere Partei alles monopolisieren. Wir wollen nur die Diktatur der KompradorenGroßbourgeoisie und der Klasse der großen Grundherren zerstören, sie aber nicht durch eine Einparteiendiktatur der Kommunistischen Partei ersetzen.
Zur Arbeitspolitik. Man muß die Lebensbedingungen der Arbeiter verbessern, erst dann kann man die Aktivität der Arbeiter zum Widerstand gegen Japan entfalten. Man muß sich vor linken Überspitzungen streng hüten, darf keine übertriebenen Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzungen vornehmen. Unter den gegenwärtigen Verhältnissen in China ist es noch schwer, überall den Achtstundentag einzuführen, und in gewissen Produktionszweigen muß noch ein Zehnstundentag gestattet sein. In anderen Produktionszweigen ist die Arbeitszeit je nach den Umständen festzusetzen. Nach Abschluß eines Vertrags zwischen Arbeit und Kapital müssen die Arbeiter die Arbeitsdisziplin einhalten und die Kapitalisten die Möglichkeit haben, einen bestimmten Profit zu erzielen. Andernfalls käme es zu Betriebsstillegungen, die sowohl dem Widerstand gegen Japan abträglich wären als auch den Arbeitern selbst schaden würden. Um so weniger darf man bei der Verbesserung der Lebenshaltung und bei der Lohnerhöhung der Arbeiter in den ländlichen Gebieten Übertreibungen zulassen; andernfalls würde das Einwände seitens der Bauern, Erwerbslosigkeit der Arbeiter und Produktionsschrumpfung hervorrufen.
Zur Bodenpolitik. Man muß den Parteimitgliedern und den Bauern klarmachen, daß jetzt nicht die Zeit für die Durchführung einer konsequenten Agrarrevolution ist und daß die ganze Reihe von Maßnahmen, die während der Agrarrevolution getroffen wurden, gegenwärtig nicht angewendet werden können. In der gegenwärtigen Politik muß einerseits festgesetzt werden, daß die Grundherren die Pacht- und Darlehenszinsen herabsetzen müssen, damit man die Aktivität der Hauptmasse der Bauern zum Widerstand gegen Japan entfalten kann, ohne daß jedoch diese Senkung ein allzu großes Ausmaß erreicht. Was die Pachtzinsen für den Boden betrifft, soll im allgemeinen der Grundsatz einer 25-prozentigen Herabsetzung verwirklicht werden; wenn die Massen eine größere Senkung fordern, so kann man bei der Teilung der Ernte das Verhältnis 4:6 oder 3:7 zugunsten des Pächters einführen, darf aber über diese Norm nicht hinausgehen. Hinsichtlich der Darlehenszinsen darf die Senkung nur so weit gehen, wie es die ökonomischen Kreditbeziehungen der Gesellschaft vertragen können. Andererseits muß festgelegt werden, daß die Bauern Pacht- und Darlehenszinsen zu zahlen haben und daß den Grundherren das Eigentumsrecht an Grund und Boden und an sonstigen Vermögenswerten verbleibt. Die Darlehenszinsen dürfen nicht so weit gesenkt werden, daß es den Bauern nicht mehr möglich wird, Darlehen zu erhalten, und die Bereinigung alter Rechnungen darf nicht dazu führen, daß verpfändete Grundstücke der Bauern kostenlos zurückgenommen werden.
Zur Steuerpolitik. Das Ausmaß der Steuerleistung ist nach der Höhe des Einkommens festzulegen. Mit Ausnahme der Allerärmsten, die von der Steuer befreit werden müssen, hat jeder, der ein Einkommen bezieht, Steuern an den Staat zu entrichten, also die Steuerlast muß von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung, einschließlich der Arbeiter und Bauern, getragen, darf nicht völlig den Grundherren und Kapitalisten aufgebürdet werden. Eine solche Methode, den Unterhalt der Armee zu sichern, wie es die Festnahme von Leuten zwecks Eintreibung von Kontributionen ist, muß man verbieten. Für die Steuereintreibung kann, solange wir noch kein neues zweckmäßigeres Verfahren ausgearbeitet haben, das alte Verfahren der Kuomintang angewendet werden, wobei man an ihm entsprechende Verbesserungen vornimmt.
Zur Politik der Ausmerzung der feindlichen Agenten. Eingefleischte Landesverräter und Antikommunisten muß man entschlossen unterdrücken, sonst kann man die revolutionären Kräfte des Widerstands gegen Japan nicht schützen. Keinesfalls darf es aber zu viele Hinrichtungen geben, und keinesfalls darf es dazu kommen, daß Unschuldige in Mitleidenschaft gezogen werden. Schwankende Elemente unter den Reaktionären und deren unfreiwillige Mitläufer muß man mit Milde behandeln. Alle physischen Mißhandlungen von Verbrechern müssen abgeschafft werden; Nachdruck ist auf das Beweismaterial zu legen, und Geständnissen darf man nicht leichtfertig Glauben schenken. Was die Kriegsgefangenen aus den Reihen der japanischen Armee, der Marionettentruppen und der antikommunistischen Einheiten betrifft, muß unsere Politik darauf gerichtet sein, sie alle freizulassen, mit Ausnahme jener, die den bitteren Haß der Volksmassen auf sich geladen haben und, mit Zustimmung der höheren Instanzen, hingerichtet werden müssen. Unter den Gefangenen sollen jene, die zwangsweise zum Kriegsdienst gepreßt worden sind und mehr oder weniger zur Revolution neigen, in großer Zahl für unseren Armeedienst gewonnen werden. Die übrigen sind freizulassen; und wenn sie abermals gegen uns kämpfen und erneut in unsere Hände fallen, sollen sie wiederum freigelassen werden. Man darf sie nicht beleidigen, darf ihnen die persönlichen Habseligkeiten nicht wegnehmen, darf keine Schuldbekenntnisse von ihnen verlangen, sondern man muß vielmehr sie alle aufrichtig und freundlich behandeln. Wie reaktionär sie auch gesinnt sein mögen, wir müssen ihnen allen gegenüber diese Politik durchführen. Das ist für die Isolierung des reaktionären Lagers ungemein wirkungsvoll. Was die Renegaten betrifft, so sollen sie mit Ausnahme jener unter ihnen, die Kapitalverbrechen begangen haben - die Möglichkeit erhalten, ein neues Leben zu beginnen, vorausgesetzt, daß sie ihre antikommunistische Tätigkeit einstellen; und wenn sie zurückkehren und sich den Reihen der Revolution anschließen wollen, kann man sie aufnehmen, doch darf ihnen der Wiedereintritt in die Partei nicht gestattet werden. Die gewöhnlichen Informanten der Kuomintang sind nicht mit den japanischen Spionen und den Landesverrätern in einen Topf zu werfen; man muß die einen und die anderen streng auseinanderhalten und differenziert behandeln. Den chaotischen Zuständen, wo jede beliebige Institution oder Organisation Verhaftungen vornehmen kann, muß ein Ende gesetzt werden; um die für den Widerstandskrieg gegen Japan erforderliche revolutionäre Ordnung einzuführen, ist festzulegen, daß - mit Ausnahme der Truppen während ihrer Kampftätigkeit - nur die Gerichts- und Sicherheitsinstanzen der Regierung das Recht haben, Verhaftungen durchzuführen.
Über die Rechte des Volkes. Es muß festgelegt werden, daß alle nicht gegen den Widerstandskrieg eingestellten Grundherren und Kapitalisten in gleicher Weise wie die Arbeiter und Bauern persönliche und Vermögensrechte, das Wahlrecht, Rede-, Versammlungs-, Koalitions-, Gedanken- und Glaubensfreiheit genießen. Die Machtorgane greifen nur ein, um gegen Leute vorzugehen, die in unseren Stützpunktgebieten eine Wühltätigkeit organisieren und Aufruhr anstiften; alle anderen stehen jedoch unter ihrem Schutz und werden von ihnen nicht belästigt.
Zur Wirtschaftspolitik. Man muß die Industrie, die Landwirtschaft und den Warenverkehr energisch entwickeln. Man muß Kapitalisten aus anderen Gegenden heranziehen, falls sie gewillt sind, in unseren antijapanischen Stützpunktgebieten Unternehmungen zu gründen. Man muß die Privatunternehmen fördern und die Staatsunternehmen nur als einen Sektor der Gesamtwirtschaft betrachten. Das alles dient dem Zweck, die Selbstversorgung aus eigener Produktion zu erreichen. Jede Schädigung nützlicher Unternehmungen muß vermieden werden. Die Zoll- und Währungspolitik muß mit dem grundlegenden Kurs auf Entwicklung der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels koordiniert werden, darf ihm nicht zuwiderlaufen. Der ausschlaggebende Faktor für die langfristige Behauptung der Stützpunktgebiete ist, daß die Wirtschaft dieser Gebiete gewissenhaft und sorgfältig und nicht leichtfertig und schlampig organisiert wird, damit ihre Selbstversorgung erreicht werden kann.
Zur Kultur- und Volksbildungspolitik. Wir müssen die Hebung und Verbreitung der für den Widerstandskrieg gegen Japan erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten der breiten Volksmassen sowie ihre Erziehung zum Gefühl der nationalen Würde in den Mittelpunkt unserer Politik stellen. Bürgerlich-liberalen Pädagogen, Kulturschaffenden, Journalisten, Gelehrten und Technikern muß gestattet werden, in unsere Stützpunktgebiete zu kommen und mit uns im Schul- und Pressewesen sowie auf anderen Gebieten zusammenzuarbeiten. Wir müssen alle jene Intellektuellen, die sich durch eine größere Aktivität im Widerstandskampf gegen Japan auszeichnen, in die von uns geleiteten Schulen aufnehmen, damit sie nach kurzfristiger Ausbildung in der Armee, im Verwaltungsdienst der Regierung und in den Massenorganisationen arbeiten können; wir müssen sie mutig heranziehen, ihnen kühn Posten anweisen, sie beherzt im Dienst befördern. Wir dürfen nicht übervorsichtig sein und uns davor fürchten, daß sich reaktionäre Elemente einschleichen könnten. Von solchen Elementen werden sich einige unvermeidlich einschleichen, es wird aber nicht zu spät sein, sie erst im Verlauf ihres Studiums oder ihrer Arbeit auszukämmen. Jedes Stützpunktgebiet muß Druckereien errichten, Bücher und Zeitungen herausgeben, Vertriebs- und Versandorganisationen gründen. Jedes Stützpunktgebiet muß sein Möglichstes tun, Kaderschulen großen Maßstabs einzurichten; je größer diese Schulen sein werden und je mehr es ihrer geben wird, desto besser.
Zur Militärpolitik. Wir müssen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee soweit wie möglich vergrößern, denn sie sind die verläßlichsten Streitkräfte, mit denen das chinesische Volk den nationalen Widerstandskrieg beharrlich fortführen kann. Was die Kuomintang-Truppen betrifft, müssen wir bei der Politik "Wir greifen nicht an, wenn wir nicht angegriffen werden" bleiben und nach Möglichkeit die Bemühungen verstärken, Freunde unter ihnen zu gewinnen. Wir müssen alles in unseren Kräften Stehende tun, jene Kuomintang oder parteilosen Offiziere, die mit uns sympathisieren, in die Achte Route-Armee oder die Neue Vierte Armee herüberzuziehen, und auf diese Weise den militärischen Aufbau unserer Armee stärken. Der Umstand, daß in unserer Armee alles von den Kommunisten kraft ihrer großen Anzahl monopolisiert ist, muß geändert werden. Selbstverständlich darf man in unserer regulären Armee das "Drei-Drittel-System" nicht einführen; aber man braucht - solange die Führung der Truppen in den Händen unserer Partei liegt (das ist absolut unerläßlich und unantastbar) - keine Angst zu haben, wenn für den militärischen und technischen Aufbau der Armee Sympathisierende in großer Anzahl herangezogen werden. Jetzt, da unsere Partei und unsere Armee auf einem festen ideologischen und organisatorischen Fundament ruhen, besteht nicht nur keine Gefahr darin, daß wir Sympathisierende (natürlich keinesfalls Saboteure) in großer Zahl heranziehen, sondern ist eine solche Politik geradezu notwendig, da wir andernfalls nicht imstande sind, die Sympathie des ganzen Landes zu gewinnen und die Reihen der revolutionären Kräfte zu erweitern.
Diese Prinzipien der Taktik in der Einheitsfront und die zahlreichen auf Grund dieser Prinzipien festgelegten konkreten politischen Richtlinien müssen von der ganzen Partei entschieden in die Tat umgesetzt werden. Zu einer Zeit, da die japanischen Eindringlinge ihre Aggression gegen China verstärken und da im Land selbst die Klasse der großen Grundherren und die Großbourgeoisie eine Politik der grausamen Unterdrückung und militärische Überfälle gegen die Kommunistische Partei und das Volk durchführen, kann man nur dann, wenn die dargelegten taktischen Prinzipien und konkreten politischen Richtlinien verwirklicht werden, beharrlich den Widerstandskrieg gegen Japan führen, die Einheitsfront erweitern, die Sympathien des ganzen Volkes gewinnen und eine günstige Wendung der Lage herbeiführen. Bei der Berichtigung von Fehlern muß man jedoch Schritt für Schritt vorgehen, darf man nicht übereilt handeln, damit keine Unzufriedenheit unter den Kadern, kein Mißtrauen unter den Massen, keine Gegenangriffe der Grundherren und keine sonstigen unliebsamen Erscheinungen hervorgerufen werden.
Befehl und Erklärung anlässlich der Ereignisse von Südanhui
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.533-541
(Januar 1941)
Befehl des revolutionären Militärausschusses beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas
(Yenan, 20. Januar 1941)
Die Neue Vierte Armee der Nationalrevolutionären Armee hat sich wegen ihrer ruhmreichen Taten im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression im In- und Ausland einen Namen gemacht. Hervorragend sind die Verdienste des Befehlshabers der Armee, Yä Ting, der die Abwehrkämpfe gegen den Feind geleitet hat. Nun wurde diese Armee, als sie befehlsgemäß nordwärts marschierte, plötzlich von der projapanischen Gruppe hinterrücks überfallen und ihr Befehlshaber, der in den aufreibenden Kämpfen verwundet worden war, in den Kerker geworfen. Der Militärausschuß, der durch den Kommandeur der 1. Abteilung der Neuen Vierten Armee, Tschen Yi, und den Stabschef der Armee Dschang Yün-yi über den Verlauf der Ereignisse von Südanhui telegraphisch informiert worden ist, bringt seine äußerste Entrüstung und tiefste Besorgnis zum Ausdruck. Außer den Maßnahmen, die der Militärausschuß trifft, um die himmelschreienden Verbrechen der projapanischen Gruppe, die den Widerstandskrieg untergräbt, die Volkstruppen überfällt und einen Bürgerkrieg entfesselt, zu ahnden, ernennt er hiermit Tschen Yi zum Kommissarischen Befehlshaber der Neuen Vierten Armee der Nationalrevolutionären Armee, Dschang Yün-yi zum Stellvertreter des Befehlshabers, Lai Tschuan-dschu zum Stabschef und Deng Dsi-hui zum Leiter der Politischen Abteilung der Armee. Der Kommissarische Befehlshaber Tschen Yi und die anderen genannten Personen werden hiermit angewiesen, mit aller Energie die ihnen anvertraute Armee in Ordnung zu bringen, ihre Reihen zusammenzuschließen, enge Beziehungen zur Bevölkerung zu gewährleisten, die Drei Volksprinzipien zu verwirklichen, dem Testament Sun Yat-sens treu zu bleiben, die antijapanische nationale Einheitsfront zu festigen und zu erweitern, zur Verteidigung der Nation und des Vaterlands, für die Fortführung des Widerstandskriegs bis zum Ende und für die Verhinderung von Überfällen der projapanischen Gruppe zu kämpfen.
Erklärung des Sprechers des revolutionären Militärausschusses beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas gegenüber einem Korrespondenten der Hsinhua-Nachrichtenagentur
(22 Januar 1941)
Die jüngsten antikommunistischen Ereignisse von Südanhui gärten schon seit längerer Zeit. Die gegenwärtige Entwicklung der Lage ist nur der Anfang einer jähen Wende im Maßstab des ganzen Landes. Nachdem die japanischen Eindringlinge den Dreibund[Anmerkung 193] mit Deutschland und Italien geschlossen haben, arbeiten sie mit aller Kraft auf einen inneren Umsturz in China hin, um möglichst rasch eine Entscheidung im chinesisch-japanischen Krieg herbeizuführen. Ihr Ziel ist es, mit den Händen der Chinesen selbst die chinesische Widerstandsbewegung gegen die japanische Aggression abzuwürgen, das Hinterland für den japanischen Feldzug nach dem Süden zu konsolidieren, so daß sie freie Hand hätten, diesen Feldzug in Koordinierung mit dem Angriff Hitlers auf England zu unternehmen. Viele Rädelsführer der projapanischen Gruppe in China haben sich schon längst in den diversen Partei-, Regierungs- und Militärorganen der Kuomintang eingenistet, wo sie Tag und Nacht ihre Hetze treiben. Gegen Ende des Vorjahrs hatten sie die Vorbereitungen für ihren ganzen Plan schon abgeschlossen. Der Überfall auf die Einheiten der Neuen Vierten Armee in Südanhui und der reaktionäre Befehl vom 17. Januar[Anmerkung 194] sind lediglich die ersten Äußerungen dieses Planes. Überaus ernste Ereignisse werden sich jetzt nacheinander abspielen. Wie schaut nun der Gesamtplan der japanischen Eindringlinge und der projapanischen Gruppe aus? Dieser Plan sieht vor:
1. Zur Mobilisierung der öffentlichen Meinung werden zwei von Ho Ying-tjin und Bai Tschung-hsi unterschriebene Telegramme vom 19. Oktober und vom 8. Dezember[Anmerkung 195] an Tschu Teh, Peng Dö-huai, Yä und Hsiang Ying veröffentlicht.
2. Als Vorbereitung zur Entfesselung eines Bürgerkriegs wird eine Pressekampagne über die Wichtigkeit der Befolgung militärischer Disziplin und militärischer Befehle gestartet.
3. Die Einheiten der Neuen Vierten Armee in Südanhui werden vernichtet.
4. Die Neue Vierte Armee wird zum "Meuterer" erklärt und ihre Truppenbezeichnung gelöscht.
Alle diese Punkte sind bereits verwirklicht.
5. Tang En-bo, Li Pin-hsiän, Wang Dschung-liän und Han Dö-tjin werden zu Kommandeuren der an den verschiedenen Abschnitten Zentralchinas zur "Ausrottung der Kommunisten" eingesetzten Truppen ernannt, Li Dsung-jen wird mit dem Oberbefehl über diese Truppen betraut. Gegen die von Peng Hsüä-feng, Dschang Yün-yi und Li Hsiän-niän befehligten Einheiten der Neuen Vierten Armee wird in enger Koordinierung mit den japanischen Streitkräften eine Offensive eröffnet, und im Falle eines Erfolgs werden weitere Angriffe gegen die Einheiten der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee in Schantung und Nordkiangsu unternommen.
Mit der Durchführung dieser Maßnahme wurde bereits begonnen.
6. Ein Vorwand wird gesucht, um die Achte Route-Armee für "Meuterer" zu erklären, ihre Truppenbezeichnung zu löschen und Tschu Teh und Peng Dö-huai steckbrieflich zu verfolgen.
Dieser Schritt wird eben jetzt vorbereitet.
7. Die Verbindungsbüros der Achten Route-Armee in Tschungking' Sian und Guilin werden geschlossen, Tschou En-Iai, Yä Diiänying, Dung Bi-wu und Deng Ying-tschao werden verhaftet.
Auch die Durchführung dieser Maßnahme hat schon mit der Schließung des Büros in Guilin eingesetzt.
8. Die Zeitung Hsinbua Jibao wird verboten.
9. Das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia wird überfallen und Yenan erobert.
10. In Tschungking und in den verschiedenen Provinzen werden Massenverhaftungen antijapanischer Persönlichkeiten vorgenommen;die Widerstandsbewegung gegen die japanische Aggression wird unterdrückt.
11. Die Organisationen der Kommunistischen Partei in allen Provinzen werden zerschlagen und Massenverhaftungen unter den Kommunisten vorgenommen.
12. Die japanischen Truppen werden aus Zentral- und Südchina abgezogen, worauf die Kuomintang-Regierung eine "Wiedergewinnung der verlorenen Gebiete" verkünden und gleichzeitig für einen "ehrenhaften Frieden" als eine Notwendigkeit Propaganda machen wird.
13. Die japanische Armee verlegt ihre in Zentral- und Südchina stationierten Kräfte als Verstärkung nach Nordchina, um zur härtesten Offensive gegen die Achte Route-Armee anzutreten, und kämpft im Zusammenwirken mit den Kuomintang-Truppen, um die Achte RouteArmee und die Neue Vierte Armee restlos zu vernichten.
14. Ohne die Angriffe gegen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee auch nur für eine Minute abzuschwächen, setzen die Kuomintang-Truppen die seit dem Vorjahr herrschende Kampfpause mit den japanischen Truppen auf allen Kriegsschauplätzen fort, um sie in einen vollständigen Waffenstillstand umzuwandeln und Friedensverhandlungen einzuleiten.
15. Die Kuomintang-Regierung unterzeichnet mit Japan einen Friedensvertrag und tritt dem Dreibund bei.
Die angeführten Schritte werden jetzt intensiv vorbereitet.
Das ist in großen Zügen der gesamte hinterhältige Plan Japans und der projapanischen Gruppe. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas hat schon in seiner Deklaration vom 7. Juli 1939 darauf hingewiesen: "Die Kapitulation ist im gegenwärtigen Augenblick die größte Gefahr, und die Bekämpfung der Kommunistischen Partei ist ein Schritt zur Vorbereitung der Kapitulation." Fern= wurde in der Deklaration vom 7. Juli 1940 festgestellt: "Nie zuvor war die Gefahr einer Kapitulation so ernst, und nie zuvor waren die Schwierigkeiten im Widerstandskrieg so groß." Tschu Ton, Peng Dö-huai, Yä Ting und Hsiang Ying haben in ihrem Telegramm vom 9. November 1940 noch konkreter darauf hingewiesen:
In unserem Land zetteln jetzt gewisse Leute eine neue antikommunistische Kampagne an, womit sie versuchen, den Weg zur Kapitulation freizumachen . . . Sie wollen mit Hilfe eines gemeinsamen chinesisch-japanischen Vorgehens zur "Ausrottung der Kommunisten" dem Widerstandskrieg ein Ende setzen. Sie wollen anstelle des Widerstandskriegs den Bürgerkrieg, anstelle der Unabhängigkeit die Kapitulation, anstelle des Zusammenschlusses die Spaltung, anstelle des Lichtes die Finsternis. Ihre Taten sind tückisch, ihre Pläne giftig. Die Kunde davon verbreitet sich überall hin und bewegt alle Herzen. Nie war die Lage so kritisch wie heute.
Somit sind die Ereignisse von Südanhui und der Befehl des Tschungkinger Militärrats vom 17. Januar bloß der Anfang einer Reihe derartiger Vorfälle. Besonders der Befehl vom 17. Januar ist von schwerwiegender politischer Bedeutung. Die Tatsache, daß es die Verfasser dieses konterrevolutionären Befehls gewagt haben, ihn aller Welt zum Trotz -öffentlich zu erlassen, zeugt davon, daß sie entschlossen sein müssen, einen völligen Bruch und eine totale Kapitulation herbeizuführen, denn die politischen Vertreter der schwachen Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeois Chinas können ohne Drahtzieher hinter den Kulissen auch nicht den kleinsten Schritt tun; wie erst dann solche ungeheuerlichen Dinge? Die Verfasser dieses Befehls zum Verzicht auf ihren Entschluß zu veranlassen scheint im gegenwärtigen Augenblick sehr schwer zu sein und dürfte sich wohl ohne außerordentliche Anstrengungen des ganzen Volkes und ohne ernsten internationalen diplomatischen Druck als unmöglich erweisen. Daher ist es jetzt die dringende Aufgabe des ganzen chinesischen Volkes, die Entwicklung der Ereignisse mit größter Wachsamkeit zu verfolgen und sich auf jegliche finstere Reaktion gefaßt zu machen; es darf da nicht die geringste Sorglosigkeit geben. Was die Zukunft Chinas anbelangt:, so ist die Sache völlig klar. Selbst wenn es den japanischen Eindringlingen und der projapanischen Gruppe gelingen sollte, ihre Pläne zu verwirklichen, werden unsere Kommunistische Partei Chinas und das chinesische Volk nicht nur die Pflicht, sondern auch ganz bestimmt die Fähigkeit haben, kühn hervorzutreten und die Lage in Ordnung zu bringen; keinesfalls wird den japanischen Aggressoren und der projapanischen Gruppe gestattet werden, ihre Untaten zu Ende zu führen. Wie düster auch die Lage sein sollte, welchen schwierigen Weg wir in der Zukunft auch noch zu gehen haben und was für einen Preis wir dafüt zahlen müssen (die Verluste der Einheiten der Neuen Vierten Armee in Südanhui sind ein Teil dieses Preises), so werden dennoch die japanischen Eindringlinge und die projapanische Gruppe ihre Niederlage erleiden. Und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Kommunistische Partei Chinas ist nicht mehr so leicht zu hintergehen und zu zerschlagen wie im Jahre 1927. Sie ist schon eine starke Partei, die fest auf den eigenen Füßen steht.
2. Unter den Mitgliedern der anderen Parteien und Gruppen Chinas (einschließlich der Kuomintang), die mit Bangen die Katastrophe der Unterjochung der Nation kommen sehen, gibt es bestimmt viele, die weder Kapitulation noch Bürgerkrieg wünschen. Manche unter ihnen sind zwar für eine gewisse Zeit Opfer eines Betrugs geworden, doch kann ihnen das in einem gegebenen Augenblick zum Bewußtsein kommen.
3. Das gleiche gilt für die chinesische Armee. Die meisten Truppenteile gehen unter Zwang gegen die Kommunistische Partei vor.
4. Die überwiegende Mehrheit des chinesischen Volkes will nicht zu Kolonialsklaven werden.
5. Der imperialistische Krieg steht jetzt am Vorabend einer großen Wende, und wie sehr die vom Imperialismus abhängigen Parasiten auch eine Zeitlang wüten mögen, so ist doch auf ihre Herren hinter den Kulissen kein Verlaß. Sobald der Baum fällt, laufen die Affen auseinander, und die ganze Situation hat sich dann gewandelt.
6. In vielen Ländern ist der Ausbruch der Revolution nur eine Frage der Zeit; diese Revolutionen und die Revolution in China werden notwendigerweise einander unterstützen und gemeinsam den Sieg erringen.
7. Die Sowjetunion ist die stärkste Kraft in der Welt, und sie wird ganz bestimmt China helfen, den Widerstandskrieg bis zum Ende auszufechten.
Aus den angeführten Gründen hoffen wir, daß jene, die mit dem Feuer spielen, nicht allzu übermütig werden. Wir warnen sie in aller Form: Seid etwas vorsichtiger, mit diesem Feuer läßt sich nicht spielen, nehmt eure eigenen Köpfe in acht l Wenn diese Leute imstande sind, einmal nüchtern darüber nachzudenken, dann müssen sie ehrlich und rasch folgendes unternehmen:
Erstens, am Rande des Abgrunds das Pferd zügeln und die Provokationen einstellen;
zweitens, den reaktionären Befehl vom 17 Januar aufheben und öffentlich eingestehen, daß sie völlig im Unrecht waren;
drittens, die Hauptschuldigen an den Ereignissen von Südanhui, Ho Ying-tjin, Gu Dschu-tung und- Schangguan Yün-hsiang, bestrafen;
viertens, Yä Ting freilassen und ihn wieder als Befehlshaber der Neuen Vierten Armee einsetzen;
fünftens, die bei den Ereignissen von Südanhui gefangengenommenen Angehörigen der Neuen Vierten Armee und die erbeuteten Waffen restlos zurückgeben; sechstens, alle bei den Ereignissen von Südanhui verwundeten Kommandeure und Soldaten sowie die Familien der Gefallenen der Neuen Vierten Armee entschädigen; siebtens, die zur "Ausrottung der Kommunisten" nach Zentralchina entsandten Truppen abziehen; achtens, die Blockadelinien im Nordwesten' schleifen; neuntens, alle patriotischen politischen Häftlinge freilassen; zehntens, die Einparteiendiktatur abschaffen und eine demokratische Ordnung einführen; elftens, die Drei Volksprinzipien verwirklichen und das Testament Sun Yat-sens befolgen; zwölftens, die Anführer der projapanischen Gruppe verhaften, vor Gericht stellen und nach dem Gesetz unseres Landes aburteilen. Wenn diese zwölf Punkte erfüllt werden, dann wird sich die Lage selbstverständlich normalisieren, und unsere Kommunistische Partei sowie das ganze Volk werden gewiß keine weiteren Forderungen stellen. Andernfalls "fürchte ich, daß Dji Suns Unheil nicht in Dschuanyü liegt, sondern innerhalb der Mauern seines eigenen Hauses",[Anmerkung 196] und der Stein, den die Reaktionäre erhoben haben, wird ihnen unweigerlich auf die eigenen Füße fallen; dann werden wir ihnen beim besten Willen nicht helfen können. Wir schätzen die Zusammenarbeit, aber auch sie müssen die Zusammenarbeit schätzen. Geradeheraus gesagt, unsere Zugeständnisse haben Grenzen, und die Zeit, da wir Zugeständnisse machten, ist bereits vorbei. Sie haben das Schwert gezogen und den ersten Hieb geführt, und die Wunde ist sehr tief. Wenn sie sich noch Gedanken über ihre Zukunft machen wollen, dann müssen sie aus freiem Antrieb diese Wunde heilen. "Sind auch schon Schafe verlorengegangen, ist's immer noch Zeit, den Pferch zu flicken." Das ist eine Sache auf Leben und Tod für sie selbst, und wir können nicht umhin, sie zum letztenmal zu warnen. Wenn sie aber unbelehrbar bleiben und weiter Unfug treiben werden, wird das chinesische Volk mit seiner Geduld am Ende sein und sie auf den Misthaufen werfen; dann ist es für Reue zu spät. Was die Neue Vierte Armee betrifft, so hat der Revolutionäre Militärausschuß beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas am 20. Januar einen Befehl erlassen, wonach Tschen Yi zum Kommissarischen Befehlshaber, Dschang Yün-yi zu seinem Stellvertreter, Lai Tschuan-dschu zum Stabschef und Deng Dsi-hui zum Leiter der Politischen Abteilung ernannt wurden. Die Einheiten dieser Armee, die in Zentralchina und Südkiangsu noch über 90 000 Mann zählen, werden, obgleich von den japanischen Eindringlingen und den antikommunistischen Truppen in die Zange genommen, bestimmt alle Härten des Kampfes durchhalten und der Nation und dem Vaterland bis zum Ende treu bleiben. Außerdem werden die Truppenteile der brüderlichen Achten Route-Armee diesem Zangenangriff keineswegs mit verschränkten Armen zusehen, sondern bestimmt entsprechende Maßnahmen ergreifen, um die erforderliche Hilfe zu leisten; das kann ich ihnen unumwunden mitteilen. Was aber die Erklärung anbelangt, die der Sprecher des Tschungkinger Militärrats abgegeben hat, so braucht man nur vier Wörter zu ihrer Charakterisierung: "Sie widerspricht sich selbst." Während der Tschungkinger Militärrat in seinem Befehl behauptet, die Neue Vierte Armee hätte "gemeutert", erklärt sein Sprecher, daß sie beabsichtige, in den Raum des Dreiecks Nanking-Schanghai-Hangdschou einzurücken, um dort ein Stützpunktgebiet zu errichten. Angenommen, daß, diese letztere Erklärung stimmt - kann man denn das Einrücken in den Raum des Dreiecks Nanking-Schanghai-Hangdschou als "Meuterei" betrachten? Dieser stumpfsinnige Sprecher Tschungkings hat sich keine Gedanken darüber gemacht, gegen wen man eigentlich dort gemeutert hätte. Ist das denn nicht ein von den Japanern besetztes Gebiet? Warum wollt ihr dann die Neue Vierte Armee daran hindern, in dieses Gebiet einzurücken, und versucht, sie schon in Südanhui zu vernichten? Aber, gewiß dochl Leute, die dem japanischen Imperialismus treu ergeben sind, müssen eigentlich so handeln. Daher ihr Plan, sieben Divisionen für eine Vernichtungskampagne zu massieren, daher ihr Befehl vom 17. Januar und daher ihr Gerichtsverfahren gegen Yä Ting. Aber ich möchte noch hinzufügen, daß der Sprecher Tschungkings ein dummes Schwein ist: Ohne daß ihn jemand dazu gezwungen hätte, plaudert er vor dem ganzen Volk die Pläne des japanischen Imperialismus aus.
Die Lage nach der Abwehr der zweiten antikommunistischen Kampagne
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.543-546
(18. März 1941)[Anmerkung 197]
1. Die zweite antikommunistische Kampagne,[38] die durch das Telegramm von Ho Ying-tjin und Bai Tschung-hsi (vom 19. Oktober vorigen Jahres) eingeleitet worden war, erreichte mit den Ereignissen von Südanhui und dem Befehl Tschiang Kai-scheks vom 17. Januar ihren Höhepunkt; die antikommunistische Rede Tschiang Kai-scheks vom 6. März und die antikommunistische Resolution des Politischen Nationalrats[Anmerkung 198] waren dagegen Nachhutgefechte in dieser Kampagne. Von nun an wird sich die Lage möglicherweise bis zu einem gewissen Grad vorübergehend entspannen. Am Vorabend des entscheidenden Kampfes zwischen den beiden großen imperialistischen Blocks in der Welt kann die pro-anglo-amerikanische Gruppe der chinesischen Großbourgeoisie, die nach wie vor im Gegensatz zu den japanischen Eindringlingen steht, nicht umhin, eine zeitweilige leichte Milderung der gegenwärtigen Spannung in den Beziehungen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei anzustreben. Gleichzeitig gestattet es die Lage innerhalb der Kuomintang selbst (wo es Widersprüche gibt zwischen der Zentrale und den örtlichen Stellen, zwischen der CC-Clique und der Clique "Politische Wissenschaft", zwischen der CC-Clique und der Fuhsing-Clique sowie zwischen den Ultrakonservativen und den Kräften der Mitte, aber auch Widersprüche innerhalb der CC-Clique und der Fuhsing-Clique), die Lage innerhalb des Landes (die breiten Massen des Volkes sind gegen die Tyrannei der Kuomintang eingestellt und sympathisieren mit der Kommunistischen Partei) und die Politik unserer Partei (die Fortsetzung der Protestbewegung) - gestattet das alles zusammengenommen der Kuomintang nicht, die Beziehungen zwischen ihr und der Kommunistischen Partei weiter so gespannt zu belassen, wie sie in den vergangenen fünf Monaten waren. Deshalb ist es derzeit für Tschiang Kai-schek unerläßlich, eine vorübergehende leichte Entspannung anzustreben.
2. Der jüngste Kampf zeigte, daß die Position der Kuomintang geschwächt und die der Kommunistischen Partei gestärkt ist, und das bildete den Angelpunkt, an welchem eine gewisse Wendung im Kräfteverhältnis zwischen den beiden Parteien eingetreten ist. Unter diesen Umständen sah sich Tschiang Kai-schek gezwungen, von neuem über seine eigene Position und Haltung nachzudenken. Dadurch, daß er jetzt die Landesverteidigung betont und predigt, die Parteistandpunkte seien veraltet, versucht er, sich als "Führer der Nation", der über den innenpolitischen Widersprüchen stehe, aufzuspielen und sich den Anschein zu geben, daß er keiner Klasse und keiner Partei zuneige, um so die Herrschaft der Klasse der großen Grundherren und der Großbourgeoisie sowie der Kuomintang aufrechtzuerhalten. Wenn es sich aber bei diesem Versuch bloß um eine zur Täuschung bestimmte Änderung der Form, jedoch nicht um eine Änderung der tatsächlichen Politik handelt, dann ist das natürlich vergebliche Liebesmühe.
3. Die Politik der Versöhnung und Zugeständnisse, die unsere Partei mit Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit zu Beginn dieser antikommunistischen Kampagne eingeschlagen hatte (siehe unser Telegramm vom 9. November vorigen Jahres), errang die Sympathien der breiten Volksmassen; und als wir nach den Ereignissen von Südanhui zu einer machtvollen Gegenoffensive übergingen (die beiden Zwölf-Punkte-Forderungen,[Anmerkung 199] die Weigerung, an der Tagung des Politischen Nationalrats teilzunehmen, und die im ganzen Land entfaltete Protestbewegung), wurden wir ebenfalls vom gesamten Volk unterstützt. Diese Politik, bei der wir im Recht sind, Vorteil haben und maßhalten, war unbedingt notwendig, um die jüngste antikommunistische Kampagne zurückzuschlagen, und hat auch schon Erfolge gebracht. Solange die Hauptpunkte im Konflikt zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei keine vernünftige Regelung erfahren haben, müssen wir ohne lockerzulassen die energische Protestbewegung gegen die von den projapanischen und antikommunistischen Cliquen der Kuomintang hervorgerufenen Ereignisse von Südanhui sowie gegen alle ihre politischen und militärischen Unterdrückungsmaßnahmen fortsetzen und die Propaganda für unsere erste Zwölf-Punkte-Forderung intensivieren.
4. Die Kuomintang wird in den von ihr beherrschten Gebieten in ihrer Unterdrückungspolitik gegen unsere Partei und alle fortschrittlichen Menschen sowie in ihrer antikommunistischen Propaganda niemals nachlassen, deshalb muß unsere Partei ihre Wachsamkeit erhöhen. Die Kuomintang wird noch weitere Angriffe gegen die Gebiete nördlich des Huai-Flusses, in Ostanhui und in Mittelhupeh unternehmen, und unsere Armee wird diese Angriffe entschlossen abschlagen müssen. Alle Stützpunktgebiete müssen die Direktive des Zentralkomitees vom 25. Dezember vorigen Jahres[Anmerkung 200] strikt in die Tat umsetzen, die Schulung innerhalb der Partei über Fragen der Taktik verstärken und ultralinke Ansichten korrigieren, damit wir die antijapanischen demokratischen Stützpunktgebiete eine lange Zeit hindurch unerschütterlich halten können. Sowohl im Landesmaßstab wie in den Stützpunktgebieten muß man der falschen Einschätzung der gegenwärtigen Situation, wonach ein endgültiger Bruch zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei erfolgt ist oder demnächst erfolgen wird, und vielen sich aus dieser Einschätzung ergebenden unrichtigen Ansichten entgegentreten.
Das Fazit der Abwehr der zweiten antikommunistischen Kampagne
Mao Tse-tung, Ausgewählte Werke Band II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S.547-553
(8. Mai 1941)[Anmerkung 201]
Wie bereits in der Direktive des Zentralkomitees vom t8. März festgestellt worden ist, gehört die jüngste antikommunistische Kampagne schon der Vergangenheit an. Ihr ist eine Fortsetzung des Widerstandskriegs gegen Japan unter neuen internationalen und innenpolitischen Verhältnissen gefolgt. Die neu hinzugetretenen Faktoren unter diesen Verhältnissen sind: Ausdehnung des imperialistischen Krieges, Aufschwung der internationalen revolutionären Bewegung, der sowjetisch-japanische Neutralitätspakt,[Anmerkung 202] die Tatsache, daß die zweite antikommunistische Kampagne der Kuomintang zurückgeschlagen wurde und infolgedessen die politische Stellung der Kuomintang geschwächt, die der Kommunistischen Partei gestärkt ist, sowie darüber hinaus die Vorbereitungen, die Japan in der letzten Zeit für eine neue Großoffensive gegen China getroffen hat. Um das ganze Volk zum beharrlichen Widerstand gegen die japanische Aggression zusammenzuschließen und weiterhin die Gefahr einer Kapitulation der großen Grundherren und der Großbourgeoisie sowie die antikommunistische widrige Strömung wirksam zu unterbinden, ist es unbedingt erforderlich, die Lehren des heldenhaften und siegreichen Kampfes unserer Partei gegen die jüngste antikommunistische Kampagne zu studieren und sich anzueignen.
1. Von den zwei großen Widersprüchen Chinas ist der nationale Widerspruch zwischen China und Japan nach wie vor der grundlegende, während der interne Klassenwiderspruch nach wie vor einen untergeordneten Platz einnimmt. Die Tatsache, daß ein Feind der Nation tief in unser Territorium eingedrungen ist, bestimmt alles.
Solange der chinesisch-japanische Widerspruch seine Schärfe beibehält, kann es keinesfalls, selbst wenn die großen Grundherren und die Großbourgeoisie in ihrer Gesamtheit Verrat üben und kapitulieren, zu einer Situation wie im Jahre 1927 kommen, werden sich die Ereignisse des 12. April[Anmerkung 203] und 21. Mai[39] nicht wiederholen. Die erste antikommunistische Kampagne[Anmerkung 204] wurde von manchen Genossen den Ereignissen des 21. Mai gleichgesetzt, und die jüngste antikommunistische Kampagne wurde als eine Wiederkehr der Ereignisse des 12. April und 21. Mai gewertet; doch die objektiven Tatsachen haben bewiesen, daß eine solche Einschätzung falsch war. Der Fehler dieser Genossen bestand darin, daß sie vergessen hatten, den nationalen Widerspruch als den grundlegenden anzusehen.
2. Unter diesen Umständen behält die pro-anglo-amerikanische Gruppe aus den Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeois, welche die ganze Politik der Kuomintang-Regierung dirigieren, ihre Zwiespältigkeit bei. Sie steht einerseits zu Japan, andererseits zur Kommunistischen Partei und zu den von dieser vertretenen breiten Volksmassen im Gegensatz. Und auch ihr Widerstand gegen die japanische Aggression und ihr Antikommunismus haben einen zwiespältigen Charakter. Was den Widerstand gegen Japan betrifft, steht sie wohl im Gegensatz zu Japan, führt aber nicht aktiv den Krieg, bekämpft nicht aktiv Wang Djing-we und die anderen Landesverräter, liebäugelt ab und zu insgeheim mit den japanischen Friedensemissären. Was ihren Antikommunismus betrifft, bekämpft sie wohl die Kommunistische Partei, geht sogar so weit, die Ereignisse von Südanhui zu provozieren und den Befehl vom 17. Januar zu erlassen, wünscht aber keinen endgültigen Bruch, betreibt weiterhin eine Politik der Härte und Milde. Daß dem tatsächlich so ist, hat die jüngste antikommunistische Kampagne wiederum bestätigt. Die äußerst komplizierten politischen Verhältnisse in China verlangen von unseren Genossen angespannte Aufmerksamkeit. Da die pro-anglo-amerikanische Gruppe aus den Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeois noch immer am Widerstand gegen Japan teilnimmt und unserer Partei gegenüber noch immer die Methode "Härte und Milde" anwendet, muß unsere Partei den Kurs "Verfahre mit den Menschen, wie sie mit anderen verfahren"[Anmerkung 205] einhalten, d. h. Schläge mit Schlägen vergelten, Freundlichkeiten mit Freundlichkeiten erwidern; das ist eben die revolutionäre Doppelpolitik. Solange die großen Grundherren und die Großbourgeois nicht ganz und gar Verrat üben, werden wir diese Politik nicht ändern.
3. In unserem Kampf gegen die antikommunistische Politik der Kuomintang benötigen wir eine ganze Serie taktischer Maßregeln; hierbei darf man unter keinen Umständen etwas auf die leichte Schulter nehmen. Die Gehässigkeit und Grausamkeit der durch Tschiang Kai-schek repräsentierten großen Grundherren und Großbourgeois gegenüber den revolutionären Kräften des Volkes wurden nicht nur durch den vergangenen zehnjährigen antikommunistischen Krieg unter Beweis gestellt, sondern wurden auch durch die zwei antikommunistischen Kampagnen während des Widerstandskriegs und besonders durch die Ereignisse von Südanhui im Verlauf der zweiten antikommunistischen Kampagne vollends bestätigt. Wenn irgendwelche revolutionären Kräfte des Volkes ihrer Vernichtung durch Tschiang Kai-schek entgehen und die Anerkennung ihrer Existenz durch ihn erzwingen wollen, dann gibt es keinen anderen Weg, als seine konterrevolutionäre Politik so zu bekämpfen, daß jeder Schlag mit einem Gegenschlag beantwortet wird. Der Bankrott der opportunistischen Linie des Genossen Hsiang Yings während der kürzlichen antikommunistischen Kampagne muß der ganzen Partei als ernste Warnung dienen. Wir müssen aber im Kampf im Recht sein, Vorteil haben und maßhalten; läßt man eins dieser drei Prinzipien außer acht, dann kommt uns das teuer zu stehen.
4. Im Kampf gegen die Ultrakonservativen der Kuomintang muß man die Großbourgeoisie mit Kompradorencharakter von der nationalen Bourgeoisie mit keinem oder relativ geringem Kompradorencharakter, die reaktionärsten großen Grundherren von den aufgeklärten Schenschi und sonstigen Grundherren unterscheiden. Das ist die theoretische Basis für die Bemühungen unserer Partei bei der Gewinnung der Kräfte der Mitte und bei der Errichtung von Machtorganen nach dem "Drei-Drittel-System"; darauf hat das Zentralkomitee seit März vorigen Jahres oftmals hingewiesen. Daß dies richtig ist, hat die jüngste antikommunistische Kampagne abermals bestätigt. Der Standpunkt, den wir vor den Ereignissen von Südanhui in unserem Telegramm vom 9. November[Anmerkung 206] eingenommen hatten, war absolut notwendig, um nach diesen Ereignissen zum politischen Gegenangriff überzugehen; andernfalls hätten wir es nicht vermocht, die Kräfte der Mitte zu gewinnen. Denn hätten diese nicht zu wiederholten Malen einen Anschauungsunterricht erhalten, dann wären sie außerstande gewesen zu begreifen, warum unsere Partei einen entschiedenen Kampf gegen die Ultras der Kuomintang führen muß, warum man nur durch Kampf zum Zusammenschluß gelangen kann, es aber zu keinem Zusammenschluß kommt, wenn man auf den Kampf verzichtet. Die führenden Elemente der örtlichen Gruppen, die über reale Kräfte verfügen, sind zwar auch große Grundherren bzw. Großbourgeois, doch muß man sie im allgemeinen zu den Kräften der Mitte gehörig betrachten und als solche behandeln, weil es zwischen ihnen und jenen großen Grundherren und Großbourgeois, welche die Zentralmacht kontrollieren, Widersprüche gibt. Während der ersten antikommunistischen Kampagne trat Yän Hsi-schan überaus energisch gegen die Kommunisten auf, während der letzten Kampagne nahm er jedoch eine neutrale Stellung ein; und die Kuangsi-Clique, die damals eine neutrale Stellung eingenommen hatte, schlug sich zwar diesmal auf die antikommunistische Seite, steht aber nach wie vor im Widerspruch zur Tschiang-Clique und darf also mit dieser nicht gleichgesetzt werden. Das gilt erst recht für andere örtliche Machthabergruppen. Viele Genossen werfen jedoch bis heute noch die verschiedenen Gruppen der Grundherren und Bourgeois in einen Topf, als ob nach den Ereignissen von Südanhui diese Klassen in ihrer Gesamtheit Verrat geübt hätten; das ist eine Simplifizierung der komplizierten politischen Verhältnisse in China. Wenn wir uns diese Auffassung zu eigen machten und alle Angehörigen der Grundherrenklasse und der Bourgeoisie den Ultrakonservativen der Kuomintang gleichsetzten, dann würden wir in eine Isolierung geraten. Man muß begreifen, daß die chinesische Gesellschaft an beiden Enden dünn und in der Mitte dick ist,[Anmerkung 207] daß die Kommunistische Partei die Probleme Chinas nicht lösen kann, wenn sie nicht die Massen der Zwischenklassen gewinnt und ihnen je nach ihren Verhältnissen einen entsprechenden Platz einräumt und sie ihre Rolle spielen läßt.
5. Da manche Genossen in Bezug auf die Feststellung, daß der chinesisch-japanische Widerspruch der grundlegende Widerspruch ist, Schwankungen zeigen und deshalb die Beziehungen zwischen den Klassen im Land falsch einschätzen, unterliegen sie auch zuweilen Schwankungen inezug auf die Politik der Partei. Diese Genossen scheinen, weil sie die Ereignisse von Südanhui als eine Neuauflage jener vom 12. April und 21. Mai einschätzen, das Gefühl zu haben, daß die prinzipielle Weisung des Zentralkomitees vom 25. Dezember vorigen Jahres nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang anwendbar wäre. Sie glauben, daß man jetzt nicht mehr eine politische Macht brauche, die alle für den Widerstandskrieg gegen Japan und für die Demokratie eintretenden Kräfte einschließt, sondern nur die sogenannte Macht der Arbeiter, Bauern und städtischen Kleinbürger, nicht mehr die für die Zeit des Widerstandskriegs geltende Politik der Einheitsfront, sondern eine Politik der Agrarrevolution, wie sie während des zehnjährigen Bürgerkriegs durchgeführt wurde. Die richtige Politik der Partei hat in den Köpfen dieser Genossen - zumindest vorläufig - eine verschwommene Gestalt angenommen.
6. Diese Genossen haben, als sie das Zentralkomitee unserer Partei anwies, sich auf einen möglichen Bruch seitens der Kuomintang, auf die Möglichkeit des Schlimmsten in Bezug auf die Entwicklung der Lage gefaßt zu machen, die anderen Möglichkeiten aus den Augen verloren. Sie begreifen nicht, daß es absolut notwendig ist, sich auf die Möglichkeit des Schlimmsten vorzubereiten, daß dies aber keineswegs bedeutet, die günstigen Möglichkeiten von der Hand zu weisen, sondern umgekehrt bedeutet, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, günstige Möglichkeiten zu erstreben und sie zu realisieren. Diesmal hat unsere restlose Vorbereitung auf einen Bruch seitens der Kuomintang bewirkt, daß diese es nicht wagte, leichtfertig den Bruch zu vollziehen.
7. Eine noch größere Anzahl von Genossen begreift nicht die Übereinstimmung von nationalem Kampf und Klassenkampf, begreift weder die Einheitsfrontpolitik noch die Klassenpolitik, begreift daher nicht, daß die Erziehung im Geiste der Einheitsfront mit der Erziehung im Klassengeist eine Einheit bildet. Diese Genossen sind der Meinung, daß nach den Ereignissen von Südanhui besonderer Nachdruck auf eine von der Einheitsfronterziehung abgesonderte Klassenerziehung gelegt werden müsse. Sie haben bis heute noch nicht verstanden, daß unsere Partei im Laufe der ganzen Periode des Widerstandskriegs gegenüber allen noch am Widerstand gegen Japan teilnehmenden Personen aus den oberen und mittleren Schichten im Land - ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den großen Grundherren, zur Großbourgeoisie oder zu den Zwischenklassen gehören - eine in sich geschlossene Politik der nationalen Einheitsfront durchführt, die einen zweiseitigen (doppelten) Charakter trägt, nämlich zugleich Bündnis und Kampf in sich einschließt. Diese Doppelpolitik gilt sogar den Marionettentruppen, Landesverrätern und projapanischen Elementen gegenüber, mit Ausnahme jener unter ihnen, die sich absolut nicht bessern wollen und denen gegenüber wir die Politik betreiben müssen, sie entschlossen niederzuschlagen. Auch die Erziehungsarbeit, die unsere Partei in den eigenen Reihen und im Volk leistet, erfaßt ihrem Charakter nach ebenfalls diese beiden Seiten, d. h., die Partei lehrt das Proletariat, die Bauernschaft und das übrige Kleinbürgertum, wie man sich mit den einzelnen Schichten der Bourgeoisie und der Grundherrenklasse in verschiedenen Formen zum Widerstand gegen die japanische Aggression verbünden soll und wie man andererseits gegen die bei diesen Schichten in verschiedenem Grad vorhandene Kompromißbereitschaft, Labilität und Kommunistenfeindlichkeit in verschiedenem Maße Kämpfe führen muß. Die Einheitsfrontpolitik ist eben eine Klassenpolitik. Beides ist voneinander untrennbar. Wenn man sich darüber nicht im klaren ist, dann bleiben einem sehr viele Probleme unklar.
8. Es gibt auch manche Genossen, die nicht begreifen, daß der gesellschaftliche Charakter des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia und der antijapanischen Stützpunktgebiete in Nord- und Zentralchina bereits neudemokratisch ist. Bei der Beurteilung, ob ein Gebiet seinem gesellschaftlichen Charakter nach neudemokratisch ist, muß vor allen Dingen als Kriterium dienen, ob dort die Vertreter der breiten Volksmassen an der politischen Macht beteiligt sind und ob diese Macht unter der Führung der Kommunistischen Partei steht. Deshalb ist eine von der Kommunistischen Partei geführte politische Macht der Einheitsfront das Hauptmerkmal der neudemokratischen Gesellschaft. Die Meinung mancher Genossen, man könnte die Neue Demokratie nur dann als verwirklicht betrachten, wenn eine Agrarrevolution wie in der Periode des zehnjährigen Bürgerkriegs durchgeführt wird, ist unrichtig. Gegenwärtig ist die Politik in den Stützpunktgebieten eine Politik der Einheitsfront aller jener, die für den Widerstand gegen Japan und für die Demokratie eintreten; ihre Wirtschaft ist eine Wirtschaft, aus der die halbkolonialen und halbfeudalen Elemente im wesentlichen beseitigt worden sind; und ihre Kultur ist eine antiimperialistische und antifeudale Kultur der breiten Volksmassen. Deshalb sind - sei es in politischer, sei es in wirtschaftlicher, sei es in kultureller Hinsicht - sowohl die antijapanischen Stützpunktgebiete, wo lediglich eine Herabsetzung der Pacht- und Darlehenszinsen vorgenommen wurde, als auch das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia, wo eine gründliche Agrarrevolution durchgeführt worden ist, ihrem gesellschaftlichen Charakter nach gleichermaßen neudemokratisch. Wenn das Beispiel der Stützpunktgebiete im ganzen Land Schule macht, dann wird ganz China zu einer neudemokratischen Republik werden.
Fußnoten
- ↑ Bei dem Versuch, ganz China mit Waffengewalt einzuverleiben, inszenierten die japanischen Imperialisten am 7. Juli 1937 die Ereignisse bei Lugoutjiao. Das Volk Chinas forderte einmütig den Krieg gegen Japan. Tschiang Kai-schek zögerte lange, und erst zehn Tage nach dem Beginn der Ereignisse gab er in Luschan eine Erklärung ab, in der er den Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression verkündete. Das geschah unter dem Druck des gesamten Volkes und zugleich auch dadurch, daß den Interessen des englischen und amerikanischen Imperialismus in China und den Interessen der großen Grundherren und der Großbourgeoisie, die Tschiang Kai-schek unmittelbar vertrat, durch die Operationen der japanischen Eindringlinge ernste Schläge versetzt wurden. Aber zur gleichen Zeit verhandelte die Tschiangkaischek Regierung weiterhin mit den japanischen Eindringlingen und akzeptierte sogar jene Maßnahmen zur sogenannten friedlichen Beilegung, über die die japanischen Eindringlinge mit den örtlichen Behörden übereingekommen waren. Erst am 13. August 1937, als die japanischen Eindringlinge eine großangelegte Offensive gegen Schanghai begannen und es unmöglich machten, daß Tschiang Kai-schek seine Herrschaft über Südostchina aufrechterhielt, war er gezwungen den Widerstandskrieg zu führen. Aber auch danach, bis zum Jahre 1944, stellte Tschiang Kai-schek die Versuche nicht ein, sich mit den japanischen Eindringlingen insgeheim über einen Frieden zu verständigen. Während des ganzen Widerstandskriegs handelte Tschiang Kai-schek buchstäblich entgegen seiner Erklärung in Luschan, in der er gesagt hatte: "Sobald der Krieg beginnt, wird jeder, wer er auch sei, ob im Norden oder im Süden, ob jung oder alt, verpflichtet sein, den Widerstandskrieg zu führen und den Heimatboden zu verteidigen." Er widersetzte sich dem allgemeinen Volkskrieg, für den die Mobilisierung des ganzen Volkes erforderlich war, und betrieb eine reaktionäre Politik des passiven Widerstands gegen Japan und des aktiven Kampfes gegen die Kommunisten und gegen das Volk. Die zwei Arten von politischem Kurs die zwei Systeme von Maßnahmen und die zwei Perspektiven, die Genosse Mao Tse-tung in der vorliegenden Arbeit erörtert, veranschaulichen den Kampf zwischen der Linie der Kommunistischen Partei Chinas und der Linie Tschiang Kai-scheks im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression.
- ↑ Lugoutjiao liegt etwas über zehn Kilometer südwestlich von Peking. Am 7. Juli 1937 griffen die japanischen Aggressionstruppen die in diesem Gebiet stehende chinesische Garnison an. Unter dem Einfluß des Aufschwungs der antijapanischen Bewegung des ganzen Volkes leistete die chinesische Garnison den Japanern Widerstand. Damit begann der heroische achtjährige Widerstandskrieg des chinesischen Volkes gegen die japanische Aggression.
- ↑ Das 29. Korps war ursprünglich ein Teil der Nordwestarmee der Kuomintang, die unter dem Kommando Feng Yü-hsiangs stand, und war damals im Gebiet von Hopeh und Tschahar stationiert. Sung Dschö-yüan war Kommandeur des 29. Korps und Feng Dschi-an Kommandeur einer seiner Divisionen.
- ↑ Die Kuomintang-Regierung erließ am 31. Januar 1931 das sogenannte Ausnahmegesetz über Strafen für Gefährdung der Republik und benutzte die Anklage "Gefährdung der Republik" als Vorwand zur Verfolgung und Ermordung von Patrioten und Revolutionären. Dieses Gesetz sah äußerst grausame Verfolgungsmethoden vor.
- ↑ Mit "Verordnung über die Pressezensur" ist das "allgemeine Programm von Maßnahmen zur Zensur der Presse" gemeint, das die Kuomintang-Regierung im August 1934 erließ, um die Stimme des Volkes zu ersticken. Die Verordnung sah vor, daß die "für die Veröffentlichung in der Presse vorgesehenen Manuskripte zur Durchsicht vorgelegt werden müssen". Jedes Material, das zur Veröffentlichung in den Zeitungen der von der Kuomintang beherrschten Gebiete vorgesehen war, mußte vor dem Druck einem Kuomintang-Zensor zur Durchsicht vorgelegt werden. Der Zensor konnte Manuskripte nach Belieben zusammenstreichen oder zurückhalten.
- ↑ Thesen für Propaganda und Agitation, die Genosse Mao Tse-tung im August 1937 für die Propagandaorgane des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßt hat. Diese Thesen wurden auf der erweiterten Tagung des Politbüros des ZK der KPCh in Luotschuan, Nordschensi, angenommen.
- ↑ Im Jahre 1936 entfesselten die deutschen und italienischen Faschisten durch den spanischen faschistischen Militärmachthaber Franco den Aggressionskrieg gegen Spanien. Unter Führung der Volksfrontregierung führte das spanische Volk heldenmütig einen Widerstandskrieg gegen die Aggression und für die Verteidigung der Demokratie. Am erbittertsten war in diesem Krieg die Schlacht um die Verteidigung der Hauptstadt Madrid, die im Oktober 1936 begann und zwei Jahre und fünf Monate dauerte. Da Großbritannien, Frankreich und andere imperialistische Staaten den Aggressoren durch ihre heuchlerische Politik der "Nichteinmischung" Hilfe leisteten und da innerhalb der Volksfront Spaltungen entstanden, fiel Madrid im März 1929.
- ↑ Der Nichtangriffspakt zwischen der Republik China und der UdSSR wurde am 21. August 1937 abgeschlossen.
- ↑ Dschu Tjing-lai war einer der Führer der "Nationalsozialistischen Partei" (einer kleinen Gruppierung, die von reaktionären Grundherren, hohen Beamten und den Großbourgeois organisiert worden war); später wurde er Mitglied der landesverräterischen Regierung Wang Djing-wes.
- ↑ Thesen eines Vortrags, den Genosse Mao Tse-tung im November 1937 auf einer Versammlung der Parteiaktivisten in Yenan hielt. Die Thesen stießen sofort auf die Opposition der rechten Opportunisten in der Partei, und erst auf dem 6. Plenum des auf dem 4. Parteitag gewählten Zentralkomitees im Oktober 1938 wurde diese rechte Abweichung im wesentlichen überwunden.
- ↑ Gemeint ist der "Beschluß über die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Partei", der am 23. August 1937 auf der Tagung des Politbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas in Luotschuan, Nordschensi, angenommen wurde. Der volle Text lautet wie folgt: (1) Die militärische Provokation bei Lugoutjiao und die Eroberung von Peiping und Tientsin sind lediglich der Beginn eines großangelegten Angriffs der japanischen Eindringlinge auf Chinas Gebiete südlich der Großen Mauer. Die japanischen Eindringlinge haben in ihrem Land bereits mit der allgemeinen Mobilmachung begonnen. Ihre Propagandabehauptung, daß sie "keine weitere Verschärfung der Lage wünschten", dient lediglich als Rauchvorhang zur Tarnung ihres Angriffs. (2) Unter dem Druck des Angriffs der japanischen Eindringlinge und der Empörung des chinesischen Volkes hat die Nanking-Regierung begonnen, sich für den Widerstand zu entscheiden. Die Dispositionen für die gesamte Landesverteidigung sind bereits in Angriff genommen, und an verschiedenen Orten haben bereits faktische Abwehraktionen begonnen. Ein ausgedehnter Krieg zwischen China und Japan ist unvermeidlich. Der am 7. Juli bei Lugoutjiao geleistete Widerstand ist zum Auftakt des Widerstandskriegs Chinas gegen die japanische Aggression im Landesmaßstab geworden. (3) In der politischen Lage Chinas hat somit ein neues Stadium begonnen, das Stadium des Widerstandskriegs. Das Stadium der Vorbereitung des Widerstandskriegs ist bereits vorüber. Die zentrale Aufgabe im gegenwärtigen Stadium besteht darin, alle Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg zu mobilisieren. Im voraufgegangenen Stadium konnte die Aufgabe, die Demokratie zu erringen, nicht erfüllt werden, weil die Kuomintang das nicht wollte und die Volksmassen nicht genügend mobilisiert wurden. Diese Aufgabe muß folglich im Verlauf des Kampfes für den Sieg im Widerstandskrieg bewältigt werden. (4) Im neuen Stadium geht es bei den Differenzen und Auseinandersetzungen zwischen uns und der Kuomintang sowie anderen antijapanischen Gruppen nicht mehr um die Frage, ob man den Widerstandskrieg gegen Japan führen soll, sondern darum, wie man den Sieg in diesem Krieg erringen kann. (5) Der Schlüssel zum Sieg im Widerstandskrieg ist heute die Entfaltung des bereits begonnenen Widerstands zu einem totalen Widerstand der ganzen Nation. Nur durch einen solchen totalen Widerstandskrieg der ganzen Nation werden wir den endgültigen Sieg erringen können. Das nun von unserer Partei vorgeschlagene Zehn-Punkte-Programm für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands ist eben der konkrete Weg zum endgültigen Sieg im Widerstandskrieg. (6) Der gegenwärtige Widerstandskrieg gegen Japan trägt eine außerordentlich große Gefahr in sich. Der Hauptgrund dafür besteht dann, daß die Kuomintang immer noch nicht gewillt ist, das ganze Volk zur Teilnahme am Widerstandskrieg zu mobilisieren. Im Gegenteil, sie betrachtet den Widerstandskrieg als eine Angelegenheit der Regierung allein, zeigt auf Schritt und Tritt Angst vor der Bewegung des Volkes für die Teilnahme am Krieg und sucht überall diese Bewegung einzuschränken, hindert die Verbindung der Regierung und der Armee mit den Volksmassen, verweigert dem Volk das demokratische Recht auf den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands, führt keine konsequente Reform des Regierungssystems durch, eine Reform, die notwendig ist, um die Regierung in eine gesamtnationale Regierung der Landesverteidigung zu verwandeln. In einem solchen Widerstandskrieg kann man wohl Teilerfolge erzielen, niemals aber den Endsieg erringen; im Gegenteil, ein solcher Krieg birgt die Möglichkeit einer schweren Niederlage in sich. (7) Infolge der ernsten Schwäche im gegenwärtigen Widerstandskrieg kann es im weiteren Verlauf des Krieges viele Rückschläge, Rückzüge, innere Spaltungen und Verräterei, zeitweilige und teilweise Kompromisse sowie andere ungünstige Zustände geben. Man muß daher einsehen, daß dieser Widerstandskrieg ein schwerer langwieriger Krieg sein wird. Aber wir sind überzeugt, daß der bereits ins Rollen gekommene Widerstandskrieg dank den Bemühungen unserer Partei und des ganzen Volkes alle Hindernisse hinwegfegen, weiterhin vorwärtsschreiten und sich entwickeln wird. Wir müssen alle Schwierigkeiten überwinden und entschieden kämpfen, um das von unserer Partei vorgeschlagene Zehn-Punkteprogramm zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg zu verwirklichen. Wir müssen gegen alle falschen Richtlinien, die diesem Programm zuwiderlaufen, ebenso entschieden kämpfen wie gegen den nationalen Defätismus, der seinen Ausdruck in Pessimismus und Enttäuschungen findet. (8) Die Mitglieder der Kommunistischen Partei müssen gemeinsam mit den von der Partei geführten Volksmassen und bewaffneten Kräften am aktivsten in den vordersten Reihen kämpfen, müssen zum Kern in dem das ganze Land umfassenden Widerstandskrieg werden, müssen die antijapanische Massenbewegung mit aller Kraft entfalten. Sie dürfen keine Minute verlieren, sich keine Gelegenheit entgehen lassen, um unter den Massen Propaganda zu machen, sie zu organisieren und zu bewaffnen. Wenn wirklich Millionenmassen in der nationalen Einheitsfront organisiert werden können, dann besteht kein Zweifel, daß wir den Sieg im Widerstandskrieg erringen werden.
- ↑ Unter dem Druck der Kräfte des Volkes versprachen die Kuomintang und Tschiang Kai-schek in der Anfangsperiode des antijapanischen Krieges viele verschiedene Reformen, brachen aber später diese Versprechungen eine nach der anderen. Die damals vom ganzen Volk erhoffte "Möglichkeit", daß die Kuomintang Reformen durchführen würde, ist nicht zur Wirklichkeit geworden, so wie Genosse Mao Tse-tung später in seiner Arbeit "Über die Koalitionsregierung" feststellte: Zu dieser Zeit setzte das ganze Volk, setzten wir Kommunisten und andere demokratische Parteien größte Hoffnungen auf die Kuomintang-Regierung: Wir hofften, sie würde in einem solchen Augenblick der schweren nationalen Krise und des hohen moralischen Aufschwungs des Volkes energisch demokratische Reformen durchführen und die revolutionären Drei Volksprinzipien Dr. Sun Yat-sens in die Tat umsetzen. Aber aus diesen Hoffnungen wurde nichts.
- ↑ Der Luschan-Kursus wurde von Tschiang Kai-schek in Luschan, Provinz Kiangsi, für die hohen und mittleren Beamten der Partei- und Regierungsorgane der Kuomintang organisiert, um eine Kerntruppe für die reaktionäre Herrschaft auszubilden.
- ↑ Dschang Nai-tji vertrat zu jener Zeit die Ansicht "weniger Aufrufe, mehr Vorschläge". Solange die Kuomintang das Volk unterdrückte, half es praktisch nichts, wenn man der Kuomintang nur "Vorschläge" machte. Man mußte direkt die Volksmassen zum Kampf gegen die Kuomintang "aufrufen". Andernfalls konnte man im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression nicht durchhalten und der Kuomintang-Reaktion die Stirn bieten. Die Behauptung Dschang Nai-tjis war deshalb falsch. In der Folgezeit hat er allmählich seinen Fehler eingesehen.
- ↑ Gemeint ist der "Resolutionsentwurf des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas zur Frage der Teilnahme der Kommunistischen Partei an der Regierung" vom 25. September 1937. Der volle Text dieses Entwurfs lautet: (1) Die gegenwärtige Lage im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression erfordert dringend eine die gesamte Nation vertretende Regierung der antijapanischen nationalen Einheitsfront. Nur eine solche Regierung ist in der Lage, den revolutionären nationalen Krieg gegen Japan erfolgreich zu leiten und den japanischen Imperialismus zu besiegen. Die Kommunistische Partei ist bereit, in eine solche Regierung einzutreten, d. h. in dieser Regierung direkt und offiziell administrative Verantwortung zu übernehmen und dabei eine aktive Rolle zu spielen. Aber eine solche Regierung gibt es heute noch nicht. Was heute existiert, ist immer noch die Regierung der von der Kuomintang ausgeübten Einparteiendiktatur. (2) Die Kommunistische Partei Chinas kann erst dann an der Regierung teilnehmen, wenn sich die Regierung der von der Kuomintang ausgeübten Einparteiendiktatur in eine Einheitsfront-Regierung der ganzen Nation verwandelt, d. h., wenn die gegenwärtige Regierung der Kuomintang (a) die Grundthesen des von unserer Partei vorgeschlagenen Zehn-Punkte-Programms für den Widerstand gegen Japan zur Rettung des Vaterlands annimmt und in Übereinstimmung damit ein Regierungsprogramm veröffentlicht; (b) in ihrer praktischen Tätigkeit beginnt, den aufrichtigen Wunsch zu zeigen und alle Anstrengungen zu machen, dieses Programm zu verwirklichen, und dabei bestimmte Erfolge erzielt; (c) das legale Bestehen der Organisationen der Kommunistischen Partei zuläßt und der Kommunistischen Partei die Freiheit garantiert, die Volksmassen zu mobilisieren, zu organisieren und zu erziehen. (3) Bevor das Zentralkomitee der Partei beschlossen hat, sich an der Zentralregierung zu beteiligen, dürfen die Mitglieder der Kommunistischen Partei in der Regel weder an den örtlichen Machtorganen noch an den zentralen oder örtlichen Verwaltungsräten und -ausschüssen teilnehmen, die den administrativen Organen der Regierung unterstellt sind. Denn eine solche Teilnahme würde lediglich das politische Antlitz der Kommunisten verwischen, die diktatorische Herrschaft der Kuomintang verlängern und für die Bemühungen um die Schaffung einer einheitlichen demokratischen Regierung nur von Nachteil und nicht im geringsten von Vorteil sein. (4) Die Mitglieder der Kommunistischen Partei können jedoch an den örtlichen Machtorganen gewisser besonderer Gebiete wie z. B. der Kriegszonen teilnehmen, wo die alten Herrscher nicht mehr wie früher regieren können und im wesentlichen zur Verwirklichung der Politik der Kommunistischen Partei bereit sind, wo die Kommunistische Partei die Freiheit erlangt hat, sich offen zu betätigen, und wo die Teilnahme der Kommunistischen Partei an den Regierungsorganen infolge der gegenwärtigen kritischen Lage sowohl in den Augen des Volkes als auch in den Augen der Regierung notwendig geworden ist. In den von den japanischen Eindringlingen besetzten Gebieten muß die Kommunistische Partei erst recht offen als Organisator der Macht der antijapanischen Einheitsfront auftreten. (5) Bevor die Kommunistische Partei offiziell in die Regierung eintritt, ist es ihren Mitgliedern prinzipiell erlaubt, in solche Vertretungskörperschaften wie eine gesamtchinesische Nationalversammlung einzutreten, die sich mit der Erörterung einer demokratischen Verfassung und der politischen Richtlinien für die Rettung des Vaterlands befassen. Die Kommunistische Partei muß sich deshalb tatkräftig darum bemühen, daß ihre Mitglieder in die Nationalversammlung gewählt werden, damit sie die Tribüne dieser Versammlung für die Propaganda der Ansichten der Kommunistischen Partei ausnutzen und auf diese Weise das Volk mobilisieren, es um unsere Partei zusammenschließen und die Schaffung einer einheitlichen demokratischen Regierung fördern können. (6) Auf der Grundlage eines bestimmten gemeinsamen Programms und auf der Grundlage des Prinzips der völligen Gleichberechtigung können das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei und ihre örtlichen Komitees mit dem Zentralexekutivkomitee der Kuomintang und ihren örtlichen Komitees Organisationen der Einheitsfront wie verschiedene vereinigte Komitees schaffen (z. B. Liga für Nationale Revolution, Komitees der Massenbewegungen, Komitees für die Mobilisierung in den Frontgebieten usw.); durch solche gemeinsamen Aktionen muß die Kommunistische Partei die Zusammenarbeit mit der Kuomintang verwirklichen. (7) Nach der Umbenennung der Roten Armee in Nationalrevolutionäre Armee und der Organe der roten Macht in Regierung des Sondergebiets können ihre Vertreter, unter Ausnutzung der von ihnen erkämpften Legalität, allen Militär- und Massenorganisationen beitreten, die im Interesse des Widerstandskriegs gegen Japan zur Rettung des Vaterlands stehen. (8) Es ist unbedingt notwendig, in der ehemaligen Roten Armee und in allen Partisanenabteilungen die absolut unabhängige Führung der Kommunistischen Partei aufrechtzuerhalten. In dieser prinzipiellen Frage sind für die Kommunisten keinerlei Schwankungen zulässig.
- ↑ Gemeint ist der Vorschlag mancher Genossen in der Partei, daß das System der politischen Macht in den revolutionären Stützpunktgebieten, das System der Versammlungen der Volksvertreter, in ein parlamentarisches System verwandelt werde, wie es in den kapitalistischen Staaten üblich ist.
- ↑ Nachdem die Zentrale Rote Armee im Oktober 1934 nach dem Norden gezogen war, führten die Partisanenabteilungen der Roten Armee, die in vierzehn Gebieten von acht südlichen Provinzen - Kiangsi, Fukien, Kuangtung, Hunan, Hupeh, Honan, Tschekiang und Anhui - zurückgeblieben waren, unter außerordentlich schwierigen Bedingungen hartnäckig den Partisanenkrieg weiter. Nach dem Beginn des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression verhandelten sie auf Weisung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas mit der Kuomintang, stellten den Bürgerkrieg ein, vereinigten sich zu einer Armee (nämlich zur Neuen Vierten Armee, die später in den Gebieten südlich und nördlich des Yangtse standhaft gegen die japanischen Eindringlinge kämpfte) und marschierten an die antijapanische Front ab. Heimtückischerweise versuchte jedoch Tschiang Kai-schek, die Verhandlungen auszunutzen, um diese Partisanenabteilungen zu vernichten. Das Fukien-Kuangtung Grenzgebiet war zu jener Zeit eines der vierzehn Partisanengebiete, und Ho Ming war einer der Partisanenführer dieses Gebiets. Er war dem heimtückischen Plan Tschiang Kai-scheks gegenüber nicht wachsam, so daß die mehr als tausend Mann zählenden Partisanen, die unter seinem Befehl standen, von den Kräften der Kuomintang eingekesselt und entwaffnet wurden, nachdem sie sich gesammelt hatten.
- ↑ Die Wochenschrift Djiäfang Dscboukan, die im Jahre 1937 in Yenan gegründet wurde, war das Organ des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Ihre Herausgabe wurde eingestellt, als die Tageszeitung Djiäfang Jibao im Jahre 1941 erschien.
- ↑ Gemeint ist ein Teil der nationalen Bourgeoisie, den damals solche Zeitungen wie Schen Bao vertraten.
- ↑ Die Fuhsingschö (Gesellschaft für die Wiedergeburt Chinas) und die CC-Clique waren zwei faschistische Organisationen, an deren Spitze Tschiang Kai-schek und Tschen Li-fu standen. Sie vertraten die oligarchischen Interessen der großen Grundherren und der Großbourgeoisie. Unter ihren Mitgliedern waren aber auch viele Kleinbürger, die durch Zwang oder Betrug in diese Organisationen gebracht wurden. Mit dem hier erwähnten Teil der Mitglieder der Fuhsingschö ist hauptsächlich ein Teil der mittleren und unteren Offiziere der Kuomintang-Armee jener Zeit gemeint und mit dem Teil der Mitglieder der CC-Clique hauptsächlich jene, die hier nicht an der Macht waren.
- ↑ Diese Bekanntmachung wurde von Genossen Mao Tse-tung für die Regierung des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia und die Hinterlandsverwaltung der Achten Route-Armee geschrieben, um der Wühltätigkeit der Tschiangkaischek-Clique entgegenzuwirken. Zu dieser Zeit, kurz nach der Aufnahme der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, sann die Tschiangkaischek-Clique gleich auf Ränke, die von der Kommunistischen Partei geführten revolutionären Kräfte zu unterminieren. Die Wühltätigkeit auf dem Territorium des Grenzgebiets SchensiKansu-Ningsia war ein Teil dieser Intrigen. Genosse Mao Tse-tung war der Meinung, daß zum Schutz der Interessen der Revolution in dieser Frage eine entschlossene Position bezogen werden müsse. Mit der vorliegenden Bekanntmachung wurde ein Schlag geführt gegen den opportunistischen Standpunkt, den ein Teil der Parteimitglieder innerhalb der antijapanischen Einheitsfront zu der verschwörerischen Tätigkeit der Tschiangkaischek-Clique einnahmen.
- ↑ Das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia war ursprünglich ein revolutionäres Stützpunktgebiet, das sich nach 1931 im Verlauf des revolutionären Partisanenkriegs in Nordschensi allmählich gebildet hatte. Als die Zentrale Rote Armee nach dem Langen Marsch Nordschensi erreicht hatte, wurde dieses Gebiet zum zentralen Stützpunktgebiet der Revolution und zum Sitz des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Mit der Schaffung der antijapanischen nationalen Einheitsfront im Jahre 1937 wurde das Gebiet in Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia umbenannt. Ihm gehörten etwas über zwanzig Kreise an, und es umfaßte das Grenzgebiet zwischen Schensi, Kansu und Ningsia.
- ↑ Auf dem größten Teil des Territoriums des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia wurde damals bereits die Politik durchgeführt, den Grund und Boden der Grundherren zu beschlagnahmen, ihn an die Bauern zu übergeben und die alten Schuldverpflichtungen der Bauern aufzuheben. Nach 1936 ersetzte die Kommunistische Partei Chinas im ganzen Land im Interesse der Schaffung einer breiten antijapanischen nationalen Einheitsfront die Politik der Beschlagnahme des Grund und Bodens der Grundherren durch eine Politik der Herabsetzung der Pacht- und Darlehenszinsen, verteidigte aber dabei entschieden alle Errungenschaften der Bodenreform; die von der Bauernschaft erreicht worden waren.
- ↑ Zu Beginn des Widerstandskriegs gegen Japan gab es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Partei viele Leute, die die große strategische Bedeutung des Partisanenkriegs unterschätzten und ihre Hoffnung nur auf die reguläre Kriegführung, insbesondere auf die Operationen der Kuomintang-Truppen, setzten. Genosse Mao Tse-tung widerlegte diese Ansicht und schrieb diese Arbeit, um den richtigen Weg aufzuzeigen, auf dem der Partisanenkrieg gegen Japan entfaltet werden muß. Das Ergebnis war: Die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, die im Jahre 1937 etwas mehr als 40000 Mann zählten, wuchsen im Verlauf des Widerstandskriegs immer mehr an, bis sie schließlich im Jahre 1945, als Japan kapitulierte, zu einer großen Macht von einer Million Mann geworden waren; diese Armeen errichteten zahlreiche revolutionäre Stützpunktgebiete und spielten eine große Rolle in diesem Krieg, so daß es Tschiang Kai-schek während der Zeit des Widerstandskriegs nicht wagte, vor Japan zu kapitulieren oder einen Bürgerkrieg im Landesmaßstab zu entfachen. Als Tschiang dann im Jahre 1946 schließlich einen solchen Bürgerkrieg entfesselte, war die Volksbefreiungsarmee, die sich aus der Achten Route-Armee und der Neuen Vierten Armee zusammensetzte, stark genug, um seinen Angriffen Widerstand zu Leisten.
- ↑ Die Kette des Tschangbai-Gebirges liegt an der nordöstlichen Grenze Chinas. Nach den Ereignissen des 18. September 1931 wurde diese Gegend zu einem antijapanischen Stützpunktgebiet der Partisanen unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas.
- ↑ Die Kette des Wutai-Gebirges liegt im Grenzgebiet der Provinzen Schansi, Hopeh und der ehemaligen Provinz Tschahar. Im Oktober 1937 begann die von der Kommunistischen Partei Chinas geführte Achte Route-Armee mit der Errichtung des antijapanischen Stützpunktgebiets Schansi-Tschahat-Hopeh, dessen Mittelpunkt das Wutai-Gebirge bildete.
- ↑ Die Kette des Taihang-Gebirges liegt im Grenzgebiet der Provinzen Schansi, Hopeh und Honan. Im November 1937 begann die Achte Route-Armee, das antijapanische Stützpunktgebiet in Südostschansi zu errichten. Den Mittelpunkt dieses Stützpunktgebiets bildete das Taihang-Gebirge.
- ↑ Der Tai-Berg liegt in Mittelschantung und ist einer der bedeutendsten Gipfel der Tai- und Yi-Gebirge. Im Winter 1937/38 gingen die von der Kommunistischen Partei Chinas geführten Partisaneneinheiten an den Aufbau des antijapanischen Stützpunktgebiets Mittelschantung, dessen Zentrum die Tai- und Yi-Gebirge waren.
- ↑ Die Kette des Yän-Gebirges liegt in der Provinz Hopeh. Im Sommer 1938 begann die Achte Route-Armee mit der Errichtung des antijapanischen Stützpunktgebiets Osthopeh, dessen Mittelpunkt das Yän-Gebirge bildete.
- ↑ Das Mao-Gebirge liegt in Südkiangsu. Im Juni 1938 begann die Neue Vierte Armee unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas mit dem Aufbau des antijapanischen Stützpunktgebiets Südkiangsu, dessen Mittelpunkt das Mao-Gebirge bildete.
- ↑ Unsere im weiteren Verlauf des Widerstandskriegs gewonnene Erfahrung hat bewiesen, daß es möglich war, im Flachland Stützpunktgebiete für eine längere Dauer und an vielen Orten stabile Stützpunktgebiete zu errichten. Dieser Erfolg wurde ermöglicht durch die Größe des Territoriums und die Bevölkerungsdichte, durch die Richtigkeit der von der Kommunistischen Partei verfolgten Politik, durch die starke Mobilisierung der Volksmassen und die Truppenknappheit des Feindes usw. Später hat Genosse Mao Tse-tung in seinen konkreten Anweisungen diese Möglichkeit noch entschiedener bekräftigt.
- ↑ "Wetji" ist ein altes chinesisches Schachspiel, bei dem zwei Spieler versuchen, die Steine des Gegners einzukreisen. Wenn ein Stein oder eine Gruppe von Steinen des Spiels von den Steinen des anderen Spielers eingekreist sind, gelten sie als "geschluckt". Liegt jedoch noch eine genügende Anzahl freier Felder ("Fenster") in der Gruppe der eingekreisten Steine, so können diese Steine nicht "geschluckt" werden, sie bleiben "am Leben".
- ↑ Im Jahre 353 v. u. Z. belagerten die Truppen des Staates We die Hauptstadt des Staates Dschao, Handan. Der Fürst von Tji befahl seinen Heerführern Tiän Dji und Sun Bin, dem Staat Dschao mit ihren Truppen zu Hilfe zu eilen. Sun Bin, der genau wußte, daß die Elitetruppen von We in Dschao eingedrungen waren und ihr eigenes Land ohne Schutz blieb, griff den Staat We an, worauf sich die Truppen von We zurückzogen, um ihr Land zu retten. Die Tji-Truppen machten sich die Ermattung der We-Truppen zunutze und brachten ihnen in der Schlacht bei Guiling (nordöstlich des heutigen Kreises Hodsö in Schantung) eine schwere Niederlage bei, so daß die Belagerung des Staates Dschao aufgehoben wurde. Seitdem bezeichnen chinesische Militärfachleute eine solche Taktik mit den Worten: "Den Staat Dschao retten, indem man den Staat We belagert."
- ↑ Diese Arbeit ist eine Reihe von Vorlesungen, die Genosse Mao Tse-tung in der Zeit vom 26. Mai bis 3. Juni 1938 vor der Gesellschaft zum Studium der Probleme des Widerstandskriegs gegen die japanischen Eindringlinge in Yenan gehalten hat.
- ↑ Die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas brachte die Ansichten der Kuomintang zum Ausdruck. Die Kuomintang wollte sich den japanischen Eindringlingen nicht widersetzen, und nur unter Druck begann sie später, Widerstand zu leisten. Als nach den Ereignissen bei Lugoutjiao die Tschiangkaischek-Gruppe widerwillig am Widerstandskrieg gegen Japan teilnahm, vertrat die Gruppe um Wang Djing-we die Theorie von der unvermeidlichen Unterjochung Chinas und war bereit, vor Japan zu kapitulieren, was sie später auch tatsächlich getan hat. Aber die Vorstellung von einer unvermeidlichen Unterjochung Chinas war nicht nur in der Kuomintang verbreitet, sondern beeinflußte auch einige Mittelschichten der Gesellschaft und sogar einen rückständigen Teil der Werktätigen. Das erklärte sich daraus, daß die Kuomintang-Regierung verfault und untauglich war und im Krieg eine Niederlage nach der anderen erlitt, während die japanische Armee unaufhaltsam vorstürmte und gleich im ersten Jahr des Krieges bis in die Nähe von Wuhan gelangte; das alles rief bei einem rückständigen Teil der Bevölkerung äußerst pessimistische Stimmungen hervor.
- ↑ Diese Ansichten gab es in den Reihen der Kommunistischen Partei Chinas. In den ersten sechs Monaten des Krieges gegen die japanischen Eindringlinge herrschte in der Partei die Tendenz, die Kräfte des Gegners zu unterschätzen; es wurde die Meinung vertreten, daß Japan nicht einem einzigen Schlag standhalten würde. Man bestand nicht deshalb auf dieser Meinung, weil man die von der Kommunistischen Partei geleiteten Truppen und die organisierten Kräfte der Volksmassen für sehr groß gehalten hätte - man wußte, daß diese Kräfte damals noch gering waren -, sondern weil man annahm, daß die Kuomintang, die am Widerstand gegen die japanischen Eindringlinge teilnahm, über große Kräfte verfügte, die gemeinsam mit der Kommunistischen Partei den japanischen Eindringlingen erfolgreich Schläge versetzen könnten. Diese Leute sahen nur die eine Seite der Sache - die zeitweilige Teilnahme der Kuomintang am Widerstand gegen Japan, vergaßen aber die andere Seite, nämlich daß die Kuomintang reaktionär und morsch war; daher gelangten sie zu einer falschen Einschätzung.
- ↑ Das war der Standpunkt von Tschiang Kai-schek und anderen. Einmal gezwungen, den Widerstandskrieg gegen die japanischen Eindringlinge zu führen, setzten Tschiang Kai-schek und die Kuomintang, die nicht an die eigenen Kräfte und schon gar nicht an die Kräfte des Volkes glaubten, alle ihre Hoffnungen auf eine baldige Hilfe vom Ausland.
- ↑ Taiörldschuang ist ein Marktflecken im Südteil der Provinz Schantung. Im März 1938 kam es im Raum von Taiörldschuang zu einer Schlacht zwischen den chinesischen Truppen und der japanischen Aggressionsarmee. Der japanischen Armee, die 70 000 bis 80 000 Mann zählte, stand eine 400 000 Mann starke chinesische Armee gegenüber, und infolgedessen errang China den Sieg.
- ↑ Diese Ansicht wurde in einem Leitartikel der Zeitung Dagung Bao vertreten; des damaligen Organs der Kuomintang-Gruppe "Politische Wissenschaft". Die Anhänger dieser Gruppe machten den Wunsch zum Vater des Gedankens und nahmen an, man könnte durch einige siegreiche Schlachten wie die bei Taiörldschuang die japanischen Truppen zum Stehen bringen, so daß es zu vermeiden sein würde, die Kräfte des Volkes für einen langwierigen Krieg zu mobilisieren, was die Sicherheit ihrer eigenen Klasse gefährden mußte. Die ganze Kuomintang war damals von solchen Illusionen beherrscht.
- ↑ Seit Ende des 18. Jahrhunderts führte Großbritannien jahrzehntelang immer gröbere Mengen Opium nach China aus. Die Einfuhr dieses Rauschgifts fügte dem chinesischen Volk großen Schaden zu und entzog China eine gewaltige Menge Silber. Daher widersetzte sich China diesem Opiumhandel. Unter dem Vorwand, den Handel zu schützen, setzte die britische Regierung 1840 ihre Truppen zur Aggression gegen China ein. Die chinesische Armee leistete unter Führung Lin Dsö-hsüs Widerstand. Die Bevölkerung Kantons organisierte aus eigener Initiative das "Korps zur Niederwerfung der Engländer" und erteilte der englischen Aggressionsarmee empfindliche Schläge. Die morsche Regierung der Tjing-Dynastie schloß 1842 mit den englischen Aggressoren den "Vertrag von Nanking", der vorsah, daß China nicht nur eine Entschädigung zu zahlen, Hongkong abzutreten, sondern auch Schanghai, Fudschou, Amoy, Ningpo und Kanton als Handelshäfen zu öffnen hatte. Überdies wurde bestimmt, daß die chinesischen Einfuhrzölle für englische Waren von China und England gemeinsam festgesetzt werden sollten.
- ↑ Gemeint ist die im Jahre 1898 entstandene Reformbewegung. Diese Bewegung, an deren Spitze Kang Yu-we, Liang Tji-tschao, Tan Si-tung und andere standen, repräsentierte die Interessen der liberalen Bourgeoisie und der aufgeklärten Grundherren. Sie wurde vom Kaiser Guanghsü begünstigt und unterstützt; ihr fehlte aber eine Massenbasis. Yüan Schi-kai, der damals über militärische Machtmittel verfügte, verriet die geheimen Pläne der Reformer an die Kaiserinwitwe Tsihsi, die an der Spitze der Ultrakonservativen stand. Tsihsi riß nun die Macht erneut an sich, ließ den Kaiser Guanghsü einsperren und Tan Si-tung sowie weitere fünf Reformer hinrichten. Damit fand diese Bewegung ein tragisches Ende.
- ↑ Am 16. Januar 1938 veröffentlichte das japanische Kabinett eine Erklärung, in der es den Kurs auf die Unterjochung Chinas mit Waffengewalt verkündete; gleichzeitig setzte das japanische Kabinett die Kuomintang-Regierung unter Druck und forderte sie durch Verlockungen zur Kapitulation auf, wobei es erklärte, die japanische Regierung würde, falls die Kuomintang-Regierung "weiterhin den Widerstandskrieg inspiriere", in China ein neues Regime von Marionetten einsetzen und die Kuomintang-Regierung nicht mehr als "Partner ` für Verhandlungen betrachten.
- ↑ Gemeint sind hauptsächlich die Vereinigten Staaten von Amerika.
- ↑ Gemeint sind die Regierungen der imperialistischen Staaten England, USA und Frankreich.
- ↑ Die Voraussage des Genossen Mao Tse-tung, daß sich die Lage Chinas in der Etappe des Gleichgewichts im Widerstandskrieg zum Besseren wenden könne, ist in den befreiten Gebieten, die unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas standen, voll und ganz zur Wirklichkeit geworden. In den Kuomintang-Gebieten dagegen erfuhr die Lage nicht nur keine Verbesserung, sondern, im Gegenteil, eine Verschlechterung, weil die herrschende Clique mit Tschiang Kai-schek an der Spitze hinsichtlich des Widerstands gegen Japan eine passive Haltung einnahm, hingegen im Kampf gegen die Kommunistische Partei, gegen das Volk aktiv war. Das aber löste eine Opposition der breiten Volksmassen aus und ließ deren politisches Bewußtsein wachsen. Siehe auch die von Genossen Mao Tse-tung in der Arbeit "Über die Koalitionsregierung" (Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III) gegebene Analyse dieses Tatbestands.
- ↑ Die Anhänger der "Theorie von der Allmacht der Waffen" waren der Meinung, daß China, da es Japan hinsichtlich der Bewaffnung nachstehe, im Krieg unbedingt eine Niederlage erleiden werde. Diese Ansicht teilten alle Anführer der reaktionären Kuomintang-Clique (einschließlich Tschiang Kai-scheks).
- ↑ Buddha (Sakyamuni) - Begründer der buddhistischen Religion. Sun Wu-kung; der Held des aus dem 16. Jahrhundert stammenden mythologischen chinesischen Romans Die Pilgerfahrt nach dem Westen, war ein Affe, der die Fähigkeit besaß, mit einem Purzelbaum 108 000 Li zurückzulegen. Von der Handfläche Buddhas konnte er aber, soviel Purzelbäume er auch schlug, nicht fortkommen. Mehr noch, Buddha drehte seine Handfläche nach unten und verwandelte seine Finger in fünf miteinander verbundene Bergketten, die Sun Wu-kung zu Boden drückten.
- ↑ Auf dem VII. Kongreß der Kommunistischen Internationale im August 1935 sagte Genosse Dimitroff in seinem Bericht, der den Titel "Die Offensive des Faschismus und die Aufgaben der Kommunistischen Internationale im Kampf für die Einheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus" trug, u. a.: "Der Faschismus - das ist zügellosester Chauvinismus und Raubkrieg." Im Juli 1937 veröffentlichte er einen Artikel unter der Überschrift "Faschismus ist Krieg".
- ↑ Tschengpu liegt im heutigen Kreis Fanhsiän in der Provinz Honan. Im Jahre 632 v. u. Z. kam es hier zu einer großen Schlacht zwischen den Truppen der Staaten Djin und Tschu. Zu Beginn der Schlacht gewann die Armee Tschus die Oberhand. Die Djin-Armee zog sich 90 Li zurück, wählte die schwachen Stellen der Tschu-Armee, nämlich deren rechte und linke Flanke, zum Ziel und führte gegen diese heftige Schläge, wodurch die Tschu-Armee eine schwere Niederlage erlitt.
- ↑ Im Jahre 204 v. u. Z. führte Han Hsin, ein Heerführer des Staates Han, seine Truppen in eine große Schlacht gegen Dschao Hsiä bei Djinghsing. Dschao Hsiäs Armee war, wie es hieß, 200000 Mann stark, zählte also ein Vielfaches der Armee des Staates Han. Han Hsin stellte seine Truppen so auf, daß sie einen FIuß im Rücken hatten, führte sie in einen heldenhaften Kampf und sandte gleichzeitig Truppen aus, die das schwach geschützte feindliche Hinterland angriffen und eroberten, so daß Dschao Hsiäs Truppen in die Zange genommen waren und eine schwere Niederlage erlitten.
- ↑ Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts führte Napoleon Kriege gegen England, Preußen, Österreich, Rußland und viele andere europäische Staaten. In zahlreichen Feldzügen konnte es die Armee Napoleons zahlenmäßig mit den Armeen seiner Feinde nicht aufnehmen, errang aber nichtsdestoweniger stets den Sieg.
- ↑ Im Jahre 383 zog Fu Djiän, der Herrscher des Staates Tjin, ins Feld und überfiel den Staat Djin, dessen Streitkräfte er unterschätzt hatte. Die Djin-Armee brachte am Luodjiän-Fluß im Kreis Schouyang in der Provinz Anhui der Vorhut der Tjin-Armee eine Niederlage bei und setzte sodann den Vormarsch zu Wasser und zu Land fort. Fu Djiän bestieg die Mauer der Stadt Schouyang und hielt Ausschau. Er sah, daß die Djin-Armee in voller Schlachtordnung Aufstellung genommen hatte. Als er sodann auf den Bagung-Berg blickte, hielt er jeden Busch und jeden Baum für einen Soldaten Djins; in der Annahme, einen mächtigen Gegner vor sich zu haben, geriet et in Furcht. Vgl. auch "Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China", Anm. 28, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 296 f.
- ↑ Gemeint ist die Tatsache, daß Tschiang Kai-schek, Wang Djing-we und andere im Jahre 1927 die erste nationale demokratische Einheitsfront zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei verrieten und einen zehnjährigen Krieg gegen das Volk führten, wodurch das chinesische Volk der Möglichkeit beraubt wurde, sich umfassend zu organisieren. Die Verantwortung für diesen historischen Fehler trägt die reaktionäre Kuomintang-Clique mit Tschiang Kai-schek an der Spitze.
- ↑ Der Herzog Hsiang war Herrscher des Staates Sung in der Frühlings- und Herbstperiode im 7. Jahrhundert v. u. Z. Im Jahre 638 v. u. Z. führte der Staat Sung einen Krieg gegen den starken Staat Tschu. Die Truppen Sungs waren bereits in Schlachtordnung aufgestellt, als die Tschu-Armee noch dabei war, über einen FIuß zu setzen. Einer der Würdenträger von Sung, der wußte, daß Tschu viele, Sung aber wenige Truppen hatte, schlug vor, den Augenblick zu nutzen und die Tschu-Truppen anzugreifen, solange diese mit dem Hinübersetzen noch nicht fertig waren. Aber der Herzog Hsiang antwortete: "Das geht nicht, ein edler Mann überfällt einen Menschen nicht im Augenblick, da dieser sich in Schwierigkeiten befindet." Als die Truppen Tschus den Fluß überquert hatten, aber noch nicht in Schlachtordnung aufgestellt waren, schlug der Würdenträger abermals vor, die Tschu-Armee anzugreifen. Hsiang antwortete wieder: "Das geht nicht, ein edler Mann überfällt keine Truppen, die sich nicht in Schlachtordnung aufgestellt haben." Erst als die Tschu-Truppen völlig kampfbereit waren, gab der Herzog Hsiang den Befehl zum Angriff. Das Ergebnis war, daß der Staat Sung eine schwere Niederlage erlitt und der Herzog Hsiang selbst verwundet wurde.
- ↑ Im Jahre 1937 rückte die japanische Aggressionsarmee, nachdem sie Peiping und Tientsin besetzt hatte, an der Eisenbahnlinie Tientsin-Pukou entlang nach dem Süden vor und führte den Angriff gegen die Provinz Schantung. Der Kuomintang-Militärdiktator Han Fu-djü, der viele Jahre in der Provinz Schantung geherrscht hatte, flüchtete, ohne dem Feind auch nur eine einzige Schlacht geliefert zu haben, in die Provinz Honan.
- ↑ Im Jahre 1813 überfiel Napoleon mit einer 500 000 Mann starken Armee Rußland. Die russische Armee gab Moskau auf, setzte es in Brand und brachte die Armee Napoleons in eine ausweglose Lage, in der sie dem Hunger, der Kälte und allen möglichen Schwierigkeiten und Entbehrungen, der Zerstörung ihrer Nachschublinien und Einkreisungen ausgesetzt war, so daß Napoleon seine Armee zurückführen mußte. Die russische Armee nutzte diesen Moment aus, um zur Gegenoffensive überzugehen, und nur etwas über 20000 Soldaten der ganzen Armee Napoleons gelang es zu entkommen.
- ↑ Die Kuomintang erweiterte ihre Armee in folgender Weise: In alle Richtungen wurden Truppen und Polizei ausgeschickt, die Menschen aufgriffen und zwangsweise in die Armee steckten. Die auf solche Weise Aufgegriffenen wurden wie Verbrecher mit Stricken gefesselt. Wer Geld hatte, konnte die Beamten der Kuomintang bestechen und einen Ersatzmann als Rekruten kaufen.
- ↑ Referat des Genossen Mao Tse-tung auf dem 6. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees. Dieses Plenum billigte die Linie des von Genossen Mao Tse-tung geführten Politbüros des Zentralkomitees der Partei und war ein Plenum von großer Bedeutung. Genosse Mao Tse-tung stellte in seinem Referat die Frage nach dem "Platz der Kommunistischen Partei Chinas im nationalen Krieg", damit alle Parteimitglieder die große historische Verantwortung unserer Partei als Führerin im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression klar verstünden und gewissenhaft trügen. Das Plenum legte die Linie fest, auf der antijapanischen Einheitsfront zu beharren, wies zugleich darauf hin, daß es in der Einheitsfront sowohl Zusammenschluß als auch Kampf gebe und die Formel "Alles durch die Einheitsfront" den Verhältnissen in China nicht entspreche, womit der Fehler des Nachgebens in der Frage der Einheitsfront kritisiert wurde; diesem Problem war auch der "Die Frage der Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront" betitelte Teil des Schlußwortes von Genossen Mao Tse-tung gewidmet. Gleichzeitig betonte das Plenum, es sei von außerordentlicher Bedeutung, daß sich die ganze Partei mit der Organisierung des bewaffneten Volkswiderstands gegen die japanischen Aggressoren befasse; es legte als das Haupttätigkeitsgebiet der Partei die Frontgebiete und das feindliche Hinterland fest und kritisierte die falschen Ansichten jener, die alle ihre Hoffnungen auf den Sieg über die japanischen Eindringlinge an die Kuomintang-Truppen knüpften und die Geschicke des Volkes den legalen Bewegungen unter der reaktionären Kuomintang-Herrschaft anvertrauen wollten; diesem Problem widmete Genosse Mao Tse-tung jenen Abschnitt seines Schlußwortes, der die Überschrift "Probleme des Ktieges und der Strategie" trägt.
- ↑ lm Januar 1934 sagte Stalin im Rechenschaftsbericht an den XVII. Parteitag der KPdSU(B): "Ist eine richtige politische Linie gegeben worden, so entscheidet die Organisationsarbeit alles, auch das Schicksal der politischen Linie selbst - ihre Durchführung oder ihr Scheitern." Im selben Bericht sprach er auch von der "richtigen Auswahl der Menschen". Im Mai 1935 verkündete und erläuterte Stalin in einer Rede, die er im Kreml vor Absolventen der Akademien der Roten Armee hielt, die Losung: "Die Kader entscheiden alles." Vgl. auch Stalins Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag der KPdSU(B) im März 1939. Stalin sagte darin: "Nachdem eine richtige politische Linie ausgearbeitet und in der Praxis erprobt ist, sind die Parteikader die entscheidende Kraft der Partei- und Staatsführung."
- ↑ Gemeint ist die Periode zwischen der außerordentlichen Tagung des Politbüros des V. Zentralkomitees der Partei im August 1927 und dem 5. Plenum des VI. Zentralkomitees im Januar 1934.
- ↑ Die Bahsi-Tagung wurde vom Politbüro des ZK der KPCh im August 1935 in Bahsi, nordwestlich der Szetschuaner Kreisstadt Sungpan, an der Grenze zwischen dem Nordwesten der Provinz Szetschuan und dem Südosten der Provinz Kansu veranstaltet. Damals brach Dschang Guo-tao, der einen Teil der Roten Armee führte, mit dem Zentralkomitee, befolgte nicht dessen Anordnungen und versuchte es zu unterminieren. Auf dieser Tagung beschloß das Zentralkomitee, das gefährliche Gebiet zu verlassen und die treu gebliebenen Truppenteile der Roten Armee nach Nordschensi zu führen. Dschang Guo-tao aber führte die von ihm betrogenen Einheiten der Roten Armee südwärts in den Raum von Tiäntjüan, Luschan, Dadjintschuan, Hsiaodjintschuan und Aba, wo er ein Pseudozentralkomitee gründete und die Fahne des Verrats an der Partei aufpflanzte.
- ↑ Die Yenan-Tagung war eine erweiterte Tagung des Politbüros des ZK der KPCh, die im April 1937 in Yenan stattfand. Noch vorher war die breite Masse der Funktionäre und Kämpfer der von Dschang Guo-tao geführten Truppenteile der Roten Armee, nachdem sie seinen Betrug durchschaut hatte, nordwärts in das Schensi-Kansu-Grenzgebiet gezogen. Ein Teil dieser Verbände schwenkte jedoch wiederum infolge falscher Führung auf halbem Wege nach dem Westen, in den Raum von Gandschou, Liangdschou und Sudschou ab, wo er größtenteils vom Feind aufgerieben wurde; die wenigen Überlebenden erreichten dann Sinkiang, von wo sie später in das Schensi-Kansu-Grenzgebiet gelangten. Der andere Teil dieser Verbände war schon früher in diesem Grenzgebiet eingetroffen und hatte sich mit der Zentralen Roten Armee vereinigt. Dschang Guo-tao selbst begab sich gleichfalls nach Nordschensi und nahm an der Yenan-Tagung teil. Diese Tagung erarbeitete eine systematische Zusammenfassung seines Opportunismus und seiner verräterischen Tätigkeit gegen die Partei. Dschang Guo-tao gab vor, sich fügen zu wollen, traf aber in Wirklichkeit Vorbereitungen zum endgültigen Verrat an der Partei.
- ↑ Teil des Schlußwortes, das Genosse Mao Tse-tung auf dem 6. Plenum des auf dem VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der Partei gehalten hat. Die Frage der Unabhängigkeit und Selbständigkeit in der Einheitsfront war damals einer der hervorstechenden Punkte in den Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Genossen Mao Tse-tung und Tschen Schao-yü in bezug auf die antijapanische Einheitsfront. Ihrem Wesen nach ist das die Frage der Führerschaft des Proletariats in der Einheitsfront. Diese Meinungsverschiedenheiten hat Genosse Mao Tse-tung in seinem Bericht vom Dezember 1947 ("Die gegenwärtige Lage und unsere Aufgaben") wie folgt kurz zusammengefaßt: Während des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression hat unsere Partei Ansichten bekämpft, die denen des Kapitulantentums [gemeint sind hier die Ansichten des Kapitulantentums Tschen Du-hsius während des Ersten Revolutionären Bürgerkriegs] ähnlich waren, nämlich die Ansichten, daß man der volksfeindlichen Politik der Kuomintang gegenüber Konzessionen machen und mehr auf die Kuomintang als auf die Volksmassen vertrauen solle, daß man nicht wagen dürfe, die Massen weitestgehend zum Kampf zu mobilisieren, die befreiten Gebiete und die Volksstreitkräfte in den von Japan besetzten Gebieten zu vergrößern, und daß man der Kuomintang die Führung im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression überlassen müsse. Unsere Partei kämpfte entschlossen gegen diese aus Schwäche und Unfähigkeit herrührenden faulen Ansichten, die gegen die Prinzipien des Marxismus-Leninismus verstoßen, führte konsequent die politische Linie "der Entfaltung der fortschrittlichen Kräfte, der Gewinnung der Kräfte der Mitte und der Isolierung der ultrakonservativen Kräfte" durch und vergrößerte beharrlich die befreiten Gebiete und die Volksbefreiungsarmee. Damit wurde nicht nur gewährleistet, daß unsere Partei den Sieg über den japanischen Imperialismus in der Periode der Aggression durch die japanischen Imperialisten erringen konnte, sondern auch die Gewähr geboten, daß unsere Partei in der Periode nach der Kapitulation Japans, als Tschiang Kai-schek den konterrevolutionären Krieg vom Zaun brach, reibungslos und ohne Verluste auf die Bahn der Bekämpfung des konterrevolutionären Krieges Tschiang Kai-scheks durch einen revolutionären Volkskrieg umschwenken konnte und innerhalb kurzer Zeit große Siege errang. Diese geschichtlichen Lehren sollten alle Genossen unserer Partei fest im Gedächtnis behalten.
- ↑ Das war eine reaktionäre Theorie der II. Internationale, die in den kapitalistischen Ländern die Zusammenarbeit zwischen Proletariat und Bourgeoisie befürwortete und sich gegen den Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie und die Errichtung der Diktatur des Proletariats mit revolutionären Mitteln richtete.
- ↑ Teil des Schlußworts des Genossen Mao Tse-tung auf dem 6. Plenum des auf VI. Parteitag gewählten Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas. Genosse Mao Tse-tung hatte schon in seinen Arbeiten "Strategische Probleme des Partisanenkriegs gegen die japanische Aggression" und "Über den langwierigen Krieg" Frage der Führung der Partei im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression". Aber Genossen, die in rechtsopportunistische Fehler verfielen, bestritten Notwendigkeit der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Kommunistischen ei in der Einheitsfront; deshalb zweifelten sie die Linie der Partei in den Fragen Krieges und der Strategie an und traten gegen sie auf. Damit dieser Rechtsopportunismus in der Partei überwunden und allen Parteimitgliedern geholfen wird, die primäre Bedeutung der Probleme des Krieges und der Strategie in dem gesamten Fragenkomplex der chinesischen Revolution besser zu verstehen, und damit die ganze Partei zur gewissenhaften Beschäftigung mit der diesbezüglichen Arbeit mobilisiert wird, kehrte Genosse Mao Tse-tung auf dem 6. Plenum des VI. Zentralkomitees der Partei zu dieser Frage zurück, beleuchtete sie prägnant auf der Grundlage der Geschichte des politischen Kampfes in China und analysierte gleichzeitig die Entfaltung der militärischen Arbeit und die konkreten Änderungen im strategischen Kurs der Partei. Dadurch wurde die Einheit der Partei sowohl im Denken ihrer Führung als auch in ihrer praktischen Arbeit erreicht.
- ↑ Im Jahre 1924 zerschlug Sun Yat-sen im Bündnis mit der Kommunistischen Partei und mit den revolutionären Arbeitern und Bauern die "Kaufmannswehren", die bewaffneten Abteilungen der Kompradoren und Feudalherren, die in Kanton konterrevolutionäre Tätigkeit im Komplott mit den englischen Imperialisten ausübten. Anfang 1925 unternahm die Revolutionäre Armee, die auf der Basis der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei gegründet worden war, von Kanton aus einen Feldzug ostwärts, brachte mit Unterstützung der Bauern den Truppen des Militärmachthabers Tschen Djiung-ming eine Niederlage bei, kehrte sodann nach Kanton zurück und vernichtete die Kräfte der Yünnan- und KuangsiMilitärmachthaber, die sich dort eingenistet hatten. Im Herbst des gleichen Jahres führte diese Revolutionäre Armee einen zweiten Feldzug nach dem Osten durch und zerschlug endgültig die Armee Tschen Djiung-mings. Durch diese Operationen, in denen die Mitglieder der Kommunistischen Partei und die Mitglieder des Kommunistischen Jugendverbands heroisch in den vordersten Linien gekämpft hatten, wurde die Einigung der Provinz Kuangtung zustandegebracht und die Grundlage für den Nordfeldzug geschaffen.
- ↑ Die Bewegung des 4. Mai war eine antiimperialistische und antifeudale revolutionäre Bewegung, die am 4. Mai 1919 begann. In der ersten Hälfte dieses Jahres trafen sich die Sieger des ersten Weltkriegs in Paris - es waren Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten, Japan, Italien und andere imperialistische Staaten -, um sich die Beute zu teilen. Man entschied, daß Japan alle Privilegien übernehmen sollte, die vorher Deutschland in der chinesischen Provinz Schantung besessen hatte. Die Studenten von Peking waren die ersten, die in Versammlungen und durch Demonstrationen am 4. Mai entschieden dagegen auftraten. Die Regierung der Militärmachthaber im Norden verhaftete über dreißig Studenten, um diese Opposition zu unterdrücken. Zum Protest traten die Pekinger Studenten in den Streik, und eine große Zahl Studenten in anderen Teilen des Landes folgten nach und nach ihrem Beispiel. Am 3. Juni begann die Regierung der Militärmachthaber im Norden damit, immer mehr Pekinger Studenten zu verhaften. Innerhalb von zwei Tagen saßen etwa tausend von ihnen im Gefängnis. Das Ereignis vom 3. Juni löste eine noch größere Empörung unter dem Volk aus. Vom 5. Juni an traten die Arbeiter in Schanghai und in vielen anderen Städten nacheinander in den Streik, die Kaufleute in diesen Städten schlossen ihre Geschäfte. Das, was zunächst eine patriotische Bewegung hauptsächlich der Intellektuellen war, wuchs sodann schnell zu einer patriotischen Bewegung im ganzen Land an, die das Proletariat, das Kleinbürgertum und die Bourgeoisie erfaßte. Und mit dem Anwachsen dieser patriotischen Bewegung entwickelte sich die neue Kulturbewegung, welche bereits vor dem 4. Mai als eine Bewegung gegen den Feudalismus und zur Hebung der Wissenschaft und der Demokratie begonnen hatte, zu einer kraft- und machtvollen revolutionären Kulturbewegung, deren Hauptströmung die Propagierung des Marxismus-Leninismus war.
- ↑ Im Jahre 1899 gründete Sun Yat-sen in Honolulu eine kleine revolutionäre Organisation, die "Vereinigung zur Erneuerung Chinas" genannt wurde. Nach der Niederlage der Tjing-Regierung im Chinesisch-Japanischen Krieg im Jahre 1898 organisierte Sun Yat-sen, auf die damals im Volk existierenden "Geheimbünde" gestützt, in der Provinz Kuangtung zwei bewaffnete Aufstände gegen die Tjing-Regierung: in Kanton im Jahre 1895 und in Huidschou im Jahre 1900.
- ↑ Im Jahre 1909 vereinigte sich die "Vereinigung zur Erneuerung Chinas" mit zwei Organisationen, die gegen die Tjing-Regierung auftraten: dem ,Verein zum Wiederaufbau Chinas" und dem "Bund zur Wiedergeburt Chinas". Durch die Vereinigung entstand die Chinesische Revolutionäre Liga (eine Organisation der vereinigten Front der Bourgeoisie, des Kleinbürgertums und eines Teils der gegen die Tjing-Regierung auftretenden Schenschi), die ein politisches Programm der bürgerlichen Revolution mit folgenden Forderungen aufstellte: "Vertreibung der Tataren (Mandschu), Wiedergeburt Chinas, Gründung einer Republik, Ausgleich der Bodenrechte". In der Periode der Chinesischen Revolutionären Liga organisierte Sun Yat-sen im Bund mit den "Geheimbünden" und einem Teil der Neuarmee der Tjing-Regierung eine Reihe bewaffneter Aufstände gegen das Tjing-Regime. Die größeren davon waren: die Aufstände im Jahre 1906 in den Kreisen Pinghsiang (Provinz Kiangsi), Liuyang und Liling (Provinz Hunan); die Aufstände im Jahre 1907 in Huanggang im Gebiet Tschaodschou, in Tjindschou (Provinz Kuangtung) und in Dschennanguan (heute Yuyiguan - der Übers.), Provinz Kuangsi; der Aufstand im Jahre 1908 in Hokou in der Provinz Yünnan und die Aufstände im Jahre 1911 in Kanton und Wutschang.
- ↑ Im Jahre 1912 wurde die Chinesische Revolutionäre Liga in die Kuomintang umgewandelt und ging mit dem Regime des Militärmachthabers im Norden, Yüan Schi-kai, einen Kompromiß ein. Die Truppen Yüan Schi-kais rückten im Jahre 1913 nach dem Süden vor, um die Kräfte zu unterdrücken, die in den Provinzen Kiangsi, Anhui und Kuangtung als Folge der Revolution von 1911 entstanden waren. Sun Yat-sen organisierte einen bewaffneten Widerstand, der aber bald scheiterte. Da sich die Kompromißpolitik als falsch erwiesen hatte, organisierte Sun Yat-sen im Jahre 1914 in Tokio eine neue Partei und nannte sie Chinesische Revolutionäre Partei, um zu zeigen, daß sie sich von der damaligen Kuomintang unterschied. Faktisch war die neue Partei ein Bund der politischen Vertreter eines Teils des Kleinbürgertums und eines Teils der Bourgeoisie für den Kampf gegen Yüan Schi-kai. Auf dieses Bündnis gestützt, hat Sun Yat-sen im Jahre 1914 einen kleinen Aufstand in Schanghai organisiert. Im Jahre 1915, als sich Yin Schi-kai zum Kaiser ausrufen ließ, führten Tsai O und andere, die gegen Yüan Schi-kai auftraten, von der Provinz Yünnan aus einen Feldzug gegen ihn durch, und Sun Yat-sen war auch einer der aktiven Agitatoren und Organisatoren des bewaffneten Kampfes gegen Yüan Schi-kai.
- ↑ Im Jahre 1917 kam Sun Yat-sen an der Spitze des unter seinem Einfluß stehenden Teils der Kriegsflotte von Schanghai nach Kanton. Er benutzte die Provinz Kuangtung als Stützpunktgebiet und organisierte im Bund mit den Militärmachthabern des Südwestens, die in jener Periode gegen den Militärmachthaber des Nordens Duan Tji-jui kämpften, eine Militärregierung, welche gegen diesen auftrat.
- ↑ Im Jahre 1911 rüstete Sun Yat-sen in Guilin, Provinz Kuangsi, zum Nordfeldzug; aber infolge des Verrats seines Untergebenen Tschen Djiung-ming, der sich mit den Militärmachthabern des Nordens verschworen hatte, blieben seine Bemühungen fruchtlos.
- ↑ Im Jahre 1924, nach der Reorganisierung der Kuomintang, gründete Sun Yat-sen mit Unterstützung der Kommunistischen Partei Chinas und der Sowjetunion in Huangpu bei Kanton eine Militärakademie, die unter der Bezeichnung Huangpu-Militärakademie bekannt ist. Vor dem Verrat Tschiang Kai-scheks an der Revolution im Jahre 1927 stand die Akademie unter der gemeinsamen Leitung der Kuomintang und der Kommunistischen Partei. Die Kommunisten Tschou En-lai, Yä Djiän-ying, Yün Daiying, Hsiao Tschu-nü und viele andere Genossen hatten an ihr zu verschiedenen Zeiten verantwortliche Funktionen inne; auch unter den Studenten waren viele Mitglieder der Kommunistischen Partei und des Kommunistischen Jugendverbands. Sie bildeten das revolutionäre Rückgrat dieser Militärakademie.
- ↑ Tan Yän-kai aus Hunan war ein Mitglied der kaiserlichen Akademie unter der Tjing-Dynastie. Er setzte sich ursprünglich für die Einführung der konstitutionellen Monarchie ein und versuchte in der Revolution von 1911 Karriere zu machen. Sein späterer Übergang in das Lager der Kuomintang spiegelte die Widersprüche zwischen den Hunaner Grundherren und den Militärmachthabern des Nordens wider.
- ↑ Die Progressive Partei wurde von Liang Tji-tschao und anderen in den ersten Jahren der Republik China in Anlehnung an Yüan Schi-kai gegründet.
- ↑ Duan Tji-jui, lange Jahre ein Untergebener Yüan Schi-kais, war das Haupt der Anhui-Clique, einer Gruppe von Militärmachthabern des Nordens. Nach dem Tod Yüan Schi-kais riß er wiederholt die Macht in der Pekinger Regierung an sich.
- ↑ Die Gruppe "Politische Wissenschaft" war eine extrem rechte politische Gruppierung, die im Jahre 1916 von einem Teil der Mitglieder der Progressiven Partei und der Kuomintang gegründet wurde. Auf der Jagd nach Staatsposten lavierten diese Leute zwischen den Militärmachthabern des Südens und des Nordens. In der Periode des Nordfeldzugs 1926/27 begann ein Teil der Mitglieder der Gruppe "Politische Wissenschaft", wie die projapanischen Politiker Huang Fu, Dschang Tjün und Yang Yung-tai, mit Tschiang Kai-schek gemeinsame Sache zu machen; sie halfen ihm unter Ausnutzung ihrer reaktionären politischen Erfahrungen, die konterrevolutionäre Macht zu errichten.
- ↑ Hier ist vor allem das selbständige Regiment gemeint, an dessen Spitze in der Periode des Nordfeldzugs der Kommunist General Yä Ting stand.
- ↑ Han Fu-djü war ein Militärmachthaber der Kuomintang in der Provinz Schantung. Der Militärmachthaber Liu Dschi, der zur Clique Tschiang Kai-scheks gehörte, regierte in der Provinz Honan und nach Ausbruch des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression wurde ihm die Verteidigung des Gebiets um Baoding in der Provinz Hopeh übertragen. Im Augenblick der Offensive der japanischen Eindringlinge flüchteten diese beiden Militärmachthaber, ohne den Kampf aufgenommen zu haben.
- ↑ Eine Arbeit, die Genosse Mao Tse-tung anläßlich des 10. Jahrestags der Bewegung des 3. Mai für die Yenaner Zeitungen geschrieben hat.
- ↑ Der Chinesisch-Japanische Krieg im Jahre 1894 wurde durch die japanische Aggression in Korea und durch das provokatorische Vorgehen Japans gegen die Land- und Seestreitkräfte Chinas hervorgerufen. Während des Krieges kämpfte die chinesische Armee heroisch. Da die Regierung der Tjing-Dynastie morsch und auf eine entschlossene Abwehr der Aggression nicht vorbereitet war, erlitt China eine Niederlage. Das Ergebnis war daß die Regierung der Tjing-Dynastie mit Japan den Schandvertrag von Schimonoseki schloß.
- ↑ Die vorliegende Schrift gibt eine Rede wieder, die Genosse Mao Tse-tung auf einer Massenkundgebung der Jugend in Yenan zu Ehren des zwanzigsten Jahrestags der Bewegung des 4. Mai hielt. In dieser Rede entwickelte Genosse Mao Tse-tung seine Gedanken zur Frage der chinesischen Revolution.
- ↑ Gemeinsam mit den chinesischen Friedenspredigern schmiedeten damals die englischen, amerikanischen und französischen Imperialisten geheime Pläne, durch eine sogenannte internationale pazifische Konferenz einen Kompromiß mit den japanischen Eindringlingen zu schließen und China zu verkaufen. Die öffentliche Meinung bezeichnete diese heimtückischen Pläne als "fernöstliches München". Als Genosse Mao Tse-tung in der vorliegenden Arbeit das alberne Geschwätz verurteilte, die pazifische Konferenz werde angeblich kein "östliches München" werden, bezog er sich auf die damaligen Äußerungen Tschiang Kai-scheks.
- ↑ Im September 1938 traten die Oberhäupter Englands, Frankreichs, Deutschlands und Italiens zu einer Viermächtekonferenz in München zusammen, auf der sie das Münchener Abkommen schlossen. Gemäß diesem Abkommen verschacherten Großbritannien und Frankreich die Tschechoslowakei an Deutschland und entmutigten dadurch Deutschland, die Sowjetunion zu überfallen. In den Jahren 1938/39 brüteten die englischen und amerikanischen Imperialisten wiederholt über einen Kompromiß mit dem japanischen Imperialismus auf Kosten Chinas. Im Juni 1939, als Genosse Mao Tse-tung die vorliegende Arbeit schrieb, waren zwischen England und Japan erneut Verhandlungen im Gang, in denen das Ränkespiel weitergeführt wurde. Diese Intrigen glichen dem Münchener Komplott zwischen Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Italien und wurden deshalb als "östliches München" bezeichnet.
- ↑ Es handelt sich um die Ansichten, Methoden und Intrigen Tschiang Kai-scheks. Wang Djing-we war in jener Periode der Hauptanführer der offenen Kapitulanten, während Tschiang Kai-schek der Hauptanführer der Kapitulantengruppe war, die sich innerhalb der antijapanischen Front versteckte, und auf letzteren beziehen sich die Worte des Genossen Mao Tse-tung über die "versteckten Wang Djing-wes" und die "großen und kleinen Wang Djing-wes".
- ↑ Genosse Mao Tse-tung vergleicht hier die Beziehung zwischen Tschiang Kai-schek und Wang Djing-we mit der Beziehung in einer "Schuanghuang"-Aufführung. (Bei diesem Spiel wirken zwei Darsteller mit, von denen der eine, hinter dem zweiten versteckt, deklamiert, während dieser entsprechend gestikuliert, die Lippen bewegt usw.)
- ↑ In jener Periode befleißigten sich die von Tschiang Kai-schek angeführten Friedensprediger in der Kuomintang des Doppelzünglertums. Einerseits taten sie, als ob sie gegen die japanische Aggression kämpften, andererseits entfalteten sie auf verschiedene Weise ihre Kapitulationsumtriebe. Sie gleichen damit jenen Schauspielern des klassischen chinesischen Theaters, die mal rot, mal weiß geschminkt auftreten.
- ↑ Im Januar 1939 äußerte sich Tschiang Kai-schek auf dem 6. Plenum des V. Zentralexekutivkomitees der Kuomintang offen, daß seiner Auffassung nach in der Losung "Widerstandskrieg bis zu Ende führen" unter dem Wort "Ende" die "Wiederherstellung der Lage, wie sie vor den Ereignissen bei Lugoutjiao bestand", gemeint sei. Um dieser Kapitulationspolitik Tschiang Kai-scheks entgegenzutreten, definierte Genosse Mao Tse-tung mit besonderem Nachdruck die Losung "Widerstandskrieg bis zu Ende führen" wie folgt: "Bis zum Yalu-Fluß vorwärts kämpfen und alle verlorenen Territorien zurückgewinnen."
- ↑ Unter "Reibungen - ein Wort, das damals stark in Umlauf war- verstand man die verschiedenen reaktionären Umtriebe der fortschrittsfeindlichen Kuomintang-Leute, die auf die Sprengung der antijapanischen nationalen Einheitsfront abgezielt und gegen die Kommunistische Partei sowie alle anderen fortschrittlichen Kräfte gerichtet waren.
- ↑ Am 13. Dezember 1937 hatte die japanische Armee Nanking besetzt. Am 16. Januar 1938 veröffentlichte die japanische Regierung eine Deklaration, worin sie erklärte, sie werde "in Zukunft die Nationalregierung Chinas nicht als Verhandlungspartner anerkennen und erwarte die Bildung einer neuen Regierung". lm Oktober desselben Jahres besetzte die japanische Armee Kanton und Wuhan. Die japanische Regierung nutzte die wankelmütige Haltung Tschiang Kai-scheks in der Frage des Widerstandskriegs aus und schlug einen neuen Kurs ein, der darauf berechnet war. Tschiang Kai-schek zur Kapitulation zu bewegen. Zu diesem Zweck veröffentlichte sie am ;. November eine neue Deklaration, in der es hieß: "Was die Nationalregierung anbelangt, so wird das Kaiserreich es nicht ablehnen, mit ihr zu verhandeln, wenn sie auf ihre bisherige falsche Politik verzichtet und unter Mitwirkung anderer Persönlichkeiten die Erneuerung des Landes und die Aufrechterhaltung der Ordnung in Angriff nimmt."
- ↑ Rede des Genossen Mao Tse-tung auf einer Massenkundgebung in Yenan, die zum Gedenken der heldenhaften Opfer des Pingdjianger Gemetzels stattfand.
- ↑ Am 12. Juni 1939 umzingelten Truppen, die von der 27. Armee der Kuomintang auf geheimen Befehl Tschiang Kai-scheks entsandt worden waren, die Verbindungsstelle der Neuen Vierten Armee in Pingdjiang (Provinz Hunan) und ermordeten kaltblütig insgesamt sechs Genossen, darunter einen Offizier des Stabes der Neuen Vierten Armee, Genossen Tu Dscheng-kun, und einen Adjutanten der Achten RouteArmee, Genossen Major Luo Dsi-ming. Diese blutigen Ereignisse lösten die Empörung der Bevölkerung der antijapanischen demokratischen Stützpunktgebiete und aller ehrlichen Menschen in den Gebieten unter der Herrschaft der Kuomintang aus. Das Pingdjianger Gemetzel wurde auf Weisung Tschiang Kai-scheks und seiner Spießgesellen verübt. Mit den Reaktionären, die Genosse Mao Tse-tung in seiner Rede anprangert, sind Tschiang Kai-schek und seine Bande gemeint.
- ↑ Indem Genosse Mao Tse-tung hier erläutert, was Einheit ist, führt er einen Schlag gegen die Intrigen der Kuomintang-Reaktion, die unter der Flagge der "Einheit" versuchte, die von der Kommunistischen Partei geschaffenen antijapanischen Streitkräfte und Stützpunktgebiete zu vernichten. Von dem Tag an, da die Kuomintang und die Kommunistische Partei die Zusammenarbeit wieder aufnahmen, um gemeinsam Japan Widerstand zu leisten, war die Losung der "Einheit" die Hauptwaffe, deren sich die Kuomintang in ihren Angriffen gegen die Kommunistische Partei bediente. Die Kuomintang-Reaktionäre beschuldigten verleumderisch die Kommunistische Partei der Eigenbrötelei, der Verhinderung der Einheit und der Schädigung des Kampfes gegen Japan. Nachdem die Kuomintang im Januar 1939 auf dem 5. Plenum des V. Zentralexekutivkomitees die von Tschiang Kai-schek vorgeschlagenen "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien" bestätigt hatte, stimmte die Reaktion ein noch wütenderes Geheul an. In der vorliegenden Rede entreißt Genosse Mao Tse-tung die Losung der "Einheit" den Händen der Kuomintang-Reaktion, verwandelt sie in eine revolutionäre Losung und bedient sich ihrer im Kampf gegen die volksfeindliche und antinationale Spaltertätigkeit der Kuomintang.
- ↑ Siehe die Analyse des Genossen Mao Tse-tung in seiner Arbeit "Gegen die Kapitulationsumtriebe", vorliegender Band, S. 286 ff. Nach dem Fall von Wuhan im Oktober 1938 verlegten die japanischen Eindringlinge in ihrer Politik gegenüber der Kuomintang das Schwergewicht darauf, die Kuomintang zur Kapitulation zu verlocken; der internationale Imperialismus - wie der englische und der amerikanische Imperialismus - gab Tschiang Kai-schek ebenfalls immer wieder zu verstehen, daß dieser Friedensverhandlungen mit Japan aufnehmen sollte. Englands Premierminister Chamberlain äußerte die Absicht, an den "konstruktiven Maßnahmen im Fernen Osten" teilzunehmen. Im Jahre 1939 verstärkten sich die Umtriebe der japanischen Eindringlinge und des internationalen Imperialismus. Im April dieses Jahres eilte der britische Botschafter in China, Clark-Kerr, zwischen den Japanern und Tschiang Kai-schek hin und her, um Friedensverhandlungen zwischen ihnen zustande zu bringen. Im Juli wurde zwischen England und Japan ein Übereinkommen erzielt, nach dem die englische Regierung bereit war, die in China durch die japanischen Eindringlinge geschaffene "faktische Lage" voll und ganz anzuerkennen.
- ↑ Im Jahre 1939 erließ das Zentralexekutivkomitee der Kuomintang heimlich "Maßnahmen zur Einschränkung der Tätigkeit fremder Parteien', worin eine äußerst strenge Einschränkung der Propagierung der Ansichten der Kommunistischen Partei und aller fortschrittlichen Kräfte, ihres öffentlichen Auftretens und ihrer praktischen Tätigkeit vorgesehen war; auf diese Weise sollten alle antijapanischen Organisationen des Volkes untergraben werden. Es wurde ferner vorgesehen, daß in den Gegenden, die von den Kuomintang-Leuten für Gebiete der intensivsten Tätigkeit der Kommunisten" gehalten wurden, das Gesetz über solidarische Haftung und Kollektivbestrafung" in Kraft gesetzt und überall in den "Hundert-Hof-Gemeinschaften" und "Zehn-Hof-Gemeinschaften" (das Bao-Djia-System) ein "Informationsnetz" geschaffen werden müsse; mit anderen Worten, es wurde vorgesehen, überall konterrevolutionäre Organisationen des Geheimdienstes aufzubauen, um die Tätigkeit der Volksmassen ständig zu überwachen und einzuschränken.
- ↑ Der sowjetisch-deutsche Nichtangriffspakt wurde am 23. August 1939 abgeschlossen.
- ↑ Im Oktober 1939 begann Italien die bewaffnete Aggression gegen Abessinien und hatte es im Mai 1936 vollständig besetzt. Im Juli 1936 begannen Deutschland und Italien gemeinsam eine bewaffnete Intervention in Spanien und unterstützten die Meuterei des Faschisten Franco, der sich gegen die Volksfrontregierung Spaniens erhoben hatte. Nach einem langwierigen Krieg gegen die Truppen der deutsch-italienischen Interventen und der Franco-Meuterer erlitt die Volksfrontregierung im März 1939 schließlich eine Niederlage. Im März 1938 besetzten deutsche Truppen Österreich, im Oktober des gleichen Jahres das Sudetengebiet in der Tschechoslowakei und im März 1939 die gesamte Tschechoslowakei. Infolge der Duldung und Ermunterung durch die "Nichteinmischungs"politik der englischen und der französischen Regierung wurde es den deutschen und italienischen Faschisten möglich, diese tollwütigen Aggressionsakte zu unternehmen und dabei Erfolg zu haben.
- ↑ Im November 1936 schlossen Japan und Deutschland den sogenannten Antikominternpakt. Im November 1937 schloß sich Italien diesem Pakt an.
- ↑ "Chinesen durch Chinesen unterdrücken" war eines der heimtückischen Mittel, die der japanische Imperialismus bei seiner Aggression gegen China anwandte. Die japanischen Imperialisten hatten in China von jeher Kräfte aufgezogen, deren sie sich bedienen wollten, um China von innen her zu spalten und ihre aggressiven Ziele zu erreichen. Nach dem Ausbruch des Widerstandskriegs gegen Japan bedienten sich die japanischen Imperialisten nicht nur der offen projapanischen Elemente, der Clique Wang Djing-wes in der Kuomintang, sondern auch der Kräfte der Tschiangkaischek-Clique, um die Kommunistische Partei, welche die entschiedenste Position im Widerstandskrieg einnahm, in Schach zu halten. Seit 1939 stellten sie ihre Angriffe gegen die Truppen Tschiang Kai-scheks ein und ermunterten ihn auf politischem Gebiet zu antikommunistischen Aktionen. So wurde die Politik der "Unterdrückung der Chinesen durch Chinesen" verwirklicht.
- ↑ Die japanischen Imperialisten plünderten die besetzten Gebiete Chinas grausam aus, um auf diese Weise die materiellen Erfordernisse ihres Aggressionskriegs sicherzustellen. Diese Politik nannten die japanischen Militärmachthaber den "Krieg durch den Krieg ernähren".
- ↑ Während des Widerstandskriegs führten die japanischen Aggressoren bei Angriffen gegen unsere befreiten Volksgebiete die höchst barbarische "Politik des dreifachen Total" durch: "total niederbrennen, total niedermetzeln, total ausplündern". Das bezeichneten sie als "Säuberungsoperationen".
- ↑ Die Zentrale Nachrichtenagentur war die Nachrichtenagentur der Kuomintang; die Zeitung Saodang Bao war das Organ des Militärapparats der Kuomintang-Regierung; Hsinmin Bao war eine der Zeitungen, welche die Interessen der nationalen Bourgeoisie zum Ausdruck brachten.
- ↑ Es handelt sich um die Gebiete unter der Herrschaft der Kuomintang. Während des Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression pflegte man die ausgedehnten Gebiete Südwest- und Nordwestchinas, die von den japanischen Eindringlingen nicht erobert waren und unter der Herrschaft der Kuomintang standen, als das "Große Hinterland" zu bezeichnen zum Unterschied des "Kleinen Hinterlands", wie man die antijapanischen Stützpunktgebiete unter Führung der Kommunistischen Partei hinter dem Rücken des Feindes nannte.
- ↑ In seinem Werk Das Programm des Staatsaufbaus teilte Sun Yat-sen den Prozeß des "Staatsaufbaus" in drei Perioden ein: die erste - die "Periode eines Militärregimes", die zweite - die "Periode einer politischen Vormundschaft" und die dritte - die "Periode einer konstitutionellen Regierungsform". Die Kuomintang-Reaktionäre mit Tschiang Kai-schek an der Spitze bedienten sich lange Zeit dieser Formulierungen Sun Yat-sens - das "Militärregime" und die "politische Vormundschaft" - als Vorwand, um ihre konterrevolutionäre Diktatur durchzuführen und das Volk jeglicher Freiheiten zu berauben.
- ↑ Im Winter 1924, während des zweiten Krieges zwischen der Dschili-Clique und der Fengtiän-Clique, verließ Feng Yü-hsiang, der seinerzeit der Dschili-Clique angehörte, die Front und ließ die Truppen auf Peking marschieren, was zum Sturz des Militärmachthabers Wu Pe-fu führte, der ebenfalls zur Dschili-Clique gehörte. Feng Yü-hsiang lud Sun Yat-sen telegraphisch nach Peking ein. Sun Yat-sen nahm diese Einladung an und reiste am 18. November nach dem Norden ab. Zwei Tage vor der Abreise aus Kanton veröffentlichte er die "Deklaration vor der Abreise nach dem Norden", in der er erneut seine These vom Kampf gegen den Imperialismus und die Militärmachthaber darlegte und zur Einberufung einer Nationalversammlung zur Lösung der vor unserem Land stehenden Probleme aufrief. Diese Deklaration fand die Billigung des gesamten Volkes.
- ↑ Das sowjetisch-französische und das sowjetisch-tschechoslowakische Abkommen über gegenseitige Hilfe wurden im Jahre 1935 geschlossen.
- ↑ Lloyd George war einer der Führer der Liberalen Partei der englischen Bourgeoisie. Während der englisch-französisch-sowjetischen Verhandlungen erklärte er im Parlament: "Den Vorschlag der Sowjetunion ablehnen heißt den Frieden ablehnen."
- ↑ Im Mai 1939 begannen japanische und "mandschurische" Truppen (das heißt die Truppen des Marionettenstaates Mandschukuo) einen Angriff gegen die Truppen der Sowjetunion und der Mongolischen Volksrepublik im Gebiet von Nomonhan an der mandschurisch-mongolischen Grenze. Infolge der heroischen Selbstverteidigung der sowjetischen und der mongolischen Truppen erlitten die japanischen und die "mandschurischen" Truppen eine schwere Niederlage und baten die Sowjetunion um Waffenruhe. Im September wurde in Moskau ein Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Nomonhan unterzeichnet, dessen Inhalt im wesentlichen auf folgendes hinauslief: 1. Beide Seiten stellen unverzüglich die Kampfhandlungen ein; 2. zur Festlegung der Grenze zwischen der Mongolischen Volksrepublik und "Mandschukuti ` im Gebiet des Konflikts wird eine Kommission gebildet, bestehend aus zwei Vertretern Japans und ,.Mandschukuos" einerseits sowie zwei Vertretern der Sowjetunion und der Mongolischen Volksrepublik andererseits.
- ↑ Ende Juli und Anfang August 1938 provozierten japanische Truppen die sowjetischen Truppen bei Dschanggaofeng, an der Stelle, wo die Grenzen Chinas, der Sowjetunion und Koreas zusammenstoßen. Durch starke Gegenstöße der sowjetischen Streitkräfte erlitten die Japaner eine Niederlage und baten um Frieden. Am 11. August wurde in Moskau ein Abkommen über die Einstellung der Kampfhandlungen bei Dschanggaofeng unterzeichnet. Das Abkommen sah vor, daß die Kampfhandlungen unverzüglich eingestellt und die Untersuchungen über die Grenzlinie und ihre endgültige Festlegung einer gemischten Kommission aus zwei Vertretern der Sowjetunion und zwei Vertretern von Seiten Japans und "Mandschukuos" übertragen würden.
- ↑ Ein von Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßter Beschluß.
- ↑ Ein von Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßter Beschluß.
- ↑ Die Schrift "Die chinesische Revolution und die Kommunistische Partei Chinas" ist ein Lehrbuch, das von Genossen Mao Tse-tung zusammen mit einigen anderen Genossen in Yenan Ende 1939 ausgearbeitet wurde. Das 1. Kapitel "Die chinesische Gesellschaft" wurde von diesen Genossen entworfen und dann von Genossen Mao Tse-tung überarbeitet. Das 2. Kapitel "Die chinesische Revolution" schrieb Genosse Mao Tse-tung persönlich. Ein 3. Kapitel, das unter dem Titel "Der Parteiaufbau vorgesehen war, fiel aus, da die Genossen, die damit beauftragt waren, es nicht beendeten. Doch auch die beiden vorhandenen Kapitel, insbesondere das zweite, spielten eine gewaltige erzieherische Rolle in der Kommunistischen Partei Chinas und unter dem chinesischen Volk. Die Ansichten über die neue Demokratie, die Genosse Mao Tse-tung im 2. Kapitel dieser Arbeit äußert, hat er in der Schrift "Über die Neue Demokratie", die er im Januar 1940 geschrieben hat, bedeutend weiterentwickelt.
- ↑ Nach chinesischen Überlieferungen wurde der Kompaß schon vor sehr langer Zeit erfunden. In dem Buch Lüscbi T'schuntjiu aus der Periode der Streitenden Reiche (3. Jahrhundert v. u. Z.) heißt es: "Der Magnet zieht das Eisen an" woraus man schließen kann, daß die Chinesen bereits damals diese Eigenschaft des Magneten gekannt haben. In Lunheng, einem Werk von Wang Tschung zu Beginn der Herrschaft der östlichen Han-Dynastie (Anfang des 1. Jahrhunderts u. Z.), heißt es, daß sich der Stiel eines Löffels aus Magnet-Erz nach dem Pol richtet. Man kann daraus erkennen, daß bereits zu jener Zeit die Eigenschaft des Magneten, zum Pol zu zeigen, bekannt war. Wie aus Büchern anfangs des 15. Jahrhunderts hervorgeht den Büchern von Dschu Yü und Hsü Djing der Sung-Periode-, wurde der Kompaß bereits zu jener Zeit bei Seefahrten verwendet und war weit verbreitet.
- ↑ In der Periode der östlichen Han-Dynastie erfand der Hofeunuch Tsai Lun eine Methode, aus Holzrinde, Flachsabfällen, Lumpen und Fischernetzen Papier herzustellen. Im Jahre 105 u. Z., dem letzten Jahr der Herrschaft des Kaisers Ho Di, überreichte Tsai Lun seine Erfindung dem Kaiser, und seit dieser Zeit wurde diese Methode zur Herstellung eines Papiers verbreitet, das die Bezeichnung ,.Papier des Fürsten Tsai" erhielt.
- ↑ Der Buchdruck wurde in China während der Sui-Dynastie, etwa im Jahre 600, erfunden.
- ↑ In der Regierungsperiode Tjingli (1041-1048) des Kaisers Jen Dsung aus der Sung-Dynastie erfand Bi Scheng die Methode des Druckens mit beweglichen Lettern.
- ↑ Der Überlieferung nach wurde das Schießpulver in China im 9. Jahrhundert erfunden. Im 11. Jahrhundert wurde in China bei Kampfhandlungen bereits Schießpulver für Kanonen verwandt.
- ↑ Das waren die ersten großen Bauernaufstände in China. Im Jahre 209 v. u. Z., im 1. Jahr der Regierungsperiode des Kaisers Örl Schi während der Tjin-Dynastie, stellten sich Tschen Scheng und Wu Guang, die nach einer Garnison unterwegs waren, im Kreis Tjihsiän (im heutigen Kreis Suhsiän der Provinz Anhui) an die Spitze der mit ihnen marschierenden 900 Soldaten zum Aufstand gegen die Tyrannei der Tjin-Dynastie. Das Beispiel machte in ganz China Schule. Hsiang Yü und sein Onkel Hsiang Liang unternahmen einen bewaffneten Aufstand in Wu (heute Kreis Wuhsiän in der Provinz Kiangsu); Liu Bang erhob sich in Pe (heute Kreis Pehsiän in der Provinz Kiangsu - Der Übers.). Während die Armee unter Hsiang Yü die Hauptkräfte der Armee des Tjin-Reiches vernichtete, besetzte die Armee von Liu Bang als erste das Gebiet von Guandschung (in der heutigen Provinz Schensi) und damit die Hauptstadt des Tjin-Staates. Nun begann der Kampf zwischen Liu Bang und Hsiang Yü, in dessen Verlauf Hsiang Yü eine Niederlage erlitt und sich das Leben nahm. Liu Bang ließ sich zum Kaiser ausrufen und gründete die Han-Dynastie, die die Tjin-Dynastie ablöste.
- ↑ Am Ende der Westlichen Han-Dynastie kam es im Land überall zu Bauernunruhen und zu vereinzelten Bauernaufständen. Im Jahre 8 u. Z. stürzte Wang Mang die Han-Dynastie, machte sich zum Kaiser und verkündete einige Reformen, um die Bauernunruhen abklingen zu lassen. Zu dieser Zeit wütete im Süden eine große Hungersnot. Die Hungernden wählten Wang Kuang und Wang Feng, die beide aus Hsinschi (heute im Kreis Djingschan, Provinz Hupeh) stammten, zu ihren Führern und erhoben sich zum Aufstand. Diese Bauernarmee kämpfte sich bis zur Stadt Nanyang vor und nannte sich "Truppen aus Hsinschi". In Pinglin (im Nordosten des heutigen Kreises Suihsiän der Provinz Hupeh) erhob sich Tschen Mu mit mehr als tausend Mann. Seine Abteilung erhielt die Bezeichnung "Truppen aus Pinglin". "Tschime" (Rote Augenbrauen) und "Tungma" (Kupferne Pferde) waren ebenfalls Armeen aufständischer Bauern zur Zeit von Wang Mang. Die "Tungma" erhoben sich im zentralen Teil der Provinz Hopeh, die "Tschime" im mittleren Teil der Provinz Schantung. Der Führer der "Roten Augenbrauen" war Fan Tschung. Der Name rührte davon her, daß sich alle Teilnehmer des Aufstands die Augenbrauen rot färbten. Das war seinerzeit die größte Armee aufständischer Bauern.
- ↑ Im Jahre 184 u. Z., während der Herrschaft von Ling Di, einem Kaiser der Östlichen Han-Dynastie, brach ein Bauernaufstand unter der Führung von Dschang Djiao aus; als Erkennungszeichen trugen die Aufständischen gelbe Turbane.
- ↑ Am Ende der Sui-Dynastie, Anfang des 7. Jahrhunderts, brachen überall Bauernaufstände aus. Li Mi und Dou Djiän-dö waren Führer der damaligen Aufstände in Honan bzw. Hopeh und befehligten mächtige Armeen.
- ↑ Im Jahre 874 (in der Regierungsperiode des Tang-Kaisers Hsi Dsung) stellte sich Wang Hsiän-dschi an die Spitze eines Aufstands in Schantung. Im folgenden Jahr sammelte Huang Tschao das Volk um sich, um Wang Hsiän-dschi zu unterstützen. Vgl. die Arbeit "Über die Berichtigung falscher Ansichten in der Partei", Anmerkung 2, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 131 f.
- ↑ Sung Djiang und Fang La waren zwei bekannte Führer der Bauernaufstände im Norden und Süden Chinas in der Regierungsperiode Hsüanho des Kaisers Hui Dsung der Sung-Dynastie zu Beginn des 12. Jahrhunderts. Sung Djiang operierte im Grenzgebiet von Schantung, Hopeh, Honan und Kiangsu, Fang La dagegen im Gebiet der Provinzen Tschekiang und Anhui.
- ↑ Im Jahre 1351, dem 11. Jahr der Regierungsperiode Dschidscheng des Kaisers Schun Di der Yüan-Dynastie, kam es überall zu Volksaufständen. Dschu Yüandschang aus Fengyang in der Provinz Anhui trat in die Armee der Aufständischen ein, die von Guo Dsi-hsing geführt wurde; als Guo Dsi-hsing statt, setzte sich Dschu Yüan-dschang an die Spitze der Aufständischen. Er stürzte schließlich die Herrschaft der mongolischen Dynastie, wurde Kaiser und begründete die Ming-Dynastie.
- ↑ Großbritannien und Frankreich führten von 1856 bis 1860 gemeinsam einen Aggressionskrieg gegen China, wobei sie die Unterstützung der USA und des zaristischen Rußland erhielten. Die Regierung der Tjing-Dynastie richtete damals ihre ganze Energie darauf, die Bauernrevolution des Taiping-Tiänguo niederzuschlagen, und betrieb eine Politik des passiven Widerstands gegen die ausländischen Aggressoren. Die vereinten Truppen Englands und Frankreichs besetzten wichtige Großstädte wie Kanton, Tientsin und Peking, plünderten den Yüanmingyüan-Palast in Peking und brannten ihn nieder, zwangen die Tjing-Regierung, den "Vertrag von Tientsin" und den "Vertrag von Peking" zu unterzeichnen. Diese Verträge legten hauptsächlich fest, daß Tientsin, Niudschuang, Dengdschou, Taiwan, Danschui, Tschaodschou, Tjiungdschou, Nanking, Dschendjiang, Djiudjiang und Hankou als Handelshäfen geöffnet werden, und sahen Privilegien für Ausländer für Reisen und Missionstätigkeit im Inneren Chinas sowie für die Binnenschiffahrt vor. Von diesem Zeitpunkt an breiteten sich die ausländischen Aggressionskräfte über alle Küstenprovinzen Chinas aus und drangen tief ins Land ein.
- ↑ In den Jahren 1884/85 machten die französischen Aggressoren bewaffnete Einfälle in Vietnam und auf die chinesischen Gebiete Kuangsi, Fukien, Taiwan und Tschekiang. Die chinesischen Truppen leisteten unter Führung von Feng Dsi-tsai und Liu Yung-fu energisch Widerstand und errangen wiederholt Siege. Obwohl der Krieg siegreich beendet wurde, unterzeichnete die verfaulte Regierung der TjingDynastie gegen jedwede Vernunft den erniedrigenden "Vertrag von Tientsin".
- ↑ lm Jahre 1900 sandten acht imperialistische Mächte-Großbritannien, die USA, Deutschland, Frankreich, Rußland, Japan, Italien und Österreich-Ungarn gemeinsam Truppen zum Angriff auf China, um die Yihotuan-Widerstandsbewegung des chinesischen Volkes gegen die Aggression niederzuschlagen. Das chinesische Volk wehrte sich heldenhaft. Die verbündeten Streitkräfte der acht Mächte eroberten Dagu und besetzten Tientsin und Peking. 1901 schloß die Regierung der Tjing-Dynastie mit den acht imperialistischen Ländern den Vertrag von 1901", der in der Hauptsache vorsah, daß China diesen Ländern die enorme Summe von 450 Millionen Silbertaler als Kriegsentschädigung zahlt und daß die imperialistischen Staaten das widerrechtliche Privileg besitzen, Truppen in Peking und im Gebiet zwischen Peking, Tientsin und Schanhaiguan zu stationieren.
- ↑ Das Recht der konsularischen Gerichtsbarkeit ist eins der in den ungleichen Verträgen vorgesehenen Privilegien, die von den imperialistischen Staaten den alten chinesischen Regierungen aufgezwungen wurden. Erstmalig wurde dieses Recht durch den chinesisch-englischen Vertrag von Humen (1843) und durch den chinesisch-amerikanischen Vertrag von Wanghsia (1844) festgelegt. Dieses Privileg besagte: In China lebende Bürger der Staaten, die das Recht der konsularischen Gerichtsbarkeit genossen, konnten als Angeklagte in einem Zivil- oder Strafprozeß nicht vor ein chinesisches Gericht zitiert, sondern nur vom Konsul ihres eigenen Landes verhört werden.
- ↑ Ende des 19. Jahrhunderts begannen die imperialistischen Staaten, die in China eingedrungen waren, je nach ihrer wirtschaftlichen und militärischen Macht in China bestimmte Gebiete Chinas als ihre Einflußsphären festzulegen. So wurden z. B. das Gebiet am Mittel- und Unterlauf des Yangtse zur Einflußsphäre Großbritanniens, die Provinzen Yünnan, Kuangsi und Kuangtung zur Einflußsphäre Frankreichs, die Provinz Schantung zur Einflußsphäre Deutschlands, die Provinz Fukien zur Einflußsphäre Japans. Die Drei Nordöstlichen Provinzen (Liaoning, Kirin und Heilungkiang [Der Übers.]) wurden zuerst zur Einflußsphäre des zaristischen Rußland; nach dem Russisch-Japanischen Krieg von 1905 wurde ihr südlicher Tei) zur Einflußsphäre Japans.
- ↑ Nachdem die imperialistischen Staaten die Regierung der Tjing-Dynastie gezwungen hatten, gewisse Orte an der Küste und an den Flüssen als offene Handelshäfen anzuerkennen, bemächtigten sie sich mit Gewalt einiger Gebiete an den Orten, die sie für günstig hielten, und verwandelten sie in ihre "Konzessionen". In diesen "Konzessionen" führten sie ihr besonderes Herrschaftssystem ein, ein System, das von dem chinesischen Verwaltungssystem und der chinesischen Gerichtsbarkeit völlig unabhängig war, das heißt ein imperialistisches Kolonialregime. Gleichzeitig hielt der Imperialismus durch derartige "Konzessionen" die Herrschaft der chinesischen Feudal- und Kompradorenklasse direkt oder indirekt unter seiner politischen und wirtschaftlichen Kontrolle. Während der Revolution von 1924-1927 entfalteten die revolutionären Massen unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas die Bewegung für die Rückgabe der Konzessionen und nahmen im Januar 1927 von den Engländern die Konzessionen in Hankou und Djiudjiang zurück. Nach dem Verrat Tschiang Kai-scheks an der Revolution bestanden jedoch die Konzessionen der Imperialisten in verschiedenen Teilen Chinas unverändert fort.
- ↑ Zitiert aus den "Thesen über die revolutionäre Bewegung in den Kolonien und Halbkolonien" des VI. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale. 22 Zitiert aus "Die Revolution in China und die Aufgaben der Kommintern", eine Rede, die J. W. Stalin am 24. Mai 1927 auf der 8. Plenartagung des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale hielt.
- ↑ Li Lin-fu (8. Jh.) war ein Premierminister in der Regierungszeit des Tang-Kaisers Hsüan Dsung. Er versuchte stets mit allen Mitteln, diejenigen aus dem Weg zu räumen, die über größere Fähigkeiten verfügten, ein höheres Ansehen genossen oder vom Kaiser bevorzugt behandelt wurden. Zwar stellte er sich ihnen gegenüber sehr freundlich, sagte auch schönklingende Worte, fügte ihnen aber in Wirklichkeit auf heimtückische Weise Schaden zu. Daher wurde Li Lin-fu bezeichnet als ein Mann mit "Honig im Mund und Galle im Herzen".
- ↑ Norman Bethune, ein bekannter Arzt, war Mitglied der Kommunistischen Partei Kanadas. Im Jahre 1936, als Spanien von den deutschen und italienischen faschistischen Banditen überfallen wurde, ging er an die Front und diente dem spanischen Volk, das gegen den Faschismus kämpfte. Nachdem 1937 in China der Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression ausgebrochen war, kam er an der Spitze einer Gruppe kanadischer und amerikanischer Mediziner in die befreiten Gebiete Chinas. Im April 1938 begab er sich über Yenan in das Grenzgebiet Schansi-Tschahar-Hopeh und arbeitete dort zwei Jahre. Seine Aufopferung, seine Begeisterung in der Arbeit und sein Verantwortungsgefühl waren ein nachahmungswürdiges Vorbild. Bei der Operation eines schwerverwundeten Soldaten zog er sich eine Blutvergiftung zu und starb am 12. November 1939 im Kreis Tanghsiän der Provinz Hopeh.
- ↑ Die Zeitschrift Dschungguo Zenbua wurde im Januar 1940 in Yenan gegründet. Der vorliegende Artikel erschien zuerst in ihrer ersten Nummer.
- ↑ Kemal war ein Repräsentant der türkischen Handelsbourgeoisie nach dem ersten Weltkrieg. Zu jener Zeit veranlaßten die britischen Imperialisten ihren Vasallen Griechenland, eine bewaffnete Aggression gegen die Türkei zu unternehmen, Das türkische Volk besiegte im Jahre 1922 mit sowjetischer Hilfe die griechischen Truppen. Im Jahre 1923 wurde Kemal zum Präsidenten der Türkei gewählt. Stalin sagte: Die kemalistische Revolution ist die Revolution einer Oberschicht, die Revolution der nationalen Handelsbourgeoisie, zu der es im Verlauf des Kampfes gegen die fremdländischen Imperialisten kam und die sich in ihrer weiteren Entwicklung im Grunde genommen gegen die Bauern und Arbeiter, ja gegen die Möglichkeiten einer Agrarrevolution richtet. Vgl. J. W. Stalin, "Eine Besprechung mit Studenten der Sun-Yat-sen-Universität".
- ↑ Aus einer Deklaration über die Herstellung der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei, die das ZK der KPCh im September 1937 veröffentlichte.
- ↑ Tschen Li-fu, eins der Oberhäupter des Geheimdienstes der Tschiangkaischek-Clique, hatte einige reaktionäre Strolche angeworben, die ein von Unsinnigkeiten strotzendes Machwerk fabrizierten, das mit Vitalismus betitelt war. Dieses Geschreibsel, das unter dem berüchtigten Namen des Tschen Li-fu erschien, machte Reklame für den Faschismus der Kuomintang.
- ↑ Diese Losung wurde schamlos von dem Militärmachthaber Yän Hsi-schan propagiert, einem Vertreter der großen Grundherren und Kompradoren der Provinz Schansi.
- ↑ Waag Djing-we schrieb, nachdem er 1927 die Revolution verraten hatte, einen Artikel unter der Überschrift "Kampf gegen die Angriffe von beiden Seiten".
- ↑ Stalin hielt am 30. März 1925 in der jugoslawischen Kommission des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale die Rede "Zur nationalen Frage in Jugoslawien"; er sagte: . . . daß die Bauernschaft die Hauptarmee der nationalen Bewegung abgibt, daß es ohne Bauernarmee keine machtvolle nationale Bewegung gibt noch geben kann. Die nationale Frage dem Wesen der Sache nach eine Bauernfrage ist.
- ↑ Als Genosse Mao Tse-tung Nachdruck auf die revolutionären Stützpunktgebiete in den Gegenden legte, verhöhnten dies die Dogmatiker in der Kommunistischen Führung eine "Theorie des In-die-Berge-Gehens". Genosse Mao Tse-tung benutzt hier den spöttischen Ausdruck der Dogmatiker, um die gewaltige Rolle der revolutionären Stützpunktgebiete auf dem Lande darzutun.
- ↑ Mit den "zur europäisch-amerikanischen Fraktion gehörenden Kulturschaffenden" sind jene Leute gemeint, deren Vertreter Hu Schi und andere waren.
- ↑ Die "pauschale Verwestlichung" wurde von einem Teil der bürgerlichen Fachgelehrten befürwortet. Sie priesen vorbehaltlos die längst überlebte westliche bürgerliche Kultur, deren Kernstück der Individualismus ist, und forderten, daß China alles, was es in den kapitalistischen Ländern Europas und Amerikas gibt, restlos nachahme. Sie nannten das "pauschale Übernahme alles aus dem Westen Kommenden".
- ↑ Eine innerparteiliche Direktive, verfaßt vom Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.
- ↑ Es handelt sich um das landesverräterische Geheimabkommen "Programm für die Neuregelung der Beziehungen zwischen Japan und China", das von Wang Djing-we mit den japanischen Eindringlingen Ende 1939 abgeschlossen wurde. Sein Hauptinhalt lief auf folgende Punkte hinaus: 1. Der Nordosten Chinas wird an Japan abgetreten; die mongolischen Gebiete (gemeint sind die damaligen Provinzen Suiyüan und Tschahar, außerdem Nordschensi), Nordchina, der Unterlauf des Yangtse und die Inseln Südchinas werden als "Zone des verstärkten Zusammenschlusses zwischen Japan und China" festgelegt und sollen längere Zeit von japanischen Truppen besetzt bleiben. 2. Die Marionettenmacht von der Zentralregierung bis zu den örtlichen Verwaltungen - wird gänzlich durch die japanischen Berater oder Angestellten überwacht. 3. Die Marionettentruppen und die Marionettenpolizei sollen durch japanische Instrukteure ausgebildet werden, auch ihre Bewaffnung soll Japan liefern. 4. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Marionettenregierung, die Industrie, die Landwirtschaft und das Verkehrswesen werden unter japanische Kontrolle gestellt; Japan wird das Recht eingeräumt, alle Naturschätze nach Belieben auszubeuten. 5. Jede Tätigkeit gegen die japanische Aggression wird verboten.
- ↑ Rede des Genossen Mao Tse-tung auf einer Massenkundgebung in Yenan zur Anprangerung Wang Djing-wes.
- ↑ Am 11. November 1939 umzingelten Geheimagenten und Truppenteile der Kuomintang des Kreises Tjüäschan, Provinz Honan, in einer Gesamtstärke von mehr als 1500 Mann die Hinterlandsverwaltungsstelle der Neuen Vierten Armee im Marktflecken Dschugou, Kreis Tjüäschan, und ermordeten bestialisch insgesamt über 200 Menschen-Kader und Kämpfer der Neuen Vierten Armee, die im Widerstandskrieg gegen Japan verwundet worden waren, sowie deren Familienangehörige.
- ↑ Mit den alten Truppen sind die Truppen des Kuomintang-Militärmachthabers in Schansi, Yän Hsi-schan, gemeint. Unter den neuen Truppen sind die antijapanischen Streitkräfte der Volksmassen der Provinz Schansi zu verstehen, die zu Beginn des Krieges unter dem Einfluß und unter der Führung der Kommunistischen Partei aufgestellt worden waren und auch Antijapanische Todesabteilungen genannt wurden. Im Dezember 1939 versuchten Tschiang Kai-schek und Yän Hsi-schan die neuen Truppen zu vernichten, und griffen diese an, nachdem sie im Westen ~der Provinz Schansi sechs Korps zusammengezogen hatten; aber ihr Angriff wurde durch den Gegenangriff der neuen Truppen zerschlagen. Gleichzeitig zerstörten die Truppen Yän Hsi-schans die antijapanischen demokratischen Kreisverwaltungen und Massenorganisationen im Gebiet von Yangtscheng-Djintscheng im Südosten der Provinz Schansi und mordeten eine große Anzahl von Kommunisten und anderen fortschrittlichen Menschen.
- ↑ Dschang Yin-wu war Befehlshaber der Sicherheitstruppen der Kuomintang-Bande in der Provinz Hopeh. Seit 1939 organisierte er auf Anweisung Tschiang Kai-scheks ununterbrochen Angriffe gegen die Achte Route-Armee. Im Juni desselben Jahres überfiel er mit seinen Einheiten überraschend die Hinterlandsverwaltungsstellen der Achten Route-Armee im Kreis Schenhsiän in der Provinz Hopeh, und sie töteten bestialisch über 400 Kader und Kämpfer der Achten Route-Armee.
- ↑ Im April 1939 gab der Gouverneur der Kuomintang-Provinzregierung von Schantung, Schen Hung-liä, den Banden Tjin Tji-jungs die Weisung, in Boschan einen Überraschungsangriff gegen die 3. Partisanenabteilung der Schantung-Kolonne der Achten Route-Armee zu führen. Während des Überfalls wurden über 400 Menschen der Achten Route-Armee bestialisch getötet, darunter auch Kader im Range bis zum Regimentskommandeur.
- ↑ Im September 1939 konzentrierte der Kuomintang-Reaktionär von Osthupeh, Tscheng Ju-huai, seine Banden, umstellte die Hinterlandsverwaltungsstellen der Neuen Vierten Armee und metzelte etwa 500-600 Kommunisten nieder.
- ↑ Die Geheimagenten und Spione der Kuomintang, die im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia operierten, schufen in den Städten des Grenzgebiets ihre Stützpunkte, verbanden sie durch Linien und führten auf diese Weise ihre konterrevolutionäre Arbeit durch. Sie selbst bezeichneten das als "Punkte-Linien-Arbeit".
- ↑ Im Winter 1939 und im Frühjahr 1940 besetzten die Kuomintang-Truppen im Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia fünf Kreiszentren, und zwar Tschunhua, Hsünyi, Dschengning, Ninghsiän und Dschenyüan.
- ↑ In der Periode des Widerstandskriegs gegen Japan ahmten die Kuomintang-Reaktionäre die Methoden der deutschen und der italienischen Faschisten nach und richteten viele Konzentrationslager ein, angefangen mit Landschou und Sian in Nordwestchina bis Gandschou und Schangiao im Südosten. Sie sperrten dort eine große Anzahl verhafteter Kommunisten, Patrioten und fortschrittlicher Jugendlicher ein.
- ↑ Nach dem Fall von Wuhan im Oktober 1938 intensivierte die Kuomintang immer mehr ihre antikommunistische Tätigkeit. Im Februar 1939 verschickte Tschiang Kai-schek vertraulich solche reaktionären Dokumente wie "Maßnahmen zur Behandlung der Frage der Kommunistischen Partei" und , Maßnahmen zur Verhütung der Tätigkeit der Kommunistischen Partei in den von Japan besetzten Gebieten". In den Gebieten unter der Kuomintang-Herrschaft und in Zentral- und Nordchina verstärkten sich von Tag zu Tag der politische Druck und die militärische Offensive gegen die Kommunistische Partei. In der Periode von Dezember 1939 bis März 1940 erreichte das den Höhepunkt, der als die erste antikommunistische Kampagne bezeichnet wurde. Die Angriffe der reaktionären Kuomintang-Truppen auf das Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia in den Provinzen Schensi und Kansu und auf die von der Kommunistischen Partei geführten Antijapanischen Todesabteilungen in Westschansi - zwei Angriffe, von denen Genosse Mao Tse-tung in dieser Arbeit spricht - waren große militärische Operationen, die von der Kuomintang während dieser ersten antikommunistischen Kampagne unternommen wurden. Später, im Februar/März 1940, gab Tschiang Kai-schek dem Kuomintang-Reaktionär Dschu Huai-bing den Befehl, zu veranlassen, daß sich die Banden von Pang Bing-hsün, Dschang Yin-wu und Hou Ju-yung unter dessen Kommando zusammenrotten und in drei Kolonnen die Achte Route-Armee im Gebiet des Taihang-Gebirges angreifen. Dieser Angriff wurde von der Achten Route-Armee völlig zerschlagen, drei Kuomintang-Divisionen wurden vernichtet, und auf diese Weise war die von Tschiang Kai-schek begonnene erste antikommunistische Kampagne endgültig erledigt.
- ↑ Später stieg die Anzahl der japanischen Truppen, die den von der Kommunistischen Partei Chinas geführten Truppen gegenüberstanden, weiter an. Im Jahre 1943 kämpften die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee bereits gegen 64 Prozent aller japanischen Aggressionstruppen und gegen 95 Prozent der gesamten Marionettenarmee. Siehe die Arbeit "Über die Koalitionsregierung", Abschnitt "Zwei Kriegsschauplätze", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III.
- ↑ Gemeint sind manche Kuomintang-Leute, die sich auf den Kampf gegen die Kommunisten spezialisiert hatten.
- ↑ Damals erhielten die Angehörigen der antijapanischen Truppen und Machtorgane, die unter Führung der Kommunistischen Partei standen, monatlich im Durchschnitt 5 Yüan in Silber pro Kopf für Verpflegung und sonstige Ausgaben.
- ↑ Ein offenes Telegramm, das von Genossen Mao Tse-tung für die Massenkundgebung in Yenan zur Anprangerung Wang Djing-wes geschrieben wurde.
- ↑ Dschou Hsing und Lai Djün-tschen waren grausame Beamte Wu Dsö-tiäns, einer Kaiserin der Tang-Dynastie, Ende des 7. Jahrhunderts. Sie organisierten ein weit gespanntes Spionagenetz, setzten nach Gutdünken mit erfundenen Anklagen die ihnen nicht genehmen Menschen fest und ermordeten sie mit allen brutalen Foltermitteln.
- ↑ Liu Djin war ein Eunuch Wu Dsungs, eines Kaisers der Ming-Dynastie, im 16. Jahrhundert. We Dschung-hsiän war ein Eunuch Hsi Dsungs, eines Kaisers der Ming-Dynastie, im 17. Jahrhundert. Mit Hilfe eines riesigen Apparats der Geheimpolizei verschafften sie sich eine große Macht und stellten das Volk unter ihre Kontrolle, indem sie es weder frei sprechen noch frei handeln ließen. Jeder, der ihnen entgegentrat, wurde Verfolgungen ausgesetzt und zu Tode gefoltert.
- ↑ Gemeint ist der damalige reaktionäre militärische Rädelsführer der Kuomintang in Sian, Djiang Ding-wen.
- ↑ Die Monatsschrift Der chinesische Arbeiter erschien erstmalig im Februar 1940 in Yenan. Sie wurde unter Anleitung der Kommission für die Gewerkschaftsbewegung beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas herausgegeben.
- ↑ Ein von Genossen Mao Tse-tung für die Yenaner Zeitung Hsindschungbua Bao anläßlich des ersten Jahrestags ihrer Gründung verfaßter Artikel.
- ↑ "Liga der Selbstaufopferung" - abgekürzte Bezeichnung für die "Liga der Selbstaufopferung zur Rettung des Vaterlands in Schansi", eine lokale antijapanische Massenorganisation, die 1936 in der Provinz Schansi gegründet wurde. Diese Organisation arbeitete eng mit der Kommunistischen Partei zusammen und spielte im Widerstandskrieg in Schansi eine wichtige Rolle. Im Dezember 1934 ging Yän Hsischan in Westschansi offen dazu über, die Liga der Selbstaufopferung zu zerschlagen, und viele Kommunisten, Funktionäre der Liga und fortschrittliche Vertreter der Volksmassen wurden bestialisch ermordet.
- ↑ Von 1939 an errichtete die Kuomintang unter dem Aushängeschild "Gästehaus" beim Jugendverband der Drei Volksprinzipien, einem fügsamen Werkzeug der Kuomintang, an der Landstraße Hsiänyang-Yülin und an der Lunghai-Eisenbahn zahlreiche Sperren. An diesen Sperren nahmen Agenten des Geheimdienstes in Zusammenarbeit mit den Kuomintang-Truppen fortschrittliche Jugendliche und Intellektuelle fest, die nach dem Grenzgebiet Schensi-Kansu-Ningsia unterwegs waren oder aus diesem Gebiet kamen. Die Festgenommenen wurden in Konzentrationslager eingesperrt, dort grausam ermordet oder zu Spitzeldiensten gezwungen.
- ↑ Rede des Genossen Mao Tse-tung in Yenan auf einer Versammlung der Gesellschaft zur Ankurbelung einer konstitutionellen Regierungsform. Zu jener Zeit waren viele Genossen in der Partei - verwirrt durch die verlogene Propaganda Tschiang Kai-scheks für die sogenannte Verwirklichung einer konstitutionellen Regierungsform - der Meinung, daß die Kuomintang diese in der Tat einführen könnte. In dieser Rede entlarvte Genosse Mao Tse-tung den Betrug Tschiang Kai-scheks, riß ihm die Waffe der Propaganda für die Errichtung einer konstitutionellen Regierungsform aus den Händen und verwandelte diese Propaganda in ein Mittel zum Wachrütteln des Bewußtseins des Volkes, damit es von Tschiang Kai-schek Demokratie und Freiheit forderte. Infolgedessen mußte Tschiang Kai-schek schleunigst auf seine Demagogie verzichten und wagte es im Verlauf des gesamten Widerstandskriegs gegen die japanische Aggression nicht mehr, mit der Propaganda für eine sogenannte konstitutionelle Regierungsform aufzutreten.
- ↑ Genosse Wu Yü-dschang war damals Vorsitzender der Yenaner Vereinigten Gesellschaft zur Ankurbelung einer konstitutionellen Regierungsform.
- ↑ Gemeint ist die reaktionäre Kuomintang-Clique mit Tschiang Kai-schek an der Spitze.
- ↑ Der Militärmachthaber des Nordens Tsao Kun bestach im Jahre 1923 590 Parlamentsabgeordnete, indem er ihnen 5000 Yüan in Silber je Stimme zahlte, und wurde so zum "Präsidenten" der Republik gewählt. Danach wurde eine Verfassung verkündet, die von den bestochenen Abgeordneten verfaßt worden war. Diese Verfassung erhielt die Bezeichnung "Verfassung Tsao Kuns" oder "Verfassung der bestochenen Abgeordneten".
- ↑ Li Yüan-hung war Kommandeur der 21. gemischten Brigade der Neuarmee der Tjing-Dynastie. Im Jahre 1911 sah er sich während des Wutschang-Aufstands gezwungen, auf die Seite der Revolution zu treten, und wurde von der revolutionären Armee als Militärgouverneur der Provinz Hupeh eingesetzt. In der Periode der Herrschaft der Militärmachthaber des Nordens war er Vizepräsident und später Präsident der Republik.
- ↑ Feng Guo-dschang war einer der Handlanger Yüan Schi-kais und nach dessen Tod das Haupt der Dschili (Hopeh)-Clique der Militärmachthaber des Nordens. Im Jahre 1917 verjagte er Li Yüan-hung und machte sich zum Präsidenten der Republik auf dem Territorium, das der Peking-Regierung unterstand.
- ↑ Hsü Schi-tschang war ein Politiker aus der Clique der Militärmachthaber des Nordens. Im Jahre 1918 wählte das Parlament, das ein gehorsames Werkzeug Duan Tji-juis war, Hsü Schi-tschang zum Präsidenten der Republik.
- ↑ Der Politische Nationalrat war eine Organisation, die ausschließlich beratenden Charakter hatte und die die Kuomintang-Regierung nach Beginn des Widerstandskriegs gegen Japan zu schaffen gezwungen war. Alle Mitglieder des Politischen Nationalrats wurden von der Kuomintang-Regierung in den Rat "berufen". Formell gehörten dem Rat Vertreter der verschiedenen antijapanischen Parteien und Gruppen an, aber die Mitglieder der Kuomintang bildeten die überwältigende Mehrheit. Dem Politischen Nationalrat stand nicht das Recht zu, die Politik und die Maßnahmen der Kuomintang-Regierung irgendwie in bindender Form zu beeinflussen. Weil Tschiang Kai-schek und die Kuomintang von Tag zu Tag reaktionärer wurden, wuchs auch die Anzahl der Vertreter der reaktionären Kuomintang-Clique und der anderen Reaktionäre unter den Mitgliedern des Politischen Nationalrats ständig, während sich die Anzahl der Vertreter der demokratischen Kreise immer mehr verringerte und deren Redefreiheit immer stärker eingeschränkt wurde; deshalb wurde der Rat mit jedem Tag immer mehr zum bloßen willfährigen Werkzeug der reaktionären Kuomintang-Clique. Aus Protest gegen die reaktionären Maßnahmen der Kuomintang weigerten sich im Jahre 1941 nach den Ereignissen von Südanhui die Mitglieder des Politischen Nationalrats, die der Kommunistischen Partei Chinas angehörten, mehrere Male, an den Sitzungen des Rates teilzunehmen.
- ↑ Im September 1939 faßte die 4. Tagung des Politischen Nationalrats auf Vorschlag der Vertreter der Kommunistischen Partei und demokratischer Persönlichkeiten anderer Parteien und Gruppen den Beschluß, von der Kuomintang-Regierung die Festsetzung eines Termins für die Einberufung der Nationalversammlung zur Einführung einet konstitutionellen Regierungsform zu fordern. Im November desselben Jahres erklärte die 6. Plenartagung des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang, die Nationalversammlung werde zum 12. November 1940 einberufen. Die Kuomintang machte sich das für die Entfaltung ihrer verlogenen Propaganda zunutze. Dieses Versprechen ist nicht erfüllt worden.
- ↑ Am 12. Dezember 1915 ließ sich Yüan Schi-kai zum Kaiser ausrufen, mußte aber am 22. März 1916 den Kaisertitel abschaffen.
- ↑ Eine von Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas ausgearbeitete parteiinterne Direktive.
- ↑ Diese Arbeit ist der Grundriß eines Referats, das Genosse Mao Tse-tung auf einer Konferenz höherer Parteifunktionäre in Yenan gehalten hat.
- ↑ Eine von Genossen Mao Tse-tung verfaßte Direktive des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas an das Südostbüro. Damals, als Genosse Mao Tse-tung diese Direktive schrieb, vertrat Genosse Hsiang Ying, Mitglied des Zentralkomitees der Partei und Sekretär des Südostbüros, stark rechtsgerichtete Ansichten. Er hatte die Politik des Zentralkomitees nicht konsequent durchgeführt, hatte nicht den Mut, die Massen kühn zu mobilisieren, die befreiten Gebiete und die bewaffneten Kräfte des Volkes auf dem von Japan besetzten Territorium zu vergrößern. Er unterschätzte den Ernst der reaktionären Angriffe der Kuomintang und war deshalb auf solche Angriffe weder ideologisch noch organisatorisch vorbereitet. Nach dem Eingang dieser Direktive des Zentralkomitees ging Genosse Tschen Yi, Mitglied des Südostbüros des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas und Befehlshaber der 1. Abteilung der Neuen Vierten Armee, unverzüglich an ihre Ausführung, während Genosse Hsiang Ying sie nach wie vor nicht ausführen wollte. Genosse Hsiang Ying traf weiterhin keine Vorbereitungen, einem möglichen reaktionären Angriff der Kuomintang zu begegnen, so daß er im Januar 1941, als Tschiang Kai-schek die Ereignisse von Südanhui provozierte, in eine ohnmächtige, hilflose Lage geriet; unsere Truppen in Südanhui - 9000 Mann - wurden völlig vernichtet, und auch Genosse Hsiang Ying selbst wurde von den Reaktionären ermordet.
- ↑ Gu Dschu-tung, Leng Hsin und Han Dö-tjin waren reaktionäre Generale, die von der Kuomintang-Regierung nach Kiangsu, Tschekiang, Südanhui, Kiangsi und anderen Gebieten abkommandiert wurden.
- ↑ Gemeint sind einige Truppenteile der Neuen Vierten Armee unter dem Befehl der Genossen Yä Fe und Dschang Yün-yi, die zu jener Zeit im Gebiet nördlich des Yangtse - in Mittelkiangsu und Ostanhui - den Partisanenkrieg gegen die japanische Aggression entfalteten und ein antijapanisches Stützpunktgebiet schufen.
- ↑ Im März/April 1940 entfalteten Li Pin-hsiän, Gouverneur der Provinzregierung der Kuomintang in der Provinz Anhui, und Li Dsung-jen, Oberbefehlshaber der 9. Kriegszone, (beide gehörten der Militärmachthaberclique von Kuangsi an) einen großangelegten Angriff gegen die Einheiten der Neuen Vierten Armee, die sich an der Grenze der Provinzen Anhui und Hupeh befanden. Der Befehlshaber der Truppenteile der Neuen Vierten Armee im Gebiet nördlich des Yangtse, Genosse Dschang Yün-yi, und der Befehlshaber der Hupeh-Honan-Stoßkolonne, Genosse Li Hsiän-niän, protestierten energisch gegen diese verbrecherischen Handlungen, die den Kampf gegen die japanische Aggression untergraben sollten, und leisteten dem Angriff Widerstand.
- ↑ Es handelt sich um die rechtsopportunistischen Fehler Tschen Du-hsius.
- ↑ Gemeint sind die Ultrakonservativen der Kuomintang mit Tschiang Kai-schek an der Spitze.
- ↑ Im Januar 1940 warf das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas, um den antijapanischen Kampf der Neuen Vierten Armee im Gebiet nördlich des Huai-Flusses sowie in Ostanhui und Nordkiangsu zu unterstützen, über 20000 Soldaten der Achten Route-Armee aus Nordchina nach dem Süden; diese trafen in Nordkiangsu ein.
- ↑ Die Tschiangkaischek-Clique bezeichnete ihre eigenen Truppen als "Zentralarmee" und die Kuomintang-Truppen aller anderen Cliquen als "buntscheckige Heerhaufen". Diese wurden von der Tschiangkaischek-Clique diskriminiert, schlechter behandelt als jene.
- ↑ Gemeint sind Gruppen und Einzelpersonen innerhalb der Kuomintang, die eine bestimmte Zeit hindurch keine besondere Aktivität im Kampf gegen die Kommunistische Partei zeigten oder eine neutrale Haltung einnahmen.
- ↑ Wenn auch die "Zentralarmee" die eigenen Truppen der Tschiangkaischek-Clique waren, gab es doch in ihr Offiziere und einzelne Einheiten, die während des Widerstandskriegs keine besondere Aktivität im Kampf gegen die Kommunistische Partei zeigten oder eine neutrale Haltung einnahmen. Sie sind es, die mit der "Mittelgruppe in der Zentralarmee" gemeint sind.
- ↑ Das Südostbüro war die Vertretung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas im Südost-Gebiet, die hier in der Zeit von 1938 bis 1941 die Arbeit leitete. Dieses Gebiet umfaßte die Provinzen Kiangsu, Tschekiang, Anhui, Kiangsi, Hupeh und Hunan.
- ↑ Eine parteiinterne Direktive; die Genosse Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßt hat.
- ↑ Wang Yi-tang war ein hoher Bürokrat in der Periode der Militärmachthaber des Nordens und ein projapanischer Landesverräter. Nach den Nordchina-Ereignissen vom Jahre 1935 wurde er von Tschiang Kai-schek aus dem Ruhestand zurückgerufen und trat in den Dienst der Kuomintang-Regierung. Im Jahre 1938 diente er den Japanern als Marionette in Nordchina und wurde zum Oberhaupt der Marionettenbehörde "Politischer Rat von Nordchina" gemacht.
- ↑ Schi Yu-san war einer der Kuomintang-Militärmachthaber, der häufig von einer Seite zur anderen überging. Et war nach Ausbruch des Widerstandskriegs Oberkommandierender der 10. Armeegruppe der Kuomintang und war im Süden der Provinz Hopeh nur damit beschäftigt, in Kollaboration mit den japanischen Streitkräften die Achte Route-Armee anzugreifen, antijapanische demokratische Machtorgane zu vernichten sowie Kommunisten und fortschrittliche Elemente niederzumetzeln.
- ↑ Der militärische Dreibund zwischen Deutschland, Italien und Japan wurde am 27. September 1940 in Berlin geschlossen.
- ↑ Gemeint ist der im Namen des Militärrats der Nationalregierung erlassene konterrevolutionäre Befehl Tschiang Kai-scheks vom 17. Januar 1941 über die Auflösung der Neuen Vierten Armee.
- ↑ Diese zwei berüchtigten Telegramme, unterzeichnet von dem Generalstabschef der Kuomintang-Regierung Ho Ying-tjin und dessen Stellvertreter Bai Tschung-hsi, wurden im Winter 1940 abgeschickt, als Tschiang Kai-schek seine zweite antikommunistische Kampagne startete. Das Telegramm vom 19. Oktober enthielt freche Verleumdungen gegen die Achte Route-Armee und die Neue Vierte Armee, die den Widerstandskrieg im Hinterland des Feindes standhaft weiterführten. Außerdem enthielt es den widerspruchslos hinzunehmenden Befehl, daß sich jene Einheiten, die südlich des Gelben Flusses gegen die japanischen Aggressoren operierten, bis zu einem festgesetzten Termin nördlich des Flusses absetzen sollten. Am 9. November widerlegten die Genossen Tschu Teh, Peng Dö-huai, Yä Ting und Hsiang Ying in einem Antworttelegramm an Ho Ying-tiin und Bai Tschung-hsi an Hand von Tatsachen die Verleumdungen der letzteren und erklärten sich jedoch gleichzeitig mit Rücksicht auf die Interessen der Allgemeinheit bereit, die in Südanhui befindlichen Truppen nach Norden zu verlegen. Das von Ho Ying-tiin und Bai Tschung-hsi unterzeichnete Telegramm vom 8. Dezember, das als Antwort auf das erwähnte Telegramm vom 9. November abgeschickt war, stellte einen weiteren Versuch dar, die öffentliche Meinung gegen die Kommunistische Partei aufzubringen.
- ↑ Zitiert aus dem Buch Lunyü (Gespräche) des Konfuzius und seiner Schüler. In der Frühlings- und Herbstperiode (71.--481 v. u. Z.) hatte Dji Sun, der Kanzler des Staates Lu, die Macht in Händen und stand in krassem Widerspruch zu dem Herzog des Staates. Er wußte, daß der Herzog vorhatte, die Macht zurückzugewinnen. Dji Sun fürchtete sehr, daß Dschuanyü, der Vasallenstaat von Lu, dem Herzog helfen würde, mit ihm fertig zu werden, und wollte deswegen Dschuanyü zuerst angreifen. Als Konfuzius das erfahren hatte, sagte er, daß Dji Suns Unheil nicht von Dschuanyü, sondern vom Herzog des Staates Lu kommen würde.
- ↑ Eine parteiinterne Direktive, die Genosse Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas verfaßt hat.
- ↑ Am 6. März 1941 hielt Tschiang Kai-schek auf einer Sitzung des Politischen Nationalrats eine antikommunistische Rede. Indem er abgeleierte Phrasen über die Notwendigkeit einer "Vereinheitlichung der militärischen Befehle und der Regierungsanordnungen" drosch, behauptete er, die antijapanischen demokratischen Machtorgane im Hinterland des Feindes dürften nicht existieren und die von der Kommunistischen Partei Chinas geführten bewaffneten Kräfte des Volkes müßten sich gemäß seinen "Befehlen und Plänen in den ihnen zugewiesenen Gebieten konzentrieren". Am selben Tag verabschiedete der von den Kuomintang-Reaktionären beherrschte "Politische Nationalrat" eine Resolution welche die antikommunistischen und volksfeindlichen Verbrechen Tschiang Kai-scheks rechtfertigte und in der die kommunistischen Mitglieder dieser Körperschaft heftig angegriffen wurden, weil sie sich aus Protest gegen die Ereignisse von Südanhui geweigert hatten, an der Tagung teilzunehmen.
- ↑ Die erste "Zwölf-Punkte-Forderung", die von den kommunistischen Mitgliedern des Politischen Nationalrats am 15. Februar l941 erhoben wurde, stimmte inhaltlich mit den zwölf Forderungen überein, die in der Arbeit "Befehl und Erklärung anläßlich der Ereignisse von Südanhui" aufgezählt werden. Die zweite "Zwölf-PunkteForderung" wurde Tschiang Kai-schek am 2. März 1941 von den kommunistischen Mitgliedern des Politischen Nationalrats als vorläufige Maßnahme unterbreitet. Diese zwölf Punkte, von deren Erfüllung die Teilnahme der Kommunisten an der Tagung des Rates abhängig gemacht wurde, lauteten: 1. Sofortige Einstellung der antikommunistischen militärischen Angriffe im ganzen Land. 2. Sofortige Einstellung der politischen Verfolgung im ganzen Land, Anerkennung des legalen Status der Kommunistischen Partei Chinas und aller anderen demokratischen Parteien und Gruppen und Freilassung aller in Sian, Tschungking, Guiyang und anderen Orten verhafteten Personen. 3. Wiedereröffnung der Buchhandlungen, die in verschiedenen Orten geschlossen wurden, und Aufhebung des Befehls, antijapanische Bücher und Presseorgane auf den Postämtern zurückzuhalten. 4. Sofortige Einstellung aller Verfolgungsmaßregeln gegen die Zeitung Hsinbua Jibao. 5. Anerkennung des legalen Status des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia. 6. Anerkennung der antijapanischen demokratischen Machtorgane im Hinterland des Feindes. 7. Aufrechterhaltung des Status quo bei der Verteilung der Garnisonsgebiete in Zentral-, Nord- und Nordwestchina. 8. Genehmigung der Bildung einer weiteren Armee durch die von der Kommunistischen Partei geführten Streitkräfte, zusätzlich zur 18. Armee, so daß diese Streitkräfte insgesamt sechs Armeekorps bilden. 9. Freilassung aller während der Ereignisse von Südanhui verhafteten Kader und Bereitstellung von Mitteln zur Hilfeleistung an die Familien der Opfer. 10. Freilassung aller bei den Ereignissen von Südanhui gefangengenommenen Soldaten sowie Rückgabe aller ihrer Waffen. n. Bildung eines gemeinsamen Ausschusses aller Parteien und Gruppen mit je einem Vertreter derselben und Ernennung der Vertreter der Kuomintang und der Kommunistischen Partei zum Vorsitzenden respektive Vizevorsitzenden dieses Ausschusses. tz. Aufnahme von Vertretern der Kommunistischen Partei in das Präsidium des Politischen Nationalrats."
- ↑ Die Direktive vom 25. Dezember ist unter dem Titel "Über unsere Politik" in den vorliegenden Band aufgenommen.
- ↑ Parteiinterne Direktive, geschrieben von Genossen Mao Tse-tung im Namen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas.
- ↑ Der am 13. April 1941 zwischen der Sowjetunion und Japan abgeschlossene Neutralitätspakt sicherte den Frieden an den Ostgrenzen der Sowjetunion und zerschlug die auf einen gemeinsamen Angriff Deutschlands, Italiens und Japans gegen die Sowjetunion gerichtete Verschwörung. Er bedeutete einen großen Sieg der friedlichen Außenpolitik der Sowjetunion.
- ↑ Die Ereignisse des 12. April waren der von Tschiang Kai-schek am 12. April 1927 in Schanghai inszenierte konterrevolutionäre Staatsstreich, bei dem eine große Anzahl von Kommunisten sowie revolutionären Arbeitern, Bauern und Intellektuellen niedergemetzelt wurden. Vgl. "Untersuchungsbericht über die Bauernbewegung in Hunan", Anmerkung 5, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 60.
- ↑ Diese Kampagne wurde von Tschiang Kai-schek im Winter 1939 und im Frühjahr 1940 unternommen. Vgl. "Alle antijapanischen Kräfte zusammenschließen, gegen die antikommunistischen Ultrakonservativen kämpfen", Anmerkung 10, vorliegender Band. S. 464.
- ↑ Worte aus einem Kommentar des Philosophen Dschu Hsi (1130-1200) aus der Zeit der Sung-Dynastie zum 13. Kapitel des Buches Dschungyung (Der goldene Mittelweg).
- ↑ Das Telegramm vom 6. November 1940 wurde vom Oberkommandierenden der 18. Armee Tschu Teh und seinem Stellvertreter Peng Dö-huai sowie von dem Befehlshaber bzw. stellvertretenden Befehlshaber der Neuen Vierten Armee, Yä Ting und Hsiang Ying, als Antwort auf das Telegramm Ho Ying-tjins und Bai Tschunghsis vom 19. Oktober 1940 abgesandt. Darin wird die Verschwörung der KuomintangReaktionäre. Angriffe auf die Kommunistische Partei zu unternehmen und vor den Japanern zu kapitulieren, aufgedeckt, und der absurde Befehl, die südlich des Gelben Flusses befindlichen Einheiten der Neuen Vierten Armee und der Achten Route-Armee sollten ihren Standort nach Norden, jenseits des Flusses, verlegen, wird zurückgewiesen. Mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse für den Zusammenschluß zum Widerstandskrieg gegen Japan erklärten sich jedoch die Unterzeichner des Telegramms im Geiste der Versöhnung und Kompromißbereitschaft damit einverstanden, die südlich vom Yangtse befindlichen Truppenteile der Neuen Vierten Armee auf das Nordufer des Yangtse zu verlegen, wobei sie forderten, daß eine Anzahl der wichtigsten schwebenden Streitfragen zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei gelöst werden. Das Telegramm fand die Sympathien der Kräfte der Mitte und führte zur Isolierung Tschiang Kai-scheks.
- ↑ Diese Beschreibung der chinesischen Gesellschaft durch Genossen Mao Tse-tung besagt: Sowohl das in der Revolution führende chinesische Industrieproletariat als such die reaktionären Klassen der großen Grundherren und der Großbourgeois Chinas bilden im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung eine Minderheit. Siehe "Rede vor der Volksversammlung des Grenzgebiets Schensi-Kansu-Ningsia", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III.
- ↑ Die Provinz Tschahar wurde im Jahre 1952 aufgelöst, ihr Verwaltungsgebiet wurde in die beiden Provinzen Hopeh und Schansi eingegliedert.
- ↑ Mit den Drei Volksprinzipien sind die Grundsätze und das Programm gemeint, die Sun Yat-sen hinsichtlich der bürgerlich-demokratischen Revolution in China über die drei Fragen der Nation, der Demokratie und des Volkswohls aufstellte. Im Manifest des I. Nationalkongresses der Kuomintang von 1924, der ein Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei Chinas war, gab Sun Yat-sen den Drei Volksprinzipien einen neuen Inhalt, indem er die alten Drei Volksprinzipien zu den neuen Drei Volksprinzipien entwickelte, nämlich zu den drei politischen Hauptrichtlinien des Bündnisses mit Russland, des Bündnisses mit der Kommunistischen Partei und der Unterstützung der Bauern und Arbeiter.
- ↑ Sima Dschao war der Kanzler des Reiches We (220-269 u. Z.). Er plante eine Verschwörung gegen den Kaiser, um den Thron an sich zu reißen. Deshalb sagte der Kaiser zu seinen engvertrauten Beamten, die er zu einer Beratung über Malnahmen gegen diese Verschwörung zusammenrief: "Die Absichten Sima Dschaos sind jedermann auf der Straße längst bekannt."
- ↑ Siehe die Arbeit "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", 8. Abschnitt, ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 314 f.
- ↑ Siehe Anmerkung 14 zur Arbeit "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 332.
- ↑ Siehe Anmerkung 4 zur Arbeit "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 201.
- ↑ Siehe Anmerkung 8 zur Arbeit Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 201.
- ↑ Siehe Anmerkung 1 zur Arbeit "Eine Erklärung zur Erklärung Tschiang Kaischeks", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 303.
- ↑ Siehe die Anmerkung zur Überschrift der Arbeit Der politische Kurs, die Maßnahmen und die Perspektiven im Kampf gegen den Angriff Japans", vorliegender Band, S. 7 f.
- ↑ Siehe Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang, Kapitel VIII.
- ↑ Siehe Anmerkung 26 zur Arbeit "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 206.
- ↑ Siehe "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Anmerkung 2, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 325 f.
- ↑ Siehe "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Anmerkung 3, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 326 ff.
- ↑ Siehe "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Anmerkung 4, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 328 f.
- ↑ Siehe "Eine Erklärung zur Erklärung Tschiang Kai-scheks", Anmerkung 5, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 303 ff.
- ↑ Siehe "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Anmerkung 6, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 330 f.
- ↑ Siehe "Die Aufgaben der Kommunistischen Partei Chinas in der Periode des Widerstandskampfes gegen die japanische Aggression", Anmerkung 7, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 331
- ↑ Siehe "Für die Mobilisierung aller Kräfte zur Erringung des Sieges im Widerstandskrieg gegen die japanische Aggression", Band II, S. 19 ff.
- ↑ Siehe Anmerkung 4 zur Arbeit "Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 292 f.
- ↑ Vgl. W. I. Lenin, Sozialismus und Krieg, Kapitel I, und Der Zusammenbruch der 2. Internationale, Abschnitt 3.
- ↑ Siehe Sun Dsi, Kapitel III, "Planung des Angriffs".
- ↑ Aus Menzius.
- ↑ Siehe W. I. Lenin Philosophische Hefte, "Konspekt zu Hegels Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie".
- ↑ Vgl. W. I. Lenin, "Der Krieg und die russische Sozialdemokratie", "Die Konferenz der Auslandssektionen der SDAPR", "Über die Niederlage der eigenen Regierung im imperialistischen Krieg", "Die Niederlage Rußlands und die revolutionäre Krise". Diese Arbeiten wurden von Lenin in den Jahren 1914/19 im Zusammenhang mit dem damaligen imperialistischen Krieg verfaßt. Siehe ferner Geschichte der KPdSU(B), Kurzer Lehrgang, Kapitel VI, Abschnitt : "Theorie und Taktik der bolschewistischen Partei in den Fragen des Krieges, des Friedens und der Revolution".
- ↑ J. W. Stalin, "Über die Perspektiven der Revolution in China".
- ↑ Über die Jugendpartei Chinas oder den Etatiltischen Jugendverband Chinas siehe Anmerkung 1 zur Schrift "Analyse der Klassen in der chinesischen Gesellschaft", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 17.
- ↑ Vgl. "Strategische Probleme des revolutionären Krieges in China", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 209 ff.
- ↑ Siehe die Arbeit "Über die Berichtigung falscher Ansichten in der Partei", Anmerkung 3, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 132.
- ↑ Siehe die Arbeit "Über die Taktik im Kampf gegen den japanischen Imperialismus", Anmerkung 33, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I, S. 107.
- ↑ J. W. Stalin, "Über die Perspektiven der Revolution in China".
- ↑ Siehe W. I. Lenin, "Das Agrarprogramm der Sozialdemokratie in der ersten russischen Revolution von 1905 bis 1907".
- ↑ Siehe J. W. Stalin, Über die Grundlagen des Leninismus, Teil VI, "Die nationale Frage".
- ↑ Siehe W. I. Lenin, "Noch einmal über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis und Bucharins".
- ↑ Karl Marx, "Zur Kritik der politischen Ökonomie", Vorwort.
- ↑ Siehe Karl Marx, "Thesen über Feuerbach", These 11.
- ↑ J. W. Stalin, "Der Oktoberumsturz und die nationale Frage".
- ↑ Siehe W. I. Lenin, "Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus".
- ↑ Siehe Sun Yat-sea, "Vorlesungen über das Prinzip des Volkswohls", 1924, zweite Vorlesung.
- ↑ W. I. Lenin, Was tun!, Kapitel I, Abschnitt 4.
- ↑ Siehe Anmerkung 1 zur Arbeit "Die Reaktionäre müssen bestraft werden", vorliegender Band, S. 301.
- ↑ Näheres über diese antikommunistische Kampagne siehe in der Arbeit "Über das 2. Plenum des Zentralexekutivkomitees der Kuomintang und die 2. Tagung des Politischen Nationalrats (3. Einberufung)", Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. III.
- ↑ Vgl. "Der Kampf im Djinggang-Gebirge", Anmerkung 16, Ausgewählte Werke Mao Tse-tungs, Bd. I. S. 117.